Diese Nacht ist nicht genug

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Mit ihren hinreißend blauen Augen und dem seidigen goldblonden Haar sieht Cecily aus wie ein Engel - ein gefährlich verführerischer Engel! Aber Tycoon Alejandro Salazar ist nicht als Stallbursche auf ihrem Gestüt untergetaucht, um ihren sinnlichen Reizen zu verfallen! Er will endlich den Beweis finden, dass ihre Familie einst die seine betrogen hat. Doch als es immer erregender zwischen ihnen prickelt, kann er nicht länger widerstehen. Auch wenn er für eine einzige Nacht der Lust mehr als nur seine Rachepläne riskiert. Viel mehr …


  • Erscheinungstag 27.02.2018
  • Bandnummer 2324
  • ISBN / Artikelnummer 9783733709976
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

St. Moritz, Februar 2017

Eine Flasche 1946er Macallan, seine drei besten Freunde und eine Pokerrunde mit astronomisch hohen Einsätzen in einer privaten Nische in einem der schicksten Clubs in St. Moritz – der perfekte Abschluss für einen Tag, den sie mit Paraskiing in den Schweizer Alpen verbracht hatten.

Nach der heutigen Herausforderung waren nur noch sie vier übrig – Sebastien Atkinson, Freund, Mentor und Gründer des elitären Extremsport-Clubs aus der Studienzeit in Oxford, Antonio Di Marcello, international renommierter Gigant in der Baubranche, Stavros Xenakis, demnächst CEO des „Dynami“-Pharmakonzerns, und er selbst, Alejandro Salazar. Sie waren die Einzigen, die sich solche Einsätze leisten konnten.

Nicht einmal die drei platinblonden Schönheiten, die ihnen unmissverständliche Blicke zuwarfen, übten mehr Reiz aus als dieser Moment. Eine Männerfreundschaft, im Feuer des Lebens gestählt und für die Ewigkeit bestimmt.

Gerade noch letztes Jahr war Sebastien im Himalaja unter einer Lawine begraben worden, die sie alle das Leben hätte kosten können. Der Ausklang des jetzigen Wochenendes erschien im Vergleich dazu zahm.

Eine tiefe Zufriedenheit erfüllte Alejandro, mit seinem Glas Scotch in der Hand lehnte er sich zurück. Und doch war die Atmosphäre heute irgendwie anders. Vielleicht war die Erfahrung des letzten Jahres allen noch zu frisch in Erinnerung. Vielleicht hatte die Fast-Katastrophe ihnen klargemacht, dass in dem Motto ihres Extremsport-Clubs – „Das Leben ist kurz“ – sehr viel mehr Wahrheit lag, als sie gedacht hatten. Oder vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass Sebastien damals das Undenkbare getan hatte – er hatte geheiratet.

Stavros schien ebenfalls zu spüren, dass etwas in der Luft lag, blickte abschätzend über den Tisch zu Sebastien. „Wie geht’s deiner Frau?“, erkundigte er sich.

„Sie ist auf jeden Fall angenehmere Gesellschaft als du. Du hast ja heute miserable Laune.“

Stavros verzog den Mund. „Ich habe ja auch noch nicht gewonnen.“ Er zuckte mit einer Schulter. „Mein Großvater droht mal wieder, mich zu enterben, wenn ich nicht bald heirate. Ich würde ihm ja zu gern sagen, er soll zur Hölle fahren, aber …“

„Wegen deiner Mutter verzichtest du darauf“, ergänzte Alejandro.

„Genau.“ Der griechische Milliardär saß zwischen zwei Stühlen: Wenn er nicht gute Miene zum bösen Spiel machte, würde der Alte es wirklich fertigbringen und Stavros eher enterben, bevor er abdankte und dem Enkel die Führung des Pharmakonzerns überließ.

Sebastien schob einen Stapel Chips in die Mitte. „Denkt ihr manchmal nicht auch, dass wir viel zu viel Zeit damit verbringen, Geld zu scheffeln und oberflächlichen Vergnügungen nachzujagen, ohne die wirkliche Bedeutung des Lebens zu begreifen? Glück kann man nicht kaufen.“

„Es ermöglicht allerdings einige sehr angenehme Ersatzbefriedigungen“, hielt Antonio dagegen.

Sebastien verzog den Mund. „Wie deine Autos?“ Er sah zu Alejandro. „Oder deine Privatinsel? Und du, Stavros, wann nutzt du die riesige Jacht, auf die du so stolz bist? Wir kaufen uns teure Spielzeuge und gehen oft und gerne Risiken ein, aber … verschafft uns das Zufriedenheit? Erfüllt es unsere Seelen?“

„Was schlägst du vor? Sollen wir in ein Kloster eintreten?“, spottete Alejandro und schob seinen Einsatz über den Tisch. „Wir geben alle weltlichen Besitztümer auf und finden Erleuchtung?“

Sebastien schnaubte. „Ich gehe jede Wette ein … keiner von euch würde zwei Wochen ohne Vermögen und Familiennamen überleben.“

Alejandro versteifte sich verschnupft. Sebastien mochte ja der einzige Selfmade-Milliardär von ihnen und drei Jahre älter als sie sein, aber sie alle konnten enormen Erfolg vorweisen.

Sicher, den Posten des CEO in der Firma seiner Familie zu übernehmen, war sein Geburtsrecht, aber er war es, der die Salazar Coffee Company, unerfahrener Neuling auf dem internationalen Parkett, in einen globalen Player verwandelt hatte, vertreten in allen Haushalten weltweit. Er hatte mehr als sein Bestes gegeben, hatte hart gearbeitet und sich den Platz redlich verdient.

Stavros warf drei Karten ab. „Willst du etwa freiwillig wieder an den Punkt zurück, bevor du reich warst? Hunger macht auch nicht glücklich.“

„Um genau zu sein, ich spiele mit dem Gedanken, mit der Hälfte meines Vermögens eine Stiftung zu gründen“, sagte Sebastien mit einem nonchalanten Schulterzucken. „Einen internationalen Rettungsdienst. Nicht jeder hat Freunde, die ihn aus einem Schneeberg ausgraben.“

Alejandro verschluckte sich fast an seinem Scotch. „Ist das dein Ernst? Wie viel ist das? Fünf Milliarden?“

„Geld kann man nicht mit ins Grab nehmen“, sinnierte Sebastien weiter, sah dann in die Runde. „Ich sag euch was … wenn ihr zwei Wochen ohne Kreditkarte überlebt, mache ich es.“

Am Tisch wurde es still.

„Und wann soll Stichtag sein? Schließlich haben wir alle Verpflichtungen.“ Alejandro sah zu Stavros, dann zu Antonio.

„Klar, verständlich. Räumt erst alle möglichen Hindernisse aus dem Weg und wartet auf den Startschuss von mir. Und dann folgen zwei Wochen in der realen Welt.“

Alejandro blinzelte ungläubig. „Du riskierst also die Hälfte deines Vermögens für eine so alberne Wette?“.

„Wenn ihr eure liebsten Spielzeuge als Einsatz bringt.“ Sebastien nickte gelassen, hob sein Glas zum Toast. „Ich sage euch, wann es losgeht.“

„Das ist ein Kinderspiel. Die Wette gilt.“ Stavros war der Erste, der zusagte.

Sie stießen miteinander an, und still tat Alejandro die Wette als eine von Sebastiens philosophischen, von teurem Scotch beflügelten Spinnereien ab …

… bis er sich fünf Monate später in der Rolle des Stallknechts auf dem legendären Hargrove-Anwesen wiederfand.

1. KAPITEL

Fünf Monate später … auf Esmeralda, dem Hargrove-Anwesen, Kentucky

Tag eins von Alejandros Herausforderung

Cecily Hargrove zog ihren Wallach herum, um den letzten Parcours zu absolvieren. Bacchus’ Hinterläufe gaben nach, er tänzelte, um sein Gleichgewicht wiederzufinden, dann hielt er auf den Oxer zu.

Zu langsam, viel zu langsam. Verdammt, was war los mit ihm?

Cecily drückte ihrem Pferd die Fersen in die Flanken, trieb es an, um den Schwung zu erreichen, den sie für den Sprung brauchten, doch Bacchus’ Zögern hatte das Timing komplett ruiniert. Nur die schiere Kraft des Tieres brachte sie über das Hindernis.

Das Kinn hart vor Frustration, führte sie die letzten beiden Sprünge der Kombination durch, ließ Bacchus ausgaloppieren und führte ihn dann im Schritt zu ihrem Trainer zurück.

Dale bedachte sie mit einem grimmigen Blick, als sie die Reitkappe abnahm. „Achtundsechzig Sekunden. Irgendwas stimmt mit dem Pferd nicht, Cecily. Du solltest herausfinden, was.“

Als ob sie das nicht selbst wüsste! Derringer, ihr zweiter Hengst, war noch zu unerfahren, um an Wettkämpfen teilzunehmen. Bacchus war ihre einzige Chance, um in die Equipe für die Weltmeisterschaft aufgenommen zu werden. Aber wenn der Wallach diese neue Scheu nicht schnellstens wieder ablegte, war ihr Traum ausgeträumt.

Das Einzige auf der Welt, was ihr wirklich wichtig war.

„Reite die Runde noch einmal“, instruierte Dale.

Frustriert schüttelte Cecily den Kopf, sie spürte heiße Tränen aufsteigen. Sie hatte alle Hürden genommen, die das Leben für sie aufgestellt hatte, und der Himmel wusste, dass das so einige gewesen waren, aber das hier … Sie durfte einfach nicht versagen. Seit ihrem fünften Lebensjahr arbeitete sie darauf hin, jede Minute eines jeden Tages.

Bei den Ställen zog sie die Zügel an. Einer der Stallknechte stand an die Stallwand gelehnt, blickte zu ihr hin, wie sie aus dem Sattel glitt. Sie warf ihm die Zügel zu, heftiger als beabsichtigt, aber er fing die Lederriemen sicher auf. Sie wandte sich zum Gehen.

„Kühlen Sie Ihr Pferd nicht ab?“

Das war eine unbekannte Stimme, tief, leicht rau, mit Akzent. Cecily blieb stehen, drehte sich zurück und musterte den Mann. Das musste der neue Stallknecht sein, den sie vorhin mit Cliff gesehen hatte. Sie hatte den Mann gar nicht richtig registriert, doch wenn sie ihn sich jetzt ansah, war ihr unbegreiflich, weshalb nicht.

Der Mann war über ein Meter neunzig groß und ein reines Muskelpaket in Jeans und schlichtem T-Shirt. Langsam ließ sie den Blick an ihm heraufwandern, und auch der Rest von ihm war höchst beeindruckend. Das schwarze Haar etwas zu lang, lockte es sich rebellisch im Nacken. Dunkle Bartstoppeln standen ihm auf dem markanten Kinn und den Wangen. Seine Augen waren von einem geradezu sündhaften Schwarz, so dunkle Augen hatte sie noch nie gesehen.

In ihrem Magen begann es zu flattern, für einen Moment schienen Funken zwischen ihnen durch die Luft zu fliegen, und eine Sekunde lang erlaubte Cecily es sich, diese so offensichtlich sexuelle Chemie zu genießen. Schon seit Langem hatte sie nicht mehr so gefühlt, falls überhaupt jemals zuvor.

Er studierte sie unverblümt, es rieb sie auf. Resolut zerriss sie die seltsame Faszination. „Sie sind neu bei uns, nicht wahr? Wie heißen Sie?“

Ein knappes Nicken. „Colt Banyon, Ma’am.“

Cecily neigte den Kopf zur Seite. „Ich bin ziemlich sicher, Colt, dass Cliff Ihnen Ihre Arbeit genau erklärt hat, oder?“

„Hat er.“

„Wie kommen Sie dann auf die Idee, es wäre in Ordnung, infrage zu stellen, wie ich mit meinem Pferd umgehe?“

Er zuckte mit einer Schulter. „Von hier aus wirkte es, als hätten Sie ein paar Probleme mit Ihrem Wallach gehabt. Meiner Erfahrung nach hilft es, wenn man eine Bindung zu seinem Pferd aufbaut, Vertrauen.“

Das Hämmern in ihrem Kopf wurde immer stärker, sie meinte, ihr Schädel könnte jeden Moment explodieren. Niemand wagte es, so mit ihr zu reden! Seine Unverschämtheit machte sie fassungslos. Sie trat einen Schritt auf ihn zu, und es ärgerte sie maßlos, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Punkte in der Farbe dunklen Whiskeys glühten in seinen gefährlich schönen Augen. „Psycho-Geschwafel! Und woher stammen Ihre Weisheiten?“

Sein sinnlicher Mund verzog sich zu einem Lächeln. „Von meiner Großmutter. Die Frau hat immer wahre Wunder mit Pferden vollbracht.“

Sein Lächeln … es hätte ihr sicher den Atem geraubt, tobte da nicht der Zorn in ihr. „Ich sag Ihnen was, Colt“, ihre Stimme triefte vor Herablassung, „wenn Sie oder Ihre Großmutter es demnächst auf die Weltrangliste schaffen, können Sie mir vielleicht einen Tipp geben, wie ich mit meinem Pferd umzugehen habe. Warum halten Sie sich bis dahin nicht besser mit Ratschlägen zurück und erledigen den Job, für den Sie angestellt wurden, einverstanden?“

Er riss die Augen auf, und Cecily krümmte sich innerlich. Hatte sie das eben wirklich gesagt? Es entsetzte sie, dass sie ihre Selbstbeherrschung derart verloren hatte. Also bemühte sie sich bewusst um Wiedergutmachung.

„Er erholt sich noch von einer Sehnenzerrung im Hinterlauf.“ Mit dem Kopf deutete sie zu Bacchus. „Vielleicht halten Sie ja ein Auge darauf.“

Alejandro sah Cecily Hargrove nach, wie sie davonstolzierte. Er war ziemlich sicher, dass Sebastien die zierliche Blondine als Herausforderung gewählt hatte, um seine Selbstbeherrschung auf die Probe zu stellen.

Schon den ganzen Vormittag hatte sie Unruhe in den Ställen gestiftet, er war nur das letzte Opfer auf der langen Liste von Opfern.

Pferdeställe ausmisten und sich zwölf Stunden am Tag den Buckel krumm arbeiten, um dreißig Pferde zu versorgen, war ein Sonntagsspaziergang im Vergleich zum Umgang mit der Blondine. Die Frau hatte Haare auf den Zähnen, passend zum Benehmen.

Leider, so musste er zugeben, als er ihre Rückansicht in der eng anliegenden Reithose ausgiebig genoss, war sie aber auch außergewöhnlich schön. So sehr konnte ihn die Arbeit gar nicht ablenken, dass ihm ihr herzförmiges Gesicht, ihre hinreißenden blauen Augen und das seidige goldblonde Haar nicht aufgefallen wären. Eine Kombination, die sie wie einen Engel aussehen ließen. Tja, so sehr konnte der äußere Eindruck täuschen!

Er griff die Zügel des Wallachs und führte ihn herum, damit er sich abkühlen konnte. Das würde Alejandro auch abkühlen.

Er hatte sich vorhin fast die Zunge abgebissen, um den Kommentar zurückzuhalten. Zu ihrer Zeit hatte seine Großmutter unter den ersten drei auf der Weltrangliste gestanden, die überhebliche Miss Hargrove wäre damals nicht einmal auf ihrem Radar aufgetaucht. Aber damit hätte er auch seine Tarnung auffliegen lassen und die gesamte Wette null und nichtig gemacht. Und das durfte er nicht, nicht, wenn Antonio und Stavros ihre Herausforderungen bereits gemeistert hatten. Schon gar nicht, wenn er dadurch seinen Einsatz verlieren würde. Seine Privatinsel war einer der wenigen Plätze auf dieser Erde, an dem er Ruhe und Frieden fand.

Er führte Bacchus in den Stall und rieb ihn ab. Pferde hatte er schon immer gern versorgt. Die Arbeit beruhigte ihn, bot ihm die Möglichkeit, seine Gedanken zu ordnen. Auch heute nutzte er die Zeit, um die letzten vierundzwanzig bizarren Stunden noch einmal Revue passieren zu lassen.

Es hatte ihn nicht überrascht, als Sebastien ihn gestern auf dem Louisville Airport abgesetzt und instruiert hatte, sich auf dem Hargrove-Gestüt zu melden, der hundert Morgen großen Pferderanch außerhalb der Stadt. Auch die Arbeitsausrüstung, die er in der rustikalen Hütte, die ihm auf dem Areal für die Angestellten zugeteilt worden war, vorfand, erstaunte ihn nicht – Jeans, T-Shirts und Boots sowie ein bescheidenes Bündel Bargeld und ein geradezu antikes Handy. Das entsprach genau dem Szenario, in dem Antonio und Stavros sich bei ihrer jeweiligen Prüfung wiedergefunden hatten. Und genau wie bei seinen beiden Freunden hatte auch auf seinem Kleiderstapel eine Notiz gelegen.

Für die nächsten beiden Wochen existiert Alejandro Salazar nicht. So lange bist du Colt Banyon, umherziehender Stallknecht. Morgen früh um sechs meldest du dich bei Cliff Taylor in den Ställen, wo du für die nächsten vierzehn Tage arbeiten wirst.

Lasse deine Tarnung unter keinen Umständen auffliegen. Deine einzige Kommunikation mit der Außenwelt ist die mit deinen beiden Wettgenossen, und zwar ausschließlich über das dir zur Verfügung gestellte Handy.

Der Grund, weshalb ich dir diese spezielle Aufgabe gestellt habe? Weil ich weiß, wie lange du schon nach einer Möglichkeit suchst, deiner Großmutter den Beweis zu liefern, mit dem sich ein vor langer Zeit begangenes Unrecht wiedergutmachen und die Ehre der Salazar-Familie wiederherstellen lässt. Deine Arbeit als Stallknecht bietet dir sowohl Mittel als auch Gelegenheit dazu. Ich hoffe ehrlich, du findest endlich einen Abschluss und kannst das Kapitel ein für alle Mal schließen.

Viel Glück, und verbock es nicht, Alejandro. Ich habe mir größte Mühe gegeben, um dir eine wasserdichte Identität zu verschaffen. Wenn du, Antonio und Stavros, wenn ihr alle drei die Wette gewinnt, werde ich, wie versprochen, mit der Hälfte meines Vermögens den internationalen Rettungsdienst aufziehen. Das wird viele Leben retten.

Sebastien

Alejandros Mundwinkel zuckten, als er jetzt Bacchus’ andere Seite abrieb. Sebastien musste sich bei der Vorstellung, wie Alejandro unter dem Namen eines Romanhelden zwei Wochen lang Pferdeställe ausmistete, köstlich amüsieren. Aber ja, wäre er jetzt hier, hätte Alejandro seinem Mentor bestätigt, dass das genau die Chance war, auf die er gewartet hatte.

Die Fehde zwischen den Salazars und den Hargroves schwelte seit Dekaden, seit Quinton Hargrove seine Stute Demeter von Adriana Salazars, Alejandros Großmutter, preisgekröntem Hengst Diablo ohne Erlaubnis hatte decken lassen, als der Hengst bei einem amerikanischen Züchter ausgeliehen war. Mit Diablos Genen züchteten die Hargroves dann eine ganze Linie von Springpferden, mit denen Adriana nie hatte mithalten können.

Mit gebrochenem Herzen hatte Adriana mit ansehen müssen, wie ihr eigener Stern verlosch, während der der Hargroves aufging. Sie hatte nie den Beweis für ein Fehlverhalten der Hargroves finden können. Mit der wasserdichten falschen Identität hatte Sebastien Alejandro jetzt die Möglichkeit gegeben, diesen Beweis zu bekommen. In den vielen Sommern, die er auf dem Gestüt seiner Großmutter verbracht hatte, hatte er auch viel über Pferde gelernt.

Allerdings schien ihm das Ganze fast zu einfach, wenn er bedachte, welchen emotionalen Herausforderungen sich Antonio und Stavros hatten stellen müssen. Antonio, der für zwei Wochen als Automechaniker in einer Mailänder Werkstatt gearbeitet hatte, hatte seinen Sohn gefunden, dessen Existenz ihm die Mutter drei Jahre lang verschwiegen hatte. Stavros hatte zwei Wochen als Poolboy auf seiner griechischen Heimatinsel gejobbt und den Tod seines Vaters endlich verarbeiten müssen.

Im Vergleich dazu hatte Alejandro wohl das große Los gezogen. Eine Blutprobe von Bacchus, Cecily Hargroves preisgekröntem Wallach, zu besorgen und die DNS testen zu lassen, war ein Kinderspiel.

Er musste sich nur in den nächsten zwei Wochen von Miss Hargrove und ihrer scharfen Zunge fernhalten.

Den ganzen Tag und noch beim Dinner, aus dem ihre Stiefmutter immer eine pompöse Angelegenheit machte, schalt Cecily sich für ihr unmögliches Benehmen. Zara, ihre Mutter, hatte immer großen Wert auf tadellose Manieren gelegt. Cecily war niemals unhöflich, aber dieser Colt Banyon hatte heute einen wunden Punkt getroffen. Seit dem Unfall in London wurde sie von dem Schuldgefühl verfolgt, dass Bacchus nicht allein für sein ungewöhnliches Verhalten verantwortlich war.

Kay. Ihre Stiefmutter, besser bekannt als „die böse Hexe des Südens“, wandte sich in einer Duftwolke von Jasmin an sie. „Was wirst du nächste Woche zum Tanz auf der Tenne anziehen?“

Etwas, das Kay bestimmt auf Anhieb verteufeln würde. „Weiß noch nicht. Ich finde schon was.“

Kay beäugte sie vielsagend. „Dir ist klar, dass Knox Henderson kommt, um dir den Hof zu machen, oder? Auf der Forbes-Liste steht er auf Rang zweiundvierzig. Sicherlich kein schlechter Fang, Cecily.“

Die Angesprochene schürzte die Lippen. „Ich habe es schon mehrmals gesagt – kein Interesse.“

„Wieso nicht?“

Weil er ein arroganter Trottel ist, dem halb Texas gehört und der eine Frau nur als Anhängsel an seinem Arm braucht, die gut auf den Fotos herauskommt. Was sein Interesse an Frauen im Allgemeinen aber nicht schmälert. Und weil er mich an David, meinen Ex erinnert, der es auch nie für nötig gehalten hat, seine Vorliebe für andere Frauen aufzugeben.

„Ich heirate ihn nicht, und damit basta.“ Cecily funkelte ihre Stiefmutter wütend an. „Hör auf zu kuppeln. Das ist einfach nur peinlich.“

„Cecily hat recht“, mischte ihr Vater sich ein und musterte sie mit seinem kühlen grauen Blick. „Sie sollte sich besser auf die vor ihr liegende Aufgabe konzentrieren. Dale sagte mir, deine Zeiten seien heute weit unter Erwartung geblieben. Muss ich dir ein neues Pferd kaufen, damit du wettkampffähig bleibst?“

Ihr Magen verkrampfte sich. Es tut mir so leid, dass du einen schlechten Tag hattest – nein. Ich weiß, dass du es kannst – niemals. Von ihrem Vater würde sie so etwas nicht zu hören bekommen, nur die kalte Missbilligung, die er so oft und mühelos austeilte.

„Es bleibt keine Zeit, ein neues Pferd einzureiten, Daddy. Außerdem bin ich bereits mit Bacchus angemeldet.“

„Was also ist nötig, damit es klappt?“

„Ich werde es herausfinden.“

Alles kam zusammen – Knox Henderson, Bacchus … der Druck wurde immer größer. Lautstark ließ sie das Besteck fallen. „Entschuldigt mich, ich werde mich zurückziehen. Ich habe Kopfschmerzen.“

„Cecily …“

„Lass sie.“ Ihre Stiefmutter legte ihrem Vater die Hand auf den Arm. „Du weißt doch, wie sie in einer von ihren Verstimmungen ist.“

Cecily erhob sich und steuerte die Treppe an, änderte im letzten Moment ihre Meinung und ging in die Küche, um die Schachtel mit Bacchus’ Lieblingsmüsli aus dem Schrank zu holen. Durch die Hintertür verließ sie das Haus und ging zu den Ställen.

Sie schuldete beiden, Bacchus und Colt Banyon, eine Entschuldigung. Das war der einzige Grund, weshalb sie in die laue Sommernacht hinaustrat, nicht etwa, weil sie Colt Banyons dunkle Augen nicht vergessen konnte.

Das schlechte Timing vom Nachmittag schien sich zu wiederholen. Die Knechte hatten Feierabend gemacht, keine Menschenseele war mehr im Stall. Umso überraschter war sie, als sie Bacchus’ Box näher kam und den Wallach leise schnauben hörte. Colt Banyon stand in der Box und massierte dem Tier den Kopf, und Bacchus genoss es mit geschlossenen Augen. So entspannt hatte sie den Wallach schon lange nicht mehr gesehen. Seit dem Sturz.

Dann wanderte ihr Blick zu dem Mann, der mit dem Rücken zu ihr stand. Der Bizeps wölbte sich auf den erhobenen Armen, seine Rückansicht in der verwaschenen Jeans ließ ihre Augen größer werden, kleinen Flammen leckten plötzlich an ihrer Haut.

Wenn er einem Pferd solches Vergnügen bereiten konnte, wie würde es dann erst bei einer Frau sein?

Bacchus hatte ihre Ankunft bemerkt und wieherte ihr leise zu, woraufhin auch Colt den Kopf über die Schulter wandte und sie dabei ertappte, wie sie ihn bewundernd anstarrte.

„Wieso sind Sie nicht mit den anderen zusammen beim Abendessen?“, sprudelte es aus ihr heraus.

Ein frostiger Blick wurde in ihre Richtung abgeschossen. „Keinen Hunger.“

Sie schob die Hände in die Taschen. „Ich wollte mich bei Ihnen für mein Benehmen entschuldigen. Ich war frustriert und habe es an Ihnen ausgelassen. Es tut mir leid.“

„Entschuldigung akzeptiert.“ Er drehte sich um und massierte Bacchus weiter.

Cecilys Wangen brannten. Der Mann hatte sich offensichtlich seine Meinung über sie gebildet und würde diese so schnell nicht revidieren. Es sollte sie nicht stören, viele Leute hatten ein falsches Bild von ihr, meist legte sie es sogar darauf an. Andere auf Abstand zu halten war einfacher, als zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen. Das funktionierte bei ihr so oder so nie.

Doch aus einem unerfindlichen Grund wünschte sie, dass Colt Banyon sie positiv beurteilte. Vielleicht, weil Bacchus es tat. Ihr Pferd täuschte sich eigentlich nie.

Jetzt schnupperte Bacchus an der Tasche ihres Kleides, und sie hielt ihm eine Handvoll mit seinem Lieblingsmüsli hin.

Colt beobachtete die kleine Szene. „Was ist das?“

„Frühstück für Champions. Dafür tut er alles.“

„Außer über Hindernisse springen.“

Autsch, das saß. „Sie sind sehr direkt. Und Sie halten nicht viel von mir, oder?“

Er warf ihr einen kurzen Blick zu. „Was ich von Ihnen halte, ist unwichtig. Ich bin nur hier, um meinen Job zu erledigen.“

Cecily kaute an ihrer Lippe. Er würde es ihr also nicht leicht machen. „So war das nicht gemeint …“ Sie sah zu, wie er seine Fingerknöchel in die Trapezmuskeln des Tieres drückte. „Was machen Sie da?“

„Mir fiel auf, dass er ein wenig steif zu sein scheint. Eine Massage lockert die Muskulatur.“

„Ein Tipp von Ihrer Großmutter?“

„Genau. Wenn er sich nicht strecken kann, kommt er auch nicht über die Hindernisse.“

Eine solche Massage übernahmen für gewöhnlich nur Therapeuten. „Ist Ihre Großmutter Pferdetherapeutin?“

„Nein, nur eine Pferdeliebhaberin mit einem besonderen Talent.“

„In New Mexico?“

Dieses Mal sah er sie länger an. „Sie haben sich meinen Lebenslauf angesehen.“

Ihre Wangen brannten. „Ich weiß gerne, wer in meinen Ställen arbeitet.“ Mit verschränkten Armen lehnte sie sich an die Boxenwand. „Letztes Jahr sind wir gestürzt“, sagte sie leise. „Bei einem Turnier in London. Irgendetwas aus den Zuschauerrängen hat ihn erschreckt, dadurch hat er sein Timing für den Sprung verloren. Wir sind in einem Haufen von Stangen gelandet. Es hätte schlimm ausgehen können, letztlich kann ich froh sein, dass ich mir nur das Schlüsselbein und einen Arm gebrochen habe. Und Bacchus … er hat sich mehrere Sehnen gezerrt. Schlimm gezerrt. Seither ist er nicht mehr derselbe. Deshalb war ich heute so frustriert.“

Jetzt drehte er sich ganz um und lehnte sich auf der anderen Seite der Box an die Wand. Die Muskeln in seinen Unterarmen spielten unter der Haut, als er ebenfalls die Arme vor sich verschränkte. „Das muss auch bei Ihnen emotionelle Kratzer hinterlassen haben.“

Sie nickte. „Ich dachte, ich wäre darüber hinweg. Offensichtlich habe ich mich da getäuscht.“

Alejandro war fest entschlossen, abweisend zu bleiben … doch von Cecily ging eine Verletzlichkeit aus, die er unmöglich ignorieren konnte. Vielleicht rührte das noch von dem Sturz her, doch er hatte die düstere Ahnung, dass die Narben aus einer Hölle stammten, durch die sie vor langer Zeit gegangen war. Seine Großmutter hatte immer gesagt, fürs Springreiten brauche man vor allem mentale Kraft, sonst fiele alles in sich zusammen. Vielleicht hatte Cecily ihre Kraft ja verloren.

„Sie sollten kürzertreten, sich und Bacchus mehr Zeit geben, um komplett zu heilen.“

Autor

Jennifer Hayward

Die preisgekrönte Autorin Jennifer Hayward ist ein Fan von Liebes- und Abenteuerromanen, seit sie heimlich die Heftromane ihrer Schwester gelesen hat.

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