Eine englische Rose für den Millionär?

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Poppy Silverton erinnert den italienischen Millionär Raffaele Caffarelli ein bisschen an eine englische Rose: zart, lieblich, herzergreifend schön - sinnlich und unschuldig zugleich! Doch gerade diese Unschuld gerät jetzt in Gefahr …


  • Erscheinungstag 04.08.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733768874
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was soll das heißen, sie verkauft nicht?“ Raffaele Caffarelli sah seine Londoner Sekretärin stirnrunzelnd an.

Margaret Irvine hob abwehrend die Hände. „Miss Silverton hat Ihr Angebot rundheraus abgelehnt.“

„Dann erhöhen Sie das Angebot!“

„Das habe ich schon. Sie hat es ebenfalls abgelehnt.“

Ungeduldig trommelte Rafe mit den Fingern auf der Schreibtischplatte. Mit einer solchen Verzögerung hatte er nicht gerechnet, zumal bisher alles wie am Schnürchen gelaufen war. Er hatte den stattlichen Landsitz in Oxfordshire zu einem Schnäppchenpreis erworben. Nur das kleine dazugehörende Witwen-Cottage stand nicht auf der Besitzurkunde, was jedoch kein Problem darstellte – zumindest hatten sein Firmenmanager und sein Immobilienmakler ihm das versichert. Letzterer hatte es als Kinderspiel bezeichnet, das den Dalrymple-Landsitz komplettierende Cottage zu kaufen; Rafe müsse nur einen über dem üblichen Marktwert liegenden Kaufpreis bieten.

Also hatte Rafe der Eigentümerin ein äußerst großzügiges Angebot für das heruntergekommene Haus unterbreitet. Wie der Rest des Landsitzes benötigte auch das kleine Cottage dringend eine umfassende Renovierung, mit der Rafe natürlich so bald wie möglich beginnen wollte. Was bildete die Frau sich eigentlich ein? Wie konnte jemand, der auch nur halbwegs bei Verstand war, eine so gute Offerte ausschlagen?

Doch so schnell würde er die Flinte nicht ins Korn werfen. Das Wörtchen „scheitern“ kam in Raffaele Caffarellis Wortschatz nicht vor. Er würde sich durch kein noch so kleines Hindernis davon abhalten lassen, seinen Willen durchzusetzen.

„Glauben Sie, diese Silverton hat irgendwie herausgefunden, dass ich hinter dem Kauf von Dalrymple Manor stecke?“

„Wer weiß?“ Margaret zuckte die Achseln. „Aber eher unwahrscheinlich. Bisher hat die Presse noch keinen Wind davon bekommen. James hält sämtliche Unterlagen unter Verschluss, und die Offerte lief über den Makler, genau so, wie Sie es wollten. Sie kennen Miss Silverton nicht persönlich, oder?“

„Nein, aber ich kenne ihren Typ.“ Rafe lächelte zynisch. „Sobald sie erfährt, dass ein reicher Investor scharf auf ihr Haus ist, wird sie versuchen, jeden Penny herauszuquetschen.“ Er stieß einen saftigen Fluch aus. „Ich will diesen Landsitz. Und zwar vollständig!“

Margaret schob ihm einen Aktenordner über den Tisch. „Ich habe ein paar Artikel über Lord Dalrymple gefunden, dem das Herrenhaus gehörte. Anscheinend hatte der alte Herr eine Schwäche für Poppy Silverton und ihre Großmutter Beatrice. Die alte Dame war seine Haushälterin. So wie es aussieht, hat sie jahrelang für ihn gearbeitet und …“

„Aasgeier“, murmelte Rafe.

„Wer? Die Großmutter?“

Rafe strich sich das Haar aus dem Gesicht und stand auf. „Finden Sie alles über diese Polly heraus, was Sie in Erfahrung bringen können. Ich will …“

„Poppy. Sie heißt Poppy.“

Rafe verdrehte genervt die Augen. „Dann eben Poppy. Ich will alles über ihren Hintergrund und ihre Liebhaber wissen – sogar ihre BH-Größe, wenn es sein muss. Nutzen Sie sämtliche Quellen. Montagmorgen will ich alles auf dem Schreibtisch haben.“

Margaret hob die akkurat nachgemalten Augenbrauen, doch der Rest ihres Gesichts verharrte im Gehorsame-Sekretärin-Modus. „Ich mache mich gleich an die Arbeit.“

Rafe lief ungeduldig in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Vielleicht sollte er selbst mal ins Dorf fahren und sich dort ein bisschen umsehen? Er kannte den Landsitz bisher nur von den Fotos, die James ihm gemailt hatte. Es konnte nicht schaden, den Feind mal aus der Nähe zu betrachten.

Kurz entschlossen griff er nach seinen Autoschlüsseln. „Ich fahre übers Wochenende weg. In dringenden Notfällen können Sie mich telefonisch erreichen. Ansonsten sehen wir uns Montag.“

„Wer ist denn diesmal die Glückliche?“, fragte Margaret, den Ablagestapel an die Brust gepresst. „Immer noch das Bikini-Model aus Kalifornien, oder ist die schon Schnee von gestern?“

Rafe streifte sich sein Jackett über. „Es wird Sie vielleicht überraschen, aber ich habe die Absicht, das Wochenende allein zu verbringen.“ Als er ihren skeptischen Blick bemerkte, runzelte er irritiert die Stirn. „Warum sehen Sie mich so an?“

„Sie haben schon seit einer Ewigkeit kein Wochenende mehr allein verbracht.“

„Na und?“ Ungeduldig zog Rafe die Augenbrauen zusammen. „Es gibt für alles ein erstes Mal, nicht wahr?“

Als am Samstagnachmittag die Tür des Tearooms aufging, räumte Poppy gerade Tisch drei ab. Obwohl sie mit dem Rücken zur Tür stand, spürte sie sofort, dass der Besucher keiner ihrer Stammgäste war. Die Türglocke klang irgendwie anders als sonst. Ihr freundliches Lächeln erstarrte, als sie sich umdrehte – und plötzlich auf einen offen stehenden Hemdkragen und männliche gebräunte Haut starrte.

Sie legte den Kopf in den Nacken und blickte in zwei braune Augen, die so dunkel waren, dass sie fast schwarz wirkten. Das schon fast beängstigend attraktive Gesicht mit den dunklen Bartstoppeln kam ihr vage bekannt vor. War dieser Typ vielleicht ein Filmstar? Irgendeine Berühmtheit? Im Geiste ging sie alle möglichen Namen durch, aber keiner passte. „Wie viele Personen?“

„Nur eine.“

Er will einen Tisch für eine Person? Poppy verdrehte im Geiste die Augen. Er sah nicht aus wie der Typ Mann, der sich allein an einen Tisch setzt. Eher wie einer, der daran gewöhnt ist, einen Harem williger Frauen im Schlepptau zu haben.

Vielleicht war er ja Model – eins von denen, die in Hochglanzmagazinen für Aftershave Werbung machten und allesamt unglaublich lässig, männlich und verwegen aussahen.

Als Poppy eine neue Idee kam, erstarrte sie vor Schreck. Ist er etwa ein Restaurant-Kritiker? Oh Gott! Würde sie demnächst in irgendeinem fiesen kleinen Blog verrissen werden? Seitdem dieses schicke neue Restaurant im Nachbardorf aufgemacht hatte – ihr wurde schon bei dem bloßen Gedanken daran schlecht –, konnte sie sich kaum noch über Wasser halten. Seit der Wirtschaftsflaute leisteten sich die Menschen einfach keinen High Tea mehr. Nein, sie sparten ihr Geld – und gingen dann ausgerechnet ins Restaurant ihres Exfreundes!

Poppy musterte den gut aussehenden Fremden verstohlen, als sie ihn zu Tisch vier brachte. „Wie wär’s mit diesem Platz?“ Sie schob ihm einen Stuhl hin und versuchte, seinen Akzent einzuordnen. Französisch? Italienisch? Oder vielleicht beides? „Von hier aus haben Sie einen wunderschönen Blick auf Dalrymple Manor und das Labyrinth.“

Der Fremde schenkte der Aussicht nur einen flüchtigen Blick, bevor er sich zu Poppy umdrehte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie ihm in die nachtschwarzen Augen sah. Und Himmel, was hatte er nur für sexy Lippen! So maskulin und doch so sinnlich. Aber warum setzte er sich nicht endlich? Sie würde noch Nackenstarre bekommen.

„Ist das Herrenhaus eine Art Touristenattraktion?“, fragte er. „Sieht aus wie aus einem Jane-Austen-Roman.“

Poppy lächelt schief. „Der Landsitz ist leider unsere einzige Touristenattraktion – nicht dass er öffentlich zugänglich wäre oder so.“

„Ganz schön feudal.“

„Er ist ein Traum.“ Poppy seufzte wehmütig. „Ich habe dort fast meine ganze Kindheit verbracht.“

Der Fremde hob eine dunkle Augenbraue. „Ach, wirklich?“

„Ja. Meine Großmutter war Lord Dalrymples Haushälterin. Sie ging schon mit fünfzehn bei ihm in Stellung und blieb bis zu ihrem Tod, ohne je auch nur darüber nachzudenken, einen anderen Job anzunehmen. Eine solche Loyalität ist heutzutage selten, nicht wahr?“

„Sie sagen es.“

„Sie starb ein halbes Jahr nach Lord Dalrymple.“ Poppy seufzte erneut. „Die Ärzte haben gesagt, es lag an einem Aneurysma, aber ich persönlich glaube, dass sie nach seinem Tod nichts mehr mit sich anzufangen wusste.“

„Und wer wohnt jetzt dort?“

„Zurzeit niemand. Das Haus steht schon seit über einem Jahr leer, weil der Nachlass erst geregelt werden musste. Inzwischen gibt es einen neuen Besitzer, aber niemand weiß, wer es ist oder was er mit dem Besitz vorhat. Wir hoffen alle sehr, dass das Haus nicht an irgendeinen geldgierigen Investor ohne Geschmack verkauft wurde. Sonst verschwindet nämlich schon wieder ein Teil Geschichte unter irgendeinem schrecklichen Neubau mit dem Attribut …“, Poppy malte Anführungszeichen in die Luft, „… moderne Architektur.“

„Gibt es nicht Gesetze, um so etwas zu verhindern?“

„Tja, manche Reiche glauben eben, sie stünden über dem Gesetz.“ Poppy verdrehte geringschätzig die Augen. „Je mehr Geld sie haben, desto skrupelloser und machtgieriger sind sie. Eine Riesensauerei ist das. Dalrymple Manor ist ideal für eine Familie, nicht für die wilden Partys irgendeines Playboys.“

„Scheint mir ein bisschen zu groß für die heutige Durchschnittsfamilie zu sein“, stellte Rafe fest. „Das Haus muss doch mindestens drei Stockwerke haben.“

„Vier“, antwortete Poppy. „Fünf, wenn Sie den Keller mitzählen. Trotzdem wartet das Haus geradezu auf eine Familie, und zwar schon seitdem Lord Dalrymples Frau vor langer Zeit im Kindbett starb.“

„Dann hat er also nie wieder geheiratet?“

„Clara war die Liebe seines Lebens, und nach ihrem Tod hat er keine andere Frau mehr angesehen. Eine solche Treue ist heutzutage selten, nicht wahr?“

„Sie sagen es.“

Poppy reichte dem Mann die Speisekarte, weil ihr nichts mehr einfiel, was sie hätte sagen können. Wie kam sie eigentlich dazu, mit einem total Fremden über Loyalität und Treue zu reden? Chloe, ihre Aushilfe, hatte recht. Poppy musste dringend öfter ausgehen, doch Olivers Betrug hatte sie schrecklich zynisch gemacht. Er hatte sie umworben und dann auf schlimmste Art hintergangen und ausgenutzt. Es war ihm nie um sie gegangen; er hatte nur ihr Wissen und ihre Erfahrungen gebraucht, um ein eigenes Restaurant zu eröffnen.

Wie leichtgläubig sie gewesen war! Es schauderte sie immer noch bei dem Gedanken, wie kurz davor sie gewesen war, mit ihm zu schlafen. „Also, unsere heutige Spezialität sind Ingwerbiskuits mit Himbeermarmelade und Sahne.“

Der dunkelhaarige Mann setzte sich, ignorierte die Speisekarte jedoch. „Ich nehme nur einen Kaffee.“

Poppy blinzelte. Sie hatte vierzig verschiedene Teesorten, und er wollte Kaffee? „Oh … klar. Welche Art Kaffee? Wir haben Cap­uccino, Latte …“

„Einen doppelten Espresso. Ohne Zucker.“

Konnte der Typ nicht wenigstens mal lächeln? Was war bloß mit manchen Menschen los? Und wer zum Teufel ging in einen Tearoom, um Kaffee zu trinken? Außerdem ging seine Art ihr auf die Nerven. Irgendwie hatte sie den Verdacht, dass er sich insgeheim über sie lustig machte. Lag es vielleicht an ihrem altmodischen Kleid und ihrer Rüschen-Schürze? Oder an dem Spitzenhäubchen auf ihren roten Locken?

Aber damit sorgte sie nur für ein authentisches edwardianisches Ambiente. Sie wollte ihren Gästen die Chance bieten, für eine oder zwei Stunden die Schnelllebigkeit der modernen Welt hinter sich zu lassen und eine gute altmodische Tasse Tee zu genießen – und Teegebäck, das genauso schmeckte wie bei Großmuttern.

„Ein Espresso. Kommt sofort.“ Poppy drehte sich um, nahm das Tablett von Tisch drei mit in die Küche und knallte es so heftig auf die Arbeitsplatte, dass das Geschirr klirrte.

Chloe blickte erstaunt von der Buttercremetorte hoch, die sie gerade machte. „Was ist los? Du siehst etwas erhitzt aus.“ Sie kniff die Augen zusammen. „Sag nicht, dass dieser hinterhältige Oliver mit seiner nuttigen neuen Freundin gekommen ist, um Salz in deine Wunden zu streuen. Wenn ich daran denke, dass er all deine herrlichen Rezepte geklaut hat und sie jetzt als seine eigenen ausgibt, möchte ich ihm am liebsten seinen Du-weißt-schon-was abschneiden und in seinem dämlichen Restaurant als Vorspeise servieren!“

„Nein.“ Poppy räumte die schmutzigen Teller und Tassen in den Geschirrspüler. „Da ist nur so ein Typ gekommen, den ich schon mal irgendwo gesehen habe …“

Chloe legte ihr Messer hin und ging auf Zehenspitzen zur Schwingtür. „Oh mein Gott!“ Sie riss die Augen auf. „Das ist ja einer der drei Rs!“

Poppy verzog irritiert das Gesicht. „Einer der was?“

„Einer der Caffarelli-Brüder“, wisperte Chloe. „Es sind insgesamt drei – Raffaele, Raoul und Remy. Rafe ist der Älteste. Sie sind französisch-italienische Multimilliardäre. Du hast bestimmt schon von ihnen gehört – Privatjets, schnelle Autos und heiße Frauen.“

Kopfschüttelnd ging Poppy zur Kaffeemaschine. „Na, das Geld hat ihm jedenfalls keine Manieren eingebracht. Er sagt weder bitte noch danke.“ Wütend rüttelte sie am Griff der Maschine. „Er lächelt noch nicht mal.“

Chloe spähte wieder durch die Tür. „Vielleicht braucht man ja zu so gewöhnlichen Menschen wie uns nicht freundlich zu sein, wenn man stinkreich ist.“

„Meine Gran hat immer gesagt, der Charakter eines Menschen zeigt sich an der Art, wie er Menschen behandelt, die er nicht respektieren muss“, antwortete Poppy. „Lord Dalrymple war ein leuchtendes Vorbild. Er hat alle gleich behandelt, ganz egal, ob es sich um eine Putzfrau oder einen Firmenmogul handelte.“

Chloe ging wieder zu ihrer Torte. „Ich frage mich, was er in unserem verschlafenen kleinen Nest will? Seitdem die neue Autobahn gebaut wurde, kommen hier nicht mehr viele Touristen durch.“

Poppy erstarrte. „Ich weiß es.“

„Was weißt du?“

„Warum er hier ist. Er ist der neue Eigentümer von Dalrymple Manor.“ Poppy knirschte innerlich vor Wut mit den Zähnen, als sie sich zu ihrer Freundin umdrehte. „Er ist derjenige, der mich aus meinem eigenen Zuhause werfen will. Ich wusste sofort, dass irgendetwas an der Frau und dem aufdringlichen Immobilienmakler faul war, als die beiden vorgestern bei mir klingelten. Ich wette, er hat sie vorgeschickt, um seine schmutzige Arbeit zu erledigen.“

„Oha.“ Chloe verzog das Gesicht. „Das bedeutet nichts Gutes.“

Poppy straffte die Schultern und setzte ein künstliches Lächeln auf. „Du hast völlig recht.“ Sie nahm den dampfend heißen Espresso und ging zur Schwingtür. „Das heißt Krieg!“

Als Rafe sich in dem pittoresken Tearoom umsah, fühlte er sich in eine andere Zeit versetzt. Es hätte ihn nicht überrascht, wenn ein Soldat in der Uniform des Ersten Weltkriegs mit einer elegant gekleideten Frau am Arm eingetreten wäre. Der köstliche Duft von Selbstgebackenem lag in der Luft, frische Cottage-Blumen standen auf zierlichen Tischen – Wicken, Vergissmeinnicht und Akelei –, und an sämtlichen Plätzen lagen handbesticke Leinenservietten. Die Teetassen und die Teller waren aus feinem altem Porzellan, hatten jedoch kein einheitliches Dekor. Offensichtlich war das Geschirr in verschiedenen Antiquitätenläden zusammengetragen worden.

Die Einrichtung sagte eine Menge über die Betreiberin aus. Rafe hatte sofort angenommen, dass es sich bei der rothaarigen Schönheit von eben um Poppy Silverton handelte. Sie war jedoch nicht ganz das, was er erwartet hätte. Er hatte sich eher eine ältere, sozusagen hartgesottenere Frau vorgestellt. Poppy Silverton hingegen, mit ihren rot-goldenen Locken, den toffeebraunen Augen und dem Rosenmund, sah aus, als sei sie direkt den Seiten eines Märchenbuches entstiegen. Ihre Haut war hell, faltenlos und auf dem Nasenrücken mit ein paar Sommersprossen gesprenkelt. Sie war wie eine Mischung aus Aschenputtel und Tinkerbell.

Niedlich – aber absolut nicht mein Typ.

Die Schwingtür zur Küche ging auf, und da kam sie auch schon, mit einer dampfenden Tasse in einer Hand. Ihr Lächeln war gekünstelt. „Ihr Espresso, Sir.“

Rafe stieg ein Hauch ihres blumigen Parfüms in die Nase, als sie ihm den Kaffee hinstellte. „Danke.“

Sie richtete sich wieder auf und fixierte ihn direkt. „Sind Sie sicher, dass Sie keinen Kuchen möchten? Wir haben auch anderes Gebäck oder Kekse, falls Sie kein Kuchenliebhaber sind.“

„Ich stehe nicht auf süße Sachen.“

Sie schürzte für einen Moment die vollen Lippen, als halte sie seinen Geschmack für einen persönlichen Charakterfehler. „Wir haben auch Sandwiches.“

„Mir reicht der Espresso.“ Rafe nahm seine Tasse und lächelte steif. „Danke.“

Als Poppy sich vorbeugte, um ein heruntergefallenes Akelei-Blütenblatt aufzupicken, stieg ihm wieder ihr verführerischer Duft in die Nase. Außerdem bekam er Einblick in ihren sehr hübschen Ausschnitt. Sie hatte eine zierliche Ballerina-Figur mit Rundungen an genau den richtigen Stellen und einer Taille, die er vermutlich mit beiden Händen umfassen konnte. Irgendwie hatte Rafe den Eindruck, dass sie nach einem Vorwand suchte, nicht in die Küche zurückzukehren. War sie inzwischen darauf gekommen, wer er war?

Poppy ging zu einem anderen Tisch und rückte eine der bereits perfekt arrangierten Servietten gerade. Rafe konnte den Blick nicht von ihr losreißen. Sie zog ihn an wie ein Magnet. Sie war auf eine so faszinierende Art nicht von dieser Welt, dass er völlig gebannt war.

Reiß dich zusammen, Mann! Du bist hier, um ein Haus zu kaufen, und nicht, um dich von einer Frau bezirzen zu lassen, die wahrscheinlich total abgebrüht und gerissen ist. Lass dich bloß nicht von ihren unschuldigen großen Bambi-Augen täuschen.

„Ist es hier eigentlich immer so voll?“, fragte er.

Poppy drehte sich um und musterte ihn gereizt. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie seinen trockenen Humor nicht besonders zu schätzen wusste. „Vormittags war hier der Bär los. Es ging zu wie im Irrenhaus. Ich musste sogar ein zweites Blech Scones backen.“

Rafe wusste, dass sie log. Dieses winzige Nest war so verschlafen, dass sogar die Kirchmäuse zusammengepackt und sich etwas Aufregenderes gesucht hatten. Genau deshalb war er ja so versessen auf den Landsitz. Die Lage war ideal für ein Luxushotel für Reiche und Berühmte, die Wert auf Privatsphäre legten.

Er trank einen Schluck von dem Espresso, der viel besser schmeckte als erwartet. „Wie lange bewirtschaften Sie diesen Tearoom eigentlich schon? Ich nehme doch an, Sie sind die Eigentümerin?“

„Seit zwei Jahren.“

„Und wo waren Sie vorher?“

Poppy fegte einen unsichtbaren Krümel vom Nachbartisch. „Ich war stellvertretende Küchenchefin in einem Restaurant in Soho. Danach beschloss ich, mehr Zeit mit meiner Gran zu verbringen.“

Rafe hatte den Eindruck, dass mehr hinter ihrem Berufswechsel steckte als das. Er war schon jetzt neugierig, was seine Sekretärin über sie herausfand.

„Was ist mit Ihren Eltern? Wohnen sie auch hier?“

Poppy presste die Lippen zusammen. „Ich habe keine Eltern. Seit meinem siebten Lebensjahr nicht mehr.“

„Tut mir leid, das zu hören.“ Rafe war ebenfalls elternlos aufgewachsen. Als er zehn gewesen war, waren sein Dad und seine Mom bei einem Bootsunfall an der französischen Riviera ums Leben gekommen. Er war bei seinem herrschsüchtigen Großvater Vittorio aufgewachsen. Poppy Silvertons Großmutter war vermutlich etwas anders gewesen.

„Sind Sie nur auf der Durchreise, oder bleiben Sie länger hier?“, fragte sie spitz.

Mit exakter Präzision stellte Rafe seine Tasse auf die Untertasse zurück. „Nur auf der Durchreise.“

„Und was bringt sie hierher?“

War es nur Einbildung, oder blitzten ihre karamellbraunen Augen kriegerisch auf? „Ich stelle ein paar Nachforschungen an.“

„Wofür?“

„Für ein Projekt, an dem ich arbeite.“

„Was für ein Projekt?“

Rafe griff wieder nach seiner Tasse und musterte Poppy träge. „Quetschen Sie eigentlich alle Gäste so aus?“

Sie presste die Lippen zusammen. „Ich weiß, warum Sie hier sind.“

Er schenkte ihr sein entwaffnendstes Lächeln – dasjenige, das ihm mehr Geschäftsabschlüsse und mehr offene Schlafzimmertüren eingebracht hatte, als er zählen konnte. „Ich bin hierhergekommen, um Ihnen ein Angebot zu machen, das Sie nicht ablehnen können.“ Voller Zuversicht lehnte er sich zurück. „Wie viel wollen Sie für das Cottage?“

Aufgebracht funkelte sie ihn an. „Es steht nicht zum Verkauf.“

Rafe spürte etwas Primitives und Urwüchsiges in sich erwachen – eine Art Jagdinstinkt. Sie wollte also die Spröde spielen. Kein Problem, er liebte Herausforderungen, je größer, desto besser – und desto befriedigender.

Er musterte sie eingehend. Ihre Wangen waren gerötet, und ihre Augen blitzten. Er wusste genau, was sie vorhatte – den Preis in die Höhe zu treiben, bis sie ihn bis auf den letzten Penny ausgequetscht hatte.

Wie vorhersehbar.

„Ab welchem Betrag ändern Sie Ihre Meinung?“

Poppy verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und stützte sich so heftig vor ihm auf den Tisch, dass seine Tasse klirrte. „Lassen Sie uns mal eins klarstellen, Mr Caffarelli! Sie können mich nicht kaufen.“

Lässig ließ er den Blick über ihren Ausschnitt gleiten, bevor er ihr wieder in die Augen sah. „Sie missverstehen mich, Miss Silverton. Ich will nicht Sie, sondern Ihr Haus.“

Errötend erwiderte sie seinen Blick. „Das kriegen Sie aber nicht“, sagte sie trotzig.

Rafe lief ein Schauer der Erregung über den Rücken, und eine urtümliche Lust schoss ihm direkt in die Lenden. Er konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann eine Frau das letzte Mal Nein zu ihm gesagt hatte. Poppy Silvertons Abwehr weckte das Alphatier in ihm. Das hier machte ja viel mehr Spaß als gedacht. Er würde nicht eher lockerlassen, als bis er das Haus bekam – und Poppy Silverton gleich dazu.

Als er sich erhob, wich sie zurück, als würde er sie gleich mit giftigem Drachenatem versengen. „Und ob ich es kriege!“ Durchbohrend sah er sie an und legte eine Fünfzigpfundnote auf den Tisch. „Das ist für den Espresso. Behalten Sie den Rest.“

2. KAPITEL

„Grrr!“ Poppy stieß die Schwingtür zur Küche so heftig auf, dass sie gegen die Wand knallte. „Unfassbar, dieser Kerl! Glaubt, er kann einfach hier reinmarschieren, mit einem Bündel Geldscheinen wedeln, und schon verkaufe ich ihm mein Haus. Wie … wie arrogant ist das denn?“

Chloe, die gerade ein paar Teller in den Schrank stellen wollte, riss die Augen auf. „Was zum Teufel ist passiert? Ich dachte schon, du würdest ihm den Kopf abreißen.“

Poppys Augen funkelten vor Wut. „Er ist der ekelhafteste Mann, der mir je begegnet ist! Ich werde ihm mein Haus nie verkaufen, hörst du? Nie!

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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