Betörende Nächte in Kuwait

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Seit Felicia in seiner Villa wohnt, fühlt sie sich mehr und mehr zu Rashid hingezogen. Der stolze Wüstensohn weckt in ihr bisher ungekannte Gefühle. Dabei ist sie nur in den Orient gereist, damit Rashid ihr und ihrem Verlobten, seinem Neffen, seinen Segen gibt …


  • Erscheinungstag 05.04.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777852
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Das Restaurant war eines der vornehmsten und teuersten, und Felicia entging nicht der verächtliche Blick, mit dem der Kellner ihren einfachen Mantel musterte, während sie sich im Lokal umsah.

Als Faisal sie erblickte, hob er kurz die Hand, und als der Kellner sah, mit wem sie essen würde, schien er seine Meinung schlagartig zu ändern, denn er führte sie mit übertriebener Höflichkeit an den Tisch. Wenn das nicht Bände über die Macht des Geldes spricht, dachte Felicia bei sich.

Faisal war aufgestanden und lächelte ihr entgegen.

„Es tut mir leid, dass ich so spät komme“, entschuldigte sie sich. „Ich bin im Büro aufgehalten worden.“

„Habe ich dir nicht schon gesagt, du solltest diesen wertlosen Job aufgeben?“, antwortete Faisal mit einer Arroganz, die sie ein bisschen ärgerte.

Felicia war eine attraktive junge Frau mit schulterlangen kastanienbraunen Locken und dunkelgrünen Augen. Sie bemerkte gar nicht, wie bewundernde Blicke von allen Seiten ihr folgten. Obwohl sie nur einen einfachen Rollkragenpullover mit passendem Tweedrock trug, hatte sie doch eine vornehme und graziöse Anmut an sich, die unweigerlich die Blicke der Männer anzog, was Faisal gar nicht recht war.

Sie kannte den jungen Kuwaiter seit sechs Monaten. Ihr gemeinsames Hobby, die Fotografie, hatte sie in einem Abendkurs zusammengeführt. Irgendwann hatte Faisal sie eingeladen, mit ihm auszugehen, und sie hatte angenommen. Seitdem trafen sie sich regelmäßig, in letzter Zeit sogar fast jeden Tag.

Felicias Kolleginnen im Büro war ihre Freundschaft mit dem jungen Araber natürlich nicht entgangen. Am Anfang hatten sie sie nur geneckt, doch als sie merkten, dass die Sache ernster wurde, begannen sie, Felicia zu warnen und ihr auszumalen, was emanzipierten europäischen Frauen passieren konnte, wenn sie die Versprechen reicher Araber allzu ernst nahmen. Felicia jedoch war sich sicher, dass Faisal sie viel zu sehr achtete, als dass er ihr so etwas antun würde. Trotzdem war sie erstaunt und geschmeichelt, als er anfing, von Heirat zu sprechen.

Faisal hatte ihr viel von seiner Familie erzählt. Ihre, Felicias, Eltern waren auf tragische Weise ums Leben gekommen, als sie noch ein Baby war. Tante Ellen und Onkel George in den Lancashire Moors hatten sie zu sich genommen.

Ihre Kindheit war nicht sehr glücklich gewesen. Onkel Georges strenges, abweisendes Verhalten ihr gegenüber hatte dazu geführt, dass sie ein nur mangelhaftes Selbstbewusstsein entwickelte. Faisals Wärme und Bewunderung taten ihr umso wohler, und seit sie ihn kannte, war sie aufgeblüht wie eine Blume, die man in die Sonne stellt.

Als Faisal zum ersten Mal von Heirat gesprochen hatte, hatte sie erschrocken eingewandt, dass sie sich noch nicht lange genug kannten. Faisal dagegen war überzeugt, dass sie füreinander bestimmt waren und zusammengehörten. Und wie konnte sie ihm das widerlegen, wenn er sie in seinen Armen hielt? Sie glaubte zu spüren, wie seine Liebe sie schützend und wärmend umfing, und selbst die eindringlichen Warnungen ihrer Kolleginnen konnten sie nicht von der Überzeugung abbringen, dass seine Gefühle für sie tief und echt waren.

Felicias Weigerung, mit Faisal zwar die Tage und Abende, nicht aber die Nächte zu teilen, hatte ihn zuerst zu Vorwürfen veranlasst, doch schließlich hatte er ihren Willen akzeptiert. Felicias Zurückhaltung rührte von einer gewissen Angst vor diesen ihr noch unbekannten Intimitäten her. Unter Onkel Georges strenger Erziehung war es ihr unmöglich gewesen, als Teenager intensiveren Kontakt mit jungen Männern zu haben. Später hatte sie eine Abneigung entwickelt, rein körperliche Beziehungen einzugehen.

Der erste Kuss, den Faisal ihr gegeben hatte, war zärtlich und sanft gewesen. Doch dass seine Küsse mit der Zeit leidenschaftlicher wurden, machte sie immer nervöser. Wovor hatte sie eigentlich Angst, fragte sie sich. Faisal liebte sie, er hatte es ihr oft gesagt, und sie war damit einverstanden, seine Frau zu werden.

„Wenn wir erst verheiratet sind, wird das alles anders“, hatte er sie eines Abends beruhigt, als er sich nur mit Mühe unter Kontrolle halten konnte. Felicia konnte eigentlich noch immer nicht glauben, dass jemand sie liebte. Was war denn schon Besonderes an ihr? Gab es nicht Tausende von Frauen mit feiner, heller Haut, rotbraunen Haaren und einer schlanken Figur?

Faisal sagte ihr immer, sie sei viel zu bescheiden. Ihre Augen verglich er mit einer Oase nach dem Regen, ihre Haarfarbe mit dem Sand der Wüste, den die letzten Strahlen der Sonne entzündeten. Die Anmut, mit der sie sich bewegte, erinnerte ihn an die Bewegungen eines Falken im Flug, ihr heller Teint und ihr weicher Mund entzückten ihn immer wieder aufs Neue.

Vor zehn Tagen nun hatte Faisal seiner Familie in Kuwait von seinen Absichten geschrieben. Von seiner Mutter und seinen zwei Schwestern erzählte er Felicia gern und oft, doch seinen Onkel, der nach dem Tod von Faisals Vater die Stelle des Familienoberhaupts eingenommen hatte, erwähnte er nur selten. Obwohl Faisal nie offen darüber sprach, ahnte Felicia, dass das Verhältnis der beiden Männer angespannt war.

Der Stamm, zu dem Faisal gehörte, kam ursprünglich aus der Wüste, wilde, stolze Krieger waren seine Vorfahren gewesen. Über seine Mutter und seinen Onkel war er mit der herrschenden Familie des Landes verwandt.

Mit großen Augen hörte Felicia zu, wenn er von seiner Heimat und seiner Familie erzählte. Alles klang wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Die Großmutter seines Onkels war die Tochter eines englischen Forschers gewesen. Sein Uronkel, ein dunkelhäutiger Araber, hatte die weiße Frau aus der Wüste gerettet und zum Dank dafür verlangt, sie zu heiraten.

Felicia fand die Geschichte sehr romantisch, außerdem beruhigte es sie in gewisser Weise, dass wenigstens etwas englisches Blut in den Adern der Familie floss, in die sie einmal einheiraten würde.

Natürlich war Faisals Familie längst sesshaft geworden. Der Vater seiner Mutter hatte eine Bank in Kuwait gegründet, die mittlerweile Zweigstellen in London und New York besaß und ein riesiges Finanzimperium beherrschte. Den größten Teil der Aktien besaß jedoch zu Faisals Ärger sein Onkel, der somit einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auf Faisal ausüben konnte.

Heute schien Faisal wieder besonders schlecht auf seinen Onkel zu sprechen zu sein. Er machte ein paar ärgerliche Bemerkungen, und Felicia fragte ängstlich: „Hast du Neuigkeiten aus Kuwait, Faisal?“

Ärger blitzte in seinen Augen auf und erinnerte Felicia für einen Augenblick daran, wie jung er noch war – gerade zwölf Monate älter als sie.

„Mein Onkel will, dass wir noch warten, ehe wir unsere Verlobung bekannt geben“, rückte er schließlich heraus. „Das macht er absichtlich. Er will nicht, dass ich glücklich bin.“

„Aber wir kennen uns doch wirklich erst sehr kurz“, beruhigte Felicia ihn. „Außerdem kennt deine Familie mich nicht. Kein Wunder, dass sie vorsichtig sind.“ Sie beobachtete erstaunt, wie Faisals Gesichtsausdruck sich veränderte. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“

„Genau das sagt Onkel Rashid auch. Aber ich werde ihm beweisen, dass es nicht stimmt, dass Menschen aus dem Osten und dem Westen nicht zusammenpassen. In seinem Brief schlägt mein Onkel vor, dass du nach Kuwait kommst und dir ansiehst, wie wir leben. Aber ich weiß, was er damit beabsichtigt.“ Er lachte kurz auf. „Er nimmt an, dass du ablehnst wie andere europäische Frauen, die sich nur an uns heranmachen, weil wir reich sind. Aber wir werden ihm das Gegenteil beweisen. Wenn wir verheiratet sind, brauchen wir nicht mehr viel Zeit in Kuwait zu verbringen, und das weiß Rashid. Trotzdem besteht er darauf, dass du dich an unsere Sitten gewöhnst. Sag mir, Felicia, willst du nach Kuwait gehen und mir helfen, ihm zu beweisen, dass er sich in dir getäuscht hat?“

Felicia war völlig überrascht, das hatte sie nicht erwartet. Faisals Befürchtungen, dass sein Onkel mit dieser Heirat kaum einverstanden sein würde, schienen sich zu bestätigen. Aber warum nicht? War sie etwa schlechter als die Frauen in Kuwait? Dieser Gedanke forderte sie heraus, und entschlossen hob sie das Kinn. „Wann fahren wir?“

„Ich kann nicht mit dir fahren, Felicia.“ Faisal senkte den Blick. „Onkel Rashid hat angeordnet, dass ich nächste Woche im New Yorker Büro anfangen soll.“

Felicia konnte es kaum fassen. „In einer Woche? Ist das dein Ernst?“

„Rashid versucht, uns auseinanderzubringen“, entgegnete Faisal. „Er weiß, dass ich tun muss, was er sagt. Obwohl er mein Onkel ist, bin ich nichts weiter als ein Angestellter, bis ich meine Aktien bekomme – das ist in drei Jahren, wenn ich fünfundzwanzig bin.“

„Ich könnte mit dir nach New York kommen“, schlug Felicia vor. „Dort würde ich sicher auch Arbeit finden.“

„So einfach ist das leider nicht, meine Liebe. Du könntest natürlich mit mir kommen, aber dann wird er behaupten, du wärst meine Geliebte, und meine Mutter und meine Schwestern könnten dich dann niemals anerkennen. Nein, der einzige Weg ist der, Rashid zu beweisen, dass er unrecht hat … dass du nicht so bist, wie er denkt.“ Faisal ergriff Felicias Hand und sah sie mit flehenden Augen an. „Versprich mir, dass du fährst … um unser beider Zukunft willen. Meine Mutter wird dich herzlich aufnehmen.“

So ganz war Felicia noch nicht überzeugt. Kuwait war eine andere Welt. Aber wenn sie sich weigerte … Nein, sie würde gehen. Sie würde Faisals Onkel beweisen, dass englische Frauen ebenso anständig waren wie die seines Landes. Sie wollte ihm beweisen, wie würdig sie Faisals Liebe war. Nicht einen Augenblick glaubte sie daran, dass Faisals Onkel Wert darauf legte, dass sie sich an die Sitten seines Landes gewöhnte. Er wollte ihr nur beweisen, dass sie nicht als Faisals Frau taugte.

„Rashid wird nicht damit rechnen, dass du seine Einladung annimmst“, bemerkte Faisal, als Felicia ihm ihre Entscheidung mitteilte.

Einladung dachte Felicia bei sich … War das nicht mehr ein Befehl? Ein Befehl, sich von ihm begutachten und als ungeeignet abtun zu lassen. Um Faisals willen wollte sie es über sich ergehen lassen. Aber Faisals diktatorischer Onkel sollte sich ja nicht einbilden, über sie urteilen zu können.

„Komm mit in meine Wohnung“, bettelte Faisal, als sie das Restaurant verließen. „Ich muss dir noch so viel über meine Familie und unsere Sitten erzählen …“

Gewöhnlich vermied Felicia das Alleinsein mit Faisal, aber an diesem Abend erhob sie keine Einwände, und im Taxi überhäufte sie ihn mit Fragen über sein Land.

„Muss ich einen Schleier tragen … und ein langes Gewand?“

„Natürlich nicht. Die älteren Leute tun das noch, aber unsere jungen Frauen sind modern und gebildet. Kuwait wird dir gefallen, Felicia … ebenso wie mir, obwohl ich auch London mag.“

Faisals Wohnung war elegant eingerichtet, aber sie wirkte übertrieben luxuriös und unpersönlich.

Faisals Diener begrüßte sie und bot Felicia eine Tasse Kaffee an, den sie jedoch ablehnte. Faisal schaltete die Hi-Fi-Anlage ein, dann drückte er auf einen Dimmer, und das Licht wurde schwächer. Die weißen Vorhänge waren schon geschlossen, sodass von den Lichtern der nächtlichen Stadt nichts mehr zu sehen war.

Als Faisal sie in seine Arme nahm, spürte Felicia, wie sich alles in ihr verkrampfte. Warum konnte sie sich nicht entspannen? Schließlich war Faisal der Mann, den sie heiraten würde. Warum empfand sie nicht die Leidenschaft, von der andere so oft sprachen?

„Was ist los? Wenn ich dich anrühre, fängst du an zu zittern wie eine Taube in den Klauen eines Falken“, sagte Faisal vorwurfsvoll. „Wenn wir getrennt sind, träume ich nur noch von dem Augenblick, in dem ich die goldene Kette von deinem Brautkleid nehme und die hundert Knöpfe öffne, um die tausend Schönheiten deines Körpers zu entdecken. Mach dir keine Sorgen, deine Zurückhaltung ist ganz natürlich. Du bist so rein wie die Tauben im Garten meiner Mutter, und das wird nun auch mein Onkel bald wissen.“

Faisal war so sicher, dass sich ihre Scheu nach der Heirat verlieren würde. Aber wenn es nun nicht so war? Obwohl ihr Herz ihm uneingeschränkt gehörte, flößte der Gedanke an körperliche Liebe Felicia Angst ein. Das Wissen, dass sie noch keinen festen Freund gehabt hatte, machte sie für Faisal nur noch begehrenswerter – das wusste Felicia. Sollte das der Hauptgrund seiner Liebe sein? War es nur ihre Keuschheit, die ihn anzog?

Felicia schob diese Gedanken schnell beiseite. Es war ganz natürlich, dass er mehr Wert darauf legte als ihre Landsleute, da er doch so erzogen worden war. Faisals folgende Worte jedoch weckten neue Zweifel in ihr: „Es ist gar nicht schlimm, dass ich nicht reich genug bin, um die vier Frauen zu haben, die Allah mir erlaubt“, murmelte er. „Wenn ich dich in meinen Armen halte, habe ich gar kein Verlangen nach einer anderen Frau.“

Felicia blieb nichts anderes übrig, als ihm zu glauben. Dieser Glaube musste ihr in den nächsten Wochen Kraft geben. Dennoch beunruhigte seine Bemerkung sie, denn sie rief ihr ins Gedächtnis zurück, dass Faisal in einer fremden Kultur aufgewachsen war, einer Kultur, die nur von Männern geprägt wurde. Und trotzdem waren die arabischen Frauen, die Felicia bisher kennengelernt hatte, heiter und fröhlich, von den männlichen Mitgliedern ihrer Familie behütet und beschützt. Die Kehrseite jedoch war, dass die Frau, die es wagte, gegen die Gesetze des Korans zu verstoßen, hart bestraft wurde – und Felicia konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, ihr Leben als gehorsames, allzeit williges Spielzeug eines Mannes zu verbringen.

Plötzlich erschien ihr die Zukunft, die sie gewählt hatte, finster und drohend. Wenn Faisal sie nur begleiten könnte, um ihr die ersten Tage ein wenig zu erleichtern! Aber sie hatte sich nun einmal entschlossen, allein in ein fremdes Land zu reisen und zu versuchen, die Achtung eines Mannes zu gewinnen, der – dessen war sie sicher – ihr in keiner Weise entgegenkommen würde.

„Bist du sicher, dass deine Mutter mich mögen wird?“, fragte sie mit unsicherer Stimme.

„Sie wird dich ebenso lieben wie ich“, versprach er. „Es wird nicht so schlimm werden – du wirst sehen. Ich bleibe zwei Monate in New York, dann werden wir wieder zusammen sein und können Pläne für unsere Hochzeit machen. Wenn du bei meiner Familie bist, wird kein anderer Mann an dich herankommen. Du gehörst mir, Felicia“, sagte er mit solcher Arroganz, dass es Felicia ein wenig unbehaglich wurde.

Faisal fuhr sie mit seinem Wagen zurück zu ihrer Wohnung.

„Da du Gast meiner Familie bist, übernehmen wir natürlich alle Kosten.“ Faisal parkte den Wagen vor dem alten, schäbigen Haus, in dem Felicia wohnte.

Felicia protestierte. Sie wollte nicht, dass Faisals Familie von ihr dachte, sie sei geldgierig. Wenn sie das Ticket nicht selbst bezahlte, würde Faisals Onkel dies zu ihren Ungunsten auslegen.

„Davon erfährt er nichts“, beruhigte Faisal sie, als sie ihre Befürchtung laut aussprach.

Felicia kam der Gedanke, dass sie ihn mit ihrer einfachen Garderobe vielleicht beschämen würde, denn sie wusste genau, wie viel Wert seine Landsleute auf die äußere Erscheinung legten. Aus diesem Grund ließ sie sich schließlich überreden, das Ticket anzunehmen und sich von ihrem ersparten Geld eine für Kuwait passende Garderobe zu kaufen.

Die Tage vergingen wie im Flug. Jeden Abend war Felicia mit Faisal zusammen. Sie wollte so viel wie möglich über das Land erfahren, in das sie fliegen würde. Felicia war fasziniert von dem Einblick, den sie durch Faisals Erzählungen in diese neue, exotische Welt gewann. Wenn sie Faisal von ihren Zweifeln erzählte, sich an so viel Neues gewöhnen und anpassen zu können, lachte er nur und versicherte ihr, dass seine Familie sie anbeten würde.

„Selbst Rashid wird von deiner Schönheit beeindruckt sein. Du hast dieselbe Hautfarbe wie seine Großmutter. Deine Unschuld und Bescheidenheit werden ihn überraschen.“

Felicia fiel auf, dass Faisal sich sehr bemühte, ihr zu versichern, dass, obwohl die meisten Kuwaiter Moslems waren, es keine Vorurteile gegen andere Religionen gab. Wenn sie heirateten, versicherte er ihr, würde niemand von ihr verlangen, ihren Glauben zu wechseln.

„Das zumindest kann Onkel Rashid dir nicht vorhalten“, erklärte er ihr zu ihrer Überraschung, „denn obwohl wir alle Moslems sind, sind die Nachkommen von Rashids Vater und dessen englischer Frau Christen … also auch Onkel Rashid.“

Aber das konnte Felicia nicht trösten. Sie freute sich ganz und gar nicht darauf, ihn kennenzulernen, besonders nicht ohne Faisals Beistand. Sie vermied es jedoch, Faisal von ihren Sorgen und Befürchtungen zu erzählen. Die letzten Tage, die sie zusammen verbringen konnten, sollten so schön und unbeschwert wie möglich sein.

Um Faisals willen wollte sie sich bemühen, einen besonders guten Eindruck auf seinen Onkel zu machen. Ihr Stolz jedoch würde sie davon abhalten, ihm gegenüber die demütige, unterwürfige Haltung anzunehmen, die arabische Frauen älteren männlichen Mitgliedern ihrer Verwandtschaft gewöhnlich zeigten – egal, wie entsetzt er darüber auch sein mochte.

Nachdem sie einen Flug gebucht hatte, kündigte sie ihre Arbeitsstelle und begann, sorgfältig neue Kleider auszusuchen. Da Faisal ihr erzählt hatte, dass die Strände von Failaka Island und der Küste sehr schön waren, kaufte sie sich sogar einen blaugrünen Bikini und einen schwarzen Einteiler, der ihre schlanken Beine und ihren vollen Busen vorteilhaft betonte.

Als sie endlich fertig war, erlaubte sie sich sogar noch den Luxus, per Taxi nach Hause zu fahren. Faisal hatte sie zum Abendessen eingeladen, und da es ihr letzter Abend sein würde, wollte sie sich besonders schön machen.

Als sie ihre neuen Kleider in den Schrank hängte, fiel ihr Blick auf das kleine Schmuckkästchen, in dem sie den Smaragd aufbewahrte, den Faisal ihr geschenkt hatte. Erst am Abend zuvor hatten sie eine Auseinandersetzung gehabt, weil Felicia ihn nicht tragen wollte, bis ihre Verlobung den Segen seiner Familie hatte. Faisal war der Meinung gewesen, sie sei altmodisch, doch Felicia befürchtete, dass Onkel Rashid es zu ihren Ungunsten auslegen könnte, dass sie einen so wertvollen Ring trug. Obwohl sie keineswegs beabsichtigte, ihm schönzutun, wollte sie seinen Unwillen nicht mit Absicht heraufbeschwören.

Felicia stand vor dem Schrank und überlegte, was sie anziehen sollte. Impulsiv griff sie nach einem Kleid, das sie noch nie getragen hatte, weil es ihr zu auffallend und raffiniert vorkam. Sie hatte es damals auf Drängen einer Kollegin gekauft. Es war schwarz und stand ihr ausgezeichnet. Die Farbe ihres Haares wirkte lebhafter, und ihre Augen erschienen wie dunkler Jade. Der tiefe Ausschnitt und der eng anliegende Rock mit einem Schlitz an der Seite missfielen ihr jedoch. Sie zögerte noch, ob sie es nicht wieder ausziehen sollte, als es an der Tür klopfte.

In Faisals Augen leuchtete ein Feuer auf, als Felicia ihm öffnete. Faisal selbst sah in seinem dunkelblauen Anzug sehr attraktiv aus. Seine Haut wirkte noch dunkler als sonst, seine Gesichtszüge noch exotischer. „Ich wünschte, wir würden bei mir zu Hause essen – allein, und nicht in einem Restaurant, wo ich den Anblick deiner Schönheit mit anderen teilen muss.“ Faisal ergriff Felicias Hand.

Faisal hatte einen Tisch in einem Mayfairer Klub reservieren lassen. Nach dem Essen tanzte Faisal mit Felicia. Er nahm sie in seine Arme und zog sie ganz nah an sich heran.

Die Luft auf der Tanzfläche war stickig, Tabakrauch mischte sich mit dem Duft schweren Parfüms. Felicia wünschte sich, dass Faisal sie nicht so eng an sich ziehen würde, aber immer, wenn sie versuchte, ein wenig von ihm wegzurücken, wurde sein Griff nur noch fester.

Felicia fiel auf, dass ein Araber sie vom Rand der Tanzfläche aus aufmerksam beobachtete. Sie wollte gerade Faisal fragen, ob er den Mann kannte, als sein Blick den Araber streifte. Mit einem unterdrückten Fluch ließ er sie los.

„Was ist denn?“, protestierte Felicia, als er versuchte, sie vor sich her von der Tanzfläche zu schieben. „Kennst du diesen Mann?“

„Er ist ein Bekannter meines Onkels“, antwortete Faisal missmutig. „Er wird ihm erzählen, dass er uns hier gesehen hat.“

„Na und?“ Felicia verstand nicht, warum Faisal so verärgert war.

„Er hat keinen guten Ruf“, erklärte Faisal ihr. „Ich möchte dich lieber nicht mit ihm bekannt machen, aber wenn ich es nicht tue, wird mein Onkel denken, dass ich mich deiner schäme. Außerdem wird er es unpassend finden, dass ich mit dir ein solches Lokal besuche.“

„Aber das ist doch lächerlich!“ Felicia schwieg, als der Araber aus der Menge auf sie zutrat.

„Beim Bart des Propheten! Faisal al-Najar!“, rief er aus, doch der Blick, mit dem er sie von oben bis unten musterte, gefiel Felicia gar nicht. Mit seinen kleinen, durchdringenden Augen musterte er sie mit unverhohlenem Interesse und wandte sich wieder an Faisal. „Ich habe gehört, dass du für eine Weile nach New York gehst. Dort gibt es eine Menge bereitwilliger Frauen.“

Dabei sah er Felicia mit einem Blick an, der sie erschauern ließ. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass sie nicht Faisals Geliebte war, doch der unterbrach seinen Bekannten abrupt und belehrte ihn ärgerlich: „Ich bin nicht an anderen Frauen interessiert. Ich weiß nicht, ob mein Onkel dir schon erzählt hat, dass ich beabsichtige, in Kürze zu heiraten.“

2. KAPITEL

Auf dem Nachhauseweg fragte Felicia Faisal, ob er es für richtig hielt, seine Heiratsabsichten seinem Bekannten gegenüber zu erwähnen, obwohl Onkel Rashid noch nicht seine Zustimmung gegeben hatte.

Faisal jedoch, der noch immer verstimmt schien, entgegnete heftig: „Eine Frechheit, wie er dich angesehen hat!“ Seine Finger umklammerten dabei noch fester das Lenkrad. „Das ist unser letzter Abend, und er musste ihn uns verderben!“

„Wir werden noch viele Abende gemeinsam verbringen“, tröstete Felicia ihn. „Morgen fahre ich mit dir nach Heathrow. Ich habe noch nie eine Concorde aus der Nähe gesehen. Fliegst du erster Klasse?“

„Gibt es überhaupt eine andere?“, fragte er mit einem Hochmut, der ihr die breite Kluft zwischen ihnen deutlich machte.

Nachdem Faisal den Wagen vor ihrem Haus geparkt hatte, nahm er sie in seine Arme und küsste sie mit einer Leidenschaft wie nie zuvor.

Autor

Penny Jordan

Am 31. Dezember 2011 starb unsere Erfolgsautorin Penny Jordan nach langer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Penny Jordan galt als eine der größten Romance Autorinnen weltweit. Insgesamt verkaufte sie über 100 Millionen Bücher in über 25 Sprachen, die auf den Bestsellerlisten der Länder regelmäßig vertreten waren. 2011 wurde sie...

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