Heirate nie einen griechischen Playboy!

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

"Heirate mich!" Tamsyn ist sprachlos. Sie hat mit dem griechischen Milliardär Xan Constantinides doch nur eine einzige unverbindliche Nacht der Leidenschaft verbracht, jetzt macht er ihr einen Antrag! Mit Liebe hat das nichts zu tun: Xan braucht eine Scheinehefrau, um einer arrangierten Ehe zu entkommen. Weil Tamsyn mit dem Geld ihrer Schwester in Not helfen könnte, sagt sie Ja. Aber kaum beginnt ihr gemeinsames Leben auf Xans paradiesischer Insel, gerät ihr Herz in Gefahr. Katastrophe! Denn das Ende ihrer Ehe steht bereits fest …


  • Erscheinungstag 20.11.2018
  • Bandnummer 2363
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710552
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Er erkannte sie sofort, auch wenn er einen Moment überlegen musste, woher er sich überhaupt an sie erinnerte. Xan Constantinides musterte die kleine Rothaarige mit den langen Locken, und er spürte Verlangen, aber auch Ärger. Doch er war dankbar für die Ablenkung, mochte sie auch noch so kurz sein. Denn sie erlaubte ihm, das Versprechen zu vergessen, das er vor langer Zeit gegeben hatte. War es die Hochzeit eines seiner ältesten Freunde, die ihm das Unvermeidliche vor Augen führte, oder nur das Rad der Zeit? Es war einfach zu glauben, dass sich nichts verändern würde. Er konnte so tun, als würde die Zeit nicht rasend schnell vergehen. Doch dann war sie plötzlich da, die Zukunft, mit all den Erwartungen …

Und einer Ehe, der er zugestimmt hatte.

Es hatte keinen Sinn, jetzt darüber nachzudenken, weil ein anstrengendes Wochenende vor ihm lag. Freundschaft und eine wertvolle Geschäftsbeziehung erforderten seine Anwesenheit bei der Hochzeit des Scheichs, seines Freundes, obwohl Xan solche Ereignisse normalerweise wie die Pest mied.

Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Rothaarigen zu. Sie saß allein in dem kleinen Terminal des Privatflughafens und wartete darauf, an Bord gehen zu können. Durch ihre wilde rote Mähne unterschied sie sich von den anderen Frauen. Genauso wie durch ihre Kleidung, die keinerlei Ähnlichkeit mit dem knappen Cocktailkleid hatte, das sie bei ihrem ersten Aufeinandertreffen getragen hatte und das seine Fantasie beflügelt hatte – was offensichtlich beabsichtigt gewesen war.

Xan warf ihr einen abschätzenden Blick zu. Heute trug sie kein enges schwarzes Mieder aus Satin und High Heels, auch keine Netzstrümpfe, in denen die schönsten Beine gesteckt hatten, die er je gesehen hatte. Nein. Sie hob den Begriff lässig auf eine ganz neue Ebene. Zu Leinenschuhen trug sie eine abgeschnittene Jeans und ein schlichtes, grünes T-Shirt, dessen Farbe ihren katzengleichen, smaragdgrünen Augen glich.

Es waren die Augen, an die er sich vor allem erinnerte. Und die schlanke Figur, die die knappe Dienstkleidung nicht hatte ausfüllen können, anders als bei ihren bestens ausgestatteten Kolleginnen vom Servicepersonal. Er wusste noch genau, wie sie den Cocktail über den Tisch geschüttet hatte, als sie sich zu ihm beugte, um das Glas abzustellen. Die klebrige Flüssigkeit war auf sein Hosenbein getropft, und er war zusammengezuckt. Die Frau, mit der er dort gewesen war, hatte nach ihrer Serviette gegriffen und sein Hosenbein besorgt abgetupft, obwohl er ihr gerade erklärt hatte, dass ihre Beziehung beendet war.

Xan verzog die Lippen zu einem schmalen Strich. Die rothaarige Kellnerin hatte sich aufgerichtet und eine Entschuldigung gemurmelt, doch das trotzige Leuchten in ihren grünen Augen hatte ihn vermuten lassen, dass es ihr nicht wirklich leidtat. Einen Moment hatte er sich gefragt, ob sie sich absichtlich so ungeschickt verhalten hatte. Aber so dumm konnte doch niemand sein.

Oder doch?

Und jetzt saß sie hier und wartete darauf, in den teuren Privatjet steigen zu können, der sie zur Hochzeit von Scheich Kulal Al Diya und Hannah Wilson, einer vollkommen unbekannten Engländerin, bringen würde. Sie kramte in einer viel zu großen Tasche, die schon bessere Tage gesehen hatte. Ob sie auch Gast bei der königlichen Hochzeit ist? Wohl kaum. Sicher war sie engagiert worden, um bei der glanzvollsten Hochzeit, die die Wüstenregion seit einem Jahrzehnt erlebte, zu arbeiten. Und in einem Land, das auf sehr züchtiger Kleidung bestand, würde sie wahrscheinlich nicht so viel von ihrem Körper zeigen wie beim letzten Mal.

Schade.

Er gestattete sich ein verhaltenes Lächeln, als sie hochsah, und merkte, dass er sie anstarrte. Ihre überwältigenden Augen weiteten sich ungläubig. Er sah, dass ihre Brustwarzen sich unter dem dünnen T-Shirt automatisch verhärteten, und spürte ein Ziehen in den Lenden.

Manchmal schenkt einem das Schicksal etwas, von dem man gar nicht gewusst hat, dass man es will, dachte Xan mit einer gewissen Vorfreude.

Das ist er.

Ganz sicher.

War das Zufall?

Tamsyn hatte damit gerechnet, dass die Wichtigen und Reichen sich an dem kleinen Flughafen einfinden würden, um in den königlichen Flieger zu steigen, der sie nach Zahristan bringen würde. Allerdings hatte sie den anderen Gästen in der kleinen Abflughalle kaum Beachtung geschenkt. Denn sie war viel zu sehr damit beschäftigt, die unglaubliche Tatsache zu verarbeiten, dass ihre Schwester Hannah den König eines Wüstenreichs heiraten und eine richtige Königin werden würde. Obwohl Hannah ein Baby von Kulal erwartete, hatte Tamsyn es nicht geschafft, ihre Abneigung über die geplante Eheschließung für sich zu behalten. Ihrer Meinung nach war der Mann, den ihre Schwester heiraten würde, arrogant und herrschsüchtig – und wie es schien, suchte er sich Freunde mit denselben Eigenschaften aus.

Erneut warf sie dem griechischen Milliardär einen verstohlenen Blick zu. Er lümmelte auf der anderen Seite des Terminals auf einem Sofa. Sein muskulöser Körper steckte in einem teuren, maßgeschneiderten Anzug. Xan Constantinides. Ein unvergesslicher Name für einen unvergesslichen Mann. Ob er sich auch an mich erinnert?

Tamsyn betete im Stillen, dass er nicht mehr wusste, wer sie war.

Schließlich war es schon Monate her und nur eine sehr kurze Begegnung gewesen. Sie biss sich auf die Lippe. Warum hatte sie sich nur auf die Seite dieser Frau geschlagen, die von dem Tycoon in der schicken Bar, in der sie arbeitete, gerade abserviert wurde? Auch ihre Anstellung hatte ein schnelles, wenn auch vorhersehbares Ende gefunden …

Sie hatte Xan Constantinides sofort bemerkt, als er die Bar betreten hatte. Wobei jeder auf ihn aufmerksam wurde, weil er einfach zu dieser Art von Mann gehörte. Charismatisch und mit seiner Ausstrahlung von Macht, schien ihn das Interesse, das ihm überall entgegengebracht wurde, nicht zu kümmern. Ellie, eine der anderen Kellnerinnen und Tamsyns beste Freundin, hatte ihr anvertraut, dass er ein megareicher Immobilien-Tycoon war und erst kürzlich zu Griechenlands begehrtestem Junggesellen gewählt worden war.

Doch Tamsyn hatte nur mit halbem Ohr zugehört, während sie von seinem sagenhaften Reichtum erfuhr oder von all den Frauen, mit denen er ins Bett ging, bevor er sie kalt abservierte. Seine körperliche Präsenz machte seinen Reichtum fast unwichtig, und es überraschte sie selbst, dass sie ihn länger ansah als nötig, da sie die besser aussehenden männlichen Gäste sonst nie beachtete. Aber es war auch noch nie ein so gutaussehender dagewesen wie dieser. Sie wusste noch, dass sie zusammengezuckt war, als sie seinen Körperbau bemerkt hatte, der vermuten ließ, dass er locker etliche Runden im Boxring überstehen würde, auch wenn er so wirkte, als hätte er nichts Anstrengenderes vollbracht als gerade aus dem Bett aufzustehen. Wenn solch ein Körper zusätzlich noch mit sündhaft dunklen Haaren, kobaltblauen Augen und einem Mund, der gleichzeitig sinnlich und grausam wirkte, gepaart war, bedeutete es Gefahr. Und Tamsyn hatte schon immer ein gutes Gefühl für Gefahr gehabt, die während ihrer traumatischen Kindheit immer wie ein unsichtbarer Schlagstock im Hintergrund gelauert hatte – der nur darauf wartete, ihr einen Schlag auf den Kopf zu verpassen, wenn sie nicht vorsichtig war. Darum mied sie die Gefahr wie die Pest.

Sie erinnerte sich, dass sie sich in ihren High Heels ein bisschen unsicher gefühlt hatte, als sie zu dem griechischen Tycoon ging, der mit der schönsten Blondine zusammensaß, die sie je gesehen hatte.

„Bitte, Xan“, hatte seine Begleitung mit leiser, zitternder Stimme gesagt. „Tu das nicht. Du musst doch wissen, wie sehr ich dich liebe.“

„Aber ich liebe dich nicht. Das habe ich dir von Anfang an gesagt“, erklärte er. „Ich habe dir meine Bedingungen genannt und dir gesagt, dass ich meine Meinung nicht ändern werde. Und das habe ich auch nicht. Warum weigern sich die Frauen zu akzeptieren, was offensichtlich ist?“

Tamsyn ärgerten diese Worte. Bedingungen? Er klang, als ginge es um einen Geschäftsabschluss und nicht um eine Beziehung. Als wäre seine reizende Begleiterin ein Objekt und keine Person. Eine Frau würde einem Mann nie sagen, dass sie ihn liebte, wenn sie nicht bis zu einem gewissen Grad dazu ermuntert worden wäre. Was sie jedoch noch mehr irritierte, war der Umstand, dass Xan Constantinides sie beobachtete, während sie bei dem Barmann darauf wartete, dass er ihr zwei Cocktails mixte. Sie wusste nicht, was sie mehr ärgerte. Dass er sie mit abschätzendem Blick betrachtete oder dass ihr Körper auf seine überhebliche Musterung in einer Weise reagierte, die ihr nicht gefiel.

Sie erinnerte sich noch an das Flattern im Bauch und das verwirrende Prickeln ihrer Brüste, die sich gegen das knappe Oberteil drückten. Und daran, dass sie sich seines Blickes aus Kobaltaugen viel zu bewusst gewesen war. Er hatte keine Rücksicht auf die Frau neben ihm genommen, die sich darum bemühte, nicht zu weinen. Wut war in Tamsyn hochgekocht. Männer! Sie waren alle gleich. Immer nahmen sie nur und gaben nie etwas zurück – solange man sie nicht in die Enge trieb. Und selbst dann fanden sie noch einen Weg, um sich herauszuwinden. Kein Wunder, dass sie sie bewusst auf Armeslänge von sich entfernt hielt. Mit einem aufmunternden Lächeln reichte sie der Frau ihren Drink. Als sie den Cocktail des Griechen vom Tablett nahm, bemerkte sie seinen spöttischen Blick.

Hinterher redete sie sich ein, dass sie das Glas nicht absichtlich schräg gehalten hatte, sodass die Flüssigkeit sich über den Tisch ergoss und auf einen seiner Schenkel tropfte. Doch sie konnte nicht leugnen, dass sie eine gewisse Befriedigung empfunden hatte, als er ein wenig zusammengezuckt war, bevor die Blondine mit ihrer Serviette in Aktion getreten war.

Kurz darauf wurde sie gefeuert. Der Barbesitzer erklärte ihr, dass es eine ganze Reihe von Vorfällen gegeben hatte. Einem ihrer hochgeschätzten Gäste einen Drink über die Hose zu schütten, hätte das Fass zum Überlaufen gebracht. Offenbar sei sie nicht in der Lage für eine Arbeit, die ständig gelassene Professionalität erforderte. Außerdem würde sie unangemessen reagieren. Insgeheim fragte sie sich, ob Xan Constantinides sie hatte feuern lassen. Vielleicht gehörte er zu diesen mächtigen Männern, die sich wichtigmachten und bei denen alle sprangen, wenn sie es befahlen. So wie sie sich jetzt fragte, ob er sich wohl an sie erinnerte.

Bitte nicht.

„Wir bitten nun alle Passagiere einzusteigen. In etwa dreißig Minuten fliegen wir nach Zahristan.“

Tamsyn nahm ihren Rucksack und stand auf. Es spielte keine Rolle, ob er sich an sie erinnerte, weil er ihr nichts bedeutete. Sie machte diese Reise nur, um Hannah an ihrem Hochzeitstag beizustehen, auch wenn sie große Vorbehalte gegenüber ihrem Bräutigam hatte. Alle Versuche, ihre große Schwester davon zu überzeugen, diese unpassende Ehe nicht einzugehen, waren auf taube Ohren gestoßen. Entweder hatte Hannah nicht zuhören wollen oder sie hatte es nicht gewagt, weil sie das Baby des Scheichs in sich trug und er einen legitimen Erben brauchte. Tamsyn seufzte. Sie hatte getan, was sie konnte, um ihre Schwester zum Umdenken zu bewegen, doch jetzt musste sie sich dem Unausweichlichen fügen. Wenn nötig, würde sie die Wogen glätten und für ihre Schwester da sein – so wie Hannah immer für sie da gewesen war.

Sie hängte sich den Rucksack über die Schulter und stellte sich hinter die anderen Passagiere, von denen sich viele zu kennen schienen. Bisher hatte sie noch nie erlebt, dass alle vor dem Abflug so entspannt waren. Allerdings konnte sie sich normalerweise nur Billigflüge leisten, eingezwängt wie Ölsardinen in der Dose. Nicht so heute. Die schicken Flugbegleiterinnen sahen aus wie Models und waren zu allen Passagieren ausgesprochen höflich, während sie ihnen die Plätze zeigten.

Plötzlich hörte Tamsyn eine tiefe, wohlklingende Stimme hinter sich und spürte, wie ihre Kehle trocken wurde. Sie hatte diese Stimme schon einmal gehört. Er hatte auf Griechisch geflucht und sie gefragt, was zum Teufel sie sich gedacht hatte. Damals war ihr ein Schauer über den Rücken gelaufen, so wie auch jetzt, als der griechische Tycoon zu ihr kam und sich neben sie stellte.

Tamsyn sah in ein Paar kobaltblaue Augen und wünschte, ihr Herz würde aufhören, so heftig zu schlagen. Und dass ihre Brustwarzen sich nicht so verräterisch unter ihrem billigen T-Shirt aufrichten würden. Doch ihre Sinne weigerten sich, ihr zu gehorchen. Sie bemerkte, wie seine olivfarbene Haut unter dem blütenweißen Hemd schimmerte und dass er einen schwachen Duft nach Sandelholz verströmte. Irgendwie schien er mit seiner Präsenz den ganzen Sauerstoff um sie herum einzusaugen, sodass sie das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Er war der Inbegriff von Leuchtkraft und Leben, und doch umgab ihn auch etwas Dunkles. Etwas Beunruhigendes und seltsam Einfühlsames lauerte in den Tiefen seiner unglaublichen Augen. Plötzlich fühlte Tamsyn sich verletzlich. Das machte ihr Angst. Weil sie normalerweise nicht verletzlich war. Und auch nicht auf Männer reagierte – besonders nicht auf Männer wie ihn. Hinter ihrem feurigen Äußeren schlug ein Herz aus Eis, und so sollte es auch bleiben.

Sie befahl sich, nicht in Panik zu geraten. Die Leute vor ihr gingen langsam weiter. In ein paar Minuten würde sie sicher im Flugzeug sitzen – und hoffentlich so weit wie möglich entfernt von ihm. Wäre dies ein normales Linienflugzeug, könnte sie ihn schlicht ignorieren, aber so war es nicht. Sie alle waren zu Gast bei der exklusiven königlichen Hochzeit, und selbst Tamsyn wusste, dass sie nicht unhöflich sein durfte.

Aber sie konnte sich kühl geben und musste weder mit ihm plaudern noch überfreundlich sein. Sie schuldete ihm nichts, war nicht länger in der untergeordneten Rolle einer Kellnerin und konnte sagen, was sie wollte.

„Sieh an, sieh an“, murmelte er in fehlerfreiem Englisch, während er seinen Ausweis aus der Innentasche seines Jacketts zog. „So eine Überraschung, Sie hier zu treffen.“

Tamsyn setzte eine leicht fragende Miene auf. „Entschuldigung? Kennen wir uns?“

Die Kobaltaugen wurden schmal. „Ja, es sei denn, Sie haben eine Doppelgängerin“, erwiderte er gedehnt. „Sie sind die Kellnerin, die mir letzten Sommer einen Drink in den Schoß geschüttet hat. Das haben Sie doch sicher nicht vergessen?“

Einen Moment war Tamsyn versucht, genau das zu behaupten. Vielleicht sollte sie so tun, als hätte sie ihn noch nie gesehen. Doch sie vermutete, dass er sie durchschauen würde. Denn niemand würde je einen Mann wie Xan Constantinides vergessen, außer er oder sie hätte nicht alle Tassen im Schrank. Mit festem Blick sah sie ihn an.

„Nein“, sagte sie. „Das habe ich nicht vergessen.“

Er sah sie an. „Ich habe darüber nachgedacht und mich gefragt, ob Sie es sich zur Gewohnheit gemacht haben, all Ihren Gästen Drinks überzuschütten.“

Sie schüttelte den Kopf. „Eigentlich nicht. So etwas ist mir vorher noch nie passiert.“

„Nur bei mir?“

„Nur bei Ihnen“, bestätigte sie.

Es entstand eine Pause. „Dann war es Absicht?“

Sie dachte über seine Frage nach und beantwortete sie dann so ehrlich wie möglich. „Ich glaube nicht.“

„Sie glauben es nicht?“, platzte er heraus. „Was ist denn das für eine Antwort?“

Er klang fassungslos, und als sie seinem durchdringenden Blick begegnete, wollte sie plötzlich, dass er Bescheid wusste. Weil ihm bisher vielleicht noch niemand die Meinung gesagt hatte. Und weil Frauen nichts waren, das man einfach entsorgte wie ein altes Kleidungsstück, das man nicht mehr mochte.

„Die Frau hat mir leidgetan, die Sie damals gerade entsorgt haben.“

Er runzelte die Stirn, als wüsste er nicht genau, von welcher Frau sie sprach und deshalb eine ganze Reihe von Kandidatinnen durchging, die infrage kamen. Dann hellte sich sein Blick auf.

„Ah, neh“, murmelte er in seiner Muttersprache, bevor er wieder die Stirn runzelte. „Was soll das heißen, dass sie Ihnen leidgetan hat?“

„Sie war sichtlich aufgebracht, das konnte jeder sehen. Ich fand, Sie hätten etwas freundlicher sein können und es ihr vielleicht unter vier Augen sagen sollen.“

Ungläubig lachte er auf. „Wollen Sie damit sagen, dass Sie wegen ein paar Sätzen, die Sie zufällig mitbekommen haben, ein negatives Urteil über mich fällen?“

„Ich weiß, was ich gesehen habe“, beharrte Tamsyn. „Sie schien sehr aufgewühlt.“

„Das war sie, ja.“ Er kniff die Augen zusammen. „Es war aus mit uns, aber sie hat sich geweigert, es zu glauben. An dem Tag musste sie es endlich begreifen. Wir hatten uns schon wochenlang nicht mehr gesehen, als sie mich bat, dass ich mich auf einen Drink mit ihr treffe. Ich war einverstanden. Aber ich habe keinen Zweifel daran gelassen, dass ich ihr nicht das geben konnte, was sie wollte.“

Darüber dachte Tamsyn einen Moment nach. Gegen ihren Willen war sie neugierig geworden. „Was wollte sie denn, was Sie ihr nicht geben konnten?“

Er lächelte sie an – ein kurzes, strahlendes Lächeln, bei dem eine der Angestellten vom Bodenpersonal ihn voller Bewunderung anstarrte.

„Mein Gott, eine Ehe, natürlich“, erwiderte er leise. „Leider ist das ein unausweichlicher Nebeneffekt, wenn man sich mit Frauen verabredet. Sie drängen immer zum nächsten Schritt.“

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Tamsyn eine Antwort herausbrachte. „Oh Mann“, stöhnte sie entnervt. „Das ist das Arroganteste, was ich je gehört habe.“

„Es mag arrogant sein, aber es ist die Wahrheit.“

„Hat nie eine mit Ihnen Schluss gemacht?“

„Nein, keine“, gab er süffisant zurück. „Und wie sieht das bei Ihnen aus?“

Tamsyn fragte sich, warum sie dieses Gespräch überhaupt führte, während sie darauf wartete einzusteigen. Aber nachdem sie damit angefangen hatte, wäre es armselig, nichts mehr dazu zu sagen, nur weil er ein Thema berührt hatte, das sie schwierig fand. Nein, sie war noch nie sitzengelassen worden. Allerdings hatte sie auch erst eine Beziehung gehabt – und sie beendet, kaum dass sie gemerkt hatte, dass ihr Körper genauso erstarrt war wie ihr Herz. Das würde sie Xan Constantinides allerdings nicht verraten. Sie musste ihm gar nichts sagen, und darum stellte sie ihm eine Gegenfrage.

„Haben Sie sich bei der Geschäftsführung damals über mich beschwert?“

Er wandte den Blick von der kessen Stewardess ab, die die Namen der Fluggäste auf einem Clipboard abhakte. „Nein. Warum?“

„Weil ich kurz danach gefeuert worden bin.“

„Und Sie glauben, ich hätte das veranlasst?“

„Warum nicht? Meiner Schwester ist das auch passiert. Der Mann, den sie heiraten wird, hat dafür gesorgt, dass sie ihre Stelle verloren hat.“

„Nur zu Ihrer Information: Nein, das habe ich nicht getan. Ich habe selbst genug Personal, um das ich mich kümmern muss. Deshalb kann ich nicht noch die Angestellten anderer Leute im Auge behalten, ganz egal, wie inkompetent sie sind.“ Er schwieg einen Moment. „Was war denn mit Ihrer Schwester?“

Da begriff Tamsyn, dass er keine Ahnung hatte, wer sie war. Und dass es der Scheich höchstpersönlich gewesen war, der ihre Schwester hatte feuern lassen. Für Xan Constantinides war sie nur eine voreingenommene Kellnerin, die es nicht schaffte, ihren Job zu behalten.

„Ach, egal, Sie werden sie sowieso nicht kennen“, entgegnete sie wahrheitsgemäß. Denn Hannah hatte ihr anvertraut, dass sie noch keinen der Freunde ihres Verlobten kannte.

Ihr Gespräch wurde von einer freundlichen Stewardess mit einem Clipboard unterbrochen. Nachdem Tamsyn ihre Sitznummer bekommen hatte, wandte sie sich mit einem gezwungenen Lächeln wieder an Xan Constantinides.

„Es war nett, mit Ihnen zu plaudern“, meinte sie spöttisch und sah, dass seine blauen Augen sich verdunkelten. „Genießen Sie den Flug.“

Ihr Herz klopfte immer noch, als sie im Flugzeug ihren Platz einnahm. Dann holte sie das Buch aus dem Rucksack, auf das sie sich schon gefreut hatte – einen Thriller, der im Hinterland von Australien spielte. Sie hoffte, dass die vielen Stunden auf dem langen Flug nach Ashkhazar, der Hauptstadt von Zahristan, beim Lesen schnell vergehen würden. Doch es war schwierig, sich auf die spannende Geschichte zu konzentrieren, weil sie nur an den Griechen denken konnte, der so eine starke Wirkung auf sie ausübte. Vergeblich versuchte sie zu schlafen. Irgendwann gab sie auf und starrte aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Wolken, die wie ein großes Baumwollfeld aussahen. Dann versuchte sie die verschiedenen Köstlichkeiten, die eine Stewardess ihr hinstellte, doch sie schien ihren Appetit verloren zu haben. Als sie niedergeschlagen an die bevorstehenden Feierlichkeiten dachte, riss eine tiefe Stimme sie aus ihren trüben Gedanken.

„Ich vermute, Sie werden sofort arbeiten, wenn wir da sind?“

Tamsyn fuhr hoch und sah, dass Xan Constantinides neben ihrem Platz im Gang stehen geblieben war und geruhte, mit ihr zu sprechen.

„Arbeiten?“, wiederholte sie verwirrt.

„Ich nehme an, dass Sie deshalb hier sind.“

Plötzlich verstand Tamsyn. Er glaubte, dass sie mitkam, um als Kellnerin bei der königlichen Hochzeit zu arbeiten.

Wie sollte er auch nicht? Schließlich war sie nicht wie die anderen Frauen auf diesem Flug gekleidet, mit ihrem dezenten Goldschmuck, der wahrscheinlich ein Vermögen gekostet hatte, und ihren bewusst lässigen Designeroutfits. Ihre Schwester hatte ihr vor der Hochzeit neue Kleider kaufen wollen, doch Tamsyn hatte sich stur geweigert. Hannah hatte ihr in der Vergangenheit schon so oft geholfen. Und hatte sie sich nicht geschworen, von jetzt an allein zurechtzukommen?

„Nur weil du einen reichen Mann heiraten wirst, heißt das noch lange nicht, dass ich seine Almosen annehmen muss“, hatte sie Hannah erklärt. „Ich trage das, was ich habe, aber trotzdem danke.“

War Xan Constantinides deshalb so sicher, dass sie eher zum Personal gehörte als zu den Hochzeitsgästen? Weil sie alte Turnschuhe anhatte statt dieser schicken Schuhe mit den roten Sohlen, die alle anderen trugen? Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass sie ein bisschen Spaß an dem Ganzen haben könnte, auch wenn die Hochzeit ihr bevorstand. Wäre es nicht amüsant, den griechischen Tycoon an der Nase herumzuführen, bevor er herausfand, in welcher Verbindung sie zum Königshaus Al Diya stand?

Sie begegnete seinem forschenden Blick mit einem gespielt schüchternen Schulterzucken. „Ja“, antwortete sie. „Bei so einem Ereignis wird man sehr gut bezahlt. Außerdem wollten sie neben den Einheimischen auch einige englische Angestellte haben, damit die Englisch sprechenden Gäste sich wohlfühlen.“

Er nickte. „Wie gut, dass Sie stilgerecht hergeflogen werden.“

Tamsyn verkniff sich ein empörtes Lachen. Gleich würde er sie bestimmt noch fragen, ob sie überhaupt schon einmal geflogen war.

„Das stimmt“, seufzte sie. „Man kann nur hoffen, dass ich mich nicht zu sehr an all diesen Luxus gewöhne, bevor ich wieder in mein armseliges Leben zurückkehren muss.“

„Hoffentlich nicht.“ Sein kurzes Lächeln wirkte abweisend, als würde er sich bereits mit ihr langweilen. „Und jetzt muss ich arbeiten, wenn Sie nichts dagegen haben.“

Schon öffnete sie den Mund, um ihm zu sagen, dass er das Gespräch angefangen hatte. Doch aus irgendeinem Grund schloss sie ihn wieder, als er weiter durch den Gang marschierte. Sie war nicht die Einzige, die ihm hinterhersah. Jede Frau in diesem Flugzeug schien ihn anzustarren. Noch nie hatte sie einen Mann gesehen, der sich seiner so sicher war. Er schien die Luft um sich herum mit einer seltsamen und mächtigen Energie aufzuladen, und sie ärgerte sich über die Wirkung, die er auf sie ausübte, ohne überhaupt etwas zu tun.

2. KAPITEL

Tamsyn stand in der Mitte eines riesigen Saals, und ihr drehte sich der Kopf, als sie sich verwundert umsah. Sie hatte gewusst, dass der Verlobte ihrer Schwester einen richtigen Palast besaß, wo sie während der Feierlichkeiten wohnen würde. Aber tatsächlich hier zu sein, war so jenseits all ihrer Erfahrungen, dass sie einen Moment glaubte zu träumen.

Sie legte den Kopf in den Nacken und sah sich die hohe, gewölbte Decke in Gold an. So viel Gold hatte sie noch nie gesehen. Weiche Vorhänge hingen an den raumhohen Fenstern, die einen erstaunlichen Ausblick auf die saftig grünen Gärten boten – erstaunlich deshalb, weil dies schließlich ein Wüstenreich war. Ihr Bett mit den Kissen aus Brokat und Samt war riesig, aber tiefer, als sie es gewohnt war. Und überall, wo sie hinsah, standen Blumen. Große bordeauxrote und sonnengelbe Rosen in massiven Vasen aus Gold. Ihr schwerer Duft wetteiferte mit dem Weihrauch, der in einer Ecke in einem Gefäß glomm, das mit echten Rubinen und Smaragden bestückt zu sein schien. Als sie das Bad sah, musste Tamsyn schlucken. Es übertraf den Standard jedes exklusiven Hotels, in dem sie bisher gearbeitet hatte – und das waren schon einige gewesen. Mit den Fingerspritzen strich sie über den flauschigen Bademantel und betrachtete die schimmernden Glasflaschen mit Badeöl und Parfüm. Ob sie ein paar davon mit nach Hause nehmen könnte?

Sie hatte das Dienstmädchen fortgeschickt, das nach ihrer Ankunft noch im Zimmer geblieben war. Allein der Gedanke, ein Dienstmädchen zu haben, hatte sie mit Unbehagen erfüllt, weil dies eigentlich ihre Rolle war. Sie hatte geglaubt, allein zu sein, bis man sie zu dem Dinner am Vorabend der Hochzeit rufen würde. Doch ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Sie öffnete und starrte erstaunt auf die Frau, die draußen stand. Sie trug eine wunderschöne Seidenrobe in Saphirblau, die wie ein Wasserfall bis zum Boden fiel. Ihre schimmernden Haare waren von einem zarten, silbernen Schleier bedeckt, und ihre funkelnden Ohrringe zeigten den gleichen aquamarinblauen Glanz wie ihre Augen. Fassungslos und schweigend stand Tamsyn da, während ihr bewusst wurde, dass sie ihre eigene Schwester nicht sofort erkannt hatte.

„Hannah“, rief sie atemlos. „Bist du es wirklich?“

Hannah trat ein und schloss die Tür hinter sich, bevor sie Tamsyn fest umarmte. „Natürlich bin ich es, wer sollte es denn sonst sein?“

Verblüfft schüttelte Tamsyn den Kopf. „Ich kann es nicht glauben. Du siehst so anders aus. Wie … wie eine richtige Königin.“

Autor

Sharon Kendrick
Fast ihr ganzes Leben lang hat sich Sharon Kendrick Geschichten ausgedacht. Ihr erstes Buch, das von eineiigen Zwillingen handelte, die böse Mächte in ihrem Internat bekämpften, schrieb sie mit elf Jahren! Allerdings wurde der Roman nie veröffentlicht, und das Manuskript existiert leider nicht mehr.

Sharon träumte davon, Journalistin zu werden, doch...
Mehr erfahren