Julia Exklusiv Band 242

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HEIß WIE DIE NÄCHTE GRANADAS von BAIRD, JACQUELINE
Heiß wie die Nächte GranadasHals über Kopf wird Liza von Nick Menendez in seinem Sportwagen in die Berge Granadas entführt. Was hat der heißblütige Spanier mit ihr vor? Auch in der romantischen, einsam gelegenen Hütte sagt er ihr nicht, warum sie hier sind. Nur Nicks sinnliche Blicke sprechen eine eindeutige Sprache. Und Liza, die für den attraktiven Bankier schon lange schwärmt, lässt sich nur allzu gern verführen. Fünf Tage und Nächte genießt sie seine leidenschaftlichen Umarmungen, bis Liza schockiert erfährt, warum ihr Traummann sie hierher brachte …

DU BIST EIN SCHATZ von LAMB, CHARLOTTE
In der einen Sekunde funkelt pures Begehren in seinen Augen, in der nächsten stößt James sie weg! Der Bankier gibt seiner Sehnsucht nicht nach - lieber lässt er sie verletzt allein! Patience muss es herausfinden: Warum nur schreckt James vor ihrer Liebe zurück?

DIE UNSCHULDIGE GELIEBTE von JORDAN, PENNY
Eigentlich will Suzy nur ein Foto von der tollen Villa machen - und findet sich plötzlich in den Armen des attraktiven Sicherheitsexperten Lucas Soames wieder. Einerseits ist sie von seiner Unverschämtheit empört, andererseits entfacht er in ihr ein nie gekanntes Verlangen …


  • Erscheinungstag 03.01.2014
  • Bandnummer 0242
  • ISBN / Artikelnummer 9783733703486
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Jacqueline Baird, Charlotte Lamb, Penny Jordan

JULIA EXKLUSIV BAND 242

JACQUELINE BAIRD

Heiß wie die Nächte Granadas

Liza soll eine dreiste Diamantendiebin sein? Nick kann nicht glauben, dass seine Jugendliebe auf die schiefe Bahn geraten ist. Um Genaueres herauszufinden, entführt er die Blondine in seine romantische Hütte in den Bergen Granadas. Zwischen ihnen lodert das Feuer der Leidenschaft – dennoch zweifelt Nick: Küsst er Nacht für Nacht eine gewissenlose Räuberin?

CHARLOTTE LAMB

Du bist ein Schatz

Routine, Organisation und Planung: Nichts ist James Ormond wichtiger. Bis die temperamentvolle Patience sein Leben völlig auf den Kopf stellt! Auch wenn der Bankier bald nur noch an ihre verführerischen Lippen denken kann: Eine Zukunft mit ihr wird im Chaos enden, davon ist er überzeugt. Er muss Patience vergessen – doch das ist leichter gesagt als getan …

PENNY JORDAN

Die unschuldige Geliebte

Noch nie hat sie jemand als Sicherheitsrisiko bezeichnet! Doch Colonel Lucas Soames tut genau das. Und er geht noch weiter: Suzy soll sich als seine Geliebte ausgeben, damit seine Mission nicht gefährdet ist. In einer italienischen Villa bewacht er sie rund um die Uhr – und bald erkennt Suzy: Sie will nicht nur so tun, als liebe sie ihn …

1. KAPITEL

Ungeduldig trommelte Nick Menendez auf das Lenkrad des Jeeps, den er am Flughafen abgeholt hatte. Um neun Uhr hatte er auf Lanzarote sein wollen. Und obwohl er mit seinem Privatjet gekommen war, hatte es viel zu lange gedauert – aufgrund des regen Luftverkehrs konnte ihm keine Landeerlaubnis erteilt werden. Das würde noch ein Nachspiel haben.

Nick Menendez war gewohnt, zu bekommen, was er wollte und wann er es wollte.

Er hätte es sich eigentlich denken können. Alles, was mit Liza Summers zusammenhing, dieser blonden Sirene mit den blauen Augen, war zum Scheitern verurteilt, auf die eine oder andere Art.

Er lächelte schief. Wenn er ehrlich war, konnte Liza eigentlich nichts dafür. Vor Jahren waren sie Freunde gewesen, Nick hatte sie überrascht, wie sie einen jungen Mann küsste – und hatte völlig überreagiert. Rückblickend konnte er zugeben, dass er höllisch eifersüchtig gewesen war. Allerdings war er damals mit einer anderen Frau verlobt gewesen, also hatte er gar nicht das Recht gehabt, irgendetwas zu sagen.

Und dann, gestern Abend, als er in seiner Villa in Malaga den Bericht las, den seine Sicherheitsfirma ihm zugeschickt hatte, war ihm sofort ihr Name auf den Seiten direkt ins Auge gesprungen.

Carl Dalk, ein Freund aus Studientagen, dessen Familie eine Diamantmine in Südafrika besaß, hatte ihn kontaktiert und um Hilfe gebeten. Nick hatte sofort zugesagt, er verdankte Carl sein Leben. Als Studenten waren sie zusammen Wildwasserkanu gefahren. Nick war aus dem Kanu gestürzt, hatte sich den Kopf angeschlagen und das Bewusstsein verloren, und Carl hatte ihn aus dem Wasser gezogen. Auch wenn sie sich nicht häufig sahen, so waren sie immer gute Freunde geblieben.

Nach dem Studium war Nick sofort in den Familienbetrieb eingestiegen, eine relativ kleine Handelsbank, die jedoch zu den angesehensten in ganz Spanien gehörte. Über die Jahre hatte Nick das Familienunternehmen zu dem heutigen internationalen Konzern ausgebaut. Carl war übrigens einer der wenigen Menschen, die wussten, dass zu der Unternehmensgruppe auch eine diskrete Sicherheitsagentur gehörte, die bei vielen heiklen Einsätzen mitwirkte und oft für die spanische Regierung arbeitete.

Carl hatte sich an Nicks Agentur gewandt, weil innerhalb des letzten Jahres zweimal Diamanten aus der Mine gestohlen worden waren. Die Diebe hatten einen äußerst cleveren Plan ausgeklügelt: Sie boten die gestohlenen Diamanten für die Hälfte des Wertes Carls Versicherung zum Rückkauf an. Anstatt Carl den vollen Wert erstatten zu müssen, hatte die Versicherung sich, nach Rücksprache mit den Polizeibehörden, auf den Deal eingelassen. Was sie allerdings nicht davon abgehalten hatte, die Prämien zu erhöhen. Und das Schlimmste von allem – die Diebe hatten bisher nicht dingfest gemacht werden können.

Carls Geschäft steckte in finanziellen Schwierigkeiten. Diamanten aus Russland und künstlich hergestellte Steine überschwemmten den Markt, der Wert fiel immer mehr. Carl musste mit ansehen, wie das Familienvermögen unaufhaltsam schrumpfte, und hatte ernste Liquiditätsprobleme. Und jetzt kam auch noch ein weiterer Diebstahl hinzu …

Also hatte Nick seinem Freund finanziell unter die Arme gegriffen und sofort seine Agentur auf den Fall angesetzt. Er war zuversichtlich, dass seine Leute in Zusammenarbeit mit den spanischen Behörden die Diebe sehr bald stellen würden. Und dann hatte er in dem Bericht gestern Abend ihren Namen gelesen. Liza Summers, Tochter der besten Freundin seiner Mutter.

Nick hatte seiner Mutter versprochen, das Wochenende auf dem Festland zu verbringen. Sein Onkel Thomas feierte goldene Hochzeit, mehrere Feierlichkeiten waren arrangiert worden, für die Nick seine Teilnahme zugesichert hatte. Jetzt allerdings musste dieser Plan ein wenig geändert werden, Nick hatte den Flug nach Lanzarote eingeschoben. Wenn jemand Liza Summers zu den Vorfällen befragte, dann er. Sechs Jahre war es her, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte, aber wie sehr sie sich auch verändert haben mochte, er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie etwas mit den Diebstählen zu tun haben sollte, wie in dem Bericht angedeutet.

Inzwischen war es fast elf, und er stand hier im Stau an der Zugbrücke in Arrecife, während eine Gruppe Touristen, offensichtlich mit der Fähre angekommen, die Straße überquerte. Normalerweise kam er gerne nach Lanzarote, der Isla de los Volcanos mit ihren über hundertunddreißig Vulkanen und der surrealistischen Landschaft aus erkalteter Lava. Er selbst besaß eine Villa hier, am Rande des Timanfaya-Nationalparks, wie auch der spanische König und einige illustre arabische Scheichs. Hier konnte er sich, fernab von der Öffentlichkeit, entspannen und tun und lassen, was er wollte.

Heute allerdings nicht, dachte er grimmig und starrte mit gerunzelter Stirn aus dem Fenster. Er ließ den Blick über die Szenerie mit dem Straßencafé, dem kleinen Kiosk und dem Taxistand wandern, und plötzlich stutzte er. Seine dunklen Augen blitzten auf, als er die Frau allein an einem der Tische sitzen sah.

Das lange blonde Haar von einem Seidenschal zurückgehalten, hatte sie ein fein geschnittenes Profil und einen schlanken Hals. Sie trug ein kurzes blaues Top, das sich eng um verlockende feste Rundungen schmiegte. Die langen Beine steckten in weißen Sommerhosen, die Frau hatte sie unter dem Tisch ausgestreckt, die Füße lässig über Kreuz geschlagen.

Nick verspannte sich unwillkürlich. Sieh an, seine Informationen waren also korrekt.

Carl und die südafrikanische Polizei hatten die Spur der Diamantendiebe bis nach Lanzarote verfolgen können. Die afrikanischen Diebe hätte man stellen können, doch Carl lag daran, den europäischen Kopf der Bande zu finden, um dem Ganzen ein für alle Mal Einhalt zu gebieten.

In dem Bericht war die Rede von einem gewissen Henry Brown gewesen, Direktor von „Stubbs and Company“ in London, einer angesehenen Investmentbank. Man hatte ihn beschattet und herausgefunden, dass er gestern mit seiner persönlichen Assistentin nach Lanzarote geflogen war.

Nick konnte immer noch nicht so recht fassen, dass diese persönliche Assistentin niemand anders als Liza Summers war, das Mädchen, das er seit seinem achten Lebensjahr kannte, und die Frau, die jetzt in dem Café dort saß, als hätte sie nicht eine einzige Sorge auf der Welt.

Nun, das würde sich bald ändern, auch wenn sie es noch nicht ahnte.

Carl Dalk hatte den Bericht natürlich ebenfalls erhalten. Gestern hatte er bei Nick angerufen, voller Tatendrang, die Bande also nun zu stellen. Das einzige fehlende Glied war jetzt nur noch der Mittelsmann auf Lanzarote. Noch immer schockiert darüber, auf Lizas Namen gestoßen zu sein, hatte Nick hektische Überzeugungsarbeit geleistet, um Carl davon abzubringen, sofort zuzuschlagen. Er selbst würde sich einschalten, so hatte er seinem Freund versichert, und seine Verbindungen zur Inselpolizei nutzen, und schließlich müsse er so oder so geschäftlich auf die Insel.

Ein Gewissenskonflikt, auf den Nick lieber verzichtet hätte. Carl gehörte seine hundertprozentige Loyalität, aber er wollte einfach nicht glauben, dass Liza etwas mit den Diebstählen zu tun hatte. Und selbst wenn sich herausstellen sollte, dass es so war, würde er versuchen, sie irgendwie aus dem Presserummel herauszuhalten. Das schuldete er der Familienfreundschaft und dem entzückenden Kind, das Liza einmal war.

Während er zu ihr hinsah, nahm sie die Sonnenbrille ab und wandte das Gesicht in seine Richtung. Nein, nicht in seine, sondern zur Zugbrücke, wie ihm klar wurde. Der Griff seiner Finger um das Lenkrad wurde fester, als er ein vertrautes Ziehen in der Lendengegend spürte. Kein Zweifel, das dort war Liza Summers.

Die prompte Reaktion seines Körpers überraschte ihn. Seit Langem hatte er nicht mehr so unvermittelt auf eine Frau angesprochen, viel eher war er für seine kühle Distanziertheit berüchtigt. Diese unwillkürliche Reaktion seines Körpers ärgerte ihn, doch Liza so schnell zu finden war immerhin das erste Quäntchen Glück, das er heute für sich verbuchen konnte. So ein Zufall wirkte wesentlich besser, als wenn er sie in ihrem Hotel angerufen hätte. Sechs Jahre lang hatte er sie nicht gesehen, und wenn überhaupt möglich, war sie noch schöner geworden. Vom Äußeren her, schränkte er zynisch ein, als er wieder an die Aufgabe dachte, die vor ihm lag.

Nick parkte den Jeep am Straßenrand und sprang aus dem Wagen.

„Liza? Liza Summers …?“

Klappernd setzte Liza ihre Kaffeetasse zurück auf den Unterteller. Die lässige tiefe Stimme brachte ihre Hand zum Zittern. Oh nein! Innerlich stöhnte sie auf. Das durfte einfach nicht wahr sein! Diese Stimme hatte sie zuletzt als Teenager gehört. Und jetzt, auf dieser kleinen Insel im Atlantik, erschien sie ihr wie ein Geist aus der Vergangenheit.

„Ich dachte mir doch, dass du es bist.“

Ein großer dunkler Schatten fiel auf sie, als die Gestalt vor die Sonne trat. Mehr als muskulöse Oberschenkel in blauem Jeansstoff konnte Liza nicht sehen. Sie schluckte und hob den Blick, zuerst auf die schmalen Hüften, dann auf den kräftigen Brustkorb, hinauf zu den breiten Schultern, betont von dem schwarzen T-Shirt. Das Gesicht des Mannes lag dunkel im Schatten, doch Liza hätte ihn überall wiedererkannt.

„Du!“, entfuhr es ihr beim Blick in seine tiefbraunen Augen. Niculoso Menendez. Die Zeit drehte sich zurück, bis zu dem ersten Treffen zwischen ihnen, und plötzlich war Liza wieder acht Jahre alt.

Ihr Vater war gestorben, und Niculosos Mutter Anna hatte Liza und ihre Mutter Pamela zu einem Wochenende nach Spanien eingeladen. In England waren die beiden Frauen im selben Internat gewesen, Anna die Tochter eines spanischen Diplomaten und Pamela die Tochter eines ranghohen Militärs. Anna heiratete einen reichen Spanier und Pamela einen Offizier mit vielversprechender Laufbahn, aber sie hielten über all die Jahre Kontakt zueinander.

Von Niculoso war Liza sofort fasziniert gewesen. Er war einer der bestaussehenden Achtzehnjährigen, den sie je getroffen hatte, und sie hatte ihn mit offenem Mund angestarrt, so versunken, dass sie stolperte und sich das Knie aufschlug. Mit einem Lächeln und tröstenden Worten hatte der junge Mann das weinende Mädchen aufgehoben und zurück ins Haus getragen.

Von diesem Moment an war er ihr Held. Er war der große Bruder, den sie nie gehabt hatte. Und von da an wartete sie voller Vorfreude auf die drei Wochen im Sommer, die sie in den Ferien im Hause der Menendez verbringen würde.

„Wir haben uns ja jahrelang nicht gesehen. Darf ich mich setzen?“

„Wie?“ Liza hatte den Schock noch nicht überwunden. Nick war es, der ihr das Reiten beigebracht hatte. Nick hatte sie aufgefangen, als sie vom Ast eines Baumes stürzte. Nick hatte sie zurückgezogen, als sie von den Klippen zu rutschen drohte. Mit vierzehn allerdings hatten sich ihre Gefühle für Nick geändert. Er war nicht mehr nur ihr Held, sondern sie begann für ihn zu schwärmen, und mit ihrer aufblühenden Weiblichkeit hatte sie alles darangesetzt, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

„Du klingst nicht gerade erfreut, mich zu sehen.“ Mit einer knappen Geste bestellte Nick beim Kellner einen Kaffee für sich. „Möchtest du auch noch eine Tasse?“

„Nein … ja, doch.“ Sie stotterte und stammelte wie eine Närrin, aber sie war einfach überrumpelt. Nicks unerwartetes Auftauchen beschwor Erinnerungen und wirre Bilder aus der Vergangenheit herauf.

Ihre Beziehung hatte in einem Fiasko geendet, als Liza sechzehn war. An ihrer nicht erwiderten Liebe halb erstickend, war sie schließlich völlig am Boden zerstört gewesen, als Nick seine Verlobte Sophia nach Hause brachte, eine umwerfend aussehende junge Frau.

Und plötzlich war Liza auch klar geworden, was sie und ihre Mutter den Menendez’ bedeuteten – nichts als die ärmlichen Freunde, denen man aus reiner Großzügigkeit einen Sommerurlaub ermöglichte. Also rebellierte Liza in diesem Sommer und ging mit einem der Stalljungen aus. Als sie mit dem Jungen in einem leeren Stall herumknutschte, hatte Nick sie erwischt. Nick, dessen Gesicht sich plötzlich verdüsterte, als zögen Gewitterwolken auf …

Unwillkürlich lief Liza jetzt trotz des warmen Tages ein Schauer über den Rücken, und ihr Puls beschleunigte sich. Sie wollte nicht daran zurückdenken, was danach passiert war. Was Nick betraf, war es ihr auf jeden Fall wie Schuppen von den Augen gefallen. Niculoso Menendez war ein arroganter, eingebildeter, autoritärer Macho erster Güte. Während des restlichen Aufenthalts hatte Liza ihn geflissentlich gemieden, und falls sie sich doch einmal über den Weg gelaufen waren, so hatte er sie mit grimmiger Miene und Verachtung im Blick angefunkelt. Als die Abreise kam, war Liza nur erleichtert. Und sie kam nie wieder zu der Familie zurück.

„Darf ich mich nun setzen oder nicht?“

Seine Frage riss sie aus den Erinnerungen. „Ja, natürlich“, brachte sie schließlich über die Lippen, weil es die Höflichkeit erforderte. Schon ein seltsamer Zufall, dass sie einander auf Lanzarote begegneten. Liza nahm an, dass er nach dem Tode seines Vaters die Bank übernommen hatte. Manchmal hatte sie seinen Namen in den Klatschspalten gesehen, aber nie wirklich darauf geachtet. Sie gab nicht viel auf Klatsch und Gerüchte.

„Das letzte Mal haben wir uns auf der Beerdigung meines Vaters getroffen“, sagte er und zog sich einen Stuhl heran.

„Ja, stimmt“, erwiderte sie steif. Das war ebenfalls ein Tag, den sie lieber aus ihrem Gedächtnis streichen würde. Sie war neunzehn gewesen, studierte in London und lebte im Studentenwohnheim. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, dass sie mit zur Beerdigung nach Spanien kam. Nick war damals noch immer mit Sophia verlobt, und auch an seiner verächtlichen Haltung gegenüber Liza hatte sich nichts geändert.

Seither hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Sie wünschte nur, er würde sich endlich setzen, anstatt wie ein Raubvogel über ihr zu schweben. Dabei lächelte er sie an, als hätte er einen lang verloren geglaubten Freund wiedergefunden, aber das nahm sie ihm nicht ab.

„Was für ein Zufall“, hob sie kühl an, „dass wir uns ausgerechnet hier treffen. Ich dachte, du lebst in Antequera.“

„Meine Mutter lebt dort. Aber ich bin inzwischen ein großer Junge und von zu Hause ausgezogen“, meinte er spöttisch und setzte sich endlich. „Wenn ich mich recht entsinne, genau wie du.“ Er legte die Hand auf ihre und drückte ihre Finger, und zu Lizas Entsetzen fuhr ihr bei der Berührung ein Stromstoß den Arm hinauf. „Meine Mutter redet viel über dich. Es ist schön, dich zu sehen.“

Schön? Das sollte wohl ein Witz sein. Er konnte sie nicht ausstehen! Das Blut schoss ihr in die Wangen. Jahrelang hatte sie sich eingeredet, sie würde ihn hassen, und doch lockten seine warmen Finger diese unmögliche Reaktion hervor. Und sah sie da wirklich Offenheit und Ehrlichkeit in seinem Blick? Nein, sie würde nicht wieder auf seinen südländischen Charme hereinfallen! „Ja. Nun …“

„Ich wollte dich nicht erschrecken, verzeih. Aber ich sah dich vom Auto aus hier sitzen und glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Du bist zu einer aufsehenerregenden Frau herangewachsen, Liza.“

Nick Menendez machte ihr ein Kompliment! Unfassbar, nach den Dingen, die er ihr in der Vergangenheit an den Kopf geworfen hatte! Liza erinnerte sich nur allzu gut an die Szene damals im Stall.

Nachdem Nick den Stallburschen zusammengestutzt und weggeschickt hatte, zog er Liza nämlich mit einem Ruck an sich und küsste sie, bis ihr Hören und Sehen vergangen war. Und zu ihrer tiefen Scham hatte sie sich nicht etwa gewehrt, sondern sich an ihn geklammert, als könne sie nicht mehr auf eigenen Beinen stehen. Dann hatte er sie mit dem Rücken an die Stallwand gedrängt und grob nach ihren jungen Brüsten gefasst.

„Herr im Himmel, mit einem Stallburschen!“, hatte er abfällig ausgestoßen. „Zwei Jahre lang schaue ich mir jetzt an, wie du mit mir flirtest. Ich dachte, du seist nur ein junges unschuldiges Mädchen, dessen Sexualität erwacht. Doch du weißt schon alles, nicht wahr? Hast alles schon erlebt. Du bist nichts weiter als ein kleines Flittchen!“

Die Worte schmerzten noch heute. Doch einen Trost hatte Liza – so jung sie damals auch gewesen sein mochte, sie hatte Nick geohrfeigt.

Nick lehnte sich jetzt in seinem Stuhl zurück und musterte die junge Frau, die vor ihm saß. Sie war ein süßes quirliges Kind gewesen, als unabhängiger und selbstbewusster Teenager mutete sie ihn an wie ein Dorn im Fleisch, und sie war ihm zur bitteren Enttäuschung geworden, als sie sich mit dem Stallburschen eingelassen hatte. Jetzt saß ihm eine ausnehmend schöne Frau gegenüber, und es ärgerte ihn, welche Wirkung sie auf ihn ausübte, trotz der Jahre, in denen er sie aus seiner Erinnerung verbannt hatte. Auch seine Reaktion von gestern Abend hatte ihn überrumpelt. Er wollte nichts anderes, als sie zu beschützen.

Dumm war er allerdings nicht. Die roten Wangen und der abgewandte Blick waren eindeutige Zeichen von Schuld. Ob nun wegen der Diamanten oder wegen etwas anderem, wusste er nicht. Aber er würde es herausfinden, schon um Carls willen.

„Das Schicksal hat es gut mit dir gemeint, Liza, nicht wahr?“ Er ließ seinen Blick mit unverhohlener Bewunderung über sie gleiten. „Man sieht dir an, dass du zufrieden bist. Machst du Urlaub hier?“

„Die Sonne hier ist eine wunderbare Abwechslung zum englischen Winter“, gab sie unverbindlich zurück.

Sie war reifer geworden – und weiser. Sie ging nicht auf seine freundliche Einleitung ein. „Also machst du Urlaub hier, oder ist es etwas Geschäftliches? Es sind so viele Jahre vergangen, da weiß ich doch gar nicht mehr, was du so treibst.“ Einen Sekundenbruchteil war er versucht, provozierend hinzuzufügen: „Vielleicht ein bisschen Diamantenschmuggel?“

Der erste Schock ließ langsam nach, und so konnte Liza problemlos sein Lächeln erwidern. „Ich bin die rechte Hand des Direktors eines Londoner Finanzunternehmens“, sagte sie und nannte den Firmennamen. Ein sicheres Thema, sie konnte also etwas ausführlicher werden. „Eigentlich war es als Geschäftsreise geplant, doch mein Chef hat die Angewohnheit, manchmal recht schnell seine Meinung zu ändern.“ Das hatte sie in den wenigen Wochen, die sie jetzt für Mr Brown arbeitete, bereits feststellen können. „Somit wurde es überraschenderweise zu einem Urlaub für mich.“

Gestern erst war sie mit ihrem Chef auf der Insel angekommen, zu einer zweiwöchigen Konferenz. Doch nachdem sie in das Fünfsternehotel an der Costa Teguise eingecheckt hatten, war Mr Brown noch vor dem Dinner verschwunden. Und am nächsten Morgen hatte er ihr mitgeteilt, dass die Konferenz nach genauerer Durchsicht des Programms doch nicht so wichtig für die Firma sei. Liza solle ihm allerdings den Gefallen tun und ein Päckchen bei einem Optiker in Arrecife, der Hauptstadt der Insel, abliefern, dann könne sie die zwei Wochen als Erholung genießen. Da das Hotel gebucht und bezahlt sei, könne sie dort bleiben. Oder auch woanders unterkommen, wenn sie es wünsche. Nur zum Galadinner am letzten Abend solle sie mitkommen und natürlich mit ihm zurückfliegen. Er wolle einen Segeltörn machen und sei dann am Tag des Dinners wieder zurück. Sollte seine Frau sich melden, so solle Liza ihn entschuldigen, weil er gerade nicht anwesend sei.

Als sie ihm gesagt hatte, dass sie nicht wirklich bereit sei, seine Frau anzulügen, hatte Mr Brown sie erinnert, dass sie vier Jahre lang für den kürzlich ausgeschiedenen Mr Stubbs als Sekretärin gearbeitet habe, und wenn sie daran interessiert sei, ihren Job als seine Assistentin zu behalten, dann müsse sie sich wohl oder übel seinen Anordnungen fügen. Liza allerdings drängte sich der Verdacht auf, dass er diese zwei Wochen nur geplant hatte, um sich mit seiner neuesten Geliebten abzusetzen.

„Was für ein Glück für dich“, lautete Nicks Antwort. „Ich habe von Stubbs gehört. Eine erfolgreiche Firma. Deine Mutter muss stolz auf dich sein. Allerdings habe ich sie in den letzten Jahren nur zweimal gesehen, wenn sie meine Mutter besuchte. Schade, dass du nicht mitgekommen bist.“ Das erschreckte Aufblitzen in ihren Augen war ihm nicht entgangen, und er fragte sich, welchen Grund es dafür wohl gab. Sein Verdacht, dass sie etwas verbarg, erhärtete sich.

„Irgendwann einmal komme ich vielleicht mit“, erwiderte sie knapp. An die Aufenthalte im Haus seiner Eltern wollte sie nicht erinnert werden. „Und was machst du hier? Ich dachte, du lebst auf dem Festland.“

„Ich bin heute Morgen hergeflogen. Ich besitze eine Villa hier, neben dem Haus in Malaga, und natürlich das Elternhaus. Aber mein Job führt mich um die ganze Welt.“

„Wie nett“, murmelte Liza. „Was genau machst du eigentlich?“ Außer im Privatflugzeug durch die Welt zur nächsten Schönheit zu jetten, fügte sie in Gedanken bissig hinzu, widerstand aber der Versuchung, es auszusprechen.

Wenn die Redewendung „mit einem silbernen Löffel im Mund geboren werden“ je auf einen Menschen gepasst hatte, dann auf Niculoso Menendez. Als einziger Sohn einer der reichsten europäischen Familien hatte er ein wohlbehütetes Leben geführt und sich jede Laune erlaubt – Skydiving, Bungee-Jumping oder Snowboarding, jede erdenkliche Extremsportart wurde zu seinem Steckenpferd, und als kleines Mädchen hatte Liza seine Abenteuer als mutig und wild-romantisch erachtet. Doch daran zurückzudenken rührte nur weitere Erinnerungen an, die sie lieber vergessen wollte. Also zwang sie sich zu einem Lächeln und sah ihm geradewegs in die Augen. Für einen Augenblick glaubte sie, Ärger dort zu erkennen, doch genauso schnell war dieser Ausdruck wieder verschwunden, und nur ein strahlendes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

„Im Moment unterhalte ich mich mit einer schönen Frau, obwohl ich eigentlich ein Gelände auf der anderen Seite der Insel überprüfen sollte.“

„Also bist du Landentwickler?“, fragte Liza. „Muss interessant sein.“ Hier war die Chance, das Thema zu wechseln. Komplimente von Niculoso machten sie nur nervös. „Hattest du nicht Kunst studiert? Aber dein Vater hatte mit Finanzen zu tun, oder?“ Und Niculoso sollte in die Fußstapfen seines Vaters treten und dazu die elegante Sophia heiraten.

„Mit beidem hast du recht. Mit der Zustimmung meines Vaters haben wir unser Wirkungsfeld erweitert. Die Entwicklung von Bebauungsplänen habe ich als eines meiner persönlichen Projekte übernommen.“

Sie glaubte ihm sogar, sah die Begeisterung in seinem Blick, hörte die Leidenschaft in seiner Stimme.

„Hier auf Lanzarote ist es eine echte Herausforderung, etwas Ansprechendes zu bauen, ohne dass es der faszinierenden Landschaft Abbruch tut“, fuhr er fort. „Versteh mich nicht falsch, ich bin durchaus keiner von diesen Ökofreaks, die in Pullovern aus selbst geschorener Wolle herumlaufen. Da kann ich meine Zeit besser nutzen.“

Liza bezweifelte das keine Sekunde. Sie betrachtete sein auf raue Art schönes Gesicht, seine sinnlichen Lippen, die glühenden Augen …

„Auf der Insel darf kein Gebäude mehr als vier Stockwerke haben“, ließ er sie wissen. „Das geht noch auf César Manrique zurück, den berühmten Bildhauer, der auf der Insel lebte. Wahrscheinlich hast du schon einige Werke von ihm gesehen.“

„Ich habe nur darüber gelesen. Schließlich bin ich erst gestern angekommen, ich hatte noch keine Zeit, auf Besichtigungstour zu gehen.“

„In diesem Falle wäre es mir ein Vergnügen, dich herumzuführen“, erbot sich Nick und schenkte ihr erneut ein strahlendes Lächeln. „Das heißt, wenn du allein bist“, fügte er hinzu.

Seine tiefe Stimme strich ihr warm und weich wie Samt über den Rücken und brachte ihre Nervenenden zum Vibrieren. „Ja … ja, ich bin allein“, stammelte sie.

Er war wirklich ein verboten gut aussehender Mann. Mit den Jahren war er noch attraktiver geworden, die Zeit hatte dem Gesicht mit den faszinierenden Zügen – den hohen Wangenknochen, den sinnlichen Lippen – mehr Charakter gegeben. Die dunkelbraunen Augen mit den langen Wimpern waren die Art Augen, bei denen jede Frau dahinschmolz, und das seidige schwarze Haar lockte jede Frau, die Finger darin zu vergraben. Liza bildete da keine Ausnahme. Ihr war nicht einmal bewusst, dass sie Nick anstarrte, und so sah sie auch nicht das triumphierende Aufflackern in seinem Blick.

„Ich bin erstaunt“, sagte er jetzt, „dass ein so hübsches Mädchen wie du allein hier ist. Aber auch dankbar. Wie wäre es also, wenn du mich begleitest? Ich muss nur etwas auf der Baustelle überprüfen, aber danach stehe ich zu deiner vollen Verfügung.“

Ach, würde er das doch nur! Das Bild eines unbekleideten Nick, der jeden ihrer Wünsche erfüllte, blitzte vor Liza auf. Und weil sie sich dieser erotischen Gedanken schämte, antwortete sie hastig: „Ich wollte eigentlich ins Hotel zurückkehren und den Nachmittag am Pool verbringen.“

Dieser neue, äußerst charmante Nick machte sie argwöhnisch. Jahre hatte sie daran gearbeitet, jeden Gedanken an diesen Mann zu verbannen. Dass er ihre Schutzmauern mit einem simplen Lächeln einreißen konnte, behagte ihr ganz und gar nicht.

Vor Jahren hatte er nichts als Verachtung für sie übrig gehabt, wieso also jetzt diese Kehrtwende? Nick war ein dynamischer Mann mit enormem Einfluss. Addierte man Aussehen und Vermögen hinzu, war es kein Wunder, dass er vor Selbstsicherheit nur so strotzte. Aber inzwischen musste er verheiratet sein, war bestimmt schon Vater? „Deine Frau Sophia würde sich sicher freuen, wenn du deine freie Zeit mit ihr verbringst.“ Dumme Gans, warum musstest du das anbringen, schalt Liza sich still, kaum dass sie die Worte ausgesprochen hatte.

Mit abschätzend zusammengekniffenen Augen betrachtete Nick sie. Er hatte ausreichend Erfahrung mit Frauen, um zu wissen, dass diese Bemerkung Zeichen weiblichen Interesses war und nur dazu diente, Klarheit über seinen Familienstand zu erlangen. „Sophia und ich haben uns vor Jahren getrennt. Ich bin nicht verheiratet, auch mit keiner Frau zusammen. Ich bin also völlig ungebunden, und genau so gefällt es mir.“ Er stand auf und streckte ihr seine Hand hin. „Und jetzt komm. Ich merke doch, du hast Lust dazu.“ Begleitet wurde diese Äußerung männlicher Arroganz von einem schalkhaften Grinsen. „Mir wird allgemein nachgesagt, ich sei ein amüsanter Gesellschafter. Außerdem würde mein zerbrechliches Ego einen Korb nicht aushalten.“

Liza erwiderte das Lächeln, sie konnte einfach nicht anders. „Das mit dem Ego nehme ich dir nicht ab. Aber ein Mann in deiner Position hat bestimmt Besseres zu tun, als den Fremdenführer zu spielen.“ Und auch noch ausgerechnet für mich, hätte sie fast hinzugesetzt. In der Vergangenheit hatte er deutlich gemacht, wie wenig er von ihr hielt.

„Bist du etwa noch immer verärgert über mich?“ Nick ahnte den Grund für ihre Ablehnung. „Weil ich dir als Kind eine Strafpredigt gehalten habe?“

Strafpredigt?! So nannte er es also, dass er ihre Verliebtheit und aufblühende Sexualität mit Beschimpfungen und einem brutalen Kuss erstickt hatte? Allerdings war Liza auch älter geworden, und inzwischen fragte sie sich tatsächlich, ob sie der unschönen Episode nicht einfach zu viel Wichtigkeit beimaß. „Nein, natürlich nicht.“ Wenn er so locker darüber hinweggehen konnte, konnte sie es auch. Sie legte ihre Hand in seine und ließ sich von ihm auf die Füße ziehen. „Wieso sollte ich?“

„Eben.“ Er zog ihre Hand an seine Brust. „Was für ein sechzehnjähriges Mädchen unangebracht sein mag, gilt nicht mehr für eine erwachsene Schönheit“, sagte er rau.

Sein Blick schien sich in ihre Augen zu bohren, und unwillkürlich versteifte Liza sich. An seiner Arroganz hatte sich nichts geändert. Niemals würde er sich an einen Teenager heranmachen, doch eine erwachsene Frau war da eine ganz andere Sache. In gewisser Hinsicht hatte Nick durchaus moralische Prinzipien.

Schon zog er sie zu seinem Wagen. „Hast du noch etwas zu erledigen? Einkäufe vielleicht oder noch einen Auftrag für deinen Boss?“

„Nein, nein.“ Sie hätte nicht einmal sagen können, was sie da so eifrig abstritt. Galt das Nein seiner Frage oder ihrer Hilflosigkeit ihm gegenüber? „Meine Arbeit ist beendet, seit ich heute Morgen für meinen Chef ein Päckchen bei Daidolas abgegeben habe.“

„Daidolas, der Optiker?“, hakte Nick sofort nach.

„Ja. Wahrscheinlich war es eine Brille“, plapperte sie weiter, um ihre Nervosität zu überspielen. Sie war sich seiner Nähe viel zu bewusst. „Jetzt kann ich mit meiner Zeit anfangen, was ich möchte. Also danke für die Einladung, Niculoso.“ Selbst in ihren Ohren klang das steif und förmlich, dabei war es nur der klägliche Versuch, ihre chaotischen Gefühle zu kontrollieren.

Dann plötzlich schnappte sie leise nach Luft, als sie zwei Hände an ihrer Taille spürte, gleich darauf strichen warme Lippen über ihren Mund, und schon saß sie in dem Jeep.

„So überaus höflich“, spöttelte Nick. „Meine Freunde nennen mich Nick, und wir sind doch alte Freunde, nicht wahr? Schnall dich an“, sagte er noch, bevor er um die Kühlerhaube herum auf die Fahrerseite kam.

„Meine Freunde nennen mich Liza“, murmelte sie stockend. Dieser hauchzarte Kuss hatte sie völlig verwirrt.

Mit einem breiten Grinsen wandte er ihr das Gesicht zu. „Das weiß ich, Liza.“ So, wie sie auf ihn reagierte, würde es ihn kaum Mühe kosten, die nötigen Informationen aus ihr herauszubekommen. „Ich muss noch einen Anruf machen.“ Er hielt sein Handy hoch. „Beim Fahren kann ich das nicht.“ Damit wandte er sich ab und ging ein paar Meter hinunter an den Strand.

Er würde kein Risiko eingehen und Liza sein Gespräch mit Carl mithören lassen. Ein Päckchen mit einer Brille abgeben, ha! Also entweder war sie wirklich unschuldig, oder sie war eine brillante Schauspielerin.

Es beunruhigte ihn leicht, wie erpicht er darauf war, an ihre Unschuld zu glauben.

2. KAPITEL

„Das Feuergebirge.“ Mit großen Augen sah Liza sich um. „Ich kann verstehen, warum es so heißt.“

Nach einem kurzen Aufenthalt auf der Baustelle war Nick mit Liza zum Nationalpark weitergefahren. Sie waren an Kamelen vorbeigekommen, die träge wiederkäuend auf die nächste Touristengruppe warteten. Nick war mit dem Jeep weiter über den ansteigenden Bergpfad gefahren, und so standen sie nun inmitten einer unwirklichen Mondlandschaft.

Nick hatte Liza aus dem Wagen geholfen, jetzt hielt er noch immer einen Arm um ihre Hüfte geschlungen. Liza konnte nicht sagen, was sie mehr bewegte – der Mann oder die Berge. Weder hatte sie so etwas je gesehen, noch hatte sie sich je so gefühlt. Unzählige Krater, violetter und roter Stein, sogar ein Schimmer von Grün, aber nicht einmal ein Grashalm wuchs hier, und die Stille war geradezu Ehrfurcht gebietend.

„Beeindruckend, was?“, fragte Nick neben ihr. „Der Legende nach waren es die Götter, die zu laut lachten, als die Eruptionen 1730 begannen. Zweiunddreißig Vulkane entstanden neu, die fünf dort hinten …“, seine Finger lagen warm und fest auf Lizas bloßer Haut, die das sommerliche T-Shirt an ihrer Hüfte freiließ. Er drehte sie in die Richtung, in die er mit dem Kopf zeigte, „… spuckten einer nach dem anderen Lava aus, wie ein chinesisches Feuerwerk. Es war der größte Ausbruch aller Zeiten. Die letzte Eruption in den 1820er Jahren zerstörte die Vegetation komplett.“

Liza hatte das Gefühl, gleich selbst zu explodieren. In ihrem ganzen Leben war sie sich noch keines Mannes so bewusst gewesen. Natürlich hatte sie Freunde gehabt. Einen Mann hatte sie sogar zu lieben geglaubt. Doch das „erste Mal“ war eine Katastrophe gewesen – zumindest für Liza –, und die Beziehung war in die Brüche gegangen. Und kein anderer hatte je eine solche Wirkung auf sie gehabt wie Nick. Die harmloseste Berührung von ihm, und sie musste mit aller Kraft das Verlangen niederdrücken, das sie dann erfasste.

Sie wandte ihm das Gesicht zu. „Es ist faszinierend.“

Mit halb gesenkten Lidern schaute er auf ihr Gesicht herunter. „Genau wie du.“

Seine Worte ließen die Luft plötzlich drückend erscheinen. Liza spürte, wie sein Griff an ihrer Taille fester wurde, und war sicher, dass er sie jetzt küssen würde. Doch da ließ er die Hand sinken und trat von ihr zurück.

„Dabei hast du nicht einmal ein Viertel gesehen“, sagte er nur. Zum Teufel! Fast hätte er sie geküsst! Wie konnte er überhaupt daran denken, sich mit Liza Summers einzulassen, bevor er nicht genau wusste, welche Rolle sie spielte? Das unangenehme Ziehen in seinen Lenden allerdings war Erklärung genug. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und drehte sich zum Jeep um. „Komm, lass uns weiterfahren.“

Liza wusste nicht, ob sie enttäuscht oder erleichtert sein sollte. Auf jeden Fall war die Atmosphäre zwischen ihnen von diesem Moment an entspannt und locker wie früher. Nick war ein exzellenter Führer und fuhr mit Liza zu einigen anderen Ausflugszielen weiter. Auf einer Anhöhe hob er ein paar Kiesel auf und legte sie Liza auf die Handfläche, und mit einem erschreckten Aufschrei zog sie die Hand zurück, weil die Steine so überraschend heiß waren. Sie sahen über den Rand eines drei Meter tiefen Loches, in das ein Touristenführer einen Zweig warf, der sofort in Flammen aufging. Schließlich wanderten sie zu dem Restaurant, dem einzigen Gebäude im ganzen Umkreis.

„Ich glaub’s einfach nicht.“ Liza lachte auf, ihre blauen Augen strahlten Nick an, als sie an einer Öffnung im Boden des Hauses standen, über der Hähnchenteile auf einem Rost wie auf einem offenen Grillfeuer geröstet wurden.

„Glaub es ruhig.“ Nick nahm ihren Arm und führte sie in den Speisesaal weiter. „Du kannst nicht auf Lanzarote gewesen sein und kein vulkangegrilltes Hühnchen gegessen haben.“

Er hatte recht. Gemeinsam genossen sie das Essen, und Liza war erstaunt, wie zwanglos Nick sich unter die Touristen mischte. Ansonsten sah man ihn wohl eher in der Gesellschaft des Jetsets, wenn man der Regenbogenpresse Glauben schenken wollte.

Schließlich besuchten sie noch die „Jameos del Agua“, eine unterirdische Lagune, in der kleine weiße Krebse lebten, die sonst nur tief unten am Meeresboden vorkamen.

Wieder im Jeep zurück, wandte Liza sich mit leuchtenden Augen an Nick. „Jetzt verstehe ich, wieso du eine Villa hier besitzt. Diesen Ort muss man einfach lieben.“ Die Stunden mit ihm waren wie im Flug vergangen, der Abend brach herein, und die Sonne ging unter.

„Ja, ich komme oft her. Die Seismologie ist übrigens eines meiner Hobbys“, ließ Nick sie wissen. Wenn er mehr von sich preisgab, würde sie ihm eher vertrauen. Dann würde sie vielleicht auch die eine oder andere Andeutung über ihre Beteiligung an den Diebstählen fallen lassen. Falls es die überhaupt gab. Je mehr Zeit er mit ihr verbrachte, desto unwahrscheinlicher schien es ihm, sie könnte in kriminelle Machenschaften verwickelt sein. Viel eher glaubte er, dass sie von ihrem aalglatten Boss ohne ihr Wissen als Botin benutzt worden war.

„Das bietet sich hier wohl an.“ Liza grinste ihn an. Diese zufällige Begegnung hat durchaus auch etwas von einer seismologischen Aktivität an sich, dachte sie bei sich. Und vielleicht hatte Nick ja das Auskundschaften von Extremsportarten gegen das Erforschen von extremen Naturereignissen eingetauscht. Immerhin war er inzwischen fünfunddreißig. „Aber an einem Tag hat man doch sicherlich nicht alle Sehenswürdigkeiten auf der Insel besucht, oder?“ Es war der sprichwörtliche Wink mit dem Zaunpfahl. Hoffentlich würde Nick verstehen und sie wieder einladen.

Nick betrachtete ihr Gesicht, sah ihr Lächeln und dachte bei sich, dass ihre Lippen gerade darum flehten, geküsst zu werden. Er musste sich wirklich zusammenreißen, um der Versuchung nicht zu erliegen. Es war zu früh. Erst musste er herausfinden, ob ihre Information über diesen Optiker korrekt war. Dennoch … bis dahin würde er sie erst einmal als unschuldig erachten. Wahrscheinlich ahnte sie es nicht einmal, aber mit ihrer Ankunft auf Lanzarote war sie mitten in eine Bande von skrupellosen Verbrechern hineingeraten. Er würde alles in seiner Macht Stehende tun, um sie zu schützen. Das schuldete er ihrer früheren Freundschaft und ihren Müttern.

„Nein, natürlich nicht“, antwortete er. „Ich fahre dich jetzt in dein Hotel zurück, ich muss noch eine Sache erledigen.“ Er sah die Enttäuschung in ihren blauen Augen und hätte fast nachgegeben. Dios! Er musste sich wirklich zusammennehmen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!

Bisher lief alles nach Plan. Er hatte Carl die Informationen über den Optiker weitergegeben und Liza den ganzen Tag aus der Schusslinie gehalten. Jetzt musste er Carl noch einmal anrufen und herausfinden, wie die Dinge gelaufen waren.

„Um acht hole ich dich ab, dann gehen wir zusammen zum Dinner, was meinst du dazu?“, schlug er vor und musste grinsen, als er ihr zufriedenes Lächeln sah.

„Hallo, Nick.“

Nick lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück, als er Carls Stimme am anderen Ende der Telefonleitung hörte.

„Deine Information war korrekt. Wir haben dem Optiker einen Besuch abgestattet, bei sich zu Hause, nachdem eine Verkäuferin im Laden uns gesagt hatte, wo wir ihn finden können. Er hat gesungen wie ein Vögelchen. Er war Juwelier, bevor er auf Optiker umgesattelt hat. Er ist derjenige, der die Steine schätzt und die Information an einen Mittelsmann in Marokko weitergibt, der dann wiederum den Deal mit der Versicherung abwickelt.“

„Also haben wir sie“, schlussfolgerte Nick.

„Noch nicht ganz. Dieser Henry Brown ist der Kopf der Bande. Im Namen seiner Firma chartert er die Jacht, mit der die Steine in verschiedenen Häfen an der afrikanischen Küste abgeholt, nach Lanzarote gebracht und dort in Empfang genommen werden.“

Nick verzog das Gesicht. Das sah nicht gut für Liza aus. Wissentlich oder nicht, sie hatte den Kurier für die Steine gespielt. „Also schnappen wir uns Henry Brown“, sagte er jedoch nur.

„Dieser Brown hat eine Schwäche – er muss die Steine noch einmal selbst überprüfen, bevor sie an den Optiker weitergereicht werden. Außerdem scheint er dem Geldboten nicht über den Weg zu trauen. Er ist immer in der Nähe, wenn die Übergabe stattfindet.“

„Dann nehmt ihn hoch. Ihr beobachtet ihn doch. Ihr müsst nur den richtigen Moment abwarten.“

„Ganz so einfach ist das leider nicht“, erwiderte Carl trocken. „Er hat uns abgehängt.“

„Was?!“ Abrupt richtete Nick sich auf. „Wie zum Teufel konnte das passieren? Die Polizei hat ihn doch verfolgt.“

„Mir brauchst du das nicht zu sagen, Partner. Die Polizei war da, als er das Päckchen von der Jacht im Hafen von Teguise holte. Sie wissen auch, dass er es dieser Frau heute Morgen übergeben hat.“ Während Carl sprach, erschien eine tiefe Falte auf Nicks Stirn. Es gefiel ihm nicht, dass man Liza als „diese Frau“ bezeichnete, dennoch hörte er Carl weiter kommentarlos zu. „Heute Morgen ist Brown mit der Jacht in See gestochen, doch irgendwie ist er entwischt. Er verschwand einfach vom Radar. Und gesunken ist er bestimmt nicht. Aber mach dir jetzt keine Gedanken, wir haben schon einen Plan ausgearbeitet. Daidolas hat uns verraten, dass die Übergabe dieses Mal auf Lanzarote stattfindet, nicht in Marokko oder auf See, wie die letzten beiden Male. Er hat uns auch die Namen von zwei Matrosen genannt, die zu Browns Crew gehörten. Die Polizei fahndet bereits nach ihnen. Wir haben ihnen eine Falle gestellt, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie hineintappen. Daidolas will seinen Hals retten und stellt sich als Lockvogel zur Verfügung. Wenn Brown zurückkommt, um das Geld zu holen, schnappt die Falle zu.“

„Dass ihr ihn verloren habt …“ Nick stöhnte auf.

„Du hast ja noch das Mädchen. Die Polizei wird sie verhören. Sie muss etwas wissen.“

Jeder Muskel in Nick spannte sich an. Spontan reagierte er mit Empörung, weil er sich Liza in Handschellen auf dem Polizeirevier vorstellte, dann kam ein Gefühl, das ihm völlig fremd war – Angst –, und schließlich eiskalte Wut. Das würde nie passieren, nicht, wenn er es verhindern konnte!

Er schloss die Augen und holte Luft. „Das Mädchen überlass ruhig mir, Carl. Wenn sie etwas weiß, werde ich es herausfinden. Ich gehe gleich mit ihr essen.“

„Bist du verrückt geworden?“ Carls Stimme wurde hektisch. „Du hast sie allein gelassen? Sie könnte schon verschwunden sein. Um Brown zu warnen. Dann ist der ganze Plan hinfällig!“

„Reg dich nicht auf, Carl. Ich bin sicher, Liza wird brav darauf warten, dass ich sie zum Essen abhole. Hast du je gehört, dass der Menendez-Charme versagt hätte?“, meinte Nick lässig. „Bisher ist noch keine Frau vor mir davongerannt, und Liza bildet da keine Ausnahme, glaub mir.“ Sie sollte nicht in die Hände der Polizei fallen, auch nicht in Carls, ob nun Freund oder nicht.

Ein trockenes Lachen erklang am anderen Ende. „Du hast recht. Dennoch … das hier ist verdammt wichtig. Lass dir diese Frau nicht durch die Finger schlüpfen. Wir müssen herausfinden, wo Brown ist und wann er zurückkommt.“

„Nur keine Sorge.“ Nick fuhr sich nervös durchs Haar und dankte dem Schicksal, dass niemand ihn sehen konnte. „Ich tue alles mir Mögliche, um an die Informationen zu kommen. Sobald ich etwas Neues weiß, melde ich mich sofort.“

„So aufopferungsbereit“, frotzelte Carl. „Sie sieht wohl recht gut aus, was?“

„Nun, große Überwindung wird es mich nicht kosten“, fiel Nick in den scherzhaften Ton mit ein. „Du hörst von mir“, verabschiedete er sich und legte auf.

Mit grimmiger Miene ging Nick zum Barschrank und schenkte sich einen großzügigen Whisky ein. Die goldene Flüssigkeit brannte in seiner Kehle, doch den Knoten in seinem Magen löste sie nicht. Er war noch immer nicht sicher, ob Liza unschuldig war oder nicht. Früher war sie geradezu brutal ehrlich gewesen, doch inzwischen war sie erwachsen geworden. Vielleicht setzte sie ihr Aussehen und ihre Intelligenz für Dinge ein, die sich nicht mehr im Rahmen des Legalen bewegten. Vielleicht nutzte sie ihren Job nur als Tarnung. Andererseits … sie konnte genauso gut völlig ahnungslos sein und nur die Anweisungen ihres Chefs befolgen.

Ihm war klar, dass er sie heute Abend nach Henry Brown fragen musste. Und er würde seine Leute instruieren müssen, Lizas Finanzen zu überprüfen. Doch das brachte er nicht über sich. Wahrscheinlich wegen der Erinnerung an das Kind, das Liza einst gewesen war.

Nick schnaubte angewidert. Wem wollte er hier etwas vormachen? Ein Blick auf Liza, und sein Körper hatte reagiert wie der eines hormongeplagten Teenagers. Er hatte sie heute den ganzen Tag aus der Schusslinie gehalten. Carl hätte sie bestimmt liebend gern schon heute Morgen festgenommen gesehen. Zugegeben, Liza war schön, doch das waren eigentlich alle Frauen, mit denen Nick zu tun hatte. Aber bei keiner von denen verspürte er diesen Beschützerinstinkt. Warum also bei Liza Summers?

Er könnte natürlich argumentieren, dass es ihm hauptsächlich um seine Mutter ging. Weil er ihr die Peinlichkeit einer Gerichtsverhandlung ersparen wollte. Doch sich so etwas einzureden wäre unsinnig. Er wollte Liza, wie wahrscheinlich jeder Mann auf diesem Erdball. Den ganzen Tag war er in einem Zustand latenter Erregung herumgelaufen, und im Moment kümmerte es ihn keinen Deut, ob sie die berüchtigtste Diebin der Welt war oder nicht, solange er sie nur in sein Bett bekam.

Da. Er hatte es sich endlich eingestanden. Nick kippte seinen Whisky hinunter und setzte das Glas hart ab. Einsicht half immer. Jetzt konnte er den Gedanken also getrost beiseiteschieben.

Mit regloser Miene verließ er das Haus und stieg in den vor der Tür parkenden Wagen.

Frisch geduscht kam Liza vom Bad zurück ins Schlafzimmer und sah die Garderobe durch, die sie mitgebracht hatte. Vorfreude prickelte in ihren Adern wie feinster Champagner. Es fiel ihr schwer, sich zusammenzunehmen, denn zum ersten Mal seit Jahren freute sie sich darauf, mit einem Mann auszugehen. In Gedanken malte sie sich aus, wie der Abend wohl verlaufen würde: ein romantisches Dinner bei Kerzenlicht mit amüsanter Konversation, ein wenig Flirten, ein paar vertrauliche Berührungen, vielleicht ein Kuss. Oder sogar mehr …

Ein angenehmer Schauer lief Liza über den Rücken, während sie ein Kleid aus dem Schrank nahm und es kritisch begutachtete. Nick hatte ihr erklärt, warum er damals so unwirsch reagiert hatte – wegen ihres Alters, weil sie erst sechzehn gewesen war. Das konnte sie sogar verstehen, auch wenn sie seine chauvinistische Einstellung nicht teilte. Und mittlerweile war sie eine erwachsene Frau, Alter stellte also kein Hindernis mehr dar. Nick war an ihr interessiert, eindeutig. Sie hatte es in seinem Blick gesehen, und dieses Mal würde sie die Chance beim Schopf packen und auf mögliche Konsequenzen pfeifen. Wer konnte schon sagen, ob es nicht vielleicht der Beginn von etwas ganz Großem war?

Sie entschied sich schließlich für ein eng anliegendes schwarzes Seidenjerseykleid, das sich um ihre Figur schmiegte und knapp über dem Knie endete. Da die Nächte kühl sein konnten, legte sie sich einen silbergrauen Paschminaschal um die Schultern.

Nicht schlecht, gestand sie ihrem Spiegelbild zu, als sie sich in den hochhackigen Pumps einmal um die eigene Achse drehte. Dann nahm sie noch ihre Handtasche, verließ das Zimmer und stieg in den Lift.

Kaum dass die Türen in der Hotellobby aufglitten, sah sie ihn. Nick stützte sich an der Rezeption ab und lachte charmant über etwas, das die hübsche Empfangsdame gesagt haben musste. Liza verspürte einen Stich, der sie gefährlich an Eifersucht erinnerte, dann begann es in ihrem Magen zu flattern, als er sich zu ihr umdrehte und sie anlächelte.

Hatte sie ihn in Jeans schon für ausnehmend attraktiv gehalten, so sah er im dunklen Anzug mit Hemd einfach umwerfend aus. Sie konnte nichts dagegen tun, ihr Puls begann zu rasen, als er mit geschmeidigen Bewegungen auf sie zukam. Auf Armeslänge blieb er vor ihr stehen, und unwillkürlich schluckte Liza. Dieser Mann war so attraktiv und strahlte eine solch männliche Sinnlichkeit aus, dass ihr die Knie weich zu werden drohten. Reine Chemie, ermahnte sie sich streng. Und schließlich war sie kein Kind mehr, das anbetungsvoll jedem Wort lauschte, das ihm über die Lippen kam, sondern eine erfolgreiche Karrierefrau. Liza straffte die Schultern. Ein Date mit Nick würde sie sicher durchstehen, ohne vor Entzücken in Ohnmacht zu fallen!

Entschlossen hob sie leicht das Kinn. „Nick. Entschuldige, dass du warten musstest.“

„Auf dich würde ich jederzeit warten“, erwiderte er mit samtener Stimme. Sein Blick glitt bewundernd über ihre Erscheinung. „Du siehst bezaubernd aus“, meinte er schließlich, als er ihr wieder tief in die Augen schaute.

„Danke.“ Der Atem stockte ihr, und nur mit Mühe riss sie sich von den hypnotischen dunklen Augen los. Es wurde Zeit, dass sie wieder die selbstbewusste junge Frau wurde, die sie eigentlich war. „Da du mich heute herumgeführt hast, dachte ich mir, ich könnte mich bei dir bedanken, indem ich dich zum Essen im Hotelrestaurant einlade.“

Ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen. „Vielleicht ist es altmodisch, aber wenn ich einer Dame vorschlage, gemeinsam essen zu gehen, dann übernehme ich die Reservierung. Lass dich überraschen, ich bin sicher, du wirst nicht enttäuscht sein.“ Er klang leicht amüsiert, und seine Hand, die ihren Ellbogen gehalten hatte, rutschte zu ihrer Hüfte hinunter. Den Arm um ihre Taille geschlungen, geleitete er sie zum Ausgang. Nick Menendez hatte soeben die Kontrolle übernommen.

Er spürte ihr leichtes Zittern, und mit einem wissenden Blick sah er auf sie herunter. „Ich würde dich gern in meine Villa einladen, wenn du nichts dagegen hast. Du würdest mir zudem damit einen Gefallen tun. Meine Haushälterin liebt es, für Gäste zu kochen, aber da ich leider so selten Gäste habe, wenn ich hier bin, wird sie sich sehr freuen, endlich ihr Können zu zeigen.“

Liza schenkte ihm ein strahlendes, wenn auch leicht gezwungenes Lächeln. So fest an seine Seite gedrückt zu werden, stellte unmögliche Dinge mit ihr an, dabei wollte sie sich doch gewandt und gelassen geben. „Gern, ich habe keine Einwände. Solange das Essen nicht über einem Erdloch zubereitet wird wie der Lunch“, versuchte sie zu scherzen. „Das könnte gefährlich werden.“

„Keine Sorge.“ Mit einer angedeuteten Verbeugung hielt Nick die Tür für sie auf. Bestimmt nicht so gefährlich wie die Suite mit deinem Boss zu teilen, dachte er bei sich, als er ihr nach draußen folgte. Die diensteifrige Empfangsdame war nur zu bereit gewesen, diese Information mit ihm zu teilen. Den Arm um Lizas Schulter gelegt, führte er sie zu der wartenden Limousine. Und sollte sein Griff etwas fester ausfallen als normal, dann gab es dafür einen guten Grund.

Liza spürte seine Finger auf ihrer Haut und unterdrückte einen Schauer. Nick war nun mal ein höchst energiegeladener Mann. Und wenn ihre Hormone verrücktspielten, dann nur wegen der körperlichen Anziehungskraft. Denn mehr war es nicht, konnte es nicht sein. Eine typisch weibliche Reaktion auf seine ursprüngliche Männlichkeit.

„Heute Abend nicht mit dem Jeep?“, fragte sie, um Unbeschwertheit bemüht.

„Nein“, antwortete er knapp.

Und dann sah Liza den Fahrer aus dem Wagen steigen und die hinteren Türen für sie beide öffnen. „Ein Chauffeur“, entschlüpfte es ihr erstaunt.

„Richtig. Heute Abend will ich nur entspannt die Gesellschaft einer schönen Frau genießen und zum Essen Champagner trinken.“ Er lächelte. „Das Essen wird dir munden. Greta ist die beste Köchin auf der Insel.“ Damit nahm er eine Strähne ihres langen Haars und legte sie ihr hinter die Schulter zurück.

Was Liza echte Probleme beim Sprechen bescherte. „Das glaube ich dir unbesehen“, brachte sie hervor und beeilte sich, in den Wagen einzusteigen. Elegant sah das sicherlich nicht aus, aber die Nervosität machte ihr alles andere unmöglich.

Nicks Villa strahlte Reichtum und Eleganz aus. Ein älteres Paar wartete an der Haustür und wurde Liza von Nick als Greta und Paul vorgestellt. Dann führte er sie am Arm in einen enormen Raum.

„Das ist der Wohnbereich, aber das Esszimmer ist gemütlicher“, meinte er lächelnd.

Liza schaute sich geschwind um, während Nick sie weiterführte. Breite tiefe Sofas, antikes Mobiliar, Alte Meister an den Wänden, üppige Sträuße in exquisiten Vasen und große Pflanzen in Kübeln – die ganze Einrichtung schrie regelrecht: „Reichtum!“ Lizas Selbstsicherheit schwand rapide. Sie fühlte sich völlig fehl am Platz.

Nick schob eine Tür auf, und Liza blieb wie angewurzelt stehen. Das Zimmer wurde von einem Tisch beherrscht, an dem gut zwanzig Personen Platz fanden. Und Greta und Paul standen lächelnd daneben.

„Das nennst du gemütlich?“, fragte sie überwältigt.

Er lachte leise über ihr fassungsloses Gesicht. „Zugegeben, es ist ziemlich einschüchternd. Fiel mir bisher noch nie auf, weil ich immer in der Küche esse.“ Er drückte leicht ihre Seite. „Aber Greta wollte es ausnutzen, wenn schon einmal Gäste kommen.“ Er sagte etwas in Spanisch zu dem Hausverwalterpaar, woraufhin die beiden sich zurückzogen. Dann zog er einen Stuhl hervor und sah zu Liza. „Bitte, nimm Platz.“

„Danke.“

Nein, sie fürchtete sich nicht davor, mit Nick allein zu sein. Ehrlich gesagt, die Idee gefiel ihr ausnehmend gut. Den heutigen Tag mit ihm hatte sie genossen, und sie fühlte sich geschmeichelt, dass er sie zu sich nach Hause eingeladen hatte.

„Ist das nicht angenehmer als ein volles Restaurant?“, fragte er, als er sich über Eck mit ihr auf den Stuhl setzte. Mit einem charmanten Lächeln nahm er ihre Serviette, schlug sie auf und machte Anstalten, sie auf Lizas Schoß auszubreiten.

„Das kann ich allein.“ Sie fasste nach dem Leinen.

„Aber ich möchte das tun.“ Mit seinem Blick hielt er sie gefangen, während er ihr die Serviette auf die Schenkel legte und glatt strich. „Greta wird gleich auftragen.“ Lizas Nervenenden begannen zu vibrieren, während sie in seine Augen schaute und seine Hände an ihren Schenkeln spürte.

„Ich habe Hunger“, murmelte er. „Du auch?“

Sie fragte sich, welche Art Hunger er meinte. Himmel, bei den erotischen Gedanken, die Nick in ihr auslöste, schwand ihr Appetit mehr und mehr. Tausende von Schmetterlingen flatterten in ihrem Magen, und leicht gehetzt schaute sie sich um.

Welche Möglichkeiten hatte sie? Aufstehen und gehen? Aber das wäre kindisch. Bleiben und zivilisiert essen? Ob sie das durchhalten würde?

In diesem Augenblick betrat Greta mit einer großen silbernen Schüssel den Raum und enthob Liza einer Entscheidung.

3. KAPITEL

Der Champagnerkorken knallte. Liza zuckte zusammen und lächelte gleich darauf in sich hinein. Sie war viel zu angespannt. Dabei war doch alles perfekt. Paul goss Champagner in edle Kristallflöten, und Greta schöpfte hausgemachte Fischsuppe auf die Teller.

Sobald die beiden gegangen waren, nahm Nick sein Glas. „Auf dich“, prostete er Liza zu. „Und auf einen angenehmen Abend.“

Sie war unendlich stolz auf sich, dass ihre Hand nicht zitterte, als sie mit ihm anstieß, doch als er das Glas an die Lippen hob, konnte sie den Blick nicht von seinem Mund wenden. Erst als er es abstellte, wurde ihr bewusst, dass sie ihn anstarrte. Hastig nippte sie an ihrer Flöte. „Wunderbarer Champagner“, murmelte sie.

„Wunderbare Gesellschaft“, parierte Nick. „Ich bin froh, dass du hergekommen bist. Ein Restaurant kann so unpersönlich sein. Hier dagegen sind wir ungestört, können in Erinnerungen schwelgen, und du kannst mir erzählen, wie du zu einer so reizenden Frau geworden bist.“ Sein Blick kam auf ihren festen Rundungen zu liegen, und entsetzt bemerkte Liza, wie die zarten Knospen sich unter dem Stoff aufrichteten. „Ich möchte die Bekanntschaft mit der Liza von heute auffrischen.“

„Vielleicht gefällt dir die heutige Liza ja gar nicht.“ Sie konnte nur hoffen, dass ihm die prompte Reaktion ihres Körpers nicht aufgefallen war. Mit vor Verlegenheit gesenktem Kopf widmete sie sich hastig der Suppe.

„Undenkbar. Ich bete dich an, das weißt du. Schon seit deiner Kindheit“, meinte er charmant. „Also erzähle mir von dir, ich möchte alles wissen.“ Sein Lächeln war einfach unwiderstehlich.

„Da gibt es nicht viel zu erzählen.“ Dennoch erwiderte sie sein Lächeln geschmeichelt. „Erst das Studium, dann der Job, der mir übrigens wirklich Spaß macht. Ich habe ein kleines Apartment in London und besuche meine Mutter regelmäßig in Brighton. Sie hat wieder geheiratet und leitet mit Jeff, ihrem Mann, einen Antiquitätenladen. Also nichts Besonderes.“

„Oh, ich weiß nicht.“ Ein Funkeln trat in Nicks Augen. „Vielleicht führst du ja ein Doppelleben und arbeitest nachts als Stripteasetänzerin. Die Figur dazu hättest du jedenfalls. Außerdem arbeitest du in der Chefetage, da hast du vielleicht auch den einen oder anderen hochgestellten Verehrer.“

Ihre Wangen röteten sich. Wollte er wie damals andeuten, dass das alles war, wozu sie gut war? Sie weigerte sich, nach dem Köder zu schnappen, und sah ihm direkt in die Augen. „Du weißt, als was ich arbeite, und was das andere betrifft … das geht niemanden etwas an.“

Also, entweder war sie sehr clever oder sehr naiv. Und so wie sie aussah, konnte Nick sich nicht vorstellen, dass sie naiv war. „Eine andere Antwort hatte ich auch gar nicht erwartet.“ Er hob eine Augenbraue. „Allerdings habe ich gehört, Henry Brown soll keineswegs so zurückhaltend sein, was Frauen anbelangt, obwohl er verheiratet ist.“

Eine Sekunde lang war sie verwirrt von seinem durchdringenden Blick, dann schüttelte sie die seltsame Stimmung ab. „Henry hat seine ganz eigenen Regeln“, erwiderte sie trocken. „Und obwohl ich Untreue generell nicht gutheiße, überrascht es mich nicht unbedingt – bei seiner Frau.“ Margot Brown war ein unverbesserlicher Snob. Die wenigen Male, die Henrys Frau in der Firma gewesen war, hatte sie sich nicht dazu herabgelassen, auch nur ein Wort mit den Angestellten zu wechseln.

„Muss toll sein, einen Chef zu haben, der eine Suite in einem Fünfsternehotel bucht und sich dann absetzt, um seiner Angestellten zwei Wochen bezahlten Urlaub zu gewähren. Also, ich bin nicht so großzügig zu meinen Leuten.“

Lizas Kopf ruckte hoch. Was genau meinte er damit? Na was wohl, beantwortete sie sich die Frage selbst. Er beleidigt dich mal wieder. Er hält dich immer noch für schamlos, so wie damals als Teenager. Ihre blauen Augen begannen vor Ärger zu blitzen, sie musste sich beherrschen, um nicht aufzufahren. „Es ist eine Suite mit zwei Einzelzimmern. Mein Chef wurde unerwartet abberufen. Und wer bin ich, dass ich mich darüber aufregen sollte?“, meinte sie lässig. „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.“

Dios! Anstatt sich vorzustellen, wie er an dieser vollen Unterlippe knabberte, sollte er sich lieber auf das Wesentliche konzentrieren! Noch nie hatte er Arbeit und Vergnügen miteinander vermischt! Aber bisher hatte er ja auch nicht mit einer erwachsenen Liza Summers zu tun gehabt. „Sicher, du hast recht. Aber wundert es dich nicht, dass du die Konferenz nicht besuchen sollst?“

Eine logische Frage. „Ich … ich weiß nicht“, antwortete sie ehrlich. „Ich arbeite erst seit zwei Monaten für ihn. Seine vorherige Assistentin ist Mutter geworden und hat gekündigt. Da mein Chef zur gleichen Zeit in den Ruhestand gegangen ist, hat Mr Brown mich übernommen.“ Sie wusste gar nicht, warum sie Nick das alles erklärte. „Für mich ist es die erste Geschäftsreise mit ihm. Und er kommt ja nächsten Freitag zum Galadinner wieder zurück.“

Nicks dunkle Augen blitzten auf. Er hatte die Information, die er brauchte! Brown kam zurück auf die Insel, wohl um sein Geld abzuholen. Dreizehn Tage reichten für die Verhandlungen. Der Mann saß so gut wie in der Falle. Ein Anruf bei Carl, und der Verhaftung stand nichts mehr im Wege.

„Und dann fliegen wir zusammen nach London“, fügte Liza noch hinzu.

Nicht, wenn es sich verhindern ließ, dachte Nick sofort. Liza behauptete, erst kurze Zeit für Brown zu arbeiten. Es war ein Leichtes, das nachzuprüfen. Sollte es der Wahrheit entsprechen, war es tatsächlich denkbar, dass sie nichts mit der Sache zu tun hatte. Allerdings … Er kniff abschätzend die Augen zusammen. Eine Frau konnte schön und unschuldig aussehen und trotzdem eine Kriminelle sein. Dennoch würde er darauf achten, sie aus der Schusslinie zu halten, wenn Henry Brown festgenommen wurde.

Zumindest würde man Liza vernehmen wollen, und das konnte er nicht zulassen. Seltsam, aber nachdem er sie nun wiedergetroffen hatte, war er nicht bereit, sie so schnell wieder aus den Augen zu verlieren. Als Mann, der genügend Erfahrung mit dem anderen Geschlecht hatte, wusste er dieses Gefühl zu bestimmen: Es war Lust, pure unverfälschte Lust. Schon damals war sie ihm unter die Haut gegangen und hatte dort gesessen, wie eine Art Splitter, der sich nicht entfernen ließ. Jetzt allerdings gedachte er sich an diesem wunderbaren Körper zu laben und den Splitter ein für alle Mal herauszuziehen.

„Dein Chef kann sich glücklich schätzen, dich als seine Assistentin zu haben“, sagte er mit einem sinnlichen Lächeln. Der gute Brown wusste nur noch nicht, dass seine Glückssträhne rapide ihrem Ende zueilte.

„Danke“, erwiderte Liza trocken, doch das Kompliment ließ sie erröten. Und etwas in seinem Blick ließ ihren Puls schneller gehen. Sie war dankbar, als Greta den nächsten Gang auftrug.

Nick hatte nicht übertrieben, das Essen war köstlich. Und so redeten sie während des Mahls über Gott und die Welt. Liza fand heraus, dass Nick keineswegs der „verwöhnte reiche Junge“ war, für den sie ihn gehalten hatte, sondern für seinen Erfolg hart arbeitete, und sie gewann den Eindruck, dass er mit Charme, Intelligenz und sicherem Instinkt immer als Gewinner aus einer Sache hervorging, selbst als er ihr mit trockenem Humor von einigen Fehlschlägen erzählte.

„In gewisser Hinsicht haben wir sogar etwas gemein“, sagte sie, während sie sich genießerisch den letzten Bissen des Soufflés in den Mund schob. „Du hast Kunst studiert und es nie weitergeführt, ich habe Geschichte studiert und lande doch in der Welt der Finanzen.“

„Das Studium als solches ist eine wertvolle Erfahrung“, hielt Nick dagegen. „Und doch, ich setze das Gelernte jeden Tag ein, indem ich Schönheit zu erkennen und zu schätzen weiß, sei es bei einer Frau oder in einer Landschaft. Hast du eigentlich jemals daran gedacht, etwas anderes zu machen? Du bist jung, du kannst jederzeit einen anderen Beruf wählen.“ Sollte Liza doch eine Komplizin bei dem Diamantenraub sein, so konnte sie bestimmt wieder auf den richtigen Weg geleitet werden, wenn sie sich von den Verlockungen der Finanzwelt fernhielt. „Du könntest dir etwas suchen, das du wirklich machen willst. Dafür ist es nie zu spät, Liza. Vielleicht kann ich dir sogar helfen.“

„Sicher, du könntest recht haben.“ Sie lächelte. „Aber zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Ich komme schon zurecht.“ Sie seufzte zufrieden. „Das Essen war großartig. Greta ist eine wunderbare Köchin.“

„Das Kompliment kannst du ihr gleich selbst machen.“ Warum verärgerte ihn ihre unbeeindruckte Art so sehr? Ahnte sie denn nicht, in welcher Gefahr sie schwebte? Brüsk schob er seinen Stuhl zurück und stand auf. „Greta wird uns den Kaffee im Salon servieren.“

Im Grunde ärgerte er sich über sich selbst. Sein kühler Verstand schien ihn im Stich gelassen zu haben. Die Hälfte der Familienfeier in Spanien hatte er bereits verpasst – seine Mutter würde ihm nie vergeben, wenn er nicht bald auftauchte –, und noch immer war ihm keine Lösung eingefallen, wie er Liza mit aufs Festland lotsen konnte, um sie aus der Gefahrenzone herauszuhalten. Außer natürlich, sie direkt zu fragen. Nur würde das sicherlich nicht gut ankommen, nachdem sie sich gerade erst „zufällig“ getroffen hatten.

Liza folgte Nick in den Salon, verwirrt über den plötzlichen Stimmungswechsel. Sie setzte sich auf eines der tiefen Sofas. Das Tablett mit dem Kaffee stand bereits auf dem Tisch, Greta verließ gerade das Zimmer. Lächelnd dankte Liza der älteren Frau für das wunderbare Mahl, versteifte sich aber sofort, als Nick sich neben ihr niederließ.

„Schenkst du uns ein?“, fragte Nick höflich.

Froh, etwas zu tun zu haben, weil sie sich plötzlich eingeengt fühlte, machte sie sich daran, zwei Tassen zu füllen. Eine Tasse in der Hand, drehte sie sich leicht zu Nick, gleichzeitig lehnte er sich in die Polster zurück und legte einen Arm auf die Rückenlehne. Sein Jackett stand offen, das Hemd spannte sich über der muskulösen Brust. Liza erstarrte und schluckte unwillkürlich.

Er musterte sie mit wissendem Blick. „Reichst du mir die Tasse, oder willst du sie lieber festhalten?“

Prompt wurde sie rot. Sie benahm sich ja wie der unerfahrene Teenager von früher! Viel zu hastig streckte sie den Arm in seine Richtung, die dampfende Flüssigkeit schwappte über.

„Langsam, Liza. Ich wollte den Kaffee trinken, nicht darin baden“, meinte Nick leicht spöttisch.

Ruckartig zog sie die Hand zurück, als er ihr den Kaffee endlich abgenommen hatte. Sie musste diese lächerliche Panik unbedingt in den Griff bekommen. Hatte sie sich nicht im Hotel gesagt, sie würde mit Nick Menendez fertig werden? Anstatt sich unsicher und verletzlich zu fühlen, würde sie ihren Kaffee trinken, sich gewandt für einen angenehmen Abend bedanken und ins Hotel zurückfahren.

„Nick, danke für den reizenden Abend“, setzte sie an, als Paul mit dem schnurlosen Telefon in der Hand in der Tür stand.

„Es ist Ihre Mutter“, sagte er und reichte Nick das Telefon.

Rettung in letzter Sekunde, dachte Nick, als er das Telefon annahm und mit einem breiten Grinsen die Gardinenpredigt seiner Mutter über sich ergehen ließ, weil er bisher nicht bei der Familienfeier erschienen war.

„Natürlich komme ich, versprochen. Ich fliege gleich los. Aber du wirst nie erraten, wen ich zufällig getroffen habe.“ Er sah zu Liza. „Liza Summers macht Urlaub hier auf Lanzarote, da musste ich sie doch zum Essen einladen.“

Und seine Mutter reagierte genau so, wie er gehofft hatte. „Oh, Liza habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen. Kannst du sie nicht mitbringen? Das wäre zu schön.“

„Warum fragst du sie nicht selbst, Mamma?“ Ohne auf ihr wildes Kopfschütteln zu achten, fasste er Liza leicht beim Arm. „Meine Mutter möchte mit dir reden.“

Ihr blieb nichts anderes übrig, als das Telefon anzunehmen. Anna Menendez besaß eine enorme Überzeugungskraft, das wusste Liza, und so hatte sie keine fünf Minuten später zugesagt, mit Nick auf das spanische Festland zu fliegen.

„Ich fasse es nicht!“ Aufgewühlt sprang sie auf und sah auf Nick herunter, der das Telefon ablegte. „Warum hast du deiner Mutter gesagt, dass ich hier bin?“

„Nun … weil es stimmt.“ Unbeteiligt zuckte er mit einer Schulter und grinste sie an. Er hatte allen Grund zum Grinsen, seine Mutter hatte soeben ein Riesenproblem für ihn gelöst. Schuldig oder nicht, er wollte Liza für die nächsten Tage in seiner Nähe haben.

„Du wusstest doch genau, dass sie sich verpflichtet fühlen würde, mich einzuladen.“

Er stand auf und musterte sie unter halb geschlossenen Lidern hervor. Sie schäumte geradezu vor Empörung, schließlich war sie nicht dumm, sie wusste, wenn sie manipuliert worden war. Er musste sich etwas einfallen lassen, und zwar schnell.

„Damit hatte ich nicht gerechnet“, sagte er. „Aber es ist eine gute Idee.“ Er fasste Liza sanft bei den Schultern. „Meine Mutter wird nicht jünger. In letzter Zeit hat sie sich nicht sehr wohlgefühlt.“ Das war nicht einmal eine Lüge. Aber die leichte Grippe war mit Medikamenten schnell wieder abgeklungen. „Es wird sie aufmuntern, dich zu sehen, sie hat immer große Stücke auf dich gehalten, das weißt du.“ Gefühlsmäßige Erpressung, sinnlicher Charme … er nutzte alle Mittel, die ihm zur Verfügung standen. „Und ehrlich gesagt, ich will mich nicht schon wieder von dir trennen, da wir uns doch gerade erst wiedergetroffen haben.“ Ein leichter Druck mit den Fingern, und Liza lief ein angenehmes Prickeln über den Rücken. „Ist es denn so schrecklich, ein paar Tage in Spanien zu verbringen und eine alte Frau glücklich zu machen?“

Schrecklich nicht, aber es würde Erinnerungen aufwühlen und an alte Wunden rühren. Dennoch … während sie in seine ernst dreinblickenden Augen sah, spürte sie ihren Ärger verrauchen. Er liebte seine Mutter, daran hatte sie nie gezweifelt.

„Nein, das nicht.“ Und eigentlich hatte er ja auch recht. Trotzdem ärgerte sie sich über sich selbst. Sie hatte sich dumme Fantasien über den Verlauf dieses Treffens ausgemalt, über den Ausklang des Tages. Nick dagegen klang völlig vernünftig. Dieses Wiedersehen hatte ihn nicht aus der Bahn geworfen, so wie sie. Also hatte sich nichts geändert …

Nick sah Hunderte von Gefühlen über ihr Gesicht huschen. Wirklich entschieden hatte Liza sich noch nicht, also beugte er den Kopf und strich hauchzart über ihre Lippen. „Du machst dir zu viele Gedanken, Liza. Entspann dich, du wirst Spaß haben. Komm, setz dich und trinke einen Cognac mit mir.“

„Ich glaube, den kann ich jetzt gebrauchen.“ Ohne Protest ließ sie sich von ihm zum Sofa zurückführen und sagte auch nichts, als er den Arm an ihrer Taille liegen ließ und sie an seine Seite zog.

„Du kennst doch meine Mutter“, sagte er mit einem zerknirschten Lächeln. „Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, bringt sie nichts davon ab. Noch heute behauptet sie, ich hätte dich zutiefst beleidigt, und das sei der Grund, warum du uns nicht mehr besuchen kommst. Mein Jet steht abflugbereit am Flughafen, du hast unerwartet Urlaub … es gibt kaum wieder eine so gute Gelegenheit.“

Die Erkenntnis traf Liza, dass sie mit diesem Mann überallhin gehen würde. Er war der Einzige, der sie mit der harmlosesten Berührung bis in ihr Innerstes erschüttern konnte. „Mir bleibt ja wohl keine andere Wahl“, meinte sie gepresst. „Ich habe deiner Mutter bereits zugesagt.“ Und um herauszufinden, wie sich die Beziehung mit Nick entwickeln würde, war das die beste Chance, die sich bieten konnte.

„Lass meine Mutter außen vor. Ich möchte, dass du meinetwegen mitkommst.“ Bei den Worten sah er ihr tief in die Augen, und Liza stockte der Atem.

„Nick …“ Ihr war gar nicht klar, dass sie seinen Namen laut ausgesprochen hatte. Ja, sie wollte ihn, mit allem, was sie ausmachte. Instinktiv rückte sie näher an ihn heran.

„Ja, Liza.“ Er legte auch den anderen Arm um sie und zog sie an sich, um dann den Kopf zu beugen und seinen Mund auf ihre Lippen zu pressen.

Es war alles andere als vernünftig, Liza wusste das. Nick war auf ein kurzes Abenteuer aus, mehr nicht. Doch sein Kuss war so sinnlich und seine Lippen so warm und fest, dass sie nicht mehr klar denken konnte. Ein leiser Seufzer entschlüpfte ihr, als er seine Hand an ihrer Seite hinaufgleiten ließ, um die feste Rundung ihrer Brust zu umfassen. Das Blut floss wie heiße Lava durch ihre Adern und rauschte in ihren Ohren. Sie ging ganz in seiner Umarmung auf, als er sich ein wenig von ihr löste und an ihren Lippen murmelte: „Denke nur an uns, Liza.“

„An uns?“, wiederholte sie wie in Trance.

„Ja.“ Leicht hob er mit einem Finger ihr Kinn an. „Ich muss heute Abend noch rüberfliegen.“ Wieder küsste er sie. „Ich will, dass du mit mir kommst. Fühle nur, was du mir antust.“ Damit zog er ihre Hand an seinen Schritt, um ihr den Beweis seiner Erregung zu liefern.

Der Atem stockte ihr, als sie seine Augen vor Verlangen schwarz werden sah. Ein Verlangen, das sie ebenso heftig für ihn verspürte, fast schmerzhaft. Vielleicht würde sie nie wieder eine zweite Chance bekommen, um die Erfahrung zu machen, wie es war, von ihm geliebt zu werden. Und das war es, was sie sich mit jeder Faser ihres Seins wünschte.

Jahrelang hatte er sie in ihren Träumen verfolgt. Jetzt war sie im Urlaub. Viele Frauen ließen sich auf eine Urlaubsromanze ein und erinnerten sich noch Jahre später mit einem kleinen Lächeln daran, ohne dass es das ganze Leben zerstörte. Warum also nicht auch sie?

Liza schlang die Arme um Nicks Hals und erwiderte den Kuss mit einer Leidenschaft, derer sie sich nie für fähig gehalten hätte.

„Du bist wunderbar“, murmelte Nick. „Wir werden eine großartige Zeit miteinander verbringen, glaub mir.“ Und sofort meldete sich das schlechte Gewissen bei ihm, ein völlig unbekanntes Gefühl. Er hatte Lizas offensichtliches Interesse für ihn ausgenutzt. Nur hätte er nie erwartet, dass sein eigenes Verlangen nach ihr so überwältigend sein würde. „Ein Anruf in deinem Hotel, und sie schicken dein Gepäck zum Flughafen. In einer Stunde können wir aufbrechen.“

Aufbrechen! Zur Hölle, er wollte sie auf das Sofa niederdrücken und jetzt sofort nehmen! Dagegen hatten sie doch beide den ganzen Tag angekämpft. Oder vielleicht sogar schon länger. Inzwischen war er sich bei überhaupt nichts mehr sicher, nur noch, dass er Liza von dieser Insel herunterlotsen musste. Und dass er sie begehrte.

4. KAPITEL

„So schlimm war das doch gar nicht, oder?“

Nick ließ den Gurt aufschnappen und drehte sich zu Liza, um auch ihren zu lösen, nicht ohne vorher einen genießerischen Kuss auf ihre Lippen zu drücken.

Inzwischen war es zehn Uhr abends und die Maschine in der Luft. Der Flug würde knapp zwei Stunden dauern. Nick schoss in den Sinn, dass es eine große Schlafkabine hinten im Flugzeug gab. Eine Frau mit Lizas sexuellem Appetit würde bestimmt keine Einwände vorbringen, wenn …

„Schlimm nicht“, antwortete Liza, „aber ziemlich hektisch. Dir ist klar, dass wir erst mitten in der Nacht ankommen, oder? Deine Mutter wird bestimmt nicht begeistert sein.“

Liza wusste noch immer nicht sicher, ob sie wirklich das Richtige tat. Natürlich war ihr klar, dass sie sich hatte austricksen lassen, dennoch hatte sie sich weder dem verlangenden Ausdruck in Nicks Augen noch seinen Argumenten widersetzen können. Auf ihre Frage, wie sie wieder nach Lanzarote zurückkommen solle, hatte er nur erwidert, sie solle sich keine Sorgen machen, er würde sich schon um alles kümmern.

Er konnte sehen, wie nervös sie war, und lächelte ihr zu. „Überlass meine Mutter nur mir. Entspann dich endlich.“

Einfacher gesagt denn getan. Schließlich war Liza auf dem Weg zurück in das Haus, in dem sie die größte Erniedrigung ihres bisherigen Lebens erfahren hatte. „Sind viele Leute auf dieser Party?“

„Schon einige, ja. Du kennst doch Mamma. Es ist ihr Bruder, und goldene Hochzeit feiert man nur einmal.“ Wie machte sie das nur? Sie sah ihn mit diesen großen blauen Augen an, und plötzlich schien die Luft wie mit einer überwältigenden kosmischen Kraft geladen. Nicht nur das, sie verwirrte ihn. Er fühlte sich schuldig, weil er so sparsam mit der Wahrheit umging, und gleichzeitig zog es in seinen Lenden, dass er fast aufgestöhnt hätte. „Du machst dir zu viele Gedanken.“ Nick rollte mit den Schultern, um die Anspannung zu vertreiben. Es war ein langer Tag gewesen. Zwar war sein Ärger von heute Morgen verraucht, nachdem er Liza so schnell gefunden und die notwendige Information erhalten hatte, dennoch fühlte er sich, als hätte er in den letzten Stunden einen Eiertanz vollführt. Da war einerseits sein Hauptanliegen, die Diamantendiebe dingfest zu machen, doch gleichzeitig setzte er alles daran, um Liza aus dieser Verhaftungsaktion herauszuhalten. Ob nun wissentlich oder nicht, sie steckte bis zu ihrem hübschen Hals in der Sache drin.

Er wusste nicht, was er mit ihr tun sollte. Was er mit ihr tun wollte, darüber bestand nicht der geringste Zweifel. In ihrer Nähe fühlte er sich wie ein hitzköpfiger Teenager.

Er warf einen Seitenblick auf sie, sah das unruhige Heben und Senken ihrer Brust, nahm den zarten Duft ihres Parfüms wahr – oder war es ihre Haut? –, und sein Körper verspannte sich noch ein bisschen mehr. Und wie sollte er Carl erklären, dass er mit der Hauptverdächtigen abgeflogen war? Sein Freund würde ihn für verrückt erklären, und vielleicht war er das ja auch. Dennoch … er würde alles tun, um Liza vor dem Gefängnis zu bewahren, und wenn er sich dabei lächerlich machte … bitte sehr!

Impulsiv sprang Nick auf und ging zu einem ledernen Sofa hinüber. Während er sein Jackett abwarf und die Krawatte löste, sah er Liza entgegen. Das Wort Frustration reichte nicht aus, um zu beschreiben, was er fühlte, wenn er sie ansah. Sie war eine Göttin, die fleischgewordene Verlockung, ob nun im leichten Top wie heute Morgen und mit schlicht zurückgebundenem Pferdeschwanz oder jetzt im schwarzen Abendkleid. Diebin oder nicht, sie erregte ihn, ohne dass sie es überhaupt darauf anlegte.

„Ach, zum Teufel“, fluchte er unter angehaltenem Atem. Er wollte sie aus dem Gefängnis heraushalten, aber nicht aus seinem Bett! Sie war zu einer eleganten weltgewandten Lady herangewachsen, und er benahm sich wie ein Idiot!

Autor

Jacqueline Baird
Wenn Jacqueline Baird nicht gerade an einer Romance schreibt, dann liest sie viel und spielt gern Karten. Falls das Wetter es erlaubt, schwimmt sie häufig im Meer und bedauert, dass sie seit einer schweren Knieverletzung nicht mehr Segeln kann.

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