Im Strandhaus der Leidenschaft

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KÜSSE IM STRANDHAUS DER LIEBE

Als er arm war, wies ihn die die schöne Gemma zurück. Doch jetzt braucht die junge Hotelerbin dringend einen Mann. Für Andreas, mittlerweile Multimillionär, die Chance, sich zu rächen. Tatsächlich werden sie getraut - und in seinem Strandhaus wird er genau das tun, was sie vor Jahren tat: Ihr Begehren schüren - und sie dann eiskalt abweisen. Doch als er sie zärtlich küsst, erkennt er, wie es tatsächlich um sein Herz bestellt ist ...

IM STRANDHAUS DER SEHNSUCHT

"Ich soll was?" Entsetzt glaubt Sable, sich verhört zu haben. Aber Kain Gerards arrogantes Lächeln erlaubt keine Zweifel: Der blendend aussehende Multimillionär glaubt tatsächlich, sie hätte eine Affäre mit seinem jungen Cousin und sei hinter dessen Vermögen her! So etwas würde ich niemals tun! will Sable rufen. Aber Kain besteht darauf, dass sie ihn in sein Strandhaus begleitet, um sie von seinem Cousin fernzuhalten. Dort, an der wildromantischen Küste, muss sie ihr Schicksal in seine Hände legen. Und irgendwie versuchen, Kains männlicher Anziehungskraft zu widerstehen …

HEIßE NÄCHTE IM STRANDHAUS

Als Anna sich auf Ischia in Francesco verliebt, ahnt sie nicht, wem sie ihr Herz geschenkt hat. In seiner kleinen Hütte erleben sie Nächte voller Leidenschaft. Doch dann muss sie nach London zurück. Nur wenige Wochen später erlebt sie eine Enttäuschung, als Francesco eintrifft: Ihr Traummann ist in Wahrheit ein Milliardär, der plötzlich nichts mehr von ihr wissen will. War sie nur ein heißer Flirt für ihn?

IM STRANDHAUS DER LIEBE

Ihre sinnlichen Lippen, ihr glänzendes Haar - alles an Eve zieht den Unternehmer Jake Romero unwiderstehlich an. Auch wenn sie ihm die kalte Schulter zeigt. Jake bleibt nur eine Hoffnung: Wird er in seinem romantischen Strandhaus auf San Felipe endlich ihr Herz erobern?

UNSER STRANDHAUS DER TRÄUME

Als Dr. Nick Bellini sie in seinem kalifornischen Strandhaus küsst, ist Katie glücklich, aber auch misstrauisch. Und wenn ihr attraktiver Kollege nur aus kühler Taktik mit ihr flirtet? Wenn es ihm nur um dieses alte Familienerbe geht, zu dem sie ihm verhelfen kann?


  • Erscheinungstag 12.04.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733735661
  • Seitenanzahl 738
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Melanie Milburne, Robyn Donald, Trish Morey, Anne Mather, Joanna Neil

Im Strandhaus der Leidenschaft

Melanie Milburne

Küsse im Strandhaus der Liebe

IMPRESSUM

ROMANA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Brieffach 8500, 20350 Hamburg
Telefon: 040/347-25852
Fax: 040/347-25991

© 2006 by Melanie Milburne
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1718 - 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Veramaria Schwallbach

Fotos: dolgachov / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format im 03/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86349-315-8

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

1. KAPITEL

„Aber du musst mich heiraten!“, sagte Gemma in verzweifeltem Ton. „Es ist nicht mal mehr eine Woche bis zu meinem Geburtstag. Ich werde alles verlieren, wenn du mich nicht heiratest!“

Das mechanische Surren von Michael Carters Rollstuhl, als er sich weiter von ihr entfernte, ließ Gemma das Blut in den Adern gefrieren.

Er war ihre letzte Hoffnung.

Alles, was sie durchgemacht hatte – alles, was sie beide durchgemacht hatten – all der Kummer und das Leid wären vergeblich gewesen, wenn er sich nicht an ihre Abmachung halten würde.

„Ich kann es nicht“, erwiderte Michael und wich ihrem panischen Blick aus. „Ich dachte, ich könnte es tun, aber es geht einfach nicht. Es wäre nicht richtig.“

Richtig?“ Sie spuckte dieses Wort aus, als würde es ihr die Kehle verbrennen. „Was ist nicht richtig daran, dass ich Anspruch auf das erhebe, was mir rechtmäßig zusteht? Du hast den Bedingungen zugestimmt, Herrgott noch mal!“

„Ich weiß, aber die Dinge liegen jetzt anders.“

Gemma blickte ihn nun erschrocken an. „Willst du mehr Geld?“, fragte sie und rechnete in Gedanken schon durch, wie viel Geld sie noch vom Vermögen ihres verstorbenen Vaters abzweigen konnte. Sie würde The Landerstalle Hotel verkaufen müssen, aber das war ihre geringste Sorge. Sie wollte es sowieso nicht.

Sie warf Michael einen durchdringenden Blick zu. „Geht es dir darum? Willst du mehr Geld?“

Er wendete den Rollstuhl mit einem Geschick, das sie insgeheim immer bewundert hatte, und seine grauen Augen wurden von einem Ausdruck erfüllt, den sie noch nie darin gesehen hatte. „Hör mir zu, Gemma. Du weißt, dass ich nie ein richtiger Ehemann für dich werde sein können …“

„Ich will keinen richtigen Ehemann! Gerade du solltest das wissen.“

„Es tut mir leid … du musst denken, dass ich dich absichtlich im Stich lasse, aber so ist es absolut nicht“, erwiderte er.

In Gemmas kobaltblauen Augen begannen Tränen aufzusteigen, doch mit der Entschlossenheit, die nach dem Unfall, der ihrer beider Leben verändert hatte, zu ihrem Markenzeichen geworden war, gelang es ihr, sie zurückzuhalten.

„Ohne dich kann ich es nicht schaffen, Michael. Es ist doch nur für sechs Monate. Sechs lächerliche Monate! Ist das zu viel verlangt?“

Er sah ihr nicht in die Augen. „Ich habe andere Pläne … Ich gehe weg. Vielleicht nach Übersee … Ich habe das Gefühl, dass ich einen gewissen Abstand zwischen meiner Vergangenheit und meiner Zukunft brauche.“

„Und was ist mit meiner Zukunft?“, fragte sie. „Ohne dich habe ich keine Zukunft! Du bist der Einzige, der mir helfen kann. Ich brauche einen Ehemann, und zwar in einer knappen Woche, sonst …“ Sie konnte die Worte nicht einmal laut aussprechen, es schmerzte zu sehr.

„Schau, es tut mir leid, aber so ist es nun einmal. Ich kann es nicht. Du musst jemand anderen finden.“

Fassungslos sah sie ihn an. „Sieh mich an, Michael. Ich bin nicht gerade eine Schönheit. Wo soll ich wohl in weniger als einer Woche einen Ehemann herbekommen?“

„Das ist nicht mein Problem. Außerdem solltest du dein Aussehen nicht immer schlechtmachen. Du hast keinen Grund, dich zu schämen.“

Nein, dachte sie in einem plötzlichen, schmerzhaften Anfall von Schuldgefühlen. Nur für die Tatsache, dass ich in einem Moment unüberlegter Dummheit unser beider Chancen auf ein normales Leben zerstört habe.

Sie hatte nie verstanden, mit welcher Verbissenheit Michael die Folgen dieses schrecklichen Tages akzeptierte, selbst jetzt, mehr als fünf Jahre später, verstand sie es nicht. Beide hatten sie keine Erinnerung an den Unfall selbst, was vielleicht ein kleiner Segen war. Sie erinnerte sich jedoch vage daran, dass sie zu Michaels Haus gefahren war, nachdem sie sich einmal mehr heftig mit ihrer Stiefmutter gestritten hatte, doch an die genaueren Umstände dieses Streits konnte sie sich nicht erinnern.

Michael hatte Gemma nie offen die Schuld gegeben, aber in letzter Zeit hatte sie unterschwellig eine Veränderung an ihm gespürt. Wollte er deswegen in letzter Minute aussteigen, um sie zu bestrafen für das, was sie ihm angetan hatte?

„Ich muss jetzt gehen“, sagte er in das lastende Schweigen hinein. „Ich werde abgeholt.“ Er schaltete seinen Rollstuhl ein, fuhr etwas näher zu ihr und streckte ihr die Hand hin. „Leb wohl, Gemma. Ich hoffe, dass sich für dich alles zum Guten wendet. Das meine ich ehrlich. Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir uns nicht wiedersehen. Wir beide müssen unser Leben weiterleben, müssen endlich loskommen von … jenem Tag.“

Gemma sah ihm tief in die Augen, aber er schien ihren Blick nicht aushalten zu können. „Leb wohl, Michael“, erwiderte sie und zwang ihre Stimme zu einem kalten, harten Tonfall, der gleichgültig klingen sollte, obwohl sie doch innerlich das Gefühl hatte, dass alles um sie herum zusammenbrach.

Wie versteinert stand sie noch immer da, als ein paar Minuten später ein junger Mann erschien. Er half Michael hinaus und in den wartenden Wagen, der speziell für den Transport von Rollstühlen ausgerüstet war. Dann fuhren sie mit knatterndem Motor in dem alten Gefährt davon, was Gemma noch wie eine zusätzliche Beleidigung erschien, wenn sie daran dachte, welche Summe sie Michael dafür geboten hatte, sechs Monate lang ihr Ehemann zu sein, um die Bedingungen des Testaments ihres Vaters zu erfüllen.

Gemma stand kurze Zeit später noch immer im Türrahmen, da hielt plötzlich ein glänzender schwarzer Lamborghini vor ihrem kleinen Haus. Sie sah zu, wie eine große, irgendwie vertraute Gestalt aus dem luxuriösen Sportwagen stieg und mit ausholenden Schritten auf ihre Haustür zukam.

Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, woher sie ihn kannte. Vielleicht war er irgendwann einmal Gast im The Landerstalle gewesen, oder er war ein Prominenter. Seine glamouröse Aura war unverkennbar. Mit seinen langen Beinen bewegte er sich sicher und elegant, und sein schlanker, muskulöser Körper ließ vermuten, dass er regelmäßig trainierte. Er war mindestens einen Meter fünfundachtzig groß und hatte glänzende schwarze Haare, die kunstvoll so gestylt waren, dass seine Frisur ganz natürlich und leicht zerzaust wirkte. Selbst ohne seine Luxuskarosse hätte man ihm angesehen, dass er Geld hatte. Seine Garderobe saß perfekt und sah eindeutig nach teurer Designermode aus.

Normalerweise hätte Gemma schnell die Tür geschlossen und nicht aufgemacht, wenn es an der Tür geklingelt hätte, doch jetzt siegte ihre Neugier.

Sie bekam so gut wie nie Besuch.

Gemma konnte sich nicht daran erinnern, wann ihr das letzte Mal jemand einen spontanen Besuch abgestattet hatte; sogar Michael hatte sie mit einem selbst gekochten Essen, einem guten Wein und einer neuen DVD ködern müssen, damit er sie besuchen kam.

„Miss Landerstalle?“ Der Mann sprach mit starkem Akzent, der zusammen mit seinem dunklen Teint und seinem guten Aussehen unverkennbar auf eine italienische Abstammung hindeutete.

„Ja“, antwortete sie, ergriff aber seine höflich ausgestreckte Hand nicht.

Dadurch, dass sie nicht in der Lage war, sich an ihn zu erinnern, fühlte sie sich deutlich im Nachteil. Seine dominante Gegenwart war nahezu greifbar. Sogar ein wenig bedrohlich …

„Erinnern Sie sich nicht an mich?“, fragte er und sah sie mit Augen an, die so braun waren, dass sie an die Farbe eines starken Espressos erinnerten.

Gemma spürte eine seltsame Empfindung bei seinen Worten. Irgendetwas an dieser samtigen Stimme mit ihrer deutlichen Aussprache und an diesen dunklen Augen löste eine vage Erinnerung bei ihr aus. Der Unfall hatte einen Teil ihrer Erinnerungen ausgelöscht; hin und wieder fielen ihr Bruchstücke ihres früheren Lebens wieder ein, aber im Großen und Ganzen war sie froh, dass sie sich nicht allzu genau daran erinnern konnte.

„Ähm … nein … es tut mir leid“, sagte sie unsicher. „Haben wir uns schon einmal getroffen?“

Er schenkte ihr ein rätselhaftes kleines Lächeln. „Allerdings. Mehr als ein Mal. Aber es ist schon lange her.“

Gemma sah ihn von Zweifeln geplagt an, und ein furchtsamer Schauer lief ihr über den Rücken. Sie schluckte, um ihren trockenen Mund zu befeuchten. „Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor …“

„Erlauben Sie mir, mich Ihnen erneut vorzustellen. Mein Name ist Andreas Trigliani. Vor zehn Jahren habe ich im The Landerstalle Hotel für Ihren Vater gearbeitet.“ Er hielt einen Moment inne, bevor er hinzufügte: „Ich war einer der Pagen.“

Gemma hatte plötzlich das Gefühl, als wenn jemand ihr einen Schlag in den Magen versetzt hätte. Ihr wurde ganz flau, denn jetzt erinnerte sie sich voller Scham wieder an den jungen Mann, der sich so sehr bemüht hatte, ihr zu gefallen, und daran, wie sie ihn behandelt hatte. Andreas Triglianis Verliebtheit in die einzige Tochter des Besitzers des exklusiven Landerstalle Hotels hatte sie damals maßlos amüsiert.

Wie sie hinter seinem Rücken mit ihren Freunden über ihn gelacht hatte – ein Hotelpage war verliebt in sie!

Ein Page, der dachte, dass er bei der Alleinerbin eines riesigen Vermögens eine Chance hätte!

Ein einundzwanzig Jahre alter Italiener, der kaum ein paar Sätze in Englisch zustande brachte!

Nein, das war ungerecht, fiel Gemma voller Schuldgefühle ein. Er hatte ziemlich gut Englisch gesprochen, aber sie hatte sich trotzdem darüber lustig gemacht, wie er sprach. Sie erschauerte innerlich, wenn sie daran dachte, wie sie sich damals verhalten hatte. Wie hatte sie so grausam sein können?

Aber warum war er jetzt hier? Er sah nicht so aus, als ob er heute noch das Gepäck anderer Leute trug. Er wirkte eher so, als sei er es gewohnt, bedient zu werden und jeden seiner Wünsche mit einem Fingerschnippen erfüllt zu bekommen.

Körperlich hatte er sich sehr verändert, sodass es kein Wunder war, dass sie ihn nicht auf Anhieb wiedererkannt hatte. Er musste jetzt einunddreißig sein – ein Mann im wahrsten Sinne des Wortes. Vor zehn Jahren war er ein schüchterner, eifrig bemühter Jüngling gewesen, unterentwickelt für sein Alter, wie sie damals gedacht hatte. Er hatte eine erfrischende Unschuld an sich gehabt, die sie, wie sie sich zu ihrer Schande eingestehen musste, zu ihrem Vorteil benutzt hatte.

Sie hatte ihn fürchterlich behandelt – das war wirklich unverzeihlich.

„Es tut mir leid …“ Sie senkte die Augen in der Hoffnung, dass er ihr die Lüge nicht ansehen würde. „Ich kann mich nicht erinnern … ich hatte vor ein paar Jahren einen schweren Autounfall. Mir fehlen immer noch Teile meiner Erinnerung.“

„Das tut mir sehr leid“, erwiderte er, und seine Stimme klang so aufrichtig, dass sie unwillkürlich den Blick wieder hob. „Es muss sehr schwierig sein, mit so etwas fertig zu werden.“

Gemma spürte, wie sein Blick den ihren festhielt, und ihr Herzschlag begann, außer Kontrolle zu geraten. Sie sah zur Seite und antwortete mit heiserer und viel zu leiser Stimme: „Ja … ja … das ist es …“

Danach entstand ein angespanntes Schweigen zwischen ihnen.

Gemma spürte seinen dunklen, unergründlichen Blick forschend auf sich ruhen. Seine Augen schienen sie zu durchleuchten, die tief in ihrem Innern verborgenen Geheimnisse ans Licht zu bringen, die Schande, die sie vor allen zu verheimlichen gesucht hatte, die Schande ihrer vergeudeten Jugend, die Schande ihrer Vergangenheit und ihrer inneren Wunden, die keine heilende Hand je erreichen konnte.

„Ich nehme an, Sie wundern sich, warum ich nach so langer Zeit wieder hier in Sydney bin.“ Das tiefe, volltönende Timbre seiner Stimme verursachte ihr ganz unerwartet eine Gänsehaut.

Wieder befeuchtete sie ihre völlig ausgetrockneten Lippen und zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. „Machen Sie wieder einen Arbeitsurlaub hier, oder sind Sie auf Geschäftsreise da?“

Sein Lächeln entblößte ebenmäßige weiße Zähne, aber es lag kein Fünkchen Humor in dieser Bewegung seiner Lippen. „Man könnte sagen, ich habe eine Mission. Ich bin dabei zu expandieren und will mein Unternehmen um einige Luxusunterkünfte in Australien erweitern. Ich interessiere mich für das The Landerstalle.

„Sie haben es seit Ihrer Zeit als Page offensichtlich weit gebracht“, erwiderte sie und versuchte, ihr Unbehagen zu verbergen. „Wie haben Sie das gemacht? Haben Sie vielleicht im Lotto gewonnen?“

Der Ausdruck seiner Augen wurde hart. „Nein, mit Glück hatte das nichts zu tun. Ich habe es auf die übliche Art geschafft, durch gute, altmodische Arbeit. Ich verwalte Luxusimmobilien im Wert von einigen Billionen Dollar auf der ganzen Welt. Das Einzige, was mich traurig macht, ist, dass mein Vater nicht lange genug gelebt hat, um in den Genuss der Früchte meines Erfolges zu kommen.“ Er hielt einen Moment inne und fuhr dann fort. „Er starb kurz nachdem ich von meinem Praktikum in Australien zurückgekehrt war.“

Gemma blickte ihn schweigend an, überwältigt von dem Kummer über den kürzlichen Tod ihres eigenen Vaters. Sie hätte nie gedacht, dass der junge Mann, der in einer so niedrigen Position im Hotel ihres Vaters gearbeitet hatte, eines Tages sein eigenes Imperium besitzen würde. Er hatte damals genauso gewirkt wie jeder andere Rucksacktourist, der knapp bei Kasse war und sich seine Reise rund um den Globus durch Gelegenheitsjobs verdiente. Soweit sie sich erinnerte, hatte es damals kein Anzeichen für so hochgesteckte Ziele gegeben.

„Das mit Ihrem Vater tut mir sehr leid …“, sagte sie und wusste, wie schrecklich unzulänglich das klang, hatte aber trotzdem das Bedürfnis, ihr Mitgefühl auszudrücken.

„Vielen Dank“, erwiderte er, und sein Ton wurde sanfter. „Mir tat es auch leid, von Ihrem Verlust zu hören. Für Sie als Einzelkind muss das besonders hart gewesen sein. Ich war sehr dankbar, dass ich meinen Kummer mit meiner Familie teilen konnte.“

Gemma, die nicht daran gewöhnt war, dass man ihr Mitgefühl entgegenbrachte, spürte ihre Schutzmechanismen schwinden, die Schutzmechanismen, auf die sie so verzweifelt angewiesen war. Ganz bewusst setzte sie einen harten und kalten Gesichtsausdruck auf. „Nun ja, wie Sie sich wahrscheinlich erinnern, standen mein Vater und ich uns nicht sehr nahe.“

„Er war ein guter Mann“, erwiderte er. „Manchmal ein wenig rücksichtslos, aber die meisten Männer, die nach Erfolg streben, müssen so handeln.“

„Ja …“ Sie versuchte zu lächeln, doch es wollte ihr nicht so recht gelingen – zu lange war es her, dass sie diese speziellen Muskeln benutzt hatte; sie hatte anscheinend vergessen, wie es ging.

„Wie geht es Ihrer Stiefmutter?“, fragte er.

Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu und sah dann weg.

„Die dürfte just in diesem Moment mit angehaltenem Atem darauf warten, dass ihr das Vermögen meines Vaters in den Schoß fällt“, erwiderte sie mit unverhohlener Bitterkeit.

Wieder breitete sich ein Schweigen zwischen ihnen aus, kürzer diesmal, aber nicht weniger nervenaufreibend für Gemma.

„Ihr Vater hat also alles ihr hinterlassen?“

Sie zwang sich dazu, ihm wieder in die Augen zu sehen. „Nein, eigentlich nicht, aber wie es aussieht, bekommt sie schließlich doch alles.“

„Wie kann das sein?“

„Weil im Testament meines Vaters festgelegt wurde, dass Marcia das gesamte Vermögen bekommt, wenn ich nicht bis zu meinem nächsten Geburtstag verheiratet bin und mindestens sechs Monate verheiratet bleibe.“

Andreas sah sie verwundert an. „Warum hat er sein Testament in dieser Form abgefasst?“

„Ich weiß es nicht genau … Ich vermute, er nahm an, dass ich niemals eine Heirat in Erwägung ziehen würde, wenn es nicht einen unwiderstehlichen Anreiz dafür gäbe.“

„Ohne ein entsprechendes Lockmittel erscheint Ihnen der Ehestand überhaupt nicht reizvoll?“

Einen Moment lang prüfte sie seinen Gesichtsausdruck und wunderte sich darüber, dass er sich weder zu der dünnen weißen Linie auf ihrer Stirn, die der Pony nur unzulänglich verdeckte, noch zu ihrem unbeholfenen Hinken, das ihm unmöglich entgangen sein konnte, geäußert hatte.

„Ich bin nicht gerade in Hochform“, erwiderte sie mit einem Anflug von trockenem Humor.

„Sie sind eine bildschöne Frau wie auch schon vor zehn Jahren. Jeder Mann wäre stolz darauf, Sie zur Ehefrau zu haben.“

Gemma forschte nach einem Anzeichen von Spott in seinem Blick, einem Spott, den sie mit Sicherheit verdient hatte nach dem, was sie ihm angetan hatte. Doch zu ihrer Verwunderung fand sie nichts als Aufrichtigkeit in seinem Blick. „Danke.“

„Wann haben Sie Geburtstag?“, fragte er.

„In sechs Tagen“, antwortete sie mit einem Seufzen, und ihr Magen begann panisch zu flattern. „Mein Verlobter hat mich gerade verlassen, kurz bevor Sie kamen.“

„Verlassen?“

Sie warf ihm einen zynisch-abgeklärten Blick zu. „Ja, endgültig. Die Hochzeit ist abgesagt.“

„Das tut mir leid für Sie.“

Sie verschränkte die Arme über der Brust, als wenn ihr kalt wäre, obwohl die Außentemperaturen typisch für einen schwülen Spätsommer in Sydney waren. „Mir tut es noch viel mehr leid, das können Sie mir glauben.“

Wieder machte sich ein Schweigen zwischen ihnen breit.

Andreas trat näher und baute sich direkt vor ihr auf. „Vielleicht finden Sie ja jemand anderen, der seinen Platz einnehmen kann?“

Gemma musste den Hals recken, um ihm in die Augen sehen zu können. Sie hatte sich daran gewöhnt, sich zu Michael hinunterzubeugen, und es war schon lange Zeit her, dass sie einem Mann von normaler Körpergröße in die Augen gesehen hatte.

In weniger als einer Woche?“ Niedergeschlagen sah sie ihn an. „In Italien mag das alles etwas anders sein, aber glauben Sie mir, hier in Australien dauert es erheblich länger als sechs Tage, um einen Ehemann zu finden – jedenfalls einen legalen.“

„Und was wäre, wenn ich in diesem kurzen Zeitraum eine Lösung für Ihr Problem finden könnte?“ Mit festem Blick schaute er sie an.

„Eine Lösung?“ Wachsam und konzentriert sah sie ihn an, und ihr Herzschlag setzte einen Moment aus.

„Sie brauchen einen Ehemann“, sagte er, so als ob er über etwas ganz Alltägliches sprechen würde, wie Lebensmittel, die im Haushalt benötigt werden.

„Ja … schon … aber ich glaube kaum …“

„Ich kann mich Ihnen für diese Rolle zur Verfügung stellen“, unterbrach er ihren Protest, mit dem er offensichtlich gerechnet hatte. „Die nötigen Formalitäten zügig zu organisieren, dürfte kein Problem für mich sein, da ich über die notwendigen Beziehungen verfüge. Ich bin bereit, den Platz Ihres Verlobten einzunehmen.“

Gemma sah ihn mit einer verwirrenden Mischung aus unbeschreiblicher Furcht und zunehmender Erleichterung an.

Er war die Lösung für ihr Problem.

Er bot ihr gerade an, sie zu heiraten. Sie würde das Vermögen, das sie so dringend brauchte, nicht verlieren müssen … trotzdem konnte sie das Gefühl nicht loswerden, das hier irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war.

„Warum? Warum sollten Sie das tun?“

Seine dunklen Augen offenbarten nichts. „Sie brauchen doch ganz schnell einen Ehemann, oder?“

Gemma hätte diese Tatsache nur allzu gern abgestritten, aber die Wahrheit war in den Papieren dokumentiert, die ihr verstorbener Vater bei seinem Anwalt hinterlegt hatte, und ihr Geburtstag rückte unaufhaltsam näher.

„Ja …“

„Nun, und ich bin gewillt, in die Bresche zu springen.“

„Warum?“, fragte sie noch einmal misstrauisch.

„Ich brauche eine Ehefrau.“ Er zuckte mit den Schultern. „Und Sie brauchen einen Ehemann.“

Mit zusammengekniffenen Augen sah sie ihn an. „So einfach ist das?“

„Ich bin jetzt einunddreißig Jahre alt“, meinte er pragmatisch. „Ich habe eine Phase in meinem Leben erreicht, in der ich mich niederlassen möchte. Ich bin Italiener – der Wunsch, eine Familie zu gründen, liegt mir im Blut.“

„Sie kennen mich doch überhaupt nicht.“

„Erlauben Sie mir, das richtigzustellen“, erwiderte er mit einem rätselhaften kleinen Lächeln. „Ich kenne Sie sehr gut – es sei denn, Sie hätten sich in den letzten Jahren extrem verändert.“

Es lag Gemma auf der Zunge, ihm zu gestehen, dass sie sich in der Tat extrem verändert hatte, aber die Worte blieben ihr im Halse stecken. Sie hatte die Wahrheit hinter der kleinen Notlüge über ihren Gedächtnisverlust verborgen, und diese eine würde viele weitere kleine Notlügen nach sich ziehen. Es gab zwar sehr vieles über den Unfall und Teile ihrer Vergangenheit, woran sie sich tatsächlich nicht erinnerte, aber Andreas Trigliani und die Art, wie sie ihn behandelt hatte, gehörten nicht dazu. Deshalb konnte sie auch nicht verstehen, warum gerade er ihr aus der Patsche helfen wollte.

Er müsste doch eigentlich auf Rache bedacht sein. Schließlich hatte sie rücksichtslos seinen männlichen Stolz niedergemacht und konnte sich kaum vorstellen, dass er ihr vergeben hatte. Es sei denn, auch er hätte sich grundlegend geändert.

Körperlich hatte er sich im Laufe der Jahre mit Sicherheit geändert. Als er damals im Hotel gearbeitet hatte, hatte er noch nicht seine endgültige Körpergröße erreicht, und sein schlaksiger Körper war nicht so muskulös und gut geformt gewesen wie jetzt.

Andreas Trigliani war ein auffallend gut aussehender Mann. Er könnte jede Frau haben, die er wollte, und deshalb drängte sich die Frage auf, warum er sich ausgerechnet an sie binden wollte.

„Ich bin nicht sicher, was Sie sich von diesem Arrangement erhoffen“, sagte sie schließlich. „Ich brauche einen Ehemann, ja – aber keinen richtigen, nur auf dem Papier. Meinem Exverlobten Michael Carter habe ich eine beträchtliche Summe dafür geboten, aber da Sie selbst über genug Geld verfügen, dürfte das kein Anreiz für Sie sein.“

Er sah sie lange schweigend an.

Gemma spürte die Stille heimtückisch herankriechen, als ob sie eine unsichtbare Drohung enthielt. Das Schweigen erstickte sie, ihr Puls begann zu rasen, und die dunkle Vorahnung verstärkte sich, als sie die Entschlossenheit in seinen dunkelbraunen Augen wahrnahm.

„Ich werde dich heiraten, Gemma“, sagte er und kehrte zum Du zurück, wie damals vor zehn Jahren. „Aber ich habe einige Bedingungen. Sollten diese Bedingungen für dich nicht akzeptabel sein, dann muss ich mein Angebot wieder zurückziehen.“

„Bedingungen?“, fragte sie mit erstickter Stimme, während sie mit zunehmender Angst in ihren dunkelblauen Augen zu ihm aufsah.

„Ja“, erwiderte er mit funkelnden Augen, in denen sich etwas spiegelte, das ihr tief im Inneren Unbehagen bereitete. „Ich will eine Ehefrau, aber genauso sehr will ich auch einen Erben.“

Gemma schluckte schwer, und es verschlug ihr vollkommen die Sprache.

Andreas hielt einen Moment inne, bevor er im selben ruhigen Ton fortfuhr: „Ich werde dich in sechs Tagen heiraten, wenn du einwilligst, die Mutter meines Kindes zu sein.“

2. KAPITEL

Diese Worte trafen Gemma wie ein Schlag in die Magengrube. Sie riss sich mit der eisernen Disziplin zusammen, die ihr in den letzten Jahren geholfen hatte, mit dem Leben fertig zu werden, doch ihre Fassung hing nur an einem seidenen Faden. Ihrem Gesichtsausdruck konnte Andreas allerdings nichts von ihrem inneren Aufruhr ansehen.

„Das ist eine weitreichende Forderung“, brachte sie schließlich heraus und war selbst erstaunt, dass es ihr gelungen war, ihre Stimme so beiläufig klingen zu lassen.

„Vielleicht. Jedenfalls ist das nicht die einzige Bedingung. Als mein Vater vor zehn Jahren so unerwartet starb, war mir klar, dass ich irgendwann meine Verantwortung übernehmen und die Linie der Familie Trigliani weiterführen müsste. Ich bin der einzige Sohn, und es ist meine Pflicht, für einen Erben zu sorgen. Für den Fall, dass unsere Ehe nicht funktioniert, bestehe ich darauf, dass ich das Sorgerecht für die Kinder aus unserer Verbindung bekomme. Du wirst natürlich ein Besuchsrecht erhalten.“

Gemma wusste keine Antwort darauf und blieb stumm. Er würde das als Zustimmung auslegen, aber das war ihr jetzt gleichgültig.

„Als sich die Gelegenheit für mich ergab, nach Australien zurückzukehren, habe ich sie sofort ergriffen. Mein Vater hätte es so gewollt – er wollte, dass ich Erfolg habe.“

„Du … standest deinem Vater sehr nahe, nicht wahr?“, fragte sie ihn und hätte gern gewusst, ob er den neidischen Tonfall in ihrer Stimme mitbekam, den sie zu unterdrücken versuchte.

Es dauerte eine Weile, bevor er ihr antwortete. Gemma hatte den Eindruck, dass er seine Worte sorgfältig wählte, dass vielleicht das Thema auch nach zehn Jahren noch schmerzlich für ihn war. Sie beobachtete, wie er sich mit der Hand durch sein üppiges Haar fuhr, und bemerkte zum ersten Mal eine emotionale Tiefe in seinen Augen, die ihr vorher nicht aufgefallen war. In diesem Moment verspürte sie trotz seiner unverschämten Forderungen zum ersten Mal wirkliches Mitgefühl für ihn.

„Mein Vater hat sich für mich ein anderes Leben als sein eigenes gewünscht. Er hat immer davon geträumt, eines Tages ein eigenes Hotel zu besitzen. Er hat den größten Teil seines Lebens damit verbracht, für andere Leute zu arbeiten, hat nie genug verdient, um sich selbst einen Urlaub zu gönnen. Ich habe ihm versprochen, dass ich irgendwann die Ziele erreichen würde, die er immer erreichen wollte. Das war der Hauptgrund, warum ich damals nach Australien gekommen bin, um das Hotelgeschäft von der Pike auf zu lernen.“

Es war Gemma sehr wohl bewusst gewesen, wie geschickt er sich seinen Mentor ausgewählt hatte. Es war schon fast peinlich gewesen, wie überschwänglich ihr Vater den jungen italienischen Pagen gelobt hatte, dessen Enthusiasmus und Einsatz den der einheimischen Jungen weit übertroffen hatte. Zuerst hatte es Gemma amüsiert, aber dann war sie immer eifersüchtiger auf Andreas geworden, auf die Aufmerksamkeit, die er geschenkt bekam und die sie doch ganz allein für sich haben wollte. Und mit einer Gehässigkeit, für die sie sich jetzt noch schämte, hatte sie begonnen, die Aufmerksamkeit ihres Vaters wieder auf sich zu lenken.

Als ihr plötzlich das lange Schweigen zwischen ihnen zu Bewusstsein kam, fragte Gemma: „Aber du kennst doch garantiert zu Hause zahllose italienische Frauen, die viel eher infrage kämen, deine Ehefrau zu werden?“

„Ich hätte viele Möglichkeiten, ja, aber es hat auch gewisse Vorteile, eine australische Ehefrau zu haben.“

„Eine reiche australische Ehefrau“, warf sie ein.

Er zog die Augenbrauen hoch. „Richtig. Eine sehr reiche australische Ehefrau mit den richtigen Beziehungen.“

Sie atmete hörbar ein, während sie sein Angebot überdachte. „Dann sieht es ganz so aus, als wenn wir beide aus dieser … eh … Fusion … Gewinn ziehen können.“

„Natürlich“, erwiderte er. „Wenn du mich heiratest, wirst du das Landerstalle Hotel erben, das trotz seines Renovierungsbedarfs immer noch eins der ersten Hotels von Sydney ist.“

„Ich will es so bald wie möglich verkaufen.“

Wenn ihre unverblümte Äußerung ihn erstaunte, so ließ er es sich nicht anmerken. „Es wird eine Generalüberholung brauchen, bevor du es verkaufst, sonst wird es nicht seinen tatsächlichen Marktwert einbringen.“

„Das ist mir egal. Ich möchte es einfach nur loswerden.“

Er sah sie lange an und ließ ihren Blick nicht los. „Aber das Hotel kann nicht verkauft werden, bevor die sechs Monate um sind“, erinnerte er sie.

Mit zunehmender Beunruhigung betrachtete sie ihn. „Das Testament meines Vaters scheint dir ja bestens bekannt zu sein.“

Das rätselhafte Lächeln erschien wieder auf seinem Gesicht, seine dunklen Augen glitzerten geheimnisvoll. „Ich lasse mich nie auf ein Geschäft ein, bevor ich mich nicht gründlich damit vertraut gemacht habe, Gemma. Es empfiehlt sich nicht, eine Abmachung zu treffen, ohne sich vorher gründlich abgesichert zu haben. Sonst besteht die Gefahr, wesentliche Einzelheiten zu übersehen.“

Sie musste die Augen senken, um seinen forschenden Blicken zu entkommen. „Ich habe kein Interesse an dem Hotel, ich benötige nur das Vermögen meines Vaters, um einige aufgelaufene Rechnungen zu begleichen.“

„Ich werde dir das Hotel nach Ablauf der sechs Monate zu einem von dir festgesetzten Preis abkaufen. Ich werde auch das für die sofortige Renovierung nötige Geld zur Verfügung stellen, ohne eine Rückzahlung von dir zu erwarten.“

Das ist ein sehr großzügiges Angebot, dachte Gemma. Aber es gab da ein unüberwindliches Problem, das sie ihm nicht mitteilen konnte.

„Und als Gegenleistung dafür soll ich dir das geben, was du dir am meisten wünschst – ein Kind.“

„Das ist die Vereinbarung.“

Gemma drehte sich vor Furcht der Magen um. Wenn er erst einmal herausfand, wie sie ihn betrogen hatte, welchen Preis würde er ihr dann abverlangen? Aber hatte sie nicht sowieso schon den höchstmöglichen Preis gezahlt? Wie viel mehr konnte das Leben noch von ihr fordern?

Doch das war jetzt unwichtig. Sie musste ihre Gewissensbisse unterdrücken und sein Angebot annehmen. Sie machte ihm etwas vor, das war verabscheuungswürdig, jedoch aus der Verzweiflung geboren. Sie hasste sich für das, was sie tun musste, aber sie wusste auch, dass sie sich noch mehr hassen würde, wenn sie es zuließe, dass Marcia das hart verdiente Geld ihres Vaters bekam. Damit wäre dann auch Gemmas letzte Chance vertan, etwas Gutes aus ihrem Leben zu machen.

Sich selbst an einen Mann zu binden, den sie in der Vergangenheit so entsetzlich behandelt hatte, einen Mann, den sie vor zehn Jahren kaum gekannt hatte, war ein vergleichsweise kleines Opfer.

Andreas Trigliani schien ein vernünftiger Mann zu sein, ein anständiger Mann, der ihr offensichtlich ihre kindische und grausame Ablehnung seiner Person vergeben hatte.

Hatte er das wirklich?

Irgendetwas an dieser ganzen Sache beunruhigte sie.

„Ich sehe, dass ich dich mit meinem Vorschlag schockiert habe. Unter anderen, weniger drängenden Umständen würde ich dir raten, dir etwas Zeit zu nehmen, um darüber nachzudenken. Aber das ist jetzt natürlich unmöglich. Ich brauche deine Antwort sofort, damit ich noch rechtzeitig bis zum nächsten Freitag die erforderlichen Schritte zur Vergabe der Heiratslizenz unternehmen kann.“

Gemma schluckte ihre Schuldgefühle hinunter. Sie musste den Nachlass ihres Vaters bekommen.

Das musste sie einfach!

Auch wenn es bedeutete, einen Mann zu täuschen, der sie möglicherweise vernichten würde, wenn er die Wahrheit herausfand. Aber bis dahin würde sie ihr Ziel schon erreicht haben. Sie brauchte das Geld aus Gründen, die sie nicht preisgeben konnte, Gründe, für die es sich zu leiden lohnte.

„Ich … ich nehme dein Angebot an“, sagte sie und versuchte, seinem standhaften Blick auszuweichen. „Aber auch ich habe einige Bedingungen zu stellen.“

Andreas antwortete nicht, weshalb Gemma ihm wieder in die Augen schaute. Es war schwierig, seinen Gesichtsausdruck zu deuten; er schien eine sichere Distanz aufrechtzuerhalten. Was sie ihm nicht übel nehmen konnte. Denn damals hatte sie sich als nicht vertrauenswürdig erwiesen, und warum sollte er sich wieder angreifbar machen?

Sie holte Luft und betete, dass ihre Stimme sie nicht im Stich lassen würde. „Wenn wir auch in weniger als einer Woche verheiratet sein werden, so brauche ich doch etwas Zeit, um dich … besser kennenzulernen, bevor wir … miteinander schlafen.“

„Aber natürlich“, erwiderte er. „Ich bin nicht so ungehobelt, dass ich erwarten würde, dass wir eine körperliche Beziehung haben, bevor wir eine gewisse Vertrautheit zwischen uns hergestellt haben.“

Gemma war ziemlich sicher, dass die ungeheure Erleichterung, die sie verspürte, sich deutlich auf ihrem Gesicht abzeichnete. Sie zwang sich jedoch dazu, mit ruhiger und gesetzter Stimme zu sprechen, obwohl sie bei dem Gedanken erschauerte, dass dieser starke, geschmeidige Körper sie bald besitzen würde. „Danke. Ich weiß deine … Geduld zu schätzen.“

„Mit der Zeit wirst du herausfinden, Gemma, dass ich wirklich ein sehr geduldiger Mann bin.“ Und wieder schienen in seinem Ton verborgene Elemente mitzuschwingen.

Sie konnte nur hoffen, dass ihre Zustimmung zu dieser Ehe im Endeffekt nicht zu viel Schaden anrichten würde. Schließlich musste sie ja nur sechs Monate halten. Sie war sich nicht sicher, warum ihr Vater diese Klausel eingebaut hatte. Denn er kannte den wirklichen Grund nicht, aus dem sie bis jetzt vor der Ehe davongelaufen war.

Sie hatte zwar als Jugendliche häufig mit ihm über die Einschränkungen gestritten, die den Frauen von der Institution der Ehe und der Erwartung, Kinder zu bekommen, auferlegt wurden, aber das hatte sie hauptsächlich getan, um ihren Vater zu provozieren, nicht aus einer tief sitzenden Überzeugung heraus. Erst als ihr die Möglichkeit, Kinder zu haben, durch einen grausamen Schicksalsschlag genommen worden war, erkannte sie, dass es ein Fehler gewesen war, das Schicksal so leichtsinnig herauszufordern.

Das Einzige, was sie sich mehr als alles in der Welt zu haben wünschte, war genau das, was sie niemals würde haben können.

Und Andreas Trigliani heiratet sie, weil er ein Kind von ihr wollte, ein Kind, das sie ihm niemals schenken konnte.

Was würde er tun, wenn er die Wahrheit herausfand?

„Was müssen wir tun, um die Heiratserlaubnis rechtzeitig zu bekommen?“, fragte sie, um sich durch die Konzentration auf praktische Probleme von ihren Schuldgefühlen abzulenken.

„Überlass das nur mir. Ich kenne ein paar gute Juristen, die das für mich beschleunigen können. Alles andere übernehmen wir so, wie du es mit deinem Verlobten geplant hast. Sollte es eigentlich eine kirchliche Hochzeit im großen Stil werden?“

Gemma schüttelte den Kopf und verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. „Nein, nur eine standesamtliche Trauung. Es hat mich nicht sonderlich gereizt, in der Kathedrale den langen Weg zum Altar zu hinken.“

Sie spürte seinen dunklen Blick auf sich ruhen und wünschte, sie hätte diese Bemerkung unterdrückt, die ihm die Verletzlichkeit ihrer Gefühle offenbarte.

„Ich bin sicher, dass du eine schöne Braut sein wirst, ganz egal, auf welche Weise die Trauung stattfindet“, sagte er mit einem kleinen Lächeln, das sie anrührte.

„Danke.“ Sie senkte den Blick und fügte hinzu: „Ich hoffe aber, dass du kein weißes Brautkleid und einen Schleier erwartest. Ich bin keine jungfräuliche Braut.“

Er lachte. „Es wäre wohl ziemlich ungerecht von mir, wenn ich erwarten würde, dass du mit achtundzwanzig Jahren noch nie die Freuden der Liebe in den Armen eines anderen Mannes – oder anderer Männer – erlebt hättest.“

Es war Gemma bewusst, wie sie sich früher aufgeführt hatte und sich dadurch das Image eines Flittchens zugezogen hatte. Sie hatte mit einigen wenigen ihrer Freunde geschlafen, aber ein Vorfall, der sich während der Party zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag abgespielt hatte, hatte ihr eine Erinnerung hinterlassen, die sie um alles auf der Welt gern dauerhaft aus ihrem Gedächtnis gelöscht hätte, wenn sie könnte.

„Ich habe nicht vor, unnötige Aufmerksamkeit auf diese Hochzeit zu lenken“, sagte sie und schob die schmerzlichen Erinnerungen beiseite. „Wenn die Presse Wind von der Angelegenheit bekommt, werden die Reporter in Scharen über uns herfallen.“

„Verständlich. Auch mir liegt im Moment nichts daran, in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses zu rücken. Ich bin noch nicht lange Bürger dieses Landes und möchte mir hier einen Namen machen, ohne dass allzu viele Spekulationen über meine Absichten kursieren.“

Bei diesen Worten runzelte Gemma die Stirn. „Du hast die australische Staatsangehörigkeit?“

„So ist es.“

„Du planst also, dich dauerhaft hier niederzulassen?“

Er warf ihr einen seiner unergründlichen Blicke zu. „Das ist es doch, was australische Staatsbürger in der Regel tun, oder?“

„Ja, schon … aber du bist doch Italiener und hast zahlreiche Verwandte in deiner Heimat. Das scheint mir ein sehr großer Schritt … eine drastische Veränderung.“

„Ich habe jede Menge entfernte Verwandte in Australien und freue mich schon darauf, sie endlich einmal kennenzulernen. Ich habe auch noch Unternehmen in Italien, in Rom und Mailand, aber ich dachte, es ist an der Zeit, mein Imperium auszuweiten. Sydney ist eine der kosmopolitischsten Städte der Welt. Es hat einen traumhaften Hafen, ein attraktives Klima und einen hohen Lebensstandard. Alles Vorteile, die ich als Hotelier nutzen will.“

Gemma kam kaum noch mit. Sie versuchte zu begreifen, was er ihr gesagt hatte. Das machte ihre Hoffnung zunichte, dass er nur so lange bleiben würde, wie es nötig war, bis sie Zugang zu ihrem Erbe bekam.

Am Tag ihrer Heirat würde sie einen Teil des Treuhandvermögens ihres Vaters erhalten, der groß genug war, um damit das Ziel zu erreichen, das sie sich gesetzt hatte. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass Andreas auf unbegrenzte Zeit in Australien bleiben wollte.

„Wie genau hast du denn von meiner … Notlage gehört? Bist du zufällig darauf gestoßen?“

Ohne Scheu hielt er ihrem wachsamen Blick stand. „Ich habe in den letzten Jahren einen lockeren Kontakt zu deinem Vater aufrechterhalten. Mehr als ein Mal hat er mir wertvolle Ratschläge erteilt. Ich habe ihn sehr bewundert und war ihm dankbar für das, was er für mich getan hat, als ich noch sehr jung und nicht ganz trocken hinter den Ohren war.“

Schockiert blickte Gemma ihn an. Seit wann hatte ihr Vater diese Beziehung wieder aufleben lassen, die sie selbst ganz bewusst zerstört hatte? Dann fiel ihr wieder ein, dass sie seit fast fünf Jahren nicht mehr mit ihrem Vater gesprochen hatte.

„Verdankst du ihm deinen Erfolg?“, fragte sie vorsichtig.

Wieder dieses rätselhafte Lächeln. „In gewisser Weise schon. Ich habe viel von ihm gelernt. Er behandelte mich mit dem Respekt, den er allen seinen Angestellten entgegenbrachte, egal, auf welcher Stufe sie standen. Das war seine Philosophie. Ich habe ihn stehen bleiben und mit dem Reinigungspersonal sprechen sehen – mit dem gleichen Respekt, mit dem er auch einem Controller oder einer Führungskraft gegenübertrat. Das habe ich am meisten an ihm bewundert.“

Und das hast du an seiner achtzehnjährigen Tochter am meisten verabscheut, hätte Gemma am liebsten hinzugefügt; doch sie schwieg. Voller Scham erinnerte sie sich wieder an ihr spöttisches, widerliches Verhalten. Sie hatte die Philosophie ihres Vaters gekannt, hatte sie sich aber aus dem perversen Wunsch heraus, ihn zu verletzen, bewusst nicht zu eigen gemacht. Sie hatte hochmütig auf die Putzkolonne und die Handwerker herabgesehen, hatte es für unter ihrer Würde erachtet, auch nur ein Wort des Grußes zu äußern, und hatte daher in dem Ruf einer herzlosen und eingebildeten kleinen Primadonna gestanden. Auch ihr Umgang mit dem übrigen Personal war nicht weniger verletzend gewesen.

Obwohl ihr Vater ein Vorbild für Andreas Trigliani zu sein schien, war es doch seltsam, dass er gerade jetzt in der letzten Minute auftauchte und ihr in dem Moment seine Hilfe anbot, in dem sie diese dringend brauchte.

„Es kommt mir wie ein reichlich unwahrscheinlicher Zufall vor, dass du wenige Minuten nach dem Abgang meines Verlobten Michael Carter zur Stelle bist, um in die Bresche zu springen.“ Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu.

„Das war kein Zufall. Dein Vater hat kurz vor seinem Tod mit mir gesprochen und seine Besorgnis über deine Zukunft geäußert. Er war der Meinung, dass Michael Carter nicht der richtige Ehemann für dich sei.“

„Soweit ich weiß, habe ich meinem Vater nie mitgeteilt, dass ich irgendjemanden zu heiraten gedenke.“

„Vielleicht nicht, aber er nahm an, dass von allen infrage kommenden Kandidaten Mr. Carter derjenige war, der am ehesten einwilligen würde.“

„Warum?“ Wütend sah sie ihn an. „Weil er durch mein Verschulden an den Rollstuhl gefesselt ist?“

Andreas hielt eine lange Weile ihrem anklagenden Blick stand, bevor er weitersprach. „Ich glaube, sein Hauptanliegen war es, zu verhindern, dass du dich selbst zerstörst. Dein Vater hatte kein Vertrauen in Michael Carter. Er war besorgt, dass dieser letztendlich nicht an deinem Wohlergehen interessiert sei.“

„Und er dachte, du seist es?“, fragte Gemma zynisch.

„Ich werde mich dafür einsetzen, sowohl die Ziele deines Vaters als auch meine eigenen durchzusetzen. Ich werde mich auch dafür einsetzen, dir das zu geben, was du immer vergeblich gesucht hast, seit ich dich vor zehn Jahren auf der Türschwelle des Landerstalle Hotels getroffen habe.

Sie verzog das Gesicht, und ihr Herz schlug heftig bei seinen Worten. „Willst du damit sagen, dass du mich nie vergessen hast?“

Er lächelte spöttisch. „Du bist nicht gerade der Typ, den man vergisst, Gemma.“

Ihre Stirn legte sich in noch tiefere Falten, als die peinlichen Erinnerungen zurückkamen, und ihre Wangen glühten tiefrot.

Kein Wunder, dass er sie nicht vergessen hatte. Sie hatte sich entsetzlich und skrupellos benommen, hatte sehr viele Menschen verletzt und war schließlich dafür bestraft worden.

Gemma bemerkte, dass er sie unverwandt ansah.

„Kommen die Erinnerungen ein wenig zurück, Gemma?“

Sie hoffte, dass er die Schuldgefühle in ihren Augen nicht entdeckte. „Wie ich schon sagte … ich habe nach dem Unfall teilweise mein Gedächtnis verloren. Ich kann mich kaum an etwas von damals erinnern …“

Wieder lächelte er und berührte ihren bloßen Arm in einer federleichten Liebkosung, die ihren ganzen Körper elektrisierte. Sie spürte, wie sich die Härchen auf ihren Armen aufrichteten.

„Mach dir keine Sorgen, cara“, sagte er mit einer tiefen, samtigen Stimme, deren Klang sie erschauern ließ. „Wir werden es langsam angehen. Es ist nicht wichtig, dass du dich nicht an das erinnerst, was zwischen uns vorgefallen ist. Wichtig ist nur das Hier und Jetzt. Wir müssen eine Hochzeit organisieren und haben nur wenig Zeit dafür. Wenn wir das hinter uns haben, können wir uns den Einzelheiten unseres Ehelebens zuwenden.“

Die Einzelheiten.

Gemmas Herz zog sich unwillkürlich zusammen bei dem Gedanken daran, was diese Einzelheiten zur Folge haben könnten.

Sie hatte gerade zugestimmt, einen Mann zu heiraten, von dem sie behauptet hatte, sich nicht an ihn zu erinnern, obwohl doch jeder Augenblick ihrer Bekanntschaft unauslöschlich in ihr Gehirn eingebrannt war.

Sie erinnerte sich an jedes Wort, das sie jemals gewechselt hatten.

Sie erinnerte sich noch an jede Beleidigung und jedes spöttische Lachen, das sie mit ihren oberflächlichen Freunden geteilt hatte.

Und vor allem erinnerte sich Gemma an jedes einzelne Wort der kleinen Lüge, die sie ihrem Vater über Andreas aufgetischt hatte. Die kleine Lüge, deren Bedeutung ins Unermessliche gewachsen war und dazu geführt hatte, dass Andreas in Ungnade gefallen und nach Italien zurückgeschickt worden war.

Ihr Magen überschlug sich voller Panik.

Gott weiß, was Andreas tun würde, wenn er jemals herausfand, wie sie ihn getäuscht hatte.

3. KAPITEL

Es überraschte Gemma überhaupt nicht, dass Andreas Trigliani eine schier unmögliche Aufgabe mühelos bewältigte, wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte. Sie hatte sich auf einen bürokratischen Albtraum eingestellt, denn normalerweise dauerte es etwa einen Monat, eine Heiratserlaubnis zu bekommen. Doch er überreichte ihr das Dokument schon drei Tage später mit einem Siegerlächeln.

Sie fragte sich, welche Art von Beziehungen er wohl hatte spielen lassen, aber des Zeitdrucks wegen hatte sie gar keine andere Wahl, als ihm dankbar zu sein. Wieder wurde sie daran erinnert, welchen Einfluss er ausüben konnte, wenn er dazu genötigt war. Er hatte Geld, sehr viel Geld und gute Beziehungen, mit denen sie nicht mithalten konnte.

Sie gingen an diesem Abend zusammen essen. „Ich finde, heute Abend ist der passende Zeitpunkt, um über unser künftiges Zusammenleben zu sprechen“, sagte er, als sie in dem schicken, direkt am Wasser gelegenen Restaurant Platz genommen hatten.

Gemma war zwar klar, dass dieses Thema irgendwann zur Sprache kommen musste, aber der Gedanke daran, mit einem Mann, den sie kaum kannte, zusammenzuziehen, war gelinde gesagt erschreckend. Sie war so daran gewöhnt, Raum für sich zu haben, und konnte es sich nicht mehr anders vorstellen. Sie hasste es außerdem, Badezimmer und Küche mit anderen zu teilen, hasste es, wenn jemand sie ohne schützendes Make-up sah. Sie hasste es, wenn jemand sah, wie steif und unbeweglich ihr Bein am Morgen nach dem Aufstehen war, was sich erst besserte, wenn sie eine Weile auf den Beinen gewesen und der Blutkreislauf in Gang gekommen war.

„Aber ich lebe gern dort, wo ich jetzt wohne“, erwiderte sie in einer letzten Anwandlung von Trotz. „Mir gefällt die Gegend, und die Miete ist bezahlbar.“

„Dann gehört dieses Grundstück dir also gar nicht?“

Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Glaubst du, ich würde einen Mann heiraten, an den ich mich kaum erinnern kann, wenn ich meine finanziellen Probleme einfach dadurch lösen könnte, dass ich mein Haus verkaufe?“

„Nein, natürlich nicht.“ Er schwieg einen Moment, bevor er hinzufügte: „Aber der Erlös eines kleinen Hauses könnte deine finanziellen Probleme vermutlich sowieso nicht beseitigen, oder?“

Gemma senkte den Blick. „Wohl eher nicht.“

„Woraus bestehen denn deine Schulden?“

„Das Übliche … Kreditkartenabrechnungen, so etwas in der Richtung. Aber vor allem will ich nicht, dass meine Stiefmutter etwas bekommt, das ihr nicht zusteht.“

„Nun, sie war immerhin einige Jahre mit deinem Vater verheiratet. Damit hat sie doch sicher ein gewisses Anrecht erworben“, meinte er besonnen.

Ihr Blick war hart und kalt. „Nicht, wenn ich es verhindern kann.“

Andreas missbilligte innerlich ihre heftige Reaktion. Gemma war nun wirklich nicht die ideale Stieftochter gewesen, und es erschien ihm ungerecht, Marcia die Schuld an allem zu geben. Soweit er sich erinnerte, hatte sie sich sehr um eine freundschaftliche Beziehung zu der einzigen Tochter ihres Ehemanns bemüht.

Er war Marcia Landerstalle insgesamt nur zwei Mal begegnet, und sie war ihm als eine ziemlich typische zweite Ehefrau erschienen. Sie hatte den Platz einer verstorbenen Vorgängerin eingenommen, die durch ihren Tod eine unangreifbare Position erreicht hatte, mit der kein lebendes Wesen konkurrieren konnte. Die Rolle der bösen Stiefmutter war zwar ein gängiges Klischee, aber er bezweifelte doch, dass sie so schlimm war, wie Gemma angedeutet hatte.

Eine gewisse Rivalität zwischen den beiden war nur zu natürlich. Gemma hatte ihren Vater für sich allein gehabt, seit sie zehn Jahre alt gewesen war, und hatte es sicher sehr hart gefunden, ihn als Teenager mit einer Frau teilen zu müssen, die nicht viel älter als sie selbst war.

Er hatte Marcia als eine dunkle, exotische Schönheit in Erinnerung, sehr extrovertiert und bei geschäftlichen Anlässen eine perfekte Begleiterin für ihren Mann, wohingegen seine Tochter immer mürrisch und reizbar gewesen war. Das konnte natürlich nicht gut gehen. Aber schließlich hatte Lionel Landerstalle auch ein Recht darauf gehabt, sein Leben zu leben, und wenn die Wahl seiner Ehefrau auch seiner Tochter nicht gepasst hatte, hatte diese Ehe ihm doch viel Freude gebracht. Andreas erinnerte sich an viele Gespräche während der letzten Jahre, in denen Lionel Marcias Geduld und Toleranz Gemma gegenüber gelobt hatte. Und er hatte es auch aufrichtig bedauert, dass er auf die Lügen seiner Tochter damals hereingefallen war und Andreas nach Hause geschickt hatte, ohne ihn vorher anzuhören.

„Ich fürchte, es kommt nicht infrage, dass wir in deinem Cottage wohnen“, sagte er jetzt. „Erstens ist es zu klein für zwei Personen, und zweitens hat es keine Garage, und ich stelle mein Auto ungern auf der Straße ab.“

„Ich will aber nicht im Hotel wohnen“, beharrte sie störrisch.

Andreas sah eine Vielzahl unterschiedlicher Gefühle über ihr Gesicht huschen. Er hatte gar nicht die Absicht, in dem Hotel zu wohnen, war aber neugierig, warum sie nicht mehr dort residierte. Früher hatte sie es genossen, ihren eigenen privaten Bereich im Penthouse ihrer Eltern zu bewohnen, wo sie von hinten und vorne bedient wurde und das Personal ihr jeden Wunsch von den Augen ablas.

„Was hast du dagegen einzuwenden?“

„In einem Hotel zu leben, ist so unpersönlich – das gefällt mir nicht“, antwortete sie und machte dabei beinahe so einen Schmollmund, wie er ihn von früher her an ihr kannte. „Ich habe es nie gemocht. Das Personal wechselt ständig, man weiß nie, wer einem am nächsten Tag die Wäsche bringt. Ich will nie wieder dort leben oder auch nur besuchsweise hingehen.“

Andreas wunderte sich über ihre Kompromisslosigkeit und deren Ursachen. Auch verblüffte es ihn, dass sie es vorzog, in einem kleinen Haus im Stadtzentrum zu wohnen. Die Gitter vor den Fenstern und die Anzahl der Schlösser an der Haustür zeigten ihr erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, und da wäre sie doch in einem Hotel, in dem rund um die Uhr Personal anwesend war, eindeutig besser aufgehoben. Möglicherweise lag es daran, dass sie nach dem Unfall ihre Privatsphäre schützen wollte, weil es ihr wichtig war, ihre Verletzlichkeit zu verbergen.

Sie war immer noch eine sehr schöne junge Frau, aber die Zerbrechlichkeit, die sie wie eine Aura umgab, war nicht zu übersehen. Ihre nervösen Blicke und der beinahe permanent angespannte Gesichtsausdruck zeigten, dass ihr Leben ganz und gar nicht mehr das war, was es früher gewesen war. Die dünne weiße Narbe direkt am Haaransatz war durch Make-up und ihren Pony geschickt kaschiert, aber in ihren unglaublich blauen Augen spiegelten sich Schatten, die früher nicht da gewesen waren.

Vor zehn Jahren hatte sie ihn komplett zum Narren gehalten. Er wollte sie heiraten, um das zu bekommen, was er haben wollte, aber zu seinen Konditionen. Er wollte sie in seinem Bett haben, und sie hatte seinen Forderungen zugestimmt – des Geldes wegen. Er hatte noch nie Schwierigkeiten damit gehabt, schöne Frauen in sein Bett zu bekommen, ohne dafür zahlen zu müssen. Doch Gemma hatte seine dreisten Forderungen akzeptiert … War das nicht ein Beweis dafür, dass sie immer noch das gleiche selbstsüchtige, verwöhnte reiche Mädchen war?

„Wir müssen nicht in dem Hotel wohnen“, erwiderte er nach einer kleinen Pause. „Die Renovierung muss in Abschnitten durchgeführt werden, damit der Hotelbetrieb möglichst ungestört weitergeführt werden kann, aber dort zu leben, wäre in der Tat nicht ideal.“

„Es tut mir leid, aber ich habe dort einfach das Gefühl, dass jeder mich anstarrt“, sagte sie mit gesenktem Blick.

„Ich bin sicher, dass du überempfindlich reagierst.“

Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Woher willst du wissen, wie es ist? Ich sehe die Art, wie das Personal mich mitleidig mustert. Da geht das Mädchen, dem einmal alles zu ihren elegant beschuhten Füßen lag. Füße, die nicht länger die hochhackigen Schuhe tragen können, in denen ich früher durch die Gegend stolziert bin. Ich kann ihr Mitleid nicht ertragen. Ich kann überhaupt kein Mitleid ertragen.“

Andreas brauchte eine Weile, um ihre Äußerung mit seiner Verbitterung ihr gegenüber in Einklang zu bringen. War das wirklich dieselbe Frau, die vor zehn Jahren so hochmütig auf ihn herabgesehen hatte? Die Frau, die sein Leben so unwiderruflich ruiniert hatte? Er wollte, dass sie die alte Gemma war, damit er seine Rache an ihr ausüben konnte. Welchen Sinn hätte es sonst, sie zu heiraten? Er wollte, dass sie ihn anflehte, mit ihr zu schlafen. Er wollte sie besitzen. Er wollte dieses Mal derjenige sein, der auf ihrem Stolz herumtrampelte, so wie sie es mit ihm getan hatte. Er hatte während der vergangenen zehn Jahre an nichts anderes denken können. Und sie sagte, sie erinnere sich nicht an ihn …

Er wollte, dass sie sich erinnerte.

Er wollte, dass sie sich an jede noch so kleine Einzelheit ihres Verhaltens ihm gegenüber erinnerte, mit dem sie sein Leben so lange Zeit vergiftet hatte. Als er voller Scham über Gemmas schändliche Anschuldigungen nach Italien zurückgekehrt war, hatte ihn der plötzliche Herztod seines Vaters kurz darauf nur weiter in seinem Entschluss bestärkt, sie eines Tages dafür zahlen zu lassen. Er hatte sich so lange danach gesehnt, die Gerechtigkeit wiederherzustellen, aber als er jetzt ihre kleine, gebeugte Gestalt vor sich sah, musste er einsehen, dass ihm möglicherweise die Widrigkeiten des Lebens zuvorgekommen waren.

Aber er würde sie trotzdem heiraten.

Gemma Landerstalle würde jetzt in sein Bett kommen und so lange dort bleiben, wie er es wollte. Dafür würde er sorgen.

„Wenn du keine Einwände hast, werde ich veranlassen, dass deine Sachen in mein Haus in Balmoral gebracht werden. Man kann von dort zu Fuß an den Strand gehen“, beendete er schließlich das Schweigen, das wie aufgeladen zwischen ihnen geknistert hatte.

Gemma sah ihn überrascht an. „Wenn du schon ein Haus hast, warum hast du dann vorgeschlagen, im Hotel zu leben?“

„Das habe ich nicht vorgeschlagen. Ich habe nur das Thema unseres künftigen Zusammenlebens aufs Tapet gebracht. Du warst es, die vehement darauf hingewiesen hat, dass du nicht in deinem früheren Heim wohnen wolltest.“

„Es ist ein Hotel, kein Heim. Und zu deiner Information: Es ist nie ein wirkliches Heim für mich gewesen.“

„Nun, vielleicht wirst du dich in meiner Villa mehr zu Hause fühlen. Man hat von dort einen fantastischen Blick über Hunters Bay und Rocky Point.“

„Wunderbar“, antwortete sie ohne große Begeisterung.

Bei ihrem Tonfall verfinsterte sich seine Miene. „Sieh mal, Gemma, ich verstehe, dass das alles nicht leicht für dich ist, aber schließlich bin ich derjenige, der dir hilft, und du könntest wenigstens etwas mehr Enthusiasmus aufbringen.“

Sie sah mit ihren dunklen blauen Augen zu ihm auf. „Ich freue mich darauf, das Geld zu besitzen, das mir rechtmäßig zusteht, und damit tun zu können, was ich will. Wenn ich die von dir erwartete Begeisterung darüber nicht aufbringen kann, mit einem Mann zusammenzuleben, an den ich mich nicht einmal erinnern kann, dann tut es mir leid – aber ändern kann ich es nicht. Ich hatte nie die Absicht zu heiraten, habe aber jetzt keine andere Wahl.“

„Was ist mit Kindern? Hattest du auch diese Möglichkeit für dich komplett ausgeschlossen?“

„Nein … nein … die Möglichkeit, Kinder zu haben, habe ich nicht unbedingt ausgeschlossen.“

„Hattest du vor, als alleinerziehende Mutter zu leben?“

Gemma hätte nur allzu gerne das Thema gewechselt, aber ihr fiel nichts ein, womit sie das auf unauffällige Weise hätte tun können. „Warum fragst du das?“, fragte sie stattdessen.

„Mir ist klar, dass du Michael Carter nur heiraten wolltest, um an deine Erbschaft heranzukommen. Er ist von der Taille abwärts gelähmt. Es ist also anzunehmen, dass er dir auf natürliche Weise kein Kind hätte schenken können.“

„Woher weißt du, dass ich nicht in Michael verliebt war?“, fragte sie in einem Tonfall, dessen sie sich früher schon immer gerne bedient hatte. Das brachte sie selbst ein wenig aus der Fassung und ärgerte ihn ganz offensichtlich.

„Die Gemma Landerstalle, an die ich mich erinnere, hatte in ihrem Herzen keinen Platz für die Liebe zu irgendeinem Menschen außer sich selbst. Du hast vielleicht dein Gedächtnis verloren, aber kannst unmöglich auch deine Persönlichkeit abgelegt haben. Ich bin sicher, dass in diesem bildschönen Körper immer noch die herzlose junge Frau steckt, auch wenn du dein Möglichstes tust, um es zu verbergen.“

„Warum sollte ich es zu verbergen versuchen?“, fragte sie mit einem Aufblitzen von Zorn in ihren Augen.

Sein Gesichtsausdruck wurde hart und zynisch. „Weil du absolut alles tun würdest, um an den Nachlass deines Vaters zu gelangen – ist es nicht so, Gemma? Alles. Du bist sogar bereit, dich an einen Mann zu binden, an den du dich nicht zu erinnern behauptest, ja, du gehst sogar so weit, einem Kind zuzustimmen.“

Gemma saß mit versteinertem Gesicht da in dem Versuch, ihre Verletzlichkeit nicht preiszugeben. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass es nicht darauf ankam, was er von ihr hielt. Alles, was sie von ihm brauchte, war die Hochzeit. Sie würde sich dazu zwingen, höflich zu sein, und würde ihn so lange wie möglich auf Distanz halten. Wenn er davon überzeugt war, dass sie sich nicht verändert hatte, dann war das sein Problem, nicht ihres.

„In deiner Verzweiflung warst du sogar bereit, dich an einen Mann zu binden, der nicht einmal ein Mann in deinem Bett sein konnte, den du benutzen wolltest, um deine geldgierigen Ziele zu erreichen“, fügte er in verbittertem Ton hinzu.

Schockiert sah Gemma ihn an, bis allmählich Wut in ihr aufstieg. „Wie kannst du es wagen, so über Michael zu sprechen?“ Sie sprang auf und warf dabei ihr Wasserglas um. „Er … ist …“ Sie setzte sich wieder hin, als sie die neugierigen Blicke von den Nachbartischen bemerkte. Die Kontrolle über ihre Gefühle verließ sie, und die Tränen stiegen ihr in die Augen.

Inzwischen hatte ein Kellner diskret das Glas entfernt, eine gestärkte weiße Serviette auf die feuchte Stelle gelegt und ein neues Glas für sie gefüllt.

Wider Erwarten fühlte Andreas sich von Gemmas Tränen angerührt. Er wäre am liebsten aufgestanden und hätte sie in die Arme genommen, und beinahe hätte er das auch getan, wenn sie nicht vorher „Entschuldigung“ gemurmelt hätte und in Richtung der Waschräume verschwunden wäre.

Er beobachtete ihren ungelenken Gang, und sein Herz zog sich wehmütig zusammen. Während er einen Schluck von seinem Wein trank, dessen Zimt- und Schwarzkirschnote sehr angenehm war, runzelte er die Stirn und fragte sich, ob er noch ganz bei Trost war, sich nach all den Jahren wieder mit ihr einzulassen. Die meisten Menschen hätten die Vergangenheit hinter sich gelassen und ihr Leben weitergelebt, aber er konnte nicht davon lassen.

Für ihn war das eine Frage des Stolzes und der Ehre. Er hatte Rache geschworen, und jetzt, wo sich ihm endlich die Gelegenheit dazu bot, musste er feststellen, dass die Frau, gegen die er seinen Hass geschürt hatte, sich fast bis zur Unkenntlichkeit verändert hatte.

Doch vielleicht verstellte sie sich ja auch nur, um das zu bekommen, was sie wollte? Konnte er ihr vertrauen? Sie hatte früher schon gelogen und würde es zweifellos wieder tun. Die Tränen konnten sehr wohl gespielt sein, um ihn bei der Stange zu halten. Es ging schließlich um eine Menge Geld. Sie hatte viel zu verlieren, wenn er aus ihrer Abmachung aussteigen würde.

Nein, er war nicht gewillt, sich wieder so verletzlich zu machen. Nicht noch einmal.

4. KAPITEL

Ein paar Minuten später kam Gemma gefasst und perfekt nachgeschminkt an den Tisch zurück.

„Es tut mir leid“, bemerkte Andreas, als er ihr beim Hinsetzen behilflich war. „Es war unentschuldbar grausam von mir, so über deinen Exverlobten zu sprechen.“

„Schon in Ordnung“, erwiderte sie, ohne ihm in die Augen zu sehen. „Es ist nur so, dass ich Michaels irreversible Behinderung verschuldet habe. Ich muss damit leben, obwohl ich nicht die geringste Erinnerung an den … Unfall habe.“

„Kannst du dich an irgendetwas aus jener Nacht erinnern?“

Gemma schüttelte den Kopf. „Ganz wenig … manchmal durchzuckt mich eine Erinnerung wie ein Blitzschlag … aber das meiste davon ergibt keinen Sinn. Ich hatte Streit mit meiner Stiefmutter, aber ich weiß nicht, worum es ging. Wir hatten so oft Streit, dass es mir schwerfällt, mich an einen bestimmten Vorfall zu erinnern.“

„Und erinnert Michael sich an den Unfall und was dazu führte?“

„Nein. Auch er lag danach im Koma, und zwar viel länger als ich. Sie waren sich nicht einmal sicher, dass er … überleben würde.“

„Wart ihr beide damals ein Paar?“

Wenn Gemma nicht das Lachen völlig verlernt hätte, hätte sie jetzt wohl laut gelacht. „Nein, Michael hat sich nicht für Frauen interessiert, wenn du verstehst, was ich meine.

Er hatte sein Coming-out erst kürzlich. Nachdem vor einem Jahr sein Vater gestorben ist, hat er es endlich gewagt, offen darüber zu sprechen.“

„Aber du hast es immer gewusst?“

„Ja, ich habe es gespürt.“

„Wie hast du ihn kennengelernt?“

Gemma erinnerte sich nur äußerst ungern an die Nacht, in der sie Michael getroffen hatte. Wenn Michael ihr damals in der Nacht ihrer Geburtstagsparty nicht zu Hilfe gekommen wäre, hätte sie die Beziehung sicher nicht so gepflegt.

„Wir haben uns auf einer Party getroffen. Er war als Begleiter eines Bekannten von mir erschienen. Wir sind ins Gespräch gekommen, und ich fühlte mich wohl mit ihm. Obwohl wir unterschiedlich aufgewachsen sind, konnten wir doch eine Menge Gemeinsamkeiten entdecken. Beide waren wir von einem relativ frühen Alter an ohne Mutter aufgewachsen. Im Vergleich zu vielen anderen Leuten, die ich damals kannte, wirkte er irgendwie … echter. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht nur mein Freund war, weil ich aus einer wohlhabenden Familie stammte.“

„Was ist denn aus der Meute der Bewunderer geworden, die dir damals folgten wie Schoßhündchen?“

Gemma sah auf das Essen hinunter, das inzwischen vor ihr stand, und war sich nicht sicher, ob sie genug Energie und Appetit aufbringen konnte, um es zu würdigen. Halbherzig nahm sie ihr Besteck in die Hand. „Manche Freunde hat man nur, solange es einem gut geht.“

„Da hast du recht“, stimmte Andreas ihr zu. „Die Leute behandeln einen ganz anders, sobald sie erfahren, dass man Geld hat.“

Gemma fragte sich, ob er damit indirekt auf sie anspielte. Vor zehn Jahren hatte sie ihn abgewiesen, jetzt aber saß sie hier mit ihm und hatte eingewilligt, seine Frau zu werden. „Du hast mir vorhin zu verstehen gegeben, dass du nicht glaubst, dass meine Persönlichkeit sich verändert hat, ich glaube herzlos war der Ausdruck, den du benutzt hast.

„Ich hätte nicht so mit dir reden dürfen“, erwiderte er mit reumütigem Gesichtsausdruck. „Das war in der Vergangenheit, an die du dich nicht erinnern kannst. Es war nicht fair, das anzusprechen. Und es hat nichts mit unserer Zukunft zu tun.“

Gemma sah ihn kurz an. Sie wusste, dass sie keine gemeinsame Zukunft haben konnten, dass die Vergangenheit trennend zwischen ihnen lag. Sobald er die Wahrheit über sie herausgefunden hatte, würde er zweifellos Mittel und Wege finden, sie für ihre Täuschung zu bestrafen.

„Hast du seit dem Unfall gearbeitet?“, fragte Andreas in das Schweigen hinein.

„In gewisser Weise … Ich arbeite ehrenamtlich in einem Frauenhaus.“

Er zeigte nicht die von ihr erwartete Überraschung. „Das muss eine sehr schwierige, aber zweifellos auch dankbare Aufgabe sein.“

Gemma spürte seinen Blick auf sich ruhen. Sie war sich seiner Gegenwart auf eine Art bewusst, wie es ihr bei anderen Männern noch nie passiert war. Irgendetwas hatte Andreas Trigliani an sich, das ihr Blut in Wallung brachte und ihr Herz unregelmäßig schlagen ließ. Und das hatte weniger etwas mit Furcht vor ihm zu tun als damit, dass sie in Versuchung war, mehr für ihn zu empfinden, wenn sie nicht auf der Hut war. Obwohl er sich körperlich verändert hatte, konnte sie noch immer den sanftmütigen und mitfühlenden Andreas von vor zehn Jahren in ihm entdecken. Sie hatte es an seiner Berührung gespürt, an der Wärme seiner Finger, und sie sehnte sich nach mehr, wollte ihre Hände über sein Gesicht wandern lassen, sein kantiges Kinn, mit den Fingerspitzen seinen sinnlichen Mund streicheln …

„Warum hast du als Erbin eines großen Vermögens überhaupt gearbeitet?“, riss er sie aus ihren Träumereien.

„Weil ich nicht wusste, ob ich etwas erben würde. Meine Stiefmutter hat ihr Möglichstes getan, damit mein Vater mich aus seinem Testament streichen sollte.“

„Aber sie hat ihr Ziel nicht erreicht. Dein Vater hat dich also doch geliebt.“

Schon wieder begannen ihr die Tränen in die Augen zu steigen, aber diesmal ließ sie ihnen keinen freien Lauf und bemühte sich, ihre Stimme gleichmütig klingen zu lassen. „Er hatte eine merkwürdige Art, es zu zeigen, wie sein Testament beweist.“

„Ja, die Bedingungen sind schon recht ungewöhnlich. Aber er war eben ein gewiefter Geschäftsmann, der sich gern nach allen Seiten absicherte.“

Zynisch verzog sie den Mund. „Die kleine Klausel, dass die Ehe mindestens sechs Monate andauern muss, bevor ich den gesamten Besitz bekomme, beweist, wie wenig er mir vertraute.“

„Trotzdem wirst du bereits am Tag unserer Hochzeit eine ziemlich reiche Frau sein. Wofür willst du dein Geld ausgeben?“, fragte Andreas und ließ seinen Blick über ihr schwarzes Kleid gleiten, zu dem sie keinen Schmuck trug.

„Ich plane einige Investitionen, die mich absichern sollen, damit ich nicht von einer Karriere abhängig bin.“

„Erzähl mir, aus welchen Gründen du für das Frauenhaus arbeitest.“

Während sie nach ihrem Wasserglas griff, sah sie ihn unter gesenkten Wimpern hervor kurz an. „Ich war nicht gut in der Schule. Ich hatte nicht die Noten, um Medizin zu studieren, wie mein Vater es gehofft hatte, und war auch nicht gut genug für ein anderes Studium. Zuerst habe ich im Frauenhaus angefangen, weil ich meinen Vater ärgern wollte. Er hatte vorgeschlagen, dass ich im Hotel anfangen sollte, aber das Angebot habe ich ausgeschlagen. Ich wusste, er würde enttäuscht darüber sein, dass sein einziges Kind so geringe Ambitionen hatte, aber als ich im Frauenhaus angefangen habe, habe ich bald Spaß an der Arbeit gefunden.“

„Was hat dir dabei Spaß gemacht?“

„Ich fand es schön mitzubekommen wie Frauen, die sehr viel durchgemacht hatten, es geschafft haben, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Und ich mochte die Kinder, besonders die kleinen, die oft gar nicht verstehen konnten, was mit ihrem Leben passiert war.“

„Ich kann schon sehen, dass du eine wunderbare Mutter sein wirst, wenn es so weit ist“, sagte er mit einem weiteren rätselhaften kleinen Lächeln.

Gemma konnte sich vorstellen, was für ein liebevoller Vater er sein würde. Sie wusste, dass die meisten Italiener großen Wert auf Familie legten, und das schien auch auf ihn zuzutreffen.

„Ich habe auch den Kontakt mit zwei der Frauen aufrechterhalten, die es geschafft haben, sich ein neues Leben aufzubauen“, fuhr sie fort, hauptsächlich um sich selbst vom Thema Familie und Kinder abzulenken, das für sie so schmerzlich war. „Nicht viele von ihnen bleiben mit uns in Kontakt, aber speziell eine von ihnen ist inzwischen eine sehr gute Freundin geworden.“

„Erzähl mir von ihr.“

Sie wusste, dass sie sich in gefährliches Fahrwasser begab, aber irgendetwas an seiner ruhigen und freundlichen Aufmerksamkeit brachte sie dazu, ihr übliches Misstrauen aufzugeben. Die wahren Gründe, weshalb sie unbedingt an das Vermögen ihres Vaters gelangen wollte, mochte sie ihm nicht offenbaren, aber Andreas sollte auch nicht denken, dass sie völlig gefühllos war, so wie damals vor zehn Jahren, als sie ihn so schlecht behandelt hatte.

„Für eine Frau ist es nicht leicht, einen Partner zu verlassen, der gewalttätig geworden ist. Die Leute meinen immer, sie sollte einfach ihre Sachen packen und gehen, aber so einfach ist das nicht – vor allem wenn kleine Kinder im Spiel sind. Oft sind viele Anläufe nötig, bis es dann tatsächlich zur Trennung kommt. Viele Frauen schreckt es auch ab, die Polizei miteinzubeziehen. Sie fürchten, dass man ihnen nicht glaubt und ihnen vorwirft, dass sie immer wieder zu den Männern zurückgekehrt sind. Es ist wirklich nicht so leicht, wie alle annehmen.“

Andreas sah den Ansturm der Gefühle in ihren noch immer schönen Gesichtszügen, und trotz all dem, was sie ihm angetan hatte, zog sein Herz sich zusammen. Viel zu lange war er zu hart gegen sich selbst und auf Rache eingestellt gewesen. Doch das Zusammentreffen mit ihr nach so langer Zeit hatte ihm klargemacht, dass die Leute nicht immer das waren, was sie zu sein schienen.

Sie hatte ganz offensichtlich ein soziales Gewissen entwickelt, was in Anbetracht der Schicksalsschläge, die das Leben für sie bereitgehalten hatte, vielleicht gar nicht so erstaunlich war.

Sie trug die Schuld daran, dass ein Mann für immer behindert war. Michael Carter hatte seine Beweglichkeit eingebüßt, die er noch vor ein paar Jahren für selbstverständlich gehalten hatte. Und Gemma Landerstalle war dafür verantwortlich. Obwohl sie beide aus dem Wagen geschleudert worden waren, hatte die Untersuchung des Unfalls ergeben, dass sie den Wagen gelenkt hatte. Sie war wegen grober Fahrlässigkeit angeklagt und zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt worden, doch ihr Vater hatte seinen Einfluss geltend gemacht und es geschafft, dass der Richter das Urteil in eine Bewährungsstrafe umgewandelt hatte. Und auch wenn sie behauptete, ihr Gedächtnis verloren zu haben, war es doch klar, dass sie unter Schuldgefühlen litt.

„Erinnerst du dich noch an deine Mutter?“, fragte er.

Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Ja … sie war sehr schön und duftete immer nach Parfum. Sie hatte blonde Haare wie ich – meine sind etwas dunkler und glatter als ihre –, und sie sah immer so elegant aus.“

„Was ist passiert?“

Gemma hasste diese Frage. Jeder wollte immer eine Erklärung, die sie nur ungern gab. Das kurze und schöne Leben ihrer Mutter wurde dadurch auf eine zufällige Krankheit reduziert, die bei rechtzeitiger Behandlung nicht hätte tödlich enden müssen.“

„Sie starb an einem Blinddarmdurchbruch.“

Er zog die Augenbrauen hoch. „In der heutigen Zeit?“

„Es ist achtzehn Jahre her. Als mein Vater endlich bemerkt hatte, wie lebensbedrohlich die Situation geworden war, hatte schon eine Blutvergiftung eingesetzt, und es war zu spät.“

„Bist du deshalb deinem Vater gegenüber immer so feindselig gewesen? Weil du ihn persönlich verantwortlich gemacht hast für den vorzeitigen Tod deiner Mutter?“, fragte er.

„Nein“, log sie, obwohl sie wusste, dass seitdem eine innere Wut ihr ganzes Leben durchzogen hatte; eine Wut über das, was ihr genommen worden war, weil ihr Vater mit dem Aufbau seines Imperiums so beschäftigt gewesen war, dass er sich nicht ausreichend um seine Frau hatte kümmern können. Ihre Mutter hatte den Preis bezahlt für seine Nachlässigkeit, und auf gewisse Weise zahlte auch Gemma noch heute dafür.

„Es muss hart für dich gewesen sein, gerade in der Pubertät ohne Mutter aufzuwachsen. Konnte deine Stiefmutter diese Lücke wenigstens ansatzweise füllen?“

„Meine Stiefmutter hat die Rolle der Ersatzmutter genossen. Sie hat mit einer Begeisterung die Verantwortung übernommen, die jeden beeindrucken musste.“

„Nur dich nicht“, warf er ein und bewies einmal mehr sein sensibles Wahrnehmungsvermögen.

Sie konnte seinen durchdringenden Blick nicht ertragen und konzentrierte sich darauf, einen Schluck Wasser zu trinken.

„Du hast deinen Wein noch gar nicht angerührt“, bemerkte er einen Moment später.

Gemma sah den Weißwein in ihrem Glas an und spürte ihren Magen revoltieren. „Ich mache mir nichts aus Alkohol“, erwiderte sie aufrichtig.

„Mir ist so, als wenn du früher gern Alkohol getrunken hättest.“

„Nun ja, das kann schon sein, aber ich erinnere mich nicht daran“, log sie schon wieder.

Mein Gott, wie hatte sie sich damals aufgeführt, dachte sie beschämt. Sie war völlig außer Rand und Band gewesen, hatte alles an Alkohol in sich hineingeschüttet, was sie bekommen konnte, nur um ihren inneren Schmerz zu betäuben. Angefangen hatte es mit Alkopops, mit denen man auf raffinierte Weise junge Konsumenten köderte, doch dann war sie auf härtere Sachen umgestiegen. Sie hatte getrunken, ohne zu ahnen, dass sie dadurch selbst ihr Leben zerstören würde.

„Erzähl mir von deiner Familie“, bat sie Andreas, um von diesem Thema wegzukommen.

Sein Gesichtsausdruck entspannte sich, und ein Lächeln brachte Wärme in seine schokoladenbraunen Augen. „Ich habe zwei jüngere Schwestern, Gianna und Lucia. Sie sind beide verheiratet und erwarten beide in nächster Zeit ein Baby. Meine Mutter ist eine wunderbare Frau, die nach den langen Jahren immer noch damit zu tun hat, ihren Kummer in den Griff zu bekommen. Sie vermisst meinen Vater sehr, umso mehr jetzt, da die Enkelkinder, die sie und mein Vater sich immer so sehr gewünscht haben, endlich zur Welt kommen werden. Ich möchte, dass sie dich bald kennenlernt, weil sie das von ihrer Einsamkeit ablenken wird.“

„Das ist vermutlich eine gute Idee.“ Gemma befeuchtete ihren Mund. „Aber was wirst du ihr … über uns … erzählen? Wird sie nicht eher schockiert darüber sein, dass du mich so Hals über Kopf heiratest?“

„Meine Mutter ist eine hoffnungslose Romantikerin. Schon damals vor all den Jahren hatte ich ihr von dir erzählt. Deshalb wird sie mir auch Glauben schenken, wenn ich ihr sage, dass wir uns wiedergefunden haben.“

„Du willst also vortäuschen, dass du wirklich in mich verliebt bist?“

„Aber natürlich. Wie könnte ich eine so überstürzte Heirat sonst erklären?“

Gemmas Gesichtsausdruck verfinsterte sich bei dem Gedanken daran, bald seine Mutter zu treffen. „Wenn sie mich sieht, wird sie mit Sicherheit den Verdacht schöpfen, dass etwas faul ist.“

„Wie kommst du denn darauf?“

Sie sah ihm wieder in die Augen. „Erst einmal lieben wir uns nicht, und dann ist da noch das Problem, wann ich bereit sein werde … mit dir … zu schlafen.“

„Wir werden unsere Ehe in einem gemeinsamen Schlafzimmer beginnen, in einem Bett, Gemma. Darauf muss ich bestehen.“

Gemma verkrampfte sich. „Aber ich will nicht …“

„Ich habe dir gestern erklärt, dass ich mich dir nicht aufdrängen werde. Das ist nicht mein Stil. Wir werden die Ehe nicht vollziehen, bis du bereit dazu bist, das verspreche ich dir. Ich verstehe allerdings nicht, wo dein Problem liegt. Du bist eine erfahrene Frau, und ich bin sicher, es wird nicht lange dauern, bis die körperliche Anziehung, die du auf mich ausübst, auch eine ähnliche Reaktion bei dir auslösen wird.“

„Bei dir klingt das so … klinisch, so als ob Begehren nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden könnte.“

„Manchmal ist es genau so“, erwiderte er mit einem Lächeln.

Gemma sah zur Seite, weil sie fürchtete, er könnte das Schuldbewusstsein in ihren Augen sehen. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie hemmungslos sie mit ihm geflirtet hatte, wie auch mit vielen anderen jungen Männern. Sie war einige Male mit ihm ausgegangen und hatte sich dann später hinter seinem Rücken mit ihren Freunden darüber lustig gemacht, wie er ihr Türen aufgehalten, den Stuhl vom Tisch für sie hervorgezogen und sie bewundernd angeschmachtet hatte in den jeweiligen teuren Restaurants und Nachtklubs, auf deren Besuch sie bestanden hatte. Er hatte sich die ganze Zeit über immer wie ein vollendeter Gentleman verhalten, was sie – entgegen ihren spöttischen Worten – insgeheim sehr beeindruckt hatte. Er war so ganz anders gewesen als die jungen Männer, mit denen sie es sonst zu tun gehabt hatte. Die hätten sie betatscht und befummelt, während Andreas sie als Person zu respektieren schien und hinter der verwöhnten jungen Frau die Unsicherheit tief in ihrem Inneren sehen konnte.

Am Ende hatte sie sich bedroht gefühlt von der Art, wie er sie mit seinen intelligenten dunkelbraunen Augen ansah, als ob er die beharrlichen kleinen Dämonen sehen konnte, die heimtückisch an ihrer Seele nagten, wenn sie allein war.

„Warum hasst du dich selbst so sehr, Gemma?“, hatte er sie einmal gefragt, als sie vom Waschraum zurückgekehrt war, wo sie das teure Essen, das er von seinem schmalen Gehalt bezahlt hatte, wieder von sich gegeben hatte.

Sie hatte ihren Kopf in den Nacken geworfen und gelacht, ein hartes kleines Lachen. „Ich hasse mich nicht selbst, Andreas, im Gegenteil, ich liebe mich. Sieh mich doch an. Ich bin reich, ich bin schlank und attraktiv – was könnte ein Mädchen sich sonst noch wünschen?“

Er sah sie mit einem so mitleidsvollen Blick an, dass sie sich mit der Wut wappnete, die ihr seit dem Tag, an dem sie ihre Mutter hatte sterben sehen, als Schutzpanzer gedient hatte. Sie wollte kein Mitleid, von niemandem, am wenigsten aber von einem italienischen Pagen, der sich einbildete, in sie verliebt zu sein.

Verführerisch hatte sie ihn über den Tisch hinweg angelächelt, hatte ihn mit dem Versprechen ihres Körpers gepeinigt und hatte ihre Finger aufreizend über seine Arme gleiten lassen. „Du willst mich, nicht wahr, Andreas?“, hatte sie mit rauchiger Stimme gehaucht. „Du begehrst mich wirklich.“

Seine Augen verdunkelten sich, und seine Stimme klang rau und tief. „Du weißt genau, dass es so ist.“

Innerlich setzte sie ein Siegerlächeln auf. Siehst du, Marcia?, hätte sie am liebsten laut gesagt. Männer finden mich unwiderstehlich, auch wenn du das nicht gedacht hättest.

„Ich will dich auch, Andreas“, hatte sie geschnurrt. „Ich will, dass du mich küsst und mich berührst, damit ich mich wie eine Frau fühle.“

Gemma hatte seine Hand genommen, hatte ihn aus dem Restaurant in ihr Zimmer im Hotel geführt und hatte die Tür geschlossen. Dann hatte sie sich an die Tür gelehnt. „Warum kommst du nicht und nimmst mich, Andreas?“, hatte sie gefragt und sich lasziv geräkelt. „Zeig mir, dass du ein Mann bist.“

Er hatte vor ihr gestanden mit besonnenem Gesichtsausdruck. „Warum hast du solche Angst davor, du selbst zu sein? Du bist nicht die kleine Schlampe, die du mir vorspielst. Du bist verletzt, Gemma, und ich will dir nicht noch mehr Schmerz zufügen. Ich werde warten, bis du mir von gleich zu gleich gegenübertreten kannst.“

Sie hatte ihm einen vernichtenden Blick zugeworfen und gestammelt: „Gleich? Du und ich? Du machst wohl Witze!“

„Ich bin ein Mensch, genau wie du“, hatte er kühl geantwortet.

Sie hatte verächtlich den Mund verzogen. „Du bist ein Bauernlümmel. Ich nehme an, du glaubst, dass ich es tatsächlich getan hätte? Lächerlich! Ich habe dich an der Nase herumgeführt. Ich hatte nie die Absicht, mit dir zu schlafen. Das wäre ja noch schöner! Du bist ein Habenichts. Du wärst der letzte Mann auf der Erde, mit dem ich schlafen würde. Du kannst doch nicht wirklich glauben, dass ich mich so weit herabgelassen hätte? Du wüsstest ja nicht einmal, wie man eine Frau glücklich macht. Du bist überhaupt kein richtiger Mann. Du hast nicht einmal versucht, mich zu küssen.“

„Das kann man leicht ändern“, sagte er und trat näher zu ihr, wobei sich seine Hände wie Schraubstöcke auf ihre Arme legten.

Sie bäumte sich zurück, und ein Schrei entschlüpfte ihrer Kehle.

„Was geht hier vor?“ Die Tür wurde aufgerissen, und als Gemma sich umdrehte, stand sie ihrem Vater gegenüber.

Es war eine dieser Entscheidungen, die in einem Bruchteil von Sekunden gefällt werden, eine Entscheidung, die sie zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort oder in einer anderen Situation vielleicht nicht getroffen hätte.

Aber in diesem speziellen Moment hatte sie es getan.

Sie hatte sich ihrem Vater in die Arme geworfen und schluchzend die Worte hervorgestoßen: „Er hat versucht, mich zu … zu …“

Die schützende Umarmung ihres Vaters ließ sie sofort wieder verstummen. Wann hatte ihr Vater sie zum letzten Mal so in die Arme genommen? Wann war sie ihm so nahe gekommen? Seine Umarmung wirkte ungeschickt und befangen, so als wüsste er nicht so recht, wie er sie trösten konnte. Wie war es nur dazu gekommen? Jeder schien zwischen ihr und ihrem Vater zu stehen … jetzt sogar Andreas.

Sie hatte ihren Kopf in seinen Armen vergraben und die Wärme genossen und hatte dann, in dem verzweifelten Bemühen, länger in seinen Armen gehalten zu werden, den Rest ihrer verabscheuungswürdigen Lüge hervorgesprudelt …

Es erschien Gemma als eine Ironie des Schicksals, dass Andreas nun zu einem äußerst attraktiven Mann mit unwiderstehlicher sexueller Ausstrahlung geworden war, der mit Sicherheit ein erfahrener Liebhaber war und sehr wohl wusste, wie man Frauen glücklich machen konnte. Er schien nur den richtigen Augenblick abzuwarten und sich recht sicher zu sein, dass es ihm gelingen würde, sie in sein Bett zu holen. Gemma konnte die Bilder nicht aus ihrem Kopf verdrängen, wie sein Körper bei einem leidenschaftlichen Liebesakt aussehen würde, seine wie gemeißelt wirkenden Muskeln an Rücken und Schenkeln, und wie seine Männlichkeit seiner Geliebten unermessliche Verzückung bereiten würde.

Aber sie würde niemals diese Geliebte sein können.

Nicht ohne das einzig Positive zu riskieren, das sie inmitten der Tragödien und Fehler ihres bisherigen Lebens gefunden hatte.

Ihr Herz …

5. KAPITEL

„Ich werde am Freitagmorgen eine Umzugsfirma bei dir vorbeischicken“, sagte Andreas und schreckte Gemma damit aus ihren unerfreulichen Erinnerungen auf. „Am selben Tag werden wir dann heiraten, nachmittags um drei Uhr. Danach möchte ich so bald wie möglich mit dir nach Italien reisen. Ich hatte ursprünglich an eine kleine Hochzeitsreise auf eine der schönen Inseln in Queensland gedacht, wohin ich eigentlich schon vor zehn Jahren fahren wollte, aber dann leider nicht mehr konnte. Doch da meine Mutter und Schwestern es kaum erwarten können, dich kennenzulernen, hat ihr Wunsch jetzt erst einmal Vorrang für mich.“

Gemma hatte sich damals zu sehr geschämt, um ihren Vater zu fragen, was aus dem Pagen nach seiner Entlassung geworden war. Es war schon schlimm genug gewesen, die Szene in ihrem Zimmer mitzuerleben. Andreas hatte stolz und schweigend ihrem Vater gegenübergestanden und hatte nicht ein einziges Mal seine Unschuld beteuert. Sein Blick hatte Gemma nur kurz gestreift, aber das hatte gereicht, um die Rachegelüste in seinen Augen zu erkennen.

„Warum hast du deinen Aufenthalt damals vorzeitig abgebrochen?“, fragte sie ihn und hoffte, dass er ihre gespielt unschuldige Frage nicht durchschauen würde.

Er antwortete nicht sofort, und allmählich hatte sie den Eindruck, dass das seine Strategie war, sie dazu zu bringen, dass sie ihn ansah, besonders dann, wenn sie seinem Blick lieber ausgewichen wäre.

„Dein Vater hat mich gefeuert“, sagte er und sah ihr dabei fest in die Augen.

Unbewusst befeuchtete sie ihre trockenen Lippen. „Weshalb?“

„Ich wurde beschuldigt, etwas getan zu haben, das ich nicht getan hatte.“

Sie schluckte. „Ich bin sicher, mein Vater hätte dir zugehört, wenn du es ihm erklärt hättest.“

Andreas lächelte grimmig. „Vielleicht. Aber es erschien mir damals nicht der Mühe wert, mich zu verteidigen.“

„Wie das?“

Seine dunklen Augen hielten ihren Blick magnetisch fest. „Stolz ist ein sehr starkes Gefühl. Ich hatte zu viel davon und musste später schmerzlich dafür bezahlen.“

Gemma spürte, wie ihr Herz sich zusammenzog. „Was ist passiert?“

„Mein Vater war auf das Geld angewiesen, das ich verdiente, um einige Schulden zu bezahlen. Er hatte sich am Rücken verletzt und konnte daher nicht arbeiten. Ich hatte ihm so viel Geld geschickt, wie ich konnte, und hatte ursprünglich geplant, ein ganzes Jahr zu bleiben. Als ich vorzeitig nach Hause kam, wurden natürlich Fragen gestellt, und ich habe ihm berichtet, was vorgefallen ist. In der Woche darauf ist er an einem schweren Herzanfall gestorben. Immer hatte ich das Gefühl, dass es durch den Stress meiner schmachvollen Heimkehr dazu kam. Weil ich ohne das Geld zurückkehrte, das er gebraucht hätte, um die finanzielle Situation der Familie in Ordnung zu bringen.“

Gemma wusste, dass sich der Schock auf ihrem Gesicht spiegelte, aber sie konnte nichts dagegen tun. „Und warum hast du nicht versucht, einen Job in einem anderen Hotel zu finden?“

„Dein Vater hatte mir klargemacht, dass mein Name in der gesamten Hotellerie Australiens auf die schwarze Liste gesetzt werden würde. Und ich hatte keinen Grund zu der Annahme, dass er diese Drohung nicht auch wahr machen würde. Ich beschloss, heimzufahren, bevor ich in Versuchung geriet, mich zu rächen.

Gemmas Magen verkrampfte sich voller Furcht. „Dich zu … zu rächen?“

Seine Augen sahen jetzt wie schwarze Diamanten aus. „Gerechtigkeit zu suchen, wäre vermutlich die bessere Ausdrucksweise. Ich wollte meinen Namen reinwaschen, aber im Endeffekt war es dann dein Vater, der zu der Einsicht kam, dass ich die Wahrheit gesagt hatte. Ein paar Jahre später rief er mich plötzlich an und entschuldigte sich bei mir.“

„Wie kam es, dass er seine Meinung geändert hatte?“

„Er glaubte der anderen Person den geschilderten Tathergang nicht mehr. Es war offensichtlich nicht das erste Mal, dass diese Person ihn belogen hatte.“

„Ach so. Und wo … wo lebt deine Familie in Italien?“, fragte sie in einem verzweifelten Versuch, die Richtung des Gesprächs zu ändern.

„Aufgewachsen bin ich am Stadtrand von Rom, aber jetzt besitze ich ein Sommerhaus an der Küste bei Amalfi. Bist du jemals in Italien gewesen?“

„Vor sehr langer Zeit“, sagte sie und erinnerte sich beschämt an die Art und Weise, in der sie sich während der Europareise aufgeführt hatte, als sie vierzehn gewesen war. Ihr Vater hatte diese Reise einige Jahre nach seiner zweiten Heirat sorgfältig geplant, weil er gehofft hatte, Gemma dadurch ihrer Stiefmutter näher zu bringen. „Ich erinnere mich an den Trevibrunnen, das Colosseum und den Vatikan. Und daran, dass es heiß und der Verkehr chaotisch war.“

Spöttisch verzog er den Mund. „Ja, das hat sich bis heute nicht geändert. Aber manchmal ist es in Sydney genauso.“ Er machte eine kleine Pause und fragte dann: „Fährst du heutzutage noch Auto?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Das ist wahrscheinlich feige von mir, aber nach dem, was ich … nach dem, was passiert ist, bringe ich es nicht mehr über mich. Abgesehen davon könnte ich mir bei den gestiegenen Benzinpreisen auch gar keinen Wagen leisten.“

„Dein Vater hätte dir doch sicher unter die Arme gegriffen?“

Gemma sah ihn an, und er konnte die Bitterkeit in den Tiefen ihrer blauen Augen erkennen. „Hat dir mein Vater in euren Gesprächen nicht erzählt, dass ich ein paar Monate nach meinem Unfall beschlossen habe, den Kontakt zu ihm komplett abzubrechen?“

„So oft haben wir nicht miteinander gesprochen, höchstens ein, zwei Mal im Jahr. Wenn ich nach dir gefragt habe, sagte er nur, du wärst schwierig wie immer und wolltest nicht mit ihm sprechen.“

„Ich hatte einen heftigen Streit mit ihm. Wie immer ging es um meine Stiefmutter. Ich habe ihm ein Ultimatum gestellt, das mich dann schließlich selbst unter Zugzwang setzte. Er schenkte der Version meiner Stiefmutter mehr Glauben als meiner. Weil mir Teile meiner Erinnerung abhandengekommen sind, schien er anzunehmen, dass ich die Lücken willkürlich füllte.“

„Was magst du an deiner Stiefmutter denn nicht?“, fragte Andreas.

Gemma war plötzlich so nahe daran, ihm alles zu erzählen, dass sie vor Schreck ganz verstummte.

Er würde ihr genauso wenig glauben wie ihr Vater. Auch er würde das, was sie zu sagen hatte, als Lügenmärchen ansehen, das sie sich aufgrund ihrer selbstsüchtigen und launenhaften Art ausgedacht hatte.

Niemand würde der Wahrheit Glauben schenken. Manchmal zweifelte sie selbst daran, besonders seit dem Unfall fragte sie sich, ob ihre Erinnerung ihr nicht wirklich einen Streich gespielt hatte.

„Gemma?“

„Das ist jetzt unwichtig.“ Sie schob ihren fast unberührten Teller weg. „Mein Vater ist tot, und weil mein Stolz mich daran gehindert hat, wurden die Missverständnisse zwischen uns leider nie ausgeräumt. Und jetzt ist es zu spät.“

„Er muss wohl genauso stolz gewesen sein wie du, sonst hätte ja auch er den ersten Schritt machen können“, warf Andreas ein.

„Ja … er war stolz. Das war wohl ein Teil des Problems. Er hasste Fehlschläge. Mich sah er als seinen größten Misserfolg an.“

„Ich bin sicher, dass du ihn da falsch einschätzt.“

„Ach ja? Sieh mich doch an, Andreas, ich bin wohl kaum jemand, den man als erfolgreich bezeichnen kann.“

„Du bist dir selbst gegenüber zu hart. Es wird wohl niemanden auf der Welt geben, der nicht die eine oder andere falsche Entscheidung getroffen hat, die er hinterher bereute.“

„Ich wünschte, es hätte mich getroffen anstatt Michael. Du ahnst gar nicht, wie sehr ich mir wünsche, die Uhr zurückdrehen zu können und die Vergangenheit umzuschreiben.“

„Vielleicht ist es deshalb eine Gnade, dass du dich an das meiste nicht erinnerst.“

Sein ironischer Ton veranlasste sie, ihn anzuschauen, aber sein Gesichtsausdruck verriet ihr nichts. „Ja“, bestätigte sie mit einem leisen, fast unhörbaren Seufzer. „Ja, das ist es …“

Der Kellner räumte das Geschirr ab, und da Gemma weder ein Dessert noch Kaffee wollte, schlug Andreas vor zu gehen. Er geleitete sie zu seinem Wagen hinaus, half ihr beim Einsteigen und legte ihr den Sicherheitsgurt an. Dabei streifte seine Hand versehentlich ihre Brust, und sie zuckte zurück, als ob er sie verbrannt hätte.

Diese Reaktion überraschte ihn. Früher war es ihr nicht so zuwider gewesen, von einem Mann berührt zu werden. Er hatte mit angesehen, wie sie sich um ihren jeweils neusten Verehrer drapiert hatte, ohne auf Anstand und Sitte zu achten. Damals war ihre Kleidung genauso offenherzig und provozierend gewesen wie ihre kokette Art, was er in der blinden Unschuld seiner jugendlichen Verliebtheit als äußerst betörend empfunden hatte.

Es war kaum zu glauben, dass es dieselbe Frau war, die jetzt verkrampft und voller Furcht in seinem Wagen saß.

Furcht oder Ekel? Stirnrunzelnd grübelte er über diese beiden Möglichkeiten nach, während er hinter das Lenkrad glitt.

Vor zehn Jahren hatte sie ihn auf höchst erniedrigende Weise abgewiesen, hatte ihn angemacht, bis er ganz aufgeregt vor Vorfreude war, nur um ihm dann eine Abfuhr zu erteilen. Diesen Angriff auf seinen Stolz und diese Verletzung seiner Würde hatte er nie vergessen. Die Verletzung hatte sich allmählich in Wut verwandelt, in eine in ihm brodelnde Wut, die ihn nie wieder ganz verlassen hatte.

Sie war immer noch da.

Jedes Mal, wenn er eine Spur von der Gemma von damals hörte oder sah, spürte er diese Wut durch seine Adern strömen. Natürlich konnten Menschen sich im Laufe der Zeit ändern, aber sicher nicht so sehr.

Diese Tatsache musste er im Gedächtnis behalten.

Man konnte ihr nicht trauen. Erst ein paar Wochen vor seinem Tod hatte ihr Vater ihn gewarnt. Gemma hatte die Angewohnheit, Menschen und Situationen auszunutzen, um das zu bekommen, was sie wollte. Das hatte sie ihr ganzes Leben lang so gehandhabt.

Sie mochte vorgeben, sich vor seiner Berührung zu ekeln, aber er war zuversichtlich, dass er sie in ein paar Wochen so weit haben würde, dass sie darum bettelte, mit ihm zu schlafen. Er dachte daran, sie zu besitzen, sie auszufüllen, sie zu den höchsten Höhen der Lust zu führen. Ihr zu zeigen, dass er sehr wohl in der Lage war, eine Frau zu beglücken.

Er unterdrückte ein kleines Lächeln, als er den Wagen in Richtung ihrer Wohnung lenkte.

Vielleicht würde es auch nicht wochenlang dauern, bis er sie im Bett hatte.

Vielleicht nur ein paar Tage …

Gemma saß schweigend auf dem Beifahrersitz und versuchte, ihren Herzschlag zu normalisieren. Das Gefühl, als Andreas’ Hand sie so sanft gestreift hatte, hatte sie erschreckt, aber aus anderen Gründen als erwartet.

Seit Jahren hatte sie die Berührungen von Männern vermieden, hatte sogar zu einer Gynäkologin und einer Zahnärztin gewechselt, weil sie nicht an den Tag erinnert werden wollte, an dem ihr Leben von einem Mann zerstört worden war, der ihr ihre Würde genommen hatte, indem er sie vergewaltigt hatte, als sie zu betrunken gewesen war, um sich dagegen zur Wehr zu setzen.

Aber Andreas’ Berührung war etwas ganz anderes. Sie hatte tief liegende Sehnsüchte in ihr erweckt, von denen sie gar nicht gewusst hatte, dass sie noch in ihr steckten.

Schon im Restaurant hatte sie beim Essen immer wieder seine Hände betrachtet und darüber nachgedacht, wie es wäre, von ihnen berührt zu werden. Er hatte wunderschöne Hände, braun gebrannt und mit langen Fingern, und die Härchen auf seinen Armen verliefen sich zu ganz kleinen, zarten Tupfern an der Wurzel jedes Fingers. Wie sich diese männliche Behaarung wohl auf ihrer glatten Haut anfühlen würde? Sie stellte sich sogar das kratzige Gefühl vor, wenn er sein Kinn mit dem dunklen Bartschatten auf ihre Brüste legen würde.

Erschreckt versuchte sie, die Richtung ihrer Gedanken zu stoppen, aber als Andreas den Wagen vor ihrer Haustür zum Halten brachte, senkte sie wie magisch angezogen ihren Blick und betrachtete seine starke Hand, mit der er die Handbremse betätigte. Sein aufgekrempelter Hemdsärmel ließ die ausgeprägte Muskulatur seines Arms erkennen.

Sie riss sich los von diesem Anblick und blickte stattdessen auf ihre Hände hinunter. Ob er wohl die Veränderung bemerkt hatte? Verschwunden waren die langen, sorgsam manikürten Fingernägel, die immer in grellen Farben lackiert waren. Stattdessen waren ihre Nägel jetzt abgeknabbert und stumpf, da sie den Stress der letzten Zeit an ihnen ausgelassen hatte.

Sie versteckte ihre Hände vor ihm, als er um den Wagen herumkam, um ihr die Tür aufzuhalten, und wünschte sich, wieder so anmutig und geschmeidig aussteigen zu können wie früher. Sie hatte das damals als etwas Selbstverständliches angesehen, doch jetzt war das Aussteigen aus einem Wagen zu einer schmerzhaften Anstrengung für sie geworden, weil ihr verletztes Bein jede plötzliche Bewegung übel nahm.

Andreas reichte ihr die Hand, und dieses Mal griff sie danach und ließ sich von ihm aus dem Wagen helfen. Sie versuchte, vor ihm zu verbergen, dass sie vor Schmerz zusammenzuckte, aber er hatte es gesehen und packte sie sanft an beiden Armen, damit er ihr Halt geben konnte. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er, sichtlich besorgt. „Du siehst sehr blass aus.“

„Ja, alles okay.“ Sie versuchte zu lächeln, aber es wollte ihr nicht recht gelingen. „Wenn ich gesessen habe, ist mein Bein immer etwas steif. Es wird gleich wieder lockerer sein.“

Er geleitete sie an die Tür und fragte: „Ist dein Bein permanent geschädigt?“

„Es war an mehreren Stellen gebrochen und wird jetzt von Schrauben zusammengehalten.“ Während sie ihm antwortete, suchte sie in ihrer Handtasche nach dem Haustürschlüssel.

„Gibt es keine Möglichkeit der Besserung?“ Er streckte die Hand nach dem Schlüssel aus.

„Es geht schon“, sagte sie in Bezug auf den Schlüssel. „Ich muss die Alarmanlage deaktivieren.“

Sobald sie ihren Code eingetippt hatte und die Tür sich öffnete, folgte Andreas ihr ins Haus und zog die Tür hinter sich zu.

„Nein, es gibt nicht viel, das man tun kann“, nahm sie seine Frage wieder auf. „Die Ärzte haben mir versichert, dass die Schmerzen mit der Zeit abnehmen werden, aber ich habe den Verdacht, dass sie mich nur beruhigen wollten.“

„Brauchst du etwas gegen die Schmerzen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es geht mir gut, wirklich. Wenn du weg bist, mache ich ein paar Streckübungen, und dann bin ich wieder so gut wie neu … nun ja, nicht ganz. Aber im Gegensatz zu manchen anderen kann ich wenigstens noch laufen.“

Gemma drehte sich um und legte ihre Handtasche auf einem kleinen Telefontischchen ab. Andreas bemerkte, dass ihr Blick auf den Anrufbeantworter fiel, der jedoch nicht blinkte.

Er hatte den Eindruck, dass sie ein sehr einsames, isoliertes Leben in ihrem kleinen Cottage führte.

„Möchtest du einen Kaffee?“ Sie fragte wohl eher aus Höflichkeit und nicht aus dem Wunsch heraus, seinen Besuch zu verlängern.

„Kaffee wäre gut. Was hältst du davon, wenn ich ihn mache und du solange dein Bein etwas hochlegst?“

In ihren Augen blitzte der grimmige Stolz, den er immer mit ihr assoziiert hatte. „Bitte kein Mitleid!“, sagte sie heftig. „Ich kann sehr wohl einen Kaffee machen, ohne gleich zusammenzubrechen.“

„Ich wollte auch nicht andeuten, dass du es nicht kannst. Ich wollte nur helfen, denn du bist, wie gesagt, sehr blass.“

„Ich brauche deine Hilfe nicht.“

„O doch, Gemma, die brauchst du“, erinnerte er sie und trat ganz dicht an sie heran. „Du brauchst mich mehr als sonst jemanden. Ohne mich wirst du alles verlieren.“

Gemma konnte ihren Blick nicht von seinen glühenden Augen abwenden. Sie konnte den Zitronenduft seines Aftershaves riechen, der ihre Sinne berauschte. Und er war ihr so nah, dass sie sogar die Wärme seines Körpers spüren konnte. Plötzlich fühlte sie sich ganz unsicher auf den Beinen, was ausnahmsweise einmal nichts mit ihrer Verletzung zu tun hatte.

Sie hielt den Atem an, als er mit seinem Handrücken ganz sanft über ihr Gesicht strich, und bei dieser zarten Berührung spürte sie, wie ihre Nackenhaare sich sträubten.

„Glaubst du nicht, es wäre in deinem Interesse, cara, mich so lange bei Laune zu halten, bis du bekommen hast, was du willst?“, fragte er leise mit rauer Stimme, die so sexy klang, dass sie erschauerte.

Sie befeuchtete ihre Lippen mit der Zunge und versuchte, nicht allzu atemlos zu klingen. „Was meinst du damit?“

Ein träges Lächeln umspielte seinen Mund, als er ihr Kinn anhob und ihr tief in die Augen sah. „Du bist eine bezaubernde Kombination aus zwei Frauen: der frechen, egoistischen und stolzen jungen Frau von vor zehn Jahren und der neuen Gemma, einer zerbrechlichen, einfühlsamen Frau, die ich absolut unwiderstehlich finde.“

Seit Langem hatte Gemma sich nicht mehr als unwiderstehlich angesehen und versuchte, sich dieses Kompliment nicht zu Kopf steigen zu lassen, aber es war ihr unmöglich, gar nicht auf solche wohltuenden Worte zu reagieren.

Sie wollte sich wieder schön fühlen, aber nicht nur bezogen auf ihren Körper, sondern auch auf ihre Persönlichkeit und ihre Seele. Andreas mochte annehmen, dass sie eine Kombination aus zwei Personen war, aber in Wahrheit war von dem jungen Mädchen von vor zehn Jahren nichts mehr übrig geblieben. So ein Mensch würde sie nie wieder sein können. Nicht nach all dem, was passiert war. Sie hatte ihre Lektion auf die harte Art gelernt und hatte nicht vor, dieselben Fehler zu wiederholen.

„Ich war nur ein Teenager damals“, flüsterte sie heiser. „Ich war erst achtzehn, als wir uns trafen.“

Plötzlich sah er sie forschend an, der Griff seiner Finger an ihrem Kinn wurde fester. „Ich dachte, du erinnerst dich gar nicht an diese Zeit?“

Gemmas Herz pochte so heftig gegen ihre Rippen, dass sie fürchtete, man könnte es hören. „Äh … Ich … ich … nein, aber du sagtest doch, es war vor zehn Jahren, und da war ich achtzehn.“

Er schien ihre Erklärung zu akzeptieren, denn der Griff seiner Finger lockerte sich wieder, und er begann, mit dem Daumen ihre Unterlippe zu streicheln.

Gemma sah, wie sein Kopf sich allmählich näherte, aber sie tat nichts, um seinem Mund auszuweichen, den er schließlich auf ihre Lippen presste.

Sein Kuss war sanft, sanfter als sie erwartet hatte, und mit Sicherheit sanfter als alle Küsse, an die sie sich erinnern konnte. Trotzdem war eine elektrische Spannung zwischen ihnen, die in ihrem Mund das Verlangen nach dem Druck seiner Zunge wachrief.

Er schien jedoch den Kuss nicht vertiefen zu wollen, trat zurück und sah sie mit einem Gesichtsausdruck an, den sie nicht zu deuten vermochte.

„Ich glaube, ich trinke doch lieber keinen Kaffee mehr. Er würde mich die ganze Nacht wach halten.“

Gemma stand unsicher vor ihm und schwieg. Sie beobachtete, wie er zur Tür ging, die Sicherheitsschlösser öffnete und dann ohne einen weiteren Blick zurück hinausging. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, und die Sicherheitsschlösser schnappten wieder ein.

Sie stieß heftig den Atem aus, als sie sich auf ein Sofa sinken ließ, und strich mit den Fingern über ihren Mund, den seine Lippen eben so zart berührt hatten.

Die Tür war zwar verriegelt und verrammelt, aber noch nie im Leben hatte sie sich so unsicher gefühlt …

6. KAPITEL

Gemma besuchte am nächsten Morgen eine Frau, mit der sie sich im Frauenhaus angefreundet hatte, Rachel Briggs und ihre kleine Tochter Isabella. Sie lebten jetzt in einer kleinen Mietwohnung in einem ruhigen Vorort, der mit dem Zug etwa eine Stunde von der Innenstadt entfernt lag.

„Wie geht es ihr heute?“, fragte Gemma Rachel, sobald sie sich mit einem Kräutertee niedergelassen hatten.

„Heute Morgen gegen sechs hatte sie wieder einen Anfall. Aber jetzt schläft sie ganz friedlich“, erwiderte Rachel.

Gemma konnte es noch immer nicht fassen, dass der eigene Vater dieses dreijährigen kleinen Mädchens ihr eine so ernsthafte Schädelfraktur zugefügt hatte, dass sie jetzt unter epileptischen Anfällen litt. Es machte sie krank, dass jemand ein so kleines Kind, sein eigen Fleisch und Blut, so misshandeln konnte. Der Vater war jetzt zwar hinter Schloss und Riegel, aber die Dauer der Gefängnisstrafe stand in keinem Verhältnis zur Schwere der Tat. In ein paar Monaten würde er auf Bewährung freigelassen, während seine Tochter lebenslänglich unter seiner Tat würde leiden müssen – außer wenn Gemmas Plan zu einem positiven Resultat führen würde.

„Hör zu, Rachel“, sagte sie und beugte sich in ihrem Sessel vor. „Ich habe einen Plan. Ich werde in Kürze ziemlich viel Geld zur Verfügung haben. Genug, um die neurochirurgische Operation zu bezahlen, die Isabella helfen kann.“

Rachel öffnete staunend den Mund. „Das kann ich nicht annehmen! Das kann möglicherweise mehr als Hunderttausend kosten, und das noch ohne Flugtickets in die USA und Unterkunft dort.“

„Das weiß ich, aber ich werde einiges Geld erben. Ich habe vorher noch nicht davon gesprochen, weil ich dir keine falschen Hoffnungen machen wollte, aber in zwei Tagen werde ich genügend Geld haben, um Isabella und dich so lange in die Staaten zu schicken, wie es nötig ist, damit sie wieder gesund wird.“

„Die Operation ist sehr riskant …“ Rachel biss sich aufgeregt auf die Lippe. „Es gibt nur einen Arzt in Amerika, der sie durchführt. Was ist, wenn etwas schiefgeht und sie monatelang im Krankenhaus liegen muss? Das könnte ein Vermögen kosten.“

„Darüber sprechen wir, wenn es dazu kommen sollte. Du musst mir erlauben, das für euch zu tun, Rachel. Bitte nimm mir nicht diese Möglichkeit, einige Fehler wiedergutzumachen, die ich in meinem Leben begangen habe.“

Verwirrt zog Rachel die Stirn kraus. „Wovon redest du? Du bist die liebste, freundlichste Person, die ich kenne. Wie solltest du in deinem Leben etwas falsch gemacht haben?“

Gemma lächelte traurig. „Ich bin kein guter Mensch. Ich habe eine Vergangenheit, für die ich mich sehr schäme. All das verfolgt mich, und ich bin entschlossen, so viel wiedergutzumachen, wie ich nur kann. Der kleinen Isabella eine Chance auf ein normales Leben zu geben, ist eine Möglichkeit dazu. Sie hat es nicht verdient, dass ihr ihre Kindheit durch eine chronische Krankheit genommen wird.“

Rachels Dankestränen waren alles, was Gemma als Belohnung brauchte. „Ich kann das alles noch gar nicht begreifen … Es ist wie ein Traum, der in Erfüllung geht … ein Wunder …“ Sie begann zu schluchzen. „Ich weiß nicht, wie ich dir danken kann.“

„Ich will keinen Dank. Aber ich muss darauf bestehen, dass du niemandem erzählst, von wem du das Geld hast. Bitte, Rachel, es ist sehr wichtig, dass du es niemanden wissen lässt. Es könnte für dich und Isabella gefährlich sein.“

Rachel sah sie besorgt an. „Wegen Brett?“

„Ich will nicht, dass die Presse davon erfährt. Ich stamme aus einer ziemlich reichen Familie und will keine unnötige Aufmerksamkeit auf mich und auch auf euch ziehen. Es könnte Brett schließlich zu Ohren kommen.“

„Du meinst, er könnte mich finden?“

„Wenn dein Name bei der Presse durchsickern würde, wer weiß, was dann passieren könnte?“, warnte Gemma sie. „Außerdem wird er wahrscheinlich auf Bewährung freikommen. Du bist zwar umgesiedelt worden, aber Männer wie er sind oft sehr zielstrebig. Es könnte gut sein, dass er versucht, dich zu finden, wenn er herausfände, dass du Geld hast.“

Rachel nickte. „Ich vermute, du könntest recht haben. Aber es ist nicht fair, dass du der Welt nicht zeigen kannst, wie gütig du bist.“

„Ich bin gar nicht daran interessiert, der Welt irgendetwas zu zeigen. Vor ein paar Jahren hat mir die Presse das Leben wirklich schwer gemacht. Du erinnerst dich, dass ich einen Unfall hatte?“

Wieder nickte Rachel.

„Nun ja, es ist eine etwas komplizierte Geschichte. Es reicht vielleicht zu sagen, dass ich bei den Reportern einen schlechten Ruf habe. Diese Geschichte wäre ein gefundenes Fressen für sie, und sie würden alles Mögliche dazu erfinden, von dem sie meinen, dass es die Auflage erhöht.“

„Kann ich es wenigstens meiner Mum erzählen?“, fragte Rachel. „Ich brauche ihre Unterstützung; sie muss mit uns kommen.“

„Ihr darfst du es erzählen, aber niemandem sonst. Ich möchte dich und Isabella nicht in Gefahr bringen.“

In Rachels Augen flackerte für einen Moment die alte Furcht wieder auf. „Ich weiß … Ich blicke immer noch ständig über die Schulter, ob mich nicht einer von Bretts Kumpeln verfolgt, den er beauftragt hat, mich zu überfallen. Das hat er mir des Öfteren angedroht.“

„Ich weiß, aber das alles kannst du jetzt hinter dir lassen.

Diese Reise in die USA ist doch genau die Ablenkung, die du brauchst.“

„Ich kann noch gar nicht glauben, dass das wirklich geschieht. Ich habe nie gedacht, dass Isabella noch eine Chance auf ein normales Leben hat. Ich hätte die Operation niemals bezahlen können und war wegen Brett immer zu ängstlich, mich an die Öffentlichkeit zu wenden und Geld zu beschaffen. Du bist so großzügig.“

„Nein, wahre Großzügigkeit besteht darin, etwas zu geben, was man sich eigentlich nicht leisten kann. Ich kann es mir leisten, dir so viel zu geben, wie du für Isabellas Genesung brauchst. Das ist nicht das Gleiche.“

„Du bist immer so bescheiden und so streng zu dir selbst. Was ist dir zugestoßen, dass du so geworden bist?“, fragte Rachel.

Gemma schenkte Rachel ein trauriges Lächeln. „Erfahrung, Rachel. Ich habe Lehrgeld bezahlen müssen, um zu lernen, was wichtig im Leben ist.“

„Ja, genau wie ich“, meinte Rachel mit einem reumütigen Lächeln. „Ich bin viel zu lange bei Brett geblieben, und was hat es mir gebracht? Wenn ich doch nur den Mut besessen hätte, ihn schon nach dem ersten Mal zu verlassen …“

Gemma ergriff die Hand ihrer Freundin und drückte sie aufmunternd. „Gib dir nicht selbst die Schuld. Brett war derjenige, der Isabella verletzt hat, nicht du. Du hast dein Bestes getan, vergiss das nie.“

Rachel seufzte und drückte einen dankbaren Kuss auf Gemmas Hand. „Du hast mein Leben verändert, Gemma. Ich habe das Gefühl, ein ganz anderer Mensch zu sein, seit dem Tag, als ich ins Frauenhaus gekommen bin und du in mein Leben getreten bist.“

Gemma kämpfte mit den Tränen, denn Rachels Situation war ihr immer so tragisch erschienen, und sie konnte nur schwer ihre Rührung verbergen darüber, dass sie in der Lage gewesen war, für einen Hoffnungsschimmer zu sorgen. Sie biss sich auf die Zunge und versuchte, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten, aber es gelang ihr nicht, und die Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Verlegen versuchte sie, sie wegzuwischen, doch Rachel nahm sie jetzt ganz fest in den Arm.

„Weißt du, das ist das erste Mal, dass ich dich weinen sehe“, bemerkte sie.

„Normalerweise hebe ich mir das für unter der Dusche auf“, meinte Gemma und schnäuzte sich geräuschvoll die Nase. „Dann fällt mir nicht so genau auf, wie viel Flüssigkeit ich verliere.“

„Gerade du verdienst es, glücklich zu sein“, stellte Rachel lächelnd fest. „Ich bin gespannt, wann du an der Reihe bist.“

„Das könnte früher der Fall sein, als du denkst“, erwiderte Gemma, die es grauenvoll fand, die glückselige Braut spielen zu müssen, obwohl es ganz und gar nicht den Tatsachen entsprach. „Ich heirate am Freitag.“

Überrascht schnappte Rachel nach Luft. „Du heiratest? Diesen Freitag?

„Ja, einen Mann, den ich vor sehr langer Zeit kannte. Er hat mich nie vergessen, und wir haben uns Hals über Kopf wieder ineinander verliebt – es ging alles wahnsinnig schnell, und … nun heiraten wir.“

„Meine Güte, Gemma, das ist aber sehr plötzlich! Bist du sicher, dass das die richtige Entscheidung ist? Wie alle anderen im Frauenhaus weißt du doch nur zu gut, was passieren kann, wenn Frauen überstürzt Männer heiraten, die sie nicht gut kennen.“

„So ist Andreas nicht. Er war vor zehn Jahren in mich verliebt und ist wiedergekommen, um mich zu suchen.“

„Du hast ihn vorher noch nie erwähnt.“

Es gab eine Menge Dinge, die Gemma ihrer Freundin nicht erzählt hatte, aber jetzt war wohl kaum der passende Augenblick, ihr die schmutzigen Einzelheiten aus ihrer eigenen Vergangenheit zu enthüllen. Schließlich kannte sie Rachel erst seit wenigen Monaten, und das Bindeglied ihrer Freundschaft war die gemeinsame Sorge um Isabella gewesen, die so schrecklich krank war.

„Nein, ich weiß, aber ich versichere dir, dass ich mich darauf freue, mit ihm verheiratet zu sein“, sagte sie voller Überzeugung; denn wenn die Trauung nicht stattfände, würde auch Isabellas Operation nicht stattfinden.

„Wie ist er denn so?“

„Er ist Italiener und sieht sehr gut aus“, erwiderte Gemma, wieder ganz aufrichtig. „Und er bringt mich dazu, Gefühle zu verspüren, die ich schon lange nicht mehr empfunden hatte.“

„Also liebst du ihn?“

Gemma setzte eine gespielt strenge Miene auf, obwohl die Frage ihrer Freundin seltsame Reaktionen in ihrem Bauch auslöste. „Was für eine Frage ist das denn?“, fragte sie.

Rachel grinste. „Das beantwortet dann wohl meine Frage. Ich kann dir ansehen, dass du ihn liebst – nach deinem Gesichtsausdruck zu urteilen, wenn du von ihm sprichst, hat er dein Herz gestohlen. Du Glückliche.“

Ich Glückliche, in der Tat, dachte Gemma, als sie kurz darauf nach Hause ging. Das wäre typisch für mich, wenn ich mich ausgerechnet in einen Mann verlieben würde, der aus ziemlich unklaren Motiven heraus wieder in mein Leben getreten ist.

Aber sie musste ihn heiraten und lange genug mit ihm verheiratet bleiben, falls Rachel und Isabella doch noch mehr Geld benötigten.

Sechs Monate Ehe mit Andreas Trigliani.

Sechs lange Monate voller Lügen und Geheimnisse …

Später an diesem Tag wartete Andreas vor Gemmas Tür darauf, dass sie ihm aufmachte, aber sie kam und kam nicht, und er begann, sich Sorgen zu machen. Er hatte am Nachmittag mit ihr telefoniert und hatte ihr vorgeschlagen, wieder zusammen essen zu gehen und dabei die finanziellen Einzelheiten ihrer Verbindung zu besprechen. Zu ihrer beider Schutz musste ein Ehevertrag unterschrieben werden, und beide mussten ihr Testament ändern, um es den veränderten Umständen anzupassen.

„Na los, Gemma, komm schon“, sagte er laut vor sich hin und drückte noch einmal ausdauernd auf den Klingelknopf. „Ich weiß, dass du zu Hause bist.“

Schließlich hörte er, wie die Schlösser eins nach dem anderen geöffnet wurden, dann öffnete die Tür sich einen Spalt. Er war total schockiert von dem kleinen, blassen Gesicht, das mit verschwollenen Augen um die Ecke lugte.

„Tut mir leid, Andreas … ich fürchte, mit dem Essengehen wird es heute nichts. Mir geht es nicht besonders gut.“

Andreas stieß die Tür auf. „Was ist los mit dir?“, fragte er knapp.

„Ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen … das kommt öfter vor.“

„Was kann ich tun?“ Er wirkte ehrlich besorgt.

„Nichts. Ich muss einfach nur in einem abgedunkelten Raum liegen.“

Andreas geleitete sie wieder ins Schlafzimmer und half ihr in ihr zerwühltes Bett, in dem sie offensichtlich den größten Teil des Nachmittags verbracht hatte. Die Jalousien vor den Fenstern waren heruntergelassen, und die Luft im Zimmer war stickig. Sie hatte nicht genügend Kraft gehabt, die Fenster zu öffnen und frische Luft hereinzulassen.

Als sie sich wieder hingelegt und mit einem dünnen Laken zugedeckt hatte, ging er leise zum Fenster hinüber und öffnete es.

Dann stand er neben dem Bett und sah hinunter auf ihr blasses Gesicht, und der abgespannte Ausdruck ihrer Gesichtszüge beunruhigte ihn. Ob er einen Arzt rufen sollte? Sie sah so krank aus, dass das sicher gerechtfertigt wäre.

„Gemma“, sagte er leise und trat an ihr Bett. „Wie heißt dein Hausarzt? Ich denke, du solltest behandelt werden. Du siehst sehr krank aus.“

Sie machte eine abwehrende Handbewegung. „Nein, bitte nicht. Es geht mir sicher bald wieder besser. Ich habe das ganz oft und habe ein starkes Schmerzmittel genommen. Die Wirkung wird bald einsetzen. Ich muss nur schlafen …“

Bald darauf fielen ihr die Augen zu, ihre Lippen entspannten sich, und ihnen entwich ein Seufzer, als das Medikament endlich zu wirken begann.

„Gemma?“

„Ich bin so müde …“ Sie gähnte wie ein kleines Kind, vergrub ihren Kopf tiefer in das Kissen und schlief dann ein.

Andreas wartete noch eine Weile, bis er ganz sicher war, dass sie schlief, und trat dann noch näher an ihr Bett. So stand er eine lange Weile da und sah auf sie hinunter. Ihr Gesicht war das eines Engels, und ihre blonde Haarpracht lag auf dem Kissen ausgebreitet wie gesponnene Seide. Er wollte mit seinen Fingern hindurchfahren, und es kostete ihn viel Selbstkontrolle, nicht die Hand nach ihr auszustrecken und ihren wohlverdienten Schlaf zu stören.

Non ti dimenticato mai, sagte er und wiederholte dann noch einmal leise die Übersetzung, falls ein Teil ihres Unterbewusstseins ihn hören konnte. „Ich habe dich nie vergessen.“

7. KAPITEL

In der Nacht wachte Gemma mit rasendem Durst auf, aber ihre Migräne war zum Glück überwunden. Blinzelnd öffnete sie die Augen, um die Nachttischlampe anzumachen, als sie vor Furcht erstarrte. Auf einem Stuhl neben ihrem Bett erblickte sie die Umrisse einer Gestalt.

Ihr Herz machte einen Sprung, ihre Kehle zog sich vor Schreck zusammen, und der instinktive Schrei blieb ihr in ihrer Panik im Halse stecken. Die Hand, die sie ausgestreckt hatte, um den Lichtschalter zu betätigen, zitterte so stark, dass sie nicht wagte, sie zurückzuziehen, aus Furcht, etwas umzuwerfen und den Eindringling darauf aufmerksam zu machen, dass sie aufgewacht war.

Plötzlich rührte sich die dunkle Gestalt, und Gemma gab einen erstickten Schrei von sich, rollte sich aus einem Fluchtinstinkt heraus von der Matratze und landete heftig auf dem Fußboden auf der anderen Seite des Bettes.

Dio!“, erklang Andreas’ Stimme aus der Dunkelheit. Er schaltete die Lampe an und kam zu der Stelle, an der sie wie ein Häufchen Elend mit vor Furcht weit aufgerissenen Augen am Boden lag. „Gemma, was tust du denn da?“

Gemma fiel es schwer, ihre Stimme wiederzufinden. Ihre Kehle war noch immer verkrampft, und ihr Herzschlag spielte verrückt. Sie öffnete ihren Mund, aber ihre Lippen zitterten, und sie hatte das Gefühl, sie würde gleich ohnmächtig.

Er bückte sich, hob sie auf, als wenn sie schwerelos wäre, und setzte sie sanft aufs Bett. Dann hockte er sich vor sie, sodass er auf Augenhöhe mit ihr war.

Mia piccola … habe ich dir einen Schreck eingejagt?“ Seine Gesichtszüge wurden ganz weich vor Bedauern.

Endlich gelang es ihr, ihre Kehle etwas zu entspannen und krächzend zu flüstern: „Ja … Ich wusste nicht, wer du warst.“

„Erinnerst du dich nicht, dass ich heute am frühen Abend zu dir gekommen bin?“

Sie fasste sich mit ihrer noch immer zitternden Hand an den Kopf. „Ich hatte Kopfschmerzen … Migräne … ja … natürlich erinnere ich mich … aber ich wusste nicht, dass du hiergeblieben bist.“

„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Ich wollte dich nicht allein lassen. Ich dachte, dass du im Laufe der Nacht vielleicht Hilfe brauchen würdest, deshalb habe ich mir einen Stuhl geholt und mich an dein Bett gesetzt. Ich muss eingedämmert sein.“

Gemma blickte in seine dunklen Augen und war überrascht von der Sanftmut, die sie darin entdeckte. Er hatte Schatten unter den Augen, die vermuten ließen, dass sein Schlaf nicht sehr erholsam gewesen war. Dass er bei ihr geblieben war, berührte sie sehr. Es offenbarte eine großzügige und gütige Seite an ihm, die sie in Anbetracht ihres Verhaltens in der Vergangenheit nicht für möglich gehalten hätte. Sie schämte sich umso mehr, weil sie ihn wieder getäuscht hatte. Am liebsten hätte sie ihm gleich hier und jetzt ihre wirklichen Motive für die Heirat mit ihm gestanden und auch, dass sie unfruchtbar war, aber irgendetwas hielt sie in letzter Minute zurück.

Was wäre, wenn Andreas sie nicht heiraten würde, weil sie ihn wieder belogen hatte? Er würde denken, dass sie sich überhaupt nicht verändert hatte, dass sie immer noch die selbstsüchtige, hochmütige junge Frau wie damals war und es darauf angelegt hatte, ihn erneut zu demütigen.

Das konnte sie auf keinen Fall riskieren, nicht nachdem sie Rachel so viel Hoffnung gemacht hatte. Wenn Andreas von ihrer Abmachung zurücktreten würde, wäre alles verloren, Isabellas einzige Chance verspielt.

Vielleicht konnte sie ihm von dem kleinen Mädchen erzählen, wenn sie verheiratet waren, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Nicht, bis sie das Geld hatte, das sie brauchte, um Rachel und Isabella zu helfen.

„Möchtest du irgendetwas? Etwas zu essen oder zu trinken?“

„Ich würde liebend gern etwas trinken. Von dem Schmerzmittel wird mein Mund immer ganz trocken.“

„Ich hole dir etwas Wasser.“ Er stand auf und ging zur Tür.

„Andreas?“

Er drehte sich um. „Was ist los, Gemma?“

Sie schnitt eine klägliche Grimasse und errötete. „Könntest du mir helfen aufzustehen? Ich … ich muss ins Badezimmer. Ich habe durch den Fall eben mein Bein ziemlich strapaziert.“

Er kam zurück, half ihr auf die Beine und legte den Arm um ihre Taille, um sie zu stützen, während er sie zum Badezimmer auf der anderen Seite der Diele führte. Die Wärme seiner Hand auf ihrem Körper erinnerte sie an den zarten Kuss, den sie getauscht hatten.

„Jetzt komme ich allein zurecht“, sagte sie, ans Waschbecken gelehnt. Ihr Gesicht war nun wieder ganz blass und angespannt.

„Schließ bitte die Tür nicht ab“, ermahnte er sie. „Du könntest fallen, und ich müsste dann die Tür aufbrechen, um dir zu helfen.“

„In Ordnung. Ich lasse sie offen …“

„Versprich es mir, Gemma. Keine abgeschlossenen Türen.“

„Versprochen. Keine verschlossenen Türen“, erwiderte sie und wünschte, sie hätte die Tür zu ihrem Herzen etwas fester verschlossen, solange sie dazu noch in der Lage gewesen war.

Als Andreas gegangen war, betrachtete sie ihr Gesicht im Badezimmerspiegel mit Widerwillen. Ihre Haare waren vom Schlaf zerzaust und verlegen, das Make-up, das sie nicht entfernt hatte, bevor sie sich hinlegte, war verschmiert, und die weiße Narbe kurz unter ihrem Haaransatz war deutlich sichtbar.

„Bitte zerspring jetzt nicht in tausend Scherben“, sagte sie voller Ironie zum Spiegel. „Schlimmer kann es wohl kaum noch kommen. Aber das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, wären noch einmal sieben Jahre Unglück.“

Andreas kam in dem Moment zurück, als Gemma gerade aus dem Badezimmer trat. „Fühlst du dich etwas besser?“, fragte er.

„Ja, auch wenn man es mir vielleicht nicht ansieht.“ Sie ergriff den Arm, den er ihr anbot.

„Du wirkst verständlicherweise noch etwas wackelig auf den Beinen, aber sonst ganz o. k.“, meinte er auf dem Weg zur Küche.

Er rückte einen Küchenstuhl für sie zurecht und half ihr beim Hinsetzen, bevor er ihr ein Glas mit Wasser reichte. Er beobachtete, wie sie durstig trank. Ihre zarte Kehle bewegte sich auf und ab wie die eines kleinen Kindes. „Mehr?“, fragte er, als sie ausgetrunken hatte.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, danke. Das war genug.“

„Wie wäre es mit etwas zu essen?“

„Nein, ich bekomme nichts hinunter. Noch ein paar Stunden nach einem Migräneanfall wird mir beim bloßen Gedanken an Essen übel.“

Andreas setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber. „Wie oft bekommst du diese Anfälle?“

„Jetzt nicht mehr so häufig. Zuerst nach dem Unfall bekam ich sie fast jeden Tag, aber das hat mit der Zeit nachgelassen. Dies war der erste seit Langem.“

„Wodurch wurde er ausgelöst?“

Sie zuckte die Achseln. „Wer weiß? Stress wahrscheinlich. Der Gedanke daran, dass ich das Erbe meines Vaters an meine Stiefmutter verlieren könnte, ist genug, um mir zu einem ganzen Monat Migräne zu verhelfen.“

Er warf ihr einen langen, bedächtigen Blick zu. „Du hasst sie wirklich, nicht wahr?“

Das war eine schwierige Frage. Sie dachte, dass sie Marcia immer gehasst hatte, konnte sich aber jetzt nicht erinnern, wann es begonnen hatte. Hatte sie sie schon vor dem Unfall gehasst oder erst danach? Gemma war klar, dass sie eine schwierige Stieftochter gewesen war und dass man es Marcia zugutehalten musste, dass sie sich zumindest in der Anfangszeit bemüht hatte, eine Beziehung zu Gemma aufzubauen. Allerdings hatte die Geduld ihrer Stiefmutter nicht lange vorgehalten, und von da an war es bergab gegangen.

„Hast du sie schon immer gehasst?“, bohrte Andreas nach.

Sie zog die Stirn kraus. „Ich bin mir nicht sicher … ich glaube schon …“

„Die Rolle einer Stiefmutter ist nicht leicht. Ich habe eine Cousine, die einen Mann mit zwei Kindern geheiratet hat. Die beiden haben ihr das Leben zur Hölle gemacht. Jetzt sind sie zwar schon etwas älter, aber sie haben meine Cousine nie wirklich als Partnerin ihres Vaters akzeptiert.“

Gemma konnte das sehr gut verstehen. Verzweifelte und unglückliche Kinder taten alles, um Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen. Bei ihr war es nicht anders gewesen. Sie hatte ihre Mutter so früh verloren, aber ihr Vater war mit seinem eigenen Kummer und seinen Schuldgefühlen beschäftigt und hatte das alles in Arbeit ertränkt. Er engagierte Kindermädchen und Babysitter, die sich rund um die Uhr um Gemma kümmerten. Die Abende fielen ihr dabei besonders schwer, denn sie sehnte sich danach, von ihm in den Arm genommen und getröstet zu werden.

Als sie alt genug für den Besuch eines angesehenen Mädcheninternats in Sydney gewesen war, hatte ihr Vater sie dorthin geschickt. Er hatte sich nicht einmal bemüht, seine Erleichterung darüber zu verbergen, dass er die Verantwortung für sie los war und sich nun wieder ganz seinem eigenen Leben mit seiner jungen und mondänen neuen Ehefrau widmen konnte.

Gemma hatte auf diese Zurückweisung reagiert, indem sie vorsätzlich Unruhe stiftete, sowohl in der Schule als auch an den Wochenenden, die sie zu Hause verbrachte. Als sie Andreas kennenlernte in dem Jahr, in dem sie die Schule abgeschlossen hatte, war sie noch immer in diesem selbstzerstörerischen Kreislauf gefangen gewesen.

Sie war in den Sommerferien zu Hause im Hotel gewesen, ruhelos und gelangweilt, innerlich brodelnd vor Groll gegen alles und jeden. Sie hatte das Personal genervt und beleidigt und hatte bei einigen Gelegenheiten sogar Hotelgäste beschimpft. Das hatte bei ihrem Vater einen für ihn ganz untypischen Wutanfall ausgelöst. Vater und Tochter hatten einen heftigen Streit miteinander, bei dem er am Ende die Selbstkontrolle verlor und ihr sagte, es wäre besser gewesen, sie wäre nie geboren worden, und dass sie anstelle ihrer Mutter hätte sterben sollen. Später hatte er sich dafür entschuldigt, aber da war es bereits zu spät gewesen, der Schaden war nicht wiedergutzumachen. Denn er hatte einen Verdacht bestätigt, den Gemma schon ihr ganzes Leben wie eine schwere Last mit sich herumgetragen hatte.

Gemma bemerkte plötzlich das lang anhaltende Schweigen zwischen ihnen. Sie sah auf, und ihre Blicke trafen sich.

Autor

Anne Mather

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