Das süße Spiel der Leidenschaft

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Verliebt in Theo De Angelis? Da kann Millionärstochter Alexa nur lachen! Schließlich ist ihre Heirat mit dem arroganten, aber unverschämt attraktiven Playboy bloß eine Farce, damit sich der größte Traum ihrer todkranken Mutter erfüllt. Klar, dass Alexa strikte Regeln einfordert: absolut keine Gefühle und Küsse nur in der Öffentlichkeit. Doch einen Verlobungsring zu tragen ist eine Sache, aber den unerwartet süßen Verlockungen zu widerstehen, mit denen ihr Bräutigam sie überrascht, eine ganz andere … Trotzdem, Alexa hält eisern an ihren Vorsätzen fest - aber für wie lange?


  • Erscheinungstag 11.10.2016
  • Bandnummer 2253
  • ISBN / Artikelnummer 9783733707057
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was ich zu sagen habe, wird dir nicht gefallen.“

Theo hatte sofort alles stehen und liegen lassen und sich einen Flug nach Rom gebucht, als sein Vater Stefano ihm am Telefon verkündete, dass er in einer ungemein wichtigen Angelegenheit mit ihm sprechen musste.

Stefano De Angelis war nicht der Typ Mann, der dramatische Gesten liebte. Umso mehr sorgten Theo und sein Bruder Daniel sich um ihn. Seit dem Tod ihrer Mutter Rose war er nie wieder der Alte geworden. Das Energiebündel, das aus eigener Kraft ein Imperium erschaffen hatte, war förmlich in sich zusammengefallen. Und auch mit vereinten Kräften war es seinen beiden Söhnen nicht gelungen, seine Trauer zu durchdringen. Er aß weiterhin, schlief, redete und lief – doch seine Seele war verschwunden und hatte nur die physische Hülle zurückgelassen.

Welche Hiobsbotschaft, dachte Theo nervös, steht mir nun wohl bevor?

„Hast du auch schon mit Daniel gesprochen?“ Mit langen Schritten durchquerte er das große Wohnzimmer. Durch die bodentiefen Fenster konnte er die weiten Rasenflächen der Parkanlage des Anwesens erblicken. Schließlich nahm er seinem Vater gegenüber Platz.

„Diese Situation betrifft deinen Bruder nicht“, erwiderte Stefano, ohne dem scharfen Blick aus den grünen Augen seines Sohnes auszuweichen.

Theo atmete erleichtert auf. Wenn Daniel nicht ebenfalls herbeizitiert worden war, ging es zumindest nicht um irgendeine gesundheitliche Krise. Er war versucht gewesen, seinen Bruder hinter dem Rücken des Vaters zu kontaktieren, hatte sich aber letztlich dagegen entschieden. Daniel befand sich gerade mitten in einem Balanceakt, der all seine Aufmerksamkeit erforderte. Es ging darum, zeitgleich ein großes Geschäft abzuschließen und eine weniger bedeutsame Liebesaffäre zu beenden.

Der Abschluss, so hatte ihm sein Bruder vor ein paar Tagen anvertraut, war im Grunde ein Kinderspiel im Vergleich zu der Frauengeschichte. Die betreffende Dame hatte in der jüngeren Vergangenheit des Öfteren angedeutet, dass sie plante, mit Daniel den „nächsten Schritt“ zu machen. Sie würde ganz sicher nicht einfach so klein beigeben – zumindest nicht ohne eine größere Szene.

„Also? Was genau ist es, das zu hören mir nicht gefallen wird?“, hakte Theo nach.

„Wie du ja weißt, mein Sohn“, begann Stefano, und der Blick seiner dunkelbraunen Augen schien in die Vergangenheit zu schweifen, „hat der Tod eurer Mutter ein großes Loch in mein Leben gerissen. Als meine geliebte Rose starb, nahm sie einen großen Teil von mir mit sich.“

„Wir vermissen sie alle.“

„Sicher. Aber dein Bruder und du, ihr seid jung. Ich hingegen bin ein alter Mann. Vielleicht, wenn ihr Tod nicht so überraschend gekommen wäre … wenn ich Zeit gehabt hätte, mich an den Gedanken zu gewöhnen …“ Er seufze. „Aber deswegen habe ich dich nicht hergebeten, Theo. Was geschehen ist, lässt sich nicht ändern, da hilft auch kein Jammern und Klagen. Ich habe dich hierhergebeten, weil sich in der Zeit, in der ich … geistig nicht ganz anwesend war, in der Firma einige ungünstige Dinge ereignet haben.“

Theos Anspannung wuchs. Er bemerkte, wie sein Vater nervös die Finger ineinander verschränkte – und Stefano war kein Mann, der sich so leicht aus der Ruhe bringen ließ.

„Ungünstige Dinge …?“

„Grundlegende Misswirtschaft“, erklärte Stefano, ohne um den heißen Brei herumzureden. „Und Schlimmeres. Ich wurde kürzlich darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich mein Co-Direktor Alfredo – ein Mann, für den ich meine Hand ins Feuer gelegt hätte – der Veruntreuung schuldig gemacht hat, und zwar im großen Stil. Es gleicht einem Wunder, dass die Presse noch nichts davon erfahren hat. Eine gewaltige Summe von Firmengeldern ist in zweifelhaften Kanälen versickert – davon auch ein großer Teil des Rentenfonds.“

Theo lehnte sich zurück. Ja, das war ein Problem – aber ein Unlösbares? Nein, nicht wirklich. „Wenn du befürchtest, dass dieser Betrüger nicht bekommt, was er verdient, dann überlass die Angelegenheit nur mir“, sagte er, während sein kühl und analytisch funktionierender Verstand bereits entsprechende Möglichkeiten erarbeitete. „Dasselbe gilt für das verschwundene Geld. Ich werde dafür sorgen, dass alles wieder genau dort hingelangt, wo es hergekommen ist. Niemand muss je etwas davon erfahren.“

„So leicht ist das leider nicht, Theo.“

Nun würden sie also zum Kern des Problems vordringen. Der Grund, warum sein Vater ihn zu sich gerufen hatte.

„Ich würde dich und Daniel niemals um finanzielle Unterstützung bitten.“ Stefanos Miene verfinsterte sich, als er das für ihn Undenkbare aussprach. „Ihr Jungs habt es in der Welt aus eigener Kraft zu etwas gebracht, und mein Stolz würde es mir keinesfalls erlauben, vor euch als Bittsteller aufzutreten.“

Frustriert schüttelte Stefano den Kopf. Es war nicht so, dass er seinen Vater nicht verstehen konnte. Sowohl Daniel als auch er waren wie Stefano so stolz, dass es schon an Dickköpfigkeit grenzte. „Aber es wäre doch nicht …“

„Ich habe mich stattdessen an Carlo Caldini gewandt“, brach es aus Stefano hervor. „Mir blieb nicht wirklich eine Wahl. Die Gefahr, dass die Bank mir die rote Karte zeigen würde, war einfach zu groß. In diesem Fall hätte ich alles verloren, was eure Mutter und ich uns aufgebaut haben, und die Firma wäre den Wölfen zum Fraß vorgeworfen worden. Bei Carlo wusste ich zumindest, dass sich die Angelegenheit zwischen uns beiden abspielt.“

Theo ballte die Hände zu Fäusten und presste sie vor die Augen. Carlo Caldini war einst der engste Freund und Vertraute seines Vaters gewesen. Doch solange Theo zurückdenken konnte, kannte er die beiden nur als erbitterte Konkurrenten.

Dass Stefano tatsächlich den Schritt getan hatte, ausgerechnet Carlo um Hilfe zu bitten, machte Theo Kopfschmerzen. „Und zu welchem Preis?“, fragte er zögernd.

Stefano wirkte unruhig. „Du bist jetzt zweiunddreißig Jahre alt und wirst auch nicht jünger, Theo. Deine Mutter hat sich immer gewünscht, zumindest einen von euch Jungs in stabilen Verhältnissen zu sehen, aber dazu ist es ja leider nie gekommen …“

„Ich fürchte, ich kann dir nicht ganz folgen …“

„Diese ganze Geschichte hat vor acht Monaten begonnen“, erklärte Stefano. „In all dieser Zeit war es mir unmöglich, den gewährten Kredit zurückzuzahlen.“

„Und du hast das für dich behalten!“

„Ich wollte dich und deinen Bruder nicht beunruhigen.“

„Sag mir einfach, welche Wucherzinsen Carlo verlangt, und ich kümmere mich darum.“

„Jetzt kommen wir zu dem Teil, der dir nicht gefallen wird, mein Sohn.“

„Ich bin ganz Ohr.“ Theo war unbesorgt. Er besaß genug Geld, um die Schulden seines Vaters zu begleichen – und genau das würde er tun, auch wenn er wütend darüber war, dass dieser Hilfe außerhalb des engsten Familienkreises gesucht hatte.

„Wie du weißt, hat Carlo eine Tochter. Ein Einzelkind. Sehr zu seinem Missfallen sind ihm niemals Söhne geschenkt worden.“ Selbst in seiner prekären Situation konnte Stefano sich eine gewisse Selbstzufriedenheit angesichts dieser Tatsache nicht verkneifen.

Theo hob eine Braue. Er hatte sich immer gefragt, was wohl der Grund für die Feindseligkeiten zwischen seinem Vater und Carlo sein mochte. Vermutlich eine lächerliche Kleinigkeit.

„Inwiefern ist das von Bedeutung?“, fragte er, irritiert über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte.

„Ihr Name ist Alexa. Wie es scheint, ist das Mädchen bisher noch unverheiratet, und Carlo …“ Stefano zuckte mit den Achseln. „Nun, die ganze Situation bekümmert ihn sehr. Die Rückzahlungsmodalitäten – und ich muss gestehen, dass der alte Fuchs nachsichtiger war als jede Bank – beinhalten die Bedingung, dass du ihm bei seinem Dilemma mit Alexa aushilfst. Theo, ich habe ihm versprochen, dass du sie zur Frau nimmst …“

Alexa bedachte ihre Mutter, die gerade etwas zum Anziehen für sie heraussuchte, mit einem wütenden Blick. Etwas Angemessenes sollte es sein, um den Mann zu treffen, den sie nicht kennenlernen und ganz sicher nicht heiraten wollte. Am Ende entschied sie sich für ein duftiges blaues Kleid, dessen lächerlich tiefer Brustausschnitt nur noch von dem in ihrem Rücken übertroffen wurde.

Alexa seufzte. Sie fühlte sich wie das sprichwörtliche Lamm, das zur Schlachtbank geführt werden sollte. Mit jeder Faser ihres Körpers wünschte sie sich, einfach aus dem Haus stürmen, zum nächsten Hafen flüchten und von dort aus ein Schiff zum hintersten Winkel der Erde nehmen zu können. An einen Ort, an dem sie sich die kommenden zehn Jahre verstecken konnte, bis diese ganze haarsträubende Geschichte endlich aus der Welt geschafft war.

Und zwar ohne ihre Beteiligung.

Zuerst hatte sie es für einen schlechten Scherz gehalten, als ihr Vater sich ihr erklärte, dass sie einen De Angelis heiraten sollte.

Eine arrangierte Hochzeit? Sie lebten doch nicht mehr im Mittelalter! Und noch dazu ging es um den Sohn des Mannes, mit dem ihr Vater seit nunmehr fünfunddreißig Jahren eine alberne Fehde führte. Das konnte doch nur ein Witz sein!

Nun, dieses Gespräch lag inzwischen eine Woche zurück – und Alexa hatte feststellen müssen, dass es ihrem Vater absolut ernst war.

„Der arme Mann steckt in finanziellen Schwierigkeiten“, hatte Carlo Caldini ihr anvertraut – vermutlich, um an ihr weiches Herz zu appellieren. „Und er hat sich an seinen alten Freund gewandt, um ihn um Hilfe zu bitten.“

„Einen Freund, dem er seit fünfunddreißig Jahren nicht mehr von Angesicht zu Angesicht gegenübergesessen hat.“

Er zuckte die Schultern. „Ich hätte an seiner Stelle genau dasselbe getan.“

Alexa war überrascht darüber, dass ihr Vater eine so mitfühlende Seite von sich zeigte. Doch wenn er sich veranlasst sah, zur Rettung eines Mannes zu schreiten, mit dem er seit über drei Jahrzehnten im Krieg lag, sollte es eben so sein. Was hatte das mit ihr zu tun?

Alles, wie sich herausstellte.

Sie war wie ein Stück Vieh verscherbelt worden. Sie liebte ihren Vater, das tat sie wirklich. Dennoch wäre sie niemals bereit gewesen, bei diesem ganzen Schmierentheater mitzuspielen, hätte er nicht seine letzte Trumpfkarte ausgespielt.

Ihre Mutter erholte sich zurzeit von einem Schlaganfall, und die Ärzte hatten ihr Aufregung jeglicher Art verboten. Kein Stress, hatte man die Familie gewarnt. Und schlimmer noch – erst jetzt erfuhr Alexa, dass dies bereits der dritte und heftigste von drei Schlaganfällen gewesen war, der ihr Herz in einem geschwächten Zustand zurückgelassen hatte. Sie redete viel vom Sterben und davon, wie sehr sie sich wünschte, ihr einziges Kind verheiratet und in gesicherten Verhältnissen zu sehen.

Was, wen ihr etwas zustieß, hatte ihr Vater gefragt. Wenn sie ihnen genommen wurde, ehe ihr größter Wunsch in Erfüllung gehen konnte?

Alexa hatte gewütet und geschimpft. Waren arrangierte Hochzeiten nicht wirklich etwas, das in die graue Vorzeit gehörte? Verflixt, nicht einmal die Ehe ihrer Eltern war auf eine solche Art und Weise geschlossen worden – warum sollte also sie sich nun auf eine so absurde Sache einlassen?

Als das alles nichts half, merkte sie an, dass Carla Caldini sich für ihre Tochter doch ganz gewiss kein erzwungenes Ehegelübde wünschen würde. Doch am Ende war es ihr nur gelungen, ein einziges Zugeständnis zu erwirken: Wenn sie diesen Mann heiratete, würde es zu ihren Bedingungen geschehen. Nach einem Jahr eines aufgezwungenen Ehe-Debakels wäre sie frei, eine Scheidung zu beantragen – und Stefano De Angelis würde von seinen Schulden befreit sein.

Ihr Vater hatte dem widerwillig zugestimmt.

Nun blieb ihr noch eine Stunde, ehe sie ihren zukünftigen Ehemann hier auf dem Anwesen begrüßen würde. Sie biss die Zähne zusammen und hielt die Schultern gerade. Das scheußliche blaue Kleid hing wieder im Schrank, wo es hingehörte. Sie würde sich für keinen Mann auftakeln, der den Ruf besaß, ein Playboy zu sein. Sie hatte sich nicht einmal im Internet über ihn informieren müssen – oder über seinen Bruder.

Theo und Daniel De Angelis waren aus demselben Holz geschnitzt. Beide gnadenlose Firmentycoons, beide geradezu unverschämt gut aussehend.

Trotz ihres privilegierten Backgrounds hatte Alexa es sich zur Lebensaufgabe gemacht, solchen Männern aus dem Weg zu gehen, von denen sie genau wusste, dass sie ebenso reich und mächtig wie oberflächlich waren. Sie war seit Jahr und Tag von ihnen umgeben, und es widerte sie an, dass sie glaubten, es wäre ihr gottgegebenes Recht, zu tun und zu lassen, was immer sie wollten.

Alexa verachtete alles, wofür Theo De Angelis stand. Sie hatte schon immer den nachdenklichen, rücksichtsvollen Typ Mann bevorzugt. Wenn sie an Liebe dachte, dachte sie an ihre Eltern – daran, einfach mitgerissen zu werden von jemandem, der freundlich und humorvoll war, und mit dem sie die Art von gemeinsamem Glück erleben konnte, das ihre Eltern ausstrahlten.

Was die Ehe betraf, so war sie nicht bereit, Kompromisse zu machen. Sie würde ihren Seelenverwandten heiraten – den Mann, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen wollte. Und sie hatte genügend gelangweilte, arrogante, selbstverliebte und eitle reiche Männer getroffen – Männer wie Theo de Angelis –, um zu wissen, dass sie ihren Seelenverwandten niemals unter ihnen finden würde.

Doch jetzt …

Sie duschte und ließ sich dabei alle Zeit der Welt. Er sollte nicht denken, dass sie nur darauf wartete, von ihm vor den Altar geführt zu werden. Da konnte die Presse ihn noch so oft zum begehrtesten Junggesellen erklären.

Und sie würde dieses verflixte blaue Kleid nicht tragen – oder irgendein anderes. Stattdessen entschied sie sich für ein Paar Jeans und eine locker sitzende, hochgeschlossene Bluse.

Sie betrachtete sich kritisch im Spiegel. Langes dunkles Haar, das sie zu einem Knoten am Hinterkopf zusammengefasst hatte, umrahmte ein ovales Gesicht. Genau wie ihr Vater besaß sie olivfarbene Haut, dunkle Brauen und ebenfalls dunkle, lange Wimpern, während sie von ihrer Mutter die großen, türkisfarbenen Augen geerbt hatte. Diese waren gleichzeitig auch ihr hervorstechendstes Merkmal – alles andere an ihr war, ihrer Meinung nach, eher durchschnittlich.

Sie war nicht groß und schlank und passte seit der Pubertät schon nicht mehr in Größe vierunddreißig. Und ihre Figur glich, sehr zu ihrem Leidwesen, einer Sanduhr, was es ihr zusammen mit ihrer geringen Körpergröße von knapp eins sechzig unmöglich machte, Designerkleidung zu tragen. Daran hatten auch Horden von Personal Trainern über die Jahre nichts ändern können.

Als sie den Salon erreichte, hörte sie Stimmen durch die angelehnte Tür, und ihre Nerven begannen zu flattern. Es war eine Sache, Theo De Angelis aus der Sicherheit ihres Zimmers heraus zu verdammen. Die Aussicht, ihm gleich persönlich gegenüberzustehen, eine vollkommen andere.

Sie war ihm noch nie begegnet. Er lebte in London – aber selbst wenn er in Rom wohnen würde, wäre sie ihm vermutlich nie über den Weg gelaufen, weil sie jegliche gesellschaftlichen Ereignisse weitestgehend mied.

Noch einmal atmete Alexa tief durch, dann trat sie mit klopfendem Herzen in den Salon.

Dort wurden gerade Drinks ausgeschenkt. Ihre Eltern saßen Theo De Angelis gegenüber. Sie hingen geradezu an seinen Lippen. Doch als sie Alexa bemerkten, kam die Unterhaltung zu einem abrupten Ende.

Sie hatte es nie darauf angelegt, im Mittelpunkt zu stehen, war in Kreisen aufgewachsen, in denen die Mädchen gehässig und das Aussehen am Wichtigsten waren. Mit einer Figur, die sie stets gezwungen hatte, sich in eher weite Kleidung zu hüllen, überließ sie das Heischen nach Aufmerksamkeit lieber anderen.

Wie gebannt starrte sie nun den hochgewachsenen schlanken Mann an, der entspannt in einem dunkelvioletten Ohrensessel saß. Die Fotos, die Alexa von ihm gesehen hatte, hatten sie nicht darauf vorbereitet, wie unglaublich gut er in Wirklichkeit aussah.

Zum Niederknien.

Sein schwarzes Haar war kurz geschnitten, die Gesichtszüge wirkten wie in Marmor gemeißelt. Der Blick seiner ungewöhnlich grünen Augen war gelassen, beinahe träge, umgeben von langen, dichten Wimpern, für die so manche Frau gemordet hätte.

Zweifellos umgab ihn eine Aura von ruchloser Macht, die ihn von einem einfach nur gut aussehenden Mann zu jemandem machte, der die Blicke aller Menschen auf sich zog und festhielt. Ein paar Sekunden blieb Alexa regelrecht die Luft weg. Als sie sich wieder im Griff hatte, zwang sie sich, ihn nicht länger anzustarren wie das achte Weltwunder. Die ganze Sache war auch so schon peinlich genug.

Ihre Eltern erhoben sich, um sie miteinander bekannt zu machen. Sie trat nicht auf ihn zu – ebenso wenig wie er Anstalten machte, einen Schritt auf sie zuzumachen. Genauer gesagt blieb er lange genug einfach sitzen, dass Alexa sich schon fragte, ob ihm jemals die Regeln von Sitte und Anstand beigebracht worden waren.

„Warum trägst du nicht das hübsche Kleid, das ich dir rausgelegt habe?“, zischte ihre Mutter ihr mit einem eindeutig missbilligenden Blick zu.

„Ich war der Ansicht, dass ich mich lieber so präsentiere, wie ich wirklich bin. Dir ist übrigens schon aufgefallen, dass dieser Mann auch Jeans trägt, oder? Ich würde jedenfalls nicht unbedingt sagen, dass er sich besonders große Mühe mit seinem Outfit gegeben hat.“

Sie schenkte ihm ein kühles Lächeln, während ein Angestellter eine Flasche Champagner hereinbrachte. Der höfliche Small Talk begann. Durch die Anwesenheit ihrer Eltern war die Situation etwas erträglicher. Dennoch fühlte sie sich angespannt wie eine Klaviersehne.

Als ihre Mutter knapp eine halbe Stunde später verkündete, dass sie zum Dinner ausgehen würden, warf Alexia ihr einen flehenden Blick zu. Doch entweder verstand Cora ihre Bedenken nicht, oder sie zog es ganz einfach vor, sie zu ignorieren.

„Wir lassen euch allein, damit ihr euch in Ruhe beschnuppern könnt“, erklärte sie vergnügt. „Elena hat eins ihrer köstlichen Menüs zubereitet. Ihr könnt euch gern in den Blauen Salon zurückziehen, dort habt ihr es ein bisschen gemütlicher.“

Sie sollten sich beschnuppern? Alexa zuckte zusammen. Dies hier war der absolute Albtraum für sie, begriff ihre Mutter das denn nicht?

Aber nein, natürlich nicht. Cora glaubte ja, dass es sich zwar um eine arrangierte Verbindung handelte, ging aber davon aus, dass beide Parteien ihr freudig zugestimmt hatten. Und stellte es deshalb nicht infrage, weil es ganz genau das war, was sie sich schon so lange für ihre Tochter ersehnt hatte: sie glücklich liiert und mit einem funkelnden Ring am Finger zu sehen.

Die Tür fiel hinter ihren Eltern ins Schloss, und Alexa starrte in ihr Champagnerglas. Deutlich spürte sie den Blick von Theos unglaublich grünen Augen auf sich ruhen, und es ärgerte sie, dass er scheinbar keinen Anlass sah, etwas zu sagen, um die Stille zu durchbrechen.

„Nun“, machte sie schließlich den Anfang, als sie das Schweigen nicht mehr länger ertrug. Sie blickte kurz auf, dann rasch wieder fort.

„Nun …“ Lässig streckte Theo seine langen Beine aus und verschränkte locker die Hände. „Sieh mal einer an. Hätte noch vor zwei Wochen jemand behauptet, dass ich heute im Wohnzimmer der Caldinis sitzen würde – zusammen mit meiner strahlenden Zukünftigen …“

Aber was hatte er eigentlich erwartet? Die Tatsache, dass Carlo Caldini – ein Mann mit mehr Millionen auf dem Konto, als er jemals im Leben ausgeben konnte – nicht in der Lage gewesen war, einen Bräutigam für seine Tochter zu finden, sprach ja wohl Bände.

Ein Mauerblümchen mit der Persönlichkeit einer Schlaftablette war die Prognose gewesen, die sein Bruder gemacht hatte. Und im Stillen hatte Theo ihm zugestimmt. Daniel und er mochten nicht länger in Italien leben, aber sie waren reich und mächtig genug, um noch immer von jedem, der Rang und Namen hatte, eingeladen zu werden. Und keiner von ihnen konnte sich daran erinnern, Alexa Caldini je begegnet zu sein.

Das sagte doch nun wirklich alles.

Trotzdem war Theo entschlossen gewesen, das Beste aus seiner unerfreulichen Lage zu machen. Denn wie furchtbar diese Frau auch sein mochte – eine Ehe war heutzutage nicht mehr in Stein gemeißelt. Es gab immer einen Ausweg, und in diesem Fall hatte er sogar bereits ein Hintertürchen entdeckt. Er brauchte sich einfach nur mit einer langweiligen grauen Maus zu arrangieren, die im Hintergrund Ehefrau spielte, und darauf warten, dass das Unternehmen seines Vaters von innen heraus saniert wurde. Im Grunde würde sich für ihn kaum etwas verändern.

Sein pflichteifriges Weibchen würde in Italien bleiben und sich um Haus und Herd kümmern, während er seinen Geschäften nachging und nur hin und wieder zu kurzen Stippvisiten heimkehrte.

Doch in dem Moment, in dem Alexa durch die Tür getreten war, hatte er zu seiner Überraschung feststellen müssen, dass sie nichts mit dem Bild gemein hatte, das er sich in seinem Kopf von ihr gemacht hatte.

Sie war … Nun, er wusste es selbst nicht so genau, was mehr als ungewöhnlich für ihn war. Eine der großen Fähigkeiten, deren Theo De Angelis sich rühmte, war es, jede Frau innerhalb von fünf Sekunden durchschauen zu können. Doch jetzt …

Die vergangenen anderthalb Stunden hatte sie schweigend dagesessen und es ihm überlassen, Small Talk mit Carlo und Cora Caldini zu führen und dabei den eigentlichen Grund seines Besuchs zu vermeiden – die arrangierte Ehe zwischen Alexa und ihm.

Cora, so hatte er von Carlo erfahren, wusste zwar, dass die Heirat an sich arrangiert war, hatte aber keine Ahnung über die finanziellen Hintergründe der Angelegenheit. Und so sollte es auch bleiben.

Alexas hartnäckiges Schweigen passte nicht zu der demütigen Unterwürfigkeit, die er erwartet hatte. Und was das Aussehen betraf …

Er neigte den Kopf ein Stück zur Seite und bemerkte, dass sie ihn herausfordernd anschaute.

„Ich hatte auch nicht damit gerechnet, so bald meinem hingebungsvollen, liebenden Zukünftigen gegenüberzusitzen“, entgegnete Alexa spitz und unterdrückte ein Seufzen. Für sie gab es keinerlei Anlass, vorzugeben, dass dieses Arrangement irgendetwas anderes als eine unglaubliche Katastrophe war.

Davon abgesehen wollte sie nicht, dass er glaubte, sie würde sich freiwillig in dieser Situation befinden. Ein so gut aussehender Mann war vermutlich arrogant genug, genau das anzunehmen. Besser, sie trieb ihm solche Anwandlungen gleich von Anfang an aus.

Er räusperte sich, während er sich erhob und zum Servierwagen ging. Er schenkte Alexa Champagner nach und füllte sein eigenes Glas mit Whisky auf. „Ich gehe also davon aus, dass wir beide im selben Boot sitzen?“

„Was hast du erwartet?“ Welchen Sinn hatte es, ihn zu siezen, wo sie ihn doch bald heiraten sollte?

„Ich kann diese Frage entweder wahrheitsgemäß beantworten oder sie geflissentlich ignorieren. Was würdest du vorziehen?“

Alexa zuckte mit den Achseln und zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden. „Wir können ebenso gut auch einfach die Karten auf den Tisch legen.“

„In dem Fall sollte ich wohl gestehen, dass das Ganze für mich gewaltig nach … Torschusspanik aussah. Die Tatsache, dass Carlo dich einfach zum Bestandteil einer geschäftlichen Vereinbarung mit meinem Vater gemacht hat, riecht förmlich nach Verzweiflung.“

Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. „Du bist er arroganteste Mann, der mir je begegnet ist“, stieß sie hervor.

Am liebsten hätte sie ihm ihr Glas an den Kopf geworfen, entschied dann aber, dass es sich nicht lohnte, vor ihm die Kontrolle zu verlieren. Sie blieb immer gelassen. Deshalb war sie so gut in dem, was sie tat. Sie arbeitete im Büro einer Gemeinschaftskanzlei von unentgeltlich tätigen Anwälten und hatte jeden Tag mit Menschen zu tun, die praktische und emotionale Unterstützung benötigten. An drei Abenden in der Woche war sie zudem ehrenamtlich in einem Asyl für Frauen tätig.

Sie war die Ruhe in Person!

„Da wir schon bald glücklich im Stand der Ehe miteinander vereint sein werden, schlage ich vor, dass du dich damit abfindest. Komm bloß nicht auf den Gedanken, mich ändern zu wollen.“ Theo grinste – er fing an, ihren kleinen Schlagabtausch mehr und mehr zu genießen. „Und im Gegenzug werde ich nicht versuchen, aus dir in eine wohlerzogene, charmante junge Dame zu machen …“

Alexa funkelte ihn wütend an und musste sich auf die Zunge beißen, um eine scharfe Entgegnung zurückzuhalten. Sie hatte keine Ahnung, wie sie die nächsten zwölf Stunden mit diesem Mann überstehen sollte – geschweige denn zwölf Monate!

„Ich habe mit meinem Vater gesprochen“, sagte sie. „Er ist damit einverstanden, dass wir diese verrückte Scharade nur für zwölf Monate mitmachen. Danach trennen sich unsere Wege, und du kannst in dein Leben voller … Du kannst in dein Leben zurückkehren, und ich in meines.“

Theo fragte sich, was sie wohl hatte sagen wollen, beschloss aber, nicht nachzuhaken. Auf jeden Fall war der Deal, den er sich gesichert hatte, weitaus besser – seine zwölf Monate wurden ihm mit einem Caldini-Aktienpaket und einem Sitz im Aufsichtsrat versüßt.

Nach dem anfänglichen Schock über die katastrophale Situation, über die sein Vater ihn in Kenntnis gesetzt hatte, war er rasch in der Lage gewesen, die Vorteile zu erkennen, die sich daraus ergaben.

Carlo Caldini führte ein riesiges Familienunternehmen, doch es gab keinen männlichen Erben, dem er dieses hinterlassen konnte. Wie die meisten traditionellen Italiener wünschte er sich, dass das Unternehmen in der Familie blieb.

Indem er seine Tochter an Theo verheiratete, ging Carlo eine enge Beziehung mit einem in der ganzen Welt angesehenen und respektierten Geschäftsmann ein. Und für Theo brachte die Heirat mit Alexa eine ansehnliche Mitgift mit sich.

„Wir sollten uns zweifellos über die technischen Details unterhalten“, sagte er.

„Wovon sprichst du?“

„Davon, dass wir für die Außenwelt das verliebte Pärchen spielen müssen. Ich dulde nicht einmal den Hauch eines Skandals. Mein Vater soll nicht irgendwelcher üblen Nachrede ausgesetzt werden.“ Er bedachte sie mit einem kühlen Blick. „Sind wir uns in dieser Angelegenheit einig?“

„Und wenn nicht?“

„Ich würde dir nicht empfehlen, es auszutesten.“

Seine Stimme klang eisig, und Alexa durchlief ein Schauer. Theo De Angelis war im Leben sicher nicht durch Freundlichkeit so weit gekommen. Sie konnte sich ihn jedenfalls nicht dabei vorstellen, wie er alten Damen über die Straße half.

„Wenn wir uns in der Öffentlichkeit befinden“, fuhr er fort, „wirst du deine Krallen einziehen. Du kannst sie von mir aus ausfahren, wenn wir unter uns sind.“

Autor

Cathy Williams

Cathy Willams glaubt fest daran, dass man praktisch alles erreichen kann, wenn man nur lang und hart genug dafür arbeitet. Sie selbst ist das beste Beispiel: Bevor sie vor elf Jahren ihre erste Romance schrieb, wusste sie nur wenig über deren Inhalte und fast nichts über die verschiedenen Schreibtechniken. Aber...

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