Küsse - süßer als griechischer Wein

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Traceys verzweifelter Bitte kann Nikos Lazarides sich nicht widersetzen! Der griechische Milliardär ist bereit, das Unternehmen ihrer Familie zu retten. Aber er stellt eine Bedingung: Tracey, die er für ein oberflächliches Partygirl hält, muss vorübergehend auf allen gewohnten Luxus verzichten. Sie soll mit ihm in einem schlichten Bauernhaus in den Bergen leben und eigenhändig einen kargen Acker bestellen. Und wenn in der Nacht der Mond und die Sterne am griechischen Himmel leuchten, will er ihr die Mühen des Tages mit zärtlichen Küssen versüßen ...


  • Erscheinungstag 16.03.2008
  • Bandnummer 1731
  • ISBN / Artikelnummer 9783863493271
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Er war da.

Inmitten der champagnerseligen Partygesellschaft, die sich an Bord der Padakis-Jacht im Hafen von Piräus versammelt hatte, fiel er Tracey sofort ins Auge.

Extravagant gestylte Frauen in teurer Abendgarderobe und vornehm gekleidete Geschäftsmänner aller Altersklassen und Nationalitäten unterhielten sich über den Lärm hinweg oder tanzten zum Rhythmus der lauten Musik.

Viele der Männer waren untrainiert und übergewichtig, manche groß und sportlich. Von denjenigen unter ihnen, die noch Haare auf dem Kopf hatten, verfügte nur eine Minderheit über das dichte schwarze Haar und den beneidenswert bronzefarbenen Teint des typischen Südeuropäers. All diese Vorzüge zugleich und noch dazu die breiten Schultern eines Athleten aber hatte nur einer vorzuweisen.

Nikos Lazaridis.

Ein Schauer durchlief Tracey bei seinem Anblick.

Sie hatte den brillanten griechischen Geschäftsmann vor vielen Jahren durch ihren Großvater Paul Loretto kennengelernt, der Senffabrikant und Direktor der Loretto’s Mustard Company gewesen war. Er hatte Nikos Lazaridis in die Familienvilla in Buffalo, im Staat New York, eingeladen. Hier war Tracey in der liebevollen Obhut ihrer Eltern aufgewachsen, doch seit dem tragischen Unfalltod ihres Vaters gingen sie und ihre Mutter dem verwitweten Großvater möglichst aus dem Weg.

Paul Loretto war ein Tyrann, der bedingungslosen Gehorsam forderte und nicht vor körperlicher Züchtigung zurückschreckte. Tracey wäre damals liebend gern von zu Hause fortgelaufen, wollte aber ihre trauernde Mutter nicht im Stich lassen.

Der einzige Mensch, über den sie ihren Großvater jemals mit Ehrfurcht, ja sogar Neid in der Stimme hatte sprechen hören, war Nikos Lazaridis.

„In einigen Jahren wird er mehr Macht haben, als wir uns je erträumen können“, hatte er gesagt.

„Warum, Großvater?“

„Habe ich dir je von Helios, dem Sonnengott, erzählt? Seine Statue wurde im Jahr 292 v. Chr. auf der Insel Rhodos errichtet. Sie ging als Koloss von Rhodos in die Geschichte ein. Von Helios heißt es in der Odyssee, dass ihm nichts entgehe. Er sieht und hört alles.“

„Und dieser Mann kann das auch?“, hatte sie erstaunt gefragt.

„Allerdings.“

An jenem Tag erfuhr sie, dass Nikos Lazaridis, Sohn eines verarmten griechischen Bauern, mit einer genialen Erfindung zu Reichtum und Ansehen gekommen war. Und eine Woche später lernte sie den Mann, den ihr Großvater wie einen Mythos verehrte, persönlich kennen.

Sie war auf der Suche nach ihrem kleinen schwarzen Mops Samson, einem Geschenk ihres heiß geliebten Vaters vor dessen tödlichem Autounfall. Samson jagte mit Vorliebe Vögel, aber bisher war es Tracey gelungen, ihn vor ihrem strengen Großvater versteckt zu halten.

Als sie um die Hausecke bog, sah sie sich plötzlich ihrem Traummann gegenüber. Groß, dunkelhaarig und breitschultrig stand er neben ihrem Großvater vor dem Haus, hielt zu ihrem Entzücken ihren Mops auf dem Arm und kraulte ihn zärtlich.

Paul Loretto, der weder Kinder noch Hunde mochte, dachte gar nicht daran, Tracey mit dem Besucher bekannt zu machen. Vielmehr beschimpfte er sie vor dessen Augen so heftig für ihre Unachtsamkeit, dass ihr vor Scham die Tränen kamen. Dass er sie nicht ins Haus zerrte und in ihr Zimmer sperrte, hatte sie nur dem Fremden zu verdanken, der sich ihr lächelnd zuwandte.

„Sie müssen Tracey sein. Ich bin Nikos Lazaridis. Was für ein niedlicher Hund! Ich hatte auch mal einen“, erzählte er. „Ich fand ihn verletzt am Straßenrand und nahm ihn mit nach Hause.“

„Wie hieß er?“

„Ich nannte ihn Zeus, damit er sich groß und stark vorkam.“ Mit seinem warmen, kehligen Lachen und seiner Zuneigung zu Samson eroberte er Traceys Herz im Sturm.

„Zeus hatte Glück, dass Sie ihn fanden“, flüsterte sie.

Nikos Lazaridis hatte Samson vor ihrem Großvater und seinen eigenen Hund vor dem Tod gerettet. Vielleicht, so hoffte sie, kam er eines Tages zurück, um auch sie zu retten.

Nachdem er ihr den Mops überreicht hatte, ließ er seine starken Hände noch einen Moment auf ihren Schultern ruhen, so, als spüre er ihre Angst und wolle sie beschützen. Sein tiefer, verständnisvoller Blick ließ ihr Herz höher schlagen und gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.

Von da an war die schlaksige Fünfzehnjährige mit den langen leuchtend roten Haaren rettungslos in den achtundzwanzigjährigen Nikos Lazaridis verliebt und himmelte ihn aus der Ferne an. Heimlich und hoffnungslos natürlich.

Seit jenem Tag vor zehn Jahren hatte es viele Abschiede in ihrem Leben gegeben. Den tragischen Tod ihres geliebten kleinen Hundes, den schmerzhaften Verlust ihrer kindlichen Unschuld, das Ableben ihres despotischen Großvaters, das Ende ihrer Ehe mit Karl von Axel.

Der schlimmste Schicksalsschlag aber war der Tod ihrer Mutter, die vor Kurzem an Krebs gestorben war. Ihr Verlust schmerzte Tracey mehr als alles andere. In der Öffentlichkeit galt sie nun als die neue Hauptaktionärin der Firma Loretto, doch innerlich fühlte sie sich einsam und verloren.

„Du wirst einen guten Berater brauchen“, hatte ihre Mutter ihr nahegelegt, kurz bevor sie gestorben war. „Damit sie dich bei der nächsten Vorstandssitzung nicht auslachen, wie sie es mit mir getan haben.“

„Jemanden wie Nikos Lazaridis?“ Obwohl sie ihn in den drei Jahren bis zu ihrer Hochzeit nur gelegentlich und danach gar nicht mehr getroffen hatte, kam Tracey sein Name wie selbstverständlich über die Lippen.

„Ja, Schatz, ihm kannst du vertrauen. Und lass dir dein Leben nicht davon vergällen, was Karl dir angetan hat.“

Karl traf keine Schuld. Er war nur eine Schachfigur in dem bösen Spiel, das sein Vater und Paul Loretto ausgeheckt hatten. Der wahre Schuldige war ihr Großvater.

„Mach dir keine Sorgen um mich, Mom.“

Dies war eines der letzten Gespräche gewesen, bevor ihre wunderbare Mutter für immer von ihr gegangen war.

Entschlossen steckte Tracey nun einem der Kellner, der auf der Jacht Getränke servierte, einen zusammengefalteten Zettel zu. „Bitte geben Sie das Nikos Lazaridis, aber erwähnen Sie meinen Namen nicht.“

Der junge Mann musterte sie augenzwinkernd, und sie verlieh ihrer Bitte mit einem Bündel Geldscheine mehr Gewicht. Vermutlich konnte er es kaum erwarten, die Neuigkeit von der berühmt-berüchtigten Loretto-Erbin, die Jagd auf den milliardenschweren achtunddreißigjährigen Junggesellen machte, an die Presse zu verkaufen.

Es war ein heißer Juniabend. Nach vollbrachter Tat lehnte sich Tracey erschöpft an die Reling und wartete. Die Lichter der Jacht, die sich glitzernd im Wasser spiegelten, sah sie kaum.

1. KAPITEL

Kyrie Lazaridis? Verzeihen Sie die Störung!

Nikos entschuldigte sich bei seinen Gesprächspartnern und wandte sich zu dem jungen Kellner um. „Ja bitte?“

„Eine hinreißende Amerikanerin auf dem Vordeck bat mich, Ihnen dies zu geben.“

Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte Nikos den zusammengefalteten Zettel. „Wie viel hat sie Ihnen denn bezahlt?“

„Fünftausend amerikanische Dollar“, gestand der junge Mann mit leuchtenden Augen.

Nicht schlecht … Obwohl er die Methoden dieser Amerikanerin verachtete, verstand Nikos die Begeisterung des Kellners über das üppige Trinkgeld nur zu gut. Er dachte an die Zeit zurück, als sein Bruder und er dem Vater jeden Tag bei der harten Feldarbeit helfen mussten, um den elterlichen Hof zu retten. Eine solche Summe Geldes hätte damals ihr aller Leben verändert.

„Sagen Sie mir, was da steht“, bat er. Es widerte ihn an, auf welches Niveau sich manche dieser vergnügungssüchtigen Partygirls herabließen. Seine Antwort würde dafür sorgen, dass die betreffende Dame umgehend das Weite suchte.

„Sei gegrüßet, Helios“, las der verblüffte Kellner nun laut vor.

„Wie bitte?“ Nikos nahm ihm den Zettel aus der Hand, um selbst weiterzulesen.

So nannte Sie mein Großvater, wussten Sie das nicht? Den Wächter über Götter und Menschen. Den Allwissenden.

Ihre Worte trafen ihn bis ins Mark.

Vor Ihnen, sagte er, könne niemand ein Geheimnis bewahren.

Danke für die wunderschönen Blumen, deren Duft Mutter noch im Himmel erfreut haben wird.

Nun, da sie fort ist, frage ich mich, ob Sie ahnen, weshalb ich hier bin.

Nikos stockte der Atem. Nach all den Jahren streckte sie zielsicher die Fühler nach ihm aus. Sie schreckte wirklich vor nichts zurück.

Einst war ihm Tracey wie eine zarte, scheue Meerjungfrau erschienen, deren flammend rotes Haar flüchtig über den Wellen auftauchte, um sofort wieder in den Tiefen des Meeres zu verschwinden. Das war, bevor sie zu einer äußerst irdischen jungen Frau herangereift war, die ihre Wirkung auf Männer geschickt einzusetzen wusste.

An jenem Tag, als Paul Loretto ihm beiläufig mitgeteilt hatte, Tracey werde an ihrem achtzehnten Geburtstag Karl von Axel heiraten, hatte Nikos all seine Träume begraben. Die Nachricht war ein herber Schlag für ihn gewesen. Der junge Playboy Karl, Spross einer verarmten europäischen Adelsfamilie, hatte ihr nichts als einen wertlosen Titel zu bieten. Nikos war fassungslos gewesen über Traceys mangelndes Urteilsvermögen.

Damals hatte er seine Besuche in Buffalo eingestellt. Wenn er später geschäftlich mit Paul Loretto zu tun hatte, einem harten, gerissenen Mann, hatte er sich mit ihm in Athen getroffen. Von Tracey hatte er nie wieder etwas gehört.

Ihre verhängnisvolle siebenjährige Ehe mit dem jungen Adligen war in allen Klatschspalten genüsslich ausgeschlachtet worden. Nikos hatte ihren Abstieg aus der Ferne mitverfolgt. Wann immer ihr skandalumwitterter Lebenswandel wieder Schlagzeilen machte, dankte er seinem Schicksal, dass sich ihre Wege getrennt hatten.

Mit der Loretto’s Mustard Company war es bereits lange vor Paul Lorettos Tod schleichend bergab gegangen. Es gab kontinuierliche Gewinneinbußen zu verzeichnen, und in der Firmenleitung herrschte Uneinigkeit. Der Fortbestand des Unternehmens war ernsthaft gefährdet.

Nun, da ihr Großvater seine schützende Hand nicht mehr über sie hielt und kein reicher Ehemann ihre extravaganten Eskapaden finanzierte, suchte die Exprinzessin also ihr Glück in Griechenland. Angesichts versiegender Geldquellen hatte sie offenbar ihn, Nikos, als letzte Rettung auserkoren.

Sie hatte es auf sein Vermögen abgesehen. Und ironischerweise wäre er, der Bauernsohn aus ärmlichen Verhältnissen, tatsächlich in der Lage gewesen, ihr den aufwendigen Lebensstil zu finanzieren, den sie gewohnt war.

Doch sie konnte sich auf eine böse Überraschung gefasst machen.

„Seien Sie gegrüßt, Tracey.“

Der Klang der warmen, dunklen Männerstimme mit dem griechischen Akzent erzeugte das vertraute Kribbeln auf Traceys Haut. Ihr Herz raste, als sie sich langsam zu ihm umdrehte.

„Hallo, Nikos. Ich bin gerade erst angekommen.“

„Sie sind viel unterwegs. Wie war Monaco?“ Sein Sarkasmus war unüberhörbar.

Sie schluckte. „Keine Ahnung, meine Freunde waren ohne mich dort.“

„Herzliches Beileid zum Tod Ihrer Mutter. Und nun entschuldigen Sie mich bitte, denn auf mich warten meine Freunde.

Als er sich abwandte, ergriff sie spontan seinen Arm. „Bitte, Nikos, nur eine Minute! Ich möchte mit Ihnen reden.“

Ein gefährliches Glitzern erschien in seinen Augen. „Das haben Sie mit Ihrem Fünftausenddollar-Trinkgeld ausreichend klargestellt. Tracey Loretto, die sich für ein Geschenk des Himmels hält, egal, ob sie eingeladen ist oder nicht!“

Seine Worte waren genauso eisig wie der Blick, mit dem er ihre aufdringliche Hand am Ärmel seines eleganten Jacketts taxierte. Sie zog sie zurück, ließ sich aber nicht einschüchtern.

„Giorgios Padakis schickte meiner Mutter eine Einladung; er wusste nicht, dass sie nicht würde kommen können. Ich bin stellvertretend für sie hier.“

Unter dichten dunklen Wimpern hervor musterte er sie ungerührt. „Warum erzählen Sie mir das? Bin ich der Gastgeber?

Seine abweisende Reaktion verschlug ihr die Sprache. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er sie wie etwas Kostbares behandelt … Doch das war lange her.

„Als ich hörte, dass Sie Blumen zur Villa gebracht haben, tat es mir unendlich leid, Sie verpasst zu haben. Ich wollte Ihnen persönlich danken.“ Nervös rieb sie die Hände an dem schlichten schwarzen Stoff ihres schmal geschnittenen Kleides.

„Was Sie hiermit getan haben.“

Sie legte den Kopf in den Nacken, um in sein stolzes, abweisendes Gesicht zu sehen. Unter kühn geschwungenen Augenbrauen, pechschwarz wie sein dichtes, glänzendes Haar, schimmerten bernsteinfarbene Augen, die sie an eine Raubkatze erinnerten.

Seine Miene drückte deutliches Missfallen aus, und sie glaubte, den Grund dafür zu kennen. Kurz vor dem Flug hatte sie ihr langes Haar zu einem modischen Bob schneiden lassen, der ihr herzförmiges Gesicht umrahmte. Das leuchtende Tizianrot, das sie an ihrem Vater, nicht aber an sich selbst gemocht hatte, war einem dezenteren Ton gewichen. Da ihre Mutter tot war, brauchte sie deswegen kein schlechtes Gewissen mehr zu haben.

„Wo ist die Meerjungfrau geblieben?“, fragte Nikos ziemlich spöttisch.

Meerjungfrau? Sie verstand die Anspielung nicht, wohl aber, dass ihm ihr neues Aussehen nicht gefiel. Doch darauf kam es nicht an. Viel ärgerlicher war, dass sie ihn bei seinem Kondolenzbesuch in Buffalo nicht empfangen hatte.

„Ich hatte dem Personal in der Villa gesagt, ich wolle niemanden sehen“, entschuldigte sie sich. „Wenn ich gewusst hätte, dass Sie kommen, hätte ich eine Ausnahme gemacht.“

Sein abfälliges Lächeln tat ihr in der Seele weh. „Ersparen Sie mir Ihre Lügen. Jeder weiß, dass Sie Tausende Meilen weit weg waren, als Ihre Mutter starb.“

Mühsam rang sie um Fassung. „Sie sollten nicht alles glauben, was in den Zeitungen steht.“ Sie hatte tatsächlich eine Kurzreise geplant, aber zusammen mit ihrer Mutter, bevor sich deren Zustand rapide verschlechterte. „Ich bin nicht von ihrer Seite gewichen.“

Sie sah ihm an, dass er ihr kein Wort glaubte. Ach Nikos!

„Sie war schwer krank, wünschte keine Besuche und auch kein offizielles Begräbnis. Ich habe sie in aller Stille neben meinem Vater beisetzen lassen.“

Mit dieser Vorgehensweise hatte ihre Mutter ihr den Firmenvorstand vom Hals halten wollen. Männer wie Vincent Morelli und auch David, den Anwalt, die nur darauf warteten, sich wie Hyänen auf sie zu stürzen.

„Diana Connor war eine wundervolle Frau. Sie erinnerte mich an meine eigene Mutter. Eine echte Dame.“

Im Gegensatz zu mir, fügte Tracey in Gedanken hinzu. Wehmütig dachte sie an die Zeit zurück, als Nikos ihr das Gefühl gab, der wichtigste Mensch auf der Welt zu sein. Jetzt jagte ihr sein abschätziger Blick einen Schauder über den Rücken.

„Sie ist erst seit einer Woche tot“, sagte er scharf, „aber für Frauen wie Sie besteht das Leben wohl nur aus Partys.“

Sie zuckte zusammen. „Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten, aber wenn Ihre Begleiterin auf Sie wartet …“

Gereizt hob er die kräftigen, sonnengebräunten Hände. „Sie wissen doch längst, dass ich allein hier bin, Tracey. Machen Sie mir nichts vor.“

Sie hätte sich denken können, dass er solche Partys nur besuchte, um Geschäftsfreunde zu treffen. Sein Privatleben spielte sich diskret im Verborgenen ab. Merkwürdig, dass er noch nicht verheiratet war … Doch darüber wollte sie jetzt nicht weiter nachdenken. Auch sie war schließlich geschäftlich hier.

„Ich wusste gar nicht, ob ich Sie hier antreffen würde. Als ich Sie sah, beschloss ich, die Gelegenheit zu nutzen, Ihnen mein Anliegen vorzutragen.“

„Gut, ich höre. Aber das haben Sie nur Ihrer Mutter zu verdanken, die immer sehr freundlich zu mir war.“ Tracey hoffte, dass ihr hochgeschlossenes Cocktailkleid und das schmale Diamantcollier die heftig pochende Ader an ihrem Hals verbargen. Sie musterte Nikos aus ihren klaren grünen Augen. „Meerschaumgrün“ hatte ihre Mutter sie genannt, auch dies ein Erbe ihres Vaters.

„Ich möchte von Ihrem Fachwissen profitieren.“ Ihre Stimme zitterte leicht. „Wären Sie bereit, mich … nun, sagen wir, sechs Monate lang zu coachen?“

Sein verblüfftes Schweigen fiel vor dem Hintergrund des fröhlichen Partylärms umso schwerer ins Gewicht. Tracey war das Unmögliche gelungen – sie hatte Nikos Lazaridis sprachlos gemacht! Ob es ein gutes Zeichen war, wusste sie nicht.

„Ich habe mich entschlossen, den Platz meiner Mutter in der Firmenleitung einzunehmen.“

„Eine interessante Vorstellung. Vorausgesetzt, Sie reißen sich lange genug von Ihren Playboyfreunden los, um gelegentlich auf einer Sitzung vorbeizuschauen.“

Sein spöttischer Kommentar verletzte sie tief. Doch nachdem die Medien kein gutes Haar an ihr gelassen hatten, war seine Reaktion nicht weiter verwunderlich.

„Das ist genau die Sorte von Vorurteilen, die man mir im Vorstand entgegenbringen wird. Ob verdient oder unverdient“, fügte sie hinzu und sah, wie seine Mundwinkel zuckten. „Ich will, dass man mich ernst nimmt. Nur darum geht es mir.“

Wieder schwieg er so lange, dass sie vor Nervosität eine Gänsehaut bekam.

„Warum kommen Sie damit ausgerechnet zu mir?“, fragte er schließlich schroff.

„Mein Großvater behauptete, Sie seien der einzige erfolgreiche Geschäftsmann, den er kenne, der sein Vermögen nicht geerbt, angeheiratet oder gestohlen habe. Das hat ihm ungeheuer imponiert, und seinen Vorstandskollegen wird es nicht anders ergehen. Mit Ihnen als Mentor wird man nicht wagen, mich mundtot zu machen. Ich werde sämtliche Vorurteile widerlegen.“

Nikos verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich wette, mindestens einer von denen würde Sie liebend gern vor den Altar schleppen. Ergreifen Sie Ihre Chance!“

Er schien sie wirklich zu hassen. Sie musste die Sache anders angehen … „Nach Großvaters und Mutters Tod gehören mir einundfünfzig Prozent der Firmenanteile. Ich biete Ihnen fünfzehn Prozent, wenn Sie mir helfen. Zusammen besitzen wir dann immer noch die Aktienmehrheit.“

Eisige Verachtung im Blick, erwiderte er: „Es überrascht mich nicht, dass Sie glauben, alles und jeden kaufen zu können. Aber wenn Sie denken, ich würde auch nur einen Cent Ihres Geldes anrühren, dann kennen Sie mich schlecht.“

Sie reckte ihm ihr zierliches Kinn entgegen. „Kann Helios es sich tatsächlich leisten, die Beteiligung an einem milliardenschweren Unternehmen auszuschlagen?“

„Woher haben Sie die Information, dass die Firma so hoch im Kurs steht?“

„Von David Hascomb.“ David war einer der Anwälte, die den Nachlass ihres Großvaters verwalteten. Seit ihrer Scheidung bemühte er sich auffallend um sie.

„David wollte Sie nicht verschrecken, bevor Sie ihm das Jawort gegeben haben, aber tatsächlich ist die Firma erheblich im Wert gesunken.“

Ihr Großvater hatte tatsächlich recht gehabt. Nikos Lazaridis blieb nichts verborgen!

„Ein Grund mehr, in der Firmenleitung mitzumischen“, sagte sie, ohne auf seine Bemerkung über David einzugehen. „Sie werden sehen, ich lerne schnell. Vielleicht kommen Ihnen sechs Monate wie eine Ewigkeit vor …“ Sie presste die Lippen zusammen. „Aber es sind sechseinhalb Jahre weniger, als Karl es mit mir aushalten musste.“ Der arme, unglückliche Karl mit dem gebrochenen Herzen.

„Warum wenden Sie sich nicht an Vincent Morelli? Ein lohnender Kandidat. Hält zehn Prozent der Firmenanteile. Müsste natürlich einige davon lockermachen, um seine derzeitige Ehefrau abzufinden, aber dann wäre der Weg für Sie frei.“

„Vincent Morelli ist ein Widerling!“, sagte sie verächtlich. „Gleich nach Mutters Tod rief er an, um mir zu sagen, ich brauchte nicht an den Sitzungen teilzunehmen. Der genaue Wortlaut war: ‚Machen wir uns doch nächste Woche einen netten Abend zu zweit. Dann erkläre ich Ihnen alles, und Sie brauchen Ihr hübsches Köpfchen nicht unnötig anzustrengen.‘“

„Greifen Sie zu“, riet Nikos ungerührt. „Der Mann hat Geld im Rücken und war ein Favorit Ihres Großvaters.“

„So etwas passiert mir nie wieder!“ Tracey zitterte am ganzen Körper.

„Wie meinen Sie das?“

„Mein Großvater war ein Tyrann“, stieß sie hervor. „Nur seinetwegen habe ich damals …“ Sie unterbrach sich. Es hatte keinen Sinn, auf Nikos einzureden. Wenn sie ihm jemals etwas bedeutet hatte, so hatte sie sich sein Wohlwollen inzwischen gründlich verscherzt.

„Leben Sie wohl, Nikos. Und danke für Ihr ehrendes Andenken an meine Mutter. Es bedeutet mir viel.“ Sie wandte sich zum Gehen, doch diesmal war er es, der die Hand auf ihren Arm legte und sie zurückhielt.

„Was wollten Sie gerade sagen? Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht.“

Sie lächelte verkrampft. „Ich war damals der Ansicht, die Villa sei zu klein für uns drei. Also heiratete ich Karl.“

Seine Miene verfinsterte sich. „Und zogen zu ihm in sein Schloss, das Sie leider von Ihrem eigenen Geld instand halten mussten, weil Ihr Prinz Ihnen nicht einmal ein anständiges Dach über dem Kopf bieten konnte.“ Seine Finger schlossen sich fester um ihren Arm. „Eine herbe Enttäuschung, oder? Karl war nicht die gute Partie, die Sie sich eigentlich erhofft hatten.“

Sein Zynismus war mehr, als sie ertragen konnte. Verzweifelt sah sie ein, dass sie sich etwas vorgemacht hatte, wenn sie geglaubt hatte, er würde ihr helfen.

„Stimmt, also suche ich weiter“, erwiderte sie trotzig.

„Und immer an den falschen Stellen. Dafür haben Sie wirklich Talent.“

„Ich dachte, bei Ihnen wäre ich an der richtigen Adresse.“

Ein kühles Lächeln glitt über sein Gesicht. „Es würde Ihnen nichts ausmachen, sich in meine Hände zu begeben?

Sie betrachtete die schlanke, gebräunte Männerhand auf ihrem Arm. „Nein. Wir wären ja nur Geschäftspartner und würden weder den Namen noch das Bett miteinander teilen.“ An seiner Schulter vorbei sah sie einige Leute auf ihn zukommen und dann wieder gehen, als sie merkten, dass er beschäftigt war.

„Wie Sie wissen, war mein Großvater ein Mann vom alten Schlag. Für ihn gehörten Frauen an den Herd. Meine Mutter war in seinen Augen nur ein lästiges Anhängsel. Ich aber möchte mich aktiv an der Firmenleitung beteiligen.“

„Na klar.“ Er stieß den Atem aus. „Was wollen Sie wirklich, Tracey?“

„Das sagte ich schon. Sechs Monate Unterricht, damit ich im Vorstand meine Position vertreten kann. Meine Mutter sah sich nicht dazu in der Lage. Ich tue es auch ihretwegen. Aber anscheinend halten Sie es für unter Ihrer Würde, sich mit der abgelegten Ehefrau eines Prinzen abzugeben.“

Sie senkte die Lider und sah ihn von unten herauf an. „Sollten Sie es sich anders überlegen, erreichen Sie mich bis übermorgen im Hotel Lagonissi in Athen.“

„Und dann?“

Knisternde Spannung lag in der Luft.

„Sagen Sie es mir.“ Tracey lächelte. „Sie sind Helios, der Allwissende.“

2. KAPITEL

„Meine Antwort gebe ich Ihnen jetzt gleich“, sagte Nikos. „Aber nicht hier. Kommen Sie mit!“

Er ergriff ihre Hand und zog Tracey eine Treppe hinunter, so schnell, dass sie kaum folgen konnte. Unten lag ein Boot bereit, um die Gäste an Land zu bringen.

„Ich muss mich wenigstens von unserem Gastgeber verabschieden“, protestierte sie. Giorgios Padakis war Inhaber einer griechischen Schifffahrtslinie und ein ehemaliger Geschäftspartner ihres Großvaters. Sie wollte ihn auf keinen Fall beleidigen.

„Ich rufe ihn nachher an und sage, es sei ein Notfall gewesen“, versprach Nikos.

Ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte er ihr eine Schwimmweste angelegt, als wäre sie ein kleines Mädchen und keine erwachsene Frau, die fünfundzwanzig Jahre lang ohne ihn ausgekommen war. Andere Männer, die sie auf Partys traf, vergaßen spätestens nach ein paar Drinks ihre guten Manieren. Nicht so Nikos.

Kaum hatten sie den Pier erreicht, tauchte wie durch Zauberhand eine schwarze Limousine mit getönten Scheiben vor ihnen auf. Nikos schob Tracey auf den Rücksitz, glitt neben sie und schlug die Tür hinter sich zu. Vorbei an Scharen von Paparazzi, die sich einen Schnappschuss von der rauschenden Party erhofften, sausten sie davon und ließen den Hafen und die festlich beleuchtete Jacht hinter sich.

Verstohlen musterte Tracey den faszinierenden Mann an ihrer Seite, dessen markantes Gesicht und brillanter Verstand international bekannt waren. Er hatte mit gedämpfter Stimme auf Griechisch in sein Handy gesprochen, beendete jetzt das Telefonat und streckte die langen, muskulösen Beine von sich.

Tracey, die befürchtete, seinem unwiderstehlichen Charisma zu verfallen, wenn sie ihn noch länger ansah, kam direkt zur Sache. „Nun, wie lautet Ihre Antwort?“

Seine Züge verhärteten sich. „Paul hielt sich auch nicht mit langen Vorreden auf. Man sieht es Ihnen nicht an, aber Sie sind ihm ähnlicher, als ich dachte.“

Der Vergleich mit ihrem Großvater schmerzte. Obwohl sie darauf brannte, seine Antwort zu erfahren, versuchte sie, Konversation zu machen.

„Ich bin viel herumgekommen, aber in Griechenland war ich noch nie.“

„Die französische Riviera ist wohl eher Ihr Fall“, erwiderte er trocken. „Und welchen Eindruck haben Sie von meinem Heimatland?“

„Das Mondlicht verleiht der Landschaft eine stille, einsame Schönheit.“

Er spannte die Kiefermuskeln an. „Der Schock über den Tod Ihrer Mutter scheint Ihren Realitätssinn vorübergehend getrübt zu haben.“

Mit anderen Worten, er hielt sie für einen hoffnungslosen Fall. Bitter enttäuscht sah sie aus dem Fenster. „Mein Großvater hat mich mein Leben lang bevormundet. Ich dachte, Sie seien anders.“

„Erwischt.“

„Nikos …“

Autor

Rebecca Winters

Rebecca Winters und ihre Familie leben in Salt Lake City, Utah. Mit 17 kam Rebecca auf ein Schweizer Internat, wo sie französisch lernte und viele nette Mädchen traf. Ihre Liebe zu Sprachen behielt sie bei und studierte an der Universität in Utah Französisch, Spanisch und Geschichte und später sogar Arabisch.

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