Was sich liebt ... das rächt sich?

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Es war ein sensationell erfolgreicher Tag für die bildhübsche Modedesignerin Tara, den sie ausgelassen mit Freunden feiert! Da betritt plötzlich ein Mann den Club, und ihre Welt steht still! Ein heißer Flirt mit diesem umwerfenden Latin Lover ist genau das Richtige, um ihren Triumphzug perfekt zu machen. Zu spät erkennt Tara, dass Michael Cruz ihr wirklich gefährlich werden kann. Da hat sie schon ihr Herz an ihn verloren und sich dabei gründlich die Finger verbrannt. Doch so einfach lässt sie den arroganten Kerl nicht davon kommen … und schwört Rache!


  • Erscheinungstag 04.08.2015
  • Bandnummer 0016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701949
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Tara Marie Fitzpatrick Devine wusste, wie man sich schlecht benahm. Richtig schlecht. Es war ihr Geschäft, hart zu arbeiten, eine harte Verhandlungspartnerin zu sein und schließlich ihren Erfolg im Internet zu sehen. Es war für sie einfach ein Genuss, sich im Haifischbecken der internationalen Modekonzerne immer weiter nach oben zu katapultieren. Und heute Abend – dem Höhepunkt einer Saison, in der sie mehr denn je gearbeitet hatte – strahlte ihre Unbezähmbarkeit wie der hellste Stern am Modehimmel.

„Tara, was mache ich bloß?“

Neben ihr zappelte jemand nervös mit den Füßen unter dem Tisch. Sie griff in ihre Abendtasche, holte ihren Taschenspiegel heraus und zog sich die knallroten Lippen nach. Immerhin war sie noch nüchtern genug, sich um ihr Äußeres zu kümmern.

„Es wird schon gut gehen“, erwiderte sie, während sie ihr Spiegelbild musterte. Der breite, exakt gezogene Lidstrich war perfekt. Seltsam, dass sie noch nie zuvor auf die Idee gekommen war, sich so zu schminken. Es wirkte so wundervoll verrucht.

„Ganz bestimmt ist er schon auf dem Weg hierher. Und wenn er mich hier sieht … nachdem ich ihm versprochen habe, dass ich sofort nach Hause gehe …“

Tara seufzte, als sie erneut Fernandas Stimme hörte, und verstaute ihren Lippenstift in dem kleinen Etui. Dieses Mädchen ging ihr langsam auf die Nerven.

Kühl musterte sie Fernanda, von den silbernen Plateauschuhen bis zu ihrem atemberaubend ebenmäßigen Gesicht, mit dem sie auf dem Laufsteg ebenso begeisterte wie auf den Titelseiten der Magazine. Fernanda Cruz. Die Medien feierten sie als neue Schönheit Spaniens. Eine lange Strähne ihres glänzenden dunkelbraunen Haares fiel ihr ins Gesicht, was ihr einen lasziven Ausdruck verlieh, und das extrem kurze Seidenkleid in dunklem Pink ließ viel von ihren schlanken Schenkeln sehen. Das Mädchen sah aus, als hätte es das Wort „Kalorien“ noch nie gehört.

„Fernanda.“

„Was?“ Fragend blickte das junge Model sie an.

„Hör auf damit.“ Als könnte Tara ihren Worten damit mehr Ausdruck verleihen, zeigte sie mit der Lippenstifthülle auf das Mädchen. „Erstens weißt du gar nicht, ob er wirklich kommt. Und zweitens: Wenn er kommt – was ziemlich wahrscheinlich ist, wenn wir ehrlich sind –, musst du dich der Sache stellen. Sag ihm, er soll sich aus deinem Leben raushalten. Er ist ein überheblicher Macho.“

Sie zog noch einmal ihren Spiegel aus der Tasche und stellte sicher, dass sie keinen Lippenstift auf ihren strahlend weißen Zähnen hatte. „Du machst doch nichts Schlimmes, Fernanda. Das hier ist nur eine Abschlussparty.“

„Das verstehst du nicht. Mein Bruder ist das Oberhaupt der Familie. Wenn Michael hier auftaucht, bin ich …“ Sie zog die flache Hand über ihre Kehle.

„Er sollte begreifen, dass du dich in der Öffentlichkeit blicken lassen musst. So funktioniert die Modebranche eben. Ein Foto für die Paparazzi hier, ein Kuss für Harry dort …“

„Aber ich bin seine kleine Schwester, Tara. Und er hasst diesen Rummel. Michael will, dass ich studiere und Steuerberaterin werde oder so was. Für ihn ist ein Model ein hirnloses Wesen und jeder Designer ein Schwindler.“

Tara drückte den Schnappverschluss ihrer Tasche heftiger zu als nötig. Sie wusste alles über diesen Michael Cruz. Heute Morgen hatte er in der ersten Reihe vor dem Laufsteg gesessen, als seine Schwester Taras Sommerkollektion auf dem Laufsteg präsentiert hatte. Und während die Londoner Modewelt sich vor Begeisterung schier überschlug, hatte er einen dermaßen gelangweilten Eindruck gemacht, als würde er Farbe beim Trocknen zusehen.

Die Presse hatte sich auf den attraktiven Mann in dem tadellos sitzenden Maßanzug gestürzt. In Sekundenschnelle hatte sein Foto die der eigentlichen Modenschau von den Startseiten der Onlinemagazine verdrängt. Zum Glück hatte Fernandas Schwester Angelica genug Begeisterung für die ganze erste Reihe gezeigt. Und sie war so nett gewesen, durchsickern zu lassen, dass sie überlegte, ihr Hochzeitskleid von Tara entwerfen zu lassen. Das hatte die Arroganz ihres Bruders nachträglich in einem etwas milderen Licht erscheinen lassen.

„Fern, Liebes, wir haben viel gearbeitet, und wir beide fangen gerade an, richtig Karriere zu machen. Für mich ist diese Party ebenso wichtig wie die Modenschau. Und du hast auf diesen Moment einen ganzen Monat lang gewartet. In zwei Wochen ziehen wir all das hier noch einmal in Paris durch. Also, wenn dein Bruder kommt, sag ihm, er soll sich … er soll abhauen und sich um seine Angelegenheiten kümmern. Wir beide mischen uns jetzt unters Volk und sorgen für ein paar Schlagzeilen. Komm schon!“

Sie griff nach Ferns Hand und zog sie hoch. Neben ihrer Körpergröße von fast zwei Metern und der überschlanken Figur ließ das Model Taras wohlgerundete Formen noch üppiger erscheinen. Die dickste Frau in der Modewelt. Das Fressmonster. Ja, sie kannte all diese Umschreibungen. Manchmal tat es ziemlich weh. Doch selbst wenn sie nur von Luft und Liebe lebte, konnte sie nichts daran ändern, dass sie nun mal weitaus weiblichere Formen hatte als die Models. Also hatte sie angefangen, ihre Kurven in Szene zu setzen. Als Designerin wusste sie, wie man ein Dekolleté optimal betonte und einen Bauch unter dem richtigen Stoff kaschierte. Dafür brauchte sie keinen speziellen BH oder ein Miederhöschen.

Sie hatte das Interesse der Modeelite geweckt. Jetzt brauchte sie nur noch die richtigen Schlagzeilen in den wichtigsten Magazinen.

Gemeinsam mit einem der angesagtesten männlichen Models bewegte Fern sich inzwischen auf der Tanzfläche. Sie hatte ihr strahlendstes Lächeln aufgesetzt, verteilte Luftküsse und feierte mit all den Möchtegern-Promis.

Tara nahm im Vorübergehen ein Glas Champagner von einem Tablett und ging hinaus in die Eingangshalle. Sie legte keinen gesteigerten Wert darauf, ihren niederländischen Geldgeber Ronnie zu treffen, der zweifellos der langweiligste Mann der Welt war. Als jemand sie anrempelte, hätte sie sich beinahe an ihrem Drink verschluckt. Gleichzeitig drehten sich wie auf Kommando alle Köpfe in eine Richtung, und es war klar, dass gerade ein ziemlich wichtiger Gast aufgetaucht war.

In Taras Leben geschah fast alles in rasender Geschwindigkeit. Manchmal rasten auch ihre Gedanken in einem Tempo, das sie die richtigen Worte nicht mehr finden ließ. Diesen Moment aber erlebte sie wie in Zeitlupe. Wie versteinert stand sie da und erkannte, wer da über den roten Teppich kam. Die Menschen um sie schienen zu verblassen, alle Geräusche zu verstummen. Es war der Auftritt des größten Alphatiers, das sie kannte. Michael Cruz höchstpersönlich.

Als die ersten Blitzlichter aufflammten, drehte er den Kopf langsam in Richtung der Kameras. Er war so groß und männlich, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Und obwohl sie keine Mode für Männer entwarf, konnte sie beurteilen, dass sein Anzug von den breiten Schultern bis zu den langen, muskulösen Beinen perfekt geschneidert war.

Er hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt, und unter seinem Sakko blitzte ein blütenweißes Hemd hervor. Zielstrebig schritt er weiter, nahm irgendetwas von seinem Leibwächter entgegen und sah sich in der Menge um, als suchte er jemanden – und dann …

Und dann blieb der Blick aus seinen tiefdunklen Augen auf ihrem Gesicht hängen. Als er sie musterte, schlug ihr Herz wie rasend. Kaum merklich runzelte er die Stirn, als sein Blick über ihr Dekolleté glitt, und unwillkürlich verschränkte sie schützend die Arme vor der Brust. Jetzt drehte er sich ganz zu ihr um und betrachtete sie völlig ungehemmt von Kopf bis Fuß.

Die Kameras klickten, die Menge rief seinen Namen, beinahe jeder schien seine Aufmerksamkeit erregen zu wollen. Ein letzter Blick, dann wandte er sich mit einem unverschämt herablassenden Lächeln ab.

Tara spürte, wie sie rot wurde, und fühlte sich verwundbar wie ein kleines Mädchen. Lange schon war es niemandem mehr gelungen, ihren Schutzwall zu durchbrechen. Und gerade deshalb war sie umso mehr verärgert. Wie konnte er es wagen? Unwillkürlich trat sie einen Schritt vor, um ihm zu sagen, was sie von ihm und seinem langweiligen dunklen Anzug hielt. Er war gerade mitten in einer der kreativsten Städte der Welt, wo die jungen Talente der Modebranche auf ihre Chance hofften, aber er interessierte sich nur für sich und für all die anderen Lackaffen mit ihrem konservativen Geschmack.

Sie hatte sich über ihn informiert. Über den Medienliebling, den selbst ernannten Fachmann, dessen schlichte, unauffällige Krawatte alles über sein engstirniges Modeverständnis aussagte. In seiner Welt war nur makellose Schönheit zugelassen. Altes Geld und lange Beine zählten mehr als außergewöhnliches Talent. Soweit sie es beurteilen konnte zumindest.

Wie um ihr Urteil zu bestätigen, sprangen jetzt einige Models gazellengleich und kichernd um ihn herum. Er strahlte und schlang mit einer gönnerhaften Geste seine Arme um zwei der Mädchen, die sich sofort an ihn schmiegten. Ihr koketter Augenaufschlag war geradezu widerlich. Wie konnten sie sich nur so erniedrigen.

„Tara, querida! Wie schön, dich zu sehen.“

Sie drehte sich um und sah die dritte im Bunde des Cruz-Clans auf sich zu kommen. Angelica, elegant wie immer und von den Medien als Göttin des Stils gefeiert. Dem Himmel sei Dank für die weiblichen Nachkommen der Familie Cruz!

„Angelica!“

Sie begrüßten sich mit innigen Wangenküsschen, und Tara schickte einen hochmütigen Blick hinüber zu Michael Cruz, dem blasierten Alphamann. Er hielt ihren Blick und versuchte gar nicht erst, sein Interesse an der kleinen Szene zu verbergen. Völlig entspannt blieb er stehen, umringt von seinem weiblichen Fanclub.

„Angelica, du siehst wundervoll aus – wie immer. Lass dich anschauen.“ Tara trat einen Schritt zurück, um das Kleid zu begutachten. „Du weißt, wie man Mode tragen muss. Zu schade, dass man deinen Bruder immer nur in diesen langweiligen Anzügen sieht.“

Angelica lachte auf, hakte sich bei Tara unter und ging mit ihr gemeinsam in den Festsaal. „Michael ist nur mir zuliebe überhaupt mitgekommen. Er mag die Modeszene nicht besonders. Aber er genießt durchaus die Vorzüge, die Partys wie diese mit sich bringen.“

Mit einem amüsierten Blick sah sie noch einmal zu ihm hinüber. „Das ist unsere dritte Party, und sein Selbstbewusstsein ist mittlerweile wahrscheinlich höher als alle Getränkerechnungen zusammen. All diese hübschen jungen Mädchen und nur so wenige Männer, mit denen sie flirten können. Zumindest wenige Männer, die auf Frauen stehen, um genau zu sein.“

Tara musterte die Szene und nickte zustimmend. Die Luft war hormongeschwängert, und selbst die uninteressantesten Kerle wurden noch von den Mädchen umschwärmt. Für sie selbst war das keine Option. Sie hatte eine Vorliebe für zurückhaltende dunkle Männer mit Ecken und Kanten. Allerdings lag ihre letzte Beziehung schon etwas länger zurück. Um genau zu sein, war es eine Affäre mit einem einfühlsamen, dunkeläugigen Musiker gewesen, und zwar während der Collegezeit. Jetzt hatte sie enge Beziehungen zu Champagner und Investoren. Oh, und zu den Medien. Das war der größte Flirt von allen.

„Hast du Fernanda schon gesehen?“

Angelicas Tonfall war beinahe so federleicht wie zuvor, doch Tara spürte einen Hauch von Besorgnis darin.

„Eigentlich hatte ich angenommen, sie wäre zu Hause. Ist sie mit dir hierhergekommen?“, fuhr Angelica fort.

Suchend sah Tara sich um. Sie hatte Fern schon seit längerer Zeit aus den Augen verloren. „Ja, sie ist hier. Eben war sie noch auf der Tanzfläche. Aber wenn sie weiß, dass Michael hier ist, hat sie sich bestimmt zurückgezogen. Sie war ziemlich nervös. Euer Bruder scheint großen Einfluss auf sie zu haben.“

Mit einem charmanten Lächeln bahnte Angelica ihnen den Weg durch die Menge und nahm zwei Gläser Champagner von einem Tablett.

„Er meint es gut. Michael macht sich Sorgen, schließlich ist er verantwortlich für sie. Es war nie einfach für ihn, plötzlich für zwei kleine Schwestern da sein zu müssen.“

Tara versuchte, sich an die Einzelheiten der Geschichte zu erinnern. Michael hatte den Höhepunkt seiner Karriere als Model und Schauspieler erreicht, als seine Mutter und der Stiefvater bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Von einem Tag auf den anderen hatte er sich vom gefeierten Partylöwen in einen stillen seriösen Geschäftsmann verwandelt. Wie sagte ihre irische Großmutter immer? „Die wildesten Mädchen werden die gläubigsten Nonnen“ oder so ähnlich. Keine Frage, dass seine unnahbare Aura nur eine Seite der Medaille war.

„Für ihn ist jeder in der Modewelt entweder niederträchtig oder dumm. Er hat ziemlich schlechte Erfahrungen gemacht damals. Du solltest ihn kennenlernen. Vielleicht kannst du ihn ein bisschen beruhigen. Oh, und wir müssen unbedingt über mein Kleid reden.“

Genau darauf hatte Tara gewartet. Sie bemühte sich, ihre Dankbarkeit nicht zu zeigen, und lächelte lässig. „Natürlich, jederzeit. Ich fliege ja erst nächste Woche nach Paris.“

„Wunderbar.“ Angelicas Stimme klang abgelenkt. Kurz drückte sie die Hand ihrer Freundin. „Wir sollten jetzt Michael suchen. Vielleicht kannst du ihn ablenken, während ich Fer-nanda nach Hause bringe. Ganz diskret, versteht sich.“

Sie deutete mit einem Kopfnicken zu Fern hinüber, die sich auf der Tanzfläche im Takt zur Musik wiegte und dabei intensiv mit ihrem Tanzpartner knutschte. Ganz eindeutig war es ihr mittlerweile völlig egal, ob irgendjemand sie entdeckte. Anscheinend hatte sie ihre Skrupel im Alkohol ertränkt.

Angelica verdrehte die Augen. „Es würde ihm gar nicht gefallen, seine kleine Schwester betrunken zu erleben. Es könnte uns Ärger ersparen, wenn wir ihn von diesem Anblick verschonen.“

Tara vermutete, langfristig würde es Angelica und Fernanda eine Menge Ärger ersparen, wenn sie ihm endlich sagten, er solle sich aus ihrem Leben heraushalten. Aber das ging sie nichts an.

Sie erwiderte den Händedruck ihrer Freundin. „Fern ist schon so gut wie verschwunden“, versprach sie.

Wenn sie Michael ablenkte, tat sie Fern einen Gefallen und hatte gleichzeitig einen Punkt gut bei Angelica. Der einzige Nachteil war, dass sie sich dafür mit dem größten Macho aller Zeiten abgeben musste. Worüber sollte sie mit diesem Typen reden, mit dem sie nichts gemeinsam hatte?

Wahrscheinlich war es am einfachsten, wenn sie die Krallen einzog und ihn mit weiblichen Reizen fesselte. Denn diese Sprache verstand er, wenn man den Gerüchten glauben durfte. Vielleicht konnte sie seine Aufmerksamkeit so lange halten, bis Fern ihm entkommen war. Diesem selbstherrlichen Supermacho.

Ihr selbst war dies in ihrem Leben gelungen. Sie hatte sich befreit. Es war das Beste, was sie jemals getan hatte. Wenn sie etwas zu sagen hätte, dann würden all diese Machos nicht mehr frei herumlaufen. Am allerwenigsten Michael Cruz.

Tara folgte Angelica zurück in die Eingangshalle und entdeckte Michael und seine Gefolgschaft, umringt von Fotografen. Sie wusste nicht, was sie mehr blendete – die Blitzlichter oder die makellose Schönheit all dieser Mädchen. Kurz beobachtete sie die Szene, und schnell wurde ihr klar, dass Michael kein Interesse an dem Theater hatte, das um ihn gemacht wurde. Und als er lächelte – sein Lächeln war ebenso umwerfend wie das seiner Schwestern –, war sie plötzlich wie gebannt von seiner männlichen Attraktivität.

Sie sah, wie eine ungeahnte Wärme in seinen Augen aufstieg, als er Angelica erblickte. Hatte dieser Mann tatsächlich ein Herz?

Er winkte Angelica zu, löste sich aus der Gruppe von Menschen um ihn, ging auf Angelica zu und führte sie mit einer selbstverständlichen Geste an die Bar. Hatte er Tara nicht bemerkt, oder war er einfach ein ungehobelter Schuft?

Es war jetzt bereits das zweite Mal an diesem Abend, dass er sie mit Missachtung strafte. Das dritte sogar, wenn man mitzählte, wie er sich am Laufsteg benommen hatte.

Sie war kurz davor, sich auf dem Absatz umzudrehen und zu gehen, als er sich zu ihr umwandte. Mit einer kleinen Geste lud er sie ein mitzukommen. Eine Handbewegung, als würde er Almosen an die Bedürftigen verteilen, dachte Tara grollend.

Für wen zur Hölle hielt sich dieser Mann eigentlich? Fiel jede Frau vor ihm auf die Knie oder – schlimmer noch – gleich in sein Bett? Sie jedenfalls nicht. Für jede andere mochte er ein Traummann sein. Für Tara war er ein Albtraum.

„Tara. Wir kennen uns noch gar nicht.“

Glaubte er das wirklich?

Wie durch einen Nebelschleier sah sie Angelicas Lächeln. Bleib ruhig, ermahnte sie sich. Überlass ihm nicht die Kontrolle. Mach dich nicht zum Narren.

Sie hob ihr Glas, das sie so fest umklammert hielt, dass es fast zersprang, und nahm einen Schluck.

Er schenkte ihr ein nachsichtiges Lächeln, dann kam er mit ausgestreckten Händen auf sie zu. „Ich bin Michael, Angelicas Bruder. Und Fernandas natürlich. Freut mich, Sie kennenzulernen.“

Er war wirklich gut. Aber sie war besser. Ganz langsam stellte sie ihren Drink auf eines der kleinen Tischchen und wandte sich ihm zu.

„Das kann ich mir vorstellen. Schließlich haben Sie meine Modenschau heute gesehen.“ Sie erwähnte das nur für den Fall, dass er glaubte, über sein rüdes Verhalten am Laufsteg einfach hinweggehen zu können. „Aber sie schien Ihnen nicht gefallen zu haben. Mode interessiert Sie nicht sonderlich, oder?“

Er war es vermutlich nicht gewohnt, dass Frauen ein Gespräch mit ihm mit einer Beleidigung begannen. Wahrscheinlich brauchte er deshalb einen Moment, ehe er reagierte. Doch dann schien er beschlossen zu haben, die Kränkung einfach zu ignorieren. Er nahm ihre Hand und drückte sie herzlich. Ein fester männlicher Händedruck. Sehr, sehr männlich.

Als sie ihn ansah, hielt er ihren Blick. Der Ausdruck in seinen Augen war streitlustig. Dann ließ er ihre Hand los. „Sie haben recht. Allein in dieser Woche habe ich schon in unzähligen Modenschauen gesessen. Nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung.“

„Nun, unserer Wirtschaft bringt die Modebranche immerhin ein paar Millionen jedes Jahr“, versetzte sie zuckersüß, während sie ihm weiter ins Gesicht sah.

Nebenbei bemerkt war es ein ausgesprochen attraktives Gesicht. Scharf geschnitten, mit hohen Wangenknochen und einem markanten Kinn. Seine Augen waren mandelförmig und so unergründlich wie seine Gedanken. Die vollen Lippen wirkten energisch, und plötzlich ertappte Tara sich dabei, dass sie sich vorstellte, wie wundervoll diese Lippen küssen mochten.

Oh verdammt, das war gefährlich.

Sie schluckte und drängte diesen Gedanken beiseite. „Mir kommt es so vor, als ob sehr viele Menschen überhaupt keine Ahnung hätten, wie viel Arbeit in den Modeentwürfen der Designer steckt.“ Unwillkürlich strich sie über ihren Rock, und sie merkte, dass er ihrer Bewegung mit seinem Blick folgte.

„Die Show hat mir gefallen, Tara. Ihre Entwürfe sind wundervoll. Und Sie haben den perfekten Körper, um sie in Szene zu setzen.“

Dieser Mann war wirklich dreist.

Angelicas perlende Stimme drang durch die Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte. „Du hast wirklich eine Wespentaille. Ich habe gestern gerade gelesen, dass wir alle immer eckiger werden. Gerade, ohne Hüften, ohne Kurven. Kein Wunder, dass du mit deiner Figur Aufmerksamkeit erregst, Süße. Wir Bohnenstangen würden alles geben für weibliche Formen wie deine. Ist sie nicht atemberaubend, Michael?“ Dann entdeckte sie einen der Paparazzi. „Oh, da ist ein Fotograf. Er soll schnell ein Bild von uns machen. Michael, du stehst da. Leg den Arm um Tara. Ja, wunderbar.“

Angelica stellte sich auf Taras andere Seite, strahlte in die Kamera, und schon flammte das Blitzlicht auf.

Und obwohl Tara noch immer wütend war, wie leicht er über sein schlechtes Benehmen auf der Modenschau hinweggegangen war, ahnte sie, dass dies nicht der Moment für eine Diskussion war.

Denn sie spürte, dass er gerade dabei war, in ihr Leben zu treten. Und zwar nicht nur mit dem Arm, den er um ihre Taille gelegt hatte. Sie betrachtete seinen Mund, den er für den Fotografen zu einem charmanten Lächeln verzog, bemerkte den Dreitagebart, auf den sie eigentlich gar nicht stand, ließ den Blick schweifen über seine markanten Gesichtszüge, die ihr eigentlich viel zu hart waren. Und plötzlich war da eine Verbindung zwischen Michael Cruz und ihr, auf die sie keinen Einfluss hatte.

Er hielt sie fest an sich gedrückt, als hätte er jedes Recht dazu, seinen starken Arm um sie zu legen und mit ihr vor der Kamera zu posieren. Als wäre es ganz selbstverständlich, dass er sie an seinen männlichen Körper presste und ein Feuerwerk der Gefühle in ihr auslöste. Hoffentlich konnte niemand sehen, was in ihr vorging. Sie fühlte sich wie eine Marionette. Das war doch nicht sie, Tara Devine.

Seine Hand umfasste fest und unmissverständlich ihre Hüfte. Noch vor fünf Minuten hatte er ein paar fettfreie Vorspeisen an sich gedrückt, jetzt hielt er das üppige Sahnedessert. Und sie hasste, hasste, hasste ihn dafür.

Michael war sicher, dass jeder Muskel in seinem Gesicht sich gleich verkrampfen würde. Nach einem Tag wie diesem war eine Party das Letzte, was er brauchte. Aber was sollte er tun? Angelica war es wichtig gewesen, dass er sie begleitete, und er sah seine Schwester so selten, dass er ihr diesen Gefallen nicht hatte abschlagen wollen. Allerdings war er nicht darauf vorbereitet gewesen, diesem kleinen Quälgeist zu begegnen. Tara Devine, die wildeste Rakete in einem Feuerwerk, bekannt für ihre unglaublichen Kurven, ihre Feierlaune und ihre mangelnde Selbstkontrolle.

Aber viel wichtiger war es, dass Fernanda nicht auf dieser Party war. Sicherheitshalber ließ er seinen Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Sie hatte also tatsächlich Wort gehalten und war nach Hause gefahren. Seit sechzehn Jahre bemühte er sich, sie zu Disziplin und Selbstkontrolle zu erziehen. Sie war jung und naiv, und leider fühlte sie sich zu all den hirnlosen Leuten in dieser entsetzlichen Branche hingezogen. Er konnte nur hoffen, dass sie ihre Intelligenz nicht hier verschwenden würde.

Michael hatte seine eigenen Erfahrungen mit der Modeszene gemacht. Er kannte die Partys mit zu viel Alkohol und Drogen zur Genüge. In diesem Haifischbecken gab es immer jemanden, der versuchen würde, auch seine kleine Schwester in dieses verhängnisvolle Milieu zu verwickeln.

Michael sah hinunter zu der kleinen Sexbombe in seinem Arm. Sie schien vor Energie fast zu explodieren. Kein Wunder, dass seine Schwestern von ihr begeistert waren. Sie hatte ihren eigenen Stil. Ihr erdbeerblondes Haar, durchzogen mit silbernen und goldenen Strähnen, war zu einer Art Bienenkorb aufgetürmt. Ganz und gar nicht sein Fall. Aber … der Blick auf ihr Dekolleté war atemberaubend. Ihre Haut schimmerte seidig, und der Hauch von elfenbeinfarbener Spitze, der unter ihrem Kleid hervorlugte, brachte ihre Brüste ausgesprochen gut zur Geltung. Noch einmal betrachtete er diesen reizvollen Anblick. Warum auch nicht? Er war ein Mann.

Angelica hat recht, stellte er fest, nachdem seine Hand nun lange genug auf Taras Hüfte lag, um sich entspannt in ihre Rundung einzupassen. Ihre Taille war wirklich sehr viel schmaler, als er vermutet hätte.

Nicht dass er jemals über Tara Devines Figur nachgedacht hätte.

Doch ihre Hüften in dem extrem kurzen Rock waren weich und wohlgerundet. Sehr, sehr weiblich. Sehr sexy. Als sie zu ihm aufsah, bemerkte er, wie strahlend blau ihre Augen waren. Wenn sie nur nicht so dunkel umrandet wären. Viel zu viel Make-up für seinen Geschmack. Und ihre Lippen … rot und voll, ein verführerischer Kussmund.

Hatte sie was gesagt?

„Fernanda ist ein tolles Model. Sie hat das Potenzial, Weltklasse zu werden, ein echtes Supermodel. Ich habe sie auch für Paris nächste Woche gebucht.“

Der Nebel in seinem Kopf lichtete sich schlagartig. Wenn Fernanda glaubte, er würde sie noch eine weitere Woche in diesem Affentheater mitmachen lassen, hatte sie sich gründlich geirrt. Er hatte sich nachsichtig gezeigt und ihr ermöglicht, ein bisschen in der Modebranche mitzumischen, weil er wusste, dass es ihr Spaß machte. Aber sie würde auf keinen Fall eine Modelkarriere starten. Schließlich war sie intelligent genug, um etwas Sinnvolles aus ihrem Leben zu machen.

Am besten stellte er das sofort klar.

Er beugte sich zu Tara hinunter. „Sie sollten sich besser um ein anderes Model kümmern“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Meine Schwester wird nicht mehr für Sie arbeiten, weder nächste Woche noch zu einem späteren Zeitpunkt.“ Als er spürte, wie sie sich versteifte, lächelte er siegesbewusst. Er verharrte einen Augenblick länger in dieser Position und meinte zu merken, dass sie erschauerte. „Ich weiß nicht, was Fern Ihnen erzählt hat, aber sie hat wichtigere Dinge zu tun, als in irgendwelchen verrückten Fummeln auf und ab zu laufen.“

„Wow, Sie sind echt ein Kontrollfreak“, wisperte Tara zurück, während sie weiter in die Kamera strahlte.

Sie wusste, was von ihr erwartet wurde, und spielte das Spiel mit. Ihr war klar, dass die Männer – jedenfalls jene Männer, die nicht auf Magermodels standen – sie begutachteten und den Blick über ihre üppigen Rundungen schweifen ließen.

Während sie ein charmantes Lächeln in die Runde schickte, tätschelte sie Michaels Wange. „Wovor haben Sie Angst? Davor, dass Fern mal ein bisschen Spaß hat?“

Sie hatte sich so weit zu ihm vorgebeugt, dass ihre Lippen sein Ohr streiften und er ihre Brüste an seinem Oberkörper spürte. Sie forderte ihn heraus? Gut, dann würde er ihr eine Lektion erteilen.

Blitzschnell griff er nach ihrem Handgelenk und schob ihren Arm hinter ihren Rücken, sodass sich ihr Körper unwillkürlich seinem entgegenbog. Das eröffnete ihm eine noch bessere Aussicht auf ihr wundervolles Dekolleté. Erschrocken keuchte sie auf, und er ließ seinen Blick betont langsam über ihre seidige Haut gleiten. Ihr Kleid war wirklich gewagt, und er spürte, wie eine Welle des Begehrens ihn durchzog. Dann wandte er sich ab und schaute wieder direkt in die Kameras.

Es war beinahe greifbar, wie sich die Atmosphäre verändert hatte. Alle Augen richteten sich auf Tara und ihn. Eine ganz besondere Anspannung lag in der Luft.

Dein Auftritt, Süße.

Sie wusste, worauf es ankam, stellte er anerkennend fest. Sobald die erste Fernsehkamera surrte, brachte sie sich in Position. Brillant.

„Ich darf wohl sagen, dass Señor Cruz ein großer Fan von Devine Design ist. Das hat er uns allen gerade gezeigt. Für mich war diese Woche ein großer Erfolg. Ich entwerfe Kleidung für echte Frauen mit echten Kurven. Für wunderschöne weibliche Frauen. Tja, und bei einem solchen Anblick vergisst manchmal selbst ein Gentleman wie Michael Cruz seine gute Kinderstube. Aber wir werden es ihm verzeihen. Er kann nichts dafür.“

Michael konnte sich das Lachen nicht verbeißen, während sich Tara bei ihm und seiner Schwester unterhakte. Ganz offensichtlich hatte er ihr Selbstbewusstsein unterschätzt. Sie war kein Feigling, das musste er ihr lassen. Der Punkt ging an sie, aber von jetzt an würde er aufpassen, dass sie nicht mehr in die Reichweite von Kameras kamen. Nur für den Fall, dass ihr noch eine neue Inszenierung einfiel. Er wandte sich seiner Schwester zu.

„Angelica, ich würde gern gehen. In fünf Minuten steht mein Wagen bereit. Meinst du, dass du bis dahin geschafft hast, was du noch so Dringendes erledigen musst?“

Angelica, die gerade noch mit ihrer Freundin zusammen gekichert hatte, wurde schlagartig ernst. Suchend ließ sie den Blick durch den Raum schweifen. „Ja natürlich, Michael.“ Sie wirkte angespannt. „Ich besorge dir und Tara noch einen Drink, und dann verschwinde ich kurz. Warte hier.“

Noch ein Drink? Mit der Sexbombe im Taschenformat? Er setzte an, um zu widersprechen, doch Angelica war schon in der Menge verschwunden. Er erhaschte einen letzten Blick auf sie, und einmal mehr wurde ihm bewusst, wie sehr sie ihrer Mutter glich mit ihren hohen Wangenknochen und dem seidig fallenden Haar. Sie war feinfühlig und freundlich. Wo er wie eine Dampfwalze reagierte, war sie die Diplomatin. Das war ihnen beiden bewusst, und es funktionierte gut.

Aber was hatte sie gerade jetzt vor? Irgendetwas führte sie im Schilde.

„Wo ist Fern?“, wandte er sich an Tara. Sie sah ihn aus großen blauen Augen an und zuckte die Schultern.

„Keine Ahnung.“

Sie griff sich ein Glas Champagner vom Tablett eines Kellners, der gerade vorbeikam, und nahm einen großen Schluck. Kein Vergleich mit dem damenhaften Nippen jener Frauen, mit denen Michael sich normalerweise umgab.

„Durstig?“

Autor

Bella Frances

Im Alter von zwölf Jahren entdeckte Bella Frances ihre Leidenschaft für romantische Geschichten – zwischen Strickmusterbögen und Rezepten in den Zeitschriften ihrer Großmutter. Ganz und gar mitgerissen aber war sie erst, als sie in einem langen, heißen Sommer nach ihrem ersten Abschluss in englischer Literatur die Romane von Mills...

Mehr erfahren