Ein Mann für zärtliche Stunden: Hello, Kitty!

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Ein zerschlissener Samtvorhang, marode Sessel - aber Kitty ist hingerissen: Sie soll ein altes Kino renovieren! Der Haken: Sie muss mit ihrem Jugendschwarm Jack zusammenarbeiten - den sie noch immer heimlich liebt …


  • Erscheinungstag 10.11.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783956495045
  • Seitenanzahl 120
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Julie Cohen

Ein Mann für zärtliche Stunden: Hello, Kitty!

Aus dem Amerikanischen von Tina Beckmann

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der HarperCollins Germany GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der HarperCollins Germany GmbH

Featured Attraction

Copyright © 2006 by Julie Cohen

erschienen bei: Mills&Boon, London

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Maya Gause

Titelabbildung: Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

Satz: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-95649-504-5

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net

 

 

 

 

 

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Alle handelnden Personen in dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

PROLOG

Jack Taylor hatte Sex mit der schönsten Frau auf Erden.

Er konnte sie nicht wirklich sehen, aber das brauchte er auch nicht. Seine Hände strichen über ihre makellose samtene Haut. Seine Fingerspitzen fuhren zärtlich ihr Rückgrat hinauf. Er erkundete die perfekte Kurve ihrer Taille, zeichnete die Einbuchtungen ihrer Rippenbögen nach. Als er ihre Brüste umfasste, schnappte sie leise nach Luft und stöhnte dann auf, als er die harten Knospen reizte.

Die Art, wie sie wortlos ihrer Lust Ausdruck gab, brachte sein Blut zum Brodeln und ließ seinen Puls schneller schlagen. Das Tempo seines Herzschlages passte sich ihrem an, den er an der sanften Rundung ihrer Brust fühlte.

Noch nie war er so erregt gewesen. Niemals.

Und Jack Taylor konnte auf eine Menge Erfahrung zurückblicken.

Jetzt drehte sie ihm das Gesicht zu, er fühlte ihr seidiges Haar an seiner Wange. Er schmeckte ihren Mund und ihre Lippen, so süß, als hätte sie gerade erst Konfekt genascht. Doch Jack wusste, dieser Geschmack gehörte zu ihr, war Teil von ihr. Genauso wie ihr Haar, ihre Stimme und ihr wunderbarer Körper. Das Gefühl, das sie ihm verlieh, war ebenso Teil von ihr – endlos erregend, einzigartig süß.

“Ich will dich”, flüsterte sie. “Jetzt.” Und Hitze lief durch seinen ganzen Körper.

“Ich begehre dich, mehr, als ich je jemanden begehrt habe. Mehr, als ich je etwas gewollt habe.” Er sprach es laut aus und wusste, ihm war noch nie etwas so ernst gewesen.

Sie nahm seine Hand und führte sie an ihren Mund. Sacht zeichnete er das Lächeln auf ihren Lippen nach. Sie begann sich unter ihm zu bewegen, so langsam, so verführerisch, dass Jack jedes Gefühl für Zeit verlor. Er nahm ihre Finger, um ihr das eigene Lächeln zu zeigen, knabberte an jeder ihrer Fingerspitzen.

Außer ihnen beiden existierte nichts mehr. Die Bewegungen wurden begieriger, und er drang tiefer in sie ein. Himmel, nichts hatte sich je so gut angefühlt! Das Beste überhaupt. Er konnte fühlen, wie sie ihn willkommen hieß, und spürte die Welle heranrollen, die ihn mitreißen wollte. Doch da gab es noch etwas, worauf er achten wollte, bevor er sich über die Klippe stürzte …

“Jack!”, stöhnte sie auf. Ihr lustvoller Seufzer hallte in seinen Ohren. Und so folgte er ihr, sein ganzes Wesen überwältigt wie nie zuvor. Völlig enthemmt schrie er die eigene Lust heraus, und dann plötzlich sah er ihre Augen.

Sie waren grün. So grün wie Frühling und Sommer zusammen. So grün wie das ewige Versprechen des Lebens. Sie blickten direkt in seine und entlockten ihm den letzten Schauer weltbewegender Ekstase.

Und dann wurde alles schwarz.

Jack setzte sich keuchend auf. Das zerwühlte Laken hatte sich um seine Hüften gewickelt.

Er fuhr sich mit den Fingern durch das schweißnasse Haar. “Wow.”

Die Sterne am Nachthimmel funkelten durch das offen stehende Fenster in sein Schlafzimmer, gaben genügend Licht, um die Schemen klar zu erkennen. Dennoch streckte Jack den Arm aus und tastete über die Matratze, nur um sicherzustellen, dass der Platz neben ihm wirklich kalt und leer war.

Er stand auf und ging über den Korridor zum Bad. Das elektrische Licht war erbarmungslos, und der Spiegel über dem Waschbecken, als er sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, zeigte ihm klar alle Anzeichen. Seine Wangen waren gerötet, seine Augen verhangen und seine Pupillen geweitet. In seinen Mundwinkeln stand ein kleines zufriedenes Lächeln.

Er sah aus wie ein Mann, der soeben den besten Sex aller Zeiten gehabt hatte.

In gewisser Hinsicht stimmte das auch.

Das Grinsen wurde breiter. Aber dann schwand es prompt.

Er hatte die intensivste sexuelle Erfahrung seines Lebens gehabt … und es war nur ein Traum gewesen?!

Abrupt drehte er sich um und rannte die Treppe hinunter. Nackt, wie er war, lief er in das dunkle Wohnzimmer. Er kannte hier jeden Zentimeter, brauchte kein Licht einzuschalten. Er nahm Zunder und Holz aus den Kisten und entzündete ein Feuer im offenen Kamin.

Während er darauf wartete, dass die Flammen höher leckten, erinnerte er sich an den Geschmack seiner Traumfrau und wie sie sich um ihn geschlungen hatte. Dachte an die Hitze, die ihre Körper entfacht hatten.

Als das Feuer knisternd brannte, richtete er sich auf und ging zu seinem Schreibtisch hinüber. Er fasste in die Schublade und zog das handgroße Adressbuch hervor. Im orangefarbenen Schein kniete er sich damit vor das Kaminfeuer.

Er konnte noch immer ihren Geschmack auf seinen Lippen schmecken. Was natürlich unsinnig war. Sie war ein Fantasiebild. Und doch realer als alles, was er erlebt hatte.

Eine nach der anderen, riss Jack Taylor die Seiten aus seinem Adressbuch und überließ die Namen und Telefonnummern der Frauen, die er kannte, den Flammen.

1. KAPITEL

“Also wie viel würden Sie für meinen Mercedes bezahlen?”, fragte Kitty Giroux Clifford ohne Umschweife.

Der Gebrauchtwagenhändler rieb sich bedächtig das feiste Kinn. “Nun ja, der Wagen ist zwar erst ein Jahr alt, aber dafür hat er schon ziemlich viele Kilometer runter. Außerdem ist in dieser Gegend die Nachfrage nach Cabrios nicht sehr groß. Die Winter hier in Maine sind ziemlich kalt, verstehen Sie?”

Kitty straffte die Schultern und sah dem Mann direkt in die Augen. Sie brauchte jeden Cent, den sie für den Wagen bekommen konnte, um ihre Schulden zu bezahlen und ihr Geschäft am Laufen zu halten, aber sie wollte sich ihre verzweifelte Lage auf keinen Fall anmerken lassen.

“Vielleicht sind in Scarborough Cabrios ja gefragter”, sagte sie kühl und griff entschlossen nach der Jacke ihres eleganten Designerkostüms.

Ihre Taktik funktionierte. Als Kitty Anstalten machte aufzustehen, hielt der Händler sie mit einer einlenkenden Handbewegung zurück.

“Ich bin sicher, wir werden uns einigen, Mrs. Clifford.”

Na bitte, dachte Kitty triumphierend und ließ sich mit einem liebenswürdigen Lächeln zurück auf ihren Stuhl sinken. Als in diesem Augenblick ihr Handy klingelte, schlug ihr Herz unwillkürlich schneller. Vielleicht war das ja der entscheidende Anruf, der endlich die ersehnte berufliche Wende brachte. Doch zu ihrer Enttäuschung sah sie nur die Nummer ihrer Mutter auf dem Display.

“Entschuldigen Sie, aber ich muss dieses Gespräch annehmen”, sagte sie in geschäftsmäßigem Tonfall und stand erneut auf. Schließlich konnte es nicht schaden, wenn der Händler den Eindruck bekam, dass ihre Zeit kostbar war. Im Hinausgehen drückte sie die Verbindungstaste.

“Katherine Clifford”, meldete sie sich kurz angebunden, als sie vor die Tür trat.

“Stell dir vor, Kitty”, ertönte am anderen Ende die aufgeregte Stimme ihrer Mutter, “mich hat gerade jemand angerufen, der einen Auftrag für dich hat. Und jetzt rate mal, wer es war?”

Kitty spürte den Adrenalinstoß bis in die Fingerspitzen. Seit sie vor sechs Monaten ihr Studio für Inneneinrichtungen in Maine eröffnet hatte, war dies das erste Zeichen von Interesse. “Nun sag es schon endlich, Mum”, drängte sie ungeduldig.

“Du wirst begeistert sein, Schatz. Es war der neue Besitzer des Delphi, und er hat vor, es von Grund auf zu restaurieren.”

Kitty blieb unvermittelt stehen und biss sich auf die Lippe, um einen lauten Triumphschrei zu unterdrücken. Das Delphi war das schönste Gebäude in ganz Portland. Sie war zwar nie ein Filmfan gewesen, aber das verlassene Kino, das an einen heruntergekommenen Palast erinnerte, liebte sie, seit sie ein kleines Mädchen war. Selbst die jahrelange Vernachlässigung hatte der Schönheit seiner Art-déco-Linien nichts anhaben können. Es zu restaurieren, war der Traum jedes Innenarchitekten.

Vielleicht ging ja zu guter Letzt doch noch ihr Glücksstern auf!

“Er sagte, er sei heute Nachmittag dort, falls du vorbeikommen willst”, fuhr ihre Mutter fort. “Aber vorsichtshalber habe ich mir seine Telefonnummer geben lassen.”

“Fantastisch, Mum. Wie heißt er denn?”

“Taylor.”

Kitty, die den großen Parkplatz vor dem Bürogebäude bereits zur Hälfte durchquert hatte, blieb abrupt stehen. “Und sein Vorname?”, erkundigte sie sich ahnungsvoll.

“Danach habe ich ihn nicht gefragt. Aber er klang sehr nett.”

Bitte, lass es nicht Jack Taylor sein!, flehte Kitty im Stillen. Er war auf der Highschool ihre große Liebe gewesen und hatte sie auf ihrem Abschlussball vor der gesamten Schule zutiefst gedemütigt. Wenn es einen Menschen auf der Welt gab, dem sie nie wieder begegnen wollte, dann war er es.

Andererseits war es höchst unwahrscheinlich, dass es je dazu kam. Vermutlich lebte er inzwischen längst woanders. Portland war eine kleine Stadt und das Angebot an Frauen zu gering, um einen Jack Taylor zufriedenzustellen, der Freundinnen verbrauchte wie andere Leute Papiertaschentücher.

Jedenfalls war es damals so gewesen, und Kitty glaubte nicht, dass er sich in dieser Beziehung verändert hatte. Und warum sollte er auch? Schließlich war er reich, sah toll aus und hatte schon früher einen so unwiderstehlichen Charme gehabt, dass ihm die Mädchenherzen nur so zugeflogen waren.

Vor dreizehn Jahren war sie, Kitty, eines von ihnen gewesen …

“Möchtest du dir seine Nummer notieren, Liebes?”

Die Stimme ihrer Mutter brachte Kitty umgehend in die Gegenwart zurück.

“Hör zu, Mum, mein Terminplaner liegt in meinem Auto. Ich muss noch kurz mit jemandem sprechen, dann melde ich mich wegen der Telefonnummer bei dir, okay?”

Kitty schob das Handy in ihre Handtasche und kehrte ins Büro des Gebrauchtwagenhändlers zurück.

“Ich habe beschlossen, meinen Wagen doch nicht zu verkaufen”, verkündete sie und griff nach ihren Autoschlüsseln, die noch auf dem Schreibtisch lagen. “Danke, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben.”

Bevor der verblüffte Mann etwas erwidern konnte, war sie schon wieder draußen und eilte beschwingt zu ihrem Wagen.

Das Delphi – wow! Sollte dieser Auftrag tatsächlich zustande kommen, hätte ihre Pechsträhne, die schon viel zu lange anhielt, endlich ein Ende.

Es musste einfach klappen! Nicht nur wegen des Geldes, sondern auch, um ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl wieder aufzubauen. Sie hatte in Kalifornien zwar einen gut bezahlten Job gehabt, aber ihre Ehe mit Sam war gescheitert, und sie hatte mit ihrer Rückkehr nach Maine beweisen wollen, dass sie auch allein erfolgreich sein konnte. Aber bisher hatte es nicht funktioniert, und mittlerweile waren ihre Ersparnisse auf knapp zweihundert Dollar zusammengeschrumpft.

Die Restaurierung des Delphi wäre ein glänzendes Vorzeigeprojekt. Die perfekte Möglichkeit, um zu zeigen, was sie konnte. Und es würde zu weiteren Aufträgen führen, da war sie ganz sicher.

Als Kitty ihr Cabrio erreichte und den Reißverschluss ihrer Tasche aufziehen wollte, stellte sie fest, dass er bereits aufgezogen war. Ihr Siegerlächeln verschwand, als sie hineingriff und ins Leere fasste.

“O nein!”, stöhnte sie auf, als sie einen Blick zurückwarf. Der gesamte Inhalt ihrer Tasche lag in einer verstreuten Spur auf dem Asphalt – Autoschlüssel, Puderdose, Lippenstift, ihre Brieftasche, mehrere Kugelschreiber … und ihr extraflaches, sündhaft teures Handy.

Verärgert über ihre Gedankenlosigkeit, ging sie zurück, um ihre Habseligkeiten wieder aufzulesen, als ein durchdringendes Hupen hinter ihr sie erschrocken zur Seite springen ließ. Hilflos musste sie mitansehen, wie ein roter Lexus mit der Aufschrift Machen Sie eine Testfahrt mit mir!ihr Handy überrollte und in ein trauriges Häuflein aus Chrom- und Kunststoffsplittern verwandelte.

“Hey, Sie da, halten Sie an!” Wutentbrannt rannte Kitty dem davonfahrenden Wagen nach und schwenkte drohend ihre leere Handtasche in der Luft. “Sie haben gerade mein Telefon zermalmt, Sie Idiot!”

Doch der Fahrer brauste ungerührt weiter, und schließlich gab Kitty atemlos auf.

“Ich hoffe, du kaufst den Wagen, und er stellt sich als Schrottkiste heraus”, murmelte sie erbittert, während sie sich daranmachte, den Rest ihrer verstreuten Besitztümer einzusammeln, die zum Glück unversehrt geblieben waren.

Als Kitty endlich alles beisammen hatte, war sie schon wieder etwas gefasster. Okay, ihr Handy war beim Teufel, und momentan konnte sie es sich nicht leisten, es zu ersetzen. Aber im Augenblick musste sie sich auf wichtigere Dinge konzentrieren. Zum Beispiel darauf, diesen Auftrag unter Dach und Fach zu bringen.

Sie würde also direkt zum Delphi fahren und mit diesem Mr. Taylor sprechen. Zum Glück hatte sie in letzter Zeit immer ihre Mappe mit Arbeitsproben dabei. Außerdem hatte sie ihr bestes Kostüm aus elfenbeinfarbener Seide angezogen, um den Autohändler zu beeindrucken. Und nachdem sie am Morgen etwa eine Stunde lang mit ihrer rebellischen Haarmähne gekämpft hatte, sah sie selbst nach ihren strengen Maßstäben einigermaßen repräsentativ aus.

Wenn man zu den Siegern gehören wollte, musste man auch so aussehen, das hatte Kitty inzwischen begriffen. Nur leider hatte es bei ihr bis jetzt nicht funktioniert. Weder ihr schicker Wagen noch ihre Designeroutfits hatten ihre Ehe zu einem Erfolg machen können, und seit sie wieder in Maine war, hatte sich auch beruflich nichts getan.

Aber jetzt wird alles anders, schwor sich Kitty, als sie in ihren Mercedes stieg. Und sollte sich herausstellen, dass der neue Besitzer des Delphi tatsächlich dieser Jack Taylor war, dann würde sie eben damit leben.

Aber er war es bestimmt nicht. Es gab Taylors wie Sand am Meer, da wäre es schon ein unglaublicher Zufall, wenn es sich ausgerechnet bei ihm um ihre große Jugendliebe handelte.

So viel Pech konnte nicht einmal sie haben.

“Hast du dich eigentlich schon mal gefragt, ob du dich mit diesem aufwendigen Bauprojekt nicht nur von deiner sexuellen Frustration ablenken willst?”

Mit einem kräftigen Ruck löste Jack die letzte Ecke des halb vermoderten Teppichbodens und begann, ihn zusammenzurollen. “Da liegst du völlig daneben, Oz. Hast du vergessen, dass wir schon als Jugendliche ständig hier vorbeigefahren sind und uns vorgestellt haben, wie das Delphi in seiner Glanzzeit ausgesehen hat?”

Du hast es dir vorgestellt”, korrigierte Oz seinen Freund. “Ich habe immer nur gedacht: Was für eine Müllhalde!

Jack ignorierte seinen Einwurf. “Und erinnere dich bitte daran, was ich damals unter der Rubrik ‘Mein wichtigstes Ziel’ in unser Jahrbuch geschrieben habe: Kinobesitzer werden und aus meinem Leben einen Film machen.Den ersten Teil habe ich erfüllt. Jetzt muss nur noch ein genialer Regisseur einen Blockbuster über meinen Kampf mit diesem stinkenden Teppich drehen, und ich habe mein Lebensziel erreicht.”

“Bestimmt wird der Streifen ein Horrorklassiker”, murmelte Oz, während er kritisch den Parkettboden begutachtete, der unter dem Teppich zum Vorschein gekommen war.

“Ganz abgesehen davon”, fuhr Jack unbeirrt fort, “beinhaltet sexuelle Frustration, dass man keinen Sex bekommen kann, was bei mir nicht der Fall ist. Erst gestern Abend bin ich Sally McKenna über den Weg gelaufen, und sie schien sehr interessiert daran zu sein, die alten Zeiten mit mir wieder aufleben zu lassen.”

“Sally will wieder mit dir schlafen, und du hast sie abgewiesen?” Oz schüttelte ungläubig den Kopf. “Ich hoffe, du hast ihr wenigstens meine Telefonnummer gegeben.”

“Besorg dir deine Bettgespielinnen gefälligst selbst, Oscar Strummer. Ich wollte damit nur sagen, dass ich Sex haben könnte, wenn ich wollte. Aber ich habe beschlossen, darauf zu verzichten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist.”

Oz fuhr mit seiner Hand über das Parkett und drückte vorsichtig darauf. “Wie lange dauert dein selbst verordnetes Zölibat jetzt eigentlich schon?”

“Elf Monate, sechs Tage und acht Stunden.” Mit einer kraftvollen Bewegung stemmte Jack die Teppichrolle gegen die Wand und ging auf seinen Freund zu. “Was, wie gesagt, keineswegs bedeutet, dass meine Manneskraft …”

Der Rest des Satzes ging in einem langgezogenen Schrei unter, als urplötzlich der Boden unter Jack nachgab und er gute zwei Meter tief ins Dunkle stürzte.

Mit einem Satz war Oz bei dem klaffenden Loch und spähte besorgt hinunter. “Alles in Ordnung mit dir, Kumpel?”

“Ja, ich … war nur etwas überrascht.”

Zum Glück war Jack auf einem Haufen schmutziger Lumpen gelandet, die seinen Sturz abgefedert hatten. Während Oz die zersplitterten Ränder der quadratischen Öffnung untersuchte, kam Jack auf die Füße und schüttelte sich mit beiden Händen Staubflocken und Holzspäne aus dem schwarzen Haar.

“Eine Falltür”, stellte Oz lakonisch fest. “Sieht so aus, als hätte dein Gewicht die Scharniere aus dem morschen Holz gerissen.”

“Wenigstens wissen wir jetzt, wie wir am schnellsten in den Keller kommen. Los, komm schon, zieh mich hoch.”

“Immer mit der Ruhe.” Oz übersah geflissentlich Jacks ausgestreckte Hand. “Ehrlich gesagt, betrachte ich es als Glücksfall, dass du jetzt gezwungen bist, mir zuzuhören, denn ich mache mir ernsthaft Sorgen um dich. Der größte Frauenheld von ganz Portland beschließt von einem Tag auf den anderen, wie ein Mönch zu leben, nur weil er einen erotischen Traum hatte. Findest du das nicht selbst ziemlich abgedreht?”

“Das war nicht irgendein Traum, sondern eine eindeutige Botschaft. Der Sex, den ich in diesem Traum hatte, war die unglaublichste Erfahrung, die ich je gemacht habe, Oz! Ich weiß jetzt, was mir die ganze Zeit über entgangen ist, und bevor ich nicht genau das in der Realität erleben kann, halte ich jede Aktivität in dieser Richtung für Zeitverschwendung.”

“Jack, es ist das Wesen von Träumen, dass die Realität nicht mit ihnen mithalten kann.”

“Mag sein, aber dieser Traum wird sich erfüllen, das spüre ich in allen Knochen.”

“Na schön.” Unversehens war Oz in die Rolle des geduldigen Psychologen geschlüpft, der er ja auch tatsächlich war. “Gehen wir davon aus, dass dieser Traum dir gezeigt hat, wie großartig Sex sein kann. Aber wie willst du die Frau erkennen, die dir zu diesem fantastischen Erlebnis verholfen hat?”

“Ich werde sie erkennen.”

“Und von da an nur noch mir ihr schlafen? Siehst du, genau das beunruhigt mich. Du bist in deinem ganzen Leben noch keine einzige Verpflichtung eingegangen. Und jetzt lädst du dir mit diesem Kino eine Riesenverantwortung auf und willst dich an eine Frau binden, von der du nicht einmal weißt, ob sie überhaupt existiert. Nimm es mir nicht übel, mein Freund, aber das bist einfach nicht du.”

“Vielen Dank für die Analyse, Dr. Strummer. Deine Fürsorge rührt mich, aber wenn du wirklich etwas für mich tun willst, dann hilf mir endlich aus diesem verdammten Loch heraus.”

“Na schön, aber dass mir hinterher keine Klagen kommen.” Oz wollte sich gerade vorbeugen, um Jack die Hand zu reichen, als er ein Klopfen vom Haupteingang hörte. “Tut mir leid, Kumpel, aber ich glaube, da ist jemand an der Tür. Ich bin gleich wieder zurück.”

“He, du kannst mich doch nicht einfach …”, setzte Jack an, aber Oz war schon verschwunden.

Allein mit seinem Schicksal, versuchte Jack, sich in dem dunklen, gewölbeartigen Raum zu orientieren, der sich in alle Richtungen ausdehnte. Auf einem Haufen Bauschutt fand er ein paar Ziegelsteine, die er unter dem Loch aufstapelte. Als er hinaufstieg, stellte er jedoch fest, dass er noch immer nicht über den Rand der Öffnung blicken konnte.

“Mist!”, murmelte er frustriert und fragte sich, wann Oz sich wohl endlich bequemen würde, ihn aus seiner misslichen Lage zu befreien. In diesem Augenblick hörte er Schritte im Foyer. Kurz darauf drang eine weibliche Stimme an sein Ohr.

“… hätte ich vorher angerufen. Aber dummerweise habe ich mein Handy bei einem Kunden vergessen. Ich bin Katherine Clifford und würde gern mit Mr. Taylor sprechen.”

Katherine Clifford? Das war doch der Name der Innenarchitektin, deren Nummer er aus dem Branchenbuch herausgesucht hatte. Ihre volle, leicht heisere Stimme bewirkte, dass sich Jacks Puls rapide beschleunigte. Wenn sie genauso sexy aussah, wie sie sich anhörte, war sie so gut wie engagiert.

Und Oz, dieser attraktive, bindungswillige Mistkerl, besaß ihre ungeteilte Aufmerksamkeit!

“Mr. Taylor steckt momentan gewissermaßen fest”, hörte Jack ihn über sich flöten. “Aber vielleicht kann ich Ihnen ja in der Zwischenzeit behilflich sein. Hören Sie, ich weiß, es klingt fürchterlich abgedroschen, aber irgendwie kommen Sie mir bekannt vor.”

Um den dilettantischen Flirtversuchen seines Freundes ein Ende zu setzen, wollte Jack sich gerade lautstark bemerkbar machen, doch aus einem unerklärlichen Impuls heraus beschloss er, lieber noch eine Weile dem Gespräch zu lauschen.

“Nicht dass ich wüsste, Mr. …?”, sagte Miss Goldkehlchen gerade.

“Oh, entschuldigen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Oscar Strummer.”

“Oscar Strummer …?” Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann lachte sie plötzlich auf. “Das gibt es doch gar nicht! Du bist Oz?”

“Stimmt genau, aber …”

“Wir sind zusammen zur Highschool gegangen, erinnerst du dich nicht mehr? Ich war damals eine Klasse unter dir.”

“Aber klar, natürlich! Ich hätte dich gleich an deinem Haar erkennen müssen, aber der Name Clifford hat mich auf die falsche Spur gebracht.”

Jack fiel es immer schwerer, seine Neugier zu bezähmen. Wer war diese Frau? Er konnte sich an keine Katherine aus der Highschool erinnern. Und was, zum Teufel, war mit ihrem Haar?

“Schon gut, ich habe dich ja auch nicht erkannt. Du warst damals so … wie soll ich sagen …”

Oz lachte. “Ich war ein kleiner, pickliger Streber”, kam er ihr zur Hilfe. “Aber zum Glück habe ich in letzter Minute noch einen Wachstumsschub bekommen.”

“Ja, das ist nicht zu übersehen.” Nach einem kurzen Schweigen fügte sie zögernd hinzu: “Hör zu, Oz, die Nachricht, die ich bekommen habe, kam von einem Mr. Taylor. Handelt es sich dabei um …”

“… meinen alten Kumpel Jack? Du hast es erfasst. Er ist jetzt der stolze Besitzer des Delphi, während ich ihm in meiner Freizeit als bescheidener Handlanger diene. Aber nun musst du mir unbedingt erzählen, wie es dir …”

Die Schritte der beiden entfernten sich, sodass Jack der Unterhaltung nicht mehr folgen konnte. Aber er hätte es ohnehin keine Sekunde länger ausgehalten, untätig hier unten herumzustehen und nicht zu wissen, wer diese ehemalige Mitschülerin mit der aufregenden Stimme war.

Erneut machte er sich auf die Suche nach einem Gegenstand, der hoch genug war, um ihm zur Freiheit zu verhelfen. Endlich entdeckte er in einer Ecke einen wackligen Stuhl. Er zog ihn unter die Öffnung, und unter Aufbietung all seiner Kräfte gelang es ihm schließlich, sich nach oben zu hieven.

Sobald er wieder einigermaßen zu Atem gekommen war, ließ er den Blick durch das weitläufige Foyer schweifen. Am entgegengesetzten Ende stand Oz und sprach mit gedämpfter Stimme auf eine schlanke Frau ein. Sie wandte Jack den Rücken zu, aber der Anblick ihres leuchtend roten Haars, das im Nacken zu einem kunstvollen Knoten geschlungen war, brachte irgendeine Saite in ihm zum Klingen.

Mit ausgreifenden Schritten ging er auf die beiden zu. Die Frau drehte sich zu ihm um und … Jack erstarrte mitten in der Bewegung.

O ja, er kannte sie!

Sie war der vermutlich einzige Mensch auf der Welt, der ihn je wirklich gehasst hatte.

2. KAPITEL

“Kitty Giroux …”, stieß Jack fassungslos hervor.

Autor