Blind Date am Valentinstag

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Als die hübsche Cari entdeckt, dass Max gar nicht ihr Blind Date für den Valentinstag ist, ist es bereits zu spät: Sie hat sich auf den ersten Blick in den gut aussehenden Geschäftsmann verliebt. Doch auch er hält sie für jemand anderes - seine zukünftige Frau!


  • Erscheinungstag 19.07.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733736491
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Schlechtes Timing.

Max Angeli steckte die rote Rose, die er in der Hand hielt, in die Tasche, während er mit der anderen Hand sein Handy aufklappte und den Anruf mit einem knappen „Hallo“ entgegennahm. Er war sicher, was auch immer man ihm erzählen würde, es würde sein chaotisches Leben nur noch chaotischer machen.

Es fing schon damit an, dass es in dem Club, den er gerade betreten hatte, viel zu laut war. Scheinwerfer wirbelten ihr Licht durch den dunklen Raum, und der Beat hämmerte dumpf zu schweren Rhythmen. Darunter mischte sich das Geräusch klirrender Kristallgläser, das mit dem schrillen Gelächter der Frauen wetteiferte. Alles klang frivol und zugleich irgendwie verzweifelt. Max mochte den Club überhaupt nicht.

„Bleib dran, Tito“, rief er laut in den Apparat. „Ich muss irgendwo hingehen, wo ich dich verstehen kann.“

Er hatte zwar verstanden, dass sein Assistent am anderen Ende der Leitung war, aber alles Weitere war durch den Lärm um ihn herum nicht zu hören. Nach einem kurzen Blick durch die überfüllte Lounge entdeckte er die Waschräume und eilte in die Richtung. Der Geräuschpegel sank allerdings kaum. Aber immerhin konnte er jetzt verstehen, was Tito zu sagen hatte.

„Wir haben sie gefunden.“

Max fühlte sich, als hätte er in eine Steckdose gefasst. Der Schock durchfuhr seinen gesamten Körper. Er schloss die Augen und versuchte zu begreifen. Seit Wochen waren sie auf der Suche, hatten keine heiße Spur gehabt. Bis der letzte Tipp ihnen verraten hatte, dass Sheila Burn, die Exfreundin seines Bruders, vielleicht mit dem Bus nach Dallas gereist war.

Sein Bruder Gino war vor wenigen Monaten verstorben, doch erst Wochen später hatte Sheila sich bei Max gemeldet. Mit der für alle überraschenden Neuigkeit, dass sie ein Baby von Gino bekommen hatte. Auf seine Bitte nach einem Beweis dafür, dass das Baby tatsächlich von seinem Bruder stammte, war sie wieder untergetaucht. Beinahe hatte er die Hoffnung schon aufgegeben.

„Du hast sie gefunden?“, fragte er heiser, „bist du ganz sicher?“

„Ja und nein.“

Max umklammerte das Handy noch fester. „Verdammt noch mal, Tito …“

„Komm einfach her, Max. Du wirst schon sehen, was ich meine.“ Er ratterte eine Adresse herunter.

Max schloss wieder die Augen und prägte sich die Adresse ein. „Okay“, bestätigte er, „rühr dich nicht von der Stelle. Ich muss unbedingt dieses Blind Date loswerden, das ich mir aufgehalst habe. Bin gleich bei dir.“

„Okay, Boss. Und beeil dich.“

Max nickte. „Ganz bestimmt.“ Er klappte das Handy zu und kehrte in die lärmende Lounge zurück. Eigentlich hätte er nichts lieber getan, als sofort zu seinem Wagen zu eilen und die Frau zu vergessen, die irgendwo inmitten dieser nervtötenden Nachtschwärmer auf ihn wartete.

Aber noch nicht einmal er brachte es fertig, so unhöflich zu sein. Außerdem würde seine Mutter ihn dafür zur Rechenschaft ziehen. Auch wenn sie sich im Moment in einem Penthouse in Venedig aufhielt, hatte sie so ihre Methoden, ihren Arm über den Ozean bis nach Dallas auszustrecken und dafür zu sorgen, dass ihn ein schlechtes Gewissen quälte. Obwohl sie Amerikanerin war, war Max ihr italienischer Sohn. Das hieß, er war erzogen worden, sein Bestes zu geben, um seine Mutter glücklich zu machen.

Auf der Schwelle zögerte er, ließ den Blick durch den Raum schweifen und suchte nach einer Frau mit einer roten Rose in der Hand – die so aussah wie das zerknautschte Exemplar, das er vor wenigen Minuten aus seiner Tasche gezogen hatte. Er musste sie nur finden und ihr erklären, dass ihm etwas dazwischengekommen war. Ganz einfach. Mehr als eine Minute würde es nicht dauern.

Cari Christensen biss sich auf die Lippe und wünschte sich, die rote Rose in dem Glas Wein ertränken zu können, das unangerührt vor ihr stand.

„Noch fünf Minuten“, beschwor sie sich, „und wenn er dann immer noch nicht aufgetaucht ist, werde ich die Rose in den Abfalleimer befördern und mich unter die Leute mischen. Ohne Rose kann er mich unmöglich erkennen.“

Er hatte sich fast um eine halbe Stunde verspätet. Eine halbe Stunde. Das sollte eigentlich reichen. Cari hatte ihrer besten Freundin Mara versprochen, dass sie das Treffen durchziehen würde. Aber sie hatte nicht versprochen, sich die ganze Nacht damit herumzuschlagen.

Sorgfältig vermied sie den Blickkontakt mit den interessierten Männern, die sich an ihr vorbei zur Bar drängelten. Wie gerne würde Cari es sich jetzt mit einem schönen Buch auf der heimischen Couch gemütlich machen. Mara hatte es nur gut gemeint, aber sie begriff nicht, dass Cari nicht auf der Suche nach Mr Right war. Sie war überhaupt nicht auf der Suche nach irgendeinem Mister. Sie wollte keinen Mann, sie wollte keine Beziehung. Denn das alles hatte sie schon einmal erlebt, und es hatte ihr die Hölle auf Erden beschert.

„Gebranntes Kind scheut das Feuer“, war ihr Motto. Cari hatte nicht die Absicht, sich zum zweiten Mal das Herz brechen zu lassen.

Aber wie sollte Mara das auch verstehen können? Sie hatte ihre Sandkastenliebe geheiratet, hatte sich in einem süßen Ranchhaus niedergelassen und zwei liebenswerte Kinder geboren. In ihrem Leben gab es Klavierabende und Familienfotos am Kühlschrank, Picknicks und kleine Kätzchen. Sie waren einfach komplett unterschiedlich, obwohl sie schon ihr ganzes Leben lang beste Freundinnen waren.

„Es gibt Menschen, die finden morgens beim Frühstück einen goldenen Ring in ihrem Müsli, setzen ihn sich auf den Finger, und dort bleibt er dann für den Rest ihres Lebens“, hatte Cari versucht, ihrer Freundin zu erklären. „Und es gibt andere, die lassen ihn bei einem Spaziergang am Strand unabsichtlich fallen und verbringen den Rest ihres Lebens damit, im Sand nach ihm zu graben.“

„Das stimmt nicht“, hatte Mara erwidert, „oder glaubst du etwa, dass in meinem Leben alles perfekt läuft?“

„Doch, das glaube ich. Jedenfalls verglichen mit meinem.“

„Oh, Cari.“ Mara nahm die Hand ihrer Freundin und hielt sie fest. „Was mit Brian … und … und dem Baby passiert ist, das war wirklich schrecklich. Es hätte niemandem passieren dürfen. Und schon gar nicht dir. Denn du hast wirklich etwas Besseres verdient.“ Mara zwinkerte heftig, als ihr die Tränen in die dunklen Augen schossen. „Trotzdem musst du es noch mal versuchen. Irgendwo da draußen läuft jemand für dich herum. Ich weiß es. Und wenn du den richtigen Mann erst mal gefunden hast …“

Den richtigen Mann. Gab es so etwas überhaupt? Noch nicht einmal Mara wusste, was genau sich in Caris Ehe eigentlich abgespielt hatte. Denn wenn sie in alle Einzelheiten eingeweiht gewesen wäre, hätte sie es bestimmt nicht so eilig gehabt, ihre Freundin wieder ins kalte Wasser zu schubsen.

„Mara, wann gibst du endlich auf? Ich bin sehr zufrieden mit meinem jetzigen Leben.“

„Oh, Cari!“ Mara seufzte theatralisch. „Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du am Valentinstag wieder mal zu Hause sitzt, alte Filme anschaust und dir die Tränen aus den Augen wischst!“

„Jetzt hör mir mal zu! Ich gebe keinen Pfifferling auf den Valentinstag. Es ist ein künstlicher Feiertag. Wen interessiert das schon?“

„Cari Christensen, versuch nicht, mich an der Nase herumzuführen. Ich kenne dich viel zu gut.“

„Nein, Mara!“

„Du brauchst einen Mann.“

Mara funkelte sie so entschlossen an, dass Cari lachen musste. „Keine Ahnung, warum ich nichts dagegen unternehme, dass du immer noch meine Freundin bist!“

„Weil du genau weißt, dass ich nur das Beste für dich im Sinn habe.“

Cari seufzte. Sie wusste, dass sie verloren hatte. Trotzdem musste sie so tun, als würde sie noch lange nicht aufgeben. „Ich brauche niemanden, der sich um mich kümmert.“

„Doch, natürlich. Ich bin zu deiner guten Fee ernannt worden. Langsam solltest du dich daran gewöhnen.“

„Nein.“

Mara gab natürlich niemals auf. Aus diesem Grund saß Cari jetzt in der Longhorn Lounge, hielt eine traurige rote Rose in der Hand und wartete auf einen Mann namens Randy, von dem Mara behauptet hatte, dass er perfekt zu ihr passen würde.

„Du musst einfach auf ihn warten. Er ist anders. Ganz besonders. Du wirst überrascht sein.“

Um ihrer Freundin den Gefallen zu tun, hatte Cari sich vorgenommen, dauernd zu lächeln und so zu tun, als würde sie sich für die Geschichten interessieren, die Randy ihr über seine männlichen Eroberungszüge erzählte.

Sie würde sich ein nettes Dinner hier im Restaurant gönnen, pünktlich zum Dessert Kopfschmerzen vorschützen, sich höflich entschuldigen und schleunigst nach Hause fahren. Danach würde ihr Anrufbeantworter die Arbeit für sie erledigen. Vielleicht würde Mara dann endlich aufgeben. Immerhin hatte Cari es ja versucht.

Die Tür öffnete sich. Der Mann, der eintrat, klappte gerade sein Handy auf. Er war groß, trug einen gut geschnittenen Anzug anstatt der üblichen Jeans und zog die Aufmerksamkeit sämtlicher Gäste auf sich.

Irgendetwas an seiner Haltung nahm Cari gefangen. Aber vielleicht lag es auch nur daran, dass er der attraktivste Mann war, der ihr außerhalb der Kinoleinwand jemals unter die Augen gekommen war. Sein dichtes, dunkles Haar war ausgezeichnet geschnitten, erweckte aber trotzdem den Eindruck, dass es ein bisschen zu lang war und ein bisschen zu sorglos frisiert. Als ob gerade eine frische Brise hineingefahren wäre. Oder die Finger einer Geliebten …

Das seidene Jackett straffte sich über seinen breiten Schultern, als er sich umdrehte. Die messerscharfe Bügelfalte seiner Hose diente offenbar nur dazu, seine muskulösen Schenkel zu betonen. Er sah aus wie eine griechische Statue, die zum Leben erweckt und in einen modernen Businessanzug gesteckt worden war.

Cari rann ein Schauer über den Rücken. Kurz darauf amüsierte sie sich über sich selbst. Eines war sicher: Dieser Mann konnte unmöglich ihr Randy sein. Und sie war froh darüber. Energische, unglaublich attraktive Männer waren ihrer Erfahrung nach die schlimmsten. Trotzdem musste sie zugeben, dass er unbestreitbar attraktiv war.

Ein Augenschmaus, würden die Leute sagen. Wie gut, dass Cari auf Diät war.

„Tut mir leid, Mara“, würde sie morgen am Telefon ihrer Freundin erklären, „er hat sich nicht blicken lassen. Nimm es als Zeichen. Und bilde dir nicht ein, dass ich mich noch mal auf so etwas einlasse.“

Ein Schatten fiel über sie. Cari schaute auf und bemerkte einen fleischig aussehenden Mann mit Stetson und engen Jeans.

„Hey, kleine Lady, soll ich dich zu einem dieser tollen Drinks mit Schirmchen und Früchtchen und so weiter einladen?“

Cari stöhnte innerlich auf, beherrschte sich aber so weit, dass er es nicht bemerkte. „Nein danke, Cowboy“, entgegnete sie und versuchte, höflich zu bleiben, als sie vom Barhocker rutschte und sich zur Tür drehte. „Ich wollte gerade gehen.“

„Kein Grund zur Eile“, widersprach er und versperrte ihr den Weg. „Du bist so hübsch wie ein blühender Kaktus, nicht wahr?“

Cari lächelte kurz, hob das Kinn und gab ihm zu verstehen, dass sie sich nichts bieten ließ. „Und genauso stachlig, Honey. Lass besser die Finger von mir. Du willst doch bestimmt nicht gestochen werden.“

Seine Miene verdunkelte sich. „Jetzt hörst du mir gefälligst mal zu …“

Aber genauso plötzlich, wie der Cowboy sich ihr in den Weg gestellt hatte, verschwand er auch wieder. Denn ein kräftigerer und viel beeindruckenderer Mann erschien auf der Bildfläche, und alles um ihn herum schien sich zu verflüchtigen. Sie spürte seine Anwesenheit, bevor sie ihn sah, und sog hastig die Luft ein. Langsam schaute sie auf.

Ja, es war der Mann, den sie vor ein paar Minuten in der Tür gesehen hatte. Der Mann, von dem sie überzeugt gewesen war, dass er nichts mit ihr oder ihrem Leben zu tun haben konnte. Jetzt stand er vor ihr, streckte ihr eine zerknautschte rote Rose entgegen und fragte sie etwas. Doch in ihrem Kopf herrschte gähnende Leere. Sie verstand kein Wort von dem, was er sagte.

„Was?“, stieß sie benommen hervor und schaute zu ihm auf, als würde sie in die Sonne blinzeln.

Max schwankte zwischen Interesse und Verärgerung. Er hatte es einfach nur hinter sich bringen und das Lokal so schnell wie möglich wieder verlassen wollen, aber nun war er irgendwie in dieser Situation gefangen. Es war einfach gewesen, die attraktive Frau mit den blonden Locken zu finden, deren schwarzes Kleid wohlgeformte Kurven an genau den richtigen Stellen betonte. Und die Beine waren definitiv auch einen zweiten Blick wert.

Nur hatte er das Problem, dass er sich an ihren Namen nicht erinnern konnte. Seine Mutter hatte ihn oft genug genannt, wieder und wieder. Immer wenn sie die alte Geschichte erzählte, wie man ihre Familie um die Triple M Ranch betrogen hatte. Vor ihm saß die Tochter der Frau, die seiner Mutter das Unrecht angetan hatte – aber wie hieß sie doch gleich? Irgendwas wie … Kerry?

„Miss Kerry?“, wiederholte er, als sie ihn das erste Mal nicht verstanden hatte.

„Oh!“, sagte sie zutiefst verstört. „Sie können doch unmöglich … ich meine, Sie können doch nicht … sind Sie …?“

„Genau.“ Er wedelte mit der Rose und deutete mit einem Kopfnicken auf ihre. „Ich hatte gehofft, dass wir heute Abend Zeit haben, uns ein wenig kennenzulernen“, bemerkte er sanft. „Aber leider geht es nicht. Es tut mir leid, dass ich Sie enttäuschen muss, aber es ist mir etwas dazwischengekommen. Wir müssen es auf ein anderes Mal verschieben.“

„Oh.“

Max brach ab. Sie war sehr süß und schien ziemlich verlegen zu sein. Ganz und gar nicht das, was er erwartet hatte. Fasste sie seine Worte etwa als Zurückweisung auf? Nun, von ihrem Standpunkt aus gesehen ergab das sicher Sinn. Aber anstelle der arroganten Sirene, die er sich nach den Geschichten seiner Mutter immer vorgestellt hatte – eine Frau, deren Ego so dick gepanzert war, dass nichts sie so leicht verletzten konnte – fasste die Frau vor ihm seine Worte persönlich auf.

Glaubte sie etwa, dass er einen Blick riskiert und dann entschieden hatte, dass es sich nicht lohnte, Zeit auf sie zu verschwenden? Auch wenn er keine Lust auf dieses Blind Date gehabt hatte – verletzen wollte er sie auf keinen Fall.

„Meine Mutter lässt Sie herzlich grüßen“, sagte er und ließ den Blick anerkennend über ihr Gesicht schweifen. Interessanterweise passte sie gar nicht in sein übliches Beuteschema. Normalerweise bevorzugte er den Modell-Typ, große, kühle Frauen, die dekorativ waren, aber auch klug genug zu wissen, was gespielt wurde. Die jungen Unschuldslämmer wollten sich ständig nur verlieben. Doch diese Anhänglichkeit entsprach nicht seiner Natur und stand auch gar nicht zur Debatte.

Solange er zurückdenken konnte, beschäftigte er sich schon mit dem menschlichen Wesen. Seiner Meinung nach war Verliebtsein nur etwas für Dummköpfe, die die Augen vor der Realität verschlossen und auf ein Märchen hofften. Er hielt sich für viel zu klug, um auf solchen Unsinn hereinzufallen.

Aber trotzdem wirkte die junge Frau irgendwie anziehend auf ihn. Sie sah intelligent und schlagfertig aus. Ihre Augen funkelten in einem ungewöhnlichen Blau und waren umrahmt von dichten, dunklen Wimpern. Die leichten Sommersprossen auf ihrer kleinen Nase wirkten wie Zimtstaub. Und ihr Haar, das wie der Sonnenschein leuchtete, war beinahe nachlässig frisiert, sodass ihr immer wieder einige Strähnen ins Gesicht fielen, die sie dann mit der Hand energisch nach hinten schob.

Kaum das, womit Max gerechnet hatte. Nach den Geschichten seiner Mutter war er fest davon überzeugt gewesen, sie auf den ersten Blick nicht ausstehen zu können. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher.

„Ich hoffe, wir können unseren Abend irgendwann nachholen“, sagte er und meinte es aufrichtig. „Darf ich Sie morgen anrufen?“

„Oh“, wiederholte sie und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. „Ich … ich denke, ja.“

Zugegeben, ihr Wortschatz war nicht besonders groß. Aber vielleicht bin ich auch ein wenig zu brüsk gewesen, überlegte er. Das hatten seine Freunde und seine Angestellten ihm jedenfalls schon öfter vorgeworfen, und er bedauerte es sehr. Denn er hatte nicht die Absicht, ruppig zu sein.

Trotzdem hatte Max keine Zeit mehr. Schulterzuckend lächelte er sie an und wandte sich dem Ausgang zu. Er war schon fast aus der Tür, als er sich an die dumme Rose in seiner Hand erinnerte. Warum sie nicht ihr in die Hand drücken? Was sollte er auch sonst damit anstellen?

Als Max sich umdrehte, stellte er fest, dass sie ihn immer noch mit aufgerissenen Augen anstarrte. Irgendetwas in dem Blick aus diesen großen blauen Augen war äußerst merkwürdig …

„Oh, zum Teufel noch mal“, fluchte er heftig. Wenn er sie in der Lounge sitzen ließe, würde er sich vorkommen, als würde er einem Welpen verbieten, ihm nach Hause zu folgen. „Warum begleiten Sie mich nicht einfach? Wir können irgendwo anhalten und uns was zu essen holen.“

Insgeheim gratulierte Max sich zu seinem Vorschlag. Das war eine gute Idee. So konnte er sich seiner ursprünglichen Verpflichtung entledigen, ohne gleich die Hoffnung auf eine zukünftige Beziehung zu zerstören. Gleichzeitig musste er kein schlechtes Gewissen haben, wenn er später seine Mutter anrief. Brillant!

„Ich … äh … vielleicht.“ Cari räusperte sich.

Sie begriff nicht, warum sie nicht in der Lage war, auch nur einen einzigen klaren Satz zu äußern. Das war so gar nicht typisch für sie. Aber die Tatsache, dass der Mann vollkommen anders aussah, als sie ihn sich vorgestellt hatte, hatte ihr schier die Sprache verschlagen, und sie brauchte ein paar Minuten, um den Schock zu überwinden. Im Augenblick schien sie Wachs in seinen Händen zu sein, und das Nächste, was sie mitbekam, war, wie er seine Hand zwischen ihre Schulterblätter legte und sie sanft durch die Menge steuerte.

Cari begleitete ihn tatsächlich. So sah es jedenfalls aus. Unsicher schaute sie zurück und wusste nicht genau, ob es klug war, mit einem Fremden in die Nacht hinauszueilen. Wobei Fremder nicht ganz stimmte, er war der Cousin von Maras Ehemann. Zumindest hatte ihre Freundin das behauptet.

Das Seltsame war: Als Cari einen Blick zurück auf den lärmenden Club warf, sah sie aus den Augenwinkeln eine rote Rose in der Hand eines großen blonden Mannes mit Brille. Aber es ging alles so schnell, dass sie den Anblick nur flüchtig registrierte, bevor ihre männliche Begleitung ihre Aufmerksamkeit gleich wieder gefangen nahm. Also ging sie mit ihm, halb auf ihren hohen Schuhen hüpfend, um mit seinem schnellen Schritt mitzuhalten, bis sie endlich bei seinem langen, niedrigen Sportwagen ankamen.

„Du lieber Himmel“, platzte sie heraus, als Max ihr die Beifahrertür aufhielt.

„Es ist ein Ferrari“, erklärte er stirnrunzelnd. „Sicher haben Sie in der Stadt schon einmal einen gesehen. Ich dachte, dass es in Dallas nur so vor ihnen wimmelt.“

Cari nickte und ließ sich in das luxuriöse Leder sinken. „Natürlich. Nur habe ich noch nie in einem gesessen“, gestand sie und zuckte kurz zusammen. Vielleicht hätte sie das lieber für sich behalten sollen.

Max setzte sich auf den Fahrersitz, beugte sich nach vorn und gab die Adresse ins Navi ein, bevor er sich zu ihr drehte. „Nach allem, was ich über Sie gehört habe, müssten schnelle Autos und ein Luxusleben doch genau Ihre Kragenweite sein.“

Verwirrt erwiderte Cari seinen Blick. Hatte er sie etwa mit einem anderen Blind Date verwechselt? „Wer hat Ihnen denn das erzählt?“

Einen Moment lang starrte er sie ebenfalls an und wandte sich dann schulterzuckend ab. Sogar in seiner grenzenlosen Verwirrung sah er noch unglaublich attraktiv aus. „Texas“, murmelte er und ließ den Motor an, „das Land überrascht mich immer wieder.“

Und seine Bemerkung überraschte sie. Cari wollte gerade anmerken, dass Mara ihr verraten hatte, er wäre in der Gegend von Galveston aufgewachsen. Aber es verschlug ihr wieder die Sprache, als sie erneut feststellte, wie unglaublich gut dieser Mann aussah. Alles an ihm strahlte Reichtum und Macht aus. Sein Anzug hatte bestimmt mehr gekostet als ihr Gebrauchtwagen. Das fantastische schwarze Haar, seine wundervoll gebräunte Haut, die Art, wie die Muskulatur seiner Oberschenkel sich unter dem Stoff seiner Hose spannte … all das war garantiert dazu geschaffen, das Herz einer Frau höher schlagen zu lassen.

Das Hemd trug er am Kragen offen, sodass man noch mehr gebräunte Haut und ein paar krause Locken auf seiner Brust erkennen konnte. Hätte sie zu den Frauen gehört, die schnell in Ohnmacht fallen, wäre es spätestens jetzt so weit gewesen.

Nein, zu denen gehörst du nicht, mahnte Cari sich streng, das passt überhaupt nicht zu dir. Und noch eins: Immer diese Aufregung um blendend aussehende, reiche Männer, die sich am Ende doch nicht lohnt. Zugegeben, Maras Ehemann war sehr nett, aber der Gedanke, dass er jemanden wie ihren Begleiter in seiner Familie hatte, verwirrte sie.

Just in diesem Moment schoss der tiefer gelegte schlanke Sportwagen los wie eine Rakete. Als ihr Körper in den weichen Ledersitz gepresst wurde, bekam sie beinahe ein bisschen Angst um ihr Leben. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.

Der Wagen hielt an einer Ampel. Cari schluckte schwer und drehte sich hart zu ihrem Fahrer um. Er sollte ruhig wissen, dass ihr dieser Fahrstil nicht gefallen hatte.

„Wow. Fahren Sie immer so?“, fragte sie ein wenig gereizt und schob sich das Haar zurück.

Max war über ihren strengen Tonfall überrascht, lachte aber.

„Ich probiere den Wagen noch aus. Ich habe ihn erst heute Vormittag beim Händler abgeholt und wollte mal sehen, was er so draufhat.“ Entschuldigend verzog er das Gesicht. „Aber ich kenne mich in dieser Gegend nicht besonders gut aus, also höre ich damit jetzt auch auf. Tut mir leid, ich hätte Sie warnen sollen.“

Max lächelte schief, empfand aber nicht das geringste Bedauern über das Vergnügen, das ihm der kurze Sprint bereitet hatte. Das Lächeln verschwand jedoch, als er sie anschaute.

Das wirre lockige Haar fiel ihr immer noch in die Augen. Max verspürte den Impuls, die Hand auszustrecken und ihr die Strähnen aus dem Gesicht zu streichen. Schon bei dem Gedanken juckte es ihn in den Fingerspitzen. Er ertappte sich dabei, wie er genau auf die Stelle starrte, wo ihr zartes muschelförmiges Ohr aus den Locken lugte, wie sein Blick anschließend zu ihrem weichen cremefarbenen Nacken wanderte, wie er sich vorstellte, dass dort seine Lippen und seine Zunge …

Der Wagen hinter ihnen hupte laut. Da erst merkte er, dass die Ampel inzwischen auf Grün gesprungen war, und konzentrierte sich wieder auf die Straße. Trotzdem schweiften seine Gedanken immer wieder zu der Frau neben ihm ab. Irgendetwas an ihr kitzelte seine Fantasie, und zwar auf eine seltsame und ungewöhnliche Art.

Plötzlich erinnerte Max sich wieder an ihren Namen. Celinia Jade Kerry. Wie hatte er einen solchen Namen nur vergessen können? Celinia Jade. Ein ganz schöner Zungenbrecher.

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie C. J. nenne?“, fragte er ein wenig sarkastisch.

Cari blinzelte verwirrt. „Warum sollten Sie?“

„Weil’s kürzer ist. Leichter zu merken.“

Cari zog die Nase kraus. „Aber …“

Max bog auf die Schnellstraße und trat aufs Gaspedal. Ihre Antwort ging im Aufheulen des Motors unter, und er musste sich auf den fließenden Verkehr konzentrieren, sodass er sie nicht bitten konnte, ihre Worte zu wiederholen.

Komisch. Jetzt, wo er darüber nachdachte, fiel ihm ein, dass seine Mutter behauptet hatte, Celinia Jade Kerry würde genau zu dem Typ Frauen passen, mit dem er normalerweise ausging – der Typ, bei dem seine Mutter dazu neigte, missbilligend die Augen zu verdrehen.

Paula Angeli kannte C. J. zwar nicht besonders gut, dafür aber deren Mutter. Beziehungsweise hatte sie gekannt, vor vielen Jahren.

„Vor ihrer Hochzeit mit Neal Kerry, dem Mann, der meine Ranch gestohlen hat, hieß sie Betty Jean Martin“, hatte Max’ Mutter ihm erst vor ein paar Tagen bei einem Cappuccino erzählt. Sie hatten auf der Terrasse ihres italienischen Hauses gesessen und auf die venezianischen Kanäle geschaut.

„Sie war meine beste Freundin“, fuhr sie fort, „aber nachdem sie Neal hinter meinem Rücken geheiratet hat, ist sie meine schlimmste Feindin geworden.“

Max nickte. Wie oft hatte er die Geschichte schon gehört. Inzwischen beschlich ihn der Verdacht, dass seine Mutter insgeheim gehofft hatte, sie würde den Mann heiraten – bevor ihre Freundin Betty Jean ihn vor den Altar gezerrt hatte – und auf diese Art ihre Ranch zurückbekommen.

Alles in allem konnte Max jedoch recht zufrieden sein, dass es damals anders gekommen war. Kurze Zeit später hatte seine Mutter Carlo Angeli kennengelernt, und ihr Leben hatte sich zum Besseren gewendet, jedenfalls in finanzieller Hinsicht. Das passierte gelegentlich, wenn man einen Millionär heiratete.

Trotzdem war Max bewusst, dass es keine glückliche Ehe gewesen war. Sein Vater war nur selten zu Hause gewesen, und die Affären mit den Frauen seiner besten Freunde waren legendär. Das Leben seiner Mutter hatte sich nur noch um ihre beiden Söhne gedreht – und um die bittersüßen Erinnerungen an ihre Kindheit auf der Triple M Ranch in Dallas.

„Ich bin mir sicher, dass Celinia Jade genau das ist, woran du gewöhnt bist“, hatte seine Mutter behauptet und mit dem Brief gewedelt, der von der Tochter ihrer alten Freundin eingetroffen war. „Ich habe immer noch oft genug Kontakt zu den alten Texanern, um zu wissen, was dort los ist. Sie ist ein Kleiderständer, der keine tiefschürfenderen Gedanken kennt als die aktuelle Rocklänge und ob die neue Lippenstiftfarbe ihren Mund noch küssenswerter macht. Klingt das vertraut?“

„Hast du meine Telefongespräche belauscht?“, hatte er sie aufgezogen.

An dieser Stelle hatte sie die Augen verdreht.

„Wann begreifst du endlich, Mama?“, erklärte er liebevoll. „Ich treffe mich nicht mit Frauen, weil ich mich unterhalten will.“

„Dann wirst du mit der jungen Miss Kerry sicher wunderbar harmonieren.“ Paula hatte wieder auf den Brief geschaut. „Es ist seltsam, nach all den Jahren wieder von ihr zu hören. Und noch seltsamer, dass sie gleich anfragt, ob sie uns besuchen darf.“

„Was für ein Glück, dass ich in ein paar Tagen nach Dallas fliege und nachsehen kann, was es damit auf sich hat.“ Max schaute seine Mutter an und bemerkte die dunklen Ringe unter ihren Augen. In letzter Zeit hatte sie immer gebrechlicher ausgesehen. Seit Gino gestorben war. Es tat Max in der Seele weh, dass sie so leiden musste.

„Hast du eine Ahnung, was sie von dir wollen könnte?“, fragte er beiläufig, obwohl er sich ziemlich sicher war, worum es sich handelte.

„Geld.“ Seine Mutter seufzte und schüttelte ihre grauen Locken. „Es geht das Gerücht, dass sie in argen finanziellen Schwierigkeiten steckt. Ihre Eltern sind beide verstorben. Und bisher hat sie ihr Leben mit den bescheidenen Mitteln bestritten, die sie ihr hinterlassen haben. Kein Zweifel, dass sie dich als nie versiegenden Geldautomaten betrachtet.“

„Interessant“, hatte Max gebrummt. Langsam formte sich ein Plan in seinem Kopf. „Bist du dir sicher, dass die Triple M Ranch immer noch ihr gehört?“

Autor

Raye Morgan

Raye Morgan wuchs in so unterschiedlichen Ländern wie Holland, Guam und Kalifornien auf und verbrachte später einige Jahre in Washington, D.C. Jetzt lebt sie mit ihrem Mann, der Geologe und Informatiker ist, und zwei ihrer vier Söhne in Los Angeles. „Die beiden Jungen zu Hause halten mich immer auf dem...

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