Heißes Spiel

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Flynn Granger ist ein Mann, der die Frauen liebt. Und als Abbey im sexy kurzen Rock und aufreizend hochhackigen Schuhen in sein Büro kommt, würde er sie brennend gern im Sturm erobern. Aber die erfolgreiche Journalistin lässt ihn kalt abblitzen. Sie will den umschwärmten Unternehmer nur als Partner für ihr neues Lifestyle-Magazin gewinnen. Wie unspannend, findet Flynn, obwohl er ihr Angebot auch nicht ablehnen will. Es lockt ihn geradezu. Denn die kühle Schöne hat in ihm die Lust auf ein sinnliches Katz-und-Maus-Spiel mit heißem Finale geweckt ...


  • Erscheinungstag 22.03.2009
  • Bandnummer 0008
  • ISBN / Artikelnummer 9783862955091
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

WIE MACHE ICH EINEN MANN AUF MICH AUFMERKSAM?
TIPP NR. 10: LASS IHN ZAPPELN!

Flynn Granger stand auf lange, schlanke Frauenbeine.

„Du hast doch selbst Beine. Was soll daran denn so toll sein?“, fragte sein bester Freund George immer, wenn die Sprache auf das Thema kam.

„George, alter Junge“, sagte er dann immer. „Ich mag ja selbst ansehnliche Beine haben, aber die lassen sich doch nicht vergleichen. Der Anblick wohlgeformter Frauenbeine jedoch, mit Füßen, die in High Heels stecken, zwingt mich jedenfalls jedes Mal in die Knie.“

Also war es nicht überraschend, dass Flynn, der an diesem Apriltag den Rest seiner morgendlichen Ruderübungen absolvierte, beim Anblick eines Paars langer, unbestrumpfter Beine sofort Interesse zeigte. Besagte Beine gehörten zu einer jungen Dame, die in einem Bleistiftrock und schwarzen High Heels den Vorraum seines Büros betrat.

Augenblicklich hörte er auf zu rudern, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und beschloss, dieser Frau mehr Zeit für ein Vorstellungsgespräch zu widmen als die fünf Minuten, die Wanda, seine resolute Assistentin, ihr zugeteilt hatte.

Was immer sie auch von ihm wollte – eine Frau mit solchen Beinen verdiente eine Chance.

Abbey Parrish zog ihren geliehenen, viel zu engen Bleistiftrock herunter.

„Fünf Minuten, mehr kann ich Ihnen nicht geben, Miss Parrish“, sagte Wanda, eine streng aussehende Frau mit Pagenfrisur, winziger Brille und marineblauem, korrektem Kostüm, als sie sie in Flynn Grangers Büro führte.

Abbeys Hand zitterte nur sehr leicht, als sie sich damit über das hochgesteckte Haar strich. „Ich verstehe. Und ich weiß es zu schätzen, dass Sie mich dazwischenschieben konnten.“

„Ich bin seit Ewigkeiten ein Fan Ihrer Großmutter“, sagte Wanda. „Ich habe in jüngeren Jahren sogar an einer Demonstration in der Collins Street teilgenommen, die sie organisiert hatte. Ich tue sozusagen ihr einen Gefallen.“

Es war nicht das erste Mal, dass sie wegen ihres Namens bevorzugt wurde, also nickte Abbey nur, und Wanda ging hinaus.

Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, drehte Abbey sich um. Was sie dann sah, entsprach keinesfalls dem, was man gemeinhin als Büro bezeichnen würde.

Sie biss sich auf die Unterlippe, wie immer, wenn sie nervös war. Und sie war sehr nervös, denn sie hatte das Gefühl, in die männliche Version eines Boudoirs gestolpert zu sein.

Möbel aus dunklem Holz, ein riesiges Ledersofa und an den getäfelten Wänden Bilder von Segelbooten und Vollblutpferden. Ein schwerer roter Teppich reichte bis an den Sockel eines großen Kamins, in dem ein Feuer prasselte.

Ein Geräusch kam von einer halb offenen Tür am anderen Ende des langen Büros. Abbey erhaschte einen Blick auf ein ungemachtes Bett im Zimmer dahinter. Rote Kissen schmückten schokoladenbraune Satinlaken.

Unwillkürlich atmete sie tief durch und zwang sich zur Ruhe. Gerade die Tatsache, dass dieses Büro eine Art Huldigung an Macht, Männlichkeit und erotische Fantasien darstellte, bedeutete schließlich, dass sie genau am richtigen Ort war.

Was sie gehört und gelesen hatte, bestätigte: Flynn Granger war der richtige Mann für sie. Er entstammte einer der angesehensten Familien Melbournes und liebte das Risiko. Trotzdem gehörte er am Ende immer zu den Gewinnern. Er war unverschämt reich, ausgesprochen beliebt und ein Playboy erster Güte. Die Tatsache, dass sein Büro auch über einen Schreibtisch und einen Drehstuhl verfügte und nicht nur über ein unordentliches Bett, hätte Abbey eigentlich eher überraschen sollen.

„Guten Tag“, sagte Flynn Granger mit einer sinnlichen, tiefen Stimme, als er aus dem Nebenzimmer in das Büro schlenderte. Abbey wusste, dass er vierunddreißig Jahre alt war, also gute zehn Jahre älter als sie selbst.

„Guten Tag“, erwiderte sie und streckte sich zu ihrer vollen Größe, denn mit seinen genau eins fünfundachtzig überragte er sie um mehr als zehn Zentimeter. Die nächsten Worte blieben ihr allerdings in der Kehle stecken, denn sie stellte fest, dass er nur mit einer Trainingshose und einem Handtuch über den Schultern bekleidet war. Außerdem war sein Haar noch feucht und zerzaust, und er hatte sich seit mindestens einem Tag nicht rasiert.

„Ich bin Abbey Parrish“, sagte sie wie betäubt und streckte ihm die Hand entgegen, als er gemächlich an ihr vorbeiging.

„Flynn Granger“, erwiderte er. Sein Händedruck war kräftig, aber nur kurz, denn er ging zu seinem Schreibtisch weiter. Er ließ sich in den Drehstuhl hinter dem schweren Schreibtisch sinken und rieb sich mit dem Handtuch das Haar trocken, wobei er die Anwesenheit seiner Besucherin unbekümmert ignorierte.

Wahrscheinlich interessierte er sich nicht für eine unbekannte Geschäftsfrau aus Fitzroy. Aber klug war das nicht, denn Abbey war nicht zu unterschätzen.

„Vielen Dank, dass Sie die Zeit gefunden haben, mich zu sehen“, sagte sie. „Ich hoffe, ich habe Sie nicht … gestört.“ Sie betrachtete vielsagend seine Trainingshose und sah ihm dann wieder ins Gesicht. Offenbar war er endlich aufmerksam geworden, denn er blickte sie intensiv aus seinen klugen dunklen Augen an und lächelte geheimnisvoll.

Immerhin hatte sie eine Reaktion erzwungen. Aber auch sie spürte ein seltsam warmes Kribbeln auf ihrer Haut.

Abbey tat ihr Bestes, seinem Blick standzuhalten und sein Lächeln zu ignorieren – leichter gedacht als getan. Denn sein Blick war genauso gefährlich wie sein Ruf.

„Sie können sich beruhigen, Miss Parrish“, sagte er. „Nichts ist wichtiger für mich als das Geschäftsprojekt, das man mir im gegebenen Moment vorschlägt.“ Dabei zwinkerte er verführerisch.

„Und ich bin überzeugt davon, Mr. Granger“, sagte sie und hob unwillkürlich das Kinn, „dass Sie mein Projekt nicht werden ablehnen können.“

Er hob eine Augenbraue. „Ich bin ganz Ohr.“

Dabei nahm er das Handtuch herunter und warf es auf einen Sessel zu Abbeys Rechten. Nun war sein Oberkörper völlig nackt – sein sonnengebräunter, vollkommener Oberkörper.

Abbey senkte einen Moment den Blick, schloss die Augen und sammelte ihre Gedanken. Als sie wieder aufsah, hatte Mr. Granger ein Hemd aus einer Schublade geholt und es angezogen. Schade, dachte sie, und dann zuckte sie zusammen. Nein, nicht schade, endlich! Das war das Wort, das sie eigentlich gemeint hatte.

Sie fühlte sich unwohl, wie sie so allein an der Tür stand, und so ging sie zielstrebig auf seinen Schreibtisch zu. Erst jetzt fühlte sie sich wieder in der Position, die ihr eigentlich zustand – der einer Frau, die alles unter Kontrolle hatte.

„‚Alpha‘“, sagte sie und ließ das Wort einige Momente nachklingen, bevor sie fortfuhr: „Das ist der Name des schicksten, exklusivsten Männermagazins, das Sie je das Privileg haben werden zu lesen.“

Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar, das allerdings sofort wieder in die ursprüngliche Form zurückfiel. „Sind Sie auf ein Interview aus für dieses Magazin, von dem Sie sprechen, Abbey? Dann müssen Sie sich mit George aus meiner Presseabteilung unterhalten. Wenn Wanda herausfindet, dass Sie sich Ihren Weg hier herein mit List und Tücke erschlichen haben, kann ich Ihnen nicht garantieren, dass Sie lebendig an der Rezeption vorbeikommen werden.“

„Ich brauche mich nirgendwo mit List und Tücke hineinzuschleichen, Mr. Granger“, sagte sie und versuchte, sich ihre wachsende Frustration nicht anmerken zu lassen. „Und ich bin auch nicht gekommen, um Ihre Zeit zu verschwenden. Ebenso wenig möchte ich ein Interview haben. Ich möchte nur, dass Sie mir in den nächsten fünf Minuten Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.“

Er ließ den Blick langsam über sie gleiten, und Abbey erschauerte unwillkürlich. Dann winkte er mit einer eleganten Bewegung ab. „Die haben Sie für die nächsten zweieinhalb Minuten. Darüber hinaus gebe ich keine Garantie.“

Er hatte sie nicht aufgefordert, sich zu setzen, aber trotz ihres Versuchs, energisch zu sein, zitterten ihr inzwischen die Knie, also ergriff sie einfach die Initiative, packte einen Stuhl mit hoher Lehne, zog ihn bis zum Schreibtisch und setzte sich.

Sie öffnete ihre Aktentasche und verteilte mehrere Hochglanzseiten auf dem Tisch. „‚Alpha‘ soll eine Lücke auf dem Zeitschriftenmarkt füllen und richtet sich an urteilsfähige Männer, die intelligente, interessante Artikel lesen wollen und auf der Suche sind nach ausgefallenen Reisezielen und exklusiven Grundstücks-, Einkaufs- und Geschäftsgelegenheiten und keinesfalls nach Bildern mit Frauen in Bikinis oder Internet-Witzen. Der erfolgreiche Geschäftsmann braucht ein passendes Magazin, und ich bin überzeugt, dass ‚Alpha‘ die richtige Antwort für ihn ist.“

Sie holte tief Luft und rechnete schon fast damit, Granger dabei zu ertappen, wie er an seinem hypermodernen Computer geistesabwesend Patiencen legte. Aber er betrachtete tatsächlich ihre Präsentation.

Das elegante Layout stammte von Becky, die ihren jetzigen Job als Artdirector bei einer Frauenzeitschrift so bald wie möglich aufgeben wollte. Die fantastischen Modefotos kamen von einer anderen Freundin, die es satthatte, ständig halb verhungerte Dreizehnjährige in Haute Couture zu fotografieren. Und meine Wenigkeit, dachte Abbey, hat liebevoll und gewissenhaft über jedem einzelnen Wort geschwitzt.

Flynn beugte sich vor und berührte mit einem Finger einen Artikel, den sie „Single, Hetero, männlich“ betitelt hatte und der von der steigenden Anzahl alleinstehender Männer berichtete, die ein Kind adoptierten – Männer mit Geld und Macht und Kindermädchen, die die Herausforderung der Vaterschaft zu ihren Bedingungen akzeptierten. Abbey, die selbst nur von einer Frau, ihrer Großmutter, aufgezogen worden war, war es schwergefallen, ihre persönliche Meinung nicht zu sehr einzubringen, glaubte allerdings, den richtigen Ton getroffen zu haben. Aber was ausschließlich zählte, war die Meinung dieses Mannes, des Vorzeigeexemplars ihrer Zielgruppe.

„Darf ich?“, fragte er.

Sie schob eine Seite näher zu ihm, und er nahm sie behutsam auf.

Mit dem Zeigefinger fuhr er sich wieder und wieder über die Lippen, während er den Artikel überflog. Schließlich legte er die Seite auf den Schreibtisch zurück und strich sich nachdenklich mit der Hand über das raue Kinn.

„So, und nun sagen Sie mir bitte, Abbey, was das alles mit mir zu tun hat“, drehte er sich zu ihr um.

„Die Sache ist die“, sagte sie, „ich brauche, wenn ich Erfolg haben will, einen außergewöhnlichen Mann am Ruder. Und ich will Sie.“

Flynn hörte auf, gemächlich in seinem Sessel zu schaukeln, und sein Blick wurde ernst. Abbey rechnete schon fast mit einer harschen Ablehnung, aber sie kam ihm zuvor und beugte sich über seinen Schreibtisch.

„Die Leserschaft von ‚Alpha‘ wird die Crème de la Crème der Geschäftswelt dieses Landes sein, also Männer, die Sie kennen und zu Ihnen aufsehen, ebenso wie die Männer, die glauben, eines Tages so werden zu können wie Sie. Und ich weiß, dass selbst in diesem angeblich so aufgeklärten Zeitalter kein Alpha-Mann wie Sie eine Zeitschrift kaufen wird, die von einer Frau herausgegeben wird. Sosehr sie vielleicht sonst hinter jedem Rock her sind.“ Sie bremste sich im allerletzten Moment, als ihr bewusst wurde, dass mit jedem Wort immer mehr ihre Großmutter aus ihr sprach, die radikale, intelligente Feministin, die sie großgezogen hatte.

„Geben Sie nicht dem Rock die Schuld, Abbey“, sagte Flynn mit leiser, zweideutiger Stimme. „Es ist ein sehr netter Rock.“

Sie sah an sich herab und entdeckte, dass der besagte Rock weit nach oben gerutscht war, während sie sich über den Schreibtisch gebeugt hatte. Hastig richtete sie sich auf betrachtete seinen sanft lächelnden Mund, der sie seltsam schwach machte. Also konzentrierte sie sich lieber auf seine frechen Augen.

Er hatte wieder angefangen, im Sessel hin und her zu schaukeln. „Zeitschriften bringen im Großen und Ganzen keinen Profit ein, Abbey, also ist Ihr Vorschlag kaum eine sichere Investition.“

„Für Sie schon“, widersprach sie. „Ich brauche keine finanzielle Unterstützung, sondern nur Ihr Bild und Ihre Unterschrift auf Seite zwei und jeden Monat ein kurzes Vorwort, das ich sogar bereit wäre, selbst zu schreiben. Und für das allein – im Grunde nicht mehr als Ihr Einverständnis – wäre ich bereit, Ihnen einen fairen Anteil an unserem Profit zu geben.“

Er legte die Fingerspitzen aneinander und beugte sich vor. „Wie wollen Sie Ihre Zeitschrift dann finanzieren?“

„Mit Darlehen“, antwortete sie und behielt wohlweislich für sich, dass sie das Haus ihrer Großmutter in Fitzroy als Sicherheit angegeben hatte – das Haus, in dem sie aufgewachsen war und das ihre Großmutter ihr überschrieben hatte. „Ich allein gehe also ein Risiko ein.“

„Und die Bank auch.“

„Aber dort schien man zu meinen, dass meine Idee das Risiko wert ist. Es ist übrigens dieselbe Bank, an der auch Sie Anteile besitzen.“

Er hob eine Augenbraue. „Wie ich sehe, haben Sie gründlich recherchiert.“

„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich nicht gekommen bin, um Ihre Zeit zu verschwenden. Denken Sie darüber nach, Mr. Granger.“ Sie reichte ihm ihre Visitenkarte und den Vertrag.

„Das Angebot erlischt heute um Mitternacht“, fügte sie hinzu und beugte sich für ein letztes Händeschütteln über den Schreibtisch. Eine kleine Ewigkeit, wie ihr schien, verging, bevor Granger ihre Hand nahm und eine Sekunde länger in seiner hielt, als unbedingt nötig gewesen wäre.

Und dann glitt sein Blick zum tiefen V-Ausschnitt ihrer schwarzen Bluse, und Abbey glaubte fast, ihn wie eine heiße Liebkosung auf ihren Brüsten zu spüren. Der Mann weiß wirklich seine Anziehungskraft zu nutzen, dachte sie und kämpfte verzweifelt gegen die Gefühle an, die er in ihr erweckte. Diese Augen, diese Hände, dieses Lächeln, alles setzte er ein und das sehr gekonnt.

Das Verrückte war nur, dass sie sehr wohl wusste, was hier vorging. Aber ein einziger Blick dieses Mannes genügte, um sie aus der Fassung zu bringen.

Und dennoch, sie brauchte Flynn Granger an ihrer Seite, mehr denn je.

Sie entzog sich seinem kühlen, starken Griff, lächelte und verließ sein Büro, bevor sie zu noch übleren Tricks Zuflucht nahm als dem mit dem kurzen Rock.

Viele Stunden später saß Abbey mit gesenktem Kopf an ihrem Schreibtisch. Sie war in ihrem Büro in der Southbank, das sie jede Minute, in der sie dasaß und keine Zeitschrift produzierte, elf Cents kostete.

„Wie ist er?“, fragte Becky, Besitzerin des kurzen Rockes, den Abbey zu ihrem Besuch bei Flynn Granger getragen hatte. Sie aß Brezeln und trank einen Cola-Bacardi-Cocktail. „Unglaublich sexy? Erbarmungslos? Dumm wie Stroh? Die Hände überall?“

„Er war ganz nett“, antwortete Abbey.

„Nett? Du hast fünfzehn Minuten im inneren Heiligtum von Flynn Granger verbracht, dem personifizierten Sex am Stiel mit den tollsten Schlafzimmeraugen aller Zeiten, und hast darüber nur zu berichten, dass er ganz nett ist?“

„Na ja, er hat mich nicht ausgelacht, mir in den Hintern gekniffen oder mit dem Locher nach mir geworfen, und nach der Erfahrung, die ich sonst bei meinem Umgang mit Alpha-Männern gesammelt habe, macht ihn das zu einem recht netten Kerl.“

„Da muss es doch mehr geben als das, Abigail Jane. Hat er überhaupt nicht versucht, sich an dich ranzumachen?“, fragte Becky und steckte ihr langes rotes Haar zu einem unordentlichen Knoten hoch.

Abbey überlegte. Nein, das hatte er nicht. Aber sie musste zugeben, dass sie den einen Moment nicht vergessen konnte, als er sie mit einem Ausdruck in den Augen ansah, der mehr als geschäftliche Gleichgültigkeit widergespiegelt hatte. In dem Moment hatte sie erkannt, dass sie sich in der Gesellschaft eines Mannes befand, der daran gewöhnt war, seinen Willen durchzusetzen. Dieser eine Blick hatte genügt, um ihren Puls zum Rasen zu bringen, und selbst jetzt wurde ihr ganz anders zumute, wenn sie daran dachte, obwohl sie wusste, wie albern das war.

Sie hob den Kopf und legte eine Hand auf ihre Stirn. Sie fühlte sich heiß und gleichzeitig kühl an. „Er machte mir ein Kompliment zu meinem Rock“, war das Einzige, was sie zuzugeben wagte.

Becky reichte ihr die Schüssel mit den Brezeln, und Abbey nahm sich eine Handvoll und knabberte lustlos an einer Brezel.

„Und was nun?“, fragte Becky.

„Wir warten ab bis Mitternacht. Als ich es sagte, kam es mir wie eine tolle Idee vor. Bis dahin sitzen wir also hier und warten darauf, dass das Telefon nicht klingelt. Um Viertel nach zwölf leere ich dann meinen Schreibtisch, gebe Großmutters Haus zum Verkauf frei und flehe Eric bei ‚Chic‘ an, mir meinen alten Job zurückzugeben.“

„Klar doch“, meinte Becky trocken. „Dass du Eric allerdings vor sechs Monaten gesagt hast, wohin er sich seinen Job stecken soll, bevor du ihm deine Kündigung auf den Tisch geknallt hast, lässt für diese Möglichkeit nichts Gutes ahnen.“

„Ich könnte ihm die unglücklichen Umstände erklären. Dass alles in derselben Woche passierte, als Clarissa … du weißt schon.“

„Ich weiß. Aber ich arbeite immer noch für den Widerling, erinnerst du dich? Und glaube mir, Eric schert sich nicht um Umstände, ob es nun unglückliche sind oder nicht.“

Ernüchtert ließ Abbey den Kopf auf die Schreibtischplatte sinken.

Es war noch lange nicht Mitternacht, als das Telefon im Büro von „Alpha“ klingelte, und in ihrem ziemlich benommenen Zustand erschrak Abbey so sehr, dass sie fast aus dem Sessel gefallen wäre.

Sie blinzelte und stellte fest, dass es irgendwann im Verlauf der letzten Stunde dunkel geworden war und nur die Notbeleuchtung Licht spendete. Nun, sie konnte sich sowieso keine zu hohe Stromrechnung leisten, also würde es eben dunkel bleiben müssen.

Es klingelte wieder.

„Geh doch endlich ran“, forderte Becky sie auf.

Abbey folgte ihrem Rat und räusperte sich. „Alpha-Magazin“, sagte sie mit ihrer verführerischsten Stimme zu dem armen Menschen, der sich hier verwählt haben musste, während Becky kicherte. „Mit wem darf ich Sie verbinden?“

Nach einer kurzen Stille, in der der Anrufer seinen Fehler erkannt haben musste, drang plötzlich eine vertraute, tiefe Stimme an ihr Ohr. „Hier spricht Flynn Granger. Ich möchte mit Abbey Parrish sprechen.“

Abbey legte die Hand auf das Mundstück. Flynn, formte sie lautlos mit den Lippen.

Abbey hieb mit dem Hörer ein paar Mal leicht auf den Schreibtisch.

„Was machst du denn da?“, raunte Becky fassungslos.

„Ich mache ein Geräusch, als würde ich ihn mit jemandem verbinden“, antwortete Abbey voller Panik.

„Hallo?“, hörte sie eine weit entfernte Stimme sagen.

Abbey räusperte sich, drückte den Hörer ans Ohr und meldete sich geschäftsmäßig: „Abbey Parrish am Apparat.“ „Abbey, ich bin es, Flynn Granger.“ „Flynn“, sagte sie mit großer Begeisterung, als wären sie

seit Ewigkeiten Freunde.

„Wen Sie auch als Empfangsdame engagiert haben, sie ist Gold wert“, sagte er. „Wirklich aufregende Telefonmanieren.“

„Sobald ‚Alpha‘ richtig an den Start geht, wird sie dabei sein. Darauf können Sie sich verlassen“, sagte sie und versuchte Becky mit strenger Miene dazu zu bringen, leiser zu lachen.

„Das will ich meinen. Besonders da sie noch abends um neun Uhr bereit ist zu arbeiten. Gar nicht so leicht, heutzutage so aufopferungsbereites Personal zu finden.“

„Stimmt“, sagte Abbey verlegen. „Wie recht Sie haben. Was kann ich für Sie tun, Flynn?“

„Ich bin interessiert“, sagte er nur, und Abbeys Herz setzte einen Schlag aus.

„Interessiert?“, wiederholte sie und nickte Becky heftig zu.

„Ihr Vorschlag gefällt mir“, fuhr er fort. „Allerdings habe ich da noch ein paar Fragen an Sie.“

„Aber selbstverständlich haben Sie das. Das ist sehr vernünftig“, sagte Abbey, während sie gleichzeitig dachte: Es geschieht wirklich; ich träume es nicht.

„Was halten Sie also davon, wenn wir uns in einer Stunde im ‚Swank‘ treffen und die Einzelheiten durchgehen?“

„Swank?“, plapperte sie nach, obwohl sie in Wirklichkeit dachte: in einer Stunde? Panisch fuhr sie sich mit einer Hand durch das lockige, inzwischen ganz unordentliche Haar.

„Bar. Stadt. Mitte“, sagte er. Offenbar wählte er absichtlich höchstens zweisilbige Wörter, um sie nicht zu überfordern. „Jedes Taxi fährt Sie hin. Geben Sie am Eingang meinen Namen an.“

„Ach so, das ‚Swank‘“, sagte sie und kam sich wie ein Vollidiot vor. Wie konnte sie nicht sofort an einen der exklusivsten Klubs denken, der nur für Mitglieder zugelassen war. Die Herausgeberin eines elitären Männermagazins musste doch über so etwas informiert sein.

„Alsoim‚Swank‘ineinerStunde“,wiederholteerundklang so, als würde er lächeln. „Und tragen Sie einen Rock.“

2. KAPITEL

WIE SETZE ICH MEINEN WILLEN DURCH?
TIPP NR. 9: LASS IHN DENKEN, ES SEI SEIN ENTSCHLUSS GEWESEN!

Knapp eine Stunde später erreichten Abbey und Becky das legendäre und mondäne „Swank“.

„Du musst ihm den künstlerischen Aspekt der Zeitschrift verkaufen, Becky, so wie du ihn mir verkauft hast“, betonte Abbey. „Wir sind einzigartig, revolutionär. Enthusiasmus ist alles. Wir haben es. Er will es haben. Okay?“

„Bezahl endlich den Mann, damit er weiterfahren kann“, sagte Becky mit einem Blick auf den Taxifahrer.

„Oh, Entschuldigung. Natürlich.“ Abbey gab ihm einen Zwanziger, einen ihrer letzten. Beim Aussteigen erhaschte sie einen Blick auf Beckys Unterwäsche. „Bist du sicher, dass wir nicht zuerst zu dir nach Hause fahren sollten, damit du dir etwas Passenderes anziehen kannst?“

Becky besah sich ihr Babydoll-Kleid und die kniehohen Stiefel. „Hast du nicht gesagt, ich soll einen Rock tragen?“

Abbey zuckte die Schultern. Wo Becky recht hatte, hatte sie recht. Männer waren eben einfach gestrickt, wenn es um Frauen ging, und sie zogen immer eine schöne Frau jeder noch so intelligenten vor. Und da sie selbst hochgebildet, überempfindlich und ehrgeiziger war, als ihr guttat, und außerdem ein angeborenes Talent dafür besaß, alle Männer in die Flucht zu schlagen, konnte sie Beckys Hilfe sehr gut gebrauchen beim zweiten Angriff auf Flynn Granger.

Autor

Ally Blake
Ally Blake ist eine hoffnungslose Romantikerin. Kein Wunder, waren die Frauen in ihrer Familie doch schon immer begeisterte Leserinnen von Liebesromanen.

Sie erinnert sich an Taschen voller Bücher, die bei Familientreffen von ihrer Mutter, ihren Tanten, ihren Cousinen und sogar ihrer Großmutter weitergereicht wurden. Und daran, wie sie als junges Mädchen...
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