Süße Verführung in Venedig

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In Frankreich küsst er sie, in Italien verführt er sie … An der Seite des faszinierenden Unternehmers Cade Lorimer lernt Tess die Welt kennen. Verlockend schmecken die Küsse, die sie auf einem märchenhaften Schloss an der Loire von seinen Lippen kostet. Aber erst vor der romantischen Kulisse Venedigs erfüllt sich ihre größte Sehnsucht: Sie verbringt eine zauberhafte Liebesnacht in Cades Armen. Doch schon bald droht ihr Traum vom Glück wieder zu zerplatzen. Cade scheint nicht mehr als eine Affäre zu wollen. Wird das Ende ihrer Reise auch das Ende ihrer Liebe sein?


  • Erscheinungstag 18.01.2009
  • Bandnummer 1775
  • ISBN / Artikelnummer 9783862953103
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Als die Fähre auf Malagash anlegte, startete Cade Lorimer seinen geliebten Maserati und fuhr die Metallrampe hinunter auf die schmale Straße. Das Wasser, das sich an den Felsen brach, funkelte in der Septembersonne und bildete einen reizvollen Kontrast zu den immergrünen Büschen und Bäumen auf den Klippen.

Sein Adoptivvater hatte ihn auf die Insel geschickt, um für ihn seine vermeintliche Enkelin zu finden. Del zufolge war sie in Madrid geboren und in Europa aufgewachsen und lebte nun seit elf Monaten vierzig Meilen von seiner Sommerresidenz entfernt an der Küste von Maine.

Aber Cade glaubte nicht an Zufälle. Tess Ritchie war eine Hochstaplerin, die von Dels beträchtlichem Vermögen gehört und es nun darauf abgesehen hatte. Es lag also an ihm, sie davon abzuhalten. Und genau das würde er tun, selbst wenn es nur Probleme mit sich brachte.

Auf den Wiesen oberhalb der Straße ästen friedlich einige Rehe, doch er nahm sie kaum wahr. Del hatte ihm gesagt, er hätte seit ihrer Geburt von Tess gewusst und sie seitdem finanziell unterstützt, sich allerdings noch nie direkt mit ihr in Verbindung gesetzt oder irgendjemandem von ihr erzählt.

Auch über Cory, seinen leiblichen Sohn und das schwarze Schaf der Familie, der angeblich Tess Ritchies Vater war, hatte Del nie ein Wort verlauten lassen. Aber die Leute redeten, und so hatte Cade schon vor längerer Zeit von diesem gehört.

Die zwei bestgehüteten Geheimnisse an der Ostküste, dachte er, während er mit den Fingern auf das Lederlenkrad trommelte. Sollte Tess Ritchie also keine Hochstaplerin sein, war sie mit Del blutsverwandt.

Das machte Cade zu schaffen. In gewisser Weise hatte er sich immer betrogen gefühlt, weil ihn nicht wirklich etwas mit Del verband.

Er öffnete das Fenster und spürte den Wind in seinem Haar. In wenigen Minuten würde er am Ziel sein. Der von Del beauftragte Privatdetektiv hatte herausgefunden, dass Tess Ritchie in einer ehemaligen Fischerhütte am Dorfrand wohnte.

Als Cade um eine Kurve fuhr, tauchte am Strand der Bucht eine Fischerhütte auf, die man winterfest gemacht hatte. Unwillkürlich dachte er an Moorings, Dels Sommerresidenz. Sein Adoptivvater wollte, dass er Tess Ritchie auf der Rückfahrt dorthin mitnahm. Der Kontrast zwischen dem Anwesen und dieser Bruchbude war so groß, dass sein Zorn wuchs.

Er schlug den Schotterweg zu der Hütte ein. Es stand kein Auto davor. Dem Detektiv zufolge arbeitete Tess Ritchie von Dienstag bis Samstag in der Bücherei im Ort. Um vor neun da zu sein, war er an diesem Samstagmorgen so früh losgefahren.

Nachdem er vor der Hütte gehalten hatte, stieg Cade aus dem Maserati und ließ den Blick über die Bucht schweifen. Die Wellen schlugen an den Kiesstrand, und über ihm flogen einige Möwen, deren weiße Federn in der Sonne schimmerten. Als er tief die salzige Luft einatmete, vergaß er für einen Moment sogar den Grund für seine Anwesenheit. Die Liebe zum Meer war eines der wenigen Dinge, die Del und ihn miteinander verband. Und sie hatte ihn auch bewogen, vor einigen Jahren den größten Teil der Insel zu kaufen, um daraus ein Naturschutzgebiet zu machen.

Cade seufzte ungeduldig, bevor er zu der knallgelb gestrichenen Tür ging. Doch noch während er energisch anklopfte, wurde ihm klar, dass er den Weg umsonst gemacht hatte.

Tess Ritchie war nicht zu Hause.

In diesem Moment flog ein Graureiher vorbei, und Cade hörte Schritte auf dem Kies. Schnell ging er um die Hütte herum. Eine Frau in einem Top und Shorts kam den Hügel hinunter auf ihn zugejoggt. Sie war tief gebräunt, schlank und sehr sportlich. Das Haar hatte sie mit einer orangefarbenen Baseballkappe gebändigt.

Nun bemerkte sie ihn. Sofort blieb sie schwer atmend stehen, und etwa zehn Sekunden lang blickten sie sich starr an.

Dann kam sie langsam auf ihn zu. Ob sie verärgert über sein Kommen war oder womöglich Angst vor ihm hatte, konnte er nicht sagen.

Auf dem Weg hierher hatte er eine stark geschminkte, üppige Frau mit blond gefärbten Haaren vor Augen gehabt und damit offenbar völlig falschgelegen. Fasziniert beobachtete er nun, wie Tess Ritchie etwa sechs Meter von ihm entfernt mit dem Rücken zur Sonne stehen blieb.

Sie war ungeschminkt. Ein feiner Schweißfilm bedeckte ihr Gesicht, das vom Schirm der Kappe beschattet wurde. Sie trug Laufschuhe und hatte endlos lange Beine.

Als Cade einen Schritt auf sie zumachte, schrak sie unmerklich zurück und fragte scharf: „Haben Sie sich verfahren? Das Dorf liegt in der entgegengesetzten Richtung.“

„Sind Sie Tess Ritchie?“

„Ja.“

„Mein Name ist Cade Lorimer. Ich muss mit Ihnen reden.“

Sie versuchte sich ihre Reaktion nicht anmerken zu lassen, doch ihm entging nichts. Du bist wirklich gut, dachte er, aber nicht gut genug.

„Tut mir leid“, sagte sie forsch. „Ich kenne Sie nicht und habe auch keine Zeit, weil ich gleich zur Arbeit muss.“ „Wenn Sie hören, warum ich hier bin, werden Sie sich die Zeit nehmen“, erwiderte er sanft. „Da irren Sie sich. Wenn Sie wirklich mit mir sprechen wollen, kommen Sie in die Bibliothek. Eine halbe Meile weiter, gegenüber von der Post. Ich bin bis siebzehn Uhr da. So, wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen …“

„Sagt Ihnen der Name Lorimer nichts?“

„Warum sollte er das?“

„Del Lorimer ist mein Vater – er schickt mich. Sein anderer Sohn – Cory – war Ihr Vater.“

Tess Ritchie erstarrte. „Woher wissen Sie, wie mein Vater heißt?“, fragte sie schroff.

„Lassen Sie uns reingehen und miteinander reden.“

Aber sie wich Schritt für Schritt vor ihm zurück, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. „Ich gehe nirgendwo mit Ihnen hin.“ Krampfhaft ballte sie die Hände zu Fäusten, sodass die Fingerknöchel weiß hervortraten.

Sie hat Angst, dachte Cade verwirrt. Eigentlich hätte sie Luftsprünge machen müssen, weil Del Lorimer nach ihr schickte. „Wenn Sie nicht ins Haus gehen möchten, können wir uns auch hier draußen unterhalten“, schlug er vor. „Die Bücherei öffnet erst in anderthalb Stunden.“

„Und worüber sollten wir reden?“

„Über Ihren Großvater. Wendel, genannt Del, Lorimer. Der den Sommer zufällig immer hier, nur vierzig Meilen entfernt, an der Küste verbringt. Und versuchen Sie ja nicht, mir weiszumachen, dass Sie ihn nicht kennen.“

„Sie haben den Verstand verloren“, sagte sie leise. „Meine Großeltern sind schon seit Jahren tot – nicht, dass es Sie etwas angeht. Bitte gehen Sie, Mr. Lorimer. Und kommen Sie nicht wieder, sonst hole ich die Polizei.“

Der Sheriff auf Malagash war ein alter Freund von ihm. Ich hätte mir eine Strategie zurechtlegen müssen, überlegte Cade gereizt, denn es lief ganz anders als geplant. „Wer hat Ihnen gesagt, Ihre Großeltern wären tot?“

Tess schauderte unmerklich und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. „Verschwinden Sie endlich. Und lassen Sie mich in Ruhe.“

„Wir haben mehrere Möglichkeiten, aber die gehört nicht dazu.“ Er presste die Lippen zusammen. Unter dem dünnen Top ließen sich ihre Brüste erahnen. Ihre Arme waren durchtrainiert, ihre Finger lang und schmal. Sie trug keinen Ring. In einem Anflug von Zorn dachte er an die Diamanten der Lorimers.

Nun reichte es ihm. Aufgebracht ging er auf sie zu und packte sie. „Ihr Großvater schickt mich. Cory Lorimers Vater.“

Plötzlich duckte sie sich, um ihm einen Tritt zu versetzen. Und während er ihrem Fuß automatisch auswich, riss sie sich frei und rannte den Hügel hinauf.

Mit wenigen Schritten war er bei ihr und packte sie wieder. Aber bevor er etwas sagen konnte, sackte sie in seinen Armen zusammen. Ein Trick, um sich zu befreien. Um sie damit nicht durchkommen zu lassen, legte er ihr eine Hand um die Taille, umfasste mit der anderen ihre Schulter und hob sie hoch.

Dann stellte er bestürzt fest, dass sie ohnmächtig geworden war. Ihr Gesicht war aschfahl, und sie hatte die Lider geschlossen. Leise fluchend setzte er sie ab und drückte ihren Kopf zwischen ihre Knie.

Ihre Angst war also echt gewesen. Was, zum Teufel, ging hier vor? Impulsiv riss er ihr die Kappe hinunter, sodass ihr das lange Haar über die Schultern fiel. Es war dunkelbraun, mit von der Sonne aufgehellten Strähnen, und ganz weich. Sie war zu dünn. Aber auch ihre Haut war seidenweich.

Nach einer Weile bewegte Tess sich und murmelte etwas.

„Es tut mir leid“, entschuldigte Cade sich ruhig, obwohl er innerlich aufgewühlt war. „Eigentlich ist es nicht mein Stil, Frauen solche Angst einzujagen, dass sie ohnmächtig werden. Was halten Sie davon, wenn wir noch einmal von vorn anfangen? Ich soll Ihnen eine wichtige Nachricht übermitteln, aber das können wir auch hier draußen tun.“

Langsam hob Tess den Kopf, sodass ihr das Haar ins Gesicht fiel. Der Mann war immer noch da. Durch die Strähnen sah sie, dass er schwarzes Haar und graue Augen hatte. Seine Züge waren markant und geradezu beängstigend maskulin.

Er war ein Fremder. Nein, schlimmer, dachte sie erschauernd. Er war ihr Schicksal. Dunkel, gefährlich und geheimnisvoll.

Die aufsteigende Panik nahm ihr fast den Atem. Tess strich sich das Haar zurück. „Ich habe kein Geld, und ich nehme auch keine Drogen.“

„Ihre Augen“, sagte Cade Lorimer ausdruckslos. „Sie sind grün.“

Entgeistert sah sie ihn an. Dann versuchte sie ihn wegzuschieben. „Bei mir ist nichts zu holen. Cory ist schon lange tot. Können Sie mich nicht einfach in Ruhe lassen?“

Cade registrierte ihre Worte kaum. Er kannte nur einen einzigen Menschen mit solchen Augen. Sie hatten die Farbe regennasser Blätter im Frühling. Es war Del Lorimer.

Sie musste seine Enkelin sein. „Tragen Sie Kontaktlinsen?“, stieß Cade hervor. „Aus welcher Anstalt sind Sie denn ausgebrochen? Sie wollen mich ausrauben und stellen mir so eine Frage?“ „Antworten Sie einfach“, forderte er sie schroff auf. „Ihre Augen – sind sie wirklich grün?“

„Natürlich sind sie das. Was soll die Frage?“

„Es ist die einzig wichtige“, erwiderte er heftig. Sie war also keine Hochstaplerin. Er hatte völlig falschgelegen. Allerdings hatte er nicht vor, ihr zu sagen, warum ihre Augenfarbe eine so große Rolle spielte. „Ich bin kein Dieb“, fuhr er fort. „Und ich bin auch nicht geisteskrank. Drogen habe ich noch nie genommen – mein Leben ist aufregend genug.“ Er zögerte, bevor er unwillig hinzufügte: „Ich will Ihnen nichts wegnehmen, sondern etwas geben.“

„Ich will aber nichts haben“, entgegnete Tess eisig.

„Sie haben mich ja noch gar nicht angehört.“ Cade lächelte humorlos. „Wie wär’s, wenn wir erst mal aufstehen würden?“

Kurzerhand umfasste er ihren Ellbogen. Obwohl ihre Haut angenehm kühl war, ließ die Berührung heißes Verlangen in ihm aufsteigen. Oh nein, dachte er entsetzt. Nichts lag ihm ferner, als Dels Enkelin zu begehren.

Doch sobald er ihr aufhalf, wurde sein Körper wieder von Hitzewellen durchflutet. Sie war so zart und duftete wundervoll nach Lavendel. Da er sich aber zu beherrschen gelernt hatte, schaffte Cade es, sich nichts anmerken zu lassen.

Er zog seine Fleecejacke aus und hängte sie ihr um die Schultern. „Sie frieren“, stellte er fest. „Gehen Sie rein und ziehen Sie sich etwas Warmes an. Von mir aus können Sie auch den Sheriff anrufen. Ich kenne Dan schon seit Jahren. Er wird es Ihnen bestätigen. Dann können wir uns unterhalten.“

Tess schluckte. Sie traute dem besorgten Tonfall und dem bedauernden Ausdruck in Cade Lorimers grauen Augen nicht. Lorimer, dachte sie und erschauerte wieder. Wie hätte sie jemandem trauen sollen, der denselben Nachnamen wie ihr Vater hatte? „Ich rufe sofort bei der Polizei an“, sagte sie ausdruckslos. „Folgen Sie mir nicht ins Haus.“

Eine Möwe schrie am Himmel, während sie zur Hütte gingen. Nachdem Tess Ritchie die Tür hinter sich geschlossen hatte, hörte Cade, wie sie sie von innen verriegelte. Nervös begann er auf und ab zu gehen. Warum hatte sie nie Kontakt zu Del aufgenommen, wenn sie seine Enkelin war? Immerhin lebte sie seit fast einem Jahr hier. Außerdem hatte sie gelogen und behauptet, ihre Großeltern wären beide tot.

Warum brauchte sie so lange?

Schnell ging Cade zur Rückseite der Hütte und fragte sich, ob er auf den ältesten Trick der Welt hereingefallen und Tess durch die Hintertür geflohen war. Durch die Fenster mit Blick auf die kleine Holzveranda und das Meer sah er jedoch, wie sie mit dem Rücken zu ihm am Herd hantierte. Da er ihr nicht hinterherspionieren wollte, wandte er sich ab.

Kurz darauf wurde die Hintertür geöffnet. „Ich habe Kaffee gemacht“, verkündete Tess. „Sie haben genau sechzehn Minuten Zeit.“ „Haben Sie mit dem Sheriff telefoniert?“

Als sie nickte, zog Cade sich einen der billigen Plastikstühle heran und setzte sich. Nachdem sie ein Tablett auf den niedrigen Tisch gestellt hatte, schenkte sie ihnen Kaffee ein und schob ihm einen Teller mit Muffins hin. „Selbst gemacht?“, erkundigte er sich beiläufig.

„Es sind Blaubeermuffins. Die Beeren habe ich vor zwei Wochen gepflückt.“ Sie wechselte das Thema. „Ich wohne schon fast ein Jahr hier. Warum tauchen Sie ausgerechnet jetzt auf?“

„Vor einem Monat hatte mein Adoptivvater einen leichten Herzinfarkt. Es hat ihn in Panik versetzt, weil ihm zum ersten Mal bewusst geworden ist, dass auch er irgendwann sterben wird. Daraufhin hat er einen Privatdetektiv engagiert …“

„Einen Privatdetektiv?“

Wieder wirkte sie panisch und gab sich nicht einmal die Mühe, es zu verbergen. „Genau“, bestätigte er, wieder argwöhnisch geworden. „Er wollte wissen, wo Sie leben, und nach einer Weile hat der Detektiv Sie ausfindig gemacht. Sie müssen von Dels Existenz gewusst haben. Warum würden Sie sonst in seiner Nähe wohnen?“

Tess trank einen Schluck und atmete tief das Aroma der kolumbianischen Mischung ein. „Ich bin nach Malagash gezogen, weil man mir hier einen Job angeboten hat und ich das Meer liebe.“ Und weil es weit weg ist von Amsterdam, fügte sie im Stillen hinzu. „Warum hätte Cory mich anlügen sollen?“, meinte sie wütend. „Mein Großvater ist vor Jahren in New York gestorben, und kurz danach erlag meine Großmutter einer Lungenentzündung.“

„War Cory ein ehrlicher Mensch?“ Ihr Griff um den Henkel verstärkte sich. „Er hatte keinen Grund zu lügen.“ „Das hat er aber getan. Del lebt und möchte Sie unbedingt kennenlernen. Deswegen bin ich hier.“

Tess verschüttete ein wenig Kaffee. „Nein.“

„Sie haben mir noch nicht mal richtig zugehört.“

„Ich will ihn nicht treffen. Sagen Sie ihm das, und dann lassen Sie beide mich gefälligst in Ruhe.“

„Das reicht mir nicht.“

Nun errötete sie. „Vielleicht sollten Sie versuchen, es von meinem Standpunkt aus zu betrachten.“

Schweigend betrachtete Cade sie – ihre hohen Wangenknochen, die vollen sinnlichen Lippen und ihre leicht mandelförmigen Augen. Tess Ritchie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte.

Und es hatten schon viele attraktive Frauen seinen Weg gekreuzt – und sein Schlafzimmer betreten.

„Und was ist Ihr Standpunkt?“, hakte er kühl nach.

Unmerklich zögerte sie. „Ich habe meinen Vater nicht gemocht und ihm auch nicht vertraut“, erwiderte sie dann ruhig. „Deshalb möchte ich auch seinen Vater nicht kennenlernen, zumal dieser meine Existenz zweiundzwanzig Jahre lang geleugnet hat.“

Cade beugte sich vor. „Er hat Sie die ganze Zeit finanziell unterstützt. Oder haben Sie das vergessen?“

Tess lachte ungläubig. „Machen Sie Witze?“

„Es wurde jeden Monat Geld auf ein Schweizer Konto für Sie überwiesen.“

Abrupt stellte sie ihren Becher ab, sodass sie noch mehr Kaffee verschüttete. „Sie lügen. Ich habe nie einen Cent davon gesehen.“

„Oder lügen Sie?“, fragte er trügerisch sanft. „Schließlich ist noch viel mehr Geld zu holen.“

Jetzt sprang sie auf. „Wagen Sie es ja nicht, mich zu beleidigen! Ich will kein Geld von den Lorimers, und ich brauche es auch nicht.“

Cade erhob sich ebenfalls und ließ den Blick über die billigen Plastikmöbel und die rauen Holzbretter auf der Veranda schweifen. „Den Eindruck habe ich nicht.“

„Glauben Sie etwa, mit Geld könnte man alles kaufen?“, höhnte Tess. „Ich erlebe Ebbe und Flut, beobachte die Seevögel und das Wild. Hier bin ich frei. Ich kann selbst über mein Leben bestimmen und lerne endlich, glücklich zu sein. Und das wird mir niemand wegnehmen, auch nicht Del Lorimer.“

Als sie verstummte, bereute sie, so viel von sich preisgegeben zu haben, vor allem Cade Lorimer gegenüber. Der Mann wirkte in jeder Hinsicht gefährlich.

Er betrachtete sie wie ein Raubtier seine Beute. „Einer von uns lügt“, erklärte er. „Und ich bin es nicht.“

„Und warum wollen Sie mich unbedingt meinem Großvater vorstellen, wenn ich angeblich nur auf sein Geld aus bin?“, erkundigte Tess sich zuckersüß.

„Weil er mich darum gebeten hat.“

„Sie tanzen also nach seiner Pfeife? Natürlich, ich hatte ganz vergessen, dass er reich ist.“

Cade atmete scharf aus, während er sich fragte, ob er je einer Frau begegnet war, die ihm so unter die Haut ging. „Del hat mir eine glückliche Kindheit geschenkt und mich vieles gelehrt“, sagte er schroff. „Jetzt ist er alt und krank, und ich kann mich für all das revanchieren.“

„Das wollten Sie mir gar nicht erzählen, oder? Genauso wenig wie ich Ihnen einen Vortrag über Freiheit und Glück halten wollte.“

Damit traf sie ins Schwarze, und das machte ihn wütend. Er nahm seinen Becher und leerte ihn. „Ihr Kaffee schmeckt klasse, Tess Ritchie“, sagte er mit einem anzüglichen Lächeln. „Ich schlage Ihnen vor, dass Sie sich in der Mittagspause an den Computer setzen und im Internet über Lorimer Inc. und Del und mich recherchieren. Nach der Arbeit lade ich Sie zum Essen ein. Um halb sieben hole ich Sie hier ab, und dann unterhalten wir uns weiter.“

Tess zog ihre schön geschwungenen Brauen hoch. „Soll das ein Befehl sein?“

„Sie begreifen schnell.“

„Ich habe meine Fehler, aber ich bin nicht dumm.“

„Das habe ich auch nicht angenommen“, bemerkte Cade trocken.

„Gut. Dann verstehen Sie sicher auch, warum ich nicht mit Ihnen essen gehe. Leben Sie wohl, Mr. Lorimer. Es war … interessant.“

„Kommen Sie, Tess. Ihnen ist sicher klar, dass ich mich nicht so leicht abwimmeln lasse. Im schlimmsten Fall erwartet Sie ein kostenloses Abendessen in einem der besten Restaurants an der Küste.“ Wieder lächelte er. „Außerdem soll ich ein ganz netter Begleiter sein. So, müssen Sie nicht zur Arbeit? Ich möchte nicht, dass Sie zu spät kommen.“

„Ich …“

Cade wandte sich ab. Mit einem Schritt nahm er die beiden Stufen, verschwand um die Ecke und stieg in seinen Wagen. Erleichtert, weil er es geschafft hatte, Tess Ritchie nicht noch einmal zu berühren, ließ er den Motor an und gab Gas.

2. KAPITEL

Vorsichtig lenkte Cade den Maserati um die Schlaglöcher in der Auffahrt. Er kam fünfundzwanzig Minuten zu früh, was, wie er sich einzureden versuchte, nichts mit Tess und dem Wunsch, sie wiederzusehen, zu tun hatte.

Er stieg aus dem Wagen und klopfte an die Tür. Niemand öffnete. Nervös klopfte er wieder. War es naiv von ihm gewesen, zu glauben, dass sie auf ihn warten würde?

Als er den Knauf drehte, ging die Tür unerwartet auf, und er trat ein und schloss sie hinter sich. Aus den Boxen der Stereoanlage erklang Ella Fitzgerald, während in der Dusche das Wasser rauschte.

Tess war zu Hause. Sie war nicht weggelaufen.

Es bedeutete ihm mehr, als ihm lieb war.

Langsam ließ Cade den Blick durch den Raum schweifen. Über dem Stuhl hingen ein schwarzes Kleid, gleichfarbige Dessous und halterlose Strümpfe, die seinen Puls sofort schneller schlagen ließen. Schnell wandte er sich ab. Auf dem abgenutzten Holzfußboden lagen bunte Flickenteppiche, auf dem durchgesessenen Sofa ebensolche Kissen. Die selbst gebauten Regale waren mit Büchern vollgestopft. Alles war sehr sauber.

Es sieht nicht so aus, als hätte Tess je viel Geld gehabt, dachte Cade. Es machte sie noch empfänglicher für den Reichtum der Lorimers.

Inzwischen war der Song zu Ende gelaufen. Er ließ den Blick über die CDs im Regal schweifen und entdeckte dabei viele seiner ehemaligen Favoriten. Nachdem er einen davon ausgewählt hatte, öffnete er die Hülle.

In dem Moment wurde das Wasser in der Dusche abgedreht. Als Cade sich bückte, um auf die „Play“-Taste zu drücken, wurde hinter ihm eine Tür geöffnet, und er hörte das Geräusch nackter Füße auf den Dielen. Er drehte sich um.

Entsetzt schrie Tess auf und krallte die Finger in das Handtuch, das sie um sich geschlungen hatte. Ein zweites Tuch hatte sie sich wie einen Turban umgewickelt, was ihren schlanken Hals und ihre hohen Wangenknochen betonte. Von ihren Schultern perlten Tropfen, und ihre Beine wirkten endlos lang.

Heißes Verlangen flammte in ihm auf. Am liebsten hätte Cade hier und jetzt mit ihr geschlafen, ohne an die Folgen zu denken.

Aber das würde er nicht tun. Erstens war sie Dels Enkelin und damit tabu für ihn. Und zweitens, was noch wichtiger war, glaubte er nicht, dass sie so unschuldig war, wie sie tat. Es stand zu viel Geld auf dem Spiel.

„Sie sind früh dran“, erklärte Tess mit bebender Stimme.

„Ich habe geklopft. Die Tür war offen.“

„Normalerweise schließe ich nicht ab. Aber ich sollte es wohl tun, wenn Sie in der Nähe sind.“ „Tess …“, begann Cade heiser. „Bleiben Sie, wo Sie sind“, rief sie panikerfüllt. „Irgendwann – und zwar bald – werden Sie mir erzählen, warum ich Ihnen solche Angst mache“, sagte er. „Ich habe für neunzehn Uhr einen Tisch reserviert. Vielleicht sollten Sie sich jetzt anziehen. So bezaubernd Sie auch aussehen mögen, ein Handtuch wäre etwas unpassend.“

Ihr Herz pochte immer noch wie wild. Sicher, Cade Lorimer hatte sie erschreckt, doch es war nicht nur das. In dem grauen Anzug, zu dem er ein hellblaues Hemd und eine gleichfarbige Seidenkrawatte trug, sah er sehr schick und beunruhigend maskulin aus. Und sexy, was ihr überhaupt nicht behagte.

Schließlich war sie fast nackt.

Eine Aura der Macht umgab ihn, auch wenn es ihm womöglich gar nicht bewusst war. Und offenbar hatte er Geld. Und besaß Sex-Appeal.

Sie war nicht an Sex interessiert.

„Wenn Del Lorimer mein Großvater ist, sind Sie mein Onkel“, hörte Tess sich zu ihrem Entsetzen sagen. Erst fünf Minuten nachdem er sich am Morgen von ihr verabschiedet hatte, war ihr dies bewusst geworden.

„Ich bin Dels Adoptivsohn“, erinnerte Cade sie. „Und deshalb bin ich weder mit ihm noch mit Ihnen blutsverwandt.“ Zum Glück, wenn man bedenkt, wie meine Hormone verrücktspielen, dachte er.

Er war also nicht mit ihr verwandt. Aber auch nicht ihr Schicksal, sondern nur ein Fremder, der genau das für sie bleiben würde.

Da sie jedoch in einem Umfeld aufgewachsen war, in dem sie nichts und niemandem hatte trauen können, war sie immer bestrebt gewesen, ehrlich zu sich selbst zu sein. Und nun musste sie sich eingestehen, dass sie erleichtert über seine Worte war.

Aber es spielte keine Rolle, wer Cade war. Sie war schlichtweg nicht an Sex interessiert.

Dankbar dafür, dass er ihre Gedanken nicht lesen konnte, sagte sie scharf: „Falls ich wirklich die verschollene Enkelin sein sollte, haben Sie dann keine Angst davor, dass ich Sie ersetzen könnte?“

„Nein“, erwiderte Cade kühl und beobachtete, wie Tess die Lider senkte.

Dann blickte sie auf und funkelte ihn herausfordernd an. „Meine Sachen liegen auf dem Stuhl. Drehen Sie sich um.“

Widerstrebend gehorchte er. „Sind Sie mit meiner Musikwahl einverstanden?“

„Sie können hören, was Sie wollen“, antwortete sie verärgert. „Und ich trage kein Handtuch, wenn ich ausgehe, sondern ein Kleid. Das einzige, das ich besitze. Ihr Pech, wenn es Ihnen nicht gefällt.“

„Sie würden auch in einem Sack umwerfend aussehen.“

„Schmeicheln gehört wohl auch zu Ihrer Taktik.“ Tess nahm die Sachen vom Stuhl und hielt sie schützend vor sich.

Cade wurde wütend und wandte sich zu ihr um. „Sehen Sie doch in den Spiegel. Sie sind eine außergewöhnlich schöne Frau.“

Verblüfft blickte sie ihn an. „Ich bin viel zu dünn. Und mein Haar bräuchte dringend einen Schnitt.“

Sein jungenhaftes Lächeln nahm ihr den Atem. „Schlank, nicht dünn“, verbesserte er sie langsam. „Aber ansonsten haben Sie recht – ein neuer Haarschnitt würde Wunder wirken.“

„Ist das Ihre Taktik? Wenn Geld nicht verfängt, versuchen Sie es mit Sex?“ „Sie sind ja eine richtige Wildkatze. Sie fauchen und fahren die Krallen aus, wenn jemand Ihnen zu nahe kommt.“ „Und Sie sind wie ein Panther – geschmeidig und gefährlich“, konterte Tess, ohne zu überlegen. „Ach, wer schmeichelt jetzt?“, meinte Cade. „So, ziehen Sie sich lieber an, sonst kommen wir zu spät.“

Erst in diesem Moment wurde ihr bewusst, wie hungrig sie war. Hoch erhobenen Hauptes verließ Tess den Raum und knallte die Schlafzimmertür hinter sich zu. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie, sie hätte ein richtiges Kleid, ein Modell wie aus der Vogue, schlicht, aber raffiniert und sehr elegant.

Ärgerlich schaltete sie ihren Föhn ein. Das Haar konnte sie sich jetzt nicht mehr schneiden, aber dafür würde sie sich die Augen schminken. Um mir Mut zu machen, dachte sie, während sie die Bürste in die Hand nahm.

Denn hatte sie die Einladung nicht auch aus dem Grund angenommen, weil es feige gewesen wäre wegzulaufen?

Das hatte sie nämlich lange genug getan.

Cade hatte eine Mozart-CD eingelegt, als Tess sichtlich angespannt wieder das Wohnzimmer betrat. Fasziniert betrachtete er sie. Zu dem schlichten, aber sehr eleganten schwarzen Kleid und den Strümpfen, die er bereits auf dem Stuhl bemerkt hatte, trug sie gleichfarbige Perlenohrringe sowie Pumps mit hohen Absätzen. Das Haar hatte sie hochgesteckt und die Lippen mit einem verführerischen Rot betont. „Sie sehen atemberaubend aus.“

Autor

Sandra Field

Sandra Field hätte sich nicht träumen lassen, dass sie mal eine erfolgreiche Romance-Autorin sein würde, als sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin für Nahrungsmittelforschung tätig war.

Es begann damit, dass Sandra Fields Mann als Pfarrer zur Army ging und die beiden deshalb insgesamt drei Mal innerhalb von 18 Monaten umzogen. Endlich wurden...

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