Historical Saison Band 40

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LADY SARAH UND DER SCHURKE von SCOTT, BRONWYN
Benedict DeBreed - der Schurke, der ihr das Herz gebrochen und sie schmählich im Stich gelassen hat! Lady Sarah ist entsetzt, dass ausgerechnet er ihr helfen soll, einen Gemahl zu finden. Denn leider sehnt sie sich in aller Heimlichkeit noch nach seinen Lippen …

MISS EMMA UND DER ABENTEURER von SCOTT, BRONWYN
Sie ist stark, unterwirft sich keinem Mann: Eine Frau ganz nach dem Geschmack von Renford Dryden! Schon bei ihrem ersten Treffen sprühen die Funken der Leidenschaft … doch Emma verbirgt etwas vor ihm. Er muss ihr Geheimnis lüften - sonst gibt es keine Zukunft für sie ...

LADY BRYN UND DER HERZENSBRECHER von SCOTT, BRONWYN
Was für eine betörende Schönheit! Captain Christopher Sherard ist auf den ersten Blick fasziniert von Lady Bryn. Und sie scheint seine Avancen zu genießen. Dennoch vertraut Bryn ihm nicht - dabei würde Christopher für sie seine bewegte Vergangenheit hinter sich lassen!


  • Erscheinungstag 27.09.2016
  • Bandnummer 0040
  • ISBN / Artikelnummer 9783733765682
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Bronwyn Scott

HISTORICAL SAISON BAND 40

BRONWYN SCOTT

Lady Sarah und der Schurke

Benedict DeBreed soll für Lady Sarah einen Ehemann suchen. Für die Frau, die in ihm eine ungeahnte Leidenschaft weckte – und die ihn heute verabscheut. Widerstrebend macht sich Benedict ans Werk und sieht sich nach geeigneten Kandidaten um. Dabei will er eigentlich nur, dass die bezaubernde Sarah ihm das Jawort gibt!

Miss Emma und der Abenteurer

Barbados, 1835: Emma muss kämpfen – um die Plantage und um ihre Freiheit! Niemals darf Renford Dryden das Stück Land, von dem sie lebt, bekommen. Mit den Waffen einer Frau versucht Emma, Renford zu überzeugen, ihr die Zuckerrohr-Farm zu überlassen. Aber plötzlich wird ihr gewahr, dass ihr Herz etwas ganz anderes fordert …

Lady Bryn und der Herzensbrecher

Hatte es je eine unverhohlenere Einladung zur Sünde gegeben als den muskulösen, attraktiven Fremden, der plötzlich auf ihrem Balkon steht? Lady Bryn Rutherford muss diese Einladung auf jeden Fall ausschlagen! Der gute Ruf ihrer Familie geht vor. Kann sie ihrer Sehnsucht nach dem Lebemann Christopher Sherard widerstehen?

1. KAPITEL

Lady Sarah Dryden saß stocksteif im eleganten Louis-XV-Salon des Landsitzes ihrer Familie, nach dem letzten Schrei der Londoner Mode gekleidet und umgeben von den Nachkommen einiger der vornehmsten Familien Englands. Nicht wenige von ihnen waren eigens aus London angereist, um zu den Auserwählten zu gehören, die sich Lady Sarahs charmanter Gesellschaft erfreuen durften. Lady Sarah lachte, sie lächelte, sie schmeichelte ihnen, bis jeder einzelne Mann unter den Gästen die ganze Macht ihrer verführerischen blauen Augen zu spüren bekommen hatte.

Nie zuvor hatte sie sich so heuchlerisch gefühlt. Vielleicht ging es den anwesenden Gentlemen allerdings nicht anders. Sie wusste sehr wohl, dass sie ihrer Einladung nicht nur gefolgt waren, um sich zu unterhalten. Es galt, eine Aufgabe zu erfüllen, bevor diese Hausgesellschaft vorüber war und sie alle wieder zu der bereits begonnenen Saison in London zurückkehren würden. Diese Männer hatten die Reise hierher in der Hoffnung angetreten, Lady Sarahs Hand zu gewinnen, und sollte das misslingen, sich um eine der anderen liebreizenden Damen zu bemühen, die anwesend waren und ihrerseits hofften, einen Antrag zu erhalten. Alle nahmen an diesem Spiel teil, nur Sarah Dryden spielte mit gezinkten Karten.

Sie war nicht, wofür man sie allgemein hielt. Sie war weder reich, noch konnte sie ihren Gatten frei wählen. Tatsächlich war sie nicht sonderlich erpicht darauf, einen der anwesenden Gentlemen als Ehegatten auszuerwählen. Sie waren nicht lustig, obwohl Sarah über ihre Scherze lachte. Viele von ihnen waren auch nicht attraktiv, obwohl sie ihnen das Gegenteil versicherte.

Wenn es nach ihr ginge, hätte sie schon vor einer halben Stunde alle Gäste fortgeschickt, hätte ihnen geraten, das Geld ihrer Väter zu sparen und es für eine Frau aufzuwenden, die sie um ihrer selbst lieben würde und nicht wegen ihres Vermögens. Nur konnte sie diese Frau nicht sein. Sarah durfte sich nur für einen reichen Mann entscheiden. Und das war nicht einmal ihr größtes Geheimnis.

Das größte Geheimnis war, dass die Drydens ein handfestes Problem hatten. Kurzum, sie waren bankrott. Es war ihnen nichts mehr geblieben, das sie verkaufen könnten – bis auf Sarah. Ihr Bruder Ren, der Earl, hätte dem Ganzen vielleicht einen Riegel vorschieben können, doch er befand sich gerade zweitausend Meilen von hier entfernt in der Karibik, um eine Zuckerrohrplantage zu übernehmen, die ihm ein entfernter Cousin vermacht hatte. Die Plantage sollte für ihre Familie die Rettung sein und würde es vielleicht auch sein – in ferner Zukunft allerdings erst. Nur dass Sarah das hier und jetzt nicht viel half, da die Gläubiger sie bedrängten, und ihre Mutter sich in ihrem Zimmer eingesperrt hatte und sich weigerte, irgendjemanden zu sehen.

Und so war es allein an Sarah, sich dem Hier und Jetzt zu stellen. Wie die Anwälte der Familie ihr versichert hatten, konnte nur eine vorteilhafte Heirat die finanzielle Katastrophe aufhalten. Also würde sie so schnell und so vorteilhaft heiraten, wie es ihr nur möglich war, wenn ein solch gefühlloses, berechnendes Arrangement ihrer Natur auch völlig widerstrebte. Früher einmal hatte sie sich sehr viel mehr von ihrer Zukunft erhofft. Aber sentimentale Gefühle waren jetzt nicht mehr angebracht.

Sarah ließ den Blick durch den Raum schweifen und fragte sich, wer es sein sollte, auf wen ihre Wahl fallen sollte. Machte es überhaupt einen Unterschied? Diese Männer waren hier, weil sie zu den begehrtesten Junggesellen Londons gehörten – allesamt waren sie Erben eines Titels und reich und erwarteten natürlich dieselben Eigenschaften auch bei ihrer Gattin. Am Ende dieser Hausgesellschaft musste Sarah ihre Entscheidung getroffen haben. In gewisser Weise war sie erleichtert darüber, aber gleichzeitig auch sehr traurig.

In achtundvierzig Stunden würde alles vorüber sein. Nicht nur der Rausch der Jagd, sondern auch die Möglichkeit, jemals glücklich zu werden – mit einem Mann, der mehr zu bieten hatte als eine gefüllte Geldkassette und einen makellosen Stammbaum. Doch ihre Umstände erlaubten ihr nicht, sich einem solchen Traum hinzugeben. Sie durfte nicht mehr auf die gleiche Weise hoffen wie als junges Mädchen. Und vielleicht war es ja auch besser so. Ihr Hoffen hatte ihr einst sehr wehgetan.

„Warum ziehst du nicht gleich das Kleid aus?“

Eine tiefe Stimme dicht an ihrem Ohr ließ Sarah zusammenzucken. Sie musste ihre korrekte Haltung aufgeben und hätte fast ihren Tee verschüttet. Diese raue Stimme würde sie überall wiedererkennen, diesen amüsierten Tonfall, obwohl der Mann, dem sie gehörte, überhaupt nicht auf der Gästeliste stand. Ein unerwarteter Schauer überlief sie. Sie war hin und her gerissen zwischen Erregung und Beklommenheit. Benedict DeBreed war hier.

„Verzeihung?“ Sarah nahm hastig wieder Haltung an und wandte sich entschlossen dem dreisten Neuankömmling zu. Lieber Himmel, was hatte er hier verloren? Er war nicht eingeladen, und er zählte auch nicht zu den Männern, die gern an steifen, vornehmen Gesellschaften wie dieser teilnahmen. Was brachte ihn also hierher? Benedict war ein Freund ihres Bruders aus London – einer jener Freunde, von denen eine Schwester höchstens einmal etwas gehört haben durfte, die ein Bruder aber nicht mit nach Hause brachte, zumindest nicht oft. Und aus gutem Grund, wie sich später herausgestellt hatte. Benedict hatte sich am Ende leider als unwiderstehliche Versuchung erwiesen.

Und jetzt sah es ganz so aus, als wäre es ihm schon wieder gelungen, sie zu überrumpeln. Sie hatte sich so sehr auf Badgleys Erben, einen schüchternen jungen Mann, konzentriert, dass sie nicht zur Tür geschaut hatte und ihr Benedicts Ankunft entgangen war. „Eine solche Bemerkung konnte nur von dir kommen“, sagte Sarah kühl, ohne sich anmerken zu lassen, wie sehr sein Erscheinen sie aufwühlte. Aber es waren nicht nur seine Worte gewesen, die ihn verraten hatten. Sarah hätte ihn selbst mit verbundenen Augen und in einem Raum mit Hunderten von Männern wiedererkannt. Sie erinnerte sich noch genau an den dezenten Zitrusduft seines Eau de Cologne, an den Sandelholzgeruch seiner Seife. Mühsam unterdrückte Erinnerungen flackerten wieder auf.

„Warum zeigst du ihnen nicht, was sie wirklich sehen wollen? Alles andere hast du ihnen doch schon gegeben auf dieser lächerlichen Farce von einer Abendgesellschaft.“ Er machte keinen Hehl daraus, wie wenig er für solche Veranstaltungen übrig hatte. Benedict DeBreed spielte seine ganz eigenen Spielchen, ganz und gar nicht jene harmlosen Charaden, wie sie in einem vornehmen Salon stattfanden. Er bevorzugte Schlafzimmer oder Sofas in einer Bibliothek. Dieses Bild war ganz besonders hartnäckig in Sarahs Erinnerung haften geblieben, obwohl sie mit aller Kraft versucht hatte, zu vergessen, was sich einst zwischen ihnen abgespielt hatte.

„Was tust du hier? Du weißt doch sicher, dass Ren in Barbados ist.“ Sarah dachte nicht daran, ihr Missfallen zu verbergen. Verstohlen versuchte sie abzuwägen, welche Reaktion Benedicts Ankunft hervorgerufen hatte. Die Gentlemen würden das Erscheinen eines weiteren Anwärters um ihre Hand nicht begrüßen. Und Benedict genoss nicht gerade einen Ruf, der Sarah im Augenblick nützen würde. Was die Damen allerdings anging, würde seine Ankunft sie gewiss sehr glücklich stimmen, selbst wenn sie es nicht zugeben sollten.

Die Gäste begannen bereits zu tuscheln. Badgleys verhuschter junger Erbe, dem Sarah sich gerade voller Geduld gewidmet hatte, hatte sich bei Benedicts Erscheinen verwirrt zurückgezogen. Ahnte Benedict, wie viel Mühe es sie gekostet hatte, bis der Junge sich entspannt hatte? Und jetzt war alles umsonst gewesen, und sie würde wieder von vorn anfangen müssen.

„Ich weiß, wo dein Bruder ist, und genau deswegen bin ich hier.“ Er schenkte ihr einen bedeutungsvollen Blick aus seinen sündhaft aufregenden grünen Augen mit den interessanten silbernen Sprenkeln – es war ein verruchter Blick, fast so verrucht wie sein Lächeln. Sarah wusste aus bitterer Erfahrung, wie leicht er damit ein unschuldiges Mädchen verführen konnte.

„Ich muss mit dir reden, Sarah, allein und sofort.“ Sarah. Er nutzte die Vergangenheit und seine Verbindung mit der Familie aus, um sie vor allen Menschen mit ihrem Vornamen anzusprechen, aber sein dringlicher Tonfall ließ Sarah aufhorchen. Sie musterte ihn prüfend, und erst jetzt fielen ihr sein windzerzaustes Haar, die schlammverkrusteten Stiefel, der Schmutz am Saum seines Mantels und die leicht geröteten Wangen auf. Woher er auch gekommen war, er hatte sich offenbar direkt auf den Weg zu ihr gemacht. Angst schnürte ihr die Kehle zu. „Es ist doch nichts mit Ren, oder? Du hast doch keine schlechten Nachrichten?“

Er schüttelte knapp den Kopf. „Nein, es ist nichts mit Ren. Bitte, können wir uns irgendwo unterhalten?“

Das Letzte, was sie wollte, war, mit ihm allein zu sein, aber sie musste selbstverständlich erfahren, was geschehen war. Inzwischen hatten fast alle Gäste wahrgenommen, dass etwas Ungewöhnliches vorging. Ach, immer musste er alles verderben!

Sarah fasste einen Entschluss. „Fünf Minuten in Rens Arbeitszimmer. Du weißt ja wohl noch, wo es ist. Ich treffe dich gleich dort. Aber wir werden nicht viel Zeit haben.“ Sie lächelte dem Sohn des Earl of Badgley aufmunternd zu. Er war sehr nett, wenn auch nicht besonders aufregend. Immerhin hatte er sein ganzes Leben unter der Knute seines allzu sittenstrengen Vaters verbracht. Sie war eigentlich davon überzeugt, dass sie den armen Jungen so weit hatte, um sie anzuhalten, ebenso wie zwei weitere Sprösslinge bedeutender Familien. Sie konnte sich gerade jetzt nicht leisten, allein mit Benedict DeBreed ertappt zu werden – einem Mann, der für seinen Erfolg beim schönen Geschlecht, seine vielen Affären und Geliebten nur allzu bekannt war.

2. KAPITEL

Ich setze meinen Ruf aufs Spiel, indem ich mich hier mit dir treffe. Was immer du mir zu sagen hast, sage es schnell“, fuhr Sarah ihn heftig an, kaum dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Die Erben zweier Earls und ein Viscount warten voller Ungeduld darauf, um mich anzuhalten, und keiner ihrer Väter wäre erfreut darüber, von unserer kleinen Zusammenkunft zu hören.“

Benedict lehnte lässig mit einer Hüfte am glänzend polierten Mahagonischreibtisch und lachte leise. „Ich hatte vergessen, wie umwerfend du bist, wenn du wütend bist, Sarah. Die liebeskranken Dummköpfe in deinem Salon ahnen nicht das Geringste, habe ich recht?“ Aber er log natürlich. Er hatte es nicht vergessen, so sehr er es auch versucht hatte. Sie war hinreißend mit ihren blauen Augen und dem honigblonden Haar, das so weich und glänzend war, dass es jeden Mann danach verlangte, die Finger hindurchgleiten zu lassen und es zu streicheln.

„Es sind keine liebeskranken Dummköpfe“, entgegnete Sarah aufgebracht. Er lächelte nur. Es machte ihm Spaß, sie zu reizen, die viel zu vollkommene Sarah Dryden aus ihrer Reserve zu locken. Einst hatte sie ihm sehr viel mehr gegeben als ihren Zorn, aber das war sehr lange her. Das war zu einer Zeit gewesen, als er es noch gewagt hatte zu träumen, ein Mann wie er könnte eine Frau wie sie für sich gewinnen. Die Tochter eines Earls war allerdings für manche Männer ein unerreichbares Ziel.

„Nein, nicht wahr?“ Er war nicht gekommen, um sich mit ihr zu streiten, aber offensichtlich konnte er nicht anders. Noch nie hatten Leidenschaft und Zorn so dicht beieinandergelegen. „Alle sind sie Erben eines Titels und Vermögens, und ihre einzige Aufgabe im Leben ist es, eine passende Erbin zu heiraten. Wie würden sie wohl darauf reagieren, dass du ihnen weder deine Jungfräulichkeit noch eine Mitgift schenken kannst?“ Benedict hielt inne und sah, wie sie stolz das Kinn reckte. Es würde ihr nicht gefallen, was er noch zu sagen hatte. „Und du wirst nicht lange vor ihnen geheim halten können, dass du nichts dergleichen zu bieten hast.“

Sie errötete. „Ich brauche Männern deines Schlages keine Rechenschaft abzulegen. Du hast mich glauben lassen, dass du etwas Wichtiges zu sagen hast.“

„Das stimmt auch, Sarah. Eine Katastrophe bahnt sich an. Sie wird uns in drei Tagen erreicht haben, vielleicht schon schneller. Ganz London weiß, dass deine Familie kein Geld mehr hat.“ Ohne Unterbrechung war er geritten, um ihr die Neuigkeit zu überbringen, um als Erster bei ihr zu sein. Er versuchte sich einzureden, dass er es Ren zuliebe tat, aber insgeheim wusste er, wie die Wahrheit lautete.

Sarah war erblasst. Es tat ihm weh, dass er es sein musste, der ihr diese Hiobsbotschaft brachte. Zuerst antwortete sie nicht, sondern überlegte angestrengt, wie er ihr deutlich ansah. Drei Tage, bevor der Blitz einschlug, aber die Hausgesellschaft würde bereits in zwei Tagen vorbei sein. „W…Wie? Wer?“, brachte sie stammelnd hervor. „Ren hat höllisch aufgepasst, es niemanden merken zu lassen.“

Benedict schüttelte den Kopf. „Rhys Camry hat es in den Klubs herumposaunt. Er sagte, deswegen habest du London mitten in der Saison verlassen.“ Er selbst hatte es während eines Kartenspiels erfahren und war nicht der Erste gewesen.

„Warum? Viele Leute geben kleine Hausgesellschaften wie meine“, verteidigte Sarah sich.

„Nun, das mag ja sein, aber Rhys hörte nicht auf, von eurer Armut zu sprechen. Schon bald argwöhnte jemand, das könnte der wahre Grund für Rens Reise nach Barbados sein. Ein anderer erinnerte sich daran, dass die Gemälde in eurem Stadthaus neu arrangiert worden sind – vielleicht um das Fehlen eines Gemäldes zu verbergen, argwöhnte man.“

„Rhys Camry hat augenscheinlich nicht verkraftet, einen Korb bekommen zu haben, der elende Schuft“, schimpfte Sarah. „Er konnte es nicht mit seinem Stolz vereinbaren, dass Ren nichts von seiner Werbung um mich wissen wollte, also muss er natürlich beweisen, dass er sich überhaupt nicht für mich interessiert.“

Benedict zuckte verständnisvoll die Schultern. Er hatte schon so etwas geahnt. Camry war ein verzogener, launenhafter Wicht von einem Mann, der nichts als ein geckenhaft schönes Aussehen vorzuweisen hatte. „Wie dem auch sei, der Schaden ist angerichtet, und sobald die Neuigkeit Sussex erreicht hat, wird dein Salon sich blitzschnell leeren. Wir brauchen einen Plan, um mit der Lage fertigzuwerden.“

„Wir brauchen gar nichts“, verbesserte Sarah ihn. „Ich habe bereits einen Plan. Ich muss lediglich einen von ihnen schon vorher dazu bringen, sich mir zu erklären.“

„In zwei Tagen? Das wäre … sportlich“, meinte er trocken.

„Die Zeit reicht vollkommen aus. Ich wurde bereits vor fünf Jahren in die Gesellschaft eingeführt, und diese Gentlemen bewegen sich seit ungefähr zehn Jahren in den höchsten Kreisen. Wir begegnen uns schließlich nicht zum ersten Mal oder haben wenigstens voneinander gehört. Und wir alle wissen sehr gut, worum es geht, also gibt es keinen Grund, nicht schnell zu handeln und es hinter uns zu bringen.“

„Oh“, sagte Benedict mit übertriebener Lässigkeit. „Dann ist es nichts weiter als eine Formalität für dich? Gut zu wissen.“

Sarah bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick und senkte die Stimme, falls doch jemand hereinkommen sollte. „Viele Ehen werden so geschlossen. Also sieh mich nicht an, als wäre ich die unsittlichste Person, der du je über den Weg gelaufen bist. Und wenn hier überhaupt jemand unsittlich ist, dann doch wohl eher du.“ Sie konnte Kritik ertragen, allerdings nicht von ihm, nicht ausgerechnet von dem Mann, der genau wusste, wie verzweifelt ihre Lage war und dass sie früher einmal etwas ganz anderes für sich erträumt hatte.

Sein Blick wurde hart. „Wer soll es also sein? Badgleys Sohn? Carons Erbe? Devonshire? Der hat ja wenigstens schon geerbt, was sehr praktisch wäre, nicht wahr? Vielleicht arbeitest du dich einfach durch das Alphabet, was meinst du?“

„Du brauchst nicht so gemein zu sein. Es macht kaum einen Unterschied, wen ich nehme“, antwortete Sarah scharf.

War es reine Prahlerei, oder war Sarah wirklich von der Wahrheit ihrer Worte überzeugt? Die Sarah, die er kannte, würde sich nicht einfach mit einem x-beliebigen Mann zufriedengeben. Und die Sarah, die er kannte, verdiente in jedem Fall einen besseren Mann.

Benedict seufzte innerlich, als er ihren eigensinnigen Blick sah. Sie würde sich nicht umstimmen lassen, aber er konnte es zumindest versuchen. Mit diesem Verhalten brachte sie sich nur in eine sehr gefährliche Lage. „Da kann ich nicht zustimmen. Ich bin vielmehr der Meinung, dass es sogar einen großen Unterschied macht. Du kennst diese Männer nicht so gut wie ich. Du siehst nur ihre feine Kleidung, ihre Manieren und die Zeichen ihrer angeblichen Zuneigung. Von Carons Jungen würde ich mich fernhalten. Er ist der größte Pechvogel am Kartentisch, den ich je erlebt habe. Genauso wie sein Bruder, der gerade kürzlich einen einträglichen Landsitz verspielt hat. Wenn du in diese Familie einheiratest, bist du in weniger als einem Jahr obdachlos.“ Die Besitzurkunde des besagten Landsitzes befand sich in diesem Augenblick in seiner Tasche und war der zweite Grund, weswegen er sich Hals über Kopf zu Sarah aufgemacht hatte. Aber diese Neuigkeit konnte bis später warten.

„Dann also Devonshire“, sagte Sarah unbeirrt.

Benedict zuckte gelassen mit den Schultern und spielte mit dem Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch, um seine Unruhe zu verbergen. „Sicher, er ist eine ideale Wahl, wenn es dir nichts ausmacht, ihn zu teilen. Devonshire weiß nicht einmal, was Treue oder Ehrenhaftigkeit bedeuten.“ Von allen Männern, die sich hier eingefunden hatten, war Devonshire der Letzte, mit dem Benedict sie verheiratet sehen wollte.

„Woher weißt du so etwas?“ Doch dann hob sie abwehrend die Hände. „Nein, warte. Ich will es gar nicht wissen. Was ist mit Badgley? Ihm wirst du doch wohl nichts nachsagen können.“

Nichts ist genau das richtige Wort, meine Liebe“, entgegnete Benedict. „Er wird dir im Bett leider nie viel nützen. Oder auch sonst.“ Er ließ den Blick verlangend über ihren Körper wandern, ohne einen Hehl aus seiner Bewunderung zu machen. „Könntest du mit einem Mann leben, Sarah, der keine Leidenschaft in dir entfachen kann? Für ‚immer und ewig‘ wird dir recht lange vorkommen, wenn dein Ehebett kalt bleibt.“ Aber auch er, der die … talentiertesten Schönheiten Londons in seinem Bett gehabt hatte, hatte in den letzten Jahren keine wirkliche Befriedigung finden können.

„Deine unfeinen Bemerkungen sind mir gleichgültig“, herrschte sie ihn an, aber er sah, dass er sie mit seinen Worten berührt hatte, dass er sie an jene Zeit erinnert hatte, da er mit seinen Liebkosungen ihre Leidenschaft erweckt hatte. Auch sie hatte es nicht vergessen.

„Du musst zugeben, Sarah, dass es von großer Bedeutung ist, für wen du dich entscheidest. Du weißt doch nicht das Geringste über diese Männer. Wenn dein Plan nun misslingt?“

Sarah begann, langsam um ihn herumzugehen, nachdenklich die Stirn gerunzelt. Und Benedict ließ sie keinen Moment aus den Augen.

„Du hast recht. Ich muss bedachtsam vorgehen, wenn auch rasch. Ich kenne sie wirklich nicht, nicht wie ein Mann sie kennen würde. Wie du sie kennst.“ Sie blieb stehen und sah Benedict eindringlich an – wie eine Lehrerin, die über eine passende Strafe für einen unartigen Schüler sinnierte. Nachdenklich tippte sie sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn, und Benedict ahnte schon, bevor sie sprach, dass ihre Entscheidung ihm nicht behagen würde.

„Du wirst mir helfen. Du wirst mich über jeden einzelnen von ihnen informieren, mir auch nicht das kleinste dir geläufige Detail vorenthalten, und ich werde dann das Für und Wider abwägen. Das Dinner findet um sieben Uhr statt. Dort sehe ich dich dann zur ersten Runde.“

Benedict stöhnte leise auf, als sie majestätisch mit raschelndem Seidenkleid an ihm vorbeirauschte und einen köstlich Duft von Rosenwasser hinterließ. Das war keine gewöhnliche Strafe, das war die reine Hölle.

3. KAPITEL

Warum zum Henker hatte er einer solchen Abmachung zugestimmt? Benedict stieß sich vom Schreibtisch ab und begann, voller Unruhe im Raum auf und ab zu gehen. Aber er wusste natürlich, warum.

Nie war er wirklich über Sarah hinweggekommen, so sehr er es auch versucht hatte, und das wirklich mit aller Kraft. Die Klatschbasen des ton hatten gar nicht so unrecht, wenn sie behaupteten, er habe sich mit über zweihundert Frauen vergnügt. Es mochten nicht ganz so viele Damen gewesen sein, aber auch nicht viel weniger. Es war vorgekommen, dass er wochenlang jede Nacht eine neue Eroberung mit nach Hause genommen hatte, aber es hatte ihm nicht geholfen, seine innere Qual zu lindern. Keine von diesen Frauen hatte ihm etwas bedeutet, keine konnte die Erinnerung an Sarah in seinen Armen auslöschen.

Und trotz seiner fast übermenschlichen Bemühungen, sie zu vergessen, hatte er keinen Augenblick gezögert, zu ihr zu eilen, als er von dem drohenden Skandal erfuhr. Er mochte sich ja einzureden versuchen, dass er so handelte, weil er es Ren versprochen hatte, aber es wäre gelogen gewesen.

Als er am Morgen auf sein Pferd gestiegen war, ohne sich um die vielen Verabredungen zu scheren, die er nun nicht würde einhalten können, war sein erster Gedanke nicht gewesen, Sarah vor der bevorstehenden Katastrophe zu warnen, sondern vielmehr Sarah zu retten. Er hatte keinen Plan gehabt, er hatte nur gewusst, dass er sie erreichen musste, bevor der Skandal ihr schaden konnte. Irgendwie musste er ihr ein wenig Zeit verschaffen, und sollte das nichts nützen, war er selbst mehr als bereit, zu tun, was jeder Gentleman getan hätte und was er schon vor so vielen Jahren hatte tun wollen – bevor Sarahs Vater ihm unmissverständlich klargemacht hatte, er wünsche nicht, dass Benedict um Sarah anhalte. Und dann hatte Benedict heute den Salon betreten und all die Männer vorgefunden, die glaubten, sie könnten seine Sarah für sich beanspruchen, hatte gesehen, wie sie diese Tölpel sogar ermutigte in ihrem aufregenden apfelgrünen Seidenkleid. Sie sah hinreißender aus, als er sie in Erinnerung hatte, ihre blauen Augen schienen ihm strahlender zu sein, ihr Lachen verführerischer, ihre Haltung anmutiger. Jeder einzelne Mann im Raum begehrte sie, und das hatte Benedicts Wut geschürt.

Doch seine Erregung rührte nicht nur von dieser Wut her. Vielmehr regte sich in ihm wieder die alte Leidenschaft, das Verlangen, sie zu besitzen. Sein erster, ganz primitiver Impuls war gewesen, sich Sarah über die Schulter zu werfen, sie aus dem Raum zu tragen und an einen Ort zu bringen, wo er sie ungestört aus diesem aufreizenden Kleid hätte schälen können. Wo er auf die offenkundigste Art seine Ansprüche auf sie geltend machen konnte, die einem Mann nur möglich war. Er wollte ihr zeigen, was sie aufzugeben bereit war, was sie riskierte, indem sie sich so leichtsinnig feilbot.

Als er sie warnte, dass sie sich in eine gefährliche Lage begab, war es sein voller Ernst gewesen. Die Ehe verlieh einem Mann sehr viele Rechte über seine Frau, nicht nur Gewalt über ihr Vermögen, sondern auch über ihren Körper. Benedict würde nicht zulassen, dass sie sich auf Gnade und Ungnade einem dieser Männer auslieferte, nachdem ihr Vater alles getan hatte, um sie zu beschützen.

Über sich hörte Benedict gedämpftes Scharren von Stühlen. Die Gäste verließen den Salon, um sich für kurze Zeit zurückzuziehen, bevor sie zum Diner wieder zusammentrafen. Die Damen nutzten die kurze Ruhepause meist, um Briefe zu beenden, die sie am Morgen begonnen hatten. Die Männer zogen sich in die Bibliothek oder den Billardraum zurück. Sarah würde sich sehr wahrscheinlich in ihrem Zimmer aufhalten.

Ein Gedanke kam ihm. Es war die perfekte Gelegenheit, sie noch einmal allein sprechen zu können. Er wusste, dass sie besorgt war wegen ihrer finanzielle Situation – vielleicht sogar verängstigt. Aber Furcht war kein guter Ratgeber, wenn es darum ging, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Wenn sie nicht auf ihn hören wollte, würde er sie wohl auf andere Weise davon überzeugen müssen, die Unbesonnenheit ihrer Haltung einzusehen. Vielleicht sollte er sie an all das erinnern, was sie verlieren könnte. Bei dem Gedanken zog es in seinen Lenden, und angespannt machte Benedict sich auf den Weg.

Das Letzte, was sie wollte, war, dass Benedict Zeuge ihrer verzweifelten Jagd nach einem Bräutigam wurde. Und was tat sie? Sie lud ihn ein zu bleiben, und das nur, weil sie sich von ihrem Zorn hatte mitreißen lassen. Obwohl es ihr nicht gefiel, wusste sie, dass sie sich doch ganz allein die Schuld daran geben musste. Jetzt würde Benedict bis zum Ende der Hausgesellschaft bleiben und ihr noch dazu bei ihrem verrückten Plan helfen, einen Ehemann einzufangen. Vielleicht war die Frage gar nicht so sehr, was sie getan hatte, sondern warum?

Als sie ihn in ihrem Salon entdeckt hatte, war ihr einziger Gedanke gewesen, ihn sofort dorthin zu schicken, wo er hergekommen war. Doch im Arbeitszimmer hatte sie diese Absicht völlig vergessen. Es war ein Fehler gewesen, ihm ein Gespräch unter vier Augen zu gewähren. Sie hatte es doch gewusst! Es war noch nie etwas Gutes dabei herausgekommen, mit Benedict allein zu sein.

Sarah starrte bekümmert ihr blasses Spiegelbild an, während ihre Zofe ihr die Haare frisierte, und sehr beunruhigende Gedanken machten ihr zu schaffen. Benedict DeBreed war wieder da, und er schien entschlossen zu sein, ihr ein zweites Mal das Herz zu brechen, nachdem sie so lange gebraucht hatte, die Scherben wieder zu kitten.

„Hallo, Sarah.“

Wenn man vom Teufel sprach! Sie zuckte zusammen und keuchte erschrocken auf, als sie Benedict hinter sich bemerkte, der leise und gelassen die Tür hinter sich schloss, als hätte er ein Recht dazu, ihr Schlafzimmer zu betreten. Hastig bat sie die Zofe aufzuhören, und erhob sich erbost. „Bist du entschlossen, meinen Ruf zu zerstören? Zuerst platzt du einfach ungeladen in meine Hausgesellschaft, und jetzt kommst du am helllichten Tag in mein Zimmer!“

Und doch brachte seine Anwesenheit in ihrem Schlafgemach ihr Herz auf eine Weise zum Pochen, die nichts mit ihrer Empörung zu tun hatte. Sein bloßer Anblick hatte sie bis ins Innerste aufgewühlt – seine leuchtend grünen Augen, das zerzauste rotbraune Haar, das immer den Eindruck vermittelte, ebenso unbezähmbar zu sein wie der Mann selbst.

Er lächelte träge. „Wäre es dir lieber, ich käme nachts? Schick deine Zofe fort, Sarah, sonst muss ich das tun. Du bist gegangen, bevor wir unser Gespräch beenden konnten.“

„Ich hatte alles gesagt, was ich sagen wollte“, antwortete sie, gab der Zofe jedoch ein Zeichen zu gehen. Benedict kannte keine Skrupel. Er würde seine Meinung kundtun, mit oder ohne Publikum. Und da Sarah nicht wissen konnte, was er enthüllen wollte, zog sie es vor, kein Publikum zu haben.

„Ich aber nicht.“ Benedict schlenderte im Raum umher und nahm hier und da neugierig eine Nippesfigur oder einen von Sarahs persönlichen Gegenständen auf. Beim Weitergehen strich er mit einer Hand über den Rücken eines Stuhls vor dem Fenster. Ein kleiner Schauer überlief Sarah, ihr wurde heiß. Bei jeder seiner Gesten kam es ihr vor, als würde sie seine Hand auf sich spüren, als würde er sie streicheln. Sie hatte nicht vergessen, wie es gewesen war, von ihm liebkost zu werden, und jetzt war sie allein mit ihm. Genau das, was sie unter allen Umständen hatte verhindern wollen.

„Ich bin kaum passend für eine Unterhaltung gekleidet.“ Sie zog hastig ihren Satinmorgenrock enger um sich und erkannte zu spät, dass sich dadurch alles unter dem Stoff nur noch deutlicher abzeichnete und sie nicht verbergen konnte, dass sie darunter nackt war – eine Tatsache, die Benedict nicht entging.

Er hielt in seinem Rundgang inne, den Blick unverwandt auf ihre Brüste gerichtet. „Du bist genau richtig gekleidet für die Unterhaltung, die ich im Sinn habe.“ Das Licht vom Fenster intensivierte den Rotton seiner Haare – es war eine Mischung aus roten, braunen und goldenen Herbstfarben. Es gab keinen attraktiveren Mann als ihn. Er raubte ihr den Atem, noch dazu ohne sich besonders anstrengen zu müssen. „Und um deine Frage zu beantworten: Nein, ich bin nicht entschlossen, deinen Ruf zu zerstören, sondern will dich bitten, deinen verrückten Plan zu überdenken. Ren wäre sicher nicht einverstanden damit.“

„Ren ist nicht hier. Ren hat nicht voraussehen können, in welche Not wir geraten.“ Die Heftigkeit ihres Tons erstaunte sie selbst. Es war ihr nicht bewusst gewesen, wie groß ihr Groll war. Sie liebte ihren Bruder und hatte seine Entscheidung, in die Karibik zu fahren, gebilligt. Aber sie bedauerte, dass sie zurückgelassen worden war.

Plötzlich kam Benedict näher, die Augen gefährlich aufblitzend. „Du handelst so, weil du Angst hast, Sarah. Warte ab, bis der Sturm sich gelegt hat. Die Plantage wird sich auszahlen, du wirst sehen, und euer letztes Missgeschick wird bald vergessen sein.“

Sarah schüttelte den Kopf. „Unsere Anwälte sagen, wir können nicht mehr warten. Wenn ich noch mehr verkaufe, werden die Leute wissen, dass die Gerüchte wahr sind. Die Schande wäre unerträglich. Annalieses Aussichten auf eine gute Partie würden sich in Luft auflösen. Und nächstes Jahr soll sie doch in die Gesellschaft eingeführt werden. Sie braucht eine Mitgift. Rens Erfolg wird sich nicht rechtzeitig genug einstellen. Eine gute Partie muss her, und zwar jetzt!“ Konnte denn niemand sie verstehen? Früher einmal hatte Benedict sie verstanden und war auch der Einzige gewesen, der alles über sie gewusst hatte. Aber das war drei Jahre her und erschien ihr wie eine Ewigkeit.

Jetzt war er ihr so nahe, dass sie ihn berühren konnte. Sie packte ihn impulsiv an den Aufschlägen seines langen Reisemantels. „Wenn dir deine Freundschaft zu Ren wichtig ist, Benedict, wirst du mir helfen, diese Sache zu Ende zu bringen. Ja?“

Er legte die Hände über ihre und sagte mit rauer Stimme: „Ren bedeutet mir sehr viel. Er ist mein bester Freund. Aber du bedeutest mir noch mehr, Sarah. Ich lasse nicht zu, dass du dich an einen Dummkopf oder gar an einen Schurken wegwirfst. Wenn du nicht auf meine Worte hören willst, dann höre wenigstens auf deinen Körper.“

Ohne weitere Vorwarnung beugte er sich vor und küsste sie heiß und verlangend. Hart presste er sie an sich, sodass sie seine festen Muskeln spüren konnte. Sie hatte schon vorher ohne jeden Zweifel gewusst, dass es ein Fehler war, mit ihm allein zu bleiben, und Benedict würde dafür sorgen, dass sie diesen Fehler teuer bezahlte. Und der Himmel mochte ihr beistehen, aber sie würde es sogar genießen.

4. KAPITEL

Er bewegte sich langsam mit ihr auf das Bett zu, bis ihre Knie gegen die Kante stießen, sie rücklings auf die Matratze fiel und ihr Morgenrock aufklaffte. Sie griff danach, um sich zu bedecken, doch Benedict war schneller und hielt ihre Hände fest. „Versteck dich niemals vor mir, Sarah.“ Das Verlangen in seinem Ton war unmissverständlich und schürte auch Sarahs Begierde. Kein Mann hatte sie je so in Erregung versetzen können wie Benedict. Bei ihm wurde sie zu einer schamlosen Person, der es nichts mehr ausmachte, dass ihr Morgenrock sich geöffnet hatte und weder ihre Brüste noch ihre intimste Stelle vor Benedicts gierigem Blick verbarg – er durfte alles sehen und mit den Händen und Lippen liebkosen.

Und schon spürte sie seinen Mund an einer Brust, an der er leckte und saugte, bis Sarah stöhnte und sich ihm verlangend entgegenbog. Benedict löste sich von der rosigen Brustspitze und verteilte zärtliche Küsse auf ihrem Bauch. Sie erschauerte, so seltsam süß war der Unterschied zwischen der Sanftheit dieser Geste und der Rauheit seines spürbaren Verlangens. Langsam rutschte er tiefer und ließ ihre Hände los, um ihre Beine spreizen zu können. Lieber Himmel, dachte Sarah erregt und konnte nur hilflos die Bettdecke packen, als er sie auf den Venushügel küsste. Hatte sich je etwas so verrucht angefühlt und schien doch so vollkommen zu sein? Angestrengt hielt sie ein Stöhnen zurück.

Die Hände auf ihren Schenkeln, beugte Benedict sich über ihre empfindsamste Stelle, und im nächsten Moment spürte Sarah seine Zunge an der verborgenen Knospe und konnte einen heiseren Lustschrei nicht mehr unterdrücken. Doch es war erst der Anfang. Wieder und wieder reizte er sie, sodass heiße Lust sie durchzuckte und Sarah alles außer Benedict vergessen ließ. Es erschien ihr wie eine kleine Ewigkeit, bis sie mit einem letzten erstickten Stöhnen den Gipfel erreichte.

Ihr war, als würde sie auf unsichtbaren Wogen dahinschwimmen. Sie war so glücklich wie lange nicht mehr, wunderbar befriedigt und ruhig, als wären all ihre Sorgen unendlich weit entfernt. Benedict lag neben ihr, den Kopf in eine Hand gestützt, den Blick unverwandt auf Sarah geheftet. Behutsam strich er ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie wünschte, dieser Moment würde ewig andauern.

„Du kannst unmöglich glauben, einer der Männer da oben in deinem Salon könnte solche Gefühle in dir wecken. Wenn du einen von ihnen heiratest, gibst du das hier auf.“ Benedicts Worte drangen nicht sofort bis zu ihr durch, doch dann rissen sie sie unsanft in die Wirklichkeit zurück.

Plötzlich wurde ihr fast übel vor Enttäuschung. Natürlich, das sollte eine Lektion sein – eine recht eindringliche Lektion nicht nur über die Folgen ihres Verhaltens, sondern auch über Benedict selbst. Aber große Leidenschaft brachte nun einmal schwerwiegende Konsequenzen mit sich. Das war schon immer so gewesen, wenn es um Benedict ging. Er mochte ihr ja gestanden haben, dass sie ihm viel bedeutete, aber offensichtlich war er nicht bereit, entsprechend zu handeln.

Sie setzte sich auf, mühsam ihre Wut bezähmend, und hüllte sich wieder in ihren Morgenrock. „Das war ein Fehler. Es ist immer ein Fehler, sich mit dir einzulassen.“ Ihre Worte waren grausam, und sie meinte sie nicht wirklich so. Es gab Fehler, die jede Strafe wert waren und offensichtlich sogar wert, wiederholt zu werden.

Sofort richtete auch Benedict sich auf und sah Sarah finster an. Ihre Bemerkung hatte ihn getroffen. Sie hatte ihm wehgetan, aber das war vielleicht nur gerecht. Er tat ihr seit Jahren weh – er hatte ihr die Unschuld geraubt und sie glauben gemacht, dass er um sie anhalten wollte. Dann hatte er sie verlassen und die letzten drei Jahre damit zugebracht, eine Frau nach der nächsten zu erobern, obwohl er hatte wissen müssen, dass sie davon hören würde.

Ihre Blicke trafen sich, der Ausdruck in Benedicts Augen war kühl, nichts war mehr geblieben von der Glut der Leidenschaft. Seine Abschiedsworte waren knapp. „Tut mir leid, dass du so denkst.“

Es kostete sie große Anstrengung, ihn nicht zurückzurufen, nicht um Vergebung zu bitten für das, was sie gesagt hatte. Aber sie würde sich damit keinen Gefallen tun. Er konnte ihr nicht das geben, was sie eigentlich brauchte. Benedict hatte die Aufmerksamkeiten von über zweihundert Frauen genossen, wenn die Gerüchte, die über ihn kursierten, stimmten. Er war ein Meister in der Liebe, und sie war lediglich eine weitere Frau, die er verführt hatte. Das durfte sie auf keinen Fall vergessen, wenn sie die Kraft finden wollte, ihren Plan durchzuführen.

An der Tür blieb Benedict jedoch kurz stehen, die Hand auf dem Knauf, den Kopf leicht gesenkt, bevor er ihn wieder hob und tief durchatmete. Er wandte sich nicht zu ihr um, als er sprach. „Der Mann, den du willst, ist Viscount Brisbourne. Er ist noch der Beste von allen da draußen. Wenn du ihn nicht nimmst, tut es Miss Elmore.“

Sarah schluckte hart. Warum drehte er sich nicht zu ihr um? „Gut“, sagte sie dann leise, kaum fähig, das Wort auszusprechen oder sich auch nur an das Gesicht des Viscounts zu erinnern.

Doch Benedict hatte noch nicht geendet. „Brisbourne setzt sich politisch dafür ein, den Soldaten ihren Halbsold zu sichern, weil sein Bruder im Krieg verwundet wurde. Er zieht französischen Wein vor, wenn er trinkt, aber das nur in Maßen. Er kämpft für wichtige Arbeitsreformen und braucht eine Frau mit guten Beziehungen für seine politische Karriere. Eine reiche Mitgift ist ihm nicht so wichtig. Miss Elmores fünftausend Pfund und eher bescheidene Beziehungen in den niedrigeren Rängen der Gesellschaft können sich da nicht mit dem bedeutenden Namen der Drydens messen. Wenn du ihn haben willst, kannst du ihn ihr leicht ausspannen.“ Er hielt inne, und sein Blick glitt für einen Moment zu ihrem Schrank, an dem Sarahs Abendrobe hing. Es war ein hübsches, teures Kleid aus blassrosafarbenem Wollsatin.

„Wirst du das tragen?“, fragte er rau.

„Ja“, antwortete sie kaum hörbar und sah ihn nicken.

„Was seine Lieblingsfarbe angeht, wird es wohl Rosa sein, sobald er dich darin gesehen hat.“ Und damit verließ Benedict den Raum und schloss die Tür ebenso leise wie bei seiner Ankunft.

5. KAPITEL

Rosa ist heute zweifellos die Lieblingsfarbe jedes Mannes in diesem Raum, dachte Benedict gereizt, während sich alle Gäste an die Tafel setzten. Und ihm selbst ging es nicht anders als ihnen. Hatte je eine Frau so hinreißend ausgesehen in einem rosafarbenen Kleid wie Sarah, als sie den Salon betreten hatte?

Das Kleid brachte ihre weiblichen Rundungen perfekt zur Geltung, ohne zu viel zu enthüllen, und keinem Mann war das entgangen. Die zarte Spitze, mit der der Ausschnitt eingefasst war, verlieh dem Kleid eine sittsame Note, ohne es zu mädchenhaft aussehen zu lassen – passend für eine Dame von dreiundzwanzig, die fünf Saisons hinter sich gebracht hatte, ohne zu heiraten. Es hatte ihr nicht an Anträgen gemangelt, sie hatte lediglich alle Kandidaten abgewiesen. Der tiefe Ausschnitt und das enge Mieder ließen keinen Zweifel daran, dass sie eine äußerst reizvolle Frau war. Der Stoff war in diesem Jahr außerdem der letzte Schrei und sehr teuer. Benedict ahnte, was er Ren gekostet haben musste. Ihm war klar, dass sein Freund mit dem Kleid bezweckte, keinen Zweifel an Sarahs Reichtum aufkommen zu lassen. Und jene makellosen Perlen um ihren Hals sollten wahrscheinlich ein Symbol für ihre Unschuld sein.

Sie mit dem attraktiven Viscount flirten zu sehen, war eine wahre Tortur. Benedict ließ sich zwar nichts anmerken und tat sein Bestes, sich mit den Damen zu seiner Linken und Rechten zu unterhalten. Er sorgte dafür, dass niemand sich Gedanken über seine unerwartete Ankunft machte, und erklärte, er habe dem Earl versprochen, in seiner Abwesenheit auf seine Familie aufzupassen. Nur hatten ihn seine Geschäfte in London bisher länger als gedacht aufgehalten. Und jedes einzelne Wort war wahr.

Nur dass er eigentlich nicht hatte bleiben wollen. Es war vielmehr seine Absicht gewesen, Sarah zu warnen und sich schnell wieder zu verabschieden, sobald er sich überzeugt hatte, dass sie in Sicherheit war. Ebenso hatte er sich vorgenommen, sich so weit wie möglich von ihr fernzuhalten – so wie er es schon die vergangenen drei Jahre getan hatte. Zumindest körperlich, denn in Gedanken war sie immer bei ihm gewesen.

Benedict griff nach seinem Weinglas und stellte fest, dass es schon wieder leer war. Seine Hand stieß fast mit der des Dieners zusammen, der gerade im Begriff war, ihm nachzuschenken. Am anderen Ende der Tafel sah er Sarah, die sich leicht vorbeugte, um Brisbourne zu lauschen. Das Kerzenlicht ließ ihre blonden Locken schimmern. Sie sah fantastisch aus, und Brisbourne entging das ganz offensichtlich nicht – ebenso wenig, wie es Benedict selbst entging.

Er wünschte, er hätte etwas Negatives sagen können über den Viscount, aber nach allem, was man sich erzählte, war er ein anständiger Kerl. Er war kein Spieler, hatte keine finanziellen Sorgen, gab sich nicht mit Opernsängerinnen oder dergleichen ab und zeigte aufrichtiges Interesse an seiner Arbeit im Oberhaus. Kurzum, Brisbourne war eine gute Wahl. Aber die beiden zusammen zu beobachten, versetzte Benedict einen schmerzhaften Stich. Allerdings war er doch deswegen gekommen, oder? Um sicherzustellen, dass für Sarah gesorgt war, dass sie einen guten Mann wie Brisbourne wählte. Bei ihm würde sie Geborgenheit finden, wenn schon keine Leidenschaft.

Er nickte in Antwort auf etwas, das die junge Dame an seiner Seite zu ihm sagte, und griff wieder nach seinem Glas. Sarah war die ideale Frau, sie verdiente den idealen Mann. Damals als Benedict Sarahs Vater aufgesucht hatte, hatte der ihm allerdings nur allzu deutlich zu verstehen gegeben, wie weit er, Benedict, von diesem Ideal entfernt war. Zu Benedicts Pech hatte diese Ablehnung seiner Person jedoch nicht seine Sehnsucht nach Sarah verringert. Er leerte sein Weinglas und fragte sich, wie lange er den Anblick von Brisbourne und Sarah noch ertragen konnte, bevor ihnen der Port serviert wurde.

Aber warum sollst du es überhaupt ertragen? Wenn du sie haben willst, tu etwas. Bist du gekommen, um tatenlos zuzuschauen, oder willst du um sie kämpfen? Der Gedanke kam völlig unerwartet und war wahrscheinlich das Ergebnis von ein wenig Branntwein vor dem Essen und vier Gläsern Wein während des Essens. Doch er erschien Benedict plötzlich gar nicht mehr so unmöglich und begann, Gestalt anzunehmen.

Vielleicht wurde es Zeit zuzugeben, dass er hergekommen war, um mehr zu tun, als Sarah lediglich vor einem drohenden Skandal zu warnen, mehr als sie zu retten. Das Spiel erhielt plötzlich neue Regeln. Womöglich war er tatsächlich nicht nur gekommen, um sie vor sich selbst zu retten, sondern vor allem auch, um sie für ihn zu retten. Er dachte an die Besitzurkunde, sicher in der Schublade seines Zimmers verstaut. Jetzt besaß er Vermögen – eine unerlässliche Voraussetzung für jeden Bewerber um ihre Hand, wie ihr Vater ihm damals erklärt hatte. Dass er es bei einem riskanten Kartenspiel gewonnen hatte, war hierbei nicht von Belang. Im Grunde durfte er davon ausgehen, dass er das Versprechen, dass, er Sarahs inzwischen verstorbenem Vater gegeben hatte, eingehalten hatte.

Er sah, dass Sarah sich erhob und den Damen ein Zeichen gab, ihr zu folgen, damit die Männer in Ruhe ihren Port genießen konnten. Sie nickte Benedict unauffällig zu, damit er als bester Freund ihres Bruders dessen Rolle als Gastgeber übernahm. Da er vorgab, hier die Interessen ihres Bruders zu vertreten, würde er diese Pflicht wohl erfüllen müssen.

Nur dass er heute Nachmittag keine Rolle gespielt hatte. Dass er Sarah Befriedigung verschafft hatte, war alles andere als Kalkulation gewesen, wie sie vielleicht geglaubt hatte. Tatsächlich hatte er sie nur daran erinnern wollen, was sie aufzugeben drohte. Nur leider hatte es auch ihn an vieles erinnert.

Seine innere Stimme drängte ihn, sich schnell zu entscheiden. Konnte er es wagen? Ihm fiel auf, wie Brisbournes Blick Sarah bis zur Tür folgte. Bereits jetzt war er verzaubert von ihr. Und er war nicht der Einzige. Mehrere Gentlemen hatten die Hoffnung noch nicht aufgegeben, unter ihnen auch der unangenehme Devonshire. Das gab den Ausschlag. Benedict gehörte nicht zu den Menschen, die vor einer Konfrontation zurückschreckten.

Er würde Sarah nicht aufgeben, nicht einmal für den perfekten Viscount Brisbourne, jedenfalls nicht ohne eine letzte Schlacht. Die Männer hier hatten zwei Tage Zeit gehabt, Sarah zu gewinnen und sich ihr zu erklären. Wenn sie die Zeit nicht genutzt hatten, war es ihr eigener Fehler. Benedict blieben nur zwei Nächte, bevor die Gesellschaft zu Ende sein würde. Er würde rasch handeln müssen. Allerdings gab es etwas, das ihm einen Vorteil vor allen anderen verschaffte. Er war der Mann, der sie am besten kannte und am meisten liebte.

6. KAPITEL

Es war spät geworden, und die Gäste zogen sich nun in ihre Gemächer zurück. Sarah schenkte Brisbourne ihr schönstes Lächeln, als er eine Lampe entgegennahm und die Treppe zu seinem Schlafzimmer hinaufging. Den ganzen Abend über war er ein angenehmer Gesellschafter gewesen, charmant und höflich. Sie hatte das Gefühl, dass er bei allem, was er tat, charmant und höflich sein würde – aber in Hinsicht auf gewisse Dinge fürchtete sie allerdings, dass weniger Höflichkeit und stattdessen mehr Leidenschaft befriedigender sein würde. Jedenfalls hatte sie es bei dem einzigen Mal, da sie sinnliche Lust erlebt hatte, so empfunden. Vielleicht aber war der Grund dafür die kühnere Natur des Mannes, mit dem sie diese Lust erfahren hatte. Auch am Nachmittag war Benedicts herrlich sündhaftes Liebesspiel eher gewagt gewesen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Brisbourne eine Frau so selbstvergessen würde lieben können wie Benedict.

Heiße Röte stieg ihr in die Wangen. Es war nicht recht von ihr, die beiden Männer miteinander zu vergleichen. Brisbourne war ein aufrechter Mensch mit tadellosen Manieren. Benedict war ein Wüstling erster Güte, der kaum Manieren hatte. Und doch war es ihr nicht möglich gewesen, sich gänzlich auf Brisbourne zu konzentrieren. Immer wieder war ihr Blick zu Benedict geglitten, der in eleganter schwarzer Abendkleidung unerwartet respektabel und hinreißend männlich ausgesehen hatte.

Niemand konnte behaupten, dass seine Erscheinung weniger als makellos war, und doch umgab ihn eine gewisse Wildheit – vielleicht lag es an dem leicht ironischen Lächeln, an dem Funkeln seiner Augen und dem wie immer ungebändigten Haar. Sahen auch die anderen es, oder spielte ihr lediglich ihre zu lebhafte Fantasie einen Streich?

„Sündhafte Gedanken, meine Liebe?“ Benedicts Stimme riss sie aus ihrer Versunkenheit. Sie waren die Letzten, die noch in der Halle standen. So dicht war er neben ihr, dass Sarah die Wärme seines Körpers spüren konnte und den Duft seines Rasierwassers wahrnahm. Er hatte sich leicht vorgebeugt, die Hände auf ihren Armen, und sofort musste sie daran denken, wie er sie heute Nachmittag berührt hatte. Flüchtig strich er ihr mit den Lippen über den Hals und raunte: „Wenn ja, darf ich hoffen, darin vorzukommen?“

„Du nimmst dir zu viel heraus“, wies sie ihn streng zurecht. „Wie kannst du sicher sein, dass nicht wieder jemand in die Halle herunterkommt und uns ertappt?“

„Gar nicht“, meinte er leise lachend. Früher hatte sie sein respektloses Lachen geliebt. „Komm so gegen ein Uhr wieder hierher, und du wirst jede Menge heimlicher Umtriebe entdecken.“

„In meinem Haus dulde ich so etwas nicht“, erklärte Sarah, konnte aber ein süßes Erschauern nicht unterdrücken, und ihr Herz pochte schneller. Nach so viel Zeit hatte sie gehofft, immun gegen ihn zu sein, aber offenbar musste sie Zuflucht zu den weniger angenehmen Erinnerungen nehmen, um sich vor seinem Charme zu schützen.

Er hatte ihr die Unschuld geraubt und ihr nichts als falsche Hoffnungen geschenkt. Das durfte sie nicht vergessen. Und dennoch war ihr verräterischer Leib nur allzu gern bereit, wieder mit dem Feuer zu spielen, das Benedict für sie darstellte.

Wie es typisch für ihn war, achtete er nicht auf ihren Einwand. „Das wird dir nichts nützen. Zumindest bei Devonshire bin ich davon überzeugt, dass er etwas für heute Nacht arrangiert hat.“ Er küsste sie auf ein Ohrläppchen, und sie erschauerte wieder. Küsste irgendjemand so gut wie Benedict? Sie sollte ihn wirklich von sich stoßen, damit er sie nicht mehr berühren konnte. Seine Nähe hatte schon immer ihr Verderben bedeutet. Wann immer er begonnen hatte, sie zu liebkosen, war er nicht mehr zu halten gewesen.

Mit letzter Kraft löste sie sich von ihm und betrat einen kleinen Salon, in den man aus der Halle gelangte. Hier würde sie wenigstens niemand sehen können, sollte doch jemand in die Halle kommen, und hier konnte sie etwas Abstand zu Benedict halten.

Doch ihre Bemühungen konnten ihn nicht stoppen. Er stützte eine Hand an der Wand neben ihrem Kopf ab, sodass Sarah zwischen ihm und der Wand gefangen war, sich seiner gefährlichen Attraktivität nur allzu bewusst. „Wie war Brisbourne, Sarah? War er so, wie du erwartet hast?“ Die Kraft, die Benedict ausstrahlte, schüchterte sie nicht ein, vielmehr erregte diese besitzergreifende Geste sie.

„Kannst du ihn dir in deinem Bett vorstellen?“ Seine Frage ließ Sarah erröten. Woher wusste er, dass sie sich bereits Gedanken darüber gemacht hatte?

„Ah, ich sehe, du hast darüber nachgedacht. Was nur richtig ist.“ Er grinste. „In einer Ehe sollte man gewisse Intimitäten gern mit seinem Partner teilen. Wenn ich mich recht entsinne, haben wir beide diese Intimitäten durchaus miteinander genossen.“ Sein Blick auf ihren Lippen war die einzige Vorwarnung. Bevor Sarah hätte protestieren können, falls sie es denn gewollt hätte, lag sein Mund schon auf ihrem, und Benedict presste sie heftig an seinen erregten Körper.

Er küsste sie, während er sie überall streichelte. Und Sarah reagierte auf Benedict, sie konnte gar nicht anders – Wogen der Lust erfüllten sie und machten jeden klaren Gedanken unmöglich. Leise aufstöhnend, öffnete sie den Mund und begegnete seiner Zunge mit der ihren. Sie schlang ihm die Arme um den Nacken und schob die Finger in sein dichtes Haar, während sie sich voller Verlangen an ihn schmiegte. Sünde konnte nicht süßer sein, Versuchung nicht verlockender. Wie konnte er es nur wagen, sie so zu reizen, wenn er doch wusste, dass es ihr verboten war, ihm nachzugeben – gerade jetzt, da so viel auf dem Spiel stand? „Was versuchst du zu beweisen, Benedict? Was willst du?“, brachte sie atemlos zwischen zwei Küssen hervor.

„Ist das nicht offensichtlich?“ Benedict nahm zärtlich ein Ohrläppchen zwischen die Lippen. „Ich will dich. Und wenn ich mich nicht ganz irre, willst du mich auch – und das nicht nur auf damenhafte Weise.“

An diesem Punkt verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige.

7. KAPITEL

Zum Henker, Sarah! Wofür war das?“ Benedict wich zurück, eine Hand auf der schmerzenden Wange, die andere auf dem Türknauf, um die Tür hinter ihnen zu schließen. Es würde hoffentlich die Geräusche des Streits dämpfen, der jetzt folgen würde.

„Dafür, dass du mich geküsst hast!“, schrie Sarah regelrecht. Vielleicht würde die geschlossene Tür doch nicht so viel helfen.

„Ich habe dich geküsst? Und was ist damit, dass du mich geküsst hast? Oder habe ich mir den Kuss nur eingebildet?“

„Lass mich ausreden.“ Sarah machte einige Schritte, um Abstand und einen Sessel zwischen sich und Benedict zu bringen. „Das war für die Küsse von vor drei Jahren, dafür dass du mich an deine Versprechen hast glauben lassen, aber vor allem dafür, dass ich dir vertraut habe. Wer sich zweimal von demselben Mann zum Narren halten lässt, ist selbst schuld. Heißt es nicht so, Benedict DeBreed?“

Selbst im nur schwach erleuchteten Raum konnte Benedict die Zornesröte auf ihren Wangen sehen. Sie hatte zwar ihm die Ohrfeige gegeben, aber sie war genauso wütend auf sich selbst – weil sie ihn gegen ihren Willen begehrte. Nun, ihm selbst gefiel es auch nicht besonders, dass er sie begehrte, aber er konnte es nicht ändern. Er liebte sie sogar – gegen jede Vernunft und von ganzem Herzen, aber das war sein Geheimnis. Er liebte sie so sehr, dass er sich all die Zeit von ihr ferngehalten hatte. Seine Freundschaft zu Ren und das Versprechen, das er ihrem Vater gegeben hatte, hatten ihn bis jetzt gezwungen, sich an seinen Schwur zu halten. Und jetzt hatte er ihn nur gebrochen, weil die Situation es verlangt hatte.

„Wir waren jung …“ Er würde sie nicht anbetteln, und er würde auch nicht zugeben, dass das, was vor drei Jahren geschehen war, ein Fehler gewesen war. Sein Stolz ließ es nicht zu. „Es war nicht falsch, was wir damals getan haben, es war nur unvernünftig.“ Wenn sie sich nur ihre Unbesonnenheit verzeihen könnten, wäre vielleicht ein Neuanfang möglich. Sie hatten nie Gelegenheit gehabt, darüber zu reden, dafür hatte Sarahs Vater gesorgt. Selbst jetzt war Benedict der Meinung, dass es nichts zu verzeihen gab. Er hatte nie das Gefühl gehabt, etwas Falsches zu tun, als er sie liebte, es war nur falsch gewesen, wie die Dinge sich danach entwickelt hatten.

„Versuche nicht, es zu rechtfertigen!“ Sarah packte die Sessellehne, als müsste sie sich irgendwo abstützen. Benedicts Blick fiel auf ihre schmalen Hände und schlanken Finger, mit denen sie eben gerade durch sein Haar gestrichen hatte. Er hatte ihre Berührung und das Gefühl, ihren Körper an seinem zu spüren, mit jeder Faser genossen. „Ich muss dich bitten, etwas Zurückhaltung an den Tag zu legen. Du kannst nicht einfach hier erscheinen und meine Hausgesellschaft durcheinanderbringen, noch dazu zu einem Zeitpunkt, der unpassender nicht hätte sein können. Ist dir überhaupt bewusst, wie ernst die Lage ist? Wie wichtig es ist, dass du dich anständig benimmst?“

Benedicts Wut wuchs. Gleich würde er die Beherrschung verlieren. Er sollte Zurückhaltung an den Tag legen? Sie sprach von Zurückhaltung, wenn er die vergangenen drei Jahre kaum etwas anderes getan hatte? Drei Jahre lang hatte er die Wahrheit verheimlicht und sein Versprechen gehalten. Nachdem er mit ihrem Vater gesprochen hatte und abgewiesen worden war. Schlimmer noch, ihm war sogar verboten worden, Sarah oder Ren etwas von seinem Antrag zu verraten. Sarah hatte ihren Vater geliebt, und er hatte seine Kinder vergöttert. Es hätte ihr das Herz gebrochen zu wissen, dass ihr Vater Benedicts Werbung missbilligt hatte.

Als er Benedict gebeten hatte, Stillschweigen über ihr Gespräch zu bewahren, hatte Benedict sich einverstanden erklärt. Er hatte Sarah zu sehr geliebt, um sie zu zwingen, zwischen zwei geliebten Männern wählen zu müssen. Wie konnte sie es nur wagen, ihm herzlose Gleichgültigkeit vorzuwerfen? Aber er durfte es ihr nicht verübeln, schließlich kannte sie die wahren Umstände nicht, und jetzt war ihr Vater tot. Ihr jetzt alles zu erzählen, würde vielleicht das Andenken ihres Vaters besudeln, und Benedict würde nicht schlecht von einem Toten sprechen.

Stattdessen setzte er seine gewohnt unbekümmerte Miene auf, mit der er allen weismachte, dass ihn nichts erschüttern konnte. „Würdest du mir glauben, wenn ich dir sagte, wie leid es mir tut und dass ich wünschte, du würdest mir die Gelegenheit geben, es wiedergutzumachen?“ Es war die Wahrheit, wenn auch eine ausgesprochen verwässerte Version davon.

„Ich denke, du würdest den Reuevollen spielen, wenn du glaubtest, du könntest damit erreichen, was du willst“, entgegnete Sarah, aber ohne besondere Überzeugung. Ihr Zorn war verraucht, stattdessen erfüllten sie jetzt Erinnerungen an eine glücklichere Zeit, die sie traurig stimmten. Ihr war ebenso bewusst wie ihm, dass sie sich nur stritten, um ihre wahren Gefühle zu verbergen.

Benedict nickte. „Ja, das würde ich wirklich.“ Ihre Blicke trafen sich, und sie sahen einander tief in die Augen. Langsam kam er näher, als wäre sie ein verängstigtes Fohlen, das er nicht vertreiben wollte. „Für dich würde ich sehr viel mehr tun als das.“ Sie hatte nicht nach der Vase auf dem Tisch neben dem Sessel gegriffen. Das deutete er als gutes Zeichen. Er machte noch einen Schritt und äußerte behutsam eine weitere Wahrheit. „Ich will dich, Sarah, und du willst mich. Noch vor einem Moment habe ich ein Feuer in dir entfacht, und erst heute Nachmittag habe ich dir tiefe Befriedigung verschafft. Es gibt keinen Grund, das zu leugnen.“ Er hielt inne, und erst dann spielte er sein letztes Ass aus. „Du hast die Absicht, jemanden zu heiraten, warum also nicht mich?“

Er stand jetzt dicht genug vor ihr, um sie in die Arme nehmen zu können. Ganz behutsam tat er es, und sie ließ es zu, sah ihn aber leicht verwirrt an. „Benedict, ich weiß nicht“, sagte sie unsicher.

Beschwichtigend legte er ihr einen Finger auf die Lippen. „Du brauchst noch nichts zu sagen, Sarah. Wir können die Nacht abwarten.“ Er küsste sie begierig. „Lass mich dich überzeugen.“

8. KAPITEL

Lass mich dich überzeugen. Wir können die Nacht abwarten. Benedict besaß die Überredungskünste eines Zauberers. Es war reiner Wahnsinn! Schon einmal hatte er ihr die Ehe versprochen und sie belogen. Warum sollte es jetzt anders sein? Außerdem konnte sie es nicht zulassen, selbst wenn er nicht log. Sie musste einen Mann mit Vermögen heiraten, und Benedict verfügte nur über bescheidene Mittel, das wusste sie. Und dennoch zählten all diese Argumente nichts, als sie in die Halle hinaustraten und gemeinsam die Treppe nach oben gingen, ihre Hand fest umschlossen von seiner.

Dass sie auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer waren, schien seltsamerweise für Sarah wie für Benedict das Selbstverständlichste der Welt zu sein. Es war eine Sache, sich mitten während eines Balls auf dem Sofa in einer Bibliothek zu lieben, weil das jugendliche Ungestüm sie überwältigt hatte. Aber eine ganz andere Sache, mit voller Absicht ein Zimmer aufzusuchen, dessen Abgeschiedenheit ihnen die Ungestörtheit für jegliche Intimitäten sicherte, nach denen sie sich sehnten. Es würde kein Grund zur Hast bestehen. Die ganze Nacht lag vor ihnen.

Der bloße Gedanke, eine Liebesnacht mit einem von Londons wildesten Wüstlingen zu verbringen, genügte, um Sarahs Puls zu beschleunigen. Dass dieser Mann auch noch Benedict war, raubte ihr regelrecht den Atem. Es war wohl das Verruchteste, was sie je getan hatte, aber auch das Ehrlichste. Im Grunde war es die einzige wirklich ehrliche Tat während der gesamten Saison, in der sie gezwungen gewesen war, der ganzen Welt etwas vorzuheucheln.

Doch heute Nacht brauchte sie nicht zu heucheln. Sie ließ sich von Benedict ins Zimmer führen. Diese Nacht war anders. Heute würde sie nicht vorgeben, nichts für Benedict DeBreed zu empfinden. Sie würde ihre Gefühle nicht hinter barschen Worten und kühler Hochmut verstecken. Heute würde sie das Beben ihres Körpers nicht ignorieren. Sie würde sich erlauben, seine Berührungen zu genießen, so, wie sie die Art genoss, mit der er sie ansah – als wäre sie die einzige Frau auf der Welt, die ihm wirklich etwas bedeutete. Diese Nacht sollte ihr gehören und ihr alles schenken, was sie aufgegeben hatte, um das brave Mädchen zu sein, zu dem ihre Eltern sie erzogen hatten.

Die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Unwillkürlich wanderte Sarahs Blick zum Bett, das das Zimmer beherrschte, doch sie drehte sich zu Benedict um, als er mit leiser, tiefer Stimme vier Worte sagte. „Bist du sicher, Sarah?“

Er lehnte am Türrahmen, den Blick unverwandt auf sie gerichtet, und ließ keinen Zweifel daran, dass er selbst sogar sehr sicher war. Und doch hatte er noch nie einen so verletzlichen Eindruck auf sie gemacht wie in diesem Moment. Er wartete mit angehaltenem Atem auf ihre Zustimmung. Ohne ihr Einverständnis würde er nichts unternehmen.

Doch Sarah war entschlossen, es ihm zu geben. Der nächste Schritt musste von ihr kommen, und er musste wagemutig sein. Sie trat zu ihm und blieb vor ihm stehen, die Hände an seinem Hosenbund, küsste ihn auf die Lippen und flüsterte: „Ja, ich bin vollkommen sicher.“

Sie zog ihm das Hemd aus der Hose, doch ihre Finger zitterten. Jetzt, da sie in die Tat umsetzte, wozu sie sich entschieden hatte, zitterten ihr vor Aufregung die Hände. Am Nachmittag war alles so unerwartet passiert, so spontan. Es war keine Zeit gewesen zu überlegen. Jetzt, da sie genau wussten, was sie taten, war es viel schwieriger, kühn zu sein.

Er kam ihr zu Hilfe, nahm ihre Hände in seine und hob sie sich eine nach der anderen an die Lippen. Wieder trafen ihre Blicke sich, als er heiser flüsterte: „Wenn du gestattest.“

Bedächtig trat er einen Schritt zurück und gab ihr ein Zeichen, sich zu setzen, damit sie ihm zusehen konnte. Geschmeidig schlüpfte er aus seinem engen Frackrock, legte die teure Krawattennadel auf den Tisch neben ihrem Bett und löste sein Krawattentuch mit einem Ruck. Als Nächstes zog er sich das Hemd aus und entblößte die breite, muskulöse Brust darunter und die vom Fechtunterricht bei Jackson’s trainierten Arme.

Benedict war großartig. Sarah wurde der Mund trocken bei dem Anblick eines so vollkommenen Exemplars männlicher Schönheit. Sie hatte sich nie erträumt oder sich vorzustellen gewagt, ein Mann könnte so aufregend sein. Ebenso wenig hatte sie geahnt, wie erregend es sein konnte, ihm beim Auskleiden zuzusehen. Er bückte sich, um seine Schuhe auszuziehen, dann schob er seine Hose über die schmalen Hüften und muskulösen Schenkel. Im Spiegel hinter ihm konnte sie seine ebenso vollkommene Kehrseite betrachten. Ein leiser Seufzer der Bewunderung entfuhr ihr. Was für ein unglaublich verlockender Anblick!

Benedict streckte einladend die Hand aus. „Du bist an der Reihe. Darf ich dir helfen?“

Er würde ihr helfen müssen, da sie sich aus diesem Kleid nur mit fremder Hilfe befreien konnte. Sie erhob sich und drehte Benedict den Rücken zu. „Bitte.“ Bitte zieh mich aus, bitte berühr mich, bitte lass mich die schreckliche Entscheidung vergessen, die ich morgen treffen muss.

Im nächsten Moment spürte sie seine Lippen auf ihrem Nacken, während er geschickt die Verschlüsse ihres Kleides öffnete. Langsam schob er die Puffärmelchen an ihren Armen herab. Sie brauchte sich nur ein wenig zu winden, und schon rutschte das Kleid auf den Boden. Benedict legte die Hände sofort auf den dünnen Stoff ihrer Chemise, umfasste Sarahs Brüste und rieb sanft die aufgerichteten Knospen.

Aber es war nicht nur seine Liebkosung, die sie erschauern ließ vor Erregung, es war auch die berauschende Tatsache, dass der Mann hinter ihr völlig nackt war. Bei jeder Bewegung spürte sie seine Schenkel und seine harte Männlichkeit, eine weitere Erinnerung daran, welche Freuden ihr noch bevorstanden.

„Heb die Arme“, bat er dicht an ihrem Ohr. Sie folgte seiner Aufforderung, und er zog ihr die Chemise über den Kopf, sodass auch Sarah endlich nackt war. Behutsam drehte er sie so, dass sie in den Spiegel über ihrem Toilettentisch blicken konnte. Der Spiegel, der ihr seine Kehrseite gezeigt hatte, spiegelte jetzt sie beide wider. „Sieh uns an, Sarah“, sagte er mit vor Verlangen rauer Stimme. Sie nickte. Beide waren sie nackt, er streichelte Sarahs Brüste, ihre Lippen waren leicht geschwollen von seinen Küssen, ihr sorgfältig hochgestecktes Haar löste sich allmählich aus ihrer Frisur. Aber es war nicht so sehr ihr eigener Anblick, der sie faszinierte, sondern Benedicts.

Seine grünen Augen funkelten gierig, vor Verlangen und für einen winzigen Moment las Sarah etwas darin, was sie noch nie an ihm wahrgenommen hatte. Es war etwas Warmes, etwas sehr Tiefes, etwas, das in Sarah Glücksgefühle aufsteigen ließ. Diesen Moment wollte sie für immer im Gedächtnis festhalten – Benedict, der sie begehrte, der sich nach ihr verzehrte –, als gäbe es die Vergangenheit nicht, als hätte er sie nicht verraten, als wäre ihre Liebe rein und als würde Benedict sie wirklich lieben.

„Halt dich am Tisch fest“, wies er sie leise an. Und sie ließ zu, dass er sie nach vorn drückte, und stützte sich mit den Händen ab, während sie spürte, wie er hinter sie trat. Gleich darauf spürte sie ihn groß und drängend zwischen ihren Schenkeln, und mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung war er tief in ihr. Sarah keuchte heiser auf, doch sofort zog er sich wieder zurück und war gleich wieder in ihr. Sie umfasste ihn eng bei jedem seiner immer wilder werdenden Stöße. Es war unglaublich. Noch nie hatte sie so etwas erlebt, die Vollkommenheit, mit der er sie ausfüllte, während sie ihm den Po entgegenreckte, um ihn noch tiefer in sich aufnehmen zu können. Gleichzeitig reizte er ihre Brüste, küsste ihren Hals, knabberte an ihrem Ohrläppchen, und ihr Stöhnen vermischte sich mit seinem, wurde immer lauter, während sie gemeinsam auf einen nie gekannten Gipfel zustürmten.

Sie stieß einen erstickten Schrei aus, als Benedicts Bewegungen schneller, härter wurden. Der Gipfel kam immer näher, Benedicts Griff wurde fester. Im Spiegel sah sie ihn mit halb gesenkten Lidern, völlig konzentriert auf ihre herrliche Vereinigung. Gewiss war es unziemlich von ihr, sich und Benedict bei dieser intimsten aller Handlungen zu beobachten, aber Sarah fand es wundervoll und viel zu fesselnd, um es sein zu lassen.

Benedict spannte sich plötzlich an, und nach einem besonders harten Stoß gelangten sie endlich ans Ziel, das sie so ersehnt hatten. Kaum hörbar raunte er an ihrem Ohr, kurz bevor er von einer Welle der Lust mitgerissen wurde: „Komm mit mir zusammen, Sarah, komm für mich.“ Er drang ein letztes Mal tief und schnell ein, und sie wurde wie in einem Rausch davongetragen. Das Ziel war eine unendlich hohe Klippe, und sie fielen gemeinsam immer tiefer und tiefer und verloren sich in einer wundervollen Welt, in der es nichts gab als Leidenschaft und Glück.

9. KAPITEL

Heiße Lust hielt ihn umfangen, so, wie er Sarah umfangen hielt, die Arme um sie geschlungen, ihr Po an seinem Schoß, wo sie noch immer tief miteinander verbunden waren. Benedict hätte die ganze Nacht so bleiben können, wenn seine Beine nicht unter ihm nachgegeben hätten. Ihr wildes Liebesspiel hatte ihnen nicht nur ungeahnte Ekstase geschenkt, sondern auch seinen Preis gefordert.

Mit dem letzten Rest seiner Kraft trug Benedict sie zum Bett hinüber und streckte sich neben ihr aus. Sarah lehnte so selbstverständlich den Kopf an seine Schulter, als gehörte sie dorthin. Und genauso war es ja auch. Welche Wege er auch in seinem Leben eingeschlagen hatte, das war etwas, was sich nie geändert hatte. Sarah war dazu bestimmt, ihm zu gehören.

Das hatte Benedict bereits gewusst, als Ren ihn zum ersten Mal zu sich nach Hause eingeladen hatte. Es war kurz vor Sarahs offizieller Einführung in die Gesellschaft gewesen. Sie hatte wunderschön ausgesehen in ihrem blauen Seidenkleid, das die Farbe ihrer Augen betonte. Jene Momente hatten sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Doch sie war nicht nur schön, sie hatte ihn zum Lachen gebracht und er hatte mit ihr ohne Rückhalt über seine Probleme reden können. Und so hatte er ihr Dinge anvertraut, die nicht einmal Ren über ihn wusste. Dass er sein Familiengut in Sussex, nicht weit von hier, wieder instand setzen wollte und davon träumte, dort mit seiner eigene Familie zu leben. Während jener Hausgesellschaft hatte er Sarah bei jeder nur möglichen Gelegenheit von den übrigen Gästen getrennt, war mit ihr in den verschneiten Gärten spazieren gegangen und hatte sogar eine Schlittenfahrt ins Dorf mit ihr unternommen. Das Ende der Hausparty war für ihn viel zu früh gekommen.

Vier Monate später hatte er bei ihrem Eintritt in die Londoner Gesellschaft mit ihr getanzt. Er fungierte während der gesamten Saison als ihr Begleiter, wann immer Ren zu beschäftigt war, und am Ende der Saison wusste er genauso wie Sarah, dass sie sehr viel füreinander empfanden. In den folgenden Monaten bis zur nächsten Saison lebte Benedict in dem Wissen, dass Sarah ihn liebte. Die Trennung von ihr war eine Tortur. Wann immer er Ren einen Brief schickte, vergaß er nie, einige Zeilen an sie beizulegen, wenn er auch nicht mehr wagte. Doch in der darauffolgenden Saison wagte er sehr viel mehr, ebenso wie Sarah. Irgendwie fanden sie sich auf der weichen Sitzbank in Lady Wiltons Bibliothek wieder, und der Rest war, wie es so schön hieß, Geschichte. Nur dass in ihrem Fall die Geschichte sehr traurig ausgegangen war. Nach Sarah hatte er unzählige Frauen gehabt, unzählige Eskapaden, aber jede einzelne von ihnen war bedeutungslos und nicht mehr als sein vergeblicher Versuch gewesen, die Frau zu vergessen, die er verloren hatte.

Er hatte mehr als eine Geliebte verloren. Er hatte den besten Freund verloren, den er je gehabt hatte, die einzige Familie, auf die er sich hatte verlassen können und die seine eigene, zerrüttete Familie ersetzt hatte. Benedict und Ren standen sich noch immer nahe, aber diese Nähe hatte sich verändert. Er sah Ren lediglich, wenn beide sich in London aufhielten, und wusste, dass Ren den Tod seines Vaters dafür verantwortlich machte und die Abreise ihres gemeinsamen Freundes Kitt Sherard. Benedict war froh, dass Ren den wahren Grund für seine Zurückhaltung nicht kannte.

Und jetzt hielt Ren sich in der Karibik auf, und Sarah lag in seinen Armen. Das Leben spielte schon seltsame Spiele. Es hatte Benedict eine zweite Chance gegeben. Jetzt musste er sich nur noch dazu durchringen, ein an einen Toten gegebenes Versprechen zu brechen. Sarah rührte sich zufrieden seufzend und sah Benedict lächelnd an. „Du bist wach.“

Er strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. „Natürlich bin ich wach. Nicht im Traum würde ich auch nur einen Moment meiner Nacht mit dir verschlafen.“

Leise lachend stützte sie sich auf einen Ellbogen. „Du bist ein großartiger Schmeichler, Benedict DeBreed. Gewiss sagst du das zu allen Frauen.“ Mit der freien Hand zeichnete sie Kreise auf seine Brust, und er spürte, wie ihre Berührung ihn wieder zu erregen begann.

„Nur zu dir, Sarah.“ Nur ihr zeigte er sein wahres Wesen, seine wahren Gefühle. Nur ihr gewährte er einen Blick auf den echten Benedict DeBreed, nicht auf den Wüstling, den London in ihm sah, sondern auf den Mann, der er immer hatte sein wollen, bevor er sich in etwas ganz anderes verwandelt hatte. Bei ihr wurde er zu einem besseren Menschen, der mit sich im Reinen war.

Sie hielt inne und schüttelte den Kopf. „Nicht, Benedict. Wenn du so sprichst, gibst du mir das Gefühl, du sagst die Wahrheit. Ich kann mir nicht schon wieder etwas vormachen.“

Sofort umfasste er ihre Hand. „Ich sage die Wahrheit, Sarah. Und du glaubst mir. Wenn du es nicht tätest, wärst du jetzt nicht bei mir.“ Er führte ihre Hand unter das Laken, damit sie spüren konnte, wie sehr ihre Nähe ihn erregte. „Du fühlst die Wahrheit unter deiner Hand. Ich habe nie eine andere Frau gewollt als dich.“ Dieser Augenblick war wie der Himmel auf Erden für ihn. Wie oft hatte er davon geträumt? Sie gab nach und fing an, ihn zu streicheln.

„Es kann nur für heute Nacht wahr sein, Benedict.“

„Warum?“ Wenn sie ihn schon abweisen wollte, würde er es ihr wenigstens nicht so einfach machen.

„Weil ich morgen früh eine wichtige Aufgabe erfüllen muss.“ Sie strich mit dem Daumen etwas härter über die Spitze seines Schafts. Benedict sog scharf die Luft ein.

„Aha. Du lässt dich wohl nicht so leicht umstimmen, wie?“

Sie lächelte, erhob sich und setzte sich rittlings auf seine Schenkel.

Benedict packte sie an den Hüften. „Dann lass uns aus dieser Nacht so viel herausholen, wie wir nur können“, sagte er halb erregt, halb verzweifelt. „Du bist an der Reihe. Nimm mich in Besitz, so, wie ich dich in Besitz nahm. Mit deinem Leib, mit deinen Händen und deinen Lippen. Ich gehöre dir, Sarah, so, wie ich dir schon immer gehört habe.“

Sie folgte seiner Bitte und küsste ihn leidenschaftlich auf den Mund, dann übersäte sie seinen Hals mit hauchzarten Küssen, bevor sie seine Brustwarzen sanft zwischen die Zähne nahm und schließlich mit der Zungenspitze über seinen Bauch glitt. Benedict glaubte, den Verstand zu verlieren, so süß war die Folter ihrer Lippen auf seiner nackten Haut. Doch das war, bevor sie das Laken zurückschlug, sich zwischen seine Beine kniete und seinen Schaft küsste. Jetzt war es wirklich um ihn geschehen. Benedict schob die Finger in ihr Haar und bog sich ihr stöhnend entgegen, als sie ihn mit der Zungenspitze zu reizen begann. Wieder und wieder stieß er erstickt ihren Namen aus, bis sie sich erhob, selbst ganz atemlos vor Verlangen, und langsam auf ihn herabsank, um ihn tief in sich aufzunehmen. Schon bald wurden sie von einer Welle der Lust mitgerissen, die sie beide heftig erschauern ließ. Sarah brach erschöpft auf seiner Brust zusammen, und während Benedict sie fest an sich drückte, konnte er nur einen Gedanken fassen. Sie gehört mir. Sarah gehört mir, und zum Teufel mit morgen früh.

10. KAPITEL

Ob nun der Teufel mit im Spiel war oder nicht, der nächste Morgen dämmerte schon bald herauf. Noch nie hatte Benedict das Morgenlicht so wenig begrüßt, obwohl es heute einer der schönsten Sommertage des Jahres zu werden versprach. Die Männer würden heute angeln gehen, und danach sollte ein Picknick folgen. Nur die Tatsache, dass er in die Rolle des stellvertretenden Gastgebers geschlüpft war, brachte Benedict ins Frühstückszimmer hinunter, passend für die geplanten Aktivitäten gekleidet.

Die Hoffnung, vielleicht allein ein ruhiges Frühstück zu sich nehmen zu können, verflüchtigte sich sofort. Devonshire war bereits unten, ebenso wie Teddy, Rens jüngerer Bruder. Teddy begrüßte Benedict mit einem breiten Grinsen. „Benedict! Ich hatte schon gehört, dass du auch da bist.“ Der Junge sprang vom Tisch auf, nichts als schlaksige Beine und Arme. „Sarah sagt, ich darf heute mit angeln gehen. Einige Jungs aus dem Dorf kommen auch.“

Benedict lächelte. Er mochte Teddy sehr gern, da er selbst nie einen jüngeren Bruder gehabt hatte. „Wie du gewachsen bist! Ich glaube, du hast mir nicht einmal bis zur Schulter gereicht, als dich das letzte Mal sah.“

Sehr zufrieden mit dem Kompliment, strahlte Teddy über das ganze Gesicht. „Da war ich ja auch erst zehn. Wo warst du all die Jahre? Früher bist du doch immer mit Ren zu uns gekommen.“

Benedict füllte sich gemächlich einen Teller mit Eiern, Würsten, Bücklingen, Toast, geräuchertem Lachs, Erdbeeren und Sahne, und wich Teddys Frage mit einer anderen Frage aus. „Sag mir, was du so tust auf dem Gut. Gibt es noch die Schaukel am Teich?“

„Ja, und letzten Sommer hat Ren eine zweite angebracht. Vielleicht können wir sie ja heute vor dem Dinner ausprobieren.“

Benedict nickte. „Wir könnten vielleicht ein wenig Zeit dafür herausschinden, wenn Sarah das Diner ein wenig verschiebt.“

„Das wird sie, wenn du sie bittest“, meinte Teddy zuversichtlich und biss herzhaft in seinen Toast.

Devonshire blickte über den Rand seiner Zeitung. „Haben Sie also so viel Einfluss auf Lady Sarah? Die Vorteile, wenn man den Gastgeber ersetzen darf, nehme ich an.“ Devonshires Ton war eine Mischung aus Misstrauen und Gehässigkeit.

„Was meinen Sie damit?“, fragte Benedict scharf.

Autor

Bronwyn Scott
Bronwyn Scott ist der Künstlername von Nikki Poppen. Sie lebt an der Pazifikküste im Nordwesten der USA, wo sie Kommunikationstrainerin an einem kleinen College ist. Sie spielt gern Klavier und verbringt viel Zeit mit ihren drei Kindern. Kochen und waschen gehören absolut nicht zu ihren Leidenschaften, darum überlässt sie den...
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