Im Bann des Wüstenscheichs

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Aufregend exotisch und verboten sinnlich! Doch nach einer Liebesnacht mit Prinz Alim al-Lehan ist Gabi verzweifelt. Denn die Stunden in seiner Suite haben ungeahnte Folgen. Ein Wiedersehen mit Alim darf es niemals geben! Auf den jungen Sultan wartet schon eine andere …


  • Erscheinungstag 08.11.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733738686
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Gabi Deramo war noch nie Brautjungfer gewesen, geschweige denn Braut.

Obwohl Hochzeiten ihr Leben waren und fast all ihre Gedanken und Träume beherrschten.

Und zwar schon immer.

Bereits als kleines Mädchen hatte sie mit ihren Puppen am liebsten Hochzeit gespielt. Einmal hatte sie zum großen Ärger ihrer Mutter sogar zwei Packungen Zucker und eine Packung Mehl über das Arrangement gestreut, um den Effekt einer Winterhochzeit zu erreichen.

„Du hast nichts als Flausen im Kopf!“, hatte Carmela geschimpft.

Was Gabi ihr nie erzählt hatte, war, dass sie bei jeder Puppenhochzeit ihre eigene Mutter in der Rolle der Braut sah. Die Rolle des Bräutigams war natürlich stets an ihren unbekannten Vater vergeben. Zu gern hätte Gabi auf magische Weise rückgängig gemacht, dass er die schwangere Carmela damals einfach verlassen hatte!

Als Assistentin einer Hochzeitsplanerin war Gabi Spezialistin für alles, was mit Romantik zu tun hatte! Doch sie selbst war bisher noch nicht einmal geküsst worden …

Sie träumte sogar nachts von Hochzeiten.

Und von Alim.

In diesem Augenblick drehte sie nachdenklich eine Strähne ihres langen schwarzen Haars, während sie über ihr Tablet gebeugt darüber nachgrübelte, wie sie es schaffen sollte, eine sehr überstürzte, aber exklusive Winterhochzeit in Rom zu organisieren.

Mona, die künftige Braut, kam gerade in dem dritten, nicht von Gabi empfohlenen Hochzeitskleid aus der Umkleidekabine.

Es stand Mona überhaupt nicht. Die antike Spitze verlieh ihrer olivbraunen Haut eine fahle Blässe, und der schwere Stoff brachte ihre zarte Figur kaum zur Geltung.

„Was sagen Sie dazu?“, fragte Mona, während sie sich von hinten im Spiegel betrachtete.

Gabi wusste aus Erfahrung, wie man mit Bräuten umgehen musste, die etwas völlig Unpassendes trugen. „Was sagen Sie, Mona?“

„Ich weiß nicht.“ Mona seufzte. „Es gefällt mir ganz gut.“

„Dann ist es nicht das richtige Kleid für Sie. Sie müssen es lieben.“

Mona hatte Gabis Vorschlag entgegen dem Rat der Boutiquebesitzerin verworfen – ein weißes, schmal geschnittenes Kleid mit dezenter Stickerei.

Gabis Vorschläge wurden ziemlich oft ignoriert.

Sie selbst war eher üppig gebaut, weshalb das formlose schwarze Kostüm, auf dem ihre Chefin Bernadetta bestand, bei ihr ganz besonders unvorteilhaft aussah – was künftige Bräute zu dem Fehlschluss veranlasste, dass Gabi keine Ahnung von Mode hatte.

Sie irrten sich gewaltig!

Gabi konnte zwar nicht bestimmen, was sie selbst trug, aber sie konnte auf hundert Meter Entfernung das richtige Hochzeitskleid für eine Braut erkennen.

Und sie mussten sich heute entscheiden!

Eine Aufgabe, die Gabi zufiel, da Bernadetta heute frei hatte.

Mal wieder.

Je größer das Budget, je schwieriger die Aufgabe, desto wahrscheinlicher war es, dass der Auftrag an Gabi hängenblieb.

Es war gerade die Flaute zwischen Weihnachten und Neujahr. Der Brautmodenladen hatte heute eigentlich geschlossen, aber Gabi kannte Rosa schon sehr lange, sodass die Besitzerin ihr zuliebe geöffnet hatte.

Rosa würde sie zwar nicht gerade rauswerfen, aber sie hatten um vier einen Termin mit Marianna, der Eventmanagerin im „Grande Lucia“.

„Warum probierst du nicht das Kleid an, das Gabi dir vorgeschlagen hat?“, fragte Fleur, die Mutter des Bräutigams. Was ein bisschen seltsam war.

Normalerweise wurden Bräute von ihrer Mutter, Schwester oder einer Freundin begleitet, aber anscheinend war Fleur diejenige, die hier das Sagen hatte.

Fleur war Engländerin, sodass Gabi und Mona aus Höflichkeit nicht Italienisch sprachen.

Ja, es versprach ein langer und anstrengender Tag zu werden. Und morgen würden sie mit den Brautjungfern zurückkehren!

Widerwillig, sehr widerwillig gab Mona nach und verschwand mit Gabis Favorit in der Kabine.

Als Rosa das Spitzenkleid zurückhängte, fiel Gabi ein Abendkleid ins Auge. Sie hob es am Bügel hoch. Es war silbergrau, elegant, schlicht … und es war eindeutig für eine Frau mit üppigen Kurven gemacht worden! Und der Schnitt war so raffiniert! Rosa war wirklich eine begnadete Schneiderin.

„Es würde dir gut stehen“, sagte Rosa.

„Das bezweifle ich.“ Gabi seufzte sehnsüchtig. „Aber es ist wunderschön.“

„Der Auftrag wurde storniert. Zieh es doch mal an. Du siehst bestimmt toll darin aus.“

Gabi schüttelte den Kopf. „Nicht in meiner Arbeitszeit. Und selbst wenn es mir passt, wann sollte ich es je tragen?“

Ihre Frage blieb unbeantwortet, denn in diesem Augenblick verließ Mona strahlend die Umkleidekabine.

Das Kleid war einfach perfekt für sie. Es betonte ihre schlanke Figur und ihre dunkle Haut.

„Hätte sie doch nur gleich auf Sie gehört“, murmelte Fleur. „Jetzt kommen wir zu spät zum Hotel.“

„Wir liegen noch gut in der Zeit“, versicherte Gabi ihr nach einem raschen Blick auf die Liste.

Sie stiegen wieder in den Wagen und fuhren durch Roms Straßen zum „Grande Lucia“, doch Mona klagte schon wieder.

„Ich war vor einiger Zeit bei einer Hochzeit im ‚Grande Lucia‘, und es war so …“, sie rang nach dem passenden Wort, „… verstaubt.“

Gabi schüttelte den Kopf. „Inzwischen ist das anders. Das Hotel hat eine neue Geschäftsleitung, und Alim ist …“ Jetzt war Gabi diejenige, die ins Stocken kam. „Alim hat das Hotel umfassend renovieren lassen. Es ist inzwischen ein Prachtstück.“

Wie peinlich! Sie errötete schon, wenn sie nur seinen Namen nannte.

Gabi sah Alim nur ab und zu, dachte jedoch oft an ihn. Immer wenn sie im „Grande Lucia“ eine Hochzeit organisierte und Alim zufällig dort war, hoffte sie insgeheim, ihm zu begegnen.

So wie heute.

„Warten Sie ab, bis Sie das ‚Grande Lucia‘ gesehen haben“, fuhr sie fort. „Und vergessen Sie nicht, dass es nicht einfach ist, dort einen Termin zu bekommen, schon gar nicht so kurzfristig.“

„Fleur scheint da keine Bedenken zu haben“, entgegnete Mona spitz. Gabi entging nicht der kritische Blick, den die künftige Braut der Mutter des Bräutigams zuwarf. Soweit Gabi mitbekommen hatte, hatte Fleur sich bereit erklärt, die Hochzeit zu finanzieren. Aber nur, wenn sie im „Grande Lucia“ stattfand.

„Wir kriegen schon einen Termin, keine Sorge“, sagte Fleur gelassen.

Gabi war sich da nicht so sicher. Marianna, die für die Terminvergabe zuständige Mitarbeiterin des Hotels, war nämlich ziemlich unflexibel, und die Hochzeit sollte schon in gut zwei Wochen stattfinden!

Sie kamen gut voran, da auf den Straßen vergleichsweise wenig los war. Das Weihnachtsgeschäft war vorbei, sogar das Kolosseum hatte geschlossen. Gabi unterdrückte ein Gähnen. Sie wünschte, sie könnte selbst eine Weile ein Schild mit der Aufschrift „Bitte nicht stören!“ aufhängen. Eigentlich hatte sie gehofft, die Feiertage nutzen zu können, um sich zu überlegen, wie sie sich als Hochzeitsplanerin selbstständig machen konnte, doch stattdessen musste sie mal wieder arbeiten. Sie war todmüde.

Zu müde jedenfalls, um ihren Traum von der Selbstständigkeit in die Tat umzusetzen.

Sie hatte mit achtzehn Jahren bei Matrimoni di Bernadetta angefangen, um sich das nötige Rüstzeug als Hochzeitsplanerin anzueignen, aber jetzt, sechs Jahre später, war sie immer noch keinen Schritt weiter.

Das lag vor allem an Bernadetta. Sie ließ Gabi kaum eine ruhige Minute.

Trotzdem liebte Gabi ihren Job.

Sie blickte hoch, als das schöne alte Gebäude des „Grande Lucia“ in Sichtweite kam. Kurz darauf bremsten sie vor dem Haupteingang.

Sofort öffnete Ronaldo, der Portier, die Tür ihrer Limousine. „Willkommen zurück!“, sagte er, doch es war nicht Gabi, die er willkommen hieß, sondern Fleur. Anscheinend kannte er sie von früheren Aufenthalten. Sie musste ein ganz besonderer Gast sein, so zuvorkommend wie er sie behandelte.

Als Gabi ausstieg, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Würde sie heute vielleicht Alim begegnen?

Er war ihr gegenüber immer sehr höflich, wenn auch etwas distanziert. Sie nahm das jedoch nicht persönlich. Alim war bei jedem so. Sie fand ihn absolut faszinierend und geheimnisvoll.

Er bewohnte ein ganzes Stockwerk im „Grande Lucia“, wenn er in Rom war. Dank der gut florierenden Gerüchteküche im Hotel wusste Gabi, dass er sich gern mit schönen Frauen umgab und mit so vielen von ihnen schlief wie nur möglich – obwohl er ihnen nie mehr als eine Nacht gewährte. Ohne Frühstück, wohlgemerkt.

Gabis Freundin Sophie, die als Zimmermädchen im Hotel arbeitete, hatte ihr erzählt, wie kalt und herzlos seine abgelegten Geliebten das fanden.

Doch Gabi fand diesen Mann alles andere als kalt und herzlos. Wenn er sie ansah, fühlte sie sich nämlich immer irgendwie … besonders.

Sophie zufolge gab es für Alims One-Night-Stands jedoch ein Trostpflaster: Angeblich belohnte er sie für die kurze Zeit in seinen Armen mit einem Diamanten.

Irgendwie krass. Aber Alim ließ sich eben nicht mit normalen Maßstäben messen.

Leider passte Gabi überhaupt nicht in sein Beuteschema, er stand nämlich auf schlanke blonde Supermodeltypen mit jeder Menge Erfahrung im Bett. Mit Novizinnen gab er sich anscheinend nicht ab.

Doch Gabi fand es nicht schlimm, dass Alim für sie absolut unerreichbar war. So konnte sie wenigstens nach Herzenslust von ihm träumen …

Es gab keinen Hinweis auf seine Anwesenheit, als sie durch die Drehtür das prachtvolle Foyer des „Grande Lucia“ betrat. Sie liebte dieses Foyer mit seinem roten Teppich, den eleganten üppigen Seidentapeten, den dunklen Möbeln und seiner gelungenen atmosphärischen Mischung aus Behaglichkeit und Geschäftigkeit.

Nur eins störte sie jedes Mal: das Arrangement aus roten Rosen und Nelken auf einer Säule in der Mitte des Raums. Gabi hatte einen guten Blick für Details, und es war ihr schon lange ein Dorn im Auge. Es blieb nämlich immer gleich, ganz egal, welche Jahreszeit gerade herrschte.

Marianna, die schon auf sie gewartet hatte, nahm sie in Empfang und führte sie zu einer der privateren Lounges, die vom Foyer abzweigten. Wie sich herausstellte, hatte sie tatsächlich noch einen passenden Termin frei, aber damit waren noch nicht alle Hindernisse aus dem Weg geräumt.

„Ich brauche noch das Okay vom Besitzer“, erklärte sie. „Wir erwarten im Januar hochrangige Gäste, sodass das Sicherheitspersonal alle Hände voll zu tun haben wird. Ich weiß nicht, ob wir Sie dann tatsächlich unterbringen können, zudem Alim mich gebeten hat, Rücksprache mit ihm zu halten, bevor ich Termine fest zusage …“ Sie verstummte. „Ach, da kommt er ja!“

Gabi drehte sich klopfenden Herzens zum Hoteleingang um. Alim betrat gerade mit der obligatorischen Blondine das Foyer. Marianna ging vermutlich davon aus, dass Alim nicht mit irgendwelchen unwichtigen Details belästigt werden wollte, denn sie verzichtete darauf, Mona und Fleur auf ihn aufmerksam zu machen. Was sowieso völlig überflüssig war. Schon allein seine Ausstrahlung reichte, um die Aufmerksamkeit der beiden Frauen zu erregen.

Gabi schlug das Herz inzwischen bis zum Hals.

Alim trug einen schmal geschnittenen dunklen Anzug und hatte eine so herrschaftliche Aura, dass sich alle nach ihm umdrehten. Nicht nur weil er auf eine dunkle orientalische Art gut aussah – er hatte viel mehr zu bieten als das –, sondern weil er groß war und so aufrecht ging, dass Gabi in seiner Gegenwart immer unbewusst die Schultern straffte.

Wann immer er in ihrer Nähe war, reagierte sie so stark auf ihn, dass es ihr schwerfiel, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Neben ihm schien eben alles andere zu verblassen.

Sie hörte Mariannas Frage, wie viele Hochzeitsgäste erwartet wurden, nur wie aus weiter Ferne, sodass Mona sie beantwortete.

Gabi fing nämlich gerade Alims Blick auf.

Was für ein schöner Mann!

Mit seiner natürlichen Eleganz und seiner höflichen, korrekten Art wirkte er verglichen mit der eher temperamentvollen Gabi wie ein stilles, tiefes Wasser.

Er war vielleicht nicht ihre Liga, aber das hieß noch lange nicht, dass sie nicht von ihm träumen durfte. Und ihre Fantasien waren äußerst lebhaft. Unschuldig war Gabi nur körperlich.

Seine Augen – dunkelgrau mit silbernen Flecken – waren so dunkel und exotisch wie eine orientalische Nacht. Gabi saß wie gebannt unter seinem Blick, und ihr wurde innerlich ganz heiß.

Am liebsten hätte sie sich bei den anderen entschuldigt, um auf Alims stumme Aufforderung hin zu ihm zu gehen. In ihrer Fantasie löste sich die Blondine in Luft auf, und Alim legte sie auf ein mit Seidenbettwäsche bezogenes Bett …

„Gabi?“, riss Marianna sie aus ihren erotischen Träumen.

„Alim!“, hörte Gabi die Blondine vorwurfsvoll rufen.

Aber er kam schon auf Gabi zu. „Tutto bene?“, fragte er in seinem ausgezeichneten, wenn auch von einem starken Akzent geprägten Italienisch, ob alles in Ordnung war.

Gabi blieb stumm. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie ansprechen würde.

Diesmal war Marianna diejenige, die an ihrer Stelle antwortete. Sie fragte ihn, ob ihm der Hochzeitstermin passte.

„Das geht.“ Alim nickte Marianna und den beiden weiblichen Gästen flüchtig zu und richtete den Blick dann wieder auf Gabi. Sie ertappte sich dabei, seinen Mund zu betrachten, während er sprach. Immerhin war das sicherer, als ihm in die Augen zu sehen. „Wie geht es Ihnen, Gabi?“

„Gut.“

„Das freut mich.“ Er drehte sich um und schlenderte zu der Blondine zurück.

Gabi fiel es schwer zu atmen, obwohl im Grunde nichts passiert war – nur ein kurzer Wortwechsel. Den anderen schien gar nichts aufgefallen zu sein, aber Gabi würde jetzt wochenlang davon zehren.

Er kannte also ihren Namen!

„Zeigen Sie Mona doch schon mal den Ballsaal, während ich mit Fleur die Details bespreche“, schlug Marianna ihr vor.

„Natürlich.“ Gabi stand auf und glättete ihren Rock.

Wie sie dieses schwarze Kostüm mit Goldlogo hasste! Es passte eher zur Leiterin eines Beerdigungsinstituts, nicht zu einer Hochzeitsplanerin. Wenn sie selbstständig wäre, würde sie ein grün-rosa kariertes Kostüm tragen. Sie hatte den Stoff schon ausgesucht. Außerdem würde sie auf die klobigen schwarzen High Heels verzichten, auf denen Bernadetta bestand, denn darin kam Gabi sich immer viel zu groß und schwerfällig vor.

Als sie Alim und die Blondine in seinen privaten Fahrstuhl steigen sah, wo die andere Frau sich ihm förmlich an den Hals warf, runzelte Gabi irritiert die Stirn. Irgendwie beneidete sie die Blonde um die Erfahrung, die sie gleich machen würde.

Gut, dass es Fahrstuhltüren gab!

Gut für Gabis Selbstbeherrschung jedenfalls, denn erst, als die Gittertür sich hinter dem Paar schloss, fiel ihr wieder ein, dass sie eine Hochzeit organisieren musste.

Kurz darauf öffnete sie die große Doppeltür zum Ballsaal, damit Mona beim Eintritt die volle Wirkung genießen konnte.

Der Saal war eine Pracht. Die riesigen Kronleuchter zogen zuerst den Blick auf sich, aber auch alles andere war eine Augenweide.

„Wunderschön …“, seufzte Mona. „Ich hatte den Saal ganz anders in Erinnerung.“

„Alim hat ihn komplett sanieren lassen. Der Boden wurde in den Originalzustand zurückversetzt, und die Kronleuchter wurden repariert. Das ‚Grande Lucia‘ ist wieder der Ort für eine Hochzeit.“

„Ich weiß“, gestand Mona. „James und ich sind uns hier begegnet. Meine Großeltern hatten hier ihren Hochzeitstag gefeiert. James war hier, um sei…“ Mona verstummte abrupt. „Jedenfalls … Es passt mir einfach nicht, dass Fleur alles bestimmen will, nur weil ihr …“ Wieder presste Mona die Lippen zusammen. Sie wollte offensichtlich nicht noch mehr verraten.

Zur Enttäuschung von Gabi, die von Natur aus neugierig war. Vor allem, was Fleur anging. Sie war irgendwie so geheimnisvoll.

Der Gästeliste nach zu urteilen brachte der Bräutigam nicht viele Gäste mit. Nur ein Trauzeuge würde aus Schottland kommen, das war alles. Einen Vater schien James nicht zu haben.

Ob Fleur verwitwet war?

Doch sie war nicht hier, um sich mit solchen Fragen zu beschäftigen, also konzentrierte Gabi sich wieder darauf, die schönste Hochzeit aller Zeiten zu organisieren.

„Stellen Sie sich doch nur vor, unter diesen Kronleuchtern zu tanzen“, sagte Mona ehrfürchtig.

„Es gibt nichts Schöneres“, versicherte Gabi ihr und zeigte auf eine kleine Galerie an der Westwand. „Der Fotograf kann von dort oben tolle Fotos knipsen. Wir kennen jemanden, der ganz wundervolle Aufnahmen macht.“

Da Mona sich allmählich für ihre Hochzeitsfeier zu erwärmen schien, nutzte Gabi die Gelegenheit, ihr ein paar Fragen zu stellen. „Sie waren also zum Hochzeitstag Ihrer Großeltern hier?“

„Ja, sie haben hier geheiratet“, erklärte Mona. „Manchmal legen sie die Schallplatte auf, zu der sie auf ihrer Hochzeit getanzt haben.“

„Echt?“

„Ich erkenne den Fußboden sogar von ihren Hochzeitsfotos wieder. Es ist fast wie eine Zeitreise.“

Ja, der Intarsienboden war prachtvoll. „Tanzen Ihre Großeltern immer noch zu der Musik?“

Als Mona nickte, schlug Gabi ihr vor, den ersten Tanz zur selben Aufnahme zu tanzen wie ihre Großeltern. Mona war sofort begeistert von der Idee.

Und wieder einmal nahm eine wundervolle Hochzeit Gestalt an …

Die künftige Braut war viel besser gelaunt, als sie in die Lounge zurückkehrte und sich angeregt mit Fleur und Marianna über die weiteren Pläne unterhielt.

Gabi hingegen war verwirrt, denn sie sah plötzlich Alims Blondine wütend durch das Foyer zur Drehtür eilen. Sie hatte zwar keine Ahnung, was passiert war, würde aber ihre Ersparnisse darauf verwetten, dass Alim sich aus ihren Armen gelöst hatte, nicht umgekehrt!

Viel später, als die Hochzeitsvorbereitungen noch weiter vorangeschritten waren, rief Gabi schließlich Rosa an, um ihr das offizielle Datum mitzuteilen. Rosa versprach ihr, sich sofort an die Änderung des Kleids zu machen.

Und dann tat Gabi endlich mal etwas für sich, nachdem sie sich den ganzen Tag um die Bedürfnisse anderer Menschen gekümmert hatte. Sie war immer noch ganz beflügelt von ihrer kurzen Begegnung mit Alim … und vom wütenden Abgang seiner Geliebten. Natürlich hatte das nichts mit Gabi zu tun, aber sie war nun mal eine Träumerin. Ihre Fantasie spielte förmlich verrückt. „Darf ich später vielleicht doch das silberfarbene Kleid anprobieren?“, fragte sie Rosa verlegen.

Oh ja, es war herrlich, von Alim zu träumen!

Die Hochzeit wurde tatsächlich wunderschön.

Nicht dass Gabi auch nur eine Sekunde Zeit hatte, sie zu genießen.

Der in einen Kilt gewandete Trauzeuge wurde von der ersten Brautjungfer verfolgt und versuchte sein Bestes, von ihr wegzukommen. Fleur war angespannt und drängte zur Eile. Die kleinen Blumenmädchen froren und waren den Tränen nahe, als im Schnee Fotos gemacht wurden, und Gabi kam sich vor wie eine zerrupfte Schäferin, als sie Regenschirme verteilte und versuchte, die Gästeschar zusammenzuhalten.

Endlich waren alle in den Wagen verstaut und unterwegs zum Empfang, während Gabi dafür sorgte, dass der Chor bezahlt wurde. Bernadetta saß schon in ihrem Wagen und rauchte, als Gabi zitternd vor Kälte die vereisten Kirchenstufen hinunterkam.

Und dann passierte es.

Sie rutschte aus und polterte die letzten drei Stufen unelegant auf dem Po herunter.

Natürlich half ihr niemand hoch.

Sie brauchte eine Weile, um sich von ihrem Schreck zu erholen. So wie ihr Po sich anfühlte, würde sie einen riesigen blauen Fleck bekommen.

Als sie aufstand, stellte sie fest, dass nicht nur ihr Rock schmutzig und nass war, sondern dass sie auch noch ihren Blazer aufgerissen hatte. Und als ob das nicht schon gereicht hätte, reagierte Bernadetta äußerst ungehalten, erst recht, als sie erfuhr, dass Gabi keine Wechselkleidung dabeihatte.

„Warum hast du nicht dein Ersatzkostüm mitgenommen?“, fragte sie.

Weil du mir nur zwei Kostüme zur Verfügung stellst, hätte Gabi am liebsten geantwortet, aber sie wusste, dass das zwecklos war. „Es ist in der Reinigung.“

„Geh nach Hause und zieh dich um“, zischte Bernadetta. Anders als bei ihren anderen Mitarbeiterinnen verzichtete sie bei Gabi jedoch, darauf hinweisen, dass sie nichts anziehen sollte, was die Braut in den Schatten stellte.

Dafür bestand ihrer Meinung nach bei Gabi anscheinend keine Gefahr.

Oh, wie gern Gabi kündigen würde!

Sie war den Tränen nahe, als sie in ihrer kleinen Wohnung ankam, und natürlich fand sie nichts Passendes in ihrem Kleiderschrank.

Außer …

Rosas silbergraues Kleid, obwohl Bernadetta das vermutlich völlig overdressed finden würde. Andererseits war es schlicht geschnitten …

Rasch zog Gabi sich aus und stellte fest, dass sie in der Tat blaue Flecken am Po und am linken Oberschenkel hatte. Noch dazu war sie völlig durchgefroren.

Als sie sich unter der heißen Dusche aufwärmte und merkte, wie gut ihr diese kleine Pause an diesem stressigen Hochzeitstag tat, nahm sie sich vor, später einmal dafür zu sorgen, dass ihre Angestellten zwischen der Trauung und der Feier abwechselnd Pause machten. Und vielleicht die Kleidung wechselten …

Frustriert schlug Gabi sich diese Fantastereien aus dem Kopf. Wie sollte sie sich selbstständig machen, wenn Bernadetta sie nicht gehen ließ?

Und jetzt hatte sie sowieso keine Zeit, darüber nachzudenken.

Da Rosa ihr das Kleid geschenkt hatte, hatte Gabi sich verpflichtet gefühlt, zumindest passende Unterwäsche von Rosa zu kaufen. Rasch schlüpfte sie in Silber-BH und Silberslip und stieg in das Kleid.

Rosa war wirklich eine Zauberin – das Kleid saß perfekt und betonte Gabis Kurven aufs Vorteilhafteste.

Sie setzte sich an ihren kleinen Toilettentisch und steckte sich ausnahmsweise mal das Haar hoch. Außerdem trug sie etwas Lippenstift und Mascara auf, aber nur ganz dezent. Normalerweise schminkte sie sich nämlich nie.

Aber wenigstens einen Abend lang wollte sie mal nicht wie eine Beerdigungsinstitutsdirektorin aussehen … oder wie eine abgehetzte Hochzeitsplanerin.

Gabi warf einen Blick in den Spiegel. Ja, genau so würde sie aussehen, wenn sie selbst entscheiden dürfte, welches Outfit sie auf einer von ihr organisierten Hochzeit trug.

Im Grunde war das hier ihr wahres Ich.

Gabi zog sich einen Mantel und Stiefel über, steckte ein Paar hübsche Pumps in ihre Handtasche und ging zurück zum Hotel.

Die Sicherheitskontrolle war heute besonders gründlich, sodass Ronaldo ihren Ausweis verlangte, obwohl er sie kannte. „Im Hotel wohnen VIPs“, erklärte er.

„Das kommt doch öfter vor.“

„Irgendwelche Hoheiten“, grummelte er, weil das immer viel Zusatzarbeit bedeutete.

„Wer denn?“

„Der Obersultan und seine Tochter.“

„Wow!“

Autor

Carol Marinelli
Carol Marinelli wurde in England geboren. Gemeinsam mit ihren schottischen Eltern und den beiden Schwestern verbrachte sie viele glückliche Sommermonate in den Highlands.

Nach der Schule besuchte Carol einen Sekretärinnenkurs und lernte dabei vor allem eines: Dass sie nie im Leben Sekretärin werden wollte! Also machte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester...
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