Tiffany Hot & Sexy Band 41

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DIE QUINNS: MALCOLM von HOFFMANN, KATE
Wasser, Proviant, Schlafsack: Gut ausgerüstet tritt die Reporterin Amy einen Abenteuertrip durch Neuseeland an. Der größte Nervenkitzel dabei: Tourenführer Malcolm Quinn. Der will ihr zwar partout kein Interview geben, hat aber mehr Sex-Appeal im Gepäck, als erlaubt …

HEIßE NÄCHTE IN YUCATAN von HUNTER, SAMANTHA
Ein Bodyguard im Urlaub ist das Letzte, was TV-Köchin Ana Perez möchte! Selbst wenn er so verführerisch ist wie Chance Berringer. Aber weil ein Stalker sie verfolgt, besteht der Sender darauf. Und so werden ihre Nächte in Yucatan in jeder Hinsicht ausgesprochen gefährlich …

FALSCHE KOJE - RICHTIGER MANN! von BURNS, JILLIAN
Durch eine Verkupplungs-Intrige seiner Schwester findet Joe Tedesco sich auf einer Kreuzfahrt in der Karibik wieder. Und eine Verwechslung bringt ihn in die Kabine der eleganten New Yorkerin Carly. Dass er allerdings in ihrer Koje landet, ist ganz allein seine Schuld …

SCHLAFLOS BIS SEATTLE von MACALLISTER, HEATHER
Ein Wintersturm zerstört Zoeys Flugpläne. Wie soll sie jetzt von Chicago nach Seattle kommen? Mit einem Mietwagen, schlägt ihr sexy Flughafenflirt Cameron MacNeil vor. Und mit ihm! Eine riskante Reise durch Schnee und Kälte beginnt - und wird erstaunlich heiß …


  • Erscheinungstag 13.01.2015
  • Bandnummer 0041
  • ISBN / Artikelnummer 9783733750695
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kate Hoffmann, Samantha Hunter, Jilian Burns, Heather MacAllister

TIFFANY HOT & SEXY BAND 41

KATE HOFFMANN

Die Quinns: Malcom

Kein Sex während einer Expedition, lautet Malcolms Grundsatz! Bis er mit Amy Engalls einen Survival-Trip durch die atemberaubende Landschaft Neuseelands macht. Und jede Regel hat ihre Ausnahme – oder?

SAMANTHA HUNTER

Heiße Nächte in Yucatan

In Mexiko soll Bodyguard Chance die temperamentvolle TV-Köchin Ana Perez vor einem Stalker beschützen. Eigentlich genau seine Spezialität! Würde sein Verlangen nach Ana ihn nicht gefährlich ablenken …

JILIAN BURNS

Falsche Koje – richtiger Mann!

Sie, die Fashion-Bloggerin, und Joe, der Feuerwehrmann, haben wenig gemeinsam, glaubt Carly. Aber eine Kreuzfahrt durch die Karibik bringt sie zusammen. Und was in der Kabine passiert, passt exzellent …

HEATHER MACALLISTER

Schlaflos bis Seattle

Der Schneesturm fegt über die Straße – zum Glück muss Zoey nicht allein nach Seattle fahren! Zwar kennt sie Cameron erst ein paar Stunden, aber jede Berührung lässt das Feuer weiter auflodern …

PROLOG

Die Atmosphäre in dem kleinen Haus in Rotura war zum Zerreißen gespannt. Malcolm Quinn war zehn Jahre alt und seit er den sorgenvollen Blick seiner Mutter wahrgenommen hatte, versuchte er, seine jüngeren Geschwister abzulenken. Aber die siebenjährigen Zwillinge Rogan und Ryan spürten ebenfalls, dass etwas nicht stimmte. Nur die Jüngste, Dana, bekam mit ihren drei Jahren anscheinend nichts mit.

Ihr Vater, Maxwell Quinn, war am frühen Morgen mit einigen Sherpas vom Basislager aus aufgebrochen, um den Mount Everest zu besteigen. Es war sein vierter Aufstieg, und sollte er ihn erfolgreich absolvieren, wäre sein Score perfekt.

Max Quinn und sein Partner, Roger Innis, leiteten Expeditionen auf den Mount Everest schon beinahe so lange, wie Malcolm auf der Welt war. Vor ein paar Jahren hatten sie sich mit einer eigenen Agentur namens Outbound Adventure selbstständig gemacht – und seitdem war Max fast nie wieder zu Hause gewesen. Doch wann immer er es heim schaffte, wann immer er durch die Tür trat und seine Kinder sich auf ihn stürzen konnten, war ihr Familienleben für einen kurzen Moment perfekt. Dann wussten sie, dass es ihm gut ging – und momentan war diese Sicherheit erschüttert.

„Wie spät ist es?“, fragte Rogan.

Mal sah auf und lächelte seinem Bruder zu. „Keine Sorge. Sie haben vielleicht einfach zu viel zu tun, um anzurufen. Oder die Verbindung ist schlecht und sie kommen nicht durch – Satellitentelefone funktionieren nicht immer.“

„Aber es ist schon so spät“, sagte Ryan. „Bei Dad muss es ungefähr zehn Uhr abends sein, da sollte er doch längst wieder im Camp sein.“

„Das ist er bestimmt auch. Aber er hat ja auch viel zu regeln“, wiederholte Mal die Worte, mit denen seine Mutter ihn vor ein paar Minuten zu beruhigen versucht hatte. Er hoffte, dass sie bei seinen Brüdern besser wirkten als bei ihm.

Ryan rieb sich die Augen. „Und wenn etwas Schlimmes passiert ist?“

„Genau“, stimmte Rogan ein. „Vielleicht traut sich niemand, uns anzurufen.“

Mal schob die beiden in Richtung ihrer Betten. „Jetzt wird geschlafen. Wenn der Anruf kommt, wecke ich euch auf, versprochen.“

Zu seiner Erleichterung gingen die beiden ohne Widerstand ins Bett, und er konnte zu seiner Mutter in die Küche zurück. Lydie Quinn saß am Küchentisch und hielt die schlafende Dana in ihren Armen. Sie schien etwas zu summen, den gleichen Satz immer wieder, doch Mal konnte sie nicht verstehen.

„Mom?“

Sie starrte weiter geradeaus und wiegte sich im Takt der Melodie in ihrem Kopf.

„Mom, soll ich dir einen Tee aufsetzen?“

Mit einem Mal liefen seiner Mutter Tränen über die Wangen. Doch als er sie gerade in den Arm nehmen wollte, klingelte das Telefon.

„Geh nicht dran“, sagte sie.

„Aber ich –“

„Nicht.“ Sie schüttelte den Kopf und die Tränen rollten immer schneller über ihr Gesicht. Er hatte seine Mutter noch nie weinen sehen. Mal wusste nicht recht, was er tun sollte. Lydie hielt Dana fest umschlungen und wiegte sich hin und her.

Mal hob vorsichtig den Hörer ab. „Hallo?“

„Malcolm? Hier ist Roger, ich muss mit deiner Mutter sprechen.“

„Nein“, sagte Mal. „Du kannst mit mir sprechen.“

„Junge, hör auf mit diesen Spielchen und hol deine Mutter ans Telefon, es ist wichtig.“

„Sie möchte nicht mit dir sprechen. Sie kann es nicht, wir wissen, dass etwas nicht stimmt. Sag es mir einfach.“

Und während er dem Partner seines Vaters dabei zuhörte, wie er die Situation schilderte, wusste Mal, dass sein Leben – und das seiner Mutter und seiner Geschwister – nie wieder so sein würde, wie es mal war.

1. KAPITEL

Endlich wieder zu Hause.

Malcolm Quinn nahm seinen Mantel vom Rücksitz seines Range Rovers und warf ihn sich seufzend über die Schultern. Er hatte Grönland vor drei Tagen verlassen, nachdem er dort eine Expedition von Ost nach West, entlang des Arctic Circle Trails geleitet hatte. Sein Rückflug hatte ihn von Grönland über Island, Kopenhagen, Dubai und Sydney endlich wieder nach Auckland geführt. Die zweistündige Heimfahrt nach Raglan war der letzte Abschnitt seiner Reise gewesen, und nun, endlich zu Hause, konnte er sich zum ersten Mal seit Tagen wieder entspannen.

Er war erschöpft, über jedes Maß hinaus, doch es fühlte sich gut an – wie immer nach einer erfolgreichen Expedition. Seine Kunden waren begeistert, sie hatten mit ihm eine wunderbare Erfahrung gesammelt und die perfekte Abenteuerreise erlebt.

Wie angenehm es war, endlich nicht mehr in dicken Wintersachen herumlaufen zu müssen. Doch es war bereits Anfang April, in Nordeuropa begann jetzt der Frühling, aber hier in Neuseeland war der Winter im Kommen. Dennoch war das kein Vergleich zu den eisigen Temperaturen im hohen Norden.

Das Büro von Maximum Adrenaline war in einem kleinen weißen Häuschen an der Stadtgrenze untergebracht – ziemlich unspektakulär für ein Unternehmen, das auf Abenteuerreisen spezialisiert war. Das Haus hatte eine große Veranda mit wettergegerbten Stühlen darauf.

Mal schlug die Tür seines SUV zu und im gleichen Moment schoss Duffy auf ihn zu, der Familienhund. Dicht hinter ihm folgte seine kleine Schwester Dana. „Hey Duff, alles klar? Hey Dana.“

Vor lauter Aufregung wusste der schwarze Labrador nicht, wo er mit sich hinsollte, und als Mal sich zu ihm hinunterbeugte, riss der Hund ihn vor Freude zu Boden. Lachend gab Mal sich der überschwänglichen Begrüßung hin und rangelte ein wenig mit Duffy, bis er sich wieder aufsetzen durfte. Der Hund blieb auf seinem Schoß liegen – das war seine Art sicherzugehen, dass Mal auch an Ort und Stelle blieb.

„Wenn ich mich bewegen könnte“, sagte Mal zu seiner Schwester, „würde ich dich auch begrüßen.“

„Willkommen zu Hause“, sagte Dana. „Ich habe dich nicht vor morgen erwartet.“

„Ich habe einen früheren Flug bekommen und Martin kümmert sich um den Rücktransport unserer Ausrüstung. Man, es ist so schön, wieder zurück zu sein.“

Duffy vergrub seine Schnauze in Mals Halsbeuge. „Schluss jetzt, Duff“, sagte Mal und rappelte sich wieder auf.

„Du hast ihm gefehlt“, sagte Dana.

„So, wie du ihn bemutterst, hat er mit Sicherheit keinen Gedanken an mich verschwendet, seit ich weg bin.“

„Ich war jeden Tag mit ihm draußen, er hat in letzter Zeit sogar ein wenig abgenommen.“

Mal beugte sich zu Duffy hinunter und tätschelte ihn. „Ich brauche jetzt erst mal einen Drink und eine heiße Dusche. Danach fahre ich wieder in die Stadt – es ist viel zu lange her, dass ich es mir habe gut gehen lassen.“

Es war ein ungeschriebenes Gesetz in seinem Business, dass man nie etwas mit einem Expeditionsteilnehmer anfing – egal, wie attraktiv er oder sie auch sein mochten. Unterwegs hatte er im Grunde nur eine einzige Aufgabe: Seine Kunden heil wieder nach Hause zu bringen. Denn er trug die Verantwortung für seine Truppe, vor allem auf unwegsamem Gelände, und so war Sex auf diesen Touren eine Ablenkung, die er sich nicht leisten konnte. Außerdem war er auch ein wenig abergläubisch und wollte den Berggöttern gegenüber nicht respektlos sein.

Das bedeutete für Mal allerdings auch, dass er automatisch quasi zölibatär lebte, wenn er auf Tour ging. Doch sobald er wieder zu Hause in Raglan war, änderte sich das schlagartig. Raglan war ein sehr begehrter Surf-Spot, hier fanden sich immer gutaussehende Mädels, mit denen man unverbindlich Spaß haben konnte.

Mal und seine Brüder waren für ihr gutes Aussehen bekannt, und dennoch gab es auf der Nordinsel nicht viele Frauen, die sich langfristig für einen von ihnen interessierten. Denn wer wollte sich schon ernsthaft auf einen Mann einlassen, der gute zehn Monate im Jahr unterwegs war, egal, wie gut er im Bett auch sein mochte. Nicht, dass Mal darüber unglücklich gewesen wäre. Er hatte sich selbst auch noch nie für etwas Langfristiges interessiert, sein Leben war ziemlich perfekt, so wie es war. Und er war nicht bereit dazu, dieses Leben für eine Frau aufzugeben – egal, wie gut sie im Bett auch sein mochte.

Außerdem hatte er das Familienunternehmen zu leiten. Jede Minute, die er mit einer Frau verbrachte, fehlte ihm, um sich um neue Kunden zu kümmern, um Maximum Adrenaline bekannter zu machen und um neue Routen zu entwickeln, die er anbieten konnte.

„Irgendwelche Nachrichten für mich?“, fragte er seine Schwester, als er sich endlich von Duffy lösen konnte.

Während er auf die Haustür zusteuerte, blieb Dana wie erstarrt am Fuße der Verandatreppe stehen. Mal drehte sich zu ihr um und bemerkte erst jetzt ihren schmerzerfüllten Blick. Sein Magen drehte sich um und er zog scharf die Luft ein. Etwas musste passiert sein. „Was ist los?“

Ryan war mit einem australischen Filmteam im Himalaya und Roger in Alaska unterwegs – beide Trips hatten ihre Gefahren. Und dann waren da ja auch noch die circa hundert weiteren Guides, die über das Jahr hin für Maximum Adrenaline tätig waren. „Wer ist es?“

„Dad“, murmelte sie.

„Dad?“, wiederholte Mal ungläubig. Ihr Vater war in diesem Frühjahr seit zwanzig Jahren tot, gestorben irgendwo unterwegs zum Gipfel des Mount Everest.

Seine Schwester nickte und schien mit den Tränen zu kämpfen. „Sie haben seine Leiche gefunden.“

Mal stockte der Atem. „Wann?“

„Vor drei Wochen. Auf Gary Branbauers Tour. Die Schneedecke war dieses Jahr nicht so dick, beim Abstieg haben sie etwas Buntes im Schnee entdeckt. Das war er.“

„Woher wollen sie das wissen?“

„Sie haben ein Foto gemacht und die GPS-Daten durchgegeben, Roger Innis hat die Daten bestätigt. Die Medien sind wie verrückt seitdem.“

„Warum hast du mir denn nichts davon erzählt?“, fragte Mal ungläubig. Er und Dana hatten in den vergangenen drei Wochen mindestens vier oder fünfmal per Satellitentelefon miteinander kommuniziert. Und in den letzten zwei Tagen hätte ihn auch jede E-Mail erreicht.

„Ich wollte warten, bis du wieder hier bist. Roger und Ryan habe ich auch noch nichts erzählt – aber so, wie die Geschichte die Runde macht, wissen sie es wahrscheinlich auch schon, bevor ich es ihnen persönlich sagen kann.“

„Und Mom, weiß sie es?“

Dana nickte. „Ihr ist der Trubel etwas zu viel geworden. Die Medien wollen alle mit ihr sprechen, aber sie hat bisher jeden Kommentar verweigert. Sie wird das Wochenende bei mir verbringen.“

Dass die Medien sich auf die Geschichte stürzten wie die Geier, lag nahe. Maxwell Quinn war einer der berühmtesten Bergsteiger seiner Generation gewesen und gehörte Anfang der Neunziger zu dem kleinen Kreis derjenigen, die die Seven Summits, die sieben höchsten Gipfel der Welt, innerhalb eines Jahres bezwungen hatten. Roger Innis hatte die mediale Aufmerksamkeit nach dem Tod seines Partners genutzt und die Geschichte, dass Max angeblich bei der Rettung eines Expeditionsteilnehmers ums Leben gekommen war, geschickt zu Werbezwecken eingesetzt. Outbound Adventure war danach zu einer der führenden Outdoor-Agenturen geworden.

Erst im Nachhinein wurde offenbar, wie einseitig die geschäftlichen Vereinbarungen zwischen Max und Innis waren – und Lydie Quinn blieb nach dem Tod ihres Mannes quasi nichts von der Firma. Alles fiel an Innis, und dann stellte sich auch noch heraus, dass die Lebensversicherung, die Max über die Firma abgeschlossen hatte, seit Monaten von Innis nicht mehr bedient worden war. Lydie musste also ihr kleines Haus in Rotura verkaufen und mit ihren Kindern nach Auckland ziehen, wo sie bei Mals Großeltern unterkamen.

Die Kinder hatten das Erbe ihres Vaters jedoch nie vergessen können, und als sie alt genug waren, hatten sie ihre eigene Agentur gegründet und sie in Erinnerung an ihren Vater Max benannt – Maximum Adrenaline. Ihrer Mutter zuliebe hatte allerdings keiner von ihnen je den Everest bestiegen, was ihnen jedoch einen gewissen Nachteil auf dem Outdoor-Reisemarkt verschaffte. Vor allem verglichen mit Innis Agentur, die jede noch so riskante Tour anbot und dadurch große mediale Aufmerksamkeit bekam.

Die nun auch ihnen zuteil wurde, wie es schien.

Mal setzte sich auf die Stufen der Verandatreppe und fuhr sich nachdenklich mit den Fingern durchs Haar. „Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll.“

„Leider werden wir uns bald etwas einfallen lassen müssen. Wir müssen eine öffentliche Erklärung abgeben, irgendwann.“

„Alles klar. Der nächste, der Fragen stellt, soll mich auf dem Handy anrufen und ich regle das.“

„Da ist noch etwas“, murmelte Dana. „Innis will eine Expedition starten und Dads Überreste bergen.“

Mal fühlte sich, als hätte ihm jemand in den Bauch geboxt. Er konnte nicht atmen. „Was zur Hölle soll das? Was fällt ihm ein? Seinetwegen ist Dad tot – denkt er, dass er es wiedergutmachen kann, wenn er ihn jetzt rettet? Das wäre vor zwanzig Jahren sein Job gewesen.“

Damals waren nach und nach Gerüchte über Innis Rücksichtslosigkeit, die Sicherheit seiner Partner betreffend, aufgekommen. Es hieß, dass es letztlich seine Entscheidungen gewesen waren, die Max Quinn in den Tod getrieben hätten. Aber das waren nur Gerüchte; niemand außer Roger Innis und Mals Vater kannte die wahre Geschichte.

Dana umarmte Mal und lehnte den Kopf an seine Schulter. „Lass ihn reden“, sagte sie. „Du weißt doch, wie er ist – er macht aus allem ein Geschäft, wenn es ihm Aufmerksamkeit bringt. Erst letzten Monat war er mit seiner Antarktis-Expedition auf dem Titel vom High Adventure.“

„Auf dem Titel?“, stieß Mal wütend hervor. „Wie zur Hölle hat er das schon wieder geschafft?“

Mal versuchte seit Jahren, im High Adventure Magazin unterzukommen. Er war überzeugt davon, dass ihm eine Reportage in dem amerikanischen Hochglanzmagazin haufenweise neue Kunden einbringen könnte. „Ich wette, dass er sich mit dieser haarsträubenden Geschichte wieder eine Titelstory erhofft.“

„Vor kommendem Frühjahr kann er den Everest sowieso nicht besteigen, dann muss er sich noch um all die Papiere kümmern und so weiter – bis er soweit wäre, ist das Interesse längst verklungen.“

„Er will an Dads Tourenbuch ran“, knurrte Mal. „Innis weiß genau, dass er es immer bei sich getragen hat. Er fürchtet sich bestimmt vor dem, was darin steht. Immerhin hat es ihn Jahre gekostet, seine Weste nach der letzten Tour mit Dad wieder völlig rein zu waschen. Das wird er um nichts in der Welt gefährden.“

Das Telefon klingelte und Dana stand auf. „Wahrscheinlich wieder so ein Journalist.“

„Soll ich mich drum kümmern?“, fragte Mal.

„Nein, du bist doch eben erst angekommen. Entspann dich ein wenig, ich sage einfach, was ich seit drei Wochen sage: Kein Kommentar. Auch wenn sie das nur noch gieriger werden lässt.“ Sie warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. „Vielleicht sollten wir ein Interview geben, wir alle, mit Mom. Maximum Adrenaline könnte es nicht schaden – und Innis würde sich schwarz ärgern.“

„Vielleicht“, murmelte er.

„High Adventure hat übrigens auch schon dreimal angerufen in den letzten Tagen. Ich habe der Dame gesagt, dass du morgen wieder hier sein wirst – vielleicht solltest du mit ihr sprechen.“

Ein großer Artikel über ihren Vater und das Familienunternehmen könnte sie endlich aus Roger Innis’ langem Schatten heraustreten lassen. Vor allem, wenn sie sich zu einer eigenen Expedition aufmachten – und vielleicht war es an der Zeit, dass sie die Wahrheit über die verhängnisvolle letzte Tour ihres Vaters herausfanden.

Aber wollte er das denn? Es würde doch nichts ändern. Sein Vater wäre weiterhin tot. Und es würde seine Mutter dazu zwingen, alles noch mal zu durchleben. Außerdem hatte er ihr versprochen, dass weder er noch eines seiner Geschwister je den Everest besteigen würden. Es gab genug Gründe, um zu Hause zu bleiben.

Und dennoch konnte Mal sich der Frage nicht erwehren, ob die Wahrheit – die Wahrheit darüber, wie sein Vater ums Leben gekommen war – ihm und seiner Familie nicht dabei helfen könnte, einen Schlussstrich unter das Leiden der letzten zwanzig Jahre zu ziehen. Würde er die Antworten, die er suchte, im Tourenbuch seines Vaters finden? Hatte sein Vater dort vielleicht sogar Abschiedworte formuliert, bevor er in den Bergen zu Tode gekommen war? So viele Fragen.

„Ich werde Mom besuchen“, sagte Mal und stand auf. „Danach fahre ich nach Hause und hole die Dusche und den Drink nach.“

„Wolltest du nicht feiern gehen?“, fragte Dana und lächelte ihn an.

„Das muss vielleicht erst mal warten“, sagte Mal, ebenfalls lächelnd, und ging zu seinem Wagen zurück.

Er winkte seiner Schwester zu, die mit Duffy an ihrer Seite noch lange vor dem Haus stehen blieb. Mal versuchte, sein Leben relativ unkompliziert zu gestalten. Dass der wirtschaftliche Druck, der auf dem Familienunternehmen und ihm lastete, in letzter Zeit immer stärker geworden war, konnte er jedoch nicht ignorieren. Eigentlich blieb am Ende der Touren nie genug übrig. Beinahe jeden Monat musste er zusehen, überhaupt seine Miete zusammenzubekommen. Und wenn die Finanzen mal stimmten, investierte er das Geld direkt in neue Ausrüstung und Material für die Touren.

Er zog ein paar Scheine aus seiner Tasche. Es war das Trinkgeld, das er und die anderen Guides untereinander aufgeteilt hatten. Es war genug, um es sich einen Abend lang gut gehen zu lassen – den Rest würde er für offene Rechnungen beiseite legen müssen.

„Na hoffentlich wird das eine verdammt gute Nacht heute“, murmelte er. „Ich kann nämlich keinen einzigen Tag mehr wie ein Mönch leben.“

„Hey, Billy Finster! Ich brauche einen Drink – und zwar einen großen, ich bin unfassbar durstig!“

Die tiefe, männliche Stimme schallte durch den leeren Pub. Amy Engalls sah von ihrem Laptop auf und erblickte den großen Mann, der direkt auf den Tresen zuging. Er trug ein T-Shirt und ausgewaschene Jeans, seine Haare waren in frecher Unordnung, hinter seiner Fliegerbrille waren seine Augen nicht zu erkennen.

Er sah sich um und ließ seinen Blick einen Moment lang auf ihr ruhen. Amy hielt den Atem an. Konnte das Malcolm Quinn sein? Eigentlich sollte er nicht vor morgen zurück sein. Man hatte ihr erzählt, dass er und seine Brüder öfter hier waren, in Brawleys Pub, unweit seines Strandhauses. Deshalb war sie heute hier. Als er sich wegdrehte, holte sie schnell die Mappe mit ihren Rechercheunterlagen aus ihrer Tasche.

Während sie das schöne Gesicht auf dem Foto in ihrer Mappe mit dem Mann am Tresen verglich, atmete sie langsam wieder aus. Er war es.

Einen Sekundenbruchteil später kam der Barkeeper durch die Schwingtüren zur Küche hervor und bestätigte ihre Vermutung. „Mal Quinn, alter Hund, ich habe mich schon gefragt, wo du steckst. In welchem Erdteil hast du dich noch mal rumgetrieben?“

„Grönland“, sagte Mal und setzte sich auf einen der Barhocker.

Der Barkeeper zapfte ein großes Bier und stellte das Glas vor seinen Gast auf den Tresen. „Was zur Hölle gibt es denn in Grönland?“

Mal nahm die Sonnenbrille ab und legte sie auf den Tresen. „Viel Eis. Und Schnee. Und Kälte.“

„Und schöne Frauen?“

Mal lachte. „Ich habe keine gesehen. Es waren nur männliche Teilnehmer auf der Tour, keine Frau weit und breit.“

Billy nickte und schlug mit der flachen Hand auf seinen Tresen. „Und genau aus dem Grund wirst du mich nie da draußen finden. Ich halte es ohne Frauen einfach nicht aus – und sie ohne mich auch nicht.“

„Ohne deine Zigaretten und dein Bier machst du es eh nicht länger als einen Tag“, sagte Mal lachend. „Die harte Wildnis da draußen ist nichts für dich.“

Der Barkeeper runzelte die Stirn und tätschelte seinen eigenen Bauch. „Ich könnte schon in Form kommen und Bier und Zigaretten könnte ich auch ohne Weiteres aufgeben. Du könntest mir dann eine Frauengruppe zuteilen, die würde ich schon unterhalten.“

Amy hörte den beiden dabei zu, wie sie vertraut miteinander scherzten, und überlegte sich bereits, wie sie Mal beschreiben würde. Groß, stolz, gut trainiert. Er war schlank aber muskulös mit breiten Schultern. Sein dunkelbraunes Haar war etwas länger und durcheinander, mit ein paar sonnengebleichten Strähnen. Auf seinem gebräunten Gesicht lag der Schatten eines Bartes.

Ohne Frage war er einer der umwerfendsten Männer, die ihr je begegnet waren. Die Bilder, die sie vorliegen hatte, wurden der Wirklichkeit nicht annähernd gerecht und fingen nicht die Hälfte der Energie ein, die er ausstrahlte. Selbst während er mit seinem alten Freund herumalberte, wirkte er stark und irgendwie hochkonzentriert. Er war ganz offensichtlich ein Mann, der alles aus seinem Leben herausholte und den nichts aufhalten konnte. Der sich vor nichts fürchtete. Genau ihr Typ.

Sie war erstaunt von der Intensität, mit der sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Es lag nicht nur an seinem Aussehen – er berührte etwas, das viel tiefer in ihr lag. Vielleicht war es sein starkes Auftreten? In letzter Zeit hatte sie viel darüber nachgedacht, dass ihr selbst so oft der Mut fehlte. Ihr ganzes Leben lang war sie den Weg des geringsten Widerstands gegangen, noch nie hatte sie sich für etwas, das ihr wirklich am Herzen lag, mit aller Kraft eingesetzt.

Bis jetzt, hoffte sie. Denn sie war hier, um ihr Leben zu ändern. Und diese Gelegenheit würde sie sich nicht entgehen lassen, selbst wenn das bedeutete, dass sie diesen unglaublichen heißen Typen einfach ansprechen und eventuell sogar zu etwas drängen musste, das er gar nicht wollte.

Das Telefon am anderen Ende der Bar klingelte und Billy ging hinüber um abzuheben. Amy beobachtete Mal weiterhin von ihrem Tisch aus und grübelte, wie sie ihn am einfachsten ansprechen könnte. Sollte sie einfach die Initiative ergreifen, oder lieber bis morgen warten? Aber was, wenn sie morgen keine Gelegenheit mehr dazu bekäme?

Seit sechs Jahren war sie Journalistin beim High Adventure und es war langsam Zeit für ihren großen Durchbruch. Das Problem war, dass die großen Reportagen von richtigen Abenteurern geschrieben wurden, Leuten, die draußen in der Welt unterwegs waren, die gefährliche Touren wagten und dann ihre Geschichten auch noch brillant erzählen konnten. Sie hingegen war im Vergleich dazu nur ein kleines Mädchen – das allerdings ebenfalls brillant schreiben konnte. Und das zufällig die Tochter des Verlegers war.

Amy wollte eigentlich nie für ein Outdoor- und Abenteuer-Magazin schreiben. Sie wäre glücklich gewesen, wenn sie einfach für eine der vielen Frauenzeitschriften arbeiten könnte, die ihr Vater auch verlegte. Doch es war typisch für ihren Vater, ihr ein unmögliches Ziel zu stecken und zu verlangen, dass sie es erreichte – auch wenn er davon ausging, dass sie scheitern würde. So war es mit Richard Engalls schon immer gewesen. Er wollte, dass seine Kinder sich seiner wertvollen Aufmerksamkeit als würdig erwiesen. Ihr Bruder hatte einen Top-Abschluss gemacht und war selbst ein richtiger Abenteurer geworden. Aber Amy schien da anders gestrickt zu sein. Noch immer kämpfte sie Tag für Tag darum, von ihrem Vater wahrgenommen und wirklich anerkannt zu werden.

Darum war sie ja hier. Amy erkannte eine gute Story, wenn sie vor ihr lag. Und dass sie selbst noch keine großartigen Abenteuerreisen erlebt hatte, hieß doch nicht, dass sie nicht dennoch eine großartige Abenteuergeschichte schreiben konnte, oder? Sie würde ihrem Vater beweisen, dass sie das Zeug hatte, um auf dem Magazin-Markt erfolgreich zu sein. Sie hatte ihre Ersparnisse zusammengelegt und alles auf eine Karte gesetzt. Sie würde eine Reportage über die Quinn-Brüder schreiben. Die biografischen Daten hatte sie bereits zusammen und ausformuliert, hatte die Reisen der Brüder nachrecherchiert und schon hier und da kleinere Artikel über sie geschrieben. Eigentlich boten sie alles, wonach ihr Chefredakteur suchte: eine konfliktbeladene Vergangenheit, tiefe Gefühle, tolle Reiseziele und Abenteurer mit Charakter.

Ihr Chefredakteur hatte nur verächtlich geschnaubt, als sie ihm versicherte, dass sie ein Exklusivinterview bekommen, und dass ihr Vater ihre Expedition finanzieren würde. Aber hinter seiner schroffen Art hatte sie erkannt, dass er die Idee ziemlich gut fand, und dass er sie sich bei nächster Gelegenheit unter den Nagel reißen und ihrem Vater als seine Story unterbreiten würde. Amy war den beiden jedoch einen Schritt voraus. Sie hatte zwei Wochen Urlaub genommen, Mal Quinns Reisedaten online überprüft und war in den Flieger von New York nach Auckland gestiegen.

Sie nahm allen Mut zusammen, stand auf und ging zum Tresen. Sie wollte etwas bestellen, vielleicht würde sich dabei ja ein Gespräch mit Mal ergeben. Als sie beinahe schon neben ihm stand, klingelte sein Handy. Er fischte es aus seiner Tasche, stand auf und ging hinaus.

Amy stöhnte leise auf. Das war wieder typisch. Wenn sie eine Geschichte zu schreiben hatte, konnte sie das Beste aus der Story herausholen, sie richtig spannend werden lassen. Mit Wörtern konnte sie einfach so viel besser als mit Menschen – im Gespräch mit Fremden hatte sie sich noch nie besonders wohl gefühlt. Und schon wieder hatte sie eine Chance vertan, nur weil sie zu lange gezögert hatte. Was, wenn Mal Quinn nicht zurückkam? Schlimmer noch: Was, wenn er doch zurückkam?

Sich mit gut aussehenden heißen Fremden zu unterhalten gehörte nicht zu ihren Stärken. Ihr Herz begann in diesen Momenten immer zu rasen und normalerweise verlor sie dann auch noch ihr rationales Denkvermögen. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt schon Liebesbeziehungen gehabt hatte. Von denen bisher jedoch noch keine von besonderer Intensität oder Dauer gewesen war.

Billy, der Barkeeper, kam zurück an den Tresen und Amy setzte sich auf einen der Hocker.

„Was kann ich für dich tun?“, fragte er. „Noch eine Cola?“

„Ich – ich würde gern etwas essen. Kannst du mir was empfehlen?“

„Wir haben heute Muscheln mit Sahnesauce, Lachsauflauf und eine Krabbensuppe. Warmes Essen haben wir allerdings erst in einer halben Stunde. Ich könnte dir aber ein Sandwich anbieten oder schnell ein paar Pommes machen?“

„Ich nehme einfach eine Tüte Chips“, sagte Amy. „Und ein Bier, ein frisch gezapftes.“

Sie brauchte einen Drink, Cola würde ihr jetzt nicht weiterhelfen. Dann hörte sie, wie sich die Tür hinter ihrem Rücken öffnete. Sie wagte nicht, sich umzusehen, und versuchte, besonders locker zu wirken.

Billy stellte ein Bier und einen Korb mit Chips vor sie. „Das macht sechs Dollar.“

„Ich übernehme das.“

Amy erstarrte, als sie die Stimme hinter sich hörte. Langsam drehte sie sich um und ihre Blicke trafen sich. Verdammt, aus der Nähe war er noch viel heißer, als sie dachte. Er hatte etwas Wildes an sich, etwas Männliches. Aus der Nähe roch er bestimmt nach frischer Luft, Seife und Lagerfeuerrauch.

Amy wollte etwas sagen, ihr fehlte jedoch die Luft zum Sprechen. Hastig atmete sie ein und errötete, als er auf sie zukam. Oh ja, er roch wirklich gut.

Sollte sie seine Einladung einfach annehmen? Warum sah er sie so erstaunt an? „Ich – ich habe Geld“, stieß sie schließlich hervor.

„Ich auch“, sagte er und grinste. „Ich war einen Monat nicht hier und komme soeben mit den Taschen voller Trinkgeld zurück und möchte eine Runde schmeißen.“

„Es sind doch nur wir beide hier“, sagte sie.

Er beugte sich verschwörerisch lächelnd zu ihr. „Ich weiß. Ein perfekter Plan, oder?“

„Danke“, murmelte sie und stand mit Bier und Chips in beiden Händen auf. „Und willkommen zurück.“

Sie brauchte einen Moment, um sich zu sortieren, und ging rasch zu ihrem Tisch zurück. Ja, er war unfassbar gutaussehend und sehr charmant und dieses Lächeln konnte wirklich jede Frau zum Schmelzen bringen. Aber das bedeutete nicht, dass sie sich nicht dennoch wie eine Erwachsene benehmen konnte.

Amy versuchte, sich auf ihren Computerbildschirm zu konzentrieren und wagte keinen weiteren Blick zum Tresen. Was war sie nur für eine Journalistin? Klar, sie wusste genau, wie eine gute Story gestrickt sein musste – Himmel, eine richtig gute Story schrieb sie doch mit Links. Das Problem war nur, dass sie bisher meistens in Büros gearbeitet und selbst noch nie eine brandheiße Story in der echten Welt aufgespürt hatte. Es gab bestimmt eine ganze Menge Tricks, mit denen ein richtiger Top-Journalist die Leute dazu brachte, ihre tiefsten Geheimnisse preiszugeben. Sie war jedoch offensichtlich viel zu beschäftig damit gewesen, ihrem Chefredakteur und ihrem Vater die Quinn-Geschichte schmackhaft zu machen, als damit, sich zu überlegen, wie sie überhaupt an die Geschichte herankommen sollte.

„Und, was starrst du so konzentriert an? Scheint ja höchst interessant zu sein. Pornos?“

Amy erstarrte erneut, dann sah sie langsam auf. „Nein, keine Pornos. Ich arbeite hier – auf dem Arbeitscomputer kann man doch keine Pornos sehen.“

„Hältst du dich immer so streng an die Regeln?“

„Ich versuche es“, murmelte Amy. Mal schnappte sich einen Stuhl und setzte sich rittlings, die Arme entspannt auf die Lehne gelegt, ihr gegenüber. „Mach nur weiter, ich wollte dich nicht beim Arbeiten unterbrechen.“

Amys Herz schlug wild, während sie versuchte, sich tatsächlich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie hatte ihn doch genau da, wo sie ihn haben wollte – er saß gesprächsbereit vor ihr. Sie musste den Faden nur aufnehmen. „Danke für das Bier – und die Chips.“ Sie sah auf und bemerkte, dass er sie grinsend musterte. „Was ist?“

„Nichts“, antwortete Malcolm. „Ich genieße die Aussicht.“

„Wie?“, fragte sie verwirrt und realisierte erst dann, dass er sie gemeint haben musste. Sie wurde rot.

„Ich habe seit einem Monat keine schöne Frau mehr gesehen und wenn es in Ordnung für dich ist, würde ich gern einfach noch einen Moment lang hier sitzen und dich betrachten. Ich will dich auch wirklich nicht stören.“

Schön? Fand er sie wirklich schön? Sie war nicht unattraktiv, ja, aber schön? Sie fand sich selbst immer eher durchschnittlich.

„Du musst länger als einen Monat unterwegs gewesen sein, wenn du mich schön findest“, murmelte sie.

„Ach was, sag doch nicht so was. Du bist richtig hübsch.“

Sie ließ ihren Blick durch den leeren Pub wandern, bevor sie ihm wieder in die Augen sah. „Die Konkurrenz ist klein“, gab sie zurück.

„Nun, zufälligerweise kenne ich mich mit Schönheiten ziemlich gut aus. Ich habe ein paar der schönsten Flecken dieser Erde gesehen, glaub mir.“

„Danke“, sagte Amy. „Für die Chips und das Kompliment.“

„Ich heiße übrigens Mal Quinn“, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen.

„Nett, dich kennenzulernen“, antwortete Amy.

Sie schwiegen sich einen Moment lang an, während Amy überlegte, wie sie vorgehen sollte. „Ich heiße Amy Engalls, ich bin Reporterin beim High Adventure Magazin und hergekommen, um dich zu interviewen.“

Schnell packte sie seine Hand und schüttelte sie, dann hielt sie sie weiterhin fest, als wollte sie ihn daran hindern, wegzulaufen.

Er musterte sie schweigend und überlegte. „Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet.“ Mal stand langsam auf. „Ich nehme an, du brauchst ein gutes Zitat? Kurz und schmerzlos: Kein Kommentar.“

Er befreite seine Hand aus ihrer und ging zum Tresen. Amy beeilte sich, ihm zu folgen. „Warte, es tut mir leid. Lass es mich erklären.“

„Das ist nicht nötig“, murmelte er. „Billy, nett dich wiederzusehen“, sagte er dann lauter.

Der Barkeeper blickte die beiden erstaunt an. „Du gehst schon?“

„Ja, ist mir zu wenig los hier um die Zeit. Ich komme später noch mal wieder.“ Er stellte sein Glas auf den Tresen und ging.

Amy sah Billy an und seufzte. „Tut mir leid“, rief sie Mal hinterher.

„Was zur Hölle hast du denn zu ihm gesagt?“, fragte Billy.

„Kein Kommentar.“ Sie packte hastig ihre Sachen zusammen und hoffte, ihn vielleicht doch noch zu erwischen. Denn kampflos wollte Amy ihre Top-Story auf gar keinen Fall aufgeben.

Fluchend stürmte Mal aus dem Pub. Ihm war nach dem Gespräch mit Dana klar, dass er mit dem medialen Interesse an seiner Familiengeschichte umgehen musste – nur hatte er irgendwie nicht erwartet, dass es schon an diesem Abend losgehen würde. Was zur Hölle suchte diese Reporterin hier bei ihm zu Hause? Das Interesse war offenbar noch viel größer als erwartet.

Und wie zur Hölle sollte er damit umgehen? Seine Familie und er versuchten seit beinahe zwanzig Jahren, ihren Verlust zu bewältigen, und dennoch war der Schmerz nie wirklich geringer geworden. Noch immer überkam jeden von ihnen dann und wann der Gedanke an alle möglichen Szenarien, wie der letzte Tag und wie die letzten Minuten im Leben von Max Quinn ausgesehen haben mochten. Und wie alles hätte anders verlaufen können.

Wie wäre es wohl gewesen, mit einem Vater aufzuwachsen? Seine Kindheit war nicht schlecht verlaufen, eigentlich, aber dieser immense Verlust hatte permanent seinen Schatten über alles geworfen. Wie nur würde er dieses Gefühl einem Fremden erklären können? Es ging doch nicht nur um irgendeine eingefrorene Leiche auf dem Mount Everest – es ging um seinen Vater.

„Mr Quinn!“

Er drehte sich um und sah die Reporterin, die hinter ihm her eilte. Doch noch bevor er etwas sagen konnte, stolperte sie über einen Vorsprung im Boden und schlug lang vor ihm hin. „Verdammt noch mal“, murmelte er, während er mit einem Satz bei ihr war und sich neben sie kniete.

Sie rappelte sich schon wieder auf, doch ihre Knie waren aufgeschlagen und bluteten.

„Alles in Ordnung? Bist du mit dem Kopf aufgeschlagen?“

Sie fasste sich an die Stirn und schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube nicht.“

„Tun dir nur die Knie weh oder hast du dich sonst irgendwo verletzt?“

„Nur meinen Stolz“, sagte sie und zuckte zusammen, als er ihr Bein berührte.

Er sah ihr in die Augen und seine Wut auf sie legte sich etwas. Sie machte doch nur ihren Job, er hätte nicht so hart mit ihr sein müssen. „Kannst du aufstehen?“

Sie nickte und er nahm sie bei der Hand und half ihr auf. „Danke.“

„Wie heißt du noch gleich?“

„Amy Engalls.“

„Amy Engalls vom High Adventure?“, fragte Mal. „Irgendeine Verbindung zu dem Verleger Richard Engalls?“

„Er ist mein Vater.“

„Aha. Dann ist David Engalls wohl dein Bruder?“

„Ja?“, sagte sie und sah ihn etwas verwirrt an.

Richard Engalls hatte sein Medienimperium zum Teil auch dafür aufgebaut, seiner Abenteuerlust nachzugehen – und diese vor allem finanzieren zu können. Er hatte die Erde in einem Ballon umkreist, hatte versucht, über den Atlantik zu rudern und hatte alle sieben höchsten Gipfel der Welt bestiegen. Er hatte außerdem schon diverse Expeditionen finanziert und war nach der National Geographic Society die Adresse, an die man sich für größere Finanzierungen wenden musste. David Engalls, dem Mal inzwischen schon bei ein paar Reisen begegnet war, war eine jüngere Version seines Vaters und Profi darin, dessen Millionen für die abgefahrensten und exotischsten Abenteuer rauszuwerfen. Mal hielt ihn geradeheraus für ein Arschloch – ein sehr, sehr reiches Arschloch. Dass zum Engalls-Konzern noch eine Tochter gehörte, hatte Mal nicht gewusst.

Er strich ihr unbewusst etwas Staub vom Rock und bemerkte erst, als seine Hand über ihren Po wanderte, dass er gerade seine Hand über ihren Po wandern ließ. Ein sehr schöner Po, wie er zugeben musste, so wie sie überhaupt ziemlich attraktiv war. Abgesehen von ihrem Beruf. „Komm, wir sehen uns deine Knie mal genauer an. Ich wohne nicht weit von hier und habe Desinfektionsmittel und Pflaster.“

„Es geht mir gut“, sagte sie.

„Wenn ich du wäre, Amy Engalls, würde ich mein Angebot annehmen. Während ich dein Knie verbinde, könntest du ja versuchen, mir ein Statement für die Medien zu entlocken.“

Sie musste lächeln und er war erstaunt darüber, wie gut ihm der Anblick gefiel. „Na gut.“

Er sammelte ihre Tasche mit dem Laptop auf und half ihr dann zu seinem Range Rover. Sie setzte sich auf den Beifahrersitz und Mal eilte um den Wagen herum, stieg ein und fuhr los.

Unterwegs warf er einen unauffälligen Blick auf die junge Frau, die er mit einem Mal in seinem Auto sitzen hatte. Sie war hübsch. Keine aufgetakelte Sexbombe, eher der Typ hübsches Mädchen von nebenan. Ihr helles Haar fiel in üppigen Wellen um ihr Gesicht und betonte die Farbe ihrer Augen, eine anziehende Mischung aus Grün und Blau. Ihre Züge waren ebenmäßig und boten ihm einen Anblick, den er gern länger genießen wollte.

Sie war schlank, aber ihre Figur zugleich auch sehr weiblich. Von ihrer Familie her, die ja sehr viel Outdoor-Sport betrieb, hätte er eher erwartet, dass sie sehnig sein müsste. Eine Frau, die sich mit einer Hand an einem Felsvorsprung festhalten konnte. Stattdessen wirkte sie zart und feminin, was er trotz ihrer unauffälligen Kleidung bemerkte.

„Erzähl mal, Amy Engalls, teilst du die Vorliebe deiner Familie für Abenteuer jeglicher Art?“

„Oh ja“, antwortete sie.

„Und über welchen Berg bist du zuletzt gestolpert?“

Sie lachte leise. „Sehr komisch. Ich bin nicht so tollpatschig, wie du vielleicht denkst. Ich habe jahrelang intensiv Ballett getanzt – nur daran, jemandem hinterherzurennen, bin ich nicht gewöhnt.“

„Jetzt bin ich schuld?“

„Nein, ich wollte es nur gesagt haben.“

„Dass du Balletttänzerin bist?“, fragte er schmunzelnd.

„Nein“, sie lächelte. „Eigentlich wollte ich dir nur erklären, dass ich dich interviewen möchte.“

„Du hast mich gerade ganz für dich allein. Schieß los.“

Sie schwieg einen Moment lang und dachte nach, während Mal sich überlegte, was sie wohl fragen würde. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann.“

„Was?“

„In deinem Privatleben herumschnüffeln.“

„Ein wirklich guter Jäger bist du nicht und wenn du nicht herumschnüffelst, wirst du auch als Reporterin nicht wirklich weit kommen, fürchte ich.“

Sie richtete sich auf. „Alles klar. Erzähl mir, wie du dich gefühlt hast, als sie deinen Vater gefunden haben.“

„Den Körper meines Vaters“, ergänzte er. Mal hätte ihr genau sagen können, wie er sich gefühlt hatte. Doch er war sich nicht sicher, ob das das Thema ihres Gesprächs sein sollte. Seit dem Tod seines Vaters hatten er und seine gesamte Familie sich eine raue Schale zugelegt. Jedem, der sie danach befragte, sagten sie, dass Max Quinn gestorben war, während er tat, was er liebte. Und dass doch niemand wisse, wann seine Zeit um sei. Dass jeder schon morgen vom Bus überfahren werden könnte.

Doch was hatte ihm diese kühle Haltung je gebracht?

Mal sah zu ihr hinüber. „Ich war … verblüfft“, sagte er dann leise.

„Es muss viele Erinnerungen wachgerufen haben.“

„Ich habe nie aufgehört, an ihn zu denken“, gab Mal zu.

Tatsächlich dachte Mal manchmal, dass er nie aus dem Schatten seines Vaters würde heraustreten können. Max Quinn war eine Legende, ein Mann, vom dem jeder gedacht hatte, dass er unsterblich sei. Er war der Mann, der ohne Weiteres jeden Gipfel dieser Erde besteigen konnte – mit einem Lächeln im Gesicht.

Die Abenteurer dieser Welt hatten angenommen, dass Mal wie sein Vater werden würde, kein Risiko scheuen und jeglichen Gefahren ins Gesicht lachen würde. Doch Mal war klar, dass seine Familie einen weiteren Verlust nicht verkraften könnte – so gern er auch wie sein Vater geworden wäre. Ja, theoretisch war er in die Fußstapfen von Max Quinn getreten. Doch ob sein Vater stolz auf das wäre, was er tat, wusste er nicht.

„Es ist schon so lange her“, sagte sie.

„Ich war zehn, als er starb. Meine Geschwister erinnern sich nicht so gut wie ich.“

„Er war nur sechs Jahre älter als du jetzt, als er starb.“

„Sechsunddreißig“, murmelte Mal. Verdammt, sie hatte recht. Und was sein Vater schon alles erreicht hatte, bis dahin … Er hatte ein erfolgreiches Unternehmen gegründet, fünfmal den Mount Everest bezwungen und eine Familie gegründet. Was hingegen konnte Mal bisher aufweisen?

Während sie in die Einfahrt zu Mals Haus einbogen, dachte er daran, wie viel noch vor seinem Vater gelegen hatte. Ob er zuletzt wohl voller Reue gewesen war? Oder irgendwie glücklich darüber, so viel erreicht und immer das getan zu haben, was er liebte?

Mal stoppte den Wagen, zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und legte seine Hände auf das Lenkrad. „Manche sagen, dass er ein egoistischer Mann war. Dass er die Kletterei spätestens dann hätte aufgeben müssen, als er geheiratet und eine Familie gegründet hatte. Was meinst du?“, fragte Mal.

„Ich glaube, dass manche Menschen einem inneren Drang folgen und immer weiter und höher hinaus müssen – und dass andere zufrieden sind, mit dem, was sie haben.“

„Und ich, zu welcher Sorte gehöre ich?“

„Das weiß ich nicht“, sagte Amy. „Ich kenne dich doch erst seit ein paar Minuten.“ Sie schwieg einen Moment. „Das war eine rhetorische Frage, oder?“, sagte sie dann.

„Vielleicht auch nicht“, antwortete Mal und stieg aus seinem Wagen. „Wenn du eine Antwort hast, lass es mich wissen.“

Er half Amy aus dem Auto, schnappte sich die Überreste ihres Computers, und half ihr langsam zu dem Schaukelstuhl, der auf der breiten Veranda seines Hauses stand.

Er öffnete die Fliegengittertür und ging hinein. Er wusste eigentlich, dass diese Journalisten alle gleich waren und immer der nächsten Story hinterherjagten, die Menschen dahinter waren ihnen ganz egal. Er erinnerte sich noch zu gut an die Tage nach dem Tod seines Vaters, als sie von den Medien belagert wurden – alle wollten ein Foto seiner trauernden Mutter mit ihren armen Kindern. Lydie Quinn war damals so wütend gewesen, dass sie beschloss, ihr Haus mit ihren Kindern nicht mehr zu verlassen. Freunde und Verwandte hatten sie dann in der ersten Zeit mit Lebensmitteln versorgt. Mal wusste also eigentlich, dass er Amy nicht trauen durfte.

Ja, sie war eine Reporterin – aber zugleich war sie auch ziemlich attraktiv. Und irgendwie wirkte sie auf ihn nicht wie ihre knallharten, rücksichtslosen Kollegen. Sie war … süß. Und verdammt sexy.

„Pass bloß auf, Mal“, sagte er leise zu sich lebst und durchsuchte seinen Erste-Hilfe-Kasten.

Als er zu Amy zurückkam, inspizierte diese gerade ihre Knie. „Es ist gar nicht so schlimm“, sagte sie.

Er kniete sich vor sie und sprühte ein Desinfektionsmittel auf ihre Knie, wobei sie zusammenzuckte. Mal beugte sich vor und pustete sanft über ihre Wunden. „Besser?“

„Mhm“, murmelte sie nickend.

Vorsichtig verband er ihre Knie und ließ seine Hände dann langsam hinab zu ihren Knöcheln wandern. Wie schön ihre Beine waren – schlank und wohlgeformt. Er konnte nicht anders und streichelte noch einmal sanft über ihre Waden nach oben zum Knie. Das Gefühl ihrer zarten Haut unter seinen Fingern war der pure Genuss.

Als er sie scharf einatmen hörte, sah er zu ihr auf und bemerkte, dass sie ihn mit weit aufgerissenen Augen ungläubig musterte. „Alles okay mit deinen Beinen“, sagte er grinsend. „Ich könnte jetzt einen Drink gebrauchen, du auch?“

„Auf jeden Fall“, sagte sie. „Wasser wäre gut. Oder eine Cola.“

„Ich dachte eigentlich an etwas Stärkeres. Whiskey, vielleicht?“

„Okay, Whiskey.“

Mal stand auf, den Blick immer noch auf sie gerichtet. Er sollte sie jetzt einfach küssen – denn Mal war noch nie der Typ gewesen, der mit seinen Wünschen hinterm Berg hielt. Wenn er eine Frau wollte, zeigte er ihr das normalerweise ziemlich direkt. Was hielt ihn diesmal zurück? Sie waren beide erwachsen und willig – er zumindest.

Mal fluchte innerlich. Was, wenn sie ihm etwas vorspielte, nur um an ihre Story zu kommen? Er konnte sehen, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Aber vielleicht war sie auch einfach nur ein knallharter Profi? „Ich kümmere mich um die Drinks“, sagte er und verschwand ins Haus.

2. KAPITEL

Amy stand auf und ging langsam ans andere Ende der Veranda, wo sie sich an das Geländer lehnte und den Blick über das Wasser schweifen ließ. Die Sonne würde bald untergehen und alles war in warme Rot- und Orangetöne getaucht.

Das hier muss das Paradies sein, dachte sie. Auch wenn das Cottage – oder das Häuschen, wie er es nannte – klein war, könnte die Lage gar nicht perfekter sein. Aber vielleicht bemerkte Mal das gar nicht mehr – vielleicht war er atemberaubende Ausblicke einfach schon gewöhnt.

Sie dachte daran, was er in der Bar zu ihr gesagt hatte. Mal Quinn fand sie hübsch! Was hatte das zu bedeuten? Es fühlte sich gut an und irgendwie war sie seitdem von einer tief in ihre brodelnden Vorfreude erfüllt, als würde sie etwas erwarten, von dem sie sich nicht ganz sicher war, ob sie es wirklich wollte.

Denn seine Intentionen waren ihr völlig klar, es lag auf der Hand, was Mal wollte. Die letzten Monate hatte er mit einer Gruppe Typen im Eis verbracht. Er hatte ihre Wade gestreichelt und jetzt machte er Drinks für sie beide.

Doch Amy war klar, dass es ein absolutes No-Go war, mit dem Protagonisten ihrer Story zu schlafen. Was zur Hölle war denn so schwer daran, professionelle Objektivität zu bewahren? Wenn sie ihm in ihrer Fantasie nur nicht permanent die Kleider vom Leib reißen würde …

Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Die Männer ihrer Vergangenheit tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Allesamt ganz normale Typen: ein Steuerberater, ein Anwalt und der Inhaber eines Buchladens. Keiner von diesen Jungs kraxelte auf irgendwelchen Gipfeln herum, um sein Geld zu verdienen. Sie gingen ja noch nicht einmal vor die Tür, sobald es auch nur leicht regnete.

Dass Mal Quinn ein leidenschaftlicher Mann war, spürte sie in seiner Gegenwart wie kaum etwas anderes. Jemand, der sein Leben so wie er dicht am Limit führte, würde wahrscheinlich auch im Bett immer bis zum Äußersten gehen. Ein wohliger Schauer lief ihr über den Rücken, als ihr bewusst wurde, dass sie nur eine Wand von seinem Bett trennte. Von ihm und ihr in seinem Bett.

Die Tür öffnete sich und Mal kam mit einer Whiskeyflasche und zwei Gläsern zurück auf die Veranda. Er reichte ihr eines und goss ein, dann füllte er auch das zweite Glas für sich und setzte sich in den Stuhl neben ihr.

Schweigend betrachteten beide den atemberaubend schönen Sonnenuntergang. Amy wagte nicht, etwas zu sagen. Sie spürte, dass er darüber nachdachte, dass sie ihn interviewen wollte. Oder dachte er über etwas ganz anderes nach? Vielleicht riss er ihr ja in seinen Gedanken ebenso die Kleider vom Leib?

Amy seufzte leise. Sie verbrachte leider nicht annähernd so viel Zeit im Fitnessstudio, wie sie es gern würde. Und er war sicherlich an Frauen gewöhnt, die Free-Climbing-Profis waren oder völlig unangestrengt zum Südpol wandern konnten. Sie hingegen schaffte es manchmal beinahe nicht von der U-Bahn zu ihrem Büro, ohne aus der Puste zu geraten.

„Es ist wunderschön hier“, sagte sie dann. „Alles ist so wild. So ungezügelt, unverbraucht.“

„Ich werde dir keine Story liefern“, sagte Mal. „Ich kann es nicht.“

„Irgendjemand wird sowieso darüber schreiben“, antwortete sie vorsichtig. „Wenn du dich mit mir zusammentust, hast du die gesamte Story in der Hand. Du bestimmst, was rausgeht und was nicht.“

Mal schüttelte den Kopf. „Meine Mutter hat ein Jahr gebraucht, um nicht mehr täglich in Tränen auszubrechen. Ich werde nichts tun, was sie an diese Zeit erinnern könnte. Du kannst schreiben, was du willst. Aber ohne mich und ohne meine Familie.“

„Ohne dich gibt es keine Story“, flüsterte Amy.

„Du wirst nichts schreiben?“

Amy schüttelte den Kopf. „Ich weiß, was eine gute Reportage ausmacht. Das hier würde nicht gut werden. Ich wollte über deinen Vater schreiben und die Folgen, die sein tragischer Tod mit sich gebracht hat.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich verstehe natürlich, dass das hart für dich ist.“

Amy sah den Schmerz in Mals Blick. Seine Gefühle lagen noch immer bloß, die Wunden waren auch nach zwanzig Jahren nicht geheilt. Sie war sich so sicher wie noch nie, dass sie die Geschichte um seinen Vater auf die richtige Weise erzählen konnte – ohne Sensationsgier, allein dem Menschen Max Quinn gewidmet. Aber wenn Mal nicht mitmachte, was sollte es dann?

Amy stand auf. „Ich sollte besser aufbrechen. Ich bin schon viel zu lange von meinem Schreibtisch weg. Die Arbeit wird sich inzwischen türmen.“

„Ist das hier nicht deine Arbeit?“

Warum sollte sie ihm ihre Pläne noch verschweigen? „Ich hatte gehofft, dass ich, wenn ich diese Story erstmal geschrieben hätte, meinen Vater davon überzeugen könnte, dass er eine Mount-Everest-Expedition mit dir und deinen Brüdern finanziert.“

Er sog scharf die Luft ein, dann sah er weg. Er trank seinen Whiskey in einem großen Zug aus und schwieg eine ganze Weile lang. Amy fragte sich, was wohl in seinem Kopf vor sich ging. „Ich dachte an eine ganze Reihe: Porträts von euch allen, dann eine Dokumentation eurer Vorbereitungen für die Besteigung, und dann eine Story über die Expedition an sich. Ich habe mir vorgestellt, quasi eine historische Perspektive darauf zu werfen, inwiefern sich Everest-Expeditionen in den vergangenen zwanzig Jahren verändert haben.“

„Da hast du aber einiges vor“, sagte er.

„Das habe ich“, gab sie zu.

Ob sie oder vielmehr die Aussicht auf eine komplett finanzierte Everest-Expedition, ihn vielleicht doch noch umstimmen könnte? Amy wusste, dass sie ehrlich sein und ihm sagen sollte, dass noch niemand von ihren Everest-Plänen wusste. Am wenigsten ihr Vater. Aber sie wollte diese Story unbedingt und wusste, dass sie nur diese eine Chance hatte.

„Ich kann trotzdem nicht mitmachen.“

Frust wallte in ihr auf. Er hatte sie also nur hierhergebracht, um sie betrunken zu machen. „Dann muss ich jetzt wohl los.“ Sie stieg die Verandastufen hinab. Erst da fiel ihr wieder ein, dass ihr Wagen noch im Ort stand. Und dass sie den Weg zurück zum Hotel sowieso nicht recht wusste.

„Komm schon“, sagte Mal. „Lass mich dich wenigstens zum Essen einladen, du bist immerhin extra nach Neuseeland gereist.“

„Du hast schon mein Bier in der Bar bezahlt. Alles gut.“

Mal sprang die Stufen herab und nahm ihre Hand. Seine Berührung ließ sie erschauern und die plötzliche Nähe seines Körpers ließ sie für einen kurzen Moment vergessen zu atmen.

Sie wünschte sich, dass er sie küsste. Dann hätte sich die Reise wenigstens für diese Erinnerung gelohnt. Und immerhin war es ihr ja auch darum gegangen, ihren Erfahrungshorizont zu erweitern.

„Kann ich dich ausführen?“, fragte er. „Ich verspreche dir, du wirst eine Menge Spaß mit mir haben.“

Sie konnte nichts gegen das Lächeln tun, das sich auf ihrem Gesicht breitmachte. Wenn er auch nur ansatzweise ahnte, an was sie bei seinen Worten denken musste, hätte er dieses Versprechen wohl nicht so leichtfertig gemacht. Oder doch?

Ihr Blick fiel auf ihre Hände, die immer noch miteinander verflochten waren, und ihr war klar, was sie tun musste. Wenn sie schon nicht die Story ihres Lebens kriegen würde, dann ja wohl wenigstens eine unvergessliche Nacht mit diesem unglaublichen Mann.

„Na gut“, sagte sie. „Ich habe Hunger.“

Mal drückte kurz ihre Hand und half ihr dann in seinen Wagen. Amy sah ihm dabei zu, wie er zur Fahrertür ging. Er bewegte sich so geschmeidig. Wie würde er sich wohl anfühlen?

Als er sich hinters Steuer setzte, versuchte sie, ihre letzten Gedanken beiseite zu schieben. Gut, er hatte ihre Wade berührt und ihre Hand gedrückt. Das bedeutete doch aber nicht, dass er sie deshalb auch automatisch verführen und in sein Bett bekommen wollte – ihre Fantasie musste mit ihr durchgegangen sein. Es gehörte zu seinem Job, charmant und zuvorkommend zu sein. Sie würden nett zusammen essen, das war’s.

Worüber sollte sie sich bloß mit ihm unterhalten? Jetzt, wo es nicht mehr um einen Artikel ging, wollte sie nicht zu tief in seiner Vergangenheit graben und es ihm noch schwerer machen. „Surfst du?“

„Ja“, sagte er. „Nach dem Tod meines Vaters sind wir von der südlichen Insel hierhergezogen, die Eltern meiner Mutter wohnten hier, sie haben ein kleines Restaurant betrieben.“

„Lebt ihr denn alle noch hier?“

„Meine Großeltern wohnen inzwischen in der Nähe von Auckland. Diese Hütte gehörte ihnen, sie haben Zimmer an Surfer vermietet. Jetzt wohne ich hier mit meinen Brüdern, auch wenn wir selten alle zur selben Zeit hier sind. Meine Schwester wohnt in einer WG mit ein paar Freunden im Ort – es wurde hier einfach zu voll, als sie anfing, auch noch Typen mit nach Hause zu bringen.“

„Dein Vater war Australier. Hast du zu dem Teil deiner Familie noch Kontakt?“

Er warf ihr einen Blick zu. „Du hast dich gut vorbereitet, hm?“

Sie lächelte. „Das tue ich immer.“

„Er war ein Einzelkind und hat mit dreizehn seine Mutter verloren. Seinen Vater kannte er nie. Nachdem er ein paar Jahre in Pflegefamilien gelebt hatte, ist er mit sechzehn weggelaufen. Ist so viel gereist, wie möglich, und hat zwischendurch mal hier, mal dort gejobbt. Schließlich blieb er in Neuseeland hängen, wo er Roger Innis kennenlernte. Den Rest kennt man.“

Amy hätte sich am liebsten Notizen gemacht, aber nachdem sie nun schon sein Vertrauen gewonnen hatte, hütete sie sich davor, ihn mit so etwas eventuell zu verschrecken. „Das wirft ein ganz neues Licht auf deinen Vater. Ich habe mich immer gefragt, was einen Mann wohl dazu bringt, sein Leben immer wieder aufs Spiel zu setzen. Es muss dieser ganz einzigartige Nervenkitzel sein, den er suchte. Geht es dir ähnlich?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich brauche diesen Kick nicht, mein Leben aufs Spiel zu setzen. Versteh mich nicht falsch, ich liebe, was ich tue. Ich liebe es, neue wunderbare Orte zu entdecken, und ich liebe es, diese Orte anderen Menschen zu zeigen. Meinem Vater ging es, glaube ich, immer eher um sich selbst. Selbst dann, wenn er mit Touristen unterwegs war.“

Sie parkten vor einem Restaurant, doch Mal stieg nicht sofort aus sondern starrte noch einen Moment lang aus dem Fenster. Dann lachte er leise. „Weißt du, diese Verbindung zwischen seiner Kindheit und seiner Sucht danach, das Schicksal herauszufordern, habe ich irgendwie noch nie gezogen.“

„Ich verstehe diesen Drang“, sagte sie. „Vielleicht ist er, nach allem, was ihm in seiner Kindheit passiert ist, etwas abgestumpft. Vielleicht fühlte er sich nur wirklich lebendig, wenn er sein Leben riskierte.“

Mal sah sie an. „Warum gründet man dann eine Familie, die man auch diesem Risiko aussetzt?“

„Liebe“, sagte Amy. „Er hat seine Mutter verloren, als er noch sehr jung war, und hat sich danach wahrscheinlich immer nach einer richtigen Familie gesehnt. Und dann ist er deiner Mutter begegnet und konnte sich diesen Traum endlich erfüllen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das ist jetzt aber auch alles Küchenpsychologie. Die Wahrheit werden wir wohl nie erfahren.“

„Mein Vater hat Tagebücher geschrieben. Mom meint, sie hätte sie alle verbrannt, aber das habe ich ihr nie geglaubt.“

„Vielleicht kannst du sie fragen, ob du sie lesen darfst. Es könnte dir helfen, zur Ruhe zu kommen.“

Er dachte einen Moment lang über ihren Vorschlag nach. Und plötzlich, ohne Vorwarnung, griff er nach ihr, zog sie zu sich und küsste sie.

Seine Zunge tastete sich vorsichtig vor, doch Amy wollte diesen Kuss genauso, wie er. Und er war genauso, wie sie es sich vorgestellt hatte: warm, leidenschaftlich, mitreißend. Zärtliche strich er ihr über die Wange, sein Kuss wurde immer intensiver.

Als er sie schließlich wieder freigab und sich zurücklehnte, dachte sie, sie würde schweben. Sie wollte ihn wieder küssen und immer wieder, bis sie sich die Kleider vom Leib rissen. Sie beugte sich zu ihm hinüber. Er verstand sofort und küsste sie noch leidenschaftlicher als zuvor.

Sie packte sein T-Shirt und zog sich dicht an ihn. Sie musste wissen, woran sie war. „Wie stehen die Chancen, dass du doch noch für meine Story zur Verfügung stehst?“, fragte sie. „Gib mir nur eine Tendenz.“

„Auch wenn du dein Anliegen mehr als engagiert vorgebracht hast, ich kann es einfach nicht“, sagte Mal.

„Dann hält uns ja nichts mehr zurück.“

Er grinste. „Das tat es noch nie“, antwortete er.

„Alles klar, also lass uns weitermachen“, sagte sie leise und lächelte.

Mit einem wehmütigen Seufzen schüttelte Mal den Kopf. „Vielleicht sollten wir reingehen und etwas essen.“

Amy atmete tief durch. „Gut, lass uns essen.“

Beim Essen würde sie dazu kommen, zu verarbeiten, was zur Hölle hier eigentlich grad zwischen ihnen geschah, und wie sie damit umgehen sollte. Wenn die Story sowieso abgeschrieben war, hatte sie alle Freiheiten, diese Sache mit Mal Quinn in jegliche Richtung weiterlaufen zu lassen. Sie war nach Neuseeland gekommen, um ihr Leben zu ändern. Und vielleicht war das hier ja ein erster Schritt dahin.

An diesem Abend wollte Mal eigentlich einfach ein wenig Spaß haben. Und nun war er zu seiner Überraschung auf eine humorvolle, kluge und ziemlich heiße Frau gestoßen. Nur blöd, dass sie eine Journalistin war.

Amüsiert sah er ihr dabei zu, wie sie ihren Burger verschlang.

„Gut, stimmt’s?“, fragte er.

„Unfassbar gut.“

„Neuseeländisches Fleisch ist das beste überhaupt.“

Sie saßen auf der Veranda des Restaurants, mit Blick über den Ort. Raglan war ein typischer Surfer-Spot, voller bunter Geschäfte und entspannter Restaurants. Diese Stimmung war genau das, was Mal zum Runterkommen brauchte, wenn er von einer langen Expedition zurückkam.

Auch wenn er schon viele wunderschöne Flecken auf der Erde gesehen hatte – hier war er einfach zu Hause. Hier war er aufgewachsen, hatte Surfen gelernt und in seinem Häuschen am Strand die erste Tour geplant.

„Ich habe noch nie eine Frau gesehen, die isst wie du“, sagte er.

„Dann scheinst du dich nicht mit echten Frauen zu umgeben“, gab sie zurück. „Nicht jede isst wie ein Häschen.“

„Wahrscheinlich nicht“, sagte er lächelnd. „Erzähl mir doch von deinen Reisen. Ich habe schon viel über deinen Vater und deinen Bruder gehört, aber noch nichts über dich.“

Sie sah ihn mit einem Blick an, der ihm klarmachte, dass ihr dieses Thema nicht gefiel. „Erzähl du doch lieber von deiner Reise nach Grönland. Das war bestimmt interessant.“

„Das war es“, sagte er. „Bei der Geschwindigkeit, mit der die Gletscher schmelzen, wird man diese Art von Expedition irgendwann nicht mehr machen können. Ich finde es schön, Leuten diese Erfahrung zu ermöglichen, bevor es zu spät ist.“

„Was ist dein Lieblingsziel?“

„Jede Reise hat etwas Besonderes. Es geht mehr um das Gefühl. Weißt du, da steht man auf irgendeinem Markt in Nepal oder unterhält sich mit einem argentinischen Farmer und plötzlich denkt man; was zur Hölle mache ich hier? Ich kann manchmal kaum glauben, dass ich so leben kann.“

„Hast du je darüber nachgedacht, dich irgendwo niederzulassen?“

Mal schüttelte den Kopf. „Nie. Ich verdiene mein Geld als Guide, und auch wenn ich vorsichtig bin, ist das ein riskanter Beruf. Ich werde niemandem das zumuten, was meine Mutter durchmachen musste.“

„Denkst du, sie hat es mal bereut, deinen Vater geheiratet zu haben?“

„Nein. Die beiden haben sich geliebt. Und sie wusste, worauf sie sich einlässt, als sie geheiratet haben. Aber vielleicht wäre alles leichter gewesen, wenn sie keine Kinder gehabt hätten.“

„Wie kannst du so was sagen? In dir und deinen Geschwistern, in euch lebt er doch weiter.“

Es war so seltsam, über seinen Vater mit jemand quasi Fremdem zu sprechen. Doch zugleich brachte Amy völlig neue Aspekte ein. Sie sah die Dinge, wie er sie bisher noch nie gesehen hatte. Er begann einzusehen, dass nicht alles so schwarz und weiß war, wie er es sich bisher zurechtgelegt hatte.

Sie kamen auf sein Unternehmen zu sprechen und Amy war interessiert an den Expeditionen, die er anbot. Auch wenn sie scheinbar einiges über die jeweiligen Ziele zu wissen schien, kam es ihm vor, als wäre sie selbst noch nicht besonders weit herumgekommen. Aber vielleicht wollte sie ihn auch einfach nur nicht im Erzählfluss unterbrechen, und so angenehm ihm ihre Unterhaltung auch war, blieb er vorsichtig. Sie war noch immer eine Journalistin und über ihre wahren Motive war er sich noch nicht ganz im Klaren. Sicher, der Flirt mit Amy machte Spaß, doch Mal war sich nicht sicher, wie weit er mit ihr gehen wollte.

Warum eigentlich? Wenn sie es auch wollte, warum sollte er dann auf eine leidenschaftliche Nacht mit ihr verzichten? Sex mit ihr würde ja seine Einstellung zu ihrer Story nicht verändern, zumal sie auch bald wieder abreisen würde.

Er streckte die Hand aus und berührte sanft ihre Finger. „Lass uns aufbrechen. Wir könnten dein Auto holen, du fährst mit zu mir und ich zeige dir meinen Strand.“

Sie zahlten und während sie die Stufen zum Parkplatz hinabstiegen, nahm Mal ihre Hand. Sie sollte wissen, was seine Motive waren. Er wollte sie, keine Frage, doch mehr nicht. So konnte sie entscheiden, ob sie mit zu ihm kam oder nicht.

Sie stiegen in seinen Range Rover und fuhren los. Auf dem Weg zum Pub, in dem sie sich am Nachmittag kennengelernt hatten, war sie ungewohnt schweigsam. Mal warf ihr einen unauffälligen Blick zu. Vielleicht fühlte sie sich ja doch unwohl?

„Was geht dir durch den Kopf?“, fragte er.

„Du hast die Tagebücher deines Vaters erwähnt. Hast du je darüber nachgedacht, ein Buch über ihn zu schreiben?“

Ihre Antwort überraschte ihn. Im Gegensatz zu ihm schien sie nicht an Sex zu denken, sondern rein beruflichen Gedankengängen zu folgen. „Ich kann nicht schreiben.“

„Jeder kann schreiben“, sagte Amy. „Du brauchst nur einen guten Lektor, der dir dabei hilft, alles in eine Ordnung zu bringen.“

„Kenne ich denn einen guten Lektor?“

Sie lächelte ihn stolz an.

„Meldest du dich freiwillig?“

„Das ist ja nur eine Idee. Vielleicht wäre es gut für dich. Vielleicht könntest du deinen Vater neu kennenlernen, diesmal aber aus einer erwachsenen Perspektive.“

„Wie kommt es nur, dass alles, was du sagst, so klug ist?“

„Hm. Ich komme mir meistens gar nicht klug vor.“

Er hatte noch nie über eine Biografie nachgedacht und die Möglichkeit, so selbst zu kontrollieren, was über seinen Vater veröffentlicht würde. Vielleicht war das gar keine so schlechte Idee?

Sie erreichten ihr Auto, das noch immer vor dem Pub stand. „Folg mir einfach“, sagte er. „Es ist nicht weit.“

Sie sprang aus dem Range Rover und drehte sich zu ihm um. „Vielleicht sollte ich besser ins Hotel fahren.“

Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich will nicht, dass dieser Abend jetzt schon vorbei ist. Geh mit mir spazieren. Nur spazieren.“

„Na gut.“

Er beobachtete sie, während sie zu ihrem Mietwagen ging, und ein Gefühl der Vorfreude machte sich in ihm breit. Er musste sie unbedingt wieder küssen. Und wenn daraus mehr entstehen sollte, war er nur allzu bereit dafür. Denn in diesem Moment wurde ihm klar, dass er nicht irgendeine wollte. Er brauchte Amy Engalls mit jeder Faser seines Körpers.

Sie wirkte so selbstbewusst, zugleich aber irgendwie auch verletzlich. Das war ihm vor allem aufgefallen, weil sie immer das Thema gewechselt hatte, sobald er mehr von ihr wissen wollte. Und mittlerweile erkannte er, dass das keine Methode war, ihn am Reden zu halten, sondern dass sie schlicht nur ungern etwas von sich preisgab.

Er jedoch wollte inzwischen einfach alles über sie wissen. Was machte sie samstagsabends normalerweise? Wie wohnte sie? Welche Musik hörte sie gern? Seine Neugier war geweckt.

Sie erreichten das Cottage und sie parkte neben ihm. Mal sprang aus seinem Wagen, lief hinüber, hielt ihr die Autotür auf und gab ihr die Hand zum Aussteigen. „Hast du eine Jacke dabei? Es könnte kühl werden später.“

„Habe ich nicht.“

„Ich hole dir etwas“, sagte er. „Warte hier.“

Er lief ins Haus und schnappte sich zwei der Fleecejacken, die er in seiner Garderobe im Eingang hängen hatte. Sie erwartete ihn am Fuß der Verandastufen. Mal half ihr in die Jacke, dann drehte er sie schwungvoll zu sich um, um den Reißverschluss zuzuziehen.

„Gemütlich“, sagte sie und rieb sich die Arme.

Sein Blick wanderte ihre nackten Beine entlang. „Brauchst du noch eine lange Hose?“

„Alles okay so“, sagte sie.

Eine leichte Böe blies ihr eine Strähne ihres honigblonden Haars ins Gesicht. Er strich sie behutsam hinter ihr Ohr. „Also los.“

Mal nahm ihre Hand, und ihre Finger verflochten sich ineinander. Sie gingen den sandigen Weg zum Strand hinunter. Der Himmel war von einem Meer aus Sternen bedeckt, die über dem Ozean funkelten.

Wellen rollten beruhigend über den Strand. Sie zog ihre Schuhe aus und ließ das Wasser ihre Füße benetzen. „Kalt.“

„Das Wasser wird hier nie so warm wie in Hawaii oder Kalifornien. Hier kann man ohne Neoprenanzug nicht surfen.“

Seine Worte schienen sie nicht zu beeindrucken. Sie ging tiefer hinein und ließ ihre Fingerspitzen durchs Wasser gleiten, das ihre Schenkel umspielte. Mal konnte sehen, wie eine Welle auf sie zurollte, und noch bevor er sie warnen konnte, zog es ihr den Boden unter den Füßen weg und sie fiel mit einem erschreckten Aufschrei ins Wasser.

Leise fluchend war Mal in einem Sekundenbruchteil bei ihr und zog sie wieder hoch. Amy krallte sich in seiner Jacke fest, ihr Haar fiel ihr in nassen Strähnen ins Gesicht und sie atmete keuchend.

Doch plötzlich begann sie zu lachen. Sie konnte gar nicht mehr aufhören. „Was ist bloß mit mir los?“, rief sie. „Warum können meine Beine nicht auf dem Boden bleiben, wenn du in der Nähe bist?“

Mal lachte und umarmte sie, hob sie hoch und trug sie an den Strand zurück. „Ich weiß es nicht, aber vielleicht bleibst du jetzt sicherheitshalber erst mal bei mir.“ Sie zitterte. „Und wir besorgen dir wohl besser trockene Sachen.“

„Immerhin kann ich jetzt sagen, dass ich im Indischen Ozean geschwommen bin“, sagte sie und schlang ihre Arme um seinen Hals.

„Das hier ist die Tasmanische See, wenn man’s genau nimmt.“

„Noch besser“, sagte Amy und strich sich die nassen Haare aus dem Gesicht. „Oh, warte, meine Schuhe.“

„Keine Sorge, die sammle ich morgen früh auf.“

„Ich brauche doch Schuhe.“

„Heute nicht mehr“, sagte er. „Ich denke, dass du nicht mehr auf deinen eigenen Beinen herumlaufen solltest, sonst landest du noch im Krankenhaus.“

Erst als sie sein warmes Cottage erreichten, setzte Mal sie wieder auf ihre Füße und zog ihr die Jacke aus. Das Kleid, das sie darunter trug, war durch die Feuchtigkeit beinahe durchsichtig und klebte an ihrem Körper. Amy zupfte an dem Stoff herum. Sie war nass bis auf die Knochen und zitterte. Doch Letzteres hatte weniger mit der Kälte zu tun als mit dem Blick, mit dem er sie in diesem Moment betrachtete: als könnte er sie auf der Stelle verschlingen.

„Warum springst du nicht unter die Dusche und wärmst dich auf? Ich besorge dir derweil ein paar Sachen. Das Bad ist gleich da vorn.“

Amy nickte und ging in die Richtung, in die er gezeigt hatte. Doch kurz bevor sie das Bad erreichte, hatte er sie eingeholt und ihre Hand genommen, dann zog er sie in seine Arme und küsste sie voller Verlangen. Sie wusste, dass es nun kein Zurück mehr gab.

Und das wollte Amy auch nicht, im Gegenteil. Also begann sie, ihr Kleid aufzuknöpfen. Mal trat einen Schritt zurück, seine Hände lagen auf ihren Schultern, und ließ seinen Blick ihren Fingern folgen.

Als sie alle Knöpfe geöffnet hatte, sah sie zu ihm auf. Er sah ihr tief in die Augen und schob die Träger ihres Kleides von ihren Schultern. Dann küsste er ihren Hals und Amy legte ihren Kopf zur Seite, genoss die Hitze, die durch ihren Körper schoss. Er nahm ihre Hände, hob ihre Arme über ihren Kopf und zog ihr langsam das Kleid aus.

Sie spürte die kühle Luft auf ihrer Haut und bekam eine Gänsehaut. Mal war auch nass geworden, als er sie gerettet hatte, und zog sich nun seine Schuhe, den Fleecepulli und sein T-Shirt aus. Dann nahm er eine Wolldecke von seinem Sofa und wickelte sie darin ein.

„Besser?“, fragte er.

„Ja“, hauchte Amy. „Viel besser.“

„Setz dich.“

Mal kniete vor ihr nieder und nahm erst ihren einen Fuß in die Hände, strich sanft den Sand von ihren Zehen und rieb ihn, bis er warm wurde. Dasselbe tat er auch mit ihrem anderen Fuß und schon zitterte Amy nicht mehr.

Bis Mal sich nach vorn beugte und ihren Fußrücken küsste.

Amy atmete scharf ein und er blickte zu ihr auf. Sie seufzte leise. „Das war schön, mach es noch mal.“ Deutlicher konnte sie nicht werden. Mach weiter, nimm mich, dachte sie.

Er senkte seine Lippen wieder auf ihren Fuß und setzte den Weg dann Kuss um Kuss fort, langsam ihr Bein hinauf, beinahe bis zu ihren Knien. Dann richtete er sich auf, legte seine Arme um sie und küsste ihre bloßen Schultern. Irgendwo in ihrem Hinterkopf fragte sie sich, ob es klug war, was sie da tat. Immerhin wollte sie ihn noch immer interviewen. Aber er hatte ja selbst gesagt, dass sie ihn nicht dazu bringen würde, und eigentlich war ihr das in diesem Moment auch völlig egal.

Mal legte seine Lippen auf ihre und diesmal schmeckte sein Kuss nach hingebungsvoller Lust, weich und süß und dennoch fordernd, vielversprechend. Er küsste ihren Hals, liebkoste ihren Nacken direkt unter dem Ohrläppchen.

Als er ihr Gesicht in seine Hände nahm und sie erneut auf den Mund küsste, wurde ihr beinahe schwindelig. Amy packte ihn und zog ihn dicht zu sich, so dicht, dass er auf ihr lag. Es fühlte sich wundervoll an, das Gewicht seines männlichen Körpers auf sich zu spüren.

„Ist dir warm genug oder möchtest du duschen?“, fragte er und hielt kurz inne. „Oder wir verkriechen uns in meinem Bett und …“

„Okay“, unterbrach Amy ihn. „Bett klingt fabelhaft.“

Ohne zu zögern stand sie auf, immer noch in die Decke eingewickelt. Amy war, als stolpere sie einen Berghang hinunter, als schaffte sie es einfach nicht, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren. Alles ging so schnell, es kam ihr vor, als hätte sie die Wirklichkeit weit hinter sich gelassen. Doch das war ihr egal, sie wollte nicht mehr aufhören. Konnte es nicht.

Natürlich hatte sie schon verschiedene Liebhaber getroffen, doch keiner von ihnen hatte ihre Vorstellungen je wirklich erfüllen können. Sie wollte nicht mehr, als einmal eine Nacht mit einem Mann zu verbringen, der ihr Herz wie wild schlagen ließ und ihren Körper zum Glühen brachte.

Noch vor einer Woche lag sie in ihrer Wohnung in Brooklyn auf der Couch allein vorm Fernseher, ihre einzige Gesellschaft war eine große Portion Schokoladeneis. So wartete sie schon seit langer Zeit auf den Traumprinzen, der sie glücklich machen würde. Doch nun war es Zeit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Wie gut, dass sie gerade mit einem Prachtexemplar von Traummann in einer urgemütlichen Hütte am Tasmansichen Strand von Neuseeland war.

Und wie praktisch, dass sie beide genau das Gleiche wollten: die pure Lust erleben, völlig frei und ohne Verpflichtungen. Vor ihr lag genau das Abenteuer, das sie gerade brauchte. Und sie würde es mit jeder Faser ihres Körpers genießen.

Mal hielt an der Tür zu seinem Schlafzimmer inne und sie ließ ihren Blick über sein großes, gemütliches Bett gleiten. Dann nahm er ihre Hände, hob sie über ihren Kopf, drückte sie an den Türrahmen und sah ihr prüfend in die Augen. „Willst du das hier wirklich?“, flüsterte er. Nur noch ein Atemhauch trennte ihre Lippen.

Die Decke rutsche ihren Körper hinab und Amy stand in ihrer nassen Unterwäsche vor ihm. Sie spürte seine Lust durch seine Jeans – Amy wollte ihn berühren, seine Härte in ihren Händen spüren. „Ja“, sagte sie und stieß sich vom Türrahmen ab.

Er küsste sie erneut, noch intensiver als zuvor, und sie tat es ihm gleich. Als er aufstöhnte, befreite sie ihre Hände aus seinen und strich mit den Fingern über seine Schultern zu seiner Brust.

Sanft drückte sie ihn von sich weg und ging in sein Schlafzimmer voraus. Zitternd blieb sie am Fuße seines Bettes stehen, mit dem Rücken zu ihm, und öffnete ihren BH. Und einen Augenblick später lagen auch ihre Hotpants am Boden. Sie konnte sehen, wie es ihm den Atem verschlug, als sie sich zu ihm umdrehte.

Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie den Mut, genau das zu tun, was sie in diesem Moment wollte. Und so lange er sie auf diese Art ansah, würde dieser Mut sie nicht verlassen.

Langsam kam er auf sie zu. Bei der Vorstellung, was gleich geschehen würde, wurden ihre Knie weich. Mal spürte das, legte einen Arm um ihre Taille und zog sie zu sich.

Er ließ seine Hände ihren Rücken hinabwandern, über ihre Hüften, bis er ihren Po umfassen konnte. Seine Berührung ließ jeden Nerv in ihr vibrieren. Sanft legte er sie aufs Bett und beugte sich über sie.

Er küsste sie süß, weich, und mit so viel Gefühl, dass ihr schwindelte. Die Zeit schien stehen zu bleiben, und überascht merkte sie, wie er sich nackt auf sie legte. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass er sich entkleidet hatte. Seine Haut legte sich warm auf ihre. Dass er sie so nah bei sich wollte, sie in der Hitze seines Körpers badete, elektrisierte sie.

Amy hielt die Luft an und versuchte, sich jedes Detail dieses Augenblicks einzuprägen. Passierte das alles wirklich?

Er küsste ihre Schultern, langsam und genußvoll, als wolle er sich gar nicht mehr lösen, und wanderte langsam ihren Hals entlang nach unten zu ihren Brüsten. Ihre Nippel stellten sich auf, als er sie kurz liebkoste, um mit seinen Küssen noch weiter hinunterzuwandern. Sie erschauerte, während seine Zunge um ihren Nabel glitt, und stöhnte, als er seinen Kopf zwischen ihren Schenkeln vergrub, und begann, mit der Zunge geschickt über ihre empfindsamste Stelle zu gleiten.

Amys Körper war vor Lust so angespannt, dass sie dachte, jeden Moment zu explodieren. Jedes zarte Saugen, jedes Lecken ließ ihren Körper erbeben. Er raubte ihr jeden klaren Gedanken. Sie vergrub ihre Finger in seinem Haar und hatte nur den Wunsch, dass er nie wieder aufhören möge.

Und er wusste, was er tat. Ihre Finger fuhren durch sein Haar und ihr immer heftiger werdendes Stöhnen zeigte ihm, dass sie kurz davor war, zu kommen. Das Herz hämmerte ihr gegen die Brust und sie wand sich unter seiner Berührung. Sie spürte es aufsteigen, anschwellen, und direkt aus ihrer Mitte, aus ihrer Lende, überrollte es sie.

Die Welt um sie herum explodierte in einer Woge der Lust, die ihren Körper zu zerreißen schien. Und Mal hörte nicht auf, nicht, bis sie vor Erschöpfung unter ihm zitterte. „Stop“, flüsterte sie.

Langsam ließ er von ihr ab, und sie wusste nicht mehr, wer sie war. Jeder Verstand, ihre Erinnerung, hatte sich verflüchtigt. Mal küsste sie auf die Innenseite ihres Oberschenkels.

„Das war schön“, sagte er und lächelte sie an.

Amy wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Ja, es war schön. Schöner als alles, was sie je erlebt hatte. Und sie wollte es noch mal und fragte sich, wie sie ohne dieses Gefühl je wieder glücklich werden sollte.

Er legte sich neben sie und beobachtete, wie ihr Atem sich langsam wieder beruhigte. Zärtlich strich sie mit den Händen über seinen Bauch, und glitt tiefer, bis sie seine Erektion hielt.

Mal lächelte, seine Augen funkelten vor Leidenschaft. Amy nahm sein hartes Glied in ihre Hände und begann, ihn zu massieren. Er reagierte mit einem tiefen Stöhnen und senkte sein Gesicht an ihre Schulter.

Ihre Berührung war sanft und zärtlich. Sie wollte ihn reizen, aber nicht zu sehr, denn sie hatte noch viel mit ihm vor in dieser Nacht. Und sie wollte, dass er an sie dachte, wenn er das nächste Mal in seinem Zelt irgendwo in der Wildnis lag. Sie wollte, dass er in diesen einsamen Nächten von ihr träumte.

Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Brust und genoss das Kitzeln, das seine Haare auf ihrer Lippe auslösten. Wie er zuvor bei ihr wanderte auch sie behutsam tiefer. Als sie seine Spitze mit den Lippen berührte, ihn langsam umschloss und sanft in sich sog, spürte sie, wie er Wachs in ihren Händen wurde.

Er stöhnte im Rhythmus ihrer Bewegung und wand sich genüßlich unter ihren Berührungen.

Sie strich ihm sanft um den Schaft, glitt mit der Zungenspitze über seine Öffnung, als er sich mit einem Mal unter ihr anspannte und den Atem anhielt. Amy spürte, dass er kurz davor war, zu kommen. Er umarmte sie fest und sie hielt inne, bis sie sicher war, dass er die Kontrolle zurückgewann.

Er zog sie neben sich und nahm ein Kondom aus dem Nachttisch. Er streifte es über und hob sie ohne Mühe auf sich.

Amy stützte sich auf seiner Brust ab und rieb sich wiegend an ihm, worauf er erneut aufstöhnte. Langsam drang er endlich in sie ein und vergrub sich tief in ihrer feuchten Wärme. Mit geschlossenen Augen gab sie sich seinem Rhythmus hin und ließ sich von dem süßen Gefühl mitreißen, das ihr den Rythmus vorgab. Plötzlich wurde er ganz still. Sie öffnete die Augen und sah ihn fragend an.

„Was ist?“, flüsterte sie.

„Nichts. Ich will nur so lange wie möglich in diesem Paradies bleiben.“

Im Paradies. Genau so fühlte es sich an. Hier war ihr Leben perfekt. Sie beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund. Ihr langes Haar fiel um sein Gesicht. „Vielleicht kann ich deinen Aufenthalt ja verlängern“, sagte sie.

„Ich habe gerade das Gleiche gedacht – aber dich betreffend“, antwortet Mal. „Vielleicht solltest du dein Hotelzimmer kündigen und in die Hütte ziehen.“

„Die Hütte?“

„Das ist unser kleines Gästehaus. Wir vermieten es normalerweise an Surfer, aber im Moment steht es leer. Es liegt nah am Wasser und ist sehr schlicht eingerichtet, aber sehr gemütlich. Du musst doch noch nicht wieder zurück?“

„Nein. Ich wäre sowieso länger geblieben, wenn du dich auf die Story eingelassen hättest. Aber jetzt, wo du meinen Vorschlag abgelehnt hast …“

„Darüber denke ich noch mal nach“, unterbrach Mal sie. „Zumindest über die Buchidee.“

Amy richtete sich auf und starrte ihn ungläubig an. Dann musste sie lächeln. „Ich könnte schon ein wenig länger bleiben, denke ich“, sagte sie. Natürlich würde sie bleiben. Und wenn auch nur der kleinste Hauch einer Chance bestand, dass er doch noch mit ihr zusammenarbeiten würde, würde sie mit Freude in die Hütte ziehen und jede freie Minute mit ihm verbringen. Doch darüber wollte sie sich später Gedanken machen.

3. KAPITEL

Mal hatte schon viele bezaubernde Frauen kennengelernt und bisher noch keine dieser Begegnungen je bereut. Normalerweise fiel es ihm leicht, von vornherein konkrete Regeln aufzustellen. Zum Beispiel, dass er sich nicht fest binden wollte, dass man aber viel Spaß mit ihm haben konnte. Denn ihm war klar, dass seine berufliche Existenz mit einem geregelten Familienleben nicht vereinbar war.

Aber das hier, das mit Amy, war anders. Mit ihr zu schlafen übertraf seine Erwartungen um Längen. Nicht nur körperlich. Sie begegnete seinem Verlangen mit einem ganz eigenen, starken und tiefen Begehren. Wer war diese Frau? Und was hatte es mit dieser Amy Engalls auf sich, dass er sie so unglaublich begehrte, selbst wenn er wusste, dass es mit ihnen doch nur unglücklich enden konnte?

Doch das war nicht die Zeit für solche Gedanken. Mal legte seine Hände auf ihre Hüfte und seufzte tief. „Du bleibst also noch etwas?“, flüsterte er.

„Vielleicht musst du mich noch ein wenig überzeugen“, antwortete sie und ihre Augen funkelten.

Sie bewegte sich rhythmisch auf ihm, erst langsam, dann immer intensiver, und genoss es offensichtlich sehr, ihn in sich zu spüren. Dass sie sich eigentlich kaum kannten, spielte keine Rolle mehr. Sie waren hier, zusammen, in diesem Moment. Das war alles, was zählte.

Mal betrachtete, wie ihre Lust sich auf ihrem schönen Gesicht widerspiegelte. Sie war mit ihrem zerzausten Haar und den leicht geröteten Wangen noch viel schöner als vorhin, als er sie im Pub das erste Mal gesehen hatte. Er griff nach ihren Brüsten, umfasste sie und massierte ihre Spitzen mit den Daumen.

Amy brachte ihn erneut bis kurz vor den Höhepunkt, nur um immer wieder innezuhalten, langsamer zu werden und ihn zärtlich zu küssen. Mal ließ ihr ihren Spaß und genoss das Spiel, auch wenn es ihm immer schwerer fiel, sich unter Kontrolle zu halten.

Er schob eine Hand unter sie, berührte sie, rieb mit den Fingern ihre feuchte Wärme. Und war beinahe überrascht, wie schnell sie ein weiteres Mal kam. Ihr Körper bog sich durch, sie griff nach hinten, krallte sich in seine Schenkel und erbebte am ganzen Leib. Endlich gab auch Mal sich dem Gefühl hin, ließ sich mitreißen und folgte ihr auf den Gipfel ihrer Zweisamkeit.

Welle um Welle rollte sein Orgasmus durch seinen Körper, raubte ihm die Gedanken, als würde er niemals enden, bevor nicht jeder Funke Energie in ihm verbraucht war. Als er zur Ruhe kam, sank eine so tiefe Erschöpfung über ihn wie sonst nur nach einem Tag in der Felswand. Aber mit dieser Frau an seiner Seite, so viel war ihm klar, würde seine Erschöpfung nur kurzfristig sein. Denn vor ihnen lag noch die ganze Nacht, in der sie ihre tiefsten Sehnsüchte miteinander teilen würden.

Amy sah zu ihm hinab, ihr Blick war genauso befriedigt und erschöpft, wie seiner es sein musste. „Wahnsinn“, hauchte sie lächelnd.

„Wäre das nicht etwas für deinen Artikel?“, fragte er grinsend und zwinkerte ihr zu.

„Ja“, gab sie zurück. „Ja, ich habe schon immer von einer Karriere im Erotiksegment geträumt.“

„Gut – und achte vor allem auf die Details. Ich möchte doch, dass jeder weiß, wie gut ich bin.“

„Oh, wir müssen doch aber anonym bleiben. Ich will nicht, dass dann plötzlich alle möglichen Frauen auf der Jagd nach dir sind und dich in ihr Bett bekommen wollen.“

„Du bekommst also den ganzen Ruhm und ich kriege nichts davon ab?“ Er zog sie neben sich, legte ihr linkes Bein über seine Hüfte und hielt es dort fest. „Na mal sehen, wie lange ich das mitmache.“

„Verstehe“, lachte sie. „Das ist aber nicht der Grund dafür, dass ich mit dir ins Bett gegangen bin.“

„Warum denn dann?“, fragte Mal neugierig und mit einem Mal ganz ernst.

„Ich glaube, ich wollte etwas Rücksichtsloses tun. Weißt du, ich bin immer so überlegt, so vorsichtig, ich gehe nie irgendwelche Risiken ein. Und das hier … das hat sich irgendwie so … so gewagt angefühlt.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Das klingt ein wenig dumm, oder?“

„Überhaupt nicht. So hat es sich für mich auch angefühlt.“

„Du bist sonst auf den höchsten Gipfeln und den entferntesten Gletschern unterwegs. Wie kann dir Sex mit mir gewagt vorkommen?“

„Ich will dieses Bett nie wieder verlassen“, sagte Mal nur. „Lass uns einfach ein, zwei Monate liegenbleiben.“

„Wir könnten es unsere Sexpedition nennen“, schlug Amy vor. „Dann besorgen wir uns ganz viele gefriergetrocknete Lebensmittel und einen Gaskocher, den können wir dort in die Ecke stellen, und finden heraus, wie lange wir es hier aushalten.“

„Keine schlechte Idee“, sagte er.

„Ich bin aber leider nur für zwei Wochen hier. Dann muss ich wieder zurück.“

Mal setzte sich auf und betrachtete sie einen Moment lang. „Wenn du eine Story suchst, gebe ich dir eine. Nicht die, die du eigentlich schreiben wolltest, aber eine gute Alternative. Ich nehme dich mit in die Neuseeländischen Alpen, du kannst dann darüber schreiben und vielleicht nimmt dein Chefredakteur diese Geschichte ja auch an.“

„Was für eine Expedition wäre das?“

„Wir machen ein Einsteiger-Paket daraus. Ich bringe dir die Grundlagen bei. Im Sommer wäre die Tour besser, aber wenn das Wetter so mild ist wie jetzt, kann man die Berge dort das ganze Jahr über besteigen. Ich nehme dich als Testteilnehmerin mit, und du schreibst darüber. Eine Art Einsteiger-Guide für begleitete Abenteuer.“

„Aber Anfänger sind eigentlich nicht unser Zielpublikum.“

„Dann verkauf die Geschichte halt woandershin.“

„Was wird die Tour kosten?“

„Nichts. Ich muss die Tour sowieso testen, bevor ich sie anbieten kann, und du kannst mir dann gleich sagen, was ich gut mache und was nicht so gut. Zu zweit ist es außerdem lustiger.“

„Ich war noch nie Bergsteigen. Oder auf einem Gletscher. Meine abenteuerlichste Wanderung ging durch den Central Park im Dunkeln. Und ich habe auch gar keine Ausrüstung.“

„Die stellen wir.“

„Kondome auch?“

Mal grinste. „Na klar.“

„Habe ich noch Bedenkzeit?“

„Süße, du wirst viel Spaß haben, das verspreche ich dir.“

„Habe ich ja schon“, sagte Amy. „Sei ehrlich, warum willst du diese Tour mit mir machen?“

„Ganz ehrlich?“

„Ganz ehrlich.“

„Wir können die PR wirklich gebrauchen“, sagte er. „Wenn die Chance auf eine Story im High Adventure besteht, muss ich alles versuchen.“

„Du weißt aber schon, dass, wenn es um deinen Vater ginge, sie die Story auf jeden Fall groß rausbringen würden?“

„In der Vergangenheit meiner Familie herumzuwühlen würde niemandem helfen.“

„So würde ich es ja auch nicht machen“, sagte sie sanft. „Es wäre … respektvoll.“

„Lass mich dich eine Sache fragen. Machst du die Expedition mit mir, weil du hoffst, dass ich meine Meinung noch ändere?“

„Nein. Wenn du nicht mit mir über deinen Vater sprechen willst, dann werde ich ihn nicht thematisieren. Das verspreche ich dir. Aber solltest du dieses Thema doch ansprechen, dann möchte ich wenigsten noch einmal versuchen dürfen, dich zu überreden. Ich glaube immer noch, dass es dir gut täte. Dir und deiner Familie und auch deiner Firma.“

„Okay“, sagte Mal. „Was das betrifft, bleiben wir wohl unterschiedlicher Meinung. Ansonsten geht die Reise morgen los.“

„Morgen schon? Muss ich mich nicht noch irgendwie – vorbereiten?“

„Ja. Ich rate zu so viel Sex wie möglich, das hilft immer.“

„Rätst du das allen deinen Kunden?“

„Nein, ich habe nie etwas mit meinen Kundinnen. Diese Regel halte ich strikt ein.“

„Reporter sollten auch nie etwas mit demjenigen haben, über den sie schreiben wollen.“

„Du bist nicht meine Kundin und ich bin nicht dein Thema.“

„Aber ich werde deine Kundin sein“, sagte Amy. „Zumindest werde ich auf dieser Testexpedition so tun.“

„Du bezahlst mich aber nicht. Und du wirst über dich schreiben, wie du die Reise empfindest. Also brechen wir nicht eine einzige Regel. Keine wichtige jedenfalls.“

„Es gibt noch mehr?“

Autor

Heather Mac Allister
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