Im Bann des Fürsten

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"Ich erwarte, dass Sie mich heiraten. Und zwar noch heute." Fürst Kasimir lässt der unschuldigen Josie keine Wahl. Wenn sie ihrer Schwester das Leben retten will, muss sie tun, was er von ihr verlangt, und seine Frau werden - natürlich nur auf dem Papier! Doch dann knistert es plötzlich ungeahnt erregend zwischen ihnen. Und als Kasimir sie mit einem leidenschaftlichen Kuss überrascht, kann Josie seiner Anziehungskraft nicht länger widerstehen. Gegen jede Vernunft gibt sie sich ihm hin. Auch wenn sie fürchten muss, dass er nur seine Rachegelüste befriedigen will …


  • Erscheinungstag 22.12.2015
  • Bandnummer 2210
  • ISBN / Artikelnummer 9783733707255
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Zwei Tage nach Weihnachten stand Josie Dalton im zarten Licht des Sonnenaufgangs auf einem Bürgersteig in Honolulu und blickte an dem scheinbar endlosen Wolkenkratzer hinauf bis zur obersten Etage, in der sich sein Penthouse befand.

Sie atmete durch. Ihn heiraten? Nein, sie konnte es nicht tun. Niemals.

Aber es gab keinen Ausweg.

Ich habe keine Angst, machte sie sich selbst Mut. Ich würde den Teufel höchstpersönlich heiraten, wenn ich damit meine Schwester retten könnte.

Tatsächlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass es so weit kommen würde. Sie hatte gehofft, die Polizei würde ihr helfen. Stattdessen hatten die Beamten in Seattle und Honolulu sie nur ausgelacht.

„Ihre ältere Schwester hat bei einer Pokerpartie ihre Jungfräulichkeit verspielt?“, hatte der Erste ungläubig gefragt. „Und sie an ihren Exfreund verloren?“

„Sie wollen also Anzeige erstatten, weil ein milliardenschwerer Exfreund Ihre Schwester beim Pokern gewonnen hat?“, hatte der Zweite sie angeherrscht. „Ich muss mich um echte Verbrechen kümmern, Miss Dalton. Verschwinden Sie, bevor ich Sie wegen illegalen Glücksspiels verhafte.“

Jetzt stand Josie vor dem Wolkenkratzer und fror in der frischen Brise. Niemand würde kommen, um Bree zu retten. Sie allein musste es richten.

Sie kniff die Augen zusammen. Schön. Sie konnte Verantwortung übernehmen. Schließlich war sie ja auch diejenige gewesen, die Bree überhaupt erst in Schwierigkeiten gebracht hatte. Wenn sie nicht dummerweise die Einladung ihres Bosses angenommen und bei der Pokerpartie mitgespielt hätte, hätte die Schwester nicht zu ihrer Rettung einspringen müssen.

Die sechs Jahre ältere Bree war ein Wunderkind am Pokertisch und als Teenager eine gewiefte Trickbetrügerin gewesen. Aber nachdem sie sich zehn Jahre lang aus dem gefährlichen Metier herausgehalten und stattdessen als armes, aber ehrbares Zimmermädchen gearbeitet hatte, musste ihr Geschick mit den Karten wohl ein wenig gelitten haben. Wie sonst war es zu erklären, dass Bree nicht etwa gewonnen, sondern alles auf eine Karte gesetzt und gegen ihren verhassten Exfreund verloren hatte?

Wladimir Chendzow hatte die Schwestern voneinander getrennt und Josie in seinem Privatjet aufs Festland zurückfliegen lassen. Dort angekommen hatte Josie ihren letzten Gehaltscheck sofort gegen ein Rückflugticket eingetauscht, um ihre Schwester den Klauen dieses Ungeheuers zu entreißen. Die achtundvierzig Stunden, die seit jener verhängnisvollen Nacht vergangen waren, hatte Josie eigentlich nur überstanden, weil sie, wenn alle Stricke rissen, noch einen Plan B hatte.

Doch als sie jetzt auf diesen Plan zurückgreifen wollte, hatte sie das Gefühl, ins offene Messer zu laufen.

Noch einmal blickte Josie zur Spitze des Wolkenkratzers. Die Fenster des Penthouses leuchteten in der Morgensonne blutrot.

Josie war schuld daran, dass Bree ihre Freiheit verloren hatte. Aber sie würde sie retten, indem sie den ärgsten Feind von Wladimir Chendzow heiratete – seinen jüngeren Bruder.

Der Feind meines Feindes ist mein Freund, redete sie sich ein. Und wenn man bedachte, mit welcher Wut sich die Brüder Chendzow in den letzten zehn Jahren bekriegt hatten, musste Kasimir Chendzow seit vorgestern eigentlich Josies bester Freund sein.

Sie straffte die Schultern, zog den Rucksack fester und betrat zögernd die Eingangshalle des Wolkenkratzers.

„Kann ich Ihnen helfen?“, sagte der Pförtner in der Lobby und musterte sie kritisch von oben bis unten: zerzauster Pferdeschwanz, zerknittertes T-Shirt, billige Flip-Flops.

Josie benetzte die trockenen Lippen. „Ich will jemanden heiraten, der hier wohnt.“

Der Pförtner machte sich gar nicht erst die Mühe, seine Verblüffung zu verbergen. „Sie wollen jemanden heiraten, der hier wohnt?“

Josie nickte. „Ja, Kasimir Chendzow.“

Dem Mann fiel die Kinnlade herunter. „Sie meinen seine Durchlaucht?“ Er fuchtelte wild mit den Händen. „Verlassen Sie sofort das Gebäude, bevor ich die Polizei hole!“

„Rufen Sie ihn doch bitte an und melden Sie ihm, dass Josie Dalton hier ist, weil sie ihre Meinung geändert hat. Meine Antwort lautet jetzt Ja.“

„Ihn anrufen? Das werde ich ganz bestimmt nicht tun.“ Der Pförtner rümpfte die Nase. „Was bilden Sie sich eigentlich ein, hier einfach so hereinzuspazieren?“

Statt einer Antwort wühlte Josie in ihrem Rucksack.

„Die hat er mir vor ein paar Tagen gegeben, als er mir in einer Snackbar den Antrag gemacht hat“, sagte sie und hielt dem Mann eine Visitenkarte hin.

Snackbar? Als ob der Fürst …“ Als er das Siegel sah, hielt der Pförtner im Satz inne und riss Josie die Karte aus der Hand. Auf der Rückseite stand mit kräftiger Handschrift geschrieben: Für den Fall, dass Sie es sich anders überlegen. „Sie entsprechen so gar nicht seinem Frauentyp“, murmelte der Mann, als wolle er sein Verhalten entschuldigen.

„Ich weiß.“ Josie seufzte. Mit zehn Kilo zu viel auf den Rippen und alles andere als topmodisch gekleidet, war sie sich schmerzhaft bewusst, dass sie dem Frauentyp von keinem Mann entsprach. Aber glücklicherweise wollte Kasimir Chendzow sie aus Gründen heiraten, die nichts mit Lust, geschweige denn Liebe zu tun hatten. „Würden Sie ihn jetzt bitte anrufen?“

Der Mann griff zum Telefon und wählte eine Nummer. Dann wandte er den Kopf und sprach leise in die Muschel. Sekunden später sah er Josie fassungslos an.

„Der Bodyguard sagt, Sie sollen raufkommen“, sagte er sichtlich geschockt und wies in Richtung Fahrstuhl. „39. Etage. Und, ähm, herzlichen Glückwunsch.“

„Vielen Dank“, murmelte Josie, schulterte den Rucksack und ging zum Fahrstuhl. Geräuschlos glitt die Tür hinter ihr zu und öffnete sich im 39. Stock wieder.

„Willkommen, Miss Dalton.“ Zwei breitschultrige Bodyguards erwarteten sie. Einer der beiden tastete sie ab, während der andere ihren Rucksack durchsuchte.

„Glauben Sie etwa, ich komme mit einer Handgranate zu meiner Hochzeit?“, sagte Josie und lachte unbeholfen.

Die Bodyguards verzogen keine Miene. „Sie ist sauber“, sagte einer und gab ihr den Rucksack zurück. „Bitte gehen Sie hinein, Miss Dalton. Seine Durchlaucht erwartet Sie.“

„Danke.“ Josie sah auf die schwere Tür und schluckte. „Er ist doch ein netter Mensch, oder? Ein guter Arbeitgeber? Man kann ihm doch vertrauen?“

Die Bodyguards starrten sie mit regloser Miene an.

„Seine Durchlaucht erwartet Sie“, wiederholte der Mann mit ausdrucksloser Stimme. „Bitte gehen Sie hinein.“

„Okay.“ Du Roboter fügte sie im Geist hinzu.

Aber Josie brauchte keine aufmunternden Worte von diesen Männern. Sie würde einfach auf ihr Herz hören.

Und das bedeutete, dass sie ernsthaft in der Klemme steckte. Es gab einen Grund, warum ihr Vater das Stück Land, das er ihr vererbt hatte, treuhänderisch verwalten ließ. Sie konnte darüber erst verfügen, sobald sie fünfundzwanzig geworden war – also in drei Jahren – oder vorher geheiratet hatte. Black Jack Dalton hatte eben gewusst, dass man auf seine naive und vertrauensselige jüngere Tochter aufpassen musste. Obwohl es fast schon untertrieben war, die Art, wie sie ihren Mitmenschen begegnete, als naiv zu bezeichnen.

Das ist eine gute Eigenschaft, hatte Bree vor zwei Tagen zu ihr gesagt. Ich wünschte, ich hätte mehr davon.

Bree … Josie konnte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, was ihre ältere Schwester als Gefangene des Bruders von Kasimir Chendzow momentan durchmachte. Sie schloss die Augen und atmete tief durch.

„Für Bree“, flüsterte sie und riss die Tür zum Penthouse auf.

Die riesige Eingangshalle war leer. Nervös ging sie über den Marmorboden, dann blickte sie nach oben und sah den gewaltigen Kronleuchter, der die große Wendeltreppe beleuchtete. Wie ein Palast im Himmel, dachte sie staunend.

Josie entfuhr ein anerkennendes Seufzen, als sie die deckenhohen Fenster erblickte. Sie durchquerte die Eingangshalle und schaute auf die funkelnden Lichter der Stadt. Dahinter ging die Sonne über dem Pazifik leuchtend orange auf.

„Sie haben es sich also anders überlegt“, hörte sie hinter sich eine tiefe Stimme. Sie straffte die Schultern und drehte sich langsam um.

Als sie Fürst Kasimir Chendzow sah, durchfuhr es sie wie ein Blitz. Er war noch attraktiver, als sie es in Erinnerung hatte – groß, um die einsneunzig, breitschultrig, durchtrainiert. Seine blauen Augen bildeten einen faszinierenden Gegensatz zu der braun gebrannten Haut und den dunklen Haaren. Der elegante Maßanzug und die blank polierten italienischen Schuhe zeigten seinen Reichtum, während die Skrupellosigkeit in seinen Augen ihn als Machtmenschen auswies.

Einen Moment lang blieb Josie wie angewurzelt stehen.

Normalerweise bereitete es ihr keine Schwierigkeiten, mit jedem Menschen sofort ein Gespräch zu beginnen. Aber in Kasimirs Gegenwart brachte sie keinen Ton heraus. Kein Mann, der so attraktiv war, hatte sie jemals auch nur eines Blickes gewürdigt. Tatsächlich war sie sich nicht einmal sicher, ob sie überhaupt schon einmal einen Mann getroffen hatte, der es in puncto Attraktivität mit Kasimir hätte aufnehmen können.

Kasimir musterte sie abschätzig. „Bei unserem letzten Treffen sagten Sie noch, dass Sie mich um keinen Preis der Welt heiraten wollen.“

Josies Wangen verfärbten sich. „Vielleicht war das ein bisschen voreilig“, stammelte sie.

„Sie haben mir Ihr Getränk ins Gesicht geschüttet.“

„Das war ein Unfall!“, protestierte sie.

Ungläubig hob er eine Augenbraue. „Sie sind aufgesprungen und aus dem Restaurant gerannt.“

„Es kam alles so überraschend!“ Drei Tage zuvor hatte Kasimir sie im Hale Ka’nani Resort, wo die Dalton-Schwestern als Zimmermädchen gearbeitet hatten, angerufen. „Meine Schwester hat mir verboten, mit Ihnen zu reden“, war es ihr herausgerutscht, als er seinen Namen genannt hatte. „Ich lege auf.“

„Dann wird Ihnen das einträglichste Angebot Ihres Lebens entgehen“, hatte er honigsüß gesagt und sie gebeten, sich mit ihm in einer Snackbar in der Nähe von Waikiki Beach zu treffen. Obwohl sie wusste, dass es verboten war, oder vielleicht auch gerade deswegen, war sie auf seine Bitte eingegangen. Und zu Josies äußerster Verblüffung hatte er ihr dort einen Heiratsantrag gemacht.

„Sie sind vor mir weggerannt, als wäre der Teufel hinter Ihnen her“, sagte Kasimir ruhig und trat einen Schritt auf sie zu.

„Weil ich Sie für den Teufel gehalten habe“, flüsterte sie.

Er verengte ungläubig die Augen. „Ist das Ihre Art, meinen Heiratsantrag anzunehmen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Sie werden es nicht verstehen, aber …“

Ihre Stimme versagte. Wie sollte sie ihm erklären, dass seine blauen Augen sie vom ersten Moment an gefangen genommen hatten? Und das, obwohl er und sein Bruder das Leben der Dalton-Schwestern vor zehn Jahren zerstört hatten. Wie sollte sie ihm erklären, dass sie sich all die Jahre nach einem Mann gesehnt hatte und bei seinem Antrag am liebsten sofort Ja geschrien hätte? Und das, obwohl sie wusste, dass Kasimir nur hinter ihrem Land her war und sie mit dem Jawort alle ihre Träume von Liebe und Heirat verraten würde.

„Warum haben Sie Ihre Meinung geändert?“, fragte er leise. „Brauchen Sie Geld?“

Die Schwestern brauchten tatsächlich dringend Geld. Sie mussten die Gangster ausbezahlen, die seit zehn Jahren wegen der Schulden ihres Vaters hinter ihnen her waren. Dennoch schüttelte Josie den Kopf.

„Haben Sie es etwa auf den Titel einer Fürstin abgesehen?“

Josie sah ihn irritiert an. „Wieso sollte ich?“

„Viele Frauen träumen davon.“

„Ich nicht.“ Sie schnaubte verächtlich. „Außerdem weiß ich von meiner Schwester, dass Ihr Titel wertlos ist. Vielleicht sind Sie der Urenkel eines russischen Fürsten, aber Sie besitzen ja nicht einmal Land …“

Als sie sein zorniges Stirnrunzeln bemerkte, brach sie mitten im Satz ab.

„Damals in Russland besaßen wir Tausende Morgen Land“, sagte er eisig. „Und das Land in Alaska hat uns gehört, seit meine Urgroßmutter vor über hundert Jahren aus Sibirien geflüchtet ist. Es steht uns rechtmäßig zu.“

„Tut mir leid, aber Ihr Bruder hat das Land nun einmal an meinen Vater verkauft!“

„Gegen meinen Willen“, zischte er. „Und ohne mein Wissen.“

Als sie das eisige Funkeln in seinen Augen sah, trat Josie unwillkürlich einen Schritt zurück. Der Selfmade-Milliardär Kasimir Chendzow war als skrupelloser Playboy bekannt, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, den älteren Bruder zu vernichten. Dieser hatte ihn vor zehn Jahren aus der gemeinsamen Firma gedrängt und Kasimir quasi um seinen Anteil in Höhe von einer halben Milliarde Dollar betrogen.

„Haben Sie Angst vor mir?“, fragte er unvermittelt.

„Nein“, log sie. „Warum sollte ich?“

„Über mich kursieren … Gerüchte. Man sagt, meine Rachegelüste hätten mich fast schon in den Wahnsinn getrieben.“

„Aber das stimmt nicht.“ Sie schluckte schwer, bevor sie leise hinzufügte: „Oder doch?“

Er stieß ein heiseres Lachen aus. „Wenn es so wäre, würde ich es wohl kaum zugeben.“ Er drehte sich um und machte drei Schritte, bevor er sich wieder zu ihr umwandte. „Sie haben es sich also anders überlegt. Aber haben Sie auch bedacht, dass ich es mir ebenfalls anders überlegt haben könnte?“

Josie hielt die Luft an. „Das haben Sie nicht, oder?“

Er zuckte die Schultern. „Sie haben mir vor drei Tagen einen unmissverständlichen Korb gegeben.“

Angst machte sich in Josies Herzen breit. Für den Flug nach Hawaii hatte sie ihr letztes Geld ausgegeben. Ohne Kasimirs Hilfe wäre Bree verloren. Dann wäre sie für immer die Sklavin von Wladimir Chendzow. Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie griff nach Kasimirs Arm.

„Bitte nicht! Sie sagten doch, Sie würden alles tun, um das Land zurückzubekommen. Sie haben es Ihrem Vater auf dem Sterbebett versprochen. Sie …“ Plötzlich bemerkte Josie seinen harten Bizeps. „Himmel, Sie müssen ja einiges an Gewichten stemmen!“

Kasimir schaute sie irritiert an. Errötend ließ Josie seinen Arm los.

„Bitte sagen Sie mir: Wollen Sie mich immer noch heiraten?“

„Erst will ich wissen, was Sie sich davon versprechen. Wenn es Ihnen nicht um den Fürstinnentitel geht …“

Sie unterdrückte ein Lachen. „Als ob ich jemanden wegen eines wertlosen Titels heiraten würde!“

Er blickte grimmig. „Damit Sie es wissen: Mein Titel ist nicht wertlos. Sie wären überrascht, wie viele Menschen sich davon beeindrucken lassen.“

„Soll das heißen, Sie setzen ihn schamlos als Marketinginstrument für Ihre Geschäfte ein?“

„Sie scheinen sich ja gut auszukennen“, gab er amüsiert zurück.

„Hoffentlich erwarten Sie nicht, dass ich vor Ihnen einen Knicks mache.“

„Nein, das erwarte ich nicht.“ Seine blauen Augen bohrten sich in ihre. „Ich erwarte lediglich, dass Sie mich heiraten. Und zwar noch heute.“

Josie schaute in sein attraktives Gesicht, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. „Dann wollen Sie mich immer noch heiraten?“

„Natürlich will ich Sie immer noch heiraten. Das ist mein größter Wunsch“, sagte er lächelnd.

Er sah sie an, als würde ihm tatsächlich etwas an ihr liegen.

Natürlich liegt ihm etwas an mir, ermahnte sie sich. Schließlich gelangt er durch mich wieder in den Besitz des Landes seiner Familie. Mehr nicht.

Aber wenn er sie so ansah, wollte sie die Warnung nur zu gern in den Wind schlagen. Ihr Herz klopfte wie wild. Sie fühlte sich begehrenswert.

Vergeblich versuchte Josie sich einzureden, dass sie nicht dieses seltsame Kribbeln spürte.

Kasimir berührte ihre Wange. „Aber sagen Sie mir, warum Sie Ihre Meinung geändert haben.“

Das Gefühl, seine warme Hand auf ihrer Haut zu spüren, ließ Josie erzittern. Noch nie hatte ein Mann sie so berührt. Doch als ihr Blick auf seine durchtrainierten Unterarme fiel, wurde ihr klar, dass sie sich vor ihm fürchten musste. Er konnte sie mit einer Hand zerquetschen.

„Wegen meiner Schwester“, flüsterte sie.

„Bree hat Sie dazu gebracht, Ihre Meinung zu ändern?“ Er ließ die Hand sinken. „Das kann ich mir kaum vorstellen.“

„Ihr Bruder hat sie entführt“, stieß sie hervor. „Ich möchte, dass Sie Bree retten.“

Sie hatte mit einer zornigen Reaktion gerechnet, aber seine Miene blieb ungerührt.

„Wladimir hat sie entführt?“ Er runzelte die Stirn.

Sie biss sich auf die Unterlippe, dann ließ sie die Schultern sinken. „Nun, rein technisch gesehen, muss man wohl sagen, dass sie ihren Körper bei einem Kartenspiel als Einsatz gebracht und gegen ihn verloren hat.“

Seine Lippen verzogen sich spöttisch. „Ein Spielchen zwischen Verliebten – sonst würde doch keine Frau ihren Körper als Einsatz bringen.“ Er kniff die Augen zusammen. „Mein Bruder hatte schon immer eine Schwäche für sie. Und nach zehn Jahren sind die beiden bestimmt verrückt vor Glück, weil sie ihren Streit endlich begraben haben.“

„Aber Bree hasst ihn!“, rief sie aus.

„Ach, ja?“

„Er hat sie gezwungen, mit ihm zu kommen.“

Plötzlich hellte sich seine Miene auf. „Tatsächlich?“

„Das ist alles meine Schuld.“ Sie bedeckte die Stirn mit der Hand. „Am Abend nach Ihrem Heiratsantrag hat mein Boss mich zu einer Pokerpartie eingeladen. Ich habe gehofft, genug Geld zu gewinnen, um die Schulden meines Vaters zurückzuzahlen, und mitgespielt.“ Sie schluckte. „Bree hätte das niemals erlaubt. Sie hat mir das Glücksspiel verboten. Außerdem hat sie Mr Hudson nicht über den Weg getraut.“

„Warum nicht?“

„Hauptsächlich lag es wohl daran, dass er uns extra nach Hawaii hat einfliegen lassen, obwohl er uns gar nicht kannte. Damals waren wir einfach nur froh, einen Job gefunden zu haben, aber …“ Sie seufzte. „Bree hatte recht. Irgendwas an der Sache war faul. Doch ich habe nicht auf sie gehört.“ Mit Tränen in den Augen blickte sie zu ihm hoch. „Bree hat alles auf eine Karte gesetzt und verloren. Alles nur meinetwegen.“

„Und jetzt glauben Sie, dass ich sie retten kann?“

„Ich weiß es. Sie sind der Einzige, der mächtig genug und willens ist, den Kampf mit Wladimir Chendzow aufzunehmen. Denn Sie hassen ihn mehr als alle anderen.“ Sie holte tief Luft. „Bitte“, flüsterte sie. „Sie können mein Land haben, daran liegt mir nichts. Aber wenn ich Bree nicht rette, werde ich mir das niemals verzeihen können.“

Lange Zeit starrte Kasimir sie nur an.

„Geben Sie her.“ Er griff nach dem Rucksack, den sie immer noch auf dem Rücken trug.

„Lassen Sie nur …“

„Sie sind stehend k. o.“, sagte er sanft. „Sie sehen aus, als hätten Sie seit Tagen nicht geschlafen. Kein Wunder, wenn Sie nach Seattle und zurück fliegen …“

Ohne den schweren Rucksack fühlte sie sich plötzlich so leicht, dass ihr fast schon schwindelig wurde. „Ich habe Ihnen gesagt, dass ich in Seattle war?“

Er erstarrte in der Bewegung, dann lächelte er. „Natürlich“, sagte er sanft. „Woher sollte ich es sonst wissen?“

Ja, woher sonst? Die zwei Tage ohne Schlaf brachten sie gehörig durcheinander. „Ich bin tatsächlich etwas müde und durstig“, gab sie zu.

„Kommen Sie, ich hole Ihnen etwas zu trinken.“

„Warum behandeln Sie mich so nett?“, platzte es aus ihr heraus.

Er runzelte die Stirn. „Warum nicht?“

„Weil ich immer gedacht habe, je attraktiver ein Mann ist, desto schlechter benimmt er sich. Und Sie sind ein sehr, sehr …“

Ihre Blicke trafen sich, und sie konnte nicht weitersprechen. Ihre Wangen färbten sich dunkelrot.

Er lächelte schief. „Was immer Ihre Schwester über mich gesagt haben mag, ich bin nicht der Teufel in Person. Aber ich vergesse meine Manieren, ich wollte Ihnen ja etwas zu trinken holen.“

Kasimir warf sich den Rucksack über die Schulter und wandte sich zum Gehen. Josie schaute ihm hinterher: breite Schultern, schmale Taille, knackiger Po.

Verwundert über sich selbst schüttelte Josie den Kopf. Warum konnte sie keinen Gedanken für sich behalten, sondern musste ihn immer gleich aussprechen? Warum konnte sie nicht so ruhig und zurückhaltend sein wie Bree?

Diesmal war es nicht meine Schuld, redete sie sich ein, als sie ihm durch den Flur folgte. Er sah einfach zu gut aus. Unter dem durchdringenden Blick seiner blauen Augen konnte bestimmt keine Frau klar denken!

Kasimir führte sie zu einem geräumigen Zimmer. Eine Wand wurde von einem Regal mit ledergebundenen Büchern, eine andere von deckenhohen Fenstern gesäumt. Er warf den Rucksack auf einen antiken Holztisch und ging zur kleinen Bar gegenüber dem Bücherregal. „Was darf’s sein?“

„Ein Glas Leitungswasser, bitte“, sagte sie leise.

„Ich habe Mineralwasser. Und ich kann Kaffee bestellen …“

„Nur Wasser, bitte. Und wenn Sie es ganz besonders gut mit mir meinen, dann bitte mit Eis.“

Er kam mit einem Glas wieder und drückte es ihr in die Hand.

„Vielen Dank“, sagte sie und trank das eisgekühlte Wasser in einem Zug aus.

„Sie sind ein ungewöhnliches Mädchen, Josie Dalton.“

Ungewöhnlich klang nicht sonderlich gut. „Bin ich das?“, fragte sie unsicher.

„Ich finde eine Frau, die sich kein bisschen Mühe gibt, mich zu beeindrucken, herrlich erfrischend.“

„Es wäre verschwendete Zeit, mir diese Mühe zu machen. Ein Mann wie Sie wäre doch niemals an einer Frau wie mir interessiert – zumindest nicht ernsthaft“, murmelte sie.

„Sie verkaufen sich unter Wert“, sagte er leise. Wieder spürte Josie diesen seltsamen Anflug von Hitze.

Sie schluckte. „Zu freundlich von Ihnen. Aber warum sollte ich so tun, als wäre ich jemand, der ich nicht bin.“ Dann fügte sie seufzend hinzu: „Obwohl ich mir manchmal wünschte, ich könnte es.“

„Ungewöhnlich. Und ehrlich.“ Er ging zur Bar und schenkte bernsteinfarbene Flüssigkeit in ein Glas. Als er wieder zu ihr trat, nahm er einen Schluck und schwieg einen Moment lang nachdenklich.

„Okay, ich werde Ihre Schwester zurückholen“, sagte er plötzlich.

„Wirklich?“ Falls ein beunruhigender Unterton in seiner Stimme mitgeschwungen war, musste Josie ihn vor lauter Dankbarkeit überhört haben. „Wann?“

„Nach unser Hochzeit. Sobald mir das Land in Alaska überschrieben worden ist, lassen wir uns wieder scheiden. Dann bringe ich Ihre Schwester zu Ihnen, und Sie sind beide frei.“ Er sah ihr in die Augen. „Ist es das, was Sie wollen?“

„Ja“, rief sie überglücklich.

Kasimir stellte das Glas auf den Holztisch und reichte ihr die Hand. „Abgemacht.“

Zögernd schlug sie ein. Sie spürte die warme, raue Handfläche und die starken Finger, die sich mit ihren verschränkten, und zitterte leicht. Langsam hob sie den Kopf und schaute in seine elektrisierenden Augen. Es kam ihr vor, als würde sie direkt in die Sonne blicken.

„Hoffentlich wird die … Ehe mit mir nicht allzu schlimm für Sie“, stammelte sie.

Sein Griff wurde fester. „Da Sie meine einzige Ehefrau sein werden“, sagte er leise, „werde ich die Zeit mit Ihnen voll auskosten.“

„Ihre einzige Ehefrau? Klingt das nicht ein bisschen sehr pessimistisch?“ Sie fuhr sich mit der Zunge verlegen über die Lippen. „Ich bin mir sicher, dass Sie eines Tages eine Frau treffen, die …“

„Mein liebes, unschuldiges Mädchen.“ Kasimir lachte auf. „Sie sind die Antwort auf all meine Gebete.“

Autor

Jennie Lucas

Jennie Lucas wuchs umringt von Büchern auf! Ihre Eltern betrieben einen kleinen Buchladen und so war es nicht weiter verwunderlich, dass auch Jennie bald deren Leidenschaft zum Lesen teilte. Am liebsten studierte sie Reiseführer und träumte davon, ferne Länder zu erkunden: Mit 17 buchte sie ihre erste Europarundreise, beendete die...

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