Flitterwochen mit dem Feind

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Er ist ihr Feind, solange sie denken kann - jetzt muss Allegra ihn heiraten! Denn von ihrer Ehe mit dem griechischen Tycoon Draco Papandreou hängt die Zukunft ihres Vaters ab. Aber eins wird der arrogante Draco niemals bekommen, schwört sich die verkaufte Braut: ihren Körper. Doch als die Flitterwochen beginnen und Draco seine weiße Jacht in die türkisblauen Fluten der Ägäis steuert, bekommt Allegra es mit der Angst zu tun: Wie soll sie nur der sinnlichen Ausstrahlung ihres Ehemannes widerstehen?


  • Erscheinungstag 02.01.2018
  • Bandnummer 0001
  • ISBN / Artikelnummer 9783733708818
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Allegra Kallas erwartete weder einen ausgerollten roten Teppich noch eine Blaskapelle. Sie war es gewohnt, dass man wenig Aufhebens machte, wenn sie heim nach Santorin kam. Was sie jedoch erwartete, war die übliche Gleichgültigkeit ihres Vaters. Sein höfliches, aber nur vorgetäuschtes Interesse an ihrer Arbeit als Anwältin für Familienrecht in London. Und seine gequälte Miene, wenn sie ihn darüber informierte, dass sie immer noch Single war. Was für den griechischen Vater einer Tochter von einunddreißig Jahren einer unheilbaren Krankheit gleichkam.

Deshalb war sie erstaunt, dass eine Flasche Champagner im Eiskübel auf sie wartete, zusammen mit drei Kristallgläsern auf einem Silbertablett. In den Eiskübel war das Wappen der Familie Kallas eingraviert. Allegra fragte sich, warum ihr Vater es so wunderbar fand, sie wieder bei sich zu Hause zu wissen, dass er sie mit Champagner begrüßte.

Wunderbar?

Nichts an Allegra war für ihren Vater wunderbar. Absolut nichts. Was ihn begeisterte, waren seine junge Frau Elena – nur zwei Jahre älter als Allegra – und der gemeinsame Sohn Nico, der gerade erst auf die Welt gekommen war. Die beiden wurden offenbar erst am Abend zurückerwartet, weil Elena ihre Eltern besuchte. Und da die Taufe des kleinen Nico erst am nächsten Tag stattfinden würde …

Für wen war das dritte Glas?

Allegra nahm ihre Umhängetasche von der Schulter und warf sie auf das Ledersofa neben sich, während sich ihr die Nackenhaare aufstellten. „Was soll das denn?“

Ihr Vater lächelte, doch wie meistens in ihrer Gegenwart erreichte das Lächeln seine Augen nicht. Vielmehr glich es einer Grimasse, als würde er an einer Magenverstimmung leiden. „Darf ein Vater sich denn nicht freuen, wenn er sein eigen Fleisch und Blut wiedersieht?“

Wann hatte er sich je gefreut, sie zu sehen? Und wann hatte sie sich je als wertvolles Mitglied der Familie gefühlt? Doch sie wollte nicht an den alten Wunden rühren. Nicht an diesem Wochenende. Sie war wegen der Taufe gekommen und würde gleich am Montagmorgen zurück nach London fliegen. Länger hielt sie es hier nicht aus.

Sie warf einen Blick auf die Gläser. „Für wen ist denn das dritte Glas? Kommt noch jemand?“

Auch wenn die Miene ihres Vaters sich nicht veränderte, hatte Allegra das Gefühl, dass er sich aus irgendeinem Grund unwohl in seiner Haut fühlte. Er benahm sich seltsam. Nicht nur, weil er sie so überschwänglich begrüßt hatte. Er sah auch ständig auf die Uhr und zupfte an seinen Manschetten herum, als seien sie zu eng. „Ja, es kommt tatsächlich jemand. Er wird jeden Moment da sein.“

Allegra hatte das Gefühl, als hätte sie einen Schlag mit einem Pferdehuf gegen die Brust bekommen. „Er?“

Das Lächeln ihres Vaters verblasste, und sein Blick hatte etwas Einschüchterndes. „Ich hoffe, du machst keine Schwierigkeiten. Draco Papandreou ist …“

„Draco kommt her?“ Wieder bekam sie einen Tritt, doch diesmal trug der Pferdehuf Stahlkappen. „Aber warum?“

„Elena und ich haben ihn gebeten, Nicos Taufpate zu sein.“

Allegra zuckte zusammen. Für sie war es eine große Ehre gewesen, als ihr Vater und seine Frau sie gebeten hatten, Nicos Taufpatin zu werden. Sie hatte angenommen, dass es Elenas Idee gewesen war, nicht die ihres Vaters. Doch sie hatte nicht gewusst, dass Draco ebenfalls Taufpate sein würde, sondern geglaubt, dass einem der älteren Freunde seines Vaters diese Ehre zuteilwerden würde. Ihr war nicht bewusst, dass er Draco inzwischen als einen engen Freund betrachtete. Geschäftspartner oder Rivale schien viel passender. Die Namen Papandreou und Kallas standen für zwei mächtige Unternehmen, die einst eng zusammengearbeitet hatten, doch über die Jahre hatte die immer stärker werdende Konkurrenz zunehmend zu Streitigkeiten geführt.

Allegra hatte ihre eigenen Probleme mit Draco. Probleme, die jedes Treffen mit ihm zu einer Demütigung für sie machten. Jedes Mal, wenn sie ihn sah, wurde sie daran erinnert, wie sie als ungeschickter Teenager versucht hatte, seine Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie mit ihm geflirtet und dümmlich gelächelt hatte. Aber noch peinlicher war gewesen, auf welch erniedrigende Weise er ihr Einhalt geboten hatte.

Sie schüttelte den Kopf. „Warum hast du ausgerechnet ihn gefragt?“, wollte sie wissen.

Ihr Vater stieß ein heiseres Seufzen aus und griff nach dem Ouzo, den er sich vorher eingeschenkt hatte. Er legte den Kopf zurück, leerte das Glas in einem Zug und stellte es mit einem Knall wieder ab. „Die Geschäfte gehen schlecht. Die Wirtschaftskrise in Griechenland hat mich schwer getroffen. Schlimmer als ich erwartet habe … viel schlimmer. Ich werde alles verlieren, falls ich mich nicht auf eine Fusion mit ihm einlasse.“

„Draco Papandreou will dir helfen?“ Jedes Mal, wenn sie seinen Namen aussprach, hatte sie das Gefühl, als ob ihr ein ekliges Insekt über den Rücken krabbeln würde. Sie hatte Draco nicht mehr gesehen, seit sie ihm vor sechs Monaten in einem bekannten Londoner Nachtclub zufällig über den Weg gelaufen war, wo sie sich mit einem Mann hatte treffen wollen – der ihr dann einen Korb gegeben hatte. Was von Draco mit großer Heiterkeit aufgenommen worden war.

Sie verachtete ihn dafür, dass er mit allem immer so … recht hatte. Es schien, als würde er jedes Mal Zeuge sein, wenn sie einen ihrer dummen Fehler machte. Nach dem peinlichen Flirt mit sechzehn hatte sie ihre Aufmerksamkeit schnell einem anderen jungen Mann aus ihrem Freundeskreis zugewandt. Draco hatte sie wegen des Jungen gewarnt. Und was tat sie? Sie ignorierte seine Warnung, mit dem Ergebnis, dass ihr das Herz gebrochen wurde. Nun ja, nicht direkt gebrochen, aber ihr Ego hatte ganz sicher darunter gelitten.

Als sie dann achtzehn war, hatte Draco sie dabei erwischt, wie sie sich bei einer der Geschäftspartys ihres Vaters, wo sie ihm als Gastgeberin helfen sollte, von dem starken Punsch nahm. Er riet ihr, nicht zu viel zu trinken. Wieder eine Lektion, die sie bewusst ignorierte. Ja, er war da gewesen, als sie sich kurze Zeit später die Lunge aus dem Leib hustete. Zweimal, brr. Zugegeben, er war sofort mit einem kalten Lappen zur Stelle gewesen und hatte ihr die Haare aus dem Gesicht gehalten …

Doch das hatte sie nicht davon abgebracht, ihn zu hassen.

„Draco hat mir ein Geschäft angeboten“, sagte ihr Vater „Eine Fusion, die all meine finanziellen Probleme lösen wird.“

Allegra stieß ein missbilligendes Schnauben aus. „Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Was hat er denn davon?“

Statt sie anzusehen, wandte ihr Vater sich ab und goss sich noch einen Ouzo ein. Sie kannte ihren Vater gut genug, um zu wissen, dass er nur dann mehr trank, wenn er entweder entspannt oder gestresst war. Diesmal schien es der Stress zu sein.

„Er hat ein paar Bedingungen daran geknüpft“, erklärte er. „Aber mir bleibt nichts anderes übrig, als sie zu akzeptieren. Ich muss an meine neue Familie denken – Elena und Nico verdienen es nicht, für mein Pech bestraft zu werden. Ich habe alles getan, um die Gläubiger abzuwehren, aber inzwischen sind wir an einem kritischen Punkt angelangt. Draco ist meine einzige Rettung.“

Seine neue Familie. Die Worte schmerzten mehr, als sie zugeben wollte. Wann hatte sie sich je als Teil seiner alten Familie gefühlt? Sie war ein Ersatzkind, keine eigene Persönlichkeit. Ihr älterer Bruder Dion war als Kleinkind an Leukämie erkrankt. Damals wurden die Eltern dazu ermutigt, sich noch ein Kind zuzulegen, für den Fall, dass das neue Baby als Knochenmarkspender passte. Natürlich hatte Allegra dem nicht entsprochen. Sie hatte an zwei Fronten versagt. Sie kam als Spenderin nicht infrage, und sie war nicht männlich. Dion war gestorben, bevor Allegra zwei Jahre alt war. Sie erinnerte sich nicht einmal an ihn, sondern wusste nur noch, dass sie von verschiedenen Kindermädchen aufgezogen worden war, weil ihre Mutter in ihrer grenzenlosen Trauer dazu nicht in der Lage gewesen war. Eine Trauer, die sich in eine schwere Depression verwandelt hatte, sodass man Allegra ins Internat geschickt hatte, um ihrer Mutter eine Atempause zu gönnen.

Ihre Mutter hatte dann „versehentlich“ eine Überdosis Schlaftabletten genommen, einen Tag bevor Allegra, inzwischen elf Jahre alt, in den Sommerferien nach Hause kommen sollte. Niemand hatte das Wort Selbstmord in den Mund genommen. Doch Allegra war sicher, dass ihre Mutter beabsichtigt hatte, sich genau an diesem Tag das Leben zu nehmen.

Das Schwerste für Allegra war die traurige Gewissheit, dass sie ihrer Mutter nicht genügt hatte. Ihr Vater hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, seine Enttäuschung darüber zu verbergen, dass er einen weiblichen Erben hatte statt des Sohns, den er vergöttert hatte. Während sie heranwuchs, war kaum ein Tag vergangen, an dem sie seine Enttäuschung nicht schmerzlich zu spüren bekam.

Doch nun hatte er eine neue Frau und ein neues Baby. Allegra hatte nie richtig dazugehört, und jetzt noch weniger.

„Draco wird dir selbst von unserer Vereinbarung erzählen“, sagte ihr Vater. „Ach, da ist er ja.“

Allegra wirbelte herum und sah, wie Draco den Raum betrat. Sie begegnete seinem Blick, und ein seltsames Gefühl stieg in ihr auf. Jedes Mal, wenn sie ihn ansah, reagierte sie auf die gleiche Weise. Ihr Puls raste. Ihr Herz überschlug sich. Und sie bekam keine Luft mehr.

Er war leger gekleidet, mit sandfarbenen Chinos und einem weißen Hemd, dessen Ärmel aufgerollt waren und seine gebräunten, starken Unterarme enthüllte, was ihm nichts von seiner autoritären Aura nahm. Wenn Draco Papandreou einen Raum betrat, drehten sich alle nach ihm um. Die Herzen der Frauen begannen zu flattern, so wie ihres jetzt. Jede Zelle seines Körpers verströmte Sexappeal. Allegra fühlte, wie er ihren weiblichen Hormonen zurief, wie ein Alphawolf, der nach seinem Weibchen rief. Kein anderer Mann schaffte es wie er, dass sie sich ihres Körpers so bewusst war. Er schien ein Eigenleben zu führen, wenn Draco auch nur in ihre Nähe kam.

Ein sündhaftes Eigenleben. Das Bilder von ihm heraufbeschwor, nackt und seine langen muskulösen Beine mit ihren verschlungen. Ihre Reaktion auf ihn konnte sie nur verbergen, indem sie sich hinter schnippischem Sarkasmus zurückzog. Er hielt sie für eine streitbare Person, aber sei’s drum. Es war immer noch besser, als wenn er glaubte, dass sie ihn heimlich begehrte. Er sollte nicht wissen, dass sie sich ihn in ihren wildesten Träumen in den verschiedensten erotischen Posen vorstellte, während er die verrücktesten Dinge mit ihr anstellte.

Und dass sie beim letzten Mann, mit dem sie Sex gehabt hatte, die ganze Zeit an Draco hatte denken müssen.

„Draco, wie nett von dir, in eine private Familienfeier hereinzuplatzen. Kein heißes Date heute Abend mit einer deiner Wasserstoffblondinen?“

Er hob einen Mundwinkel und schenkte ihr sein typisches zynisch-amüsiertes Lächeln. „Du bist mein Date, agape mou. Hat dein Vater dir das nicht gesagt?“

Allegra warf ihm einen Blick zu, der imstande war, eine Gasflamme zu gefrieren. „Träum weiter, Papandreou.“

Seine dunklen Augen leuchteten auf, als würde ein Nein von ihr ihn anmachen. „Ich möchte dir einen Vorschlag unterbreiten“, sagte er. „Möchtest du, dass dein Vater dabei ist, oder willst du lieber mit mir allein sein?“

„Es ist unerheblich für mich, wo und wie, weil du zu keinem deiner Vorschläge ein Ja von mir bekommst“, antwortete Allegra.

„Ähm … ich glaube, einer der Bediensteten ruft nach mir“, sagte ihr Vater und verließ den Raum so hastig, als würde er vor einer Explosion davonrennen. Wobei eine Explosion durchaus im Bereich des Möglichen lag, wenn sie und Draco allein waren.

Draco sah sie so eindringlich an, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. „Endlich allein.“

Allegra wandte den Blick ab, ging zu dem Tablett mit den Gläsern und goss sich lässig Champagner ein. Zumindest hoffte sie, dass es lässig wirkte. Obwohl sie nicht viel trank, hätte sie in diesem Moment am liebsten die ganze Flasche ausgetrunken. Und sie dann an die nächstbeste Wand geknallt. Danach die Gläser, eins nach dem anderen, bis nur noch Scherben übrig waren.

Warum war Draco hier? Weshalb half er ihrem Vater? Und was konnte das mit ihr zu tun haben?

All diese Fragen sprudelten in ihrem Kopf wie der Champagner in ihrem Glas. Das Geschäft ihres Vaters hing am seidenen Faden? Wie konnte das sein? Es war eines der anerkanntesten Unternehmen in Griechenland und bestand schon seit mehreren Generationen. Andere Geschäftsleute hatten zu ihm aufgeschaut, voller Ehrfurcht, weil er so viel erreicht hatte. Ihr Vater hatte immer mit seinem Reichtum geprahlt. Wie hatte es so weit kommen können?

Allegra drehte sich um und warf Draco ein zuckersüßes Lächeln zu. „Kann ich dir einen Drink anbieten?“, fragte sie. „Flüssigen Stickstoff? Oder Zyanid?“

Tief lachte er auf. „In diesem Fall wäre Champagner genau richtig.“

Sie schüttete ein Glas voll, gab es ihm und ärgerte sich, dass ihre Hand ein wenig zitterte. Als er das Glas nahm, strichen seine Finger über ihre. Sie hatte das Gefühl, einen Stromschlag zu bekommen, der ihre Hormone aufschreckte und um mehr betteln ließ. Schnell riss sie ihre Hand zurück und wünschte im gleichen Moment, es nicht getan zu haben. Denn Draco hatte eine verblüffende Fähigkeit, ihre Körpersprache zu entschlüsseln.

Alles an ihm machte sie nervös. Ließ sie Dinge fühlen, die sie nicht fühlen wollte. Aber so sehr sie es auch versuchte, sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Keine Frage, sie hatte schon viele schöne Männer gesehen, doch keiner konnte sich mit Dracos Zügen messen, die ihren Puls in ungeahnte Höhen schnellen ließen. Tintenschwarze Haare, ein Mund, der nicht nur sinnlich, sondern auch sündhaft geformt war. Der sie an lange, leidenschaftliche Küsse denken ließ. Allein der Gedanke daran, dass er seinen muskulösen männlichen Körper an ihren presste, erregte sie.

Sie hatte diesen Mund schon auf ihrem gespürt. Einmal. Hatte ihn gespürt und darauf reagiert, um dann von Draco weggestoßen zu werden, mit dem Kommentar, dass dumme kleine Mädchen wie sie einen Mann wie ihn nie befriedigen könnten.

Seine Bemerkung hatte ihrem Ego einen schweren Schlag versetzt und ihr Vertrauen in ihre sexuellen Fähigkeiten für Jahre ruiniert. Zum Teufel mit ihm, dass er so verdammt attraktiv war. Weshalb konnte sie nicht aufhören, ihn anzustarren, als wäre sie immer noch das dumme, verknallte Mädchen?

Er hatte sich rasiert, doch seine starken männlichen Hormone trotzten jedem anständigen Rasierer. Dunkle Stoppeln bedeckten seine Wangen und die Partie um seinen Mund.

Oh Gott, sie musste aufhören, auf seinen Mund zu starren.

Sie nahm ihr Glas, doch ehe sie einen Schluck trinken konnte, hob er seins an ihres. „Auf uns.“

Allegra zog ihr Glas so heftig zurück, dass der Champagner sich über ihre Bluse ergoss. Natürlich trug sie Seide. Und die Flüssigkeit zeichnete ihre rechte Brust deutlich ab, obwohl sie in einem Spitzen-BH steckte. Warum war sie so verdammt ungeschickt in seiner Nähe? Wie peinlich. Sie wischte die Flüssigkeit weg und machte damit alles noch schlimmer. Denn jetzt klebte der Stoff an ihrer Brust.

Draco reichte ihr ein sauberes weißes Taschentuch. „Soll ich …?“

Allegra entriss ihm das Taschentuch, bevor er den Satz beenden konnte. Sie würde auf keinen Fall zulassen, dass er ihre Brust berührte!

Sie tupfte den nassen Stoff ihrer Bluse ab. Noch nie hatte sie so etwas als so erotisch empfunden. Ihre Brust war der gleichen Meinung. Sie prickelte, und die Brustwarze war hart … aber vielleicht nur deshalb, weil Dracos Blick darauf gerichtet war.

Allegra knüllte das Taschentuch zu einem kleinen Ball zusammen und warf es auf den Beistelltisch. „Ich werde es gewaschen an dich zurückgeben lassen.“

„Behalte es als Andenken.“

„Ich will kein Andenken von dir. Lass mich einfach in Ruhe!“

Er hielt ihren Blick fest. „Das wird nur passieren, wenn ich mich aus dieser Fusion zurückziehe.“

„Die Fusion ist mir egal.“

„Vielleicht, aber das sollte sie nicht. Die Bedingungen dieser Abmachung beruhen allein auf deiner Zustimmung.“

Bedingungen? Welche Bedingungen?

Gleichgültig warf Allegra ihre Haare über die Schultern, um ihr Unbehagen zu verbergen. Etwas an seinem Blick gab ihr das Gefühl, dass er mit ihr spielte. Zu was wollte er ihre Zustimmung?

Seit diesem Kuss vor Jahren war die Atmosphäre zwischen ihnen immer angespannt. Ein Machtkampf, der die Luft zum Knistern brachte. Er war ihr Feind, und es war ihr egal, wer davon wusste. Wenn sie ihn hasste, konnte sie leichter vergessen, wie sehr sie ihn wollte. Ihr Hass war ein sicherer Schutzschild gegen ihre verräterischen Hormone, die sie zu ihrem Ärger immun gegen jeden anderen Mann machten. „Die geschäftlichen Angelegenheiten meines Vaters gehen mich nichts an. Ich bin völlig unabhängig von ihm, das war schon die letzten zehn Jahre so.“

„Finanziell unabhängig vielleicht, aber du bist seine einzige Tochter. Sein einziges Kind. Er hat deine Ausbildung bezahlt und dir alles gegeben, was man mit Geld kaufen kann. Ist es dir egal, dass er ohne meine Hilfe alles verlieren wird?“ Die Falten auf seiner Stirn unterstrichen die Ernsthaftigkeit seiner Worte.

Allegra wünschte, es wäre ihr egal. Aber das Problem war, dass dem nicht so war. Das war ihre Achillesferse – ihr Schwachpunkt, der verletzliche Teil ihrer Persönlichkeit. Das Bedürfnis, geliebt und geschätzt zu werden von dem einzig noch lebenden Elternteil. Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich vergeblich darum bemüht. Trotz der Defizite ihres Vaters war sie innerlich immer noch das kleine Kind, das nach seiner Zustimmung suchte. Mitleiderregend, aber wahr. „Ich sehe nicht, was all das mit mir zu tun hat. Mir ist es schlicht egal, in welchem Zustand sich das Unternehmen meines Vaters befindet.“ Sie wusste, dass sie kalt und gefühllos klang, aber warum sollte sie sich darum scheren, was Draco von ihr dachte?

Einen langen Moment musterte er sie „Ich glaube dir nicht. Es ist dir nicht egal. Und genau deshalb wirst du auch zustimmen, mich zu heiraten, damit wir das Geschäft schuldenfrei halten.“

Der Schock traf sie wie ein Schlag gegen die Brust. Ihn heiraten? Sicher hatte er das eben nicht gesagt? Er und sie? Verheiratet? Miteinander? Sie blinzelte, dann lachte sie. Doch selbst in ihren Ohren klang es beinahe hysterisch. „Wenn du auch nur eine Sekunde glaubst, ich würde irgendjemanden heiraten, ganz zu schweigen von dir, dann bist du noch selbstherrlicher, als ich dachte.“

Immer noch sah Draco sie so eindringlich an, dass ihr warm wurde. „Du wirst es tun, Allegra. Sonst wirst du zusehen müssen, wie das Unternehmen deines Vaters langsam und quälend stirbt. Es hängt an lebenserhaltenden Apparaten. Im letzten Jahr habe ich deinem Vater immer wieder Geld zufließen lassen. Er hat nicht die Mittel, es mir zurückzuzahlen. Niemand wird ihm jetzt mehr etwas leihen, nicht in dieser schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der wir uns befinden. Deshalb habe ich diese Lösung vorgeschlagen. Auf diese Weise gewinnt jeder … besonders du.“

Allegra konnte nicht fassen, wie arrogant er war. Glaubte er allen Ernstes, sie würde solch einem absurden Vorschlag zustimmen? Sie hasste diesen Mann, von ganzem Herzen. Es gab keinen Menschen, den sie weniger heiraten wollte als ihn. Nun ja, vielleicht schon, wenn sie an ihre Arbeit dachte, aber das war nicht der Punkt. Draco war ein Playboy. Ein Schürzenjäger, der die Frauen verschlang. Ihn zu heiraten wäre emotionaler Selbstmord, selbst wenn sie ihn nicht hassen würde. „Du bist unglaublich. Auf welchem Planeten lebst du eigentlich, dass du denkst, es wäre ein Gewinn für mich, dich zu heiraten? Eine Ehe ist für keine Frau ein Gewinn. Sie führt direkt in die Knechtschaft, und das will ich mir nicht antun.“

„Du hast ein bisschen zu viel Zeit im Gericht bei Scheidungen verbracht“, sagte er. „Viele Ehen funktionieren gut, für beide Seiten. Bei uns könnte es auch funktionieren. Wir haben viel gemeinsam.“

„Das Einzige, das wir gemeinsam haben, ist, dass wir beide Sauerstoff atmen“, gab Allegra zurück. „Nichts an dir gefällt mir. Selbst wenn ich auf der Suche nach einem Ehemann wäre, würde ich so jemanden wie dich nie in Betracht ziehen. Du gehörst zu den Männern, denen man abends ihre Pfeife und ihre Pantoffeln hinstellen muss, wenn sie nach Hause kommen. Du willst keine Frau, sondern ein Dienstmädchen.“

Sein schiefes Lächeln war zurück und ließ seine unglaublich schwarzen Augen aufleuchten. „Ich liebe dich auch, glykia mou.“

Allegra verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Hör mir genau zu. Ich heirate dich nicht. Weder um das Geschäft meines Vaters zu retten, noch aus einem anderen Grund. Nein. Nein. Nein.“

Draco nahm einen Schluck von seinem Champagner und stellte das Glas anschließend auf dem Beistelltisch ab. „Natürlich müsstest du für deine Arbeit zwischen London und meinem Heim hin und her pendeln, aber du kannst meinen Privatjet benutzen – sofern ich ihn nicht gerade selbst brauche.“

Allegra ballte die Hände. „Hörst du mir überhaupt zu? Ich habe gesagt, dass ich dich nicht heirate.“

Er setzte sich aufs Sofa, lehnte sich zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und legte lässig ein Bein über das andere. „Du hast keine Wahl. Wenn du mich nicht heiratest, wird dein Vater dir die Schuld am Zusammenbruch seines Geschäfts geben. Es ist ein gutes Unternehmen, wurde aber in letzter Zeit schlecht geführt. Dieser Manager, den dein Vater vor ein paar Jahren eingestellt hat, als es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten stand, hat ihm keinen Gefallen getan. Ich kann den Schaden wiedergutmachen, damit das Geschäft wieder Profit abwirft. Dein Vater wird im Vorstand bleiben und hat Anteil an dem Gewinn, der garantiert höher sein wird als der, den er in den letzten Jahrzehnten erwirtschaftet hat.“

Allegra biss sich auf die Lippe. Es war eine schlimme Zeit gewesen, als man bei ihrem Vater Krebs diagnostiziert hatte. Sie war so oft zu ihm geflogen, wie sie konnte, um bei all den Bestrahlungen und der Chemo bei ihm zu sein. Natürlich hatte er keine große Dankbarkeit gezeigt. Aber Draco heiraten, um ihren Vater vor dem finanziellen Ruin zu retten?

Doch ihr Vater brauchte sie. Brauchte sie wirklich. Und sie musste zugeben, dass es schlimmere Männer als Draco gab, die er ihr hätte anbieten können. Die Männer, denen sie im Gerichtssaal begegnete. Gemeine Männer. Gefährliche Männer. Männer, die keinen Respekt vor Frauen hatten und ihre Kinder als Waffe benutzten. Männer, die Frauen belästigten, bedrohten und sogar töteten, um ihren Willen zu bekommen.

Draco mochte arrogant sein, aber er war nicht gemein. Gefährlich? Nun, vielleicht für ihre Gefühle, ja. Sie spielten verrückt, wenn er in ihrer Nähe war. Was ein sehr guter Grund für sie war, ihn nicht zu heiraten.

„Warum ich?“, fragte Allegra. „Weshalb willst du ausgerechnet mich zur Frau haben, wenn du doch jede haben kannst?“

Langsam sah er sie von Kopf bis Fuß an und wieder zurück, und sein Blick sandte ihr einen Schauer über den Rücken. „Ich will dich.“

Seine Worte hätten ihr weibliches Zentrum nicht zu einem glücklichen Tanz verführen sollen. Sie war nicht eitel, wusste jedoch, dass man sie als schön betrachtete, in klassischem Sinne. Sie hatte die Pfirsichhaut ihrer englischen Mutter geerbt, ebenso die dunkelblauen Augen und die schlanke Figur. Von ihrem Vater stammten die pechschwarzen Haare und der Tatendrang.

Aber Draco traf sich mit Supermodels, Starlets und sexy Nymphen. Warum wollte er sich an eine kompromisslose Karrierefrau wie sie fesseln, zumal sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit stritten?

Die vergangenen Jahre hatte sie ihr Bestes getan, ihm nicht zu zeigen, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Den peinlichen Vorfall, der ihr mit sechzehn passiert war, hatte sie in einer Schublade vergraben, auf der stand: Nicht öffnen.

Wenn sie sich in Draco verliebte, würde sie sich die Probleme einhandeln, aus denen sie anderen Frauen täglich heraushalf. Liebe tat seltsame Dinge mit den Frauen. Sie sahen ihre Männer nur noch durch eine rosa Brille, sodass sie deren Fehler erst entdeckten, wenn es zu spät war.

Allegra wollte nicht eine dieser Frauen sein – ein Opfer männlicher Gewaltspiele, die sie genauso verletzbar zurückließen wie ein regennasses Kätzchen. „Hör zu, ich weiß dein Kompliment zu schätzen, aber ich bin nicht darauf aus zu heiraten. Wenn du mich jetzt entschuldigst, werde ich gehen …“

„Das Angebot gilt nur heute. Stimmst du nicht zu, verlange ich mein Geld zurück. Mit Zinsen.“

Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Die Wirtschaftskrise in Griechenland war sehr ernst. So ernst, dass viele anerkannte Unternehmen gegen die Wand gefahren waren. Allegra mochte ein paar Probleme mit ihrem Vater haben, aber die gingen nicht so weit, dass sie ihn ruiniert und öffentlich gedemütigt sehen wollte. Nicht jetzt, da er eine Frau und ein Baby hatte, für die er sorgen musste. Allegra mochte Elena. Sie hatte nicht damit gerechnet, weil Elena nur zwei Jahre älter als sie war. Doch es stimmte. In gewisser Weise erinnerte Elena sie an sich selbst, weil sie auch alles versuchte, anderen zu gefallen, um geliebt und akzeptiert zu werden.

Doch wenn sie Draco heiratete, um ihren Vater vor dem finanziellen Kollaps zu retten, würde sie sich einer sinnlichen Gefahr aussetzen, ohne die sie gut auskommen konnte. Jahrelang hatte sie Distanz zu ihm gehalten. Nach der schrecklichen Begegnung mit sechzehn war das der einzige Weg, um sich zu schützen. Doch wie sollte sie Distanz zu ihm halten, wenn sie mit ihm verheiratet war? „Diese Ehe, die du … vorschlägst …“ Sie fand es erniedrigend, dass ihre Stimme so krächzte.

„Ja?“

„Was hast du denn davon?“

Seine Augen hatten einen teuflischen Glanz, der sie innerlich erschauern ließ, als hätte er sie intim berührt. Kein anderer konnte das. Sie mit einem Blick anturnen. Sie so hungrig auf ihn machen, dass sie Mühe hatte, ihre Hände bei sich zu behalten. Am liebsten hätte sie diesen starken, männlichen Körper überall berührt. Wann hatte sie nicht vor Lust nach ihm gebrannt? Niemand konnte sich auch nur annähernd mit ihm vergleichen. Er hatte sie für jeden anderen ruiniert, obwohl er sie seit diesem Kuss kaum berührt hatte, und wenn, dann nur zufällig.

„Ich bekomme eine Frau, die heiß auf mich ist. Was könnte ein Mann mehr wollen?“

Allegra behielt ihre Miene unter Kontrolle. „Wenn du eine Vorzeigefrau willst, warum suchst du dir dann nicht eine aus der Menge deiner kleinen sexy Schmeichlerinnen aus?“

„Ich will eine Frau mit Hirn zwischen den Ohren.“

„Jede Frau, die nur ein bisschen Hirn hat, würde um einen Mann wie dich einen großen Bogen machen.“

Ihre Beleidigung ließ ihn nur noch breiter lächeln, als würde er sich auf ihre Kosten amüsieren. „Und wenn du mich auch noch mit einem Erben versorgst …“

„Einem … was?“ Allegras Stimme klang wie das Quieken einer Maus. „Du erwartest von mir, dass ich …“

„Jetzt, wo ich darüber nachdenke …“ Geschmeidig erhob er sich vom Sofa. „Ein Erbe wäre vielleicht eine gute Sache.“

Zog er sie auf, oder meinte er es ernst? Es war schwer zu sagen bei dem undurchdringlichen Blick. „Vergisst du nicht etwas? Ich will keine Kinder. Und ich bin nicht bereit, meine Karriere für eine Familie zu opfern.“

„Viele Frauen sagen das, doch in den meisten Fällen stimmt es nicht. Es ist eine Art Versicherungspolice, falls keiner sie bittet, sie zu heiraten.“

Allegra blieb der Mund offen stehen. „Soll das ein Witz sein? Von welcher Liane hast du dich denn gerade heruntergeschwungen? Frauen sind keine Brutmaschinen. Und sie warten auch nicht mit angehaltenem Atem darauf, dass irgendein Kerl vorbeikommt, ihnen einen Ring an den Finger steckt und sie mit sich schleppt, um seine Haussklavin zu werden. Wir sind genauso ambitioniert und haben genauso viel Bedürfnisse wie Männer, manchmal sogar mehr.“

„Ich habe nicht das Geringste gegen deine Bedürfnisse.“ Seine Augen leuchteten jetzt förmlich. „Wieder etwas, dass wir gemeinsam haben …“

Je weniger sie über diese Bedürfnisse nachdachte, desto besser. Draco wechselte die Beziehungen schneller als ein Autofahrer die Fahrspur, wenn er zu einem wichtigen Treffen unterwegs war. Woher kam sein plötzliches Interesse, den Familienmenschen zu spielen? Er war erst vierunddreißig – drei Jahre älter als sie. Seit diesem Abend vor sechs Monaten in London wurde sie jeden Monat daran erinnert, dass sie schon über dreißig war und noch keine Kinder hatte. „Ich weiß nicht, wie du auf die Idee kommst, ich würde diesem absurden Plan zustimmen. Hat mein Vater das vorgeschlagen?“

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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