Sinnliche Versöhnung in der Weihnachtsnacht

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

"Wir werden unser Kind gemeinsam großziehen!" Der spanische Milliardär Maximiliano Martinez ist wütend. Am meisten auf sich selbst: Diese eine unvernünftige, verflixte Nacht vor zwei Monaten hatte offenbar süße Folgen. Warum nur wollte er Lisa noch ein letztes Mal leidenschaftlich lieben? Schließlich leben sie getrennt, weil er romantische Gefühle für ein Märchen hält. Nun steht er vor dem größten Problem seines Lebens: Er kann seine Noch-Ehefrau nicht mehr freigeben, wenn sie sein Kind unter dem Herzen trägt! "Unsere Ehe ist vorbei, Max." "Nein, ist sie nicht", stellte er klar.


  • Erscheinungstag 04.12.2018
  • Bandnummer 252018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710590
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Vor zwei Monaten.

Maximiliano Martinez öffnete die Augen. Die Wärme eines anderen Körpers neben ihm im Bett war ein kleiner Schock für ihn. Die Erinnerungen an die vergangene Nacht mit Lisa brachen voller Macht über ihn herein. Wie sie geredet und zusammen Wein getrunken hatten.

Als hätten seine Gedanken sie erreicht, fing sie an, sich zu regen. Die Versuchung war beinahe zu stark, um ihr zu widerstehen.

Er presste die Lippen zusammen und versuchte, das heftige Aufflackern von Lust zu ignorieren. Stattdessen konzentrierte er sich auf seinen Ärger darüber, dass er schwach geworden war.

Es war dieselbe Schwäche, die ihm keine andere Wahl gelassen hatte, als Lisa zu heiraten.

Er hätte das hier jeden Tag haben können: neben Lisa aufwachen und ihren warmen Körper spüren. Doch er war nicht in der Lage, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und seiner Ehefrau die Liebe zu schenken, die sie verdiente.

Eine Weile hatte er geglaubt, die Erinnerungen abschütteln und neu anfangen zu können. Doch das hatte sich als Trugschluss erwiesen.

Seine Vergangenheit hatte ihn eingeholt, und er hatte sich der Wahrheit stellen müssen. Der Tatsache, dass er schlicht und ergreifend nicht fähig war zu lieben.

Darum hatte er Lisa freigegeben, nur ein paar Monate nach ihrer Heirat.

Während der letzten sechs Monate hatten sie eine professionelle Distanz zueinander gewahrt, die es ihnen ermöglichte, weiterhin zusammenzuarbeiten. Er wusste, dass sie versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen, und konnte es ihr nicht verübeln.

Er hatte sie verletzt.

Warum, zum Teufel, liegt sie jetzt in meinem Bett?

Lisa legte ihm einen Arm über die Brust und schmiegte sich an ihn. Das führte ihm nur noch deutlicher vor Augen, wie groß der Unterschied zwischen dem war, was sein Körper wollte, und dem, was sein Verstand wollte.

Sein Körper begehrte sie und wollte sie niemals gehen lassen. Doch sein Verstand wusste, dass die letzte Nacht ein Fehler gewesen war. Er mochte unfähig sein, seine Frau zu lieben, doch er wollte sie nicht weiter verletzen.

Darum hatte er sie verlassen. Um ihr den Schmerz zu ersparen, den er ihr unweigerlich zufügen würde.

Sanft schob er ihren Arm von sich und kämpfte gegen das heftige Verlangen an, das in ihm aufbrandete, als sie leise seufzte. Maximiliano betrachtete sie einen Moment. Ihre langen Wimpern lagen wie Fächer auf ihrer milchweißen Haut. Sie sah unglaublich friedlich und gelöst aus.

Er straffte die Schultern. Es war an der Zeit, das Richtige zu tun, auch wenn er es letzte Nacht nicht geschafft hatte. Er machte sich von ihr los, bevor das Verlangen seines Körpers den Sieg davontrug.

„Wo willst du hin?“ Lisas Stimme klang rau vom Schlaf und unglaublich sexy.

Für einen Moment war er wie erstarrt. Dies war kein lockerer One-Night-Stand mit einer Frau, an deren Namen er sich kaum erinnerte.

Dies war seine von ihm getrennt lebende Ehefrau.

Bevor er Lisa getroffen hatte, war er immer stark gewesen und hatte jedem Verlangen widerstanden. Doch sie hatte eine Wirkung auf ihn wie keine andere Frau vor ihr.

Wie, zum Teufel, waren sie nach einem geschäftlichen Gespräch wieder zusammen im Bett gelandet?

Bei dem Treffen war es um den Fußballclub gegangen, den Maximiliano vor Kurzem gekauft hatte. Er wollte, dass Lisa weiter für ihn arbeitete – als Physiotherapeutin des Clubs.

Doch dabei war es nicht geblieben. Und warum?

Weil sie die Frau ist, die du lieben wolltest.

Wieder schaute er sie an, und sein Begehren wurde stärker – genau wie die Geister der Vergangenheit.

Sein Kopf hämmerte. Sie hatten letzte Nacht zu viel Wein getrunken. Es war verrückt gewesen zu glauben, dass er mit Lisa zu Abend essen konnte, ohne von seinem Verlangen übermannt zu werden.

Und wenn er sie nicht schleunigst aus seinem Apartment – und aus seinem Bett! – bekam, lief er Gefahr, denselben Fehler noch einmal zu begehen. Was auch immer sie damals zusammengebracht hatte, es existierte bis heute. Dagegen musste er dringend etwas tun – und zwar ein für alle Mal.

„Ich habe in einer Stunde einen wichtigen Geschäftstermin“, erwiderte er, während er sich anzog. Das einzige Treffen, das er hatte, war das mit ein paar Tassen starkem Kaffee und einer Packung Schmerztabletten.

Als er sich zu seiner Frau umdrehte, deren rotes Haar sich wie ein Wasserfall über ihre Schultern ergoss, wusste er, dass er ihr wehtat.

Schon wieder.

Trotzdem konnte er die harschen Worte nicht zurückhalten. „Du musst gehen.“

„Aber …“

„Kein Aber, Lisa. Geh einfach.“

„Aber letzte Nacht“, versuchte sie es erneut, setzte sich auf und schlang das Laken wie einen Schutz um sich.

„Letzte Nacht hätte nicht passieren dürfen. Zum Teufel, Lisa, wir waren uns doch einig. Unsere Ehe war ein Fehler.“ Maximiliano fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und wandte sich von ihr ab. Er wollte den Schmerz in ihren Augen nicht sehen und fluchte auf Spanisch. Wenn er aufgebracht war, übernahm seine Muttersprache immer die Oberhand, obwohl er nun schon in London lebte, seit er Spanien als Teenager verlassen hatte.

Lisa schlug das Laken zurück und stieg aus dem Bett. Ihre Bewegungen waren flüssig und anmutig. Sie massierte ihre Schläfen mit den Fingerspitzen, während sie einladend nackt vor ihm stand. Er war offenbar nicht der Einzige, der gestern Abend etwas zu tief ins Glas geschaut hatte.

„Wir waren uns einig, die Dinge auf beruflicher Ebene zu belassen.“ Er musterte sie und wünschte sich, dass es anders abgelaufen wäre. Dass seine Vergangenheit ihn nicht daran hindern würde, sich auf irgendeine Form von tiefergehender Beziehung einzulassen. „Wir waren uns einig, dass wir weiter zusammenarbeiten können – so wie wir es getan haben, bevor wir verheiratet waren.“

„Wir sind verheiratet.“ Ihr eisiger Blick konnte nicht überspielen, dass sie verletzt war. „Du hast gesagt, dass es ein Fehler war, aber nie etwas unternommen, um ihn zu beheben.“

Stimmt das? War er zu schwach, um einen Fehler einzugestehen? Oder lag es daran, dass er sie noch immer wollte?

Aber du kannst ihr nicht geben, was sie will.

Sie runzelte die Stirn. „Also, was war das letzte Nacht dann? Ein lockeres Abenteuer? Ein großer Fehler?“

, ein Fehler.“ Er war nicht der Richtige für sie. Lisa wollte lieben und geliebt werden, und daraus hatte sie auch nie ein Geheimnis gemacht. Er konnte ihre Liebe nicht akzeptieren. Er konnte sie nicht annehmen, da er wusste, dass er sie niemals erwidern würde.

Dabei hatte er es wirklich versucht. Er hatte Lisa sogar geheiratet, um sich selbst von den Fesseln der Vergangenheit zu befreien.

Doch es war zwecklose gewesen.

Sie atmete scharf ein. Er wusste, dass sie verletzt war, doch darauf konnte und durfte er keine Rücksicht nehmen – schon allein, um sie vor noch größerem Schmerz zu bewahren.

Obwohl Lust und Leidenschaft gestern Nacht alles andere verdrängt hatten, so als hätte es die vergangenen sechs Monate nicht gegeben, passten sie nicht zusammen.

Das musste sie doch einsehen!

„Ich hasse dich“, fuhr sie ihn an, und er wusste, dass das Gegenteil der Fall war. Sie hatte ihn geliebt, liebte ihn noch immer, aber sie wollte ihn hassen, wollte ihn verachten und jemanden finden, der ihr das geben konnte, was sie sich wünschte – was sie verdiente.

Er hoffte, dass sie, da sie es nun schon über die Lippen gebracht hatte, bald tatsächlich so für ihn empfinden würde. Gleichzeitig starb tief in seinem Inneren etwas bei dem Gedanken daran, dass sie ihn hassen könnte.

„Ja, verdammt. Letzte Nacht war ein Riesenfehler.“ Sie schleuderte ihm die Worte wie Dolche entgegen, schnappte sich Tasche und Jacke vom Sessel und stolzierte in Richtung Ausgang. „Ich will die Scheidung.“

Sie knallte die Tür hinter sich zu, und er stand in der drückenden Stille da und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.

Es ist für uns beide das Beste.

Aber, zum Teufel, es fühlt sich nicht so an.

1. KAPITEL

Lisa Martinez atmete tief durch und kämpfte gegen die Morgenübelkeit an, die zu einem festen Bestandteil ihrer Tage geworden war. Sie konnte es nicht länger hinauszögern. Sie musste es Max sagen.

Sie war schwanger – erwartete ein Kind von dem Mann, der weder sie noch sonst irgendeine Verpflichtung in seinem Leben wollte.

Was sollte sie bloß tun?

Sie wusste nur, dass sie es ihm sagen musste. Dem Mann, in den sie verliebt war, seit sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Dem Mann, den sie in dem festen Glauben geheiratet hatte, dass ihre Liebe sie beide glücklich machen würde. Dem Mann, der sie schon ein paar Monate später einfach sitzengelassen hatte.

Er war außerdem der Mann, dem sie die wütenden Worte „Ich will die Scheidung“ entgegengeschleudert hatte.

Sie wusste genau, wo Max sich gerade aufhielt. In seinem Büro, wo er dem nächsten großen Geschäft nachjagte. Dem nächsten mittelmäßigen Fußballclub, der sich mit seiner Hilfe zu neuen Höhen aufschwingen würde.

Das war seine Art und Weise zu beweisen, dass er erfolgreich sein konnte. Dass er noch immer etwas in der Welt des Fußballs bewegen konnte, trotz des Autounfalls, der seine Karriere abrupt beendet hatte.

Angestrengt versuchte sie, ihre flatternden Nerven zu beruhigen. Es führte kein Weg mehr daran vorbei. Es Max zu verheimlichen, verstieß gegen alles, woran sie glaubte. Sie musste ihm sagen, dass ihre gemeinsame Nacht vor zwei Monaten Konsequenzen gehabt hatte. In seinem Club, in dem sie als Physiotherapeutin arbeitete, mochte er ihr Boss sein. Aber er war immer noch ihr Ehemann – trotz der Scheidungspapiere, die ihm per Gericht zugestellt worden waren.

Max muss es von mir erfahren.

Lisa holte tief Luft und ließ sie dann zwischen den Lippen entweichen. Das half ihr, sich wieder ein wenig zu beruhigen. Dann klopfte sie an die Tür zu Max’ Büro, ehe sie einen Rückzieher machen konnte. Der Raum war leer. Während sie noch im Türrahmen stand, hörte sie Schritte im Korridor hinter sich. Sie wusste, dass es nicht Max war, und verspürte zu gleichen Teilen Erleichterung und Verärgerung. Sie wollte es hinter sich bringen. Erst dann konnte sie unter diesen Teil ihres Lebens einen Schlussstrich ziehen.

„Er ist nicht hier“, informierte Max’ persönliche Assistentin sie, drängte sich an ihr vorbei und legte eine Akte auf den Schreibtisch. „Vermutlich holt er sich seine tägliche Koffeindosis. Er war allerdings nicht gut gelaunt.“

„Nicht?“ Lisas Zuversicht begann zu bröckeln.

„Nein, ganz und gar nicht. Total abgelenkt.“

Noch einmal atmete Lisa tief durch. „Danke.“

Bevor sie noch weiter in eine Unterhaltung verstrickt werden konnte, verabschiedete sie sich und verließ das Gebäude. Die kalte Dezemberluft raubte ihr den Atem, während sie sich auf den Weg zu dem Lokal machte, in dem Max und sie vor zwei Monaten viel zu viel Wein getrunken hatten.

Bei dem Treffen hätte es eigentlich um ihre Stelle als Physiotherapeutin des Clubs gehen sollen. Sonst nichts. Stattdessen war es um ihre Ehe und ihre Beziehung zueinander gegangen. Schlimmer noch, bald schon hatte sich alles um die Leidenschaft gedreht, die sie beide noch immer füreinander verspürten.

Ich kann das nicht, dachte Lisa und blieb stehen. Wie soll ich ihm sagen, dass er Vater wird, wenn er es bereut, mich überhaupt geheiratet zu haben? Vielleicht konnte sie noch bis Weihnachten warten. Der Gedanke war verlockend. Auf keinen Fall aber sollte er durch die Gerüchteküche von ihrer Schwangerschaft erfahren. Sie selbst musste es ihm sagen.

Was konnte er schon Schreckliches tun? Ihr sagen, dass er mit dem Kind nichts zu tun haben wollte? Das war genau die Reaktion, die sie von ihm erwartete. Aber das würde auch nicht schmerzhafter sein, als aus seinem Mund zu hören, dass er sie nicht liebte.

Vor zwei Monaten hatte sie sich von ihren Gefühlen und Max’ umwerfendem Charme verleiten lassen. Es war eine riesige Dummheit gewesen. Nun, mit dem neuen Leben, das in ihr heranwuchs, konnte sie es sich nicht erlauben, diesen Fehler zu wiederholen. Dies war nicht der richtige Moment für Träumereien von Glück und wahrer Liebe.

Mit Maximiliano Martinez war so etwas nicht möglich, das wusste Lisa.

Sie stieß die Tür zu seiner Lieblingsbar auf. Die stickig-warme Luft, die ihr entgegenschlug, entfachte ihre Übelkeit sofort erneut. Das Lokal war weihnachtlich geschmückt, doch so früh am Tag praktisch noch leer.

Es war nicht schwer, Max auszumachen, der mit dem Rücken zu ihr an der Bar saß.

Seine Assistentin hatte recht gehabt: Er war nicht gut gelaunt. Ihr Herz machte einen heftigen Satz, doch sie zwang sich zur Ruhe. So viel dazu, stark zu sein und ihre Gefühle nicht die Oberhand bekommen zu lassen. Sie konnte sie einfach nicht zurückhalten. Es war, als würde man versuchen, einen überfließenden Staudamm mit bloßen Händen zu stoppen.

Bin ich wütend? Nervös? Sie konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Ebenso wenig, wie sie mit Sicherheit sagen konnte, ob sie das Richtige tat.

Seine Anspannung zeichnete sich in der steifen Haltung seiner breiten Schultern deutlich ab. Sie holte tief Luft und trat an seine Seite – doch er bemerkte sie nicht und schien völlig in Gedanken versunken zu sein.

Warum musste er so verdammt unnahbar sein?

Lisa hatte gewusst, dass Max seine Gefühle verbarg, selbst als sie vor dem Altar gestanden hatten und sich das Jawort gaben. Doch sie war überzeugt gewesen, das ändern zu können – ihn ändern zu können.

Sie hatte geglaubt, genug Liebe für sie beide in ihrem Herzen zu tragen. Nach ihrer harten Kindheit und Jugend war es nur ein weiteres Risiko gewesen, das einzugehen sie mehr als bereit gewesen war.

Doch die Zeit für Risiken war vorbei, jetzt, wo sie für mehr als nur ihr eigenes Leben verantwortlich war. Sie wollte nicht, dass ihr Kind so aufwuchs wie sie selbst. Ungeliebt. Ungewollt. Sie hatte die Tage gefürchtet, an denen ihr Vater kam, um sein kleines Mädchen zu sehen. Nicht aus Liebe oder auch nur Pflichtgefühl, sondern aus Boshaftigkeit.

Sie war die Waffe gewesen, die er benutzt hatte, um ihre Mutter zu verletzen. Ihrem Kind sollte es nicht so ergehen.

Geplant oder nicht, Lisa wollte dieses Kind. Sie wollte ihm ein glückliches und liebevolles Zuhause und eine sorglose Kindheit bieten. Und das konnte ihr nur allein gelingen – oder mit der vollen Unterstützung eines Mannes, der sie liebte und dasselbe wollte.

Dieser Mann war nicht Max.

Er war nicht einmal fähig, sich auf ihre Ehe einzulassen. Wie sollte es da bei seinem Kind anders sein?

Ihr blieb also nur eine Option – Max dazu bringen, die Scheidungspapiere zu unterzeichnen, damit sie dieses Kapitel ihres Lebens beenden und ihr Kind in Frieden allein aufziehen konnte.

Doch vorher musste sie es ihm sagen. Er hatte ein Recht, es zu wissen, selbst wenn er das Kind niemals sehen wollte.

Sie schob alle Gedanken an die Vergangenheit und die Zukunft beiseite und konzentrierte sich auf die Gegenwart.

„Max.“

Er drehte sich um und sah sie an. Seine Miene war sturmumwölkt, und für einen Moment blieb ihr das Herz stehen. Hatte er es schon gehört? Konnte es sein, dass jemand ihm ihr kleines Geheimnis bereits zugeflüstert hatte?

„Was willst du, Lisa? Bist du gekommen, um mich daran zu erinnern, die Scheidungspapiere zu unterschreiben? Hast du einen Neuen gefunden und willst ein neues Leben anfangen?“

Bartstoppeln bedeckten sein ansonsten immer glattrasiertes Gesicht, und in seinen Augen glitzerte Zorn. Irgendetwas war passiert. Ob er wirklich schon Bescheid wusste? Lisa konnte sich nicht vorstellen, wie er davon erfahren haben sollte, konnte sich sein Verhalten aber auch nicht anders erklären.

„Ich muss dir etwas sagen.“ Sie hasste, wie ihre Stimme bebte.

„Nichts, was ich nicht schon wüsste. Du bist zu spät dran, Lisa.“ Seine Stimme klang scharf und schneidend wie Glas. Lisa spürte, wie sich kalter Schweiß auf ihre Haut legte. Wie konnte er so kalt sein? Es ging doch um sein Kind! Selbst wenn er aus anderer Quelle davon erfahren hatte, änderte das nichts an den Tatsachen.

Sie reckte das Kinn und funkelte ihn an. Wappnete sich dafür, ihm zu sagen, was zu sagen war, und dann zu gehen. Der Teil in ihr, der diesen Mann noch immer liebte, kämpfte gegen den an, der ihn aus ihrem Leben ausschließen wollte. Aber hatte er das nicht längst selbst getan, als er sie verlassen hatte, obwohl er einst geschworen hatte, den Rest seines Lebens an ihrer Seite zu verbringen? Und noch einmal an dem Morgen nach jener schicksalhaften Nacht, als er ihr glasklar gesagt hatte, dass sie nicht erwünscht war?

Er rückte näher zu ihr. Zu nah.

„Seit wann weißt du es?“ Das Grollen in seiner Stimme verriet ihr, dass er sich nur mühsam unter Kontrolle hatte. An dem Tag, an dem er sie verlassen hatte, hatte er mehr als deutlich klargestellt, dass er niemals wirklich hatte heiraten wollen und auch kein Vater sein wollte.

Bis heute war sie überzeugt, dass die Möglichkeit, Vater zu werden, überhaupt erst der Auslöser für die Trennung gewesen war. Sie hatte beiläufig davon gesprochen, eines Tages Kinder zu wollen. Danach war zwischen ihnen alles den Bach hinuntergegangen.

Jetzt funkelte er sie an, und der Zorn, der in seinen Augen brannte, schockierte sie.

„Seit etwa zwei Wochen.“ Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, da realisierte sie auch schon ihren Fehler.

„Zwei Wochen?“ Die Worte hallten durch den leeren Gastraum. Max schaute ihr geradewegs in die Augen. Sie hatte ihn noch nie so wütend gesehen. „Und da dachtest du, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um mir zu sagen, dass du Bescheid weißt? Wie hast du es überhaupt herausgefunden?“

„Herausgefunden?“ Sie runzelte die Stirn, ließ sich ihre Verunsicherung aber nicht anmerken. „Ich wollte sicher sein.“

„Sicher sein?“ Max lehnte sich zurück und schaute sie an. Es wirkte, als würde er sie zum ersten Mal wirklich sehen. Ihr kamen Zweifel, ob sie sich gerade richtig verstanden. Wusste er vielleicht doch nicht Bescheid? Sprachen sie von zwei vollkommen unterschiedlichen Dingen? Aber wenn dem so war, was hatte ihn dann so wütend gemacht?

Wie auch immer. Jetzt führte wirklich kein Weg mehr daran vorbei. Sie musste es ihm sagen – sofort.

„Wessen wolltest du dir sicher sein, Lisa?“ Max’ Stimme war scharf wie ein Peitschenhieb und die Atmosphäre so angespannt, dass es ihr schier den Atem raubte.

„Ich …“ Sie versuchte, die Worte zu formen, brachte sie aber einfach nicht über die Lippen.

„Was ist, Lisa?“ Er erhob sich abrupt und stand nun vor ihr. Groß. Machtvoll. Fordernd.

Sie atmete tief durch, dann versuchte sie es erneut.

„Max, ich bin schwanger.“

Es fühlte sich an, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag war Max sprachlos. Er hatte geglaubt, dass Lisa da war, um wegen der Scheidungspapiere nachzuhaken. Dass sie einen neuen Liebhaber hatte und ein neues Leben anfangen wollte. Aber dass sie schwanger war …

Er wollte kein Kind und war nicht bereit dafür – nicht ausgerechnet jetzt, wo seine Vergangenheit mit der Wucht einer Flutwelle über ihn hereinbrach.

Fassungslos schaute er die Frau an, die er geheiratet hatte. Die Frau, die er niemals lieben würde, weil er schon sehr früh gelernt hatte, dass solche Gefühle einen am Ende nur verletzten. Seine Mutter hatte seinen Vater geliebt – und er hatte sie verletzt. Er hatte seinen Vater geliebt, und als er sie einfach verlassen hatte, war etwas in ihm zerbrochen.

Noch heute hörte er seine Abschiedsworte, die wie ein Echo aus der Vergangenheit an sein Ort drangen.

Vergiss niemals, dass Valdez-Blut durch deine Adern rinnt.

Seit jenem Tag hatte er versucht, genau das zu vergessen. Er wollte nichts mit der Valdez-Familie oder ihrem Bankhaus zu tun haben. Und es war ihm auch gelungen, die Wahrheit zu verdrängen – bis ein Anwalt ihn mit der Information kontaktiert hatte, dass sein Vater gestorben war. Gleichzeitig war plötzlich sein Halbbruder aufgetaucht, und inzwischen ging die ganze verdammte Geschichte bereits durch die Zeitungen.

Er drängte seine Kindheitserinnerungen zurück dorthin, wo sie hingehörten, und musterte stattdessen Lisa. Fest hielt sie seinem Blick stand. Die einzige Frau, die er je kennengelernt hatte, die ihm nicht förmlich an den Lippen hing.

Lisa war echt und ehrlich. Sie erdete ihn und ließ ihn daran glauben, dass er mehr wert war als nur ein unbedeutender One-Night-Stand. Als sie ihm von einem Jobangebot in den Staaten erzählt hatte, hatte er gewusst, dass er sie nicht gehen lassen konnte, sondern versuchen wollte, sich ihr zu öffnen. Sie zu lieben.

Darum hatte er sie geheiratet. Doch ihm war schnell klargeworden, dass er einen folgenschweren Fehler begangen hatte. Sie gehörten nicht zusammen und hätten niemals heiraten sollen.

Schließlich fand er seine Stimme wieder. „Schwanger? Aber was ist mit der Pille?“

Er konnte kein Vater sein. Er wollte kein Vater sein, wollte das Risiko nicht eingehen, darin ebenso zu versagen wie sein Vater. Aber Lisa war schwanger, wegen einer einzigen, gedankenlosen Nacht. Wie kann sie so ruhig dastehen und mir diese Ungeheuerlichkeit mitteilen, als wäre es das Normalste auf der Welt?

„Ich denke, du hast mir einiges zu erklären“, knurrte er.

Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich an den Tisch. Max sah, wie blass sie unter ihrem Make-up war. Er verspürte einen heftigen Anflug von Sorge, verdrängte ihn aber sofort wieder und nahm ihr gegenüber Platz.

Als sie die Hände auf der Tischplatte verschränkte, sah er den Verlobungsring, den er ihr vor etwas mehr als einem Jahr an den Finger gesteckt hatte.

Sie trägt meinen Ring noch immer? Warum, wo sie doch die Scheidung in die Wege geleitet hat? Hat sie ihn wieder angezogen, als sie festgestellt hat, dass sie schwanger ist?

„Wir haben in jener Nacht beide zu viel getrunken Max. Ich glaube, dass es etwas mit den Nachwirkungen des Alkohols zu tun hat.“ Sie atmete tief durch und sah ihn an. „Ich war selbst völlig perplex, als ich gemerkt habe, dass ich schwanger bin.“

Glaubt sie wirklich, dass ich ihr das abkaufe? „Es waren nur ein paar Gläser Wein.“

„Es waren sehr viel mehr als nur ein paar, und das weißt du auch“, entgegnete sie harsch. Dann errötete sie. „Ich habe mich übergeben, als ich zu Hause ankam.“

Max kniff die Augen zusammen und versuchte, sich an die Details jener Nacht zu erinnern. Er wusste noch, dass er furchtbare Kopfschmerzen gehabt hatte und bei jedem zu lauten Geräusch zusammengezuckt war. Ganz besonders beim Knallen der Tür, als Lisa davongestürmt war.

Sie hatte recht.

Sie hatten wirklich zu viel Wein getrunken.

Max stützte sich mit einem Ellbogen auf den Tisch und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Konnte das Leben noch komplizierter werden? Zuerst die Sache mit dem Teil seiner Familie, mit dem er nie etwas zu tun haben wollte. Die Schlagzeilen, die durch die Presse gingen, waren schon schlimm genug. Und jetzt würde er auch noch eine neue Generation Valdez in die Welt setzen.

Eine Generation, die er nicht wollte.

Vor ihm auf dem Tisch lagen die Ausgaben der aktuellen Tageszeitungen. Die Schlagzeilen unterschieden sich nicht sehr.

Illegitimer Milliardärserbe aufgetaucht!

„Max?“ Lisas Stimme drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr. Er zwang sich, wieder in die Gegenwart zurückzukehren, damit er sich um die Situation kümmern konnte, die gerade vollkommen außer Kontrolle zu geraten drohte.

Aber was sollte er ihr sagen, nachdem sie ihn so getäuscht und ausgetrickst hatte?

„Max, was ist los?“

Sie streckte die Hand über den Tisch hinweg aus und ergriff eine der Zeitungen. Er sah Lisa an und fragte sich unwillkürlich, wie eine so schöne und hinreißende Frau so doppelzüngig sein konnte. Wie konnte sie ihm das antun? Und warum ausgerechnet jetzt?

In ihren grünen Augen zeichnete sich Betroffenheit ab, nachdem sie einen Blick auf die Zeitung geworfen hatte.

„Hier geht es um dich. Du hast einen Bruder?“

Er presste die Lippen zusammen. „Einen Halbbruder.“

Am selben Tag, an dem er von seiner Verwandtschaft mit dem millionenschweren Bank-Tycoon Raul Valdez erfahren hatte, teilte Lisa ihm mit, dass er Vater wurde. Steckte er vielleicht mitten in einem Albtraum? Würde er demnächst aufwachen, und alles wäre wieder wie vorher?

„Und du wusstest nichts davon?“, fragte Lisa.

Sie sah ihn an, und er war überzeugt, dass sie von alldem nichts geahnt hatte. Er sah die Fragen in ihren Augen und war dankbar, dass sie sie nicht stellte.

Zum Teufel, die meisten von ihnen konnte er ja selbst nicht beantworten. Alles, woran er dachte, war, dass er sich offenbar gar nicht so sehr von seinem leiblichen Vater unterschied.

Autor