Hochzeit auf griechisch

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Happy Birthday, Sam! Die große griechische Costas-Sippe feiert ausgelassen den 14. Geburtstag ihrer Pflegetochter Samantha, als ein attraktiver Mann das Haus betritt. Unkonventionell und spontan, wie sie ist, lädt Zoe Costas ihn sofort zu der rauschenden Party ein. Sie hält ihn für den Sozialarbeiter, der endlich die Adoption befürworten soll, aber - Irrtum! Es ist Samanthas Onkel, der das Mädchen zurück zu seiner wohlsituierten Familie nach Boston holen möchte. Eigentlich für Zoe genug Grund, Ryan Baldwin aus ganzem Herzen zu verabscheuen. Doch ausgerechnet dieser korrekte Anwalt schafft spielend, was bis jetzt keinem anderem Mann gelungen ist ...


  • Erscheinungstag 10.06.2007
  • ISBN / Artikelnummer 9783862782123
  • Seitenanzahl 336
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

I m Garten der Costas drängten sich die Leute um das Kapuzineräffchen, das auf der improvisierten Bühne auf dem Rasen seine Kunststücke vorführte. Zwar lockte eine Party immer viele Menschen an, doch die Gäste waren auf Spank – einen Affen, der jedem in Sichtweite seinen nackten Hintern zeigte – besonders gespannt gewesen. Zoe Costas beobachtete gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Ari die Vorführung, die Spank zu Ehren des vierzehnten Geburtstages ihrer Pflegeschwester Sam gab.

Sam vermisste ihn sehr. Er hatte Familie Costas verlassen müssen, nachdem sie erfahren hatten, dass das Halten eines Affen als Haustier verboten war. Da Sam in ihrem jungen Leben schon zu viele Menschen und Dinge verloren hatte, versuchten sie, ihre enge Beziehung zu dem geliebten Tier aufrechtzuerhalten. Zoe hielt Kontakt mit dem Tiertrainer, der den Affen zu sich genommen hatte, und sorgte dafür, dass Spank bei besonderen Gelegenheiten wie dieser dabei war.

Zoe blickte zu ihrer Pflegeschwester und lächelte. Sie feierten Sams ersten Geburtstag als Mitglied der Familie, und Zoe freute sich, dass das junge Mädchen eine fröhliche Party erlebte, umgeben von Menschen, die sie liebten. Sie war durch Aris Mann, Quinn Donovan, zu Zoes Eltern gekommen. Sie hatten das Mädchen aufgenommen und bemühten sich nun um die Adoption.

Doch Sam hatte sechs Jahre lang in Pflegefamilien gelebt und war so lange hin- und hergestoßen worden, sodass sie sich unmöglich aufgeführt und die Familie auf jede erdenkliche Weise auf die Probe gestellt hatte. Allmählich jedoch fasste sie Vertrauen und fühlte sich als Mitglied des verrückten Costas-Clans.

Irgendjemand im Publikum stieß einen Pfiff aus, worauf Spank die Hosen hinunterließ und beide Hände auf den Hintern legte.

Ari stöhnte auf und schlug eine Hand vor die Augen.

Zoe kicherte. „Du hast letztes Jahr mit Spank zusammengelebt. Ich würde annehmen, dir könnte nichts mehr peinlich sein“, sagte sie und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Ari zuckte die Schultern. „Was soll ich sagen? Spank erwischt mich eben immer unvorbereitet.“

„Weil du von jedem in deiner Umgebung ein normales Verhalten erwartest.“ Zoe drohte ihrer Zwillingsschwester spie le risch mit dem Zei gefin ger. „Das liegt an deiner See lenklempner-Ausbildung.“

„Du tust so, als sei es ein Verbrechen, Normalität zu erwarten.“

Zoe lachte. „Schande, Schande, Ariana. Du solltest eigentlich wissen, dass man von einem Mitglied der Costas niemals ein normales Verhalten erwarten kann.“

„Ehrlich gesagt, hat mir das Akzeptieren der familiären Absonderlichkeiten sehr dabei geholfen, selber vernünftig zu bleiben.“

Nach einer Phase der Entfremdung konnten sie mittlerweile über Aris andere Art sprechen, ja sogar Witze darüber machen. Zoes Zwillingsschwester war im Vergleich zum Rest ihrer Familie immer nahezu bieder gewesen und hatte ständig das Gefühl gehabt, nicht recht in die exzentrische Familie hineinzupassen. Aus diesem Grund war sie nach Vermont gezogen, weit weg von New Jersey, und hatte sich vom Clan der Costas zurückgezogen. Doch Zoes sogenanntes Verschwinden hatte Ari zurückgebracht. Zoe nutzte die Gelegenheit, jene Vertrautheit zu erneuern, die sie als Kinder verbunden hatte.

Plötzlich stieß Ari ihrer Schwester den Ellbogen in die Rippen und deutete auf Spank, der in die Menge spuckte.

Zoe schüttelte sich. „Wie ich bereits sagte: Der Name Costas und normales Verhalten passen nicht zusammen.“

„Nützt es was, wenn ich dich daran erinnere, dass Spank kein Verwandter ist?“ Ari fuhr sich mit der Hand durch das lange schwarze Haar, das wieder gewachsen war, seit sie vor ein paar Monaten einen Bob ausprobiert hatte. Nun sahen sich die Zwillinge noch ähnlicher, was Zoe begrüßte, weil es das Band zwischen ihnen weiter festigte.

„Auch wenn sich die Familie nicht länger wie die Atlantic City-Version der Addams Family aufführt, ist Dad noch immer genauso kahl wie Onkel Fester, Mom wackelt noch immer mit den Hüften wie Morticia, und Tante Dee schwört, dass Großtante Deliria mit einem Schimpansen verlobt war, was bedeutet, dass Spank sehr wohl ein lange vermisster Verwandter sein könnte.“

Ari seufzte. „Spank ist ein Kapuzineraffe, kein Schimpanse.“

„Und dein Nachname war mal Costas. Nichts ist so, wie es scheint“, erwiderte Zoe lachend.

„Damit hat sie Recht“, sagte ihre Mutter Elena, die sich nach Spanks erstem Akt zu ihren Töchtern gesellte.

„Hi, Mom“, begrüßte Ari sie.

„Hi“, echote Zoe.

„Meine wunderschönen Mädchen.“ Elena umschloss beide in einer Umarmung, die durch die langen weiten Ärmel ihres Kimonos noch erstickender war. Seit sie ihre schwarzen Morticia-Addams-Kleider nicht mehr trug, bevorzugte Elena asiatische Gewänder.

Zoe nahm an, dass das etwas mit ihrem Spa und ihrer Arbeit als Masseurin zu tun hatte, doch sie war sich darüber ebenso wenig sicher wie darüber, warum ihre Mutter dieses Geisha-Outfit zu Sams Geburtstagsparty trug. Niemand konnte Elena von ihren Verrücktheiten abhalten, und tatsächlich versuchte es auch keiner. In ihrer Heimatstadt Ocean Isle, New Jersey, erwartete jeder von der Costas-Familie, dass sie sich, nun, zumindest merkwürdig verhielt. Zoe hatte es schon lange aufgegeben, ihre ex zentrische Mutter zu verstehen. Sie liebte sie einfach.

„Mir ist der perfekte Name für deine neue Firma eingefal len“, sagte Elena zu Zoe. Nach Jahren im Dienste des Secret Service, in denen sie Politiker während ihrer Besuche in New Jersey beschützt hatte, hatte Zoe die strengen Regeln und Vorschriften satt gehabt, was nicht weiter überraschte: Sie war eine Costas und erledigte die Dinge gerne auf ihre Weise. Ihr neuer Job gab ihr die Gelegenheit dazu: Sie und ihre Partner würden Stars und andere Prominente während ihrer Casino-Besuche in Atlantic City beschützen.

„Oh, was höre ich da?“ Aris Mann Quinn, ein ehemaliger Polizist, tauchte hinter seiner Frau auf und zog sie an sich. „Was für eine verrückte Idee hast du dieses Mal?“, fragte er seine Schwiegermutter.

Elena hob theatralisch die Arme. „Safe Sex – Schutz ist unser Geschäft“, sagte sie und unter strich je des Wort mit ihren Händen. „Was hältst du davon?“, fragte sie Zoe stolz.

Quinn blinzelte. Seine haselnussbraunen Augen musterten Elena, als ob sie unzurechnungsfähig wäre, obwohl er es besser wusste. Als er Ari geheiratet hatte, war ihm durchaus klar gewesen, wie exzentrisch ihre Familie war.

Connor Brannan, der sich, von Zoe unbemerkt, zu ihnen gesellt hatte, saugte an seiner Cola. Er war Quinns bester Freund. Beide waren im selben Kinderheim aufgewachsen und hatten als Detectives bei der Polizei gearbeitet. Als Partner in Zoes neuem Unternehmen hatten sie beide ein persönliches Interesse an dem Namen, den Elena vorschlug.

Zoe wusste, dass man auf die Ideen ihrer Mutter gar nicht reagieren durfte, sonst steigerte sie sich nur hinein, und ehe Zoe es sich versah, würde ein Safe Sex-Schild über ihrem Büro hängen und die Polizei würde kommen, um den Laden zu schließen.

„Mom, hast du nichts Wichtigeres zu tun? Wie zum Beispiel Sams Freunde zum Kuchen zusammenzurufen?“ Sie deutete auf die Gruppe junger Mädchen im Garten.

„Gute Idee. Ich hole die Kinder“, nutzte Ari die Gelegenheit, um zu entkommen.

Elena tätschelte Zoes Wange. „Okay, ich sehe, du bist nicht bereit, übers Geschäft zu reden. Dann später. Doch du solltest darüber nachdenken, den Namen schützen zu lassen, bevor jemand anders ihn verwendet.“

„Wofür denn? Einen Porno-Shop?“, fragte Zoe mit hochgezogener Augenbraue.

Quinn schüttelte lachend den Kopf. Er amüsierte sich mal wieder großartig über seine angeheiratete Verwandtschaft. „Ich werde Ari helfen, die gesamte Herde zusammenzutreiben.“

Bevor er sich auf den Weg machen konnte, tauchte Connors Verlobte Maria auf, die ihn mit sich fortzog. Sie arbeitete als Kellnerin im Casino.

„Sie sind offenbar glücklich“, sagte Zoe mit Blick auf das Paar.

Quinn nickte. „Connor ist hoffnungslos verknallt, seit er sie das erste Mal gesehen hat. Ich war erstaunt, wie rasch er akzeptiert hat, dass sie ein Kind hat.“

Die Kindheit im Kinderheim und ihr raues Umfeld hatten bei Connor und Quinn Narben hinterlassen. Doch beide hatten das inzwischen verarbeitet und begriffen, wie viel besser die Zukunft sein konnte, wenn sie ihr nur eine Chance gaben.

„Menschen tun eine Menge aus Liebe“, sagte sie fröhlich, fröhlicher, als sie sich eigentlich fühlte.

Schließlich würde sie niemals erfahren, was Liebe aus einem Menschen machen konnte. Sie hatte sich noch nie unsterblich verliebt. Nachdem sie während ihrer Kindheit die intensive Beziehung ihrer Eltern miterlebt hatte, ihre Streitereien und ihre Versöhnungen, war sie eigentlich froh, dass Amors Pfeil sie bislang verfehlt hatte. Sie hatte gesehen, wie ihre Mutter oft klein beigab, um ihren Vater glücklich zu machen, und Zoe konnte sich nicht vorstellen, für irgendeinen Mann ihre Unabhängigkeit zu opfern. Und auf eine eigene Familie war Zoe nicht unbedingt scharf, denn ohne Liebe gab es keine Familie, keine Babys. Sie verschwendete nicht viele Gedanken an das Thema. Vielleicht weil ihre jetzige Familie viel von ihrer Zeit und ihrer Energie beanspruchte. Sie war niemals allein, es sei denn sie wollte es.

„Du wirst es eines Tages selbst erleben“, sagte Quinn mit einem amüsierten Lächeln. „In der Zwischenzeit sollten wir uns vielleicht morgen früh im Büro treffen und über Geschäftliches reden?“, schlug er vor.

„Klingt nach einem guten Plan.“ Es war besser, wenn sie irgendwo sprachen, wo sie nicht von neugierigen Augen oder Ohren umgeben waren und wo ihnen niemand seine wohlmeinenden, aber verrückten Vorschläge zur Führung des neuen Unternehmens aufdrängte.

Zoe arbeitete bereits seit fast einem Jahr nicht mehr, und es war die Einmischung der Costas gewesen, die sie ihren Job gekostet hatte. Um ihrer Mutter zu helfen, hatte Zoe bei einem Casinobesitzer, dem Elena Geld schuldete, als Showgirl angefangen – zumindest so lange, bis sich herausstellte, dass ihre Mutter nur einen ihrer Tricks angewendet hatte, um Zoe zu verkuppeln. Da steckte Zoe aber schon mittendrin: Sie deckte nicht nur in kürzester Zeit eine Geldwäsche-Organisation auf und brachte sich damit in Gefahr, sondern geriet außerdem ins Visier der Polizisten, die bereits an dem Fall gearbeitet hatten, darunter auch Quinn. Der ließ sie über das Zeugenschutzprogramm untertauchen, bis die Ermittlungen beendet waren, sodass man ihrer Familie erzählen musste, dass sie vermisst wurde und vermutlich tot war. Nicht gerade Zoes glücklichste Zeit.

Später kanzelten ihre Vorgesetzten sie ab, weil sie nicht zu ihnen gekommen war, als sie die illegalen Geschäfte entdeckt hatte. Sie wurde suspendiert. Zoe kündigte daraufhin und kehrte nach Hause in den Schoß ihrer chaotischen Familie zurück. Während der Zeit in ihrem Unterschlupf hatte sie erkannt, dass ihr Job sie nicht so erfüllte, wie er es sollte – nicht, wenn er alles war, was sie hatte. Eine Zeit lang half sie ihren Eltern im neuen Spa, doch es passte nicht zu ihr, die Buchhalterin und Rezeptionistin zu spielen; zu sehr vermisste sie dabei Action und Überraschungen.

Die Action hatte sie zunächst beim FBI gesucht. Die Ausbildung in Quantico und der anschließende Auftrag hatten ihr Verlangen nach Aufregung mehr als erfüllt, doch auch hier hatten zu viele Regeln und Vorschriften zum Job dazugehört. Sie hoffte, dass ihr neues Unternehmen ihr den Spaß und die Befriedigung an der Arbeit wieder zurückgeben würde. Und sie freute sich darauf, nur für sich und ihre Partner zu arbeiten und sämtliche Sicherheitsmaßnahmen selber zu planen und durchzuführen.

Wenn die Firma erst einmal lief, würde sie sich eine eigene Bleibe suchen. Solange sie wegen ihrer Aufträge unterwegs gewesen war und mehr in Hotels als zu Hause gelebt hatte, hatte sie kein Problem gesehen, bei ihren Eltern zu wohnen. Doch nächste Woche feierte sie ihren dreißigsten Geburtstag. Es war höchste Zeit, erwachsen zu werden und auszuziehen.

Ihre Eltern warfen ihr Bindungsängste vor, sowohl was Männer als auch was andere Städte oder Jobs anging. Der Gedanke, sie könnte vor irgendetwas Angst haben, gefiel ihr nicht im Geringsten.

„Wir sprechen morgen darüber. Jetzt werde ich erst einmal Ari suchen“, unterbrach Quinn ihre Gedanken.

Zoe räusperte sich. „Gute Idee. Vielleicht kann sie Mom ein wenig im Zaum halten, die Sozialarbeiterin wollte noch kommen.“

Obwohl die Besuche der Sozialarbeiterin eine ernste Angelegenheit waren, konnten die beiden sich das Lachen nicht verkneifen. Sie beide fanden den Costas-Clan auf einzigartige Weise amüsant. Sie waren eine große Familie, eingeschlossen Sam, die sie beschützen und glücklich machen wollten.

Zoe wusste, wie wichtig es für Sam war, geliebt zu werden, und sie musste zugeben, dass die Costas trotz all ihrer Verschrobenheit genau das am besten konnten: lieben.

Fast da. Ryan Baldwin blickte auf den Plan des Privatdetektivs und bog rechts ein. Noch zwei Blocks, und die Suche nach dem Kind seiner Schwester hätte endlich ein Ende. Das bittersüße Ende einer langen, verzweifelten Suche.

Faith war drogenabhängig gewesen und mit siebzehn von zu Hause ausgerissen. Erst fünf Jahre später, als er achtzehn wurde, hatte Ryan die Suche nach ihr aufnehmen können. Doch die Fährte war mittlerweile kalt geworden, und Faith hatte ihren Namen so oft geändert, dass der Privatdetektiv unendlich viel Zeit gebraucht hatte, um herauszufinden, was mit ihr geschehen war.

Erst kürzlich hatte der Detektiv Informationen von einem Häftling erhalten, der Faith gekannt hatte, und die wichtigsten Ereignisse waren ans Licht gekommen. Ryan litt noch immer unter der schmerzhaften Entdeckung, dass seine Schwester vor sechs Jahren durch eine Kugel gestorben war, die für ihren Freund bestimmt gewesen war, einen Drogendealer, der nun eine lebenslange Haftstrafe absaß. Außerdem hatte ihn die Nachricht verblüfft, dass Faith ein Kind gehabt hatte.

Beim Blick auf seine Hände bemerkte er, dass seine Fäuste das Lenkrad viel zu fest umklammerten, und er lockerte den Griff. An Faith zu denken, war immer schwierig für ihn, erst recht jetzt, da er wusste, was mir ihr geschehen war.

Als Heranwachsender war Ryan hin- und hergerissen gewesen. Er hatte seine Schwester vermisst und sie gleichzeitig um die Freiheit, die sie gefunden haben musste, beneidet. Ihre behütete Kindheit in einem konservativen Vorort von Bos ton, Massachusetts, hatte nie mals zu der unabhängigen Persönlichkeit seiner Schwester gepasst. Da sein älterer Bruder J.T. bereits ausgezogen war, blieb Ryan als einziges Kind zurück. Seine Eltern hatten Faith damals enterbt, und Ryan hatte sich rasch auf die Situation eingestellt und sich so verhalten, wie es von ihm erwartet wurde.

Nachdem J.T. der Tradition gefolgt und ins familieneigene Kaufhaus eingestiegen war, um Vater und Onkel zu helfen, war Ryan mit dem Segen der Familie Anwalt geworden. Er war Partner in einer Kanzlei unten in der Stadt geworden und nahm dadurch auf eine Weise Abstand von den strengen Regeln seiner Familie, wie es seine Schwester damals nicht hatte tun können.

Diese Distanz hatte ihm die Kraft verliehen, die Suche nach seiner Schwester fortzusetzen, und die hatte sich letztlich gelohnt. Er würde gleich seine Nichte treffen, ein vierzehnjähriges Mädchen namens Samantha, das seit dem Tod ihrer Mutter vor sechs Jahren zwischen Kinderheim und Pflegefamilien hin- und herpendelte. Er wollte seine Nichte vor diesem furchtbaren Schicksal bewahren und sie nach Hause bringen, wo sie hingehörte.

Er hielt vor einem gepflegten Haus in einem Vorort von Jersey. Die Holzschindeln der Außenfassade waren in einem heiteren Gelb gestrichen, und auf dem Rasen stand ein Schild mit der Aufschrift „Costas Tages-Spa. Abendtermine möglich“.

Ryan schüttelte den Kopf und machte den Motor aus. Der Ermittler hatte ihm einige Informationen über Samanthas gegenwärtige Pflegefamilie besorgt, ein merkwürdiger Haufen. Noch vor einem Jahr hatten die Costas ihren Lebensunterhalt verdient, indem sie ein Comedystück aufführten, das auf der Addams Family basierte. Nun betrieben sie ein Spa. Ryan hielt das nicht gerade für den idealen Ort, um ein Kind aufzuziehen.

Bestimmt würde seine Nichte außer sich vor Freude sein, dass sie einen normalen und zuverlässigen Onkel hatte und eine Familie, die sie bei sich haben wollte. Nun, zumindest er wollte das. Der Rest der Sippe war mit Ausnahme seines Onkels Russ weniger erpicht darauf, „das Kind seiner abtrünnigen Schwester“ in den Schoß der Familie zurückzuführen. Mit seinen engstirnigen Eltern musste er später reden. Er atmete tief durch, stieg aus dem Wagen und rückte seine Krawatte zurecht, bevor er auf das Haus zusteuerte.

Musik und Gelächter drangen aus dem Garten hinter dem Haus, und als niemand auf sein Klingeln reagierte, folgte er dem Weg, der nach hinten führte. Er blickte sich um und ließ die Szenerie auf sich wirken. Ein Diskjockey spielte laute Musik, während ein Affe … Er blinzelte und sah erneut hin. Tatsächlich: Es war ein Affe, der da mit einem hübschen blonden Teenager auf einer Bühne tanzte.

Er fragte sich, ob das Mädchen seine Nichte war, und sein Herz machte einen Satz. Ein Haufen lachender und kichernder Kinder lief an ihm vorbei. Er blickte nach oben und bemerkte zum ersten Mal das Spruchband, das zwischen zwei große Bäume gespannt war. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Sam. Willkommen in der Familie“, stand darauf.

Ein unbehagliches Gefühl stieg in ihm auf, als ihm klar wurde, dass er hier nicht hereinspazierte und seine Nichte aus einer unpassenden und feindseligen Umgebung rettete. Mit der Absicht, sich eine neue Strategie zu überlegen, wandte er sich zum Gehen, doch eine leichte Berührung am Ärmel hielt ihn auf.

„Hier sind Sie!“, sagte eine weibliche Stimme.

Er drehte sich um und erblickte eine attraktive Frau in einem hellroten Kimono. Ihre langen schwarzen Haare flossen ihr über die Schultern. Ihr Äußeres war ungewöhnlich und unerklärlich. Wo er herkam, trugen Frauen Designer-Kleider oder Kostüme. Er wusste nicht, was er von dieser Geisha im mittleren Alter halten sollte, die ihn aus interessierten grauen Augen eingehend musterte.

„Ich bin Elena Costas.“ Sie schenkte ihm ein einladendes Lächeln. „Sie müssen der neue Mann vom Jugendamt sein. Ich weiß, dass die zuständige Sozialarbeiterin im Urlaub ist, doch sie versprach, jemanden zu schicken, um Sam zum Geburtstag zu gratulieren – was Sie in einer Minute tun können. Kommen Sie und lernen Sie erst einmal meinen Mann kennen.“

Sie hatte einen leichten griechischen Akzent und sprach so schnell und atemlos, dass er keine Gelegenheit hatte, ihr ins Wort zu fallen, bevor sie fertig war.

Er war nicht vom Jugendamt, und es war das Beste, das von vornherein klarzustellen. „Ich glaube, Sie verwechseln mich …“

Sie ignorierte seinen Protest, nahm seine Hand und zog ihn mit sich in die Menge. Er stöhnte laut auf, ergab sich aber in sein Schicksal. Auch wenn er mehr Durchsetzungsvermögen besäße – diese Frau konnte nichts aufhalten. Er fühlte sich trotzdem schuldig. Seine Eltern hatten ihn nicht dazu erzogen, zu lügen und zu betrügen, doch diese Frau bot ihm eine einzigartige Gelegenheit: Wenn Sams Pflegefamilie ihn für einen Sozialarbeiter hielt, würden sie ihn nicht abweisen.

Außerdem hatte er ja keine Ahnung, wie Sam auf ihn reagieren würde, und er begrüßte die Möglichkeit, seine Nichte beobachten und einen Plan ausarbeiten zu können, von dem sie beide profitieren würden, und um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, nahm er sich vor, die Verwechslung aufzuklären, bevor es zu irgendeinem Schaden kam.

Leider waren Elena und er noch nicht weit gekommen, als sie aufgehalten wurden.

„Stopp“, befahl eine schöne Frau, eine jüngere Version derjenigen, die ihn an der Hand führte.

Ryan konnte sie nur anstarren. Ihr seidiges schwarzes Haar ringelte sich um ihre Schultern. Sie trug ein limonen-grünes Trägertop zur ausgeblichenen Jeans. Das helle Shirt brachte ihren mediterranen Teint zur Geltung, ihre Haut schimmerte in der Nachmittagssonne. Sie verzückte ihn vollständig.

Die ältere Frau, die ihn inzwischen an einen Tornado erinnerte, hielt an und sagte etwas auf Griechisch, das er nicht verstand, bevor sie ins Englische wechselte.

„Zoe, dies ist der Mann vom Jugendamt, sei also nett zu ihm. Ich wollte ihm deinen Va ter vor stel len. Hast du ihn gesehen?“

„Er ist drinnen und holt den Kuchen.“ Sie deutete in Richtung des Hauses. „Mama, warum versammelst du nicht Sam und ihre Freunde zum Geburtstagsständchen?“

Sie hatte eine tiefe Stimme, bei der Ryan an heißen Sex dachte, und er spürte, wie er in der Nachmittagssonne zu schwitzen begann.

Elena nickte. „Ich habe vergessen, den Kuchen aufzutauen, deshalb hoffe ich, dass dein Vater daran denkt, heißes Wasser für das Messer mitzubringen. Und deine Tante Kassie hält sich hoffentlich zurück, denn du weißt ja, wie gerne sie den Kuchen backen wollte. Doch wir wollten Sam an ihrem Ehrentag eine besondere Freude machen.“ Sie blickte Ryan an und lächelte breit. „Sam liebt Eiscremetorte. Mögen Sie Kuchen, Mr. …?“

„Baldwin. Ryan Baldwin.“ In seinem Kopf schwirrte es noch, und er entschied, seinen richtigen Namen zu benutzen, um sich nicht selbst zu verwirren. Angesichts der zahllosen Namenwechsel seiner Schwester musste er nicht befürchten, mit Sara Morgan, so hatte sie sich zuletzt genannt, in Verbindung gebracht zu werden.

Er rang sich mit etwas Mühe ein zustimmendes Lächeln ab. „Ich liebe Kuchen.“

„Dann sehen wir zu, dass wir zum Auspacken der Geschenke kommen. Ich kann es kaum erwarten, wie Sam reagiert, wenn sie unser Geschenk sieht“, sagte Elena.

„Vielleicht sollten wir bis heute Abend warten, wenn wir allein sind“, erwiderte Zoe mit einem Seitenblick auf Ryan.

Ihre Mutter schüttelte den Kopf. „Unsinn. Mr. Baldwin scheint die Art von Mann zu sein, der ein junges Mädchen glücklich sehen will. Ich habe doch Recht, oder?“, fragte sie.

„Oh, selbstverständlich.“ Doch er fragte sich, was für eine Art Geschenk das wohl sein mochte, bei dem Zoe sich so unbehaglich fühlte.

„Siehst du?“ Elena nahm wieder seine Hand, griff auch nach Zoe und zog beide weiter in den Garten hinein.

Sie blieben an einem Picknicktisch stehen, und während Elena anfing, die Mädchen zusammenzutreiben, wandte sich Zoe mit ernstem Blick Ryan zu. „Sie müssen meine Mutter entschuldigen, aber sie ist so aufgeregt wegen dieser Party. Sie betet Sam einfach an und möchte, dass alles perfekt ist. Sie werden meine Familie mögen“, versicherte sie Ryan, und ihr Bedürfnis nach seiner Zustimmung war unverkennbar.

Für sie war er der Sozialarbeiter, der mit darüber entschied, ob sie Sam ein passendes Zuhause boten. Sie mussten einen guten Eindruck auf ihn machen. Für ihn als Onkel wiederum wäre es besser, wenn sie bei jedem Kontrollbesuch versagten.

Doch als er Zoes ausdrucksvolles Gesicht betrachtete und ihre offensichtliche Freude an diesem Tag bemerkte, erkannte er, dass dies kein Fall für einen Sozialarbeiter war. Zoes Liebe zu seiner Nichte war so echt, dass er sie dafür einfach mögen musste.

„Ich bin sicher, dass mir Ihre Familie gefallen wird“, erwiderte er. Auch wenn ihm das, was er bislang gesehen hatte, wie eine Karnevalsveranstaltung erschien.

Zoe ließ die Schultern sinken und schien sich zu entspannen. „Wie geht es Katherines Mutter? Wir waren alle sehr traurig, als wir erfuhren, dass sie heute nicht kommen kann, weil ihre Mutter gestürzt ist.“

Einen Augenblick stieg Panik in ihm auf, bis er begriff, dass Katherine die zuständige Sozialarbeiterin sein musste. „Sie wird wieder gesund.“ Er hoffte, dass das der Wahrheit entsprach.

„Okay, Zeit für den Kuchen“, ertönte eine männliche Stimme aus den Lautsprechern. „Kommt alle her.“ Der Mann sprach langsam und hatte einen ausgeprägteren Akzent als Zoes Mutter.

„Wo ist Samantha?“, fragte Ryan, dessen Nerven zum Zerreißen gespannt waren.

„Dort“, erwiderte Zoe.

Ryans Blick folgte der Richtung ihres Fingers, und wieder war er sicher, eine Halluzination vor sich zu haben. Der Affe, den er am Anfang erblickt hatte, balancierte auf dem Rücken eines großen Hundes. Die Tiere hielten an, als ein kahler Mann mit einer riesigen Eiskremtorte in den Händen vortrat. Bei ihm eingehakt hatte sich ein hübscher blonder Teenager.

„Faith“, sagte er laut.

„Sam. Das ist meine zukünftige Adoptivschwester Samantha“, sagte Zoe stolz. „Natürlich ist sie für uns schon jetzt Teil der Familie“, versicherte sie ihm rasch.

Er nickte, doch er konnte ebenso wenig sprechen, wie er seine Augen von dem Mädchen abwenden konnte, das seiner Schwester wie aus dem Gesicht geschnitten war. Mit vierzehn war Sam drei Jahre jünger als Faith es gewesen war, als sie weggegangen war. Sam hatte das gleiche lange blonde Haar und ähnliche Gesichtszüge, allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Während Faith oft mürrisch ausgesehen hatte, niedergedrückt von den Forderungen und Erwartungen ihrer konservativen Familie, wirkte Sam lebhaft, glücklich und voller Energie.

Er schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter. „Sie ist ein sehr hübsches Mädchen.“

„Ja, das ist sie. Ich bin sicher, dass das Bild in Ihren Akten ihr nicht gerecht wird“, sagte Zoe.

Er murmelte etwas Unverständliches.

Ihre Unterhaltung hatte ein Ende, als alle „Happy Birth-day“ sangen. Der Affe blies die Kerzen aus, bevor Sam eine Chance dazu hatte. Lachend schlug sie ihre Handfläche gegen seine, und im Gegenzug streckt ihr das Tier die Zunge hinaus, grinste dann breit und gab ihr einen Kuss.

Das Ganze schien ein Ritual zu sein. „Offenbar kennt sie den Affen schon länger“, sagte Ryan und fragte sich, ob er so dämlich klang wie er sich fühlte.

„Das tut sie“, erwiderte Zoe ungerührt. „Spank lebte eine Zeit lang bei uns.“

„Spank?“

„Der Affe.“ Zoe verdrehte die Augen. „Fragen Sie bitte nicht, okay? Er lebt inzwischen bei seinem Trainer. Wir verstoßen gegen keine Auflage und kein Gesetz, und niemals würden wir Sam oder irgendein anderes Kind einer Gefahr aussetzen.“ Ein bittender Unterton lag in Zoes selbstbewusster Stimme.

Und wieder hatte er das Bedürfnis, sie zu beruhigen. „Ich weiß, dass Sie das niemals tun würden.“ Unwillkürlich nahm er ihre Hand.

Augenblicklich schienen Funken zwischen ihnen zu sprühen. Sein Blick suchte den ihren, und in ihren grauen Augen erkannte er die gleiche Überraschung und das gleiche Vergnügen.

Er fühlte ebenso, auch wenn er das nicht sollte. Doch er ließ seine Fingerspitzen verweilen. Ihre Haut war weich und so verführerisch. Niemals zuvor hatte er ein solch plötzliches Verlangen verspürt. Was für eine Ironie: Ausgerechnet dieser Frau durfte er nicht näher kommen.

Sie begegnete seinem Blick und lächelte. Ein offenes, aufrichtiges und interessiertes Lächeln. Ryan geriet selten in Schwierigkeiten, doch mit Zoe Costas würde ihm genau das passieren …

„Möchten Sie Sam kennenlernen? Und sich davon überzeugen, wie glücklich sie bei meinen Eltern ist?“ Ihre Stimme war einen Tick heiserer als zuvor. Die Anziehungskraft zwischen ihnen war unausgesprochen und doch greifbar.

Er nickte. „Ich würde sie gerne kennenlernen.“ „Sam!“, rief Zoe, und das Mädchen kam herbeigelaufen.

Sie strahlte Zoe an. „Hey, Schwesterherz. Amüsierst du dich auch so gut wie ich?“ Schwesterherz. Er erschauerte bei der Erinnerung, die das Wort in ihm wachrief, und angesichts der Tatsache, dass seine Nichte sich offensichtlich bereits als Teil der Familie fühlte.

„Wunderbar. Ich möchte, dass du jemanden kennenlernst.“ Zoe deutete auf Ryan.

Er straffte die Schultern und fühlte sich plötzlich steif und unbehaglich, als Sam ihn von oben bis unten musterte und dann die Stirn runzelte. „Ich hoffe, er ist nicht dein Freund.“ Sie zog die Nase kraus.

Offensichtlich entsprach er nicht den Erwartungen. Er versuchte, sich nicht zu ärgern. Sie kannte ihn ja noch gar nicht.

„Sam, das ist nicht nett“, wies Zoe sie zurecht. „Und Mr. Baldwin ist zufällig Katherines Stellvertreter. Er ist dein Betreuer, nicht mein Freund.“

„Oh, tut mir leid.“ Das junge Mädchen blickte zu Boden und fingerte an einigen alten Schlüsseln herum, die sie an einer Kette um den Nacken trug.

Verängstigt? Verlegen? Er war sich nicht sicher, doch schließlich schaute sie auf und begegnete seinem Blick.

„Hey, Mister, ich wette, ich kann Ihnen sagen, wie groß Ihre Schuhe sind“, sagte Sam in dem offensichtlichen Versuch, ihren Fehler durch die Forschheit wieder wettzumachen.

Ryan warf Zoe einen fragenden Blick zu.

Offensichtlich amüsiert, grinste sie, ohne Sams Geheimnis preiszugeben.

Er zuckte die Achseln. „Okay, ich spiele mit. Wie groß sind meine Schuhe?“

„So groß wie Ihre Füße“, sagte Sam und brach in brüllendes Gelächter über ihren eigenen Witz aus.

Er begriff die Pointe nicht sofort und bemerkte nur, dass Zoe in Sams Lachen einfiel.

Zoe schüttelte den Kopf und versuchte, sich zusammenzureißen. Es war nicht Sams alter, müder Scherz, der sie zum Lachen gebracht hatte, sondern der arme Ryan Baldwin mit seinem verständnislosen Blick. Sie fragte sich, ob es wehtat, so verklemmt und zugeknöpft zu sein. Aber gut – wenn er Sams neuer Betreuer war, würde ihn der Costas-Clan innerhalb weniger Tage kurieren.

Sie musste zugeben, dass er mit seinem sandfarbenen Haar und den braunen Augen ein verdammt süßer Kerl war, auch wenn er schon von Berufs wegen ein Paragraphenreiter sein musste. Mit einem solchen Mann würde sie sich zweifellos noch eingeschränkter und unfreier fühlen als damals in ihrem Unterschlupf. Trotzdem spürte sie die Versuchung, das Terrain zu erkunden, und sie fragte sich, wie er wohl reagieren würde, wenn sie die Hand ausstreckte und …

„Der hat ja ’nen Stock im Hintern …“, flüsterte Sam hörbar.

Ryan riss schockiert die Augen auf.

Zoe verkniff sich das La chen und bedachte Sam statt dessen mit einem strengen Blick. Glücklicherweise verstand Sam die Botschaft und blickte scheinbar zerknirscht zu Boden. Zoe wusste, dass sie alles andere war als das.

„Tut mir leid“, murmelte Sam.

„Ist schon in Ordnung“, sagte Ryan.

„Ich muss los, ich habe was mit Stacey zu besprechen“, sagte Sam.

Zoe nickte zustimmend. „Das ist eine gute Idee.“

Bevor sie ging, blickte Sam zu Ryan. „Nett, Sie kennenzulernen, Mr. Baldwin. Sie lassen mich doch bei Elena und Nicholas, oder?“

Zoes Herz zog sich zusammen, nicht wegen Sams Bitte, sondern wegen ihres plötzlich so höflichen Tonfalls. Das war nicht die echte Sam, und Zoe hasste die Angst und Unsicherheit, in der Sam jeden einzelnen Tag leben musste.

„Geh und amüsier dich. Heute werden keine Entscheidungen getroffen.“ Zoe fuhr dem Mädchen durch das lange Haar und wandte sich wieder Ryan zu, nachdem Sam davongestoben war.

„Wenn Sie die Angelegenheit irgendwie beschleunigen könnten, wäre das für alle das Beste, glauben Sie mir. Vor allem im Interesse des Kindes“, sagte sie und plapperte damit Katherine und jedem anderen von der Fürsorge nach. „Ich meine, wenn Sie das sowieso vorhaben und wir das sind, was Sam sich wünscht …“ Zoe erstarb, als sie Ryans verschlossene Miene bemerkte.

Offensichtlich hatte sie eine Grenze überschritten. Die Costas neigten dazu, das öfter zu tun. Die ganze Familie war damit beschäftigt, sich darüber Sorgen zu machen, ob sie die Erwartungen anderer auch erfüllte. Sie waren eben eine schräge Sippe und nichts konnte das ändern, auch nicht die Adoption eines Kindes.

Glücklicherweise hatte das Jugendamt dem Pflegeplatz zugestimmt und die letzten Monate waren ohne Zwischenfall verlaufen. Wenn sie ihre Mutter jetzt noch dazu bringen konnte, Sams Geburtstagsgeschenk zurückzuhalten, bis Ryan Baldwin gegangen war, würde sie sich bedeutend besser fühlen. Sie wandte sich ihm zu.

„Es tut mir leid. Ich bedränge Sie nicht mehr, versprochen. Wie wäre es mit einem Rundgang durchs Haus?“, fragte sie mit übertriebener Fröhlichkeit, weil sie sich daran erinnerte, dass dies eines der ersten Dinge war, nach denen die anderen Sozialbetreuer gefragt hatten.

Er schien sich zu entspannen und lächelte sogar. „Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie genau wie Ihre Mutter sind?“

Sie neigte ihren Kopf zur Seite. „Wenn Sie damit meinen, dass ich penetrant bin, einen Hang zum Plappern habe und normalerweise meinen Willen bekomme, dann muss ich gestehen: ja. Viele Leute finden, dass meine Mutter und ich uns ähnlich sind.“

„Ich dachte daran, dass Sie beide so was wie ein Tornado sind.“ Um seine Augen bildeten sich Lachfältchen. „Aber ich muss zugeben, dass Sie beide irgendwie erfrischend sein können.“

„So kann man es auch bezeichnen. Das aus dem Munde eines … wie kann ich das taktvoll ausdrücken? Und das aus dem Munde eines beherrschteren Menschen, als ich es bin, kann man sogar als Kompliment nehmen.“

Er lachte, wobei plötzlich seine zwei Grübchen sichtbar wurden. Wie er so entspannt und warm lächelnd vor ihr stand, fiel Zoe wieder auf, wie gut er tatsächlich aussah. Es war schon merkwürdig, dass sie das zur Kenntnis nahm, da ein Anzugträger normalerweise die letzte Sorte von Mann war, der sie Beachtung schenkte, doch zum Teufel damit. Das Adrenalin, das durch ihren Körper wallte, bewies, dass sie nicht tot war, wie ihre Mutter immer gern behauptete.

„Ich würde jetzt gern diesen Rundgang machen“, wechselte er das Thema.

„Kommen Sie.“ Zoe nahm seine Hand und zog ihn mit sich.

Sie führte ihn beiläufig durch das Spa, das komplett vom Wohnbereich der Costas abgetrennt war. Es gab auf beiden Seiten des Anwesens Eingänge, sodass niemand von dort aus in das Haus hinein konnte. Sie zeigte ihm all die Sicherheitsvorkehrungen und konnte nicht verbergen, wie stolz sie war, dass ihre Familie in so kurzer Zeit solchen Erfolg hatte.

Er stellte Fragen, sie antwortete. Er lachte sogar einoder zweimal über ihre Witze. Und die ganze Zeit über spürte sie die Hitze, die seine Berührung in ihr ausgelöst hatte, und fühlte noch den Druck seiner großen Hand in der ihren. Die unangemeldeten Besuche der anderen Sozialarbeiter hatte sie nicht gemocht, aber an die Anwesenheit dieses Typen könnte sie sich gewöhnen.

Sie beendeten den Rundgang in der Küche, und Zoe setzte sich auf den Tresen. „Nun, was denken Sie?“

Sein Nicken wirkte wie eine widerwillige Anerkennung. „Es ist eine ungewöhnliche Umgebung, doch Sie haben eindeutig sichergestellt, dass die Familie von den Spa-Gästen getrennt und geschützt ist. Die Kuhglocke war ein einzigartiges Erlebnis.“

Sie verdrehte die Augen. Das musste man sich mal vorstellen. Zoe hatte ihm die ganze High-Tech-Überwachung erklärt, die Videokameras und das Alarmsystem, doch am meisten beeindruckt hatte ihn offenbar Elenas persönliche Methode, den geschäftlichen und den privaten Bereich des Hauses zu trennen – eine riesige Kuhglocke im Türrahmen, die man weder bewegen noch unbrauchbar machen konnte. Die hatte sie schon benutzt, als Zoe und Ari jünger waren, damit die beiden sich nicht aus dem Haus schleichen oder zu spät heimkommen konnten.

Zoe zuckte die Schultern. „Was soll ich sagen? Mom und Dad haben ihre eigenen Methoden. Doch sie sind gute Eltern.“

Er trat näher. Sein schwerer, männlicher Duft trat ihr in die Nase, und ein warmes Prickeln stieg in ihrer Brust auf.

„Ihre Familie ist eindeutig anders“, sagte er.

„Ich nehme an, Sie kommen aus einer eher konservativen Familie?“ Sie lachte und zupfte spielerisch an seiner Krawatte, bevor ihr wieder bewusst wurde, wer er war. Der Sozialarbeiter, der über Sams Schicksal entscheiden würde.

Sie wollte ihre Hand zurückziehen, doch stattdessen nahm er sie und blickte sie unverwandt an. Die Luft um sie herum schien sich zu verdichten und flimmerte fast vor Erwartung. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann ein Mann sie das letzte Mal schon bei der ersten Begegnung so sehr angezogen hatte.

Zoe führte ein gesundes Sexualleben, aber kein Liebesleben. Diese Bezeichnung sparte sie für Seelenverwandte auf, für Paare wie ihre Eltern oder wie Quinn und Ari, für viele Menschen, nur nicht für sich selbst. Sie hatte keine Ahnung, wie Menschen einander fürs Leben verpflichten konnten und das einhielten. Ihr war das nicht einmal mit einem Job gelungen.

Sie verstand ihre eigenen Schwächen und akzeptierte sie, doch sie war auf dem Weg, ein erwachseneres Leben zu führen. Die Heirat ihrer Schwester hatte sie begreifen lassen, dass es Zeit war, sich zu verändern. Zoe vermutete, dass sie von Glück sagen konnte, dass ihr die Liebe nie über den Weg gelaufen war. Eine Entscheidung weniger, die sie treffen und mit der sie leben musste, dachte sie sich.

Und da sie in wenigen Tagen dreißig wurde, wartete sie schon lange nicht mehr auf die große Liebe. Außerdem genoss sie ihre Freiheit zu sehr, um sie für einen Mann aufzugeben.

Sie blickte den gut aussehenden Mann vor sich an und war überrascht von der überwältigenden Anziehungskraft zwischen ihnen. Als eine Frau, die Aufregung mochte, genoss sie den Adrenalinschub in ihrem Körper und hatte kein Problem, diesem Prickeln nachzugeben.

Solange sie da mit nicht Sams Zukunft gefährdete. Glücklicherweise unterbrach das Klingeln des Telefons ihr immer länger werdendes Schweigen, und sie griff nach dem Hörer. „Hallo?“

„Elena?“, fragte eine Stimme.

„Nein, hier ist Zoe.“

Sie warf Ryan einen entschuldigenden Blick zu und hob einen Finger als Signal, dass er eine Minute warten möge.

„Hier ist Katherine Farr, Samanthas Sozialarbeiterin“, sagte die Stimme am anderen Ende. „Ich wollte mich nur entschuldigen, dass weder ich noch einer meiner Kollegen es heute zu Sams Party geschafft hat.“

Zoe kniff die Augen zusammen. „Aber …“

„Ich weiß, dass Sie enttäuscht sind, und Samantha ist es sicher auch, doch es ging nicht anders. Meine Mutter braucht mich für ein paar weitere Wochen, und meine Kollegen sind mit dringenden Fällen beschäftigt. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür.“

„Schon.“ Zoe blickte unter ihren Wimpern verstohlen zu Ryan.

„Nehmen Sie es als Kompliment. Samantha hat sich so gut entwickelt. Ich weiß, dass sie sicher und in guten Händen ist, und habe insofern kein Problem, die abschließende Beurteilung um ein paar Wochen zu verschieben, bis ich wieder da bin.“

„Okay.“ Zoe wollte sich nicht verraten. Ryan betrachtete mit dem Rücken zu ihr die Fotos am Kühlschrank.

„Meine Kollegen werden sich während meiner Abwesenheit mit den Problemfällen beschäftigen müssen“, erklärte Katherine.

„Ich verstehe. Und ich hoffe, dass Ihre Mutter sich erholt.“

„Vielen Dank, meine Liebe. Sie geben die Nachricht an Ihre Eltern weiter?“

„Das tue ich auf jeden Fall.“ Zoe beendete das Gespräch und wandte sich dem Fremden in ihrer Küche zu.

Einem Mann, der etwas in ihr berührte, das viel zu lange geschlummert hatte. Einem Mann, der offensichtlich etwas vorhatte.

Sie trat zu ihm und zupfte ihn am Ärmel.

„Sind das Sie und Sam?“ Er deutete auf ein Bild, auf dem Zoe, Ari und Sam mit orange angesprühten Gesichtern und Armen in die Kamera lächelten.

„Wir ließen eine alte Kindheitserinnerung neu aufleben“, erwiderte sie lachend, bevor sie sich eines Besseren besann. „Lassen Sie das.“ Seine Augen wurden schmal. „Was ist los? Ist irgendwas nicht in Ordnung?“

„Sie sind nicht in Ordnung, Ryan Baldwin, sofern das überhaupt Ihr Name ist. Da ich gerade Sams Sozialarbeiterin am Telefon hatte und ich weiß, dass sie keinen Ersatz schicken konnte, würde ich gerne wissen, wer zum Teufel Sie sind. Und warum zum Teufel Sie hier bei meiner Familie und in unserem Haus herumschnüffeln.“

2. KAPITEL

Ryan begriff so fort, dass seine Deckungaufgeflogen war, und sein Magen zog sich zusammen. Er war zwar erleichtert, dass er die Täuschung beenden konnte, doch er erwartete zugleich die Auseinandersetzung, die folgen würde. Er hatte sich während der ganzen Autofahrt von Boston hierher darauf vorbereitet.

Er blickte Zoe an. Die freundliche, charmante Frau von eben war verschwunden. Stattdessen schlug ihm aus den tiefen grauen Augen, die ihn noch vor zehn Minuten mit Wärme und Interesse angesehen hatten, nun kühle Verachtung entgegen.

„Wer zum Teufel sind Sie?“, fragte Zoe erneut.

Ryan begrüßte das Eingreifen des Schicksals. „Ich bin Sams Onkel.“

„Sam hat keine Familie.“ Sie verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. „Wollen Sie sich vielleicht eine andere Lüge ausdenken?“

„Das ist die Wahrheit. Meine Schwester Faith war Sams Mutter.“

„Sams Mutter hieß Sara.“

Er holte die Unterlagen von dem Privatdetektiv aus der Tasche und gab sie ihr.

Zoe blätterte durch die Papiere, die sowohl ihre als auch seine Worte bestätigten, und wurde blass. „Ich nehme an, dies sind Kopien?“

Er nickte. „Sie können sie gerne behalten.“

Sie rollte sie zusammen und behielt sie in einer Hand. „Selbst wenn Sie die Wahrheit sagen, finden Sie nicht, dass Sie sich verdammt viel Zeit gelassen haben, hier vorbeizukommen?“

„Faith lief mit siebzehn von zu Hause fort. Damals war ich erst dreizehn. Sie hatte mit Drogen zu tun und änderte ihren Namen so oft, dass sich ihre Spur verlor. Aber das macht keinen Unterschied. Sam ist meine Nichte.“

„Und?“ Sie spuckte das Wort förmlich aus.

„Und ich möchte sie nach Hause bringen.“

„Was, wenn Sam das nicht möchte? Nachdem sie jahrelang hin- und hergeschoben worden ist, hat sie endlich eine Familie gefunden. Hier. Mit uns.“

Ryan hatte sie schon vor seiner Enthüllung begehrt, doch ihr feuriges Temperament fachte das Verlangen in seinen Adern nur noch mehr an.

„Glauben Sie wirklich, Sie können hier auftauchen, mit irgendwelchen Dokumenten herumfuchteln, die Sie als Blutsverwandten ausweisen, und Sie mitnehmen? Denken Sie doch mal nach. Sie kommen Lichtjahre zu spät, um Sam auch nur ein bisschen gut zu tun.“

Er schluckte schwer, weil Zoe seine größten Ängste ausgesprochen hatte, doch das bedeutete nicht, dass er klein beigab. Er beugte sich vor zu ihr. „Kein Gericht dieser Welt wird es gegen mich verwenden, dass ich zu jung war, um Sam früher zu finden.“

Gericht? Zoe fühlte, wie das Blut aus ihrem Kopf wich und ihr schwindlig wurde. Ihre Familie mochte die Kontrollen eines Sozialarbeiters überstehen, doch wenn ein Richter wählen sollte zwischen diesem Mann, der mit Sam blutsverwandt war und untadelig normal wirkte, und ihrer verrückten Familie, dann hatte der Costas-Clan keine Chance.

Das begriff sie ebenso wie ihr die Konsequenzen von Ryan Baldwins Besitzansprüchen einleuchteten. Sie würde ihn so bald wie möglich überprüfen und Quinn und Connor auf die Vergangenheit und Gegenwart dieses Mannes ansetzen. Doch in der Zwischenzeit musste sie für sich und ihre Familie Zeit gewinnen.

Auf gar keinen Fall durfte er die Wahrheit gegenüber Sam oder dem Jugendamt enthüllen. „Sie glauben doch wohl nicht, dass Sie nur mit dem Finger schnipsen brauchen, und alles läuft nach Ihren Vorstellungen“, sagte sie zuckersüß.

Er zuckte die Achseln, doch die Bewegung drückte eine Arroganz aus, die sie vorher nicht an ihm bemerkt hatte. Nicht hatte bemerken wollen, das musste sie zugeben. Sie war darauf hereingefallen, dass er für den öffentlichen Dienst arbeitete, und sein gutes Aussehen hatte sie für ihn eingenommen.

Nun, da sie ihren kritischen, beruflichen Blick einsetzte, erkannte sie, dass sein europäischer Anzug für einen Sozialarbeiter zu teuer war und dass er einen leichten Neuengland-Akzent hatte, was bedeuten konnte, dass er im Notfall nicht nur die Absicht, sondern auch das nötige Geld hatte, um vor Gericht zu ziehen.

Die Costas hatten das nicht.

Sie nahm ihren Verstand, ihre Entschlusskraft und jedes Fünkchen Selbstbewusstsein zusammen, um sich ihm ebenbürtig zu zeigen. Ihre Familie und Sams Wohlergehen standen auf dem Spiel. „Okay, halten wir einige Punkte mal fest, ja?“

Er hob eine Augenbraue. „Nur zu.“

„Im Moment hat meine Familie das Sorgerecht für Ihre Nichte.“

„Ja.“ Er musterte sie mit diesen klugen braunen Augen.

„Ich bin mir sicher, dass Sie nicht davon ausgehen, dass wir Sam einem völlig Fremden übergeben, blutsverwandt oder nicht. Wir möchten wissen, was für ein Zuhause Sie ihr geben wollen. Ist das fair?“

Er senkte zustimmend den Kopf, antwortete allerdings nicht.

Sie musterte sein Gesicht eingehend. Am Zucken eines Kiefermuskels konnte sie ablesen, dass sie ihn irgendwie in die Enge getrieben hatte.

Sie beschloss, ihn noch weiter zu bedrängen. „Sind Sie verheiratet?“

„Nein.“

„Verlobt?“

Er schüttelte den Kopf.

„Dann sind Sie also Single. Interessant“, sagte sie in einem Ton, der nicht nur seine Fähigkeit, ein junges Mädchen aufzuziehen, in Frage stellte. „Sie sagten, dass Ihre Schwester fortging, als Sie jung waren, erwähnten aber keine andere Familie. Sind Ihre Eltern noch am Leben?“

„Ja.“ Seine Miene verschloss sich.

Sie runzelte die Stirn. „Das sind sie? Ja? Wissen sie, dass Sie Ihre Nichte gefunden haben?“

„Ja.“ Sein Kiefer verkrampfte sich kaum wahrnehmbar.

„Und doch sind sie nicht hier bei Ihnen.“

Er schwieg einen Moment, bevor er antwortete. „Wir dachten, es wäre am besten so.“ Das Zucken des Muskels wurde stärker.

Sie notierte sich im Geiste, dass Quinn tief in die Familiengeschichte eintauchen sollte. Wenn Ryan dreizehn gewesen war, als seine Schwester fortlief, was hatten dann die Eltern getan, um Faith zu finden, bevor die Spur kalt wurde? Ryan Baldwins Schweigen sagte mehr als alle Worte. Was auch immer hinter dieser Zurückhaltung steckte, gab ihr vielleicht die Möglichkeit, seine Offenbarung gegenüber Sam zu verzögern oder gar zu verhindern.

Sie trat an ihn heran und bemerkte sein teures Rasierwasser, ein Duft, an den sie sich unter anderen Umständen gewöhnen könnte. „Ich schlage Ihnen einen Handel vor. Eine Art quid pro quo – eine Hand wäscht die andere.“

„Ich höre.“

„Sie dürfen meine Familie und Sam mit dieser Sache nicht einfach überfallen. Sam ist verletzlich und muss Sie zuerst kennenlernen.“

Er nickte zustimmend und seine Miene wurde weicher. „Das klingt fair. Was schlagen Sie vor?“

„Katherine, die Sozialarbeiterin, hat die abschließende Beurteilung um ein paar Wochenver legt, weil sie einen Notfall in der Familie hat. Beim Jugendamt sind sie so überlastet, dass sie niemand anderen für den Fall erübrigen können. Ich schlage vor, dass Sie weder dort noch Sam erzählen, wer Sie angeblich sind.“

„Wer ich tatsächlich bin.“

Sie schüttelte den Kopf, um ihm zu zeigen, dass sie ihm nicht einfach aufs Wort glaubte. „Wie auch immer. Ich schlage vor, dass Sie Ihre Scharade weiterspielen. Tun Sie so, als seien Sie Sozialarbeiter und kommen Sie in den nächsten Wochen bis zur abschließenden Beurteilung so oft vorbei, wie Sie wollen. Sie werden Sam kennenlernen und sie hier in ihrem Zuhause erleben.“

Er runzelte die Stirn. „Das klingt irgendwie einseitig. Was habe ich von der Sache?“

Autor