Wie ein warmer Sommerwind: Prinz sucht reiche Erbin

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Darauf hat Hope immer gewartet: Endlich lernt sie einen echten Prinzen kennen. Ein romantisches Happy-End ist trotzdem nicht in Sicht - denn Stefano darf nur eine reiche Erbin heiraten!


  • Erscheinungstag 01.07.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783956494413
  • Seitenanzahl 120
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Debbie Macomber

Wie ein warmer Sommerwind: Prinz sucht reiche Erbin

Aus dem Amerikanischen von Renate C. Michel

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der HarperCollins Germany GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright dieses eBooks © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der HarperCollins Germany GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

The Bachelor Prince

Copyright © 1994 by Debbie Macomber

erschienen bei Silhouette Books, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Covergestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Maya Gause

Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München; Corbis, Düsseldorf

ISBN eBook 978-3-95649-441-3

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder

auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich

der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Alle handelnden Personen in dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

PROLOG

Prinz Stefano Giorgio Paolo brauchte dringend eine Frau, möglichst eine sehr reiche, und das so schnell wie möglich.

Eine Heirat war unausweichlich geworden, er konnte die Angelegenheit nicht länger vor sich herschieben, jedenfalls nicht, wenn er sein Land vor dem Staatsbankrott und der internationalen Blamage retten wollte.

Er überflog noch einmal den letzten Bericht seines Finanzministers, während er unruhig in dem weitläufigen, königlichen Arbeitszimmer auf und ab ging. Dabei kam er an einer Galerie sechs Fuß hoher, sandsteinverzierter Fenster vorbei, um die schwere, rote Samtvorhänge drapiert waren.

In seinem Kopf schwirrte es, er nahm keine Notiz von der herrlichen Aussicht auf den Innenhof mit dem riesigen Marmorbrunnen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Früher hätte ihn diese Szenerie in Entzücken versetzt, aber jetzt war alles anders. Nun empfand er nur noch Beklemmung dabei, denn der Schlosshof war gähnend leer, kein einziger Tourist war zu sehen.

San Lorenzo, ein winziges, europäisches Fürstentum, galt früher als malerisches, romantisches Fleckchen, es war ein Land wie aus dem Märchenbuch und hatte Touristen und Besucherströme aus aller Welt angezogen. Aber seit den Balkanunruhen und dem Bürgerkrieg dicht vor der Grenze hatten die Urlauber es vorgezogen, die Sehenswürdigkeiten anderer Staaten zu besichtigen. Die Touristen blieben also aus.

Ein weiterer Grund lag darin, dass San Lorenzo keinen eigenen, internationalen Flughafen besaß und der nächstliegende zurzeit wegen der Kämpfe für den normalen Linienverkehr gesperrt war.

Ein lautes Pochen an der schweren Eichentür ließ ihn aus seinen Gedanken hochfahren. „Was ist?“, stieß Stefano unduldsam hervor. Er hatte doch ausdrücklich angeordnet, dass er nicht gestört zu werden wünschte. Nur ein Verrückter konnte es wagen, trotzdem zu kommen.

In dem Moment trat Pietro ins Zimmer, sein Privatsekretär und Begleiter auf allen seinen Reisen. Stefano berichtigte sich im Stillen. Nur ein Verrückter oder ein wahrer Freund durfte es wagen, ihn zu diesem Zeitpunkt zu unterbrechen.

„Ich dachte, du könntest dies hier gebrauchen“, meinte Pietro, während er ein verziertes Silbertablett mit zwei Gläsern und einer Kristallkaraffe hereintrug.

„Du weißt doch, dass ich tagsüber nicht trinke“, sagte Stefano, aber ohne Zurechtweisung in der Stimme.

„Das stimmt zwar“, nickte Pietro, „aber ich weiß auch, dass du über deine Hochzeit nachgrübelst. Und dieses Thema macht dich immer schwermütig.“

„Du hast wieder einmal recht, mein Freund.“ Stefano fuhr sich mit der Hand sorgenvoll über die Stirn, ließ die Schultern hängen und sah mit düsterer Miene aus dem Fenster. Er blickte auf sein kleines Märchenreich.

„Hast du schon eine Entscheidung getroffen?“, fragte Pietro vorsichtig, während er den Stöpsel von der Karaffe entfernte und die Gläser zwei Fingerbreit füllte. Er überreichte das eine Stefano, der es dankbar annahm.

„Habe ich denn eine andere Wahl, als reich zu heiraten?“ Stefano fühlte sich, als hätte man ihn zum Tod am Galgen verurteilt. Er liebte sein Junggesellenleben und die Freiheit, die es ihm ermöglichte, die Gesellschaft der schönsten Frauen der Gesellschaft zu genießen.

Wenn er ehrlich war, so genoss er es, den Titel, „Junggesellen-Prinz“ zu tragen, den die Boulevardpresse ihm verliehen hatte. Die Zeitungen berichteten von ihm als dem idealen Märchenprinz, sie priesen ihn als romantischen, großen und stattlichen Mann mit dunklem Teint und genügend Charme, um alle Mädchenherzen zu brechen.

Er war allerdings hochgewachsen, immerhin ein Meter achtundachtzig, überlegte Stefano, und seine Haut hatte einen angenehmen Bronzeton, weil er sich oft draußen aufhielt.

War er stattlich? Stefano lächelte. Vermutlich wirkten seine Gesichtszüge aristokratisch, er hatte eine hohe Stirn und ein kantiges Kinn, das Durchsetzungsvermögen verriet. Aber das war kein Wunder, immerhin regierte seine Familie seit nun schon fast siebenhundert Jahren über San Lorenzo.

„Weißt du schon, wer die Glückliche sein soll?“, fragte Pietro in seiner unvergleichlich ruhigen Art, mit der er stets Stefanos Sorgen herunterspielte, sodass dem Prinz alle Probleme nur noch klein erschienen.

Stefano überlegte mit gefurchter Stirn, legte eine Hand auf den Rücken und ballte sie zur Faust. „Nein.“ Dann machte er eine herrische Geste zu seinem Freund hinüber, sodass das Glas, das er hielt, beinahe überschwappte. „Ich will eine Amerikanerin heiraten!“, entschied er von einem Augenblick auf den andern.

„Nun, du warst an der Duke-Universität, da bist du ja mit ihrer Lebensweise vertraut. Amerikanerinnen können höchst charmant sein.“

Stefano stellte seinen Drink entschlossen auf den Schreibtisch. Es gab ein hartes Geräusch. „Ich brauche keinen Charme. Was ich benötige, ist Geld.“

„Verlass dich auf mich, Stefano, ich bin informiert.“ Pietro griff in die Innentasche seines perfekt maßgeschneiderten schwarzen Anzugs und entnahm ihm ein Blatt Papier, das er sorgfältig entfaltete. „Ich habe mir die Freiheit genommen, einige Amerikanerinnen aufzulisten, die für dich infrage kämen. Wenn du einen Blick darauf werfen willst?“

Stefano hielt in seinem Rundgang inne und betrachtete den Freund aufmerksam. Schon öfters hatte er sich gefragt, ob Pietro Gedanken lesen konnte. „Wie gut du mich doch kennst.“

Pietro verbeugte sich leicht. „Meine Vermutungen waren zufällig richtig“, spielte er sein Einfühlungsvermögen herunter.

Stefano lachte. „Das bezweifle ich.“ Pietro war viel zu gründlich bei seiner Arbeit, um etwas dem Zufall zu überlassen. In mancher Beziehung kannte sein Sekretär Stefano sogar besser als der sich selbst.

Der Prinz setzte sich in einen Ohrensessel und lehnte sich gegen den bequem gepolsterten Plüschrücken. Wie ein unartiges Kind hatte er sich bisher geweigert, den Ernst der Lage anzuerkennen und sich mit dem unangenehmen Thema zu befassen. Auch jetzt wollte er die Namensliste nicht selbst durchgehen. „Sag mir, wie deine Aufstellung aussieht“, befahl er daher.

„Es gibt da etliche junge Frauen, unter denen du wählen kannst“, begann Pietro.

Während der nächsten halben Stunde erläuterte er dem Prinz, wer infrage kam, und gab ihm Informationen zu jeder einzelnen Heiratskandidatin. Es war aber nicht eine einzige dabei, die Stefanos Neugier auch nur ein wenig geweckt hätte. Aber vielleicht war Stefano auch nur altmodisch, weil er eine Liebesheirat wollte. Er hätte sich gewünscht, eine Braut zu wählen, die er tief und ehrlich liebte, ohne ein Auge auf ihr Vermögen zu werfen. Aber mit diesen Idealvorstellungen konnte man San Lorenzo nicht retten.

„Nun?“, fragte Pietro, nachdem er ans Ende der Aufstellung gekommen war.

Stefano winkte abwehrend und schwach mit der Hand. „Such du eine aus.“

Pietro hob die Brauen. „Wenn du möchtest.“ Er fuhr mit dem Zeigefinger die Liste nochmals herunter, hielt an mehreren Namen inne und suchte dann weiter. Seine Miene verdunkelte sich, er dachte angestrengt nach und gab sich Mühe, so zu entscheiden, wie Stefano es getan hätte.

„Priscilla Rutherford“, erklärte er schließlich.

„Priscilla“, wiederholte Stefano. Er versuchte, sich zu erinnern, was Pietro über sie gesagt hatte. „Ist das nicht die Tochter dieses reichen Reeders?“

„Ganz genau, ihr Vater hat eine Riesenflotte und ist steinreich.“ Pietro entspannte sich und nahm den ersten Schluck aus seinem Glas. Er hatte seine Wahl getroffen.

„Warum gerade sie?“

Pietro zuckte die Achseln. „Ich bin natürlich nicht sicher, aber ich habe ein Foto von ihr gesehen.“

„Sie ist demnach hübsch?“

Pietro brauchte einen Augenblick, bis er antwortete. „Ja.“

„Das klingt, als wärst du selbst nicht ganz überzeugt davon.“

Pietro verzog ein wenig den Mund. „Sie ist keine makellose Schönheit, falls du diese Art von Frau wünschst, sondern sie ist ein warmherziges, sympathisches junges Mädchen, das ganz San Lorenzo lieben und verehren wird.“

„Und du bist dir sicher, dass sie sich in mich verlieben wird?“, fragte Stefano skeptisch.

„Ja, natürlich.“ Pietro ging zur anderen Seite des Raums hinüber und öffnete dort eine Schrankschublade. „Ich habe mir sogar schon überlegt, wie ihr beide einander kennenlernen könnt.“

Stefano schüttelte sprachlos den Kopf. „Du versetzt mich immer wieder in Erstaunen, mein Freund.“

„Erinnerst du dich an den Brief, den wir letzte Woche von Mrs Marshall aus Seattle erhalten haben?“

„Marshall, Marshall“, wiederholte Stefano und ging im Geist einige Namen durch. „War das nicht die, die mich als Ehrengast eingeladen hat? Es sollte eine Konferenz stattfinden … irgendein Unsinn … ich weiß nicht mehr genau, worum es ging, es interessierte mich nicht im Geringsten.“

„Stimmt, das ist die Dame, und es ging um Liebesromane und eine Schriftsteller-Versammlung.“

„Ich hoffe zu deinen Gunsten, dass du abgesagt hast“, sagte Stefano mit einem lang gezogenen Seufzer. „Um Himmels willen, für diese Art von Unfug habe ich nun wirklich keine Zeit.“ Im Leben eines Mannes, der gezwungen war, des Geldes wegen zu heiraten, war kein Platz für Romanzen.

„Glücklicherweise habe ich hinhaltend geantwortet und weder zu- noch abgesagt.“

„Glücklicherweise?“ Stefano blickte seinen Freund zweifelnd an.

„Ich habe aus erster Quelle, dass Priscilla Rutherford der Versammlung beiwohnen wird. Das wäre doch die beste Gelegenheit, sie ‚rein zufällig‘ zu treffen.“

Stefano nahm seine Wanderungen wieder auf, er ging durchs Zimmer und umrundete etliche Male seinen Schreibtisch. Dabei hielt er die Hände auf dem Rücken verschränkt.

„Du kannst doch wohl nicht im Ernst glauben, ich würde die Einladung annehmen? Diese Mrs Marshall ist mir mit der lächerlichen Idee gekommen, mich – oder besser, ein Treffen mit mir – als Tombola-Preis anzubieten. Lieber Himmel, Pietro … ist es schon so weit mit uns gekommen?“

„Diese Konferenz kann dir helfen, dein Ziel zu erreichen.“

Stefano kniff die Augen zusammen. Sein Freund sprach doch unmöglich im East! Er hatte keine Lust, auf der Bühne zu stehen und an den Höchstbietenden versteigert zu werden – oder so ähnlich.

„Die Sitzung der ‚Romance Lovers‘ bietet dir die beste Gelegenheit, Priscilla Rutherford zu treffen“, wiederholte Pietro erneut.

„Meinst du das im Ernst?“

„Ja, Euer Hoheit, das meine ich.“

Die offizielle Anrede mit Stefanos Titel war der eindeutige Beweis, dass Pietro tatsächlich nicht scherzte. „Dann triff die nötigen Vorbereitungen“, ordnete der Prinz an, aber seine Stimme klang brüchig. Welch ein Tiefpunkt in seinem Leben! Er wurde vorgeführt wie ein Zirkustier. Aber wenn er nur damit sein Land retten konnte, wollte Stefano sich sogar erniedrigen und gern seinen Stolz opfern, wenn es auch schwerfiel.

1. KAPITEL

„Da ist jemand für dich am Telefon.“

Hope Jordan warf einen verzweifelten Blick zur Decke ihres kleinen Coffeeshops in Seattles Fifth Avenue. Ergeben wischte sie sich die feuchten Hände an der sorgfältig gestärkten, weißen Schürze ab, die sie um die Taille gebunden hatte. Dann eilte sie zum Apparat und griff nach dem Hörer.

„Hallo, Mom“, sagte sie in die Muschel, ohne abzuwarten, dass sich ihre Mutter am anderen Ende meldete.

„Woher wusstest du denn, dass ich in der Leitung bin?“, fragte Doris Jordan mit erstaunter Stimme.

„Weil mich niemand sonst anruft, wenn ich gerade so viel zu tun habe.“

„Ach, das tut mir aber leid, Sweetheart“, hauchte ihre Mutter, aber es klang nicht ein bisschen schuldbewusst. „Du arbeitest einfach zu viel.“

„Mom, wenn es nicht um etwas wirklich Wichtiges geht, muss ich jetzt einhängen. Ich habe drei Gäste, die auf ihre Bestellung warten.“ Hope lächelte entschuldigend zu den Dreien hinüber.

„Rufst du auch bestimmt zurück?“

„Ja … ich verspreche es dir. Aber irgendwann heute Nachmittag, einverstanden?“

„Gut. Es handelt sich um eine wichtige Angelegenheit, Hope. Die Einzelheiten erzähle ich dir später, aber du sollst schon jetzt wissen, dass ich fünfundzwanzig Dollar für Lose ausgegeben habe, um ein Treffen mit Prinz Stefano Giorgio Paolo von San Lorenzo zu gewinnen.“

Hope zuckte bei der Nennung jedes einzelnen Namens zusammen. Erst neulich hatte sie einen langen Artikel über Prinz Stefano und seinen malerischen Besitz gelesen.

„Du willst einen Abend mit einem Mann verbringen, der jung genug ist, um dein Sohn sein zu können?“

„Ach, natürlich nicht“, wehrte Doris ungeduldig ab. „Ich habe die Lose für dich gekauft.“

„Mom …“

In der Leitung klickte es unvermittelt, die Verbindung war abgebrochen. Hope starrte den Hörer sekundenlang an, bevor sie fähig war aufzulegen. Ihre Mutter war fest entschlossen, sie endlich verheiratet zu sehen, aber dass sie deswegen Glückslose für Hope kaufte, um ein Treffen zu inszenieren, ging entschieden zu weit.

Nicht, dass es etwas genützt hätte, mit ihrer Mutter darüber zu diskutieren. Doris wollte unter allen Umständen die Hochzeitsglocken läuten hören, wobei es ihr eigentlich gar nicht in erster Linie auf die Heirat ankam. Sie wünschte sich nur Enkelkinder, denn ihre drei engsten Freundinnen hatten alle welche. Das nagte an ihrem Selbstbewusstsein, und es war eine Frage der Ehre für sie geworden, Hope verheiratet und schwanger zu sehen. In dieser Reihenfolge natürlich, deshalb war sie so versessen auf eine baldige Ehe. Und wenn Hope ein wenig Ermunterung brauchte, nun, so war Doris genau die richtige Frau, um ihrer Tochter die nötige Hilfe zu bieten. Unglücklicherweise war Hope nicht sehr erbaut darüber und fand, dass ihre Mutter durch ihre dauernden Einmischungen Hopes ohnehin stressiges Leben unnötig komplizierte.

„Wir sind bereit, falls du fertig bist“, mahnte Jimmy, der nette, neunzehnjährige College-Student, und lächelte ein wenig ironisch.

„Schon gut, schon gut“, murmelte Hope, griff nach den Einwegtassen mit Kaffee und verteilte sie auf die Serviertabletts.

„Die Grundidee ist eigentlich, den Kaffee auszutragen, während er noch heiß ist“, stichelte Jimmy.

Hope stieß ihm dafür ihren Ellbogen in die Rippen.

„He“, protestierte Jimmy, „was soll das denn heißen?“

„Das war nur eine kleine Ermunterung, damit du dich ein bisschen schneller bewegst“, meinte Hope und lächelte aufreizend.

„Ich verlasse diesen Laden.“

„Tu das, Jimmy, mein guter Junge.“ Sie lachte, als er durch den rückwärtigen Ausgang verschwand, denn dahinter war das Federal Building, in dem die größte Anzahl ihrer Kundschaft arbeitete.

Nachdem endlich die letzte Bestellung draußen war, brühte sich Hope einen Milchkaffee auf und ließ sich in einen Sessel fallen. Diese Stunden am Morgen konnten einen umbringen.

Die Gründung der Firma „Coffee Break“ war ihre Idee gewesen, und wenn die Umsatzzahlen der letzten Monate nicht täuschten, dann hatte sie genau zur richtigen Zeit eine Marktlücke entdeckt. Hope hatte das Geschäft mit drei Mitarbeitern begonnen, die täglich die verschiedensten Sorten exotischen Kaffees zubereiteten und auch auslieferten. Die Angestellten in den Bürogebäuden der Umgebung waren hier, im lebhaften Zentrum Seattles, ihre besten Abnehmer.

Schon bald war Hope gezwungen, ihre Leute auf fünfzehn aufzustocken, und erweiterte ihr Angebot. Man konnte nun auch einen leichten, kalorienarmen Imbiss bei ihr bestellen. Hope belieferte damit jeden Morgen und Nachmittag etliche Geschäftshäuser der Innenstadt.

„Was ist los?“, fragte Lindy, die in der Küche das Schmalzgebäck zubereitete. Sie kam herbei, zog sich einen Stuhl heran und ließ sich neben Hope nieder.

Hope hob in leichter Verzweiflung die Hände, sie war zu müde, um sich zu beklagen.

„Meine Mutter fängt wieder mit ihren alten Spielchen an.“

„Ach, hat sie ein anderes Eheanbahnungs-Institut gefunden?“

Hope musste leise in sich hineinlächeln. Unglücklicherweise hatte die Dame des Instituts, das ihre Mutter damals beauftragt hatte, nicht recht verstanden, dass Doris einen Mann für ihre Tochter suchte, und nicht für sich selbst. Deshalb hatte man Hope einen dreiundsechzigjährigen Mann angeboten, der angeblich ausgezeichnet zu ihr passen sollte. Doris bekam einen Wutanfall und forderte ihr Geld zurück. Aber am Ende war doch alles gut ausgegangen. Der Heiratskandidat fand Doris sehr sympathisch, und die beiden waren während der letzten Monate mehrere Male zusammen zum Essen ausgegangen.

„Hat sie noch ein Treffen mit dem Neffen ihres Hausarztes ausgemacht?“, wollte Lindy wissen.

Obwohl sie so müde war, musste Hope nun doch laut auflachen. „Diesen Fehler wird sie wohl kaum ein zweites Mal machen.“ Ihre liebe Mutter, die sie immerzu verkuppeln wollte, hatte aus dem letzten Fiasko wohl doch etwas gelernt. Doris meinte unbedingt, dass Hope Arnold sowieso kennenlernen müsste, der bestimmt eine gute Partie bedeutete, wo er doch mit einem Arzt verwandt war. Dieser Arnold war gewiss der Richtige für ihre störrische, widerspenstige Tochter.

Hope war es leid, beständig zu argumentieren, und willigte am Ende ergeben in das Treffen mit dem Unbekannten ein. Doris hatte ihr diesen Neffen in den schönsten Tönen geschildert, sie tat, als wäre er der perfekte, wunderbarste Ehemann, und Hope würde das schon feststellen, wenn sie ihn nur ein einziges Mal selber in Augenschein nehmen würde.

Leider aber war Arnold ein wenig gestört, er litt an Kleptomanie und stahl alles, was ihm unter die Finger kam. Deshalb wurde er auch bereits von der Polizei in drei verschiedenen Bundesstaaten gesucht. Das Treffen war von Anfang bis Ende ein einziger Albtraum. Kaum saßen sie zusammen im Restaurant, begann Arnold auch schon, alle Päckchen Würfelzucker und Süßstoff einzustecken, die er bekommen konnte. Nein, dieser Mann war bestimmt nicht der Traumprinz, den sich Doris vorgestellt hatte.

„Mom hat sich diesmal etwas anderes ausgedacht“, erklärte Hope. Ihre Mutter war fest entschlossen, den Märchenprinz zu finden, nur, dass es diesmal tatsächlich ein echter war.

Lindy brachte ihr ein Schmalzteilchen mit Apfelsauce und Rosinen. Es war noch warm, denn sie hatte das Gebäck gerade aus dem Ofen geholt. „Was hat sie diesmal vor?“

„Ich bin mir noch nicht ganz sicher“, sagte Hope, während sie die schmerzenden Füße hob, um die Beine auf den Sitz ihr gegenüber zu legen. „Sie erzählte etwas von Losen, die man kaufen kann, um ein Treffen mit einem Prinzen zu gewinnen.“

„Ach“, erwiderte Lindy, „davon habe ich gelesen. Diese Lotterie findet auf der Tagung der ‚Madeline Marshall Romance Lovers‘ statt. Es ist nächste Woche im Convention Center.“

„Welche Tagung?“ Hope wischte sich eine widerspenstige Strähne ihres blonden Haars aus der Stirn.

„Nun komm, Hope, du musst doch von dieser Konferenz gehört haben. In den Klatschspalten steht seit Tagen nichts anderes. Es beginnt am Donnerstag mit einer tollen Cocktailparty. Romanautoren und Autorinnen aus der ganzen Welt fliegen hierher, um ihre Fans zu sehen. Es ist das fantastischste Ereignis der letzten Jahre.“

„Du willst mich auf den Arm nehmen.“

„Nein, bestimmt nicht. Liebesromane sind das ganz große Geschäft, bei Weitem größer, als sich der einfache Leser vorstellen kann.“

„Willst du damit andeuten, dass du auch Liebesromane liest?“, fragte Hope verwirrt. Doch wohl nicht Lindy, die Stütze in ihrer Küche. Lindy stand mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen.

„Natürlich lese ich sie. Du etwa nicht?“

„Um Himmels willen, nein.“ Hope schüttelte heftig den Kopf. „Im Moment komme ich überhaupt nicht zum Lesen, ich habe keine Zeit.“ Ihr aufstrebendes Geschäft ließ ihr kaum Gelegenheit für persönliche Interessen.

„Dann verpasst du etwas, Mädchen“, meinte Lindy und nickte wichtig. „Jeder muss von Zeit zu Zeit ausspannen und sich vom rauen Alltag erholen.“

„Ob Liebesromane dafür das richtige sind?“ Ihre Mutter hatte die Hefte jahrelang gelesen, um sich darüber hinwegzutrösten, dass Hopes Vater sie verlassen hatte. Obwohl Doris viele ihrer Lieblingsromane auch Hope anbot, war diese nie dazu gekommen, eins der Bücher zu lesen. Sie las fast nur Artikel und Abhandlungen in Illustrierten.

„Magst du Liebesromane nicht?“, wollte ihre Küchenhilfe wissen und erhob sich. Sie war fast ein wenig aufgebracht und stemmte die Hände in die Hüften.

„Ich wollte dich nicht kränken“, beschwichtigte Hope die Frau und musste ein Lächeln unterdrücken, weil Lindy die Sache so todernst nahm.

„Schon gut“, lenkte Lindy rasch ein. „Ich meine nur, man muss sich doch erst ein Urteil bilden, bevor man etwas ablehnt.“

„Eines Tages werde ich bestimmt einmal einen Liebesroman lesen“, versprach Hope, obwohl sie bezweifelte, dass das bald geschehen würde. Diese Art von Büchern interessierte sie überhaupt nicht. Vielleicht später einmal, wenn „Coffee Break“ finanziell abgesichert war und sie Zeit hatte, sich nach einem Ehemann umzusehen.

„Ich habe mir auch ein Los gekauft“, vertraute ihr Lindy geheimnisvoll an. „Ich weiß gar nicht, was ich machen würde, falls ich gewänne. Bestimmt ist Prinz Stefano der tollste Mann, den es gibt.“

Hope hatte oft genug in den Zeitungen Fotos des Prinzen gesehen, und sie musste der Freundin zustimmen. Man sprach davon, dass Stefano der begehrteste Junggeselle der Welt war.

„Wenn du mm den Abend mit ihm gewinnst, worüber wolltest du dich mit ihm unterhalten?“

Lindy zog fragend die Brauen hoch. „Reden? Bist du verrückt? Wenn ich ein Rendezvous mit Prinz Stefano gewinnen würde, würde ich doch nicht die kostbare Zeit mit einer Unterhaltung vergeuden.“

Hope schüttelte lachend den Kopf. „Natürlich müsstet ihr euch unterhalten. Wie anders willst du sonst den Abend verbringen?“

Die Freundin blickte verträumt ins Leere. „Selbst wenn wir nichts täten und uns nur den ganzen Abend gegenübersäßen und ansähen, wären es doch die aufregendsten Stunden meines Lebens.“

Hope war da anderer Ansicht. Wenn sie den Prinz einen Abend für sich hätte, würde sie die Zeit sorgfältig verplanen, um keine kostbare Minute zu vergeuden. Ach, worüber grübelte sie denn nach! Welch ein Unsinn, diese Möglichkeit überhaupt zu erwägen.

„Du brauchst deine Mutter nicht mehr anzurufen“, verkündete Lindy plötzlich.

„Warum denn nicht?“

„Weil ich sie gerade drüben über die Straße kommen sehe.“

Hope ging zum Frontfenster des Geschäfts hinüber. Tatsächlich, dort war ihre herzensgute, liebe Mutter und steuerte geradewegs Hopes Coffee-Shop an.

„Mom“, sagte Hope und atmete tief durch, „was willst du denn hier?“

„Ich dachte, ich müsste einmal mein einziges Kind Wiedersehen, das seine Mutter überhaupt nicht mehr besucht.“

Hope blickte schuldbewusst zur Seite. Sie wollte ihrer Mutter nicht Vorhalten, dass ja jeder Besuch stets in einem Kuppeleiversuch endete und sie deshalb keine Lust mehr hatte, nach Hause zu kommen.

„Mom, du weißt doch, wie viel ich diesen Sommer über zu tun hatte. Und außerdem habe ich erst vor zwanzig Minuten mit dir telefoniert. Glaubst du mir nicht, wenn ich dir verspreche, dass ich zurückrufen werde?“

„Ich weiß nicht recht. Außerdem war ich sowieso gerade in der Nähe.“

Das war gewiss eine Ausrede, denn ihre Mutter hasste es, sich in das Gewühl der Innenstadt zu stürzen.

„So? Was machst du denn hier?“

„Hazel und ich haben in diesem schicken Hotel in der Fourth Street ein Zimmer für nächste Woche reservieren lassen. Gladys und Betty, Hazel und ich wollen unser Glück versuchen und während der Tagung im Hotel bleiben.“

„Ihr wollt wirklich in einem Hotel in Seattle wohnen? Wir leben doch in Seattle!“

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