Historical Lords & Ladies Band 51

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ICH DARF SIE NICHT LIEBEN, MISS JESSICA! von ELBURY, DOROTHY
Unverhofft erbt Benedict den Familiensitz Ashcroft Grange in Südengland. Leider währt seine Freude nicht lange, weil das Anwesen hoch verschuldet ist. Das Landleben hat jedoch andere Reize: Als er der aparten Jessica begegnet, verliert er sofort sein Herz an sie. Aber Benedict muss widerstehen! Denn sie ist ein Mädchen aus einfachem Hause - und Ashcroft Grange kann er nur mit einer lukrativen Vernunftehe retten!

SO SCHÖN UND SO ALLEIN von HALL, MARIE-LOUISE
London, 1818: Die hübsche Lalange lebt in bitterer Armut. Der einzige Ausweg: Sie muss sich einen reichen Liebhaber suchen! Als sie zufällig ihre Jugendliebe Major Haldane trifft, der sie einst ruchlos im Stich ließ, bittet Lalange ihn verzweifelt um Hilfe. Und tatsächlich macht der attraktive Lebemann ihr ein verführerisches Angebot … Doch kann sie ihm wirklich trauen - oder wird er sie nur erneut enttäuschen?


  • Erscheinungstag 11.09.2015
  • Bandnummer 0051
  • ISBN / Artikelnummer 9783733761318
  • Seitenanzahl 352
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Dorothy Elbury, Marie-Louise Hall

HISTORICAL LORDS & LADIES BAND 51

1. KAPITEL

Ich fürchte, wir werden hier übernachten müssen, Jessica!“

Nicholas Beresfords Gesicht trug einen Ausdruck völliger Niedergeschlagenheit, als er den Privatsalon des kleinen Landgasthauses betrat, in dem seine Schwester seit gut einer halben Stunde auf seine Rückkehr wartete.

„Die Deichsel ist der ganzen Länge nach gesplittert“, fuhr er düster fort und ließ sich in den Sessel neben ihrem fallen. „Offenbar können sie erst morgen eine neue besorgen. Und damit nicht genug – wie es scheint, lässt sich an diesem verwünschten Ort keine einzige vernünftige Mietkutsche auftreiben.“

In Jessicas große grüne Augen trat ein Anflug von Verzweiflung, als sie unbehaglich zur Uhr auf dem Kaminsims blickte. „Aber was in aller Welt sollen wir jetzt tun, Nick?“, wollte sie wissen. „Es ist schon fast fünf, und Harry hat Imogen versprochen, dass wir um sechs längst wieder da sind. Matt wird mich umbringen, wenn sie sich Sorgen um uns macht.“

Ihr jüngerer Bruder sprang auf und begann auf und ab zu marschieren. „Nicht dich, Jessica“, stöhnte er. „Es ist meine Schuld, dass wir erst so spät aus Hampton Court wegkamen – wenn ich nur nicht so viel Zeit in dem Irrgarten verloren hätte …!“

„Wenn du nur Harrys Anweisungen befolgt hättest, meinst du“, korrigierte seine Schwester ihn verärgert. Doch im gleichen Moment, da sie Nicholas’ untröstliche Miene gewahrte, seufzte sie und betonte zum zigsten Male an diesem Nachmittag, dass er den Bruch der Deichsel wohl kaum als sein Verschulden betrachten könne, und dass sie alle froh sein müssten, wenn keiner von ihnen ernsthaft verletzt war. „Der Arzt versicherte Harry, dass eine Nacht Bettruhe Olivia wieder ins Lot bringt“, informierte sie ihn anschließend. „Und Cartwrights Handgelenke sind Gott sei Dank nicht gebrochen. Nur schlimm verstaucht.“

„Immerhin etwas.“ Geistesabwesend zog ihr Bruder ein gefaltetes Schnupftuch aus der Rocktasche und rieb seine Brillengläser blank. „Ich nehme an, Harry ist noch bei seiner Schwester? Weißt du, ob er Zimmer für uns alle bekommen hat?“

„Ich sagte ihm, dass wir keine brauchen.“ Jessica stand auf. „Wir müssen einfach zusehen, dass wir nach Hause kommen, Nick. Bist du wirklich sicher, dass du überall gefragt hast? Es muss in diesem Dorf doch irgendein Transportmittel geben!“

Nicholas schüttelte den Kopf. „Nichts außer einem kleinen, furchtbar schäbigen Gig, das draußen im Hof steht“, antwortete er. „Kaum groß genug für uns beide, ganz zu schweigen davon, dass obendrein Cartwright hineinpassen würde. Abgesehen davon – was glaubst du, wie er kutschieren soll mit seinen bandagierten Handgelenken?“

Aber Jessica war bereits auf dem Weg zur Tür. „Du lieber Himmel, Nick, du wirst ja wohl in der Lage sein, einen Einspänner zu fahren!“, warf sie dem Bruder an den Kopf, ohne seine Proteste zu beachten. „Sag den Stallburschen, sie sollen sofort eins unserer Leitpferde anspannen. Ich rede unterdessen mit Harry – wir müssen dafür sorgen, dass Cartwright ein Quartier bekommt, bis Matt jemanden schickt, der ihn abholt.“

Lieutenant Harry Stevenage zeigte sich ganz und gar nicht begeistert, als Jessica ihm mitteilte, dass sie nach London zurückfahren wolle – von niemandem sonst begleitet als ihrem siebzehnjährigen Bruder. Was als unbeschwerter Tagesausflug nach Richmond Park und Hampton Court begonnen hatte, war, soweit es ihn betraf, zu einem regelrechten Albtraum geworden.

Stevenage seufzte. Der junge Nicholas hatte das berühmte Labyrinth von Hampton Court unbedingt auf eigene Faust erkunden wollen und sich schließlich, alle seine Anweisungen in den Wind schlagend, heillos zwischen den hohen Buchenhecken verlaufen. Olivia und Jessica dagegen waren bei ihm geblieben. Er kannte den Irrgarten von einem früheren Besuch her, und er und die beiden jungen Damen hatten den Weg ins Freie in weniger als einer halben Stunde gefunden. Nach einer weiteren halben Stunde vergeblichen Wartens auf Nicholas war ihnen dann nichts weiter übrig geblieben, als den Aufseher zu bitten, Jessicas Bruder von der Plattform aus zum Ausgang zu dirigieren.

Die unvorhergesehene Verzögerung und sein Versprechen, die Kutsche der Beresfords samt Jessica und Nicholas spätestens um sechs Uhr wieder in der Stadtresidenz in der Dover Street abzuliefern, hatten den Lieutenant veranlasst, Cartwright anzuweisen, die Pferde ordentlich anzutreiben.

Mit Sicherheit nicht meine klügste Entscheidung, gestand Stevenage sich reumütig ein. Jene enge Kurve mit derart hoher Geschwindigkeit zu nehmen musste fast zwangsläufig in einer Katastrophe münden. Und die hatte sie ja auch ereilt. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen war die Deichsel gebrochen, der Kutscher vom Bock geschleudert und Olivia, seine kleine Schwester, gegen die Seitenwand der Kabine geworfen worden, sodass sie eine Platzwunde am Kopf davongetragen hatte. Er konnte von Glück sagen, dass Matt Beresfords prächtigen Braunen nichts geschehen war!

„Ich wünschte, Sie würden sich das noch einmal überlegen“, versuchte er Jessica umzustimmen. „Mr Beresford wird keine gute Meinung von mir haben, wenn ich Sie und Nick einfach so ziehen lasse.“

„Ach, reden Sie keinen Unsinn, Harry“, tat Jessica seinen Einwand ab, ohne der gekränkten Miene, die er daraufhin machte, Beachtung zu schenken. „Nick und ich sind absolut in der Lage, allein nach Hause zu fahren. Wir könnten diese lächerlichen sechs Meilen ja praktisch zu Fuß laufen. Außerdem würde Matt selbstverständlich von Ihnen erwarten, dass Sie bei Ihrer Schwester bleiben. Aber nun muss ich zurück zu Nick und ihm sagen, dass er sich sputen soll.“

Lieutenant Stevenage kannte Jessica noch nicht allzu lange; lange genug indes, um zu wissen, dass jeder Versuch, sie von etwas abzubringen, das sie sich in den Kopf gesetzt hatte, nur zu hartnäckigem Widerstand ihrerseits führte. Seit er ihr vor ein paar Monaten zum ersten Mal auf dem Landsitz seines Patenonkels Sir Frederick begegnet war, zählte er zu ihren treuesten Bewunderern – ungeachtet der Tatsache, dass Sir Frederick ihn ernsthaft vor der launischen Miss Beresford gewarnt hatte. Seinem Onkel zufolge war die junge Dame von ihrem Vater, dem verstorbenen Sir Matthew, in unerträglicher Weise verwöhnt worden, und erst seit ihr Halbbruder Matt aus Indien zurückgekehrt war, um sein Erbe anzutreten, begannen sich begrüßenswerte Veränderungen in Miss Beresfords Verhalten zu zeigen.

Doch gleichgültig, wie unberechenbar sie sich mitunter gebärdete, Stevenage hätte die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass es nicht einen einzigen Mann gab, der Jessicas überwältigendem Liebreiz widerstehen konnte. Ihrem Mund etwa, der wie geschaffen dafür schien, geküsst zu werden – böte sich mir nur die Gelegenheit, dachte er bedauernd –, oder ihrer bezaubernden kleinen Nase und schon gar ihren unglaublich grünen Augen, die ihr berückend hübsches, von silbrig blonden Locken umrahmtes Antlitz beherrschten. Und all diesen Segnungen, die bereits mehr waren, als ein Mann sich wünschen konnte, hatte der Himmel noch eine weitere hinzugefügt: Die junge Dame besaß die verführerischsten weiblichen Formen, die Stevenage mit seinen zweiundzwanzig Jahren je vor Augen gekommen waren. So betrachtet, waren Jessicas gelegentliche Gefühlsausbrüche ein eher geringer Preis für das Privileg, zu ihren bevorzugten Verehrern zu gehören.

Dennoch erschien eine steile Falte an seiner Nasenwurzel, als er kurz darauf im Stallhof stand und beobachtete, wie der klapprige Einspänner mit den beiden Beresford-Geschwistern von dannen ratterte. Auf Jessicas begeistertes Abschiedswinken hin hob er halbherzig die Hand und stand für ein paar Minuten einfach nur gedankenverloren da. Dann wurde ihm bewusst, dass seine Schwester ihn brauchte, und mit einem resignierten Achselzucken machte er sich auf den Weg zurück ins Gasthaus.

„Na also, Nick.“ Jessica schenkte ihrem Bruder ein gewinnendes Lächeln. „Ich wusste doch, dass du das Gig kutschieren kannst.“

Nicholas gab ein ärgerliches Schnauben von sich. „Um meine Fahrkünste hättest du dir keine Sorgen machen müssen, Jessica. Matt besteht darauf, dass ich praktisch jedes Gefährt lenken lerne, das es derzeit gibt. Was mir gegen den Strich geht, ist dieses verrückte Vorhaben hier. Ich begreife nicht, warum du nicht über Nacht bleiben wolltest. Wir hätten einen Boten …“

„Ach ja?“, fiel Jessica ihm ins Wort und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Damit Imogen die ganze Nacht keine Ruhe findet, weil sie außer sich ist vor Sorge um uns? So kann sie sich wenigstens mit eigenen Augen davon überzeugen, dass wir keinen Schaden genommen haben. Und außerdem wird Matt es nun, da Imogen guter Hoffnung ist und er sie mehr denn je in Watte zu wickeln versucht, nicht wagen, aus der Haut zu fahren!“

„Man könnte glauben, sie wäre die erste Frau auf der ganzen Welt, die ein Kind erwartet“, murmelte ihr Bruder.

„Werde nicht ungerecht, Nick“, wies Jessica ihn zurecht. „Du darfst nicht vergessen, dass Matts Mutter bei seiner Geburt gestorben ist.“

„Oh Gott, mein Verhalten ist wahrhaft unverzeihlich! Das war mir tatsächlich entfallen. Entschuldige, Jess.“ Nick lächelte reumütig. „So langsam, glaube ich, wirst du richtig menschlich.“

Mit einem Lachen versuchte Jessica ihre Verlegenheit zu überspielen. „Ich strenge mich an“, gab sie dann ruhig zu. „Jedenfalls nach dieser schrecklichen Geschichte mit Wentworth. Ich versuche, mehr wie Imogen zu werden und mich so zu verhalten, wie Matt und sie es für wünschenswert befinden …“ Sie verstummte, und ihr Blick verdüsterte sich, als ihr die Ereignisse des vergangenen Septembers wieder einfielen. Philip Wentworth, der Wildhüter auf dem Familienanwesen, hatte sie entführt und um ein Haar entehrt. Wäre ihr kurz zuvor aus Indien eingetroffener Halbbruder ihr nicht gerade noch rechtzeitig zu Hilfe gekommen … Ein kalter Schauder überlief sie.

Ihr Unbehagen war Nicholas nicht entgangen. Er nahm Jessicas Hand in seine und drückte sie fest.

„Du hast dich wahrhaftig verändert“, versicherte er ihr warmherzig. „Ich habe dich kaum wiedererkannt, als du Weihnachten aus der Schule kamst. Und glaub mir, Matt wäre niemals bereit gewesen, dir deine Saison zu gewähren, wenn du sie nicht verdient hättest.“

„Er ist sehr gut zu uns, nicht wahr?“ Jessica blinzelte die Tränen fort, die ihr in die Augen stiegen. „Damals, als er auftauchte, konnte ich ihn nur hassen, aber nach allem, was er für uns getan hat – als er Thornfield auf Vordermann brachte und dafür sorgte, dass Mama sich in Bath niederlassen konnte –, ist er mir wirklich ans Herz gewachsen. Ich kann verstehen, dass Imogen ihn abgöttisch liebt.“ Sie lächelte. „Es geht mir oft durch den Sinn, dass er genau der Typ Mann ist, den ich irgendwann einmal heiraten möchte.“

„Ich wage zu bezweifeln, dass es viele von seiner Sorte gibt.“ Nicholas lachte leise in sich hinein und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Pferd zu. „Und abgesehen davon hatte ich ohnehin den Eindruck, dass du an einem ganz bestimmten Lieutenant interessiert bist.“

„Harry Stevenage!“ Jessica lachte schallend. „Um Himmels willen, nein, Nick! Er ist nicht einmal annähernd vermögend genug für meine Ansprüche.“ Sie lächelte ihrem Bruder mutwillig zu. „Ich halte Ausschau nach einem Duke, musst du wissen – oder wenigstens nach einem Earl.“

Sie hatte mit entschiedenem Widerspruch auf ihre Bemerkung gerechnet – einer Bemerkung, die, wie sie sehr wohl wusste, von der „alten“ Jessica stammte – und war über die Maßen verwundert, als eine Entgegnung von Nicholas ausblieb. Ihr Bruder schien ihr nicht einmal zugehört zu haben, wie sie nun bemerkte. Stattdessen war seine Aufmerksamkeit ausschließlich auf das dichte Unterholz gerichtet, das den Rand der Straße säumte. Jessica sah sich um und stellte fest, dass ihnen auf dem schmalen Fahrweg, auf dem sie sich befanden, kein einziges Gefährt folgte, vorausfuhr oder entgegenkam.

„Was ist los, Nick?“, fragte sie mit gesenkter Stimme und legte ihrem Bruder die Hand auf den Unterarm. „Stimmt irgendetwas nicht?“

Nicholas zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Ich dachte auf einmal …“

Was immer er noch sagen wollte, erstarb, als plötzlich zwei niederträchtig aussehende Kerle, jeder einen Knüppel schwingend, aus dem Strauchwerk neben der Fahrbahn hervorsprangen. Der eine der beiden griff ins Geschirr und brachte das Pferd zum Stehen, während sein Komplize sich mit drohend erhobener Keule Jessica näherte.

„Her mit deiner Geldbörse, Mädchen, aber schnell“, knurrte er und packte Jessicas Knöchel.

Augenblicklich war Nicholas auf den Füßen. „Nehmen Sie Ihre dreckigen Pfoten von meiner Schwester“, brüllte er außer sich vor Wut und riss die Reitpeitsche aus ihrer Halterung, um sie dem Wegelagerer überzuziehen.

Es bedurfte nicht mehr als eines kurzen Augenblicks, bis Jessica begriff, dass die Handlungsweise ihres Bruders, so ehrenwert sie sein mochte, sie beide in Lebensgefahr brachte. Die Männer, die sie überfallen hatten, waren schäbig gekleidet, und angesichts ihrer provisorischen Bewaffnung lag es nahe, dass sie einzig und allein auf ihre Wertsachen aus waren und verschwinden würden, sobald sie sie ihnen übergab.

Sie versuchte Nicholas an seinen Rockschößen auf den Sitz zurückzuzerren und warf ihr prall gefülltes Retikül in Richtung des Gauners, der ihr Fußgelenk festhielt. Zu spät indes.

Bereits beim ersten Hieb, den der Bruder austeilte, traf die metallummantelte Spitze der Peitsche den Straßenräuber so heftig am Jochbein, dass die Haut aufplatzte. Mit einem Aufheulen ließ sein Spießgeselle, der das Pferd gehalten hatte, das Geschirr los, schwang seinen Knüppel und stürzte auf Nicholas zu.

Ihr Bruder, bis zu diesem Moment getragen von einem zornigen Selbstvertrauen, hielt mitten im Ausholen inne, verlor das Gleichgewicht auf dem schmalen Kutschbock des Gig und stürzte seitwärts auf den Fahrweg. Dort blieb er reglos liegen, der Gnade seines Angreifers ausgeliefert, der nun mit erhobener Keule über ihm stand.

Jessicas Hände flogen zu ihrem Mund, doch sie schaffte es nicht, ihren Schreckensschrei zu unterdrücken. In Erwartung des Entsetzlichen, das unweigerlich folgen musste, kniff sie die Augen zu und sandte ein verzweifeltes Stoßgebet zum Himmel.

Plötzlich krachte ein Schuss durch die Stille. Jessica riss die Augen auf. Der Halunke, der ihren Bruder bedrohte, hatte den Knüppel fallen lassen und umklammerte mit schmerzverzerrtem Gesicht seinen blutüberströmten Unterarm. Im nächsten Augenblick war sein Kumpan an seiner Seite, packte ihn und zerrte ihn hinter sich her durch die Hecken am Straßenrand, aus denen beide zuvor aufgetaucht waren.

Mit angehaltenem Atem lauschte Jessica dem Knacken trockener Äste, die unter den Sohlen der flüchtenden Spitzbuben brachen. Das gleichzeitig immer lauter werdende Geräusch trommelnder Hufe nahm sie lediglich am Rande wahr, ebenso den sich rasch nähernden Reiter. Sie sprang aus dem Gig und sank neben ihrem noch immer reglos daliegenden Bruder in die Knie.

„Nicholas, bitte!“, flehte sie. „So sag doch etwas!“ Sie begann leicht an seiner Schulter zu rütteln, als jemand ihr von hinten unter die Achseln griff und sie vom Boden hochzog. Sie keuchte erschrocken auf und bemerkte erst jetzt, dass ein gesatteltes Pferd neben ihrem Gig stand, bei dessen Besitzer es sich offenbar um den Unbekannten handelte, der sie in diesem Moment nicht eben sanft auf die Füße stellte.

„Lassen Sie das besser“, wies er sie kurz angebunden an. „Er könnte sich etwas gebrochen haben.“

Jessica öffnete den Mund, um gegen die grobe Behandlung zu protestieren, doch dann zögerte sie. Der Mann, der nun seinerseits neben Nicholas kniete, besaß eine ausgesprochen schöne, angenehm tiefe Stimme. Und obwohl sie im Augenblick nur seinen Rücken sehen konnte, entging ihr keineswegs, wie gut sein Reitrock geschnitten war und wie perfekt er um die breiten Schultern saß. Kein Zweifel, sie hatte einen wohlhabenden Gentleman vor sich.

Der Fremde zog seine Handschuhe aus und begann den Körper ihres bewusstlosen Bruders vorsichtig abzutasten. Nach ein paar Minuten, in denen Jessica kaum zu atmen wagte, setzte er sich auf die Fersen und sah sie über seine Schulter hinweg an.

„Kein Knochenbruch“, erklärte er zufrieden. „Und ein paar Tropfen Alkohol sollten ihn auch wieder zur Besinnung bringen.“ Er nahm einen silbernen Taschenflakon aus der Innentasche seines Reitrocks, drückte vorsichtig Nicholas’ Lippen auseinander und träufelte ihm eine winzige Menge Brandy in den Mund.

Mit klopfendem Herzen trat Jessica näher. Soweit sie es erkennen konnte, blieb Nicholas’ Zustand unverändert. Doch auf einmal begann er zu husten, dann riss er die Augen auf.

„Wa…as ist passiert?“, brachte er mit krächzender Stimme hervor. Als er die bange Miene seiner Schwester bemerkte, wollte er sich aufsetzen, aber der Fremde legte ihm die Hand auf den Brustkorb und hinderte ihn daran.

„Langsam, Junge. Ganz sachte.“

Im nächsten Moment kniete Jessica abermals an Nicholas’ Seite. „Nicky! Um Himmels willen, tut dir irgendetwas weh?“

„So gut wie alles.“ Vorsichtig brachte ihr Bruder sich in eine sitzende Position und griff sich stöhnend an die Stirn. „Was ist passiert?“, fragte er noch einmal und sah zwischen seiner erleichtert wirkenden Schwester und dem unbekannten Gentleman hin und her.

„Ihre beiden Angreifer haben das Weite gesucht.“ Der Fremde erhob sich und streckte die Hand aus, um Nicholas auf die Füße zu ziehen.

Nicholas schüttelte den Kopf. „Ich dachte, ich hätte einen Schuss gehört“, sagte er sichtlich verwirrt. „Und dann muss ich wohl ohnmächtig geworden sein.“ Er ließ sich aufhelfen und lehnte sich zitternd gegen das Gig.

„Haben die Kerle dir etwas getan?“, wandte er sich dann an seine Schwester, die ebenfalls aufgestanden war. „Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn …“

„Mach dir keine Sorgen, Nick, mit mir ist alles in Ordnung.“ Jessica eilte an seine Seite, ergriff seine Hand und drückte sie beruhigend. „Bloß unser gesamtes Geld ist weg“, setzte sie mit einem schiefen Lächeln hinzu.

„Oh, gut“, erwiderte ihr Bruder, noch immer leicht benommen. „Dann sollten wir uns wohl besser gleich auf den Weg machen.“ Tief Luft holend, straffte er die Schultern, griff nach dem Seitengeländer des Gig und versuchte, auf den Kutschbock zu klettern.

Er wäre ein zweites Mal zu Boden gestürzt, hätte der Fremde nicht geistesgegenwärtig seine Arme ausgestreckt, um ihn aufzufangen.

„Vielleicht ein bisschen zu früh?“ Der Gentleman lächelte Nicholas aufmunternd zu, während er ihn ohne sichtbare Anstrengung auf den Fahrersitz hob. „Halten Sie sich gut fest, mein Junge“, wies er ihn an. „Wir werden Sie irgendwie anbinden müssen. Ihre Schwester kann doch hoffentlich kutschieren?“

Ohne auf Jessicas Proteste zu achten, marschierte er zu seinem Pferd und zog ein Stück Seil aus der Satteltasche. Dann kam er zurück und band Nicholas an der Rückenlehne des Sitzes fest.

„Das sollte reichen.“ Er nickte zufrieden und wandte sich zu Jessica um. „Hinauf mit Ihnen, Miss Beresford“, sagte er munter und reichte ihr die Hand, um ihr auf den Kutschbock zu helfen. „Und vor weiteren Überfällen brauchen Sie keine Angst zu haben. Ich werde auf dem Rest des Weges hinter Ihnen herreiten.“

Obwohl sie beinahe kochte vor Wut über die arrogante Annahme des Fremden, sie komme ohne seine Hilfe nicht nach Hause, blieb Jessica stumm und tat, wie er ihr geheißen. Erst als sie Platz genommen hatte und die Zügel in der Hand hielt, fiel ihr auf, dass er ihren Namen kannte.

„Woher, glaubst du, weiß er, wie wir heißen?“, fragte sie Nicholas flüsternd, während sie beobachtete, wie der Unbekannte sich behände in den Sattel schwang. „Meinst du, er könnte auch ein Spitzbube sein – ein Komplize der beiden anderen vielleicht?“

„Merkwürdiger Komplize, der Schüsse auf seine Kameraden abfeuert“, versetzte ihr leichenblasser Bruder. „Sei nicht so ein Gänschen, Jess. Der Bursche hat uns einen großen Dienst erwiesen – aber wie wir das alles Matt erklären sollen, ist mir wirklich schleierhaft.“

2. KAPITEL

Die ersten hundert Meter blieb ihr Begleiter hinter dem Gig, die grauen Augen wachsam auf die Umgebung gerichtet. Doch als sie allmählich in dichter besiedelte Gegenden kamen, schloss er zu ihnen auf, bis er schließlich neben dem Gefährt herritt.

„Ich hoffe, Ihr Bruder hat sich ein wenig von dem Schock erholt“, bemerkte er höflich.

„Es scheint ihm ganz gut zu gehen, danke, Sir“, erwiderte Jessica, ohne den Kopf zu drehen. Sie hielt den Blick fest auf die Straße gerichtet und fragte sich, wieso er ihren Namen kannte und woher er wusste, dass Nicholas ihr Bruder war. Es bereitete ihr Unbehagen, dass dieser Fremde – wer immer er sein mochte – so gut über ihre Familienverhältnisse Bescheid zu wissen schien.

Doch als die Stille zwischen ihnen lastend zu werden drohte, bekam sie Gewissensbisse, und mit einiger Verspätung fiel ihr ein, dass sie ihm noch nicht einmal für sein rechtzeitiges Eingreifen gedankt hatte.

„Wir stehen tief in Ihrer Schuld …“, setzte sie an und hörte, wie er lachte. Blitzschnell wandte sie sich zu ihm um und starrte ihn wütend an. „Was finden Sie so erheiternd an meinen Worten, Sir?“

„Gar nichts, Madam“, versicherte er prompt. „Ich bin froh, dass ich Ihnen helfen konnte.“

Obwohl er sie nicht anschaute, entging es Jessica nicht, dass er breit grinste. Indes musste sie bei aller Empörung über seine Frechheit widerwillig einräumen, dass er teuflisch gut aussah, wenn er lächelte. Sie biss sich auf die Lippe und suchte verzweifelt nach einer weniger gestelzten Formulierung, mit der sie ihrer Dankbarkeit Ausdruck verleihen konnte.

„Ich frage mich, warum diese Männer ausgerechnet uns überfallen haben“, sagte sie schließlich. „Man sollte doch meinen, dass Räuber sich bei den Insassen eines so schäbigen Vehikels wie diesem keinerlei Beute versprechen.“

„Dass sie es taten, lag wohl eher daran, wie Sie im ‚Rose and Crown‘ mit Ihrer Barschaft prahlten“, gab er zurück.

„Mit meiner …!“ Seine Ausdrucksweise verschlug Jessica die Sprache. Ein höchst beunruhigender Gedanke kam ihr in den Sinn, und sie hatte Mühe ihren plötzlichen Verdacht zu unterdrücken. „Heißt das, dass Ihr Auftauchen kein glücklicher Zufall war?“, fragte sie vorsichtig.

„Richtig“, lautete die bereitwillige Antwort. „Ich bin Ihnen gefolgt, seit Sie den Gasthof verließen.“

„Aus welchem Grund?“, erkundigte sie sich mit zitternder Stimme.

„Wegen dieser beiden Spitzbuben“, antwortete er lässig. „Ich hatte gesehen, wie sie Sie beobachteten und sich in die Büsche schlugen, als Sie vom Stallhof fuhren. Es war abzusehen, was die Kerle vorhatten.“

Ein Gefühl der Erleichterung durchzuckte sie kurz. „Weshalb haben Sie uns nicht vor ihnen gewarnt?“, fragte sie dann ungnädig.

Er antwortete nicht sofort. „Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie nicht zu der Sorte junger Damen gehören, die den Rat eines völlig Fremden dankbar annehmen“, sagte er schließlich.

„Was für ein Unsinn!“ Nun war Jessica wirklich beleidigt. „Sie wussten, dass die Halunken ein Verbrechen planten. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, uns zu informieren.“

„Es trifft nicht zu, dass ich es wirklich wusste“, widersprach er ungeduldig. „Aber das geheimniskrämerische Verhalten der beiden machte mich misstrauisch. Darum ritt ich hinter Ihrer Kutsche her.“

„Um abzuwarten, bis die Kerle uns angegriffen hatten“, warf sie bissig ein.

Der Fremde holte tief Luft und nickte. „In diesem Punkt habe ich mich geirrt“, gab er zu. „Ich war nicht darauf gefasst, dass sie Gewalt anwenden würden. Normalerweise beschränken sich dergleichen Strolche darauf, ihren Opfern Angst einzujagen und ihnen die Wertsachen abzunehmen, um dann so schnell es geht zu verschwinden. Und in der Regel suchen sie sich möglichst schutzlose Reisende aus, solche wie Sie und Ihren Bruder. Mit Gegenwehr hatten die beiden vermutlich nicht gerechnet.“

Genau das dachte ich auch, ging es Jessica durch den Kopf. Wenn nur Nicholas ruhig geblieben wäre! Doch dann wurde sie wütend.

„Also fanden Sie es völlig in Ordnung, dass wir ausgeraubt wurden?“, fuhr sie den Reiter an.

Er biss die Zähne zusammen. „Wenn Sie Ihre Banknoten bündelweise herumzeigen, dürfen Sie sich jedenfalls nicht wundern, dass so etwas passiert.“

Eilig rief sie sich in Erinnerung, auf welche Art und Weise sie den Besitzer des Gig überredet hatte, ihr das Gefährt zu überlassen. Ihre Wangen röteten sich. Aber obwohl sie dem Fremden in einigen Punkten recht geben musste, irritierte seine Rüge sie über die Maßen. Normalerweise waren die Männer beeindruckt von ihrer Schönheit und lagen ihr – mit Ausnahme ihres Halbbruders Matt – bewundernd zu Füßen, anstatt ihr Verhalten zu kritisieren.

Seit sechs Wochen hielt sie sich nun in der Hauptstadt auf und galt als die Ballschönheit der Saison. Dank Lady Sydenham – Imogens Patentante – war ihr Zutritt zu den besten Häusern gewährt worden, und inzwischen wurde kein gesellschaftliches Ereignis mehr als gelungen betrachtet, wenn die zauberhafte Miss Beresford es nicht mit ihrer Anwesenheit beehrte – zumal sich dann auch sämtliche Junggesellen einfanden, die sich in der Stadt aufhielten, um wenigstens ein Lächeln oder ein freundliches Wort von der gefeierten jungen Dame zu ergattern.

Und obwohl all die unterwürfigen Schmeicheleien Jessica seit der nur knapp misslungenen Entführung im letzten Jahr nicht mehr beeindrucken konnten, war sie es doch praktisch von Kindesbeinen an gewöhnt, dass man ihr sagte, wie hübsch sie sei. Daher pikierte es sie nicht wenig, dass ihr Retter ihr auf der ganzen Fahrt das Gefühl vermittelte, ihrem Aussehen gegenüber völlig unempfänglich zu sein. Tatsächlich machte seine Gleichgültigkeit sie sogar verlegen – eine höchst ungewöhnliche Gemütsregung bei der allseits bewunderten Miss Jessica Beresford!

Die Kritik des Fremden nagte noch immer an ihr, als sie plötzlich mit Erleichterung feststellte, dass der Straßenverkehr zugenommen hatte. Sie lenkte die Kutsche von der King’s Road herunter in Richtung Kensington, eine Gegend, mit der sie recht vertraut war.

In der festen Absicht, seinem Dünkel einen Dämpfer aufzusetzen, schenkte sie ihrem Begleiter ein strahlendes Lächeln. „Da wir uns nun dem Park nähern, ist es nicht notwendig, Sir, dass Sie uns weiter eskortieren“, ließ sie ihn wissen. „In diesem Teil der Stadt kenne ich mich bestens aus.“

„Ich hege nicht den geringsten Zweifel daran“, erwiderte er gelassen. „Indes bin ich der Ansicht, dass es sich für mich als Gentleman geziemt, Sie bis zur Haustür zu bringen.“

Wäre Jessica nicht so sehr mit dem Kutschieren beschäftigt gewesen, hätte sie wohl mit dem Fuß aufgestampft, wie sie es von ihren früheren Wutanfällen her gewohnt war. Stattdessen schloss sie ihre Finger fester um die Zügel und ließ sie kurz knallen. Das Pferd schoss vorwärts, und sie versuchte es an den ihnen vorausfahrenden Chaisen vorbei in die nächste Lücke zu steuern, um den Fremden endlich loszuwerden.

Bei der plötzlichen schwankenden Bewegung riss Nicholas erschrocken die Augen auf und stieß einen Warnruf aus. „Um Himmels willen, pass auf, Jessica!“ Im nächsten Moment war der Reiter wieder gleichauf mit dem Gig, ergriff den linken Zügel und lenkte den Braunen mit einigem Kraftaufwand aus dem Weg einer entgegenkommenden Karriole.

„Kein besonders kluges Überholmanöver“, bemerkte er trocken, nachdem das Gefährt zum Stehen gekommen war. „Zumal mit einem so klapprigen Karren.“

Jessica zitterte am ganzen Leib, sie hätte nicht sagen können, ob vor Wut oder wegen des überstandenen Schreckens. Mit einem gefährlichen Funkeln in ihren grünen Augen starrte sie den Fremden an. „Wie können Sie es wagen, Sir! Lassen Sie sofort meinen Zügel los.“

Der Gentleman grinste sie unbeeindruckt an und hob beide Hände, um ihr zu demonstrieren, dass er das längst getan hatte. „Fahren Sie weiter, Mädchen“, sagte er gedehnt, „aber versuchen Sie bitte, geradeaus zu kutschieren, wenn Sie irgend können.“

Mit einem wütenden Knallen der Zügel spornte Jessica das Pferd an, sich in Bewegung zu setzen. „Immer mit der Ruhe, Jess“, murmelte Nicholas neben ihr. „Der Bursche hat uns gerade zum zweiten Mal aus einer ziemlich prekären Situation gerettet, und das ist kein Anlass für dich, aus der Haut zu fahren.“

Jessica schwieg, immer noch kochend vor Wut. Mit starrer Miene und ebenso starrer Haltung lenkte sie das Gig zurück in den Straßenverkehr. Ihr Bruder, der dabei war, sich von dem Seil, das ihn in Position gehalten hatte, zu befreien, warf ihr einen besorgten Blick zu. Ihm waren diese Warnzeichen nur allzu bekannt, und mit angehaltenem Atem wartete er auf den Ausbruch, der unweigerlich kommen musste, zu seinem Erstaunen jedoch ausblieb.

Der Rest der Fahrt verlief in frostigem Schweigen. Als das Gig vor der Eingangstür der eleganten Stadtresidenz in der Dover Street anhielt, kurbelte Jessica die Bremse fest und blieb sitzen, bis ihr Bruder vom Kutschbock geklettert war.

Fast eine Minute verging, in der sie darauf wartete, dass der Fremde endlich absaß und ihr beim Aussteigen behilflich sein würde. Ihr Begleiter indes blieb im Sattel sitzen und schien nicht daran zu denken, sich wie ein Gentleman zu verhalten. In höchstem Verdruss rutschte Jessica schließlich auf die andere Seite der Sitzbank und bat Nicholas, ihr seine Hand zu reichen.

Kaum dass sie auf dem Boden stand, wandte sie sich brüsk zur Treppe. Sie hatte eben die erste Stufe erklommen, als sie den Fremden Nicholas’ Namen rufen hörte.

„Master Beresford!“

Jessica wirbelte herum und sah, wie ihr Begleiter einen prall gefüllten Beutel aus seiner Satteltasche zog und ihn Nicholas zuwarf. „Hier, Junge, fangen Sie!“

Der überraschte Nicholas machte einen vergeblichen Versuch, nach dem fliegenden Gegenstand zu greifen, doch Jessica, die erkannt hatte, dass es sich um ihr Retikül handelte, tat einen flinken Schritt zur Seite, streckte die Hände aus und fing es sauber auf.

„Mein Retikül“, rief sie aus und unterzog den Inhalt des Stofftäschchens einer eiligen Untersuchung. „Aber das ganze Geld ist ja noch da!“

Ein argwöhnischer Ausdruck trat in ihr Gesicht. „Wie sind Sie in den Besitz meines Eigentums gelangt?“, wollte sie wissen.

Der Fremde neigte den Kopf. „Ihr Angreifer ließ den Beutel fallen, als er floh.“

Plötzlich kam Jessica sich sehr töricht vor. Auch wenn der Gentleman ihrer Meinung nach eine unerträgliche Überheblichkeit an den Tag legte, schuldete sie ihm, moralisch gesehen, Dank für seine Hilfe.

„Ich bin Ihnen sehr verbunden, Sir, für das, was Sie für uns getan haben“, stieß sie hervor und warf den Kopf in den Nacken. „Wenn Sie die Güte besäßen, einen Moment zu warten? Sobald mein Bruder die Einzelheiten des unglückseligen Überfalls kennt, wird er sich gewiss für Ihre Mühe erkenntlich zeigen wollen.“

„Eine Belohnung ist nicht vonnöten“, erwiderte der Reiter, abermals breit grinsend, und zog weit ausholend seinen Hut. „Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass es mir eine große Ehre war, Ihnen zu Diensten sein zu dürfen.“

Fest entschlossen, seinen boshaften Unterton zu ignorieren, eilte Jessica die Treppe hinauf und betätigte ungeduldig den Messingklopfer.

Ihr Retter wartete, bis sich die Tür hinter ihr und Nicholas geschlossen hatte. Dann schüttelte er den Kopf und wendete sein Pferd.

Er war im Begriff, loszutraben, als etwas Weißes auf dem Fußbrett des Gig seine Aufmerksamkeit erregte. Neugierig lehnte er sich im Sattel vor und griff nach dem Gegenstand, der sich als zartes Damentaschentuch entpuppte und unzweifelhaft Miss Beresford gehörte. Vermutlich war es ihr aus der Tasche ihrer Pelisse gefallen, als sie versucht hatte, ihn abzuhängen.

Bei der Erinnerung an ihr waghalsiges Überholmanöver zuckte es um seine Mundwinkel. Einen Moment lang starrte er das kleine Etwas aus feinstem Leinen in seiner Hand reglos an, dann hielt er es, einer plötzlichen Eingebung folgend, an seine Nase und sog tief den feinen Parfümgeruch ein.

Mit einem leisen Lachen ließ er das weiße Tüchlein in seiner Tasche verschwinden und ritt in Richtung des Parks davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

„Willst du damit sagen, dass dieser Bursche euch nicht einmal seinen Namen nannte?“, fragte Matt Beresford ungläubig, nachdem er dem holprigen Bericht seiner Schwester gelauscht hatte.

„Nein … das heißt … nun, es kann sein, dass er ihn erwähnte …“ Jessica rückte näher zu Imogen, die neben ihr auf der Chaiselongue saß. „Aber ich war schrecklich durcheinander … ich kniete neben Nick, weil ich Angst hatte, dass er ernsthaft verletzt ist … und dann kam er … dieser Mann … und hob mich kurzerhand hoch und schob mich zur Seite, und als wir weiterfuhren, ergab sich einfach keine Gelegenheit …“

„Mir ist so, als ob er sich vorgestellt hätte“, warf ihr jüngerer Bruder ein, der inzwischen von der teilnahmsvollen Imogen verarztet worden war und sich wieder recht munter fühlte. „Und zwar als er sich über mich beugte und wegen möglicher Knochenbrüche abtastete. Leider war ich so benommen, dass ich kaum etwas mitbekam.“

Nicholas hielt inne und legte die Stirn in Falten. „Was mir allerdings auffiel, war das ungewöhnliche Siegel auf seinem Ring“, fuhr er fort. „Ein ziemlich großer grüner Stein mit einem eingekerbten Drachen. Wartet mal …“ Seine Miene verriet, dass er angestrengt nachdachte. „Hieß er Dryden? Oder Brydon? Oder … Ach, verflixt, ich komme nicht darauf!“

„Haydn vielleicht?“, schlug Imogen vor.

„Lydian?“, bot Matt an, während Jessica es mit „Layburn?“ versuchte. Aber auf alle drei Namen reagierte Nicholas mit einem entschiedenen Kopfschütteln.

Die nächsten zehn Minuten vergingen mit der Nennung jedes auch nur irgendwie ähnlich klingenden Namens, der den dreien sonst noch einfallen wollte. Die Vorschläge wurden immer abstruser, und schließlich sanken Jessica und Imogen in einem nicht enden wollenden Lachkrampf gegeneinander und flehten die Männer an aufzuhören.

„Was ist mit Reardon oder Raven?“, gluckste Matt, den der Heiterkeitsausbruch der beiden Frauen angesteckt hatte.

Nicholas setzte abermals zu einem Kopfschütteln an, doch dann ging ein Ruck durch seinen Körper. „Raven …“, wiederholte er sinnierend, „Ryvern …“ Plötzlich kam Leben in ihn. „Gütiger Himmel, ja“, rief er aus. „So hieß er!“

„Ryvern?“, wiederholten die anderen im Chor.

„Nein, nicht Ryvern“, korrigierte Nicholas vergnügt. „Der Bursche heißt Wyvern, wie diese Fabelwesen mit den Adlerkrallen an den Hinterfüßen und den großen Flügeln. Daher sicher auch das Bildmotiv auf seinem Siegelring“, schloss er triumphierend.

Für ein paar Minuten herrschte Schweigen. „Wyvern …“, wiederholte Matt schließlich gedankenvoll. „Es gab einen Theodore Ashcroft in meinem Jahrgang in Oxford, der Sohn des Earl of Wyvern. Soweit ich weiß, ist sein Vater inzwischen gestorben, und Theo müsste den Titel geerbt haben. War der Gentleman, der euch zu Hilfe kam, ungefähr in meinem Alter?“

Nicholas zuckte unschlüssig die Achseln, doch Jessica, die Gelegenheit gehabt hatte, ihren Retter genauer zu betrachten, schüttelte energisch den Kopf.

„Etliche Jahre jünger“, erklärte sie bestimmt. „Mitte zwanzig, würde ich sagen. Und mir kam er ganz bestimmt nicht vor wie ein Aristokrat.“

„Immerhin haben wir nun einen Anhaltspunkt“, erwiderte Matt. „Ich werde ein paar diskrete Nachforschungen anstellen, damit ich dem Burschen wenigstens dafür danken kann, dass er meine ungehorsame Schwester zurückgebracht hat.“

Er duckte sich, um dem Samtkissen auszuweichen, das im nächsten Moment über seinen Kopf segelte. „Miserabel gezielt!“, erklärte er gut gelaunt und grinste Jessica übermütig an. „Anscheinend waren meine Versuche, dir Kricket beizubringen, eine einzige Zeitverschwendung.“

3. KAPITEL

Nachdem er das Pferd in einem nahe gelegenen Mietstall untergestellt hatte, machte sich der kürzlich aus der Armee entlassene Dragonermajor und bisherige Honourable Benedict Ashcroft, nunmehr neunter Earl of Wyvern, auf den Weg zur Stadtresidenz seiner Familie am Grosvenor Square.

Er war eben in die South Audley Street eingebogen, als er jemanden seinen Namen rufen hörte.

„Ashcroft, du bist es tatsächlich! Hier drüben, alter Junge!“

Benedict sah sich suchend um. Am gegenüberliegenden Straßenrand entdeckte er eine schnittige Karriole, in deren begeistert zu ihm herüberwinkendem Fahrer er seinen ehemaligen Waffenkameraden Freddy Fitzallan erkannte. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht, während Benedict zurückwinkte und sich geschickt einen Weg durch den lebhaften Verkehr bahnte, um seinen Freund zu begrüßen.

„Wie schön, dich zu sehen, mein Lieber!“ Fröhlich grinsend lehnte Fitzallan sich vor und ergriff Benedicts ausgestreckte Hand. „Hätte nie erwartet, dich hier zu treffen, ehrlich. Du hast gerade erst deinen Abschied genommen, nicht wahr? Wo wolltest du hin? Spring rein, ich fahre dich.“

„Eigentlich lohnt es sich kaum, Freddy“, erwiderte Benedict und kletterte auf den Sitz neben seinen Freund. „Aber wenn du wirklich willst – ich war auf dem Weg nach Ashcroft House.“

Fitzallan ließ die Peitsche knallen und lenkte die Karriole mit beachtlicher Könnerschaft zurück in den dichten Straßenverkehr.

„Es tat mir so leid, als ich von der Sache mit Theo erfuhr“, sagte er und warf Benedict einen kurzen Blick zu. „Ich wollte es zuerst gar nicht glauben, dass jemand mit so viel Erfahrung so unvorsichtig mit einer Schusswaffe umgeht.“ Er schwieg einen Moment und setzte dann ein wenig verlegen hinzu: „Wir müssen uns wohl jetzt angewöhnen, dich mit Wyvern anzureden, nehme ich an.“

„Sieht ganz danach aus“, gab der neue Earl missmutig zurück. „Aber es ist wahrhaftig nicht das, was ich mir gewünscht hätte.“

Fitzallan nickte mitfühlend und räusperte sich. „Seit wann bist du zurück?“

„Ich kam heute früh in Tilbury an. Dort habe ich mir ein Pferd gemietet und bin schnurstracks zu unserem Rechtsbeistand nach Brentford geritten. Ich wollte mich über die Einzelheiten informieren, bevor ich mit meiner Großmutter spreche.“

„Wenn es etwas gibt, das ich für dich tun kann, lass es mich wissen, mein Lieber“, warf Fitzallan ein. „Du weißt, dass du nur zu fragen brauchst.“

„Sicher, Freddy.“ Benedict zwang sich zu lächeln. „Aber außer du hättest zufällig dreißigtausend Pfund übrig, gibt es nichts, das irgendwer für mich tun könnte.“

Fitzallan stieß einen leisen Pfiff aus. „Du lieber Himmel! Steht es wirklich so schlimm? Ich habe natürlich Gerüchte gehört, allerdings war mir nicht klar …“ Er verstummte und fuhr dann beinahe entschuldigend fort: „Meine Taschen sind leider leer, wie üblich. Ich musste mir gestern schon selbst etwas borgen, aber vielleicht kann Holt dir helfen. Du weißt ja, er ist stinkreich, unser guter alter Simon.“

Benedict schüttelte den Kopf. „War nur ein Witz, mein Lieber. Ich käme nicht im Traum auf den Gedanken, einen von euch anzupumpen. Abgesehen davon wäre es ohnehin zwecklos. Ich wüsste nicht, wie ich ein Darlehen dieser Größenordnung zurückzahlen sollte.“

In aller Kürze erstattete er Fitzallan Bericht von seinem Treffen mit Mr Humphreys, dem Anwalt der Familie, ohne auf die unrühmlichen Details vom Untergang seines Bruders Theo einzugehen.

Soweit Benedict es Mr Humphreys’ knappen Ausführungen entnommen hatte, war sein Bruder in den zwei Jahren nach dem Kutschenunfall, der seine Frau und seinen kleinen Sohn das Leben gekostet hatte, der Trunksucht verfallen. Er hatte angefangen zu spielen und Unsummen verloren – und Ashcroft Grange, das Anwesen der Familie in Middlesex, völlig heruntergewirtschaftet.

Unter den Freunden, die Theo in dieser Zeit um sich geschart hatte, schien es keinen gegeben zu haben, der willens oder imstande gewesen wäre, ihn von seinen unglückseligen Neigungen abzubringen – nicht einmal, als er, nachdem er sein eigenes, nicht unbeträchtliches Vermögen vergeudet hatte, offenbar dazu übergegangen war, Wertgegenstände zu verkaufen, die sich seit Generationen im Besitz der Familie befanden. Fast das gesamte silberne Tafelbesteck, die meisten der kostbaren Ölgemälde und etliche unersetzliche Wandteppiche hatten zur Finanzierung von Theos verheerender Spielleidenschaft herhalten müssen.

Es war dem Anwalt nicht leichtgefallen, Benedict auch noch den niederschmetternden Rest zu erzählen. Sein Bruder hatte eine Liste von Gläubigern hinterlassen, deren Ansprüche an ihn sich auf insgesamt dreißigtausend Pfund beliefen – bei fünfundzwanzigtausend davon handelte es sich um unbezahlte Spielschulden.

Je mehr ihm die Ausweglosigkeit von Theos Lage klar zu werden begann, desto besser konnte Benedict verstehen, wieso sein Bruder sich entschieden hatte, seinem Leben ein Ende zu setzen. Bei alledem, so betonte er an den sprachlosen Fitzallan gewandt, blieb jedoch die Frage offen, wie er selber die schier unüberwindlichen Probleme lösen sollte.

„Wenn das, was der Anwalt sagt, zutrifft“, erwiderte der Freund und steuerte die Karriole vorsichtig in die Grosvenor Street, „bleibt dir nichts anderes übrig, als Ashcroft Grange möglichst Gewinn bringend zu verkaufen.“

„Oh nein, nicht du auch noch!“ Dass Fitzallan bereit schien, ein Anwesen, das sich seit Jahrhunderten in Familienbesitz befand, schulterzuckend aufzugeben, machte Benedict wütend. „Humphreys riet mir dasselbe, doch allein der Gedanke an einen Verkauf ist völlig abwegig. Eher würde ich sterben.“ Im nächsten Moment ging ihm die Bedeutung seiner Worte auf, und er stieß ein hohles Lachen aus. „So weit wird es natürlich nicht kommen.“

„Immer mit der Ruhe, alter Freund“, mahnte Fitzallan. „Noch ist nicht alles verloren, und wenn wir uns vernünftig über die Sache unterhalten, werden uns sicher ein paar gute Ideen kommen. Wahrscheinlich hat die Dowager Countess auch schon ein oder zwei Asse im Ärmel. So wie ich sie kenne, ist ihr längst eine passende Lösung eingefallen.“

Das Lächeln, das Benedict daraufhin aufsetzte, missglückte ein wenig. „Wenn man Humphreys glauben darf, ist meine Großmutter so umtriebig wie eh und je und saust durch die Gegend, als wäre sie fünfundzwanzig.“

„Dabei ist sie um die achtzig, nicht wahr?“

„Sechzig, wie sie behauptet.“ Benedict sah seinen Freund fragend an, als die Karriole in den Grosvenor Square einbog. „Kommst du kurz mit hinein und sagst ihr Guten Tag? Du weißt ja, dass sie immer eine Schwäche für dich hatte.“

Fitzallan zog seine Taschenuhr hervor und warf einen Blick darauf. „Ein andermal“, erklärte er bedauernd. „Ich habe mich mit Holt verabredet und bin schon eine halbe Stunde zu spät dran. Aber vielleicht hast du Lust, uns heute Abend bei Brooks’ zu treffen?“

Mit dem Versprechen, zu tun, was er konnte, sprang Benedict zu Boden. Er winkte seinem Freund zum Abschied zu und eilte die flachen Stufen zum Eingang des Stadthauses hinauf. Jesmond, der ältliche Bedienstete der Dowager Countess, öffnete ihm.

Ein paar Minuten später betrat Benedict den Roten Salon, in dem seine Großmutter sich des Nachmittags am liebsten aufhielt.

„Benedict! Mein lieber Junge – endlich bist du wieder da.“ Anmutig erhob sich die hochgewachsene weißhaarige Lady Lavinia Wyvern aus ihrem Sessel und ergriff ihren Enkel bei den Schultern, um ihn fest auf beide Wangen zu küssen. Dann schob sie ihn ein kleines Stück von sich und musterte sein attraktives Gesicht.

„Du siehst müde aus, mein Junge. Ich werde Mrs Winters Bescheid sagen, dass sie ein Bad für dich vorbereitet. Aber als Erstes musst du ein Glas Brandy mit mir trinken.“ Mit diesen Worten trat Ihre Ladyschaft zum Klingelzug und läutete nach einem Diener.

„Du warst bei Humphreys?“, fragte sie gespannt, als Jesmond ihnen Karaffe und Gläser gebracht hatte und sie und ihr Enkel Platz nahmen.

Benedict nickte. „Ich habe ihn aufgesucht, sobald ich an Land gegangen war. Und deine Vermutung scheint zuzutreffen – alles spricht dafür, dass Theo freiwillig aus dem Leben geschieden ist.“

„Humphreys teilte mir mit, dass dein Bruder einen Brief für dich hinterlassen hat. Ich gehe davon aus, dass er darin eine Erklärung abgibt für sein unakzeptables Verhalten.“

Benedict nahm das Schreiben aus seiner Rocktasche und gab es seiner Großmutter. „Ich fürchte nein. Er bittet um Entschuldigung, doch ansonsten zeugen seine Zeilen von einem Zustand extremer geistiger Verwirrung.“

Seufzend lehnte Benedict sich zurück und fuhr sich durch sein widerspenstiges dunkles Haar, während er im Geist die Worte seines Bruders wiederholte, die er inzwischen auswendig kannte.

Ben, alter Junge, lauteten sie, bin am Ende … habe alles vermurkst … sehe keinen Sinn mehr im Leben … hinterlasse Dir die Zeche … tut mir so leid … kümmer Du Dich darum … habe nicht mehr die Kraft … weißt du noch, wo wir als Kinder gespielt haben? … musst den Besitz retten, unbedingt … verlasse mich auf Dich … verzeih mir, Theo.

„Mir ist unbegreiflich, wie es so weit kommen konnte“, wandte er sich an seine Großmutter. „Ich wusste, dass es ihm schlecht ging, nachdem er Sophia und den kleinen Edwin verloren hatte, doch mir war nicht klar, wie schlimm es wirklich um ihn stand. Von einem Kameraden bei der Armee hörte ich zwar, es ginge das Gerücht, dass Theo zum Trinker geworden sei, aber als Humphreys mir eröffnete, dass er das gesamte Familienvermögen in Spielhöllen durchgebracht hat, konnte ich es kaum glauben – zumal Vater ihn früher immer wegen seiner Gesetztheit aufzog.“

Für eine Weile hörte man nichts außer dem lauten Ticken der großen alten Standuhr, doch plötzlich wurde Benedict sich bewusst, dass Ihre Ladyschaft ihn erwartungsvoll ansah. Er holte tief Luft und versuchte, seine widerstreitenden Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.

„Nun, wenigstens darf man Theo zugutehalten, dass er für kurze Zeit nüchtern genug war, um zu erkennen, was er angerichtet hat“, fuhr er fort. „Auch wenn sein Abschiedsbrief zeigt, wie verwirrt er in anderer Hinsicht gewesen sein muss. Denn wenn die Dinge wirklich so stehen, wie Humphreys sagt – wie konnte Theo dann davon ausgehen, dass ich alles wieder in Ordnung bringe?“

„Du hast hoffentlich nicht die Absicht, gefühlsduselig zu werden, mein Junge!“, versetzte die Dowager Countess scharf. „Dein Bruder hat sich als Schwächling erwiesen und einen feigen Ausweg gewählt. Also lass uns nicht länger über die Angelegenheit reden.“

„Langsam, Großmutter“, protestierte Benedict, bestürzt über die Mitleidlosigkeit der alten Dame. „Ich bin nicht der Auffassung, dass Theo ein Feigling war. Es ist doch verständlich, dass er nach dieser entsetzlichen Tragödie zu trinken anfing, zumal er sich zweifellos vorwarf, am Tod seiner Frau und seines Sohnes schuld zu sein – schließlich hatte er die Chaise kutschiert. Er muss furchtbar gelitten haben …“

„Papperlapp“, fiel ihm die Dowager Countess ins Wort. „Er war nicht der erste Mensch auf der Welt, der einen solchen Verlust erlitt und mit dem Leben weitermachen musste, noch wird er der letzte gewesen sein. Darf ich dich daran erinnern, dass ich selbst mit zweiundzwanzig Jahren Witwe wurde, als dein Großvater von seinem Pferd abgeworfen wurde und sich das Genick brach? Und erlaubte ich mir etwa, dahinzusiechen oder zur Flasche zu greifen?“

Benedict schüttelte nur den Kopf, ohne zu antworten. Er wusste aus Erfahrung, dass es keinen Zweck hatte, seine Großmutter zu unterbrechen, wenn sie in Fahrt war.

„Nein, das tat ich nicht!“, beantwortete die Dowager Countess ihre rhetorische Frage. „Der Besitz musste geführt werden, zwei kleine Kinder waren zu erziehen – also verbot ich mir meinen Kummer und meine Tränen, klemmte mich hinter die Dinge und stand die Schwierigkeiten durch. Darum jammere mir bitte nichts von Leid vor. Schlimm genug, dass dein Bruder sich seinen Lastern ergab, aber dir die Lösung der Probleme aufzubürden, die er verursacht hat und denen er sich nicht gewachsen fühlte, ist wirklich der Gipfel!“

Als ihr Enkel beharrlich schwieg, leerte Lady Wyvern ihr Glas in einem Zug und zuckte verächtlich mit den Schultern. „Nun, ich habe meine Meinung gesagt, und du kannst gerne beleidigt sein. Als der Mann indes, für den ich dich halte, wirst du uns noch einen Brandy eingießen und mit mir zusammen erörtern, wie wir den Schaden beseitigen, den Theodore mit seinem Mangel an Selbstdisziplin angerichtet hat.“

„Ich nehme an, wir haben keine reichen Verwandten, von deren Existenz ich bislang nicht unterrichtet war?“ Wiewohl er ihre Ansichten über seinen Bruder nicht teilte, war Benedict zu dem Schluss gelangt, dass es zu nichts führte, mit seiner Großmutter zu streiten. Er schenkte ihr nach und griff mit der anderen Hand nach Theos Abschiedsbrief, den sie achtlos auf den Beistelltisch neben sich geworfen hatte.

„Bedauerlicherweise nicht.“ Die Dowager Countess lachte leise in sich hinein, erleichtert, dass ihr Enkel Humor bewies. „Nein, mein Junge, aber was wir im Moment am besten gebrauchen könnten, wäre eine reiche Erbin, die es auf einen Titelträger abgesehen hat.“

Benedict versteifte sich. „Ich war davon ausgegangen, dass ich ein Mitreden habe, wenn es um die Wahl meiner Braut geht.“

Lady Wyvern warf ihm einen misstrauischen Blick zu. „Du bist doch hoffentlich nicht schon verlobt?“

Mit Bedauern verbannte Benedict die berückenden Bilder einer gewissen Pariser Balletttänzerin, die vor seinem inneren Auge auftauchten, und stieß ein unfrohes Lachen aus. „Nichts dergleichen, ich versichere es dir. Aber um auf den Punkt zu kommen – ich bezweifle, dass selbst die ehrgeizigste Matrone bereit wäre, ihre Tochter mit einem Habenichts wie mir zu vermählen, Earl hin oder her.“

„Unsinn“, schalt seine Großmutter ungehalten. „Der Name Wyvern gilt etwas in diesem Land!“

„Nicht, wenn Humphreys’ Behauptungen zutreffen“, entgegnete Benedict bitter.

„Was untersteht sich dieser Mensch!“ Die Dowager Countess reckte das Kinn und richtete sich gerade auf. „Lass mich hören, was er gesagt hat.“

Benedict zuckte mit den Schultern. „Jedenfalls gewann ich den Eindruck, dass unser Name nicht mehr genug Gewicht besitzt, um uns weitere Kredite bei Coutts zu sichern. Glücklicherweise konnte Humphreys die Bankiers überreden, von einer sofortigen Rückzahlung abzusehen. Aber unglücklicherweise gibt es noch all die anderen Gläubiger, und sie werden in Kürze vor unserer Tür stehen.“

Nachdenklich nahm Lady Wyvern einen Schluck Brandy.

„Dann müssen wir etwas unternehmen, mein Junge“, beschied sie. „Und zwar bevor alle Welt Bescheid weiß über Theos Verfehlungen.“

Sie betrachtete ihren Enkel schweigend und nickte schließlich energisch.

„Wir werden eine Soiree veranstalten.“

„Eine Soiree!“, wiederholte Benedict bestürzt. „Aber wir sind noch in Trauer!“

Die Dowager Countess zuckte mit den Schultern. „Wir haben keine Zeit, uns um derlei Feinheiten des Benehmens zu kümmern. Mir schwebt auch kein großes gesellschaftliches Ereignis vor, sondern lediglich eine kleine Zusammenkunft, die uns die Gelegenheit gibt, Miss Eulalia Capstick einzuladen … oder nein, warte mal – was hältst du von Felicity Draycott?“

Benedict verschluckte sich beinahe an seinem Brandy. „Du hast schon eine Liste geeigneter Bräute erstellt?“, fragte er fassungslos.

„Felicity erhält eine Mitgift von fünfzigtausend Pfund“, erwiderte seine Großmutter unbeeindruckt. „Und sie ist die Alleinerbin sämtlicher Anwesen ihres Vaters. Eine bessere Lösung für unsere Probleme wird sich kaum finden lassen. Außerdem verehrt das Mädchen dich, seit du in Cambridge warst.“

Ein Ausdruck heftigen Missfallens huschte über Benedicts Gesicht. „Wenn es dir nichts ausmacht“, entgegnete er eilig, „würde ich es vorziehen, meine Bekanntschaft mit Miss Draycott nicht zu vertiefen.“

Lady Wyvern lehnte sich vor und klopfte ihrem Enkel einige Male nachdrücklich mit ihrem Fächer aufs Handgelenk. „Deine Lage erlaubt es dir nicht, besonders wählerisch zu sein, Benedict“, rief sie ihm ins Gedächtnis. „Mädchen, die reich und anziehend sind, haben es meist auf die jungen Stutzer abgesehen. Und leider gibt es diese Saison kaum ein hübsches Gesicht unter den Debütantinnen – außer der kleinen Beresford natürlich, aber sie …“

Benedict spitzte die Ohren. „Beresford?“, fragte er neugierig.

Seine Großmutter zuckte die Achseln. „Jessica Beresford, die diesjährige Ballschönheit“, erklärte sie herablassend. „Die Tochter eines Bürgerlichen, der in Indien ein Vermögen gemacht hat und inzwischen verstorben ist. Ich habe ihn einmal getroffen – Sir Matthew Beresford, ein wichtigtuerischer Niemand, insbesondere nachdem ihm die Würde eines Ritters des Königreichs verliehen worden war. Er hatte eine gewisse Emily Herrington geheiratet und sie mit auf den Subkontinent genommen. Sie starb bei der Geburt von Miss Beresfords älterem Halbbruder. Er heißt ebenfalls Matthew, glaube ich.“

„Halbbruder?“, wiederholte Benedict fragend. Angesichts der lebhaften Vision eines Paars blitzender grüner Augen hatte er ein wenig Mühe, den Erklärungen seiner Großmutter zu folgen.

Ihre Ladyschaft nickte. „Das jetzige Familienoberhaupt. Wie es scheint, wollte sein Vater nichts mit dem Jungen zu tun haben – er machte ihn für den Tod seiner Gattin verantwortlich oder irgend so ein Unfug. Nun, jedenfalls heiratete Sir Matthew ein zweites Mal und bekam eine Tochter und einen weiteren Sohn. Letztes Jahr schließlich, nach dem Tod seines Vaters, tauchte dann der Älteste auf. Er trat sein Erbe an, vermählte sich mit der Nichte seiner Stiefmutter und ist nun der Vormund dieser Jessica.“

Die Dowager Countess schwieg und warf ihrem Enkel einen prüfenden Blick zu. Als sie seinen faszinierten Gesichtsausdruck bemerkte, schüttelte sie den Kopf.

„Das Mädchen ist nichts für dich, Benedict“, erklärte sie nachdrücklich. „Ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass sie nicht mehr als fünftausend im Jahr wert ist, und das reicht uns bei Weitem nicht.“

„Keine Sorge, Großmutter“, erwiderte Benedict mit einem schiefen Grinsen. „Ich versichere dir, ich hege nicht die Absicht, mich in die Schar ihrer Verehrer einzureihen. Außerdem hatte ich bereits das zweifelhafte Vergnügen, die junge Dame kennenzulernen, und ich verspüre keinerlei Neigung, die Bekanntschaft fortzuführen.“

Noch während er sprach, fiel ihm sein sonderbares Verhalten im Hinblick auf Miss Beresfords Taschentuch ein, und er spürte, wie er rot wurde. „Im Übrigen wird es sicher nicht schaden, wenn ich den Draycotts einen Höflichkeitsbesuch abstatte“, sagte er rasch, um seine Großmutter abzulenken.

Die strengen Züge der Dowager Countess wurden umgehend weicher. Sie sah ihn an und nickte beifällig. „Das ist außerordentlich vernünftig von dir, Benedict. Die Rettung von Ashcroft Grange muss Vorrang haben vor irgendwelchen persönlichen Vorlieben und Abneigungen. Das Anwesen gehört uns seit über zehn Generationen. Vor sechzig Jahren habe ich darum gerungen, den Besitz über die Runden zu bringen, nun bist du an der Reihe. Du darfst einfach nicht kampflos aufgeben!“

Benedict sprang auf und war mit zwei Schritten bei seiner Großmutter. Er ging vor ihr in die Hocke und ergriff ihre Hände.

„Ich verspreche dir, ich werde alles tun, was notwendig ist“, erklärte er bewegt. „Miss Felicity Draycott wird in mir den Mann finden, von dem sie ihr ganzes Leben lang geträumt hat. Darauf gebe ich dir mein Wort.“

4. KAPITEL

Wichtige geschäftliche Angelegenheiten hielten Matt Beresford einstweilen davon ab, Nachforschungen über den Retter seiner Geschwister anzustellen. Er sah sich indes gezwungen, dem jungen Lieutenant Stevenage die Leviten zu lesen, als dieser schließlich drei Tage nach dem Überfall auf Nicholas und Jessica in der Dover Street vorsprach.

„Nun denn, junger Mann, was haben Sie zu all dem zu sagen?“, fragte Matt streng, nachdem er Stevenage über die unglückseligen Ereignisse aufgeklärt hatte.

Der Lieutenant war leichenblass geworden. „Ich … ich kann Sie nur inständig um Entschuldigung bitten, Sir“, antwortete er. „Ich versichere Ihnen, ich habe nichts unversucht gelassen, um Miss Jessica von ihrem … Vorhaben abzubringen …“

„… doch sie setzte wie üblich ihren Kopf durch?“, vervollständigte Matt die gestammelte Rechtfertigung. Er konnte sich recht gut vorstellen, in welche Zwangslage seine eigensinnige Schwester den jungen Mann gebracht hatte.

Stevenage wurde feuerrot, straffte indes mannhaft die Schultern und sah seinem Gastgeber fest in die Augen. „Gleichwohl liegt die Verantwortung für das, was geschehen ist, ausschließlich bei mir, Sir, und ich versichere Ihnen, dass meine Hauptsorge Miss Beresfords Wohlergehen gelten wird, sollte sich je wieder etwas Ähnliches ereignen.“

Der junge Mann blickte so reuevoll drein, dass es Matt nur mit Mühe gelang, ein amüsiertes Grinsen zu unterdrücken. In der kurzen Zeit, die er ihn nun kannte, hatte Stevenage sich als durch und durch ehrenhaft gezeigt, und bis zu dem unglücklichen Zwischenfall vor drei Tagen wäre es Matt nicht in den Sinn gekommen, die wachsende Freundschaft zwischen ihm und seiner Schwester zu unterbinden. Der Lieutenant war nicht der Typ Mann, der sich Freiheiten herausnahm, und sowohl dieser Umstand als auch die Tatsache, dass er eine Schwester in Jessicas Alter hatte, machte ihn in Matts Augen nach wie vor zu einem idealen Begleiter für das Mädchen.

„Ihre Entschuldigung ist angenommen“, brummte er daher versöhnlich und wies mit einer einladenden Geste auf den Flaschenständer auf seinem Schreibtisch. „Ich glaube Ihnen, dass Sie getan haben, was Sie konnten. Aber lernen Sie aus der Erfahrung, mein Junge!“

Ein paar rasche Schlucke aus dem Brandyglas, das der Hausherr ihm reichte, beruhigten die Nerven Lieutenant Stevenages so weit, dass er den Mut aufbrachte zu fragen, ob er Miss Jessica irgendwann in der nächsten Zeit wieder ausführen dürfe.

„Ich glaube, wir haben für heute Abend eine Loge im Drury Lane reserviert“, erwiderte Matt nach einem Moment des Nachdenkens. „Vielleicht hätten Sie und Ihre Schwester Lust, sich uns anzuschließen?“

Obgleich weit davon entfernt, ein glühender Verehrer der Oper zu sein, nahm Stevenage die Einladung bereitwillig an. Olivia wird sicher ganz begeistert sein, machte er sich Mut. Und was zählten schon ein paar Stunden unverständliches Gejaule im Vergleich zu dem Vergnügen, Jessica wiederzusehen?

Als er und seine Schwester ihre Plätze in der beresfordschen Loge eingenommen hatten, konnte Lieutenant Stevenage eine leichte Enttäuschung nicht unterdrücken. Jessica schien seine Anwesenheit kaum zur Kenntnis zu nehmen. Sie wirkte in einer Weise zerstreut, die er an ihr nicht kannte, und obwohl sie sich offenbar über sein Erscheinen gefreut und sich sogar dafür entschuldigt hatte, dass sie seinem Rat nicht gefolgt war, zeigte sie wenig Neigung, sich mit ihm zu unterhalten.

Während des gesamten ersten Akts bemühte sich Stevenage nach Kräften, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, doch was er auch tat, es gelang ihm nicht einmal, einen Blick von ihr zu ergattern, und jeder Versuch, eine Konversation zu beginnen, war angesichts der ohrenbetäubenden Lautstärke von Gesang und Musik zum Scheitern verurteilt.

Stevenage stieß einen unhörbaren Seufzer aus. Nun, dann werde ich eben bis zur Pause warten, dachte er hoffnungsvoll. Bis dahin musste er wohl oder über versuchen, dem Geschehen auf der Bühne zu folgen, obwohl ihm schleierhaft war, was sich da unten eigentlich abspielte.

Je länger er indes dasaß und sich entsetzlich langweilte, desto bleierner schienen seine Lider zu werden. Irgendwann fielen sie zu, und hätte der Akt nicht in einem ohrenbetäubenden Crescendo geendet, wäre er wohl eingeschlafen. So jedoch riss er die Augen auf und war auf den Füßen, noch ehe der Vorhang fiel. Er winkte Nicholas zu und wollte ihm gerade vorschlagen, mit den beiden jungen Damen nach draußen zu gehen und sich ein wenig Bewegung zu verschaffen, als Jessicas aufgeregtes Flüstern ihn innehalten ließ.

„Nick, sieh doch bloß! Da drüben, in der Loge genau gegenüber. Das ist er, ich bin ganz sicher.“

„Wer – er?“ Für einen Moment aus dem Konzept gebracht, spähte Nicholas angestrengt im Zuschauersaal umher. Dann hatte er die Loge, die seine Schwester meinte, entdeckt, und seine Miene hellte sich auf. „Tatsächlich! Ich glaube, du hast recht“, rief er aus und verlor beinahe das Gleichgewicht, als er versuchte, seinen Halbbruder am Ärmel zu zupfen, um ihn auf Jessicas Entdeckung aufmerksam zu machen. „Wyvern, Matt! Dort drüben sitzt er. Sollen wir zu ihm gehen und mit ihm reden, was meinst du?“

Während ihre Brüder sich mit gesenkter Stimme berieten, hielt Jessica den Atem an. Seit drei Tagen rechnete sie stündlich mit einer Aufwartung ihres unbekannten Retters. Weshalb sie seinen Besuch regelrecht herbeifieberte, hätte sie nicht sagen können, zumal wenn sie sich die selbstherrliche Haltung des Gentleman in Erinnerung rief, aber nun reichte sein bloßer Anblick aus, um ihr ein sonderbares Flattern in der Magengegend zu verursachen.

Er war nicht allein. Zu seiner Linken saß eine würdevolle alte Dame – die respekteinflößendste Frau, die sie je gesehen hatte, wie Jessica augenblicklich beschied. Ihr Blick wanderte zu dem Stuhl auf Lord Wyverns anderer Seite, und unwillkürlich entrang sich ihr ein kummervoller Seufzer. Wenn sie nicht alles täuschte, handelte es sich bei Wyverns zweiter Begleiterin um Felicity Draycott, eine jener jungen Damen aus dem Zirkel überheblicher Debütantinnen, die ihr, seit sie sich in der Stadt aufhielt, die kalte Schulter zeigten.

Nicht dass dieser Tatbestand Jessica sonderlich gestört hätte – dazu war sie sich der Aufmerksamkeit zu vieler Verehrer sicher –, aber wie um alles in der Welt ein so gut aussehender Mann wie der Earl of Wyvern sich mit einer so unerträglich hochmütigen Person abgeben konnte, war ihr ein Rätsel.

Außer natürlich, Miss Draycott wäre eine Verwandte von ihm, schoss es ihr durch den Kopf. Ja, das musste der Grund sein. Ihre Mundwinkel bogen sich nach oben, und ihre smaragdfarbenen Augen begannen lebhaft zu funkeln, während Jessica gespannt beobachtete, wie Matt Lord Wyverns Loge betrat.

Autor

Dorothy Elbury
Dorothy Elbury war schon als Kind eine Leseratte, und auch später hatte sie ihre Nase so oft in ein Buch gesteckt, dass sie selbst gar nicht zum Schreiben kam.
Erst als sie ausnahmsweise mal keine Lektüre hatte, fing sie an, einen Roman zu verfassen. Lange lag das Manuskript in der Schublade,...
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