Collection Baccara Band 283

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PALAST DER SINNLICHKEIT von MALLERY, SUSAN


Es knistert wie verrückt, als Scheich Quadir Maggie unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen küsst. Dabei ist ihre Verlobung eine reine Geschäftsbeziehung! Bis eines Nachts im Palastgarten die Spannung zwischen ihnen in einem Rausch der Leidenschaft explodiert …

SCHENKE MIR NOCH EINE NACHT
von HARLEN, BRENDA

Die hübsche Polly ist sprachlos: Ihr sexy Exlover entpuppt sich als der Prinz von Tesoro del Mar! Und Erics glühende Umarmung zeigt ihr, dass er ihre stürmische Liebesnacht auch nie vergessen hat. Doch wie wird er reagieren, wenn er erfährt, dass er Vater wird?

SO KÜSST NUR EIN ITALIENER
von LOVELACE, MERLINE

Begeistert nimmt Sabrina die Einladung von Marco Calvetti an, nach ihrem Unfall in seiner Traumvilla am Meer zu wohnen. Mit seinem italienischen Charme umwirbt der Adlige sie heiß. Doch sie fürchtet, dass er sie nur so begehrt, weil sie seiner verstorbenen Frau gleicht.



  • Erscheinungstag 11.11.2009
  • Bandnummer 0283
  • ISBN / Artikelnummer 9783862956210
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Brenda Harlen, Susan Mallery, Merline Lovelace

COLLECTION BACCARA, BAND 283

BRENDA HARLEN

Schenke mir noch eine Nacht

Endlich sieht er Polly wieder! Prinz Eric Santiago konnte seit ihrer explosiven Liebesnacht an nichts anderes mehr denken als an ihren Duft, ihre Kurven, ihre Haut. Doch warum ist Polly bloß so abweisend? Selbst als sie sich am Strand von Tesoro del Mar in der untergehenden Sonne seinen Küssen lustvoll hingibt, spürt er: Sie verbirgt etwas vor ihm!

SUSAN MALLERY

Palast der Sinnlichkeit

Um den Verkupplungsversuchen seines Vaters zu entgehen, braucht Scheich Quadir eine Frau: Die Restaurateurin seiner Luxuslimousinen Maggie scheint dafür die Richtige zu sein! Schnell wird für die Presse eine Lovestory inszeniert. Nur hat er nicht damit gerechnet, dass die Küsse der süßen Maggie in ihm ein Verlangen wecken, das jede Vorstellung sprengt …

MERLINE LOVELACE

So küsst nur ein Italiener

Nach ihrem Unfall lädt der adlige Arzt Marco Calvetti die Geschäftsfrau Sabrina in seine Traumvilla ein. Die Ähnlichkeit mit seiner verstorbenen Frau ist für ihn eher oberflächlich. Doch Sabrina will ihm einfach nicht glauben, dass er wirklich verrückt nach ihr ist. Obwohl das verlockende Prickeln zwischen ihnen bald einen Sturm der Leidenschaft entfacht.

PROLOG

„Du hättest nicht herkommen müssen, Grandma. Ich habe dir doch schon am Telefon gesagt, dass es mir gut geht.“

Theresa Shea legte ihre Handtasche auf den Tresen von Shea’s Bar & Grill und musterte ihre Enkelin. Sie sah tatsächlich gut aus. Aber Polly hatte schon immer gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Und in den letzten sechs Monaten hatte sie einiges einstecken müssen. „Ich wollte mich eben selbst davon überzeugen.“

„Das hast du ja jetzt.“

„Wenn ich schon mal hier bin, kann ich auch einen Kaffee trinken.“

Polly schenkte ihrer Großmutter einen Kaffee ein.

Sie arbeitete mittlerweile so viele Jahre in diesem Restaurant, dass sie alle Aufgaben automatisch erledigte. Alles war zur Routine geworden. Und genau das hatte James Shea sich für seine Tochter nicht gewünscht.

„Was tust du hier?“, fragte Theresa.

„Im Moment bin ich mit den Bestellungen von nächster Woche beschäftigt.“

„Dein Vater wollte, dass du auf die Universität gehst und mehr aus dir machst.“

Polly ließ sich nicht anmerken, was in ihr vorging. Doch Theresa wusste genau, dass sie ständig an ihren Vater dachte. Vor allem, wenn sie hier im Restaurant war, wo er fast sein gesamtes Leben verbracht hatte. Deshalb würde Polly diesen Ort auch nie verlassen. Das Restaurant war das Einzige, was ihr von ihrem Vater geblieben war. „Ich bin hier glücklich“, sagte sie schließlich.

„Tatsächlich?“

Polly tippte Zahlen in einen Taschenrechner und runzelte die Stirn.

Theresa ließ sich davon nicht beirren. „Schreibst du denn gar nicht mehr?“

„Ich schreibe Schecks aus, um die Rechnungen zu bezahlen.“

„Du weißt, dass ich etwas anderes gemeint habe.“

„Für mehr bleibt mir im Moment keine Zeit.“

„Du solltest dir mehr Zeit für die schönen Dinge im Leben nehmen.“

„Das werde ich auch“, versprach Polly. „Nachdem ich meine Pflichten erfüllt habe.“

Theresa griff nach ihrer Handtasche. Sie wusste, dass sie gegen die Sturheit ihrer Enkelin nicht ankam. „Dann gehe ich wieder. Du weißt aber, wenn du etwas brauchst …“

Polly beugte sich über den Tresen und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Das ist sehr lieb von dir. Aber ich komme gut allein zurecht.“

Theresa war sich dessen allerdings nicht so sicher.

Gerade als sie gehen wollte, klingelte das Telefon, und Polly hob ab. Theresa konnte nicht hören, wer am anderen Ende der Leitung war, doch Pollys Tonfall sagte ihr alles. Als ihre Enkelin auflegte, sagte Theresa nur ein Wort. „Abbey.“

Pollys jüngere Schwester war vor einigen Tagen spurlos verschwunden und hatte lediglich eine Nachricht hinterlassen, dass sie bald wieder zurückkommen würde.

„Wo ist sie?“, fragte Theresa neugierig.

„In Las Vegas.“ Polly schluckte. „Mit Jason.“

Theresa wollte nicht nachfragen, was sie dort zusammen taten.

Sie konnte es sich denken.

Und Pollys nächster Satz bestätigte ihren Verdacht. „Sie hat gerade meinen Verlobten geheiratet.“

1. KAPITEL

Neun Jahre später

Prinz Eric Santiago belog seinen besten Freund, als er ihm sagte, dass er kurz davor war, seinen Flug zu verpassen. In Wahrheit sollte ihn sein Pilot erst am folgenden Morgen nach Tesoro del Mar zurückbringen. Aber nach fast zwei Wochen mit Scott Delsey und seiner Verlobten brauchte Eric eine Pause. Er konnte es nicht mehr ertragen, ständig mit dem frisch verliebten Paar zusammen zu sein. Das erinnerte ihn bloß daran, was ihm in seinem eigenen Leben fehlte.

Als er Scotts Einladung angenommen hatte, ihn auf seiner Ranch in Texas zu besuchen, war er davon ausgegangen, dass sein Freund ihm einen Job in seiner Telefongesellschaft anbieten wollte. Scott hatte in der Vergangenheit mehrmals erwähnt, dass er jemanden mit Erics Ausbildung und Erfahrung in der Firma brauchen könnte. Damals wussten sie aber beide, dass Eric niemals die Navy verlassen würde.

Nun hatte sich die Situation geändert. Eric war mittlerweile bereit, sich Scotts Offerte anzuhören. Allerdings stellte sich heraus, dass sein Freund ihn nicht als Mitarbeiter, sondern als Trauzeugen für seine anstehende Hochzeit gewinnen wollte.

Alle Menschen um Eric herum schienen zu heiraten oder Babys zu bekommen. Sein ältester Bruder Rowan hatte den Anfang gemacht. Er war aufgrund eines tragischen Unfalls und der Traditionen des Landes dazu gezwungen worden. Letztendlich hatte sich allerdings alles zum Guten gewendet, da er sich unsterblich in seine Frau verliebt hatte. Nach sechs Jahren Ehe waren Rowan und Lara noch verliebt wie am Tag ihrer Hochzeit. Sicher lag das auch an ihren zwei kleinen Jungen, die sie ständig auf Trab hielten.

Drei Jahre nach Rowans Hochzeit hatte auch ihr jüngster Bruder Marcus geheiratet. Vor Kurzem waren er und Jewel stolze Eltern eines Mädchens geworden, das die Augen der Mutter und den Charme des Vaters besaß.

Seine beiden Brüder waren glücklich, und Eric freute sich aus ganzem Herzen für sie. Seine einzige Leidenschaft war bisher die Navy gewesen. Doch gerade das war ihm zum Verhängnis geworden, da er nach einem Unfall nie wieder derselbe sein würde.

Während er mit seinem Mietwagen in Richtung San Antonio fuhr, gestand er sich endlich die Wahrheit ein. Er war nicht bloß allein, sondern auch einsam.

Seine Brüder und seinen Freund Scott beneidete er um ihr Glück. Aber gleichzeitig fragte er sich auch, warum er dieses Glück bisher noch nicht erfahren hatte. Natürlich hatte es etwas damit zu tun, dass er während der letzten zwölf Jahre die meiste Zeit auf hoher See verbracht hatte.

Außerdem konnte er sich nie sicher sein, ob die Frauen nur aufgrund seines Titels oder seiner Uniform mit ihm zusammen waren. Deshalb hatte er mit sechsunddreißig Jahren immer noch keine dauerhafte Beziehung gehabt. Und er wusste genau, dass er niemals glücklich würde, wenn sich das nicht änderte.

Ein plötzliches Hungergefühl lenkte Erics Gedanken von seiner misslichen Lage ab und ließ ihn nach der nächstbesten Rastmöglichkeit Ausschau halten. Schon bald tauchte ein Schild auf, das Shea’s Bar & Grill ankündigte. Er lenkte den Wagen auf den Parkplatz des Restaurants und sah sich um.

Obwohl sich das Gebäude mitten im Nirgendwo befand, standen einige Autos auf dem Parkplatz. Er war sich nicht sicher, ob man hier tatsächlich gut essen konnte. Aber nun rächte es sich, dass er Scotts Haus noch vor dem Abendessen verlassen hatte. Ihm blieb keine andere Wahl, als aus dem Auto zu steigen und in das Restaurant zu gehen.

Er humpelte langsam in Richtung Eingang. Seit dem Unfall hatte sich die Verspannung in seinen Muskeln immer weiter gelöst. Und obwohl der Therapeut Eric ständig darauf hinwies, dass er wohl niemals wieder so laufen würde wie vor dem Unfall, war er froh, überhaupt noch am Leben zu sein. Die körperlichen Schmerzen würden verschwinden, aber die Erinnerungen blieben.

Eric betrat das Restaurant und ging direkt auf den Tresen zu. Als er sich auf einen freien Hocker setzte und die Bedienung sah, vergaß er die Schmerzen in seiner Hüfte und auch alles andere um sich herum.

Sie war wunderschön. Ihr Haar war schwarz und schulterlang. Sie trug eine Bluse mit Rundhalsausschnitt, die ihr Dekolleté hervorhob, und hautenge Jeans, die ihre schlanken Hüften und langen Beine betonten.

Eric sah ihr in die Augen und spürte ein plötzliches Verlangen. Und auch ihr schien es nicht anders zu gehen, was er an dem Funkeln in ihren Augen erkennen konnte.

Doch dann strich sie sich eine Strähne hinters Ohr und lächelte. „Hey, mein Bester. Was darf es für Sie sein?“

Eric kamen viele Ideen, was sie für ihn tun könnte. Aber er riss sich zusammen und erinnerte sich daran, weshalb er eigentlich hier war. „Ein Bier und die Speisekarte, bitte.“

Sie griff nach einem Bierkrug und füllte ihn. „Sie sind nicht von hier, was?“

„Wie kommen Sie darauf?“

Die Bedienung stellte den Krug vor ihm ab und lächelte erneut. „Sie hören sich nicht an, als ob Sie aus der Gegend wären. Außerdem hätte ich Sie sonst hier bestimmt schon einmal gesehen.“

Eric war sich nicht sicher, ob sie mit ihm flirtete. Aber er schien sie neugierig gemacht zu haben. „Vielleicht erinnern Sie sich einfach nur nicht an mich.“

Sie beugte sich über den Tresen und gewährte ihm tiefe Einblicke in ihr Dekolleté. „Dann haben Sie wahrscheinlich keinen besonderen Eindruck auf mich gemacht.“

Er lächelte und trank einen Schluck Bier, während sie sich einem anderen Gast zuwandte.

Es gefiel ihm, mit der hübschen Bedienung zu flirten. Er merkte, wie sehr er den Kontakt mit dem weiblichen Geschlecht vermisst hatte. Deshalb beschloss er, das Gespräch mit der attraktiven Fremden fortzusetzen.

Er bestellte ein Sandwich mit Pommes frites und trank dazu ein weiteres Bier. Währenddessen beobachtete er, wie die Frau, die sich als Polly Shea vorgestellt hatte, weitere Gäste am Tresen bediente. Sie ließ es sich nicht nehmen, mit jedem einzelnen Gast ein paar Worte zu wechseln, als ob es sich um alte Freunde handelte.

„Wie lange arbeiten Sie schon hier?“, fragte Eric sie.

Polly schenkte ihm ein Glas Wasser ein und drückte ein Stück Limone darin aus. „Seit einer Ewigkeit.“

„War das schon immer Ihr Traum gewesen?“

„Es ist ehrliche Arbeit.“

„Das wollte ich auch nicht bezweifeln. Sie scheinen nur viel mehr auf dem Kasten zu haben.“

„Ich kann die tollsten Drinks zaubern.“ Sie verstand ihn absichtlich falsch. „Leider gibt es hier keine große Nachfrage danach.“

„Sie geben nicht gern viel über sich preis, was?“

„Barkeeper reden nicht; sie hören zu.“

„Ich dachte immer, das wäre nur ein Vorurteil.“

„Das habe ich früher auch geglaubt. Dann habe ich aber herausgefunden, dass ein geduldiger Zuhörer und ein Glas Whiskey besser als jede Couch bei einem Psychiater sind.“

„Ich bin mir sicher, dass kein Psychiater so eine sanfte Stimme und so ein warmes Lächeln hat wie Sie.“

„Sind Sie deswegen hier? Weil Sie mir Ihr Herz ausschütten möchten?“

„Ich habe keine Probleme.“

Sie zog die Brauen hoch.

„Wenigstens nicht mehr als jeder andere auch“, gab er zu.

Sie lächelte und löste damit ein warmes Kribbeln in seinem Bauch aus.

Die attraktive Bedienung faszinierte Eric immer mehr. Er griff nach seinem Becher und bemerkte, dass er leer war. Nach seinem zweiten Bier war er zu Kaffee übergegangen und wunderte sich nun, wie lange er schon in diesem Restaurant war.

„Es ist fast elf Uhr.“ Polly schien seine Verwunderung zu teilen. „Haben Sie kein Zuhause?“

„Nicht mehr.“

„Hat sie Sie rausgeschmissen?“

„Wer?“

„Die Frau, die für den verlorenen Ausdruck in Ihren Augen verantwortlich ist.“

„Niemand hat mich rausgeschmissen.“ Er lächelte sie an. „Bis jetzt nicht jedenfalls.“

Sie lachte. „Ihnen bleibt noch genau eine Stunde. Dann könnte sich das ändern.“

Eine Stunde später war Eric immer noch da.

Und Polly genoss weiterhin jeden Moment, den er in ihrer Nähe war. Seit er das Restaurant betreten hatte, konnte sie nur noch an ihn denken. Auch als sie mit dem Putzen anfing, ging er ihr nicht aus dem Kopf.

Natürlich fühlte sie sich geschmeichelt. Der Mann sah unverschämt gut aus. Er hatte dunkles Haar und strahlende Augen. Seine Lippen lösten die wildesten Fantasien bei ihr aus, und seine Schultern waren beeindruckend breit.

Aber er gehörte nicht hierher. Das hatte sie schon gewusst, als er den Mund aufmachte. Er klang zu sehr nach Eliteuniversität und gutem Elternhaus.

Sie fragte sich, was er in Texas und vor allem in ihrem Restaurant suchte.

Jedenfalls raste ihr Puls jedes Mal, wenn er mit ihr sprach. Und wenn er lächelte, dann hämmerte ihr Herz wie wild. Obwohl ihre Erfahrungen mit Männern an einer Hand abzuzählen waren, wusste sie ganz genau, was in ihr vorging: Es war Lust, pure Lust. Ein Mann wie Eric war wohl daran gewöhnt, dass die Frauen ihm zu Füßen lagen.

Trotzdem wunderte sie sich über ihre eigene Reaktion.

Sie war nicht die Art von Frau, die sich nach Sex mit einem Unbekannten sehnte. Obwohl sie sich das während ihrer langweiligen Beziehung mit Trevor schon manchmal gewünscht hatte.

Sie schenkte sich ein Glas Wein ein – das war ihr Feierabendritual – und setzte sich neben Eric. „Warten Sie wirklich darauf, dass ich Sie rausschmeiße?“

„Ich habe es nicht eilig.“

„Wenn ich Ihnen erlaube hierzubleiben, dann müssen Sie mir aber mehr von sich erzählen.“

„Was wollen Sie wissen?“ „Woher Sie kommen. Dass Sie nicht aus Texas sind, weiß ich ja mittlerweile.“

„Ich komme aus Tesoro del Mar.“

„Schatz des Meeres“, übersetzte sie.

„Sie sprechen Spanisch?“

„Nur ein bisschen.“ Sie trank einen Schluck Wein. „Ist das Land wirklich ein Schatz des Meeres?“

„Natürlich.“

„Warum sind Sie dann hier?“

„Ich habe einen Freund besucht.“

„Nicht eine Freundin?“

„Nein. Eine Frau war aber auch dabei.“

Polly hob eine Braue. „Nur eine?“

Er lächelte.„Mein bester Freund heiratet bald. Seine Verlobte ist die einzige Frau, die ich während dieser Reise kennengelernt habe.“

„Und wie lange sind Sie schon hier?“

„Seit fast zwei Wochen.“

„Wie kann es dann sein, dass Sie am Sonntagabend um Viertel nach zwölf allein in einer Bar sind?“

Er sah sie verwundert an. „Ich bin doch gar nicht wirklich allein, oder?“

„Nur noch die Barkeeperin ist hier“, stellte sie klar.

„Ich würde sagen, dass ich mit einer wunderschönen Frau hier bin.“ Eric lächelte verführerisch.

Doch Polly würde sich nie im Leben um den Finger wickeln lassen, nur weil ein fremder gut aussehender Mann ihr ein Kompliment machte. „Ich fühle mich geschmeichelt“, sagte sie. „Aber ich muss Sie enttäuschen, weil ich nicht nach ein paar schönen Worten gleich mit Ihnen nach Hause gehen werde.“

„Da ich kein Hotelzimmer für heute Abend habe, dachte ich, dass wir eher zu Ihnen gehen würden.“

Etwas in seiner Stimme sagte ihr, dass er das nur halb scherzhaft meinte. „Das geht leider nicht“, teilte sie ihm mit.

„Gibt es einen besonderen Menschen in Ihrem Leben?“

Sie lächelte. „Es gibt viele besondere Menschen in meinem Leben.“

„Ich meinte einen Partner. Da Sie keinen Ring tragen, nehme ich an, dass Sie keinen Ehemann oder Verlobten haben.“

Sie schüttelte den Kopf.„Ich habe keine Zeit für Verabredungen. Die Arbeit hält mich zu sehr auf Trab.“

„Für die Liebe bleibt doch immer Zeit.“

„Nach einer verpatzten Verlobung hat man dafür aber keine Lust mehr.“

Er nickte. „Sie haben also ein gebrochenes Herz?“

Sie zögerte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. „Nein. Vielleicht ist das der Grund dafür, weshalb ich mich nicht verabrede. Mir ist klar geworden, was für einen großen Fehler ich gemacht habe. Und nun brauche ich etwas Zeit, um herauszufinden, was ich wirklich möchte.“

„Und haben Sie das mittlerweile?“

„Noch nicht.“

„Ich auch nicht“, gab er zu.

„Sie machen aber den Anschein, als wären Sie der Typ Mann, der genau weiß, was er will.“

„Früher war das auch so.“ Er sah sie ernst an. „Damals wusste ich nicht nur, was ich wollte, sondern auch, wie ich es bekommen konnte.“

Dann küsste er sie.

Und sie erwiderte seinen Kuss.

Sie, Polly Shea, die normalerweise nie etwas Spontanes oder Aufregendes tat, küsste einen Fremden in ihrem Restaurant – und genoss jeden Augenblick.

Und der Mann wusste, wie man küsste.

Polly fragte sich, wie sie sich bloß dazu hinreißen lassen konnte. Lag es vielleicht am Wein? Aber sie hatte doch nur ein halbes Glas getrunken. Oder an der späten Stunde? Dabei arbeitete sie oft bis spät in die Nacht hinein. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass sie sich lange nicht mehr so sehr zu einem Mann hingezogen fühlte.

Als er die Zunge zwischen ihre Lippen schob, verschwammen ihre Gedanken. Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an ihn und seine wilden Küsse.

Seine Hände waren plötzlich auf ihrem Po und drückten sie näher an ihn. Ihre Brüste pressten sich an seine muskulöse Brust. Ihre Spitzen wurden hart, während sie seine Erektion an ihrem Körper spürte.

Eric wollte sie.

Natürlich. Er war ja auch ein Mann. Und wahrscheinlich hätte jetzt jede beliebige Frau in seinen Armen sein können. Doch daran wollte Polly in diesem Moment nicht denken. Sie genoss es, von ihm geküsst und begehrt zu werden. Wenigstens eine weitere Minute lang.

Hatte sie ein Mann jemals zuvor so leidenschaftlich geküsst? Eric brachte mit seinen Küssen ihr Blut in Wallung und ließ ihre Knie weich werden. So etwas hatte sie noch nie erlebt.

Noch nicht einmal mit Trevor war es dermaßen intensiv gewesen. Er war der erste Mann, mit dem sie geschlafen hatte. Doch mit ihm hatte sie lange nicht so viel Spaß gehabt wie mit Eric.

Und das erschreckte sie.

Sie zwang sich dazu, sich von ihm zu lösen. „Weißt du was? Deine Küsse machen mich so heiß, dass ich am liebsten sofort mit dir schlafen würde. Aber leider bin ich nicht für One-Night-Stands zu haben.“

„Ich auch nicht. Das ist eine eiserne Regel von mir.“ Er glitt mit den Händen ihren Rücken hoch und ließ sie wohlig erschauern. „Doch für jede Regel gibt es auch eine Ausnahme.“

Sie schob ihn von sich. „Ich mag zwar ein Mädchen vom Land sein, aber naiv bin ich nicht.“

Er zuckte zusammen.„Na schön. Immerhin war es einen Versuch wert.“

„So schnell gibst du auf?“ Polly fiel es sichtbar schwer, ihr Verlangen unter Kontrolle zu bringen.

„Ich habe seit langer Zeit zum ersten Mal eine interessante Frau gefunden und bin deshalb nicht bereit, jetzt schon zu gehen.“

Er schien es ernst zu meinen. Doch wenn Polly irgendetwas aus ihren gescheiterten Beziehungen gelernt hatte, dann war es die Erkenntnis, dass Männer schwer zu durchschauen waren. „Meinst du das auch so?“

„Ja.“

Trotz ihrer Zweifel war auch Polly noch nicht bereit, ihn gehen zu lassen.„Ich habe morgen frei. Wenn du möchtest, kannst du um zehn Uhr vorbeikommen, und wir verbringen den Tag zusammen.“

„Das hört sich wirklich gut an. Aber leider werde ich morgen nicht mehr hier sein.“

„Nein?“ Sie war sichtlich enttäuscht.

„Mein Flieger geht um acht Uhr.“

„Du fliegst nach Tesoro del Mar zurück?“

Er nickte, und obwohl sie es schade fand, war es kein Grund, etwas Unüberlegtes zu tun.

„Dann müssen wir uns jetzt leider voneinander verabschieden“, stellte sie fest.

„Wohl oder übel.“

Er hob ihr Kinn mit einem Finger und küsste sie sanft. „Auf Wiedersehen, Polly.“

„Auf Wiedersehen.“ Sie beobachtete, wie er den Raum durchquerte und die Tür öffnete. In diesem Moment schien sie den Verstand zu verlieren, denn sie tat etwas sehr Dummes. „Warte!“

Er drehte sich um und wartete.

Sie hätte ihn gehen lassen und für immer im Ungewissen bleiben können, was sie alles miteinander hätten tun können. Oder sie war spontan und verbrachte die Nacht mit einem Mann, dessen Küsse sie in den Wahnsinn trieben.

Normalerweise hätte sie ihn gehen lassen. Aber heute Nacht war alles anders.

Eric spürte, dass es Polly nicht leichtfiel, sich zu entscheiden. Er musste sich zusammenreißen, um nicht zu ihr zu laufen und sie in die Arme zu nehmen. Wenn sie die Nacht zusammen verbringen sollten, musste es ihre Entscheidung sein. Und es war ihr anzumerken, wie sehr sie innerlich mit sich haderte.

Sie hatte ihm gestanden, dass sie nichts mehr von Männern wissen wollte. Weshalb sollte sie also gerade seinetwegen diese Regel brechen?

Weil die Chemie zwischen ihnen stimmte.

Seit dem ersten Moment, in dem sie sich in die Augen geblickt hatten, knisterte es zwischen ihnen. Und der atemberaubende Kuss von vorhin war ein weiterer Beweis.

Seine Lippen brannten immer noch von dem Kuss. Nach beinahe drei Jahren selbst auferlegten Zölibats spürte er, wie die Leidenschaft wieder in ihm loderte. Er sehnte sich nach Polly. Nun lag es nur noch an ihr.

Sie sah ihn an und sagte bloß ein Wort. „Bleib.“

Eric schloss die Tür und ging zu Polly zurück.

Sie kam ihm auf halbem Weg entgegen, legte die Arme um ihn und presste ihre Lippen begierig auf seine.

Er glitt mit beiden Händen über ihren Körper und genoss es, wie sie leise stöhnte. Sie war so leidenschaftlich und genauso erregt wie er. Es fiel ihm schwer, ihr nicht die Sachen vom Körper zu reißen und sie an Ort und Stelle zu lieben.

Die Frau hatte längst vergessene Sehnsüchte in ihm geweckt.

Er schob die Hände unter ihre Bluse, umfasste ihre Brüste und reizte ihre Spitzen.

Polly presste sich näher an ihn und gab ihm damit zu verstehen, dass er nicht aufhören sollte.

Diese Frau war unglaublich sexy und raubte ihm den Atem.

Und sie gehörte ihm.

Er musste am nächsten Morgen abreisen. Ihnen blieb nur diese eine Nacht. Deshalb wollte er sie für sie beide unvergesslich machen.

Sie musste verrückt geworden sein.

Selbst als Polly Eric zu ihrer Wohnung über dem Restaurant führte, wusste sie, dass es Wahnsinn war, Sex mit einem Mann zu haben, den sie gerade erst kennengelernt hatte und den sie wahrscheinlich nie wiedersehen würde.

Aber es war ihr egal.

In diesem Moment wollte sie nichts anderes, als mit ihm zu schlafen.

Und er wollte dasselbe.

Auf dem Weg nach oben zogen sie sich begierig gegenseitig aus. Polly zog ihn im Dunklen zu ihrem Bett und legte sich mit ihm auf die Matratze.

Als sie die Nachttischlampe einschalten wollte, ergriff er ihre Hand und legte sie auf seine Lippen. Er küsste ihre Finger und steigerte ihr Verlangen noch weiter.

Sie war erregt wie nie zuvor. Wie lange hatte sie darauf gewartet, dass ein Mann sie auf diese Weise berührte? Und Eric wusste ganz genau, wie man eine Frau heiß machte.

Auch sie brannte darauf, seinen muskulösen Körper zu liebkosen. Sie fuhr über seine muskulöse Brust, seine breiten Schultern und streichelte seine starken Oberarme. Erics Haut war warm und glatt. Und für die nächsten Stunden würde er nur ihr gehören.

Sie wunderte sich, als sie mit den Fingern über eine Unebenheit auf seiner Haut fuhr. Er zuckte zusammen, während sie eine diagonale Narbe ertastete, die sich von seiner untersten Rippe bis zu seinem Hüftknochen zog. Auf seinem Oberschenkel spürte sie eine weitere größere Narbe. Ihr wurde klar, dass Eric deshalb kein Licht wollte.

Sein vollkommener Körper war doch nicht ganz perfekt. Doch machten ihn die Narben noch interessanter für Polly. „Eine frische Verletzung?“

„Das ist schon eine Weile her“, antwortete er knapp.

Sie fuhr ein weiteres Mal über die Narben. „Was ist passiert?“

„Ein missglücktes Trainingsmanöver bei der Navy.“

Seine kurzen Antworten waren ein klares Indiz dafür, dass er nicht gern darüber redete. Immerhin hatte Polly nun eine weitere Information über ihn erhalten. „Du bist also ein Seemann?“

„Ich war einer“, korrigierte er.

„Mit einer Frau in jedem Hafen?“

„Mehr als eine hatte ich nie gleichzeitig.“

„Gut zu wissen.“ Sie glitt mit den Lippen über seinen Hals und seine Brust zu seinem Bauch. Dann küsste sie sanft die Narben.

„Falls du versuchst, meine Schmerzen mit deinen Küssen zu lindern, dann solltest du etwas weiter unten fortfahren. Da tut es nämlich richtig weh“, sagte er heiser.

Sie lächelte und fuhr mit der Zunge weiter nach unten.

Eric stöhnte wohlig auf, als er bemerkte, dass sie auf seinen Vorschlag eingegangen war.

Sekunden später hörte sie, wie er ein Kondom holte, und war froh, dass er an Verhütung gedacht hatte. Sie half ihm, das Kondom überzustreifen, und küsste ihn.

Eric umfasste währenddessen ihre Hüften und drehte Polly auf den Rücken. Er beugte sich über sie und küsste leidenschaftlich ihren Hals.

Sie wartete darauf, dass er endlich in sie eindrang. Doch Eric schien alle Zeit der Welt zu haben. Er gab sich erst mal damit zufrieden, sie zu küssen und zu streicheln.

Polly ließ sich die süße Qual so lange gefallen, bis sie es nicht mehr aushielt. Sie umschlang seine Hüften mit beiden Beinen und presste ihn noch enger an sich.

Dann drang er in sie ein. Sein Atem ging schnell, und seine Nägel bohrten sich in ihren Rücken.

Sie begann, aufreizend die Hüften zu kreisen.

Eric sah ihr tief in die Augen und liebkoste ihre Brüste mit beiden Händen.

Sie stöhnte immer lauter und schrie schließlich laut auf, als sie einen unglaublich intensiven Höhepunkt erlebte.

Aber Eric war noch lange nicht fertig. Er wartete geduldig, bis ihr Zittern nachließ, und drang dann erneut in sie ein.

Er flüsterte ihr Dinge auf Spanisch ins Ohr. Sie verstand nicht alles, was er sagte. Doch seine erotische Stimme steigerte ihr Verlangen bis ins Unermessliche. Seine Stöße wurden immer schneller und härter.

Polly krallte sich an seinem Rücken fest und ließ sich von seinem Rhythmus mitreißen, bis er schließlich laut stöhnend auf sie sank.

Sie liebten sich noch zwei weitere Male, bevor sie vor Erschöpfung nicht mehr konnten.

Dann kuschelte Polly sich eng an ihn und fiel in einen tiefen Schlaf.

Als sie am nächsten Morgen aufwachte, bereute sie nicht die Stunden, die sie mit Eric verbracht hatte, sondern dass er schon gegangen war.

2. KAPITEL

„Schwanger?“ Polly starrte ihre Ärztin eine Weile ungläubig an und schüttelte dann lachend den Kopf. „Ich glaube, Sie müssen den Test wiederholen.“

Dr. Morgan sah sie verständnisvoll an. Sie war schon seit über zwanzig Jahren Pollys Ärztin und kannte sie sehr gut. „Ich wiederhole den Test gern. Aber nur, wenn Sie mir in die Augen sehen und schwören, dass Sie in den letzten zwei Monaten keinen Geschlechtsverkehr hatten.“

Polly tippte nervös mit den Fingern auf den Schreibtisch. „Keinen ungeschützten jedenfalls.“

„Das freut mich. Aber Sie wissen hoffentlich, dass keine Verhütung einen hundertprozentigen Schutz vor einer Schwangerschaft bietet.“

Polly war geschockt, als sie langsam begriff, was passiert war. „Es war doch bloß eine Nacht“, flüsterte sie.

Eine Nacht nach vier enthaltsamen Jahren.

„So schnell kann es gehen“, sagte die Ärztin sanft.

Polly schüttelte den Kopf und konnte es immer noch nicht fassen. „Ich fühle mich doch gar nicht schwanger. Nur manchmal bin ich etwas müder als sonst.“

„Das ist meistens das erste Anzeichen.“

„Bisher musste ich mich noch nicht einmal übergeben.“

„Das müssen nur die wenigsten schwangeren Frauen. Sie können froh sein, dass Sie nicht dazugehören.“

Froh? Polly wusste noch nicht, was sie über ihre Schwangerschaft denken sollte. Begeistert war sie allerdings nicht.

„Ich nehme an, dass Sie Ihr Kind austragen möchten“, fuhr Dr. Morgan fort. „Da Sie sich noch in einer frühen Phase befinden …“

Polly schüttelte erneut den Kopf. Sie wusste, was ihre Ärztin ihr mitteilen wollte. Nämlich, dass es verschiedene Möglichkeiten gab. Für sie kam aber nur eine einzige Möglichkeit infrage, und dabei handelte es sich um dieselbe, die ihre Mutter vor einunddreißig Jahren gewählt hatte.

„Ich werde das Baby bekommen“, sagte Polly entschlossen.

„Kennen Sie den Vater?“

Sie errötete vor Scham. Warum hatte sie den One-Night-Stand nicht für sich behalten? Doch nun war es zu spät. „Natürlich.“

Sie kannte immerhin seinen Vornamen. Ihr war auch bekannt, dass er aus einem Land namens Tesoro del Mar kam. Außerdem wusste sie, dass er wie ein Gott küsste. Das war aber auch schon alles.

„Wenn Sie dieses Baby bekommen, dann sollten Sie den Vater darüber informieren“, sagte Dr. Morgan. „Sie sollten das nämlich nicht allein durchstehen müssen.“

Polly nickte. Ihr war klar, dass ihre Ärztin recht hatte. Sie wusste aber auch, dass Eric bei dieser Nachricht sicherlich vor Freude in die Luft springen würde – wenn sie ihn überhaupt ausfindig machen könnte.

Die innere Verbundenheit zu Eric, die sie damals in dieser Nacht gespürt hatte, war am nächsten Tag schnell verflogen. Es war nur die Lust gewesen, die sie zu dieser Tat getrieben hatte. Und nun stellte sich heraus, dass diese Lust noch ein Nachspiel für sie haben sollte.

Polly verließ die Praxis ihrer Ärztin und lief zur Boutique ihrer Cousine Fiona. Auf dem Weg dorthin versuchte sie, über ihre schwierige Lage nachzudenken. Doch es war so heiß, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.

Ihre Cousine hatte sich in der Stadt als Hochzeitsplanerin von berühmten Persönlichkeiten einen guten Ruf erworben. Und jeder, der etwas von sich hielt, kam zu ihr, um sich den wichtigsten Tag des Lebens von ihr organisieren zu lassen.

Die größte Herausforderung für Fiona war die Ausrichtung ihrer eigenen Hochzeit. In Pollys Augen hatte Fiona einen großen Fehler begangen, keinen externen Hochzeitsplaner einzustellen, der sich um alle Details kümmerte. Stattdessen versuchte sie, ihre Hochzeit selbst zu organisieren, und hatte Polly als Trauzeugin ausgewählt. Deshalb war diese wohl oder übel in die Planung der Hochzeit mit eingebunden.

Es war schon eine Weile her, dass Polly sich mit Hochzeitskleidern und Blumensträußen beschäftigt hatte. Damals hatte sie voller Zuversicht in die Zukunft geblickt und geglaubt, ihren Verlobten über alles zu lieben.

Und obwohl ihre Hochzeit wie eine Seifenblase geplatzt war, träumte sie immer noch davon, eines Tages einen Mann zu treffen, mit dem sie zusammenleben und Kinder haben würde. Nun war sie schwanger. So hatte sie sich das sicherlich nicht erträumt, aber irgendwie würde sie auch damit zurechtkommen.

Doch zuerst musste sie sich mit der Auswahl ihres Kleides für Fionas Hochzeit beschäftigen.

Als Polly die Boutique betrat, erwartete ihre Cousine sie bereits. „Du meine Güte“, sagte Fiona. „Du siehst aus, als wärst du gerade einen Marathon gelaufen.“

„Bei dieser Hitze fühlt sich schon ein kurzer Spaziergang wie ein Marathonlauf an“, behauptete Polly. Sie wollte nicht zugeben, weshalb sie so mitgenommen aussah.

Fiona holte eine Flasche Mineralwasser aus einem Minikühlschrank und reichte sie ihr.

„Danke.“ Polly nahm die Flasche entgegen und sank in einen Sessel. „Hast du mittlerweile ein Kleid für mich gefunden?“

„Nicht nur eins.“

Polly zog die Augenbrauen hoch, während sie die Flasche öffnete.

Fiona deutete auf einen Kleiderständer, der voller Kleider hing.

„Das muss ein gutes Dutzend sein“, sagte Polly überrascht.

„Es sind sechzehn.“

„Ist das nicht ein bisschen übertrieben?“

„Ich konnte mich nicht entscheiden.“

„Hättest du dich nicht wenigstens auf ein paar beschränken können?“

„Habe ich doch.“

Das hätte Polly eigentlich nicht überraschen dürfen. Fiona hatte ganze drei Wochen benötigt, um sich für ihr eigenes Kleid zu entscheiden, das sie schließlich in einer lokalen Boutique gefunden hatte.

„Ich weiß, dass diesen Sommer Pastelltöne total angesagt sind“, erklärte Fiona. „Aber ich bin überzeugt, dass dir Edelsteintöne viel besser stehen. Und da du als Einzige neben mir am Altar stehen wirst, hast du die freie Auswahl.“

Während Polly die Kleider inspizierte, musste sie die ganze Zeit an das Gespräch mit ihrer Ärztin denken.

„Was meinst du?“, fragte Fiona.

Ich meine, ich hätte es mehr bereut, wenn ich nicht die Nacht mit Eric verbracht hätte.

Daraufhin bekam sie sofort Schuldgefühle. Aber sie würde es nie bereuen, sich für das Baby entschieden zu haben. Obwohl es noch winzig klein war, liebte sie es jetzt schon.

„Polly?“

„Die sind alle wunderschön“, antwortete sie und versuchte, sich wieder auf die Kleider zu konzentrieren.

„Das fand ich auch.“

Polly vertraute ihrem Instinkt, griff nach einem trägerlosen dunkelblauen Kleid aus Seide und verschwand in der Umkleidekabine. Sie zog sich aus und vermied dabei, in die Spiegel zu sehen. Wenn ihr Körper erste Anzeichen einer Schwangerschaft hatte, dann wollte sie diese nicht sehen. Die Situation war immer noch zu neu für sie.

Als sie das knöchellange Kleid angezogen hatte, verließ sie die Kabine, um es ihrer Cousine zu zeigen.

„Wow!“ Fiona lächelte. „Einfach perfekt.“

Polly atmete erleichtert auf. Sie war froh, dass sie nicht auch noch die fünfzehn anderen Kleider anprobieren musste.

„Wenn er dich darin sieht, wird er aus den Latschen kippen“, bemerkte ihre Cousine.

„Wer?“

„Der Trauzeuge.“

Polly war sich nicht sicher, ob sie so bald wieder in der Nähe eines Mannes sein wollte. Nicht, nachdem sie nach dem letzten Mal schwanger geworden war. Immerhin hatte sie den besten Sex ihres Lebens mit Eric erlebt. Vielleicht tröstete sie das darüber hinweg, dass sie in den nächsten Jahren ein Kind von einem Mann großziehen würde, dessen Nachnamen sie noch nicht einmal kannte.

„Ich kann es gar nicht erwarten, dass du ihn endlich kennenlernst“, sagte Fiona aufgeregt. „Wenn ich nicht schon mit Scott verlobt wäre, wer weiß …“ Sie lächelte. „Deshalb wäre es besser, wenn du ihn dir angelst.“

„Das werde ich bestimmt nicht“, widersprach Polly ihr entschlossen.

Fiona ließ sich nicht davon beirren. „Ich wünschte, du hättest ihn getroffen, als er hier war. Dann würdest du mir garantiert zustimmen.“

„Ich werde ihn noch früh genug kennenlernen.“

„Begleitet dich jemand zur Hochzeit?“

„Du weißt doch, dass ich allein komme.“

„Er kommt nämlich auch ohne Begleiterin.“

„Fiona“, warnte sie ihre Cousine.

„Das war nur ein kleiner Hinweis. Mehr nicht.“

„Ich weiß, was du vorhast. Du möchtest, dass ich jemanden finde, der genauso wundervoll ist wie Scott. Im Moment suche ich aber niemanden.“ Und auch in nächster Zeit nicht. „Ich muss mich um so viele Dinge kümmern. Auch wenn ich eine Beziehung wollte, hätte ich gar keine Zeit dafür.“

Fiona kniff die Augen zusammen. „Was verschweigst du mir, Polly?“

Das war das Problem, wenn man eine Cousine hatte, die gleichzeitig die beste Freundin war. Sie kannte Polly besser als jeder andere Mensch. Doch Polly schüttelte bloß den Kopf. Sie war noch nicht bereit, jemandem von ihrer Schwangerschaft zu erzählen.

„Deine Hochzeit findet in weniger als einem Monat statt“, erinnerte sie Fiona. „Deshalb solltest du dich besser auf die Planung konzentrieren, anstatt deine Zeit mit meinem Liebesleben zu verschwenden.“

Diese Aussage verfehlte nicht ihre Wirkung. Die beiden wandten sich wieder den Hochzeitsvorbereitungen zu. Sie redeten über Blumen, Musik und andere Details, bis Fiona Kundschaft bekam und Polly die Chance nutzte, um von hier zu entkommen.

Sie ging ihm nicht aus dem Kopf.

Fast zwei Monate, nachdem Eric nach Tesoro del Mar zurückgekehrt war, musste er immer noch ständig an Polly Shea denken. Am Anfang hatte er angenommen, dass sie bloß wegen der phänomenalen Nacht einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen hatte. Doch inzwischen musste er sich eingestehen, dass es nicht nur der Sex war, mit dem sie ihn verzaubert hatte. Sondern das Funkeln in ihren Augen, ihr Lächeln und ihre sanfte Stimme.

Eric fragte sich, warum er damals nicht bei ihr im Bett geblieben war und seinen Flug verstreichen ließ. Aber was hätten ihm ein oder zwei Tage mehr bei ihr gebracht? Wahrscheinlich wäre es dann noch schwerer für ihn geworden, sie zu verlassen.

Er war immerhin ein Fürst. Und etwas mit einer Bedienung aus den Vereinigten Staaten anzufangen, wäre bestimmt nicht angemessen für ihn gewesen. Doch mit jedem Tag vermisste er Polly mehr.

Vielleicht hatte er einfach zu viel Zeit zum Nachdenken.

Seit dem Unfall und dem Ende seiner Karriere bei der Navy wusste Eric nicht, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Er hatte zwar hin und wieder fürstliche Pflichten für seinen Bruder Rowan übernommen, aber so richtig konnte er sich an das Leben als Repräsentant des Fürstenhauses nicht gewöhnen.

Vor Kurzem hatte er ein Gespräch mit Scott gehabt, der ihm nun doch einen Job in seiner Firma anbieten wollte. Doch das reichte ihm nicht. Er wollte mehr als bloß einen neuen Job. Er wollte eine Frau – und eine Familie.

Diese Überlegung war zwar nicht ungewöhnlich für einen sechsunddreißigjährigen Mann, aber für Eric vollkommen neu.

Sein Bruder Rowan hatte nicht so viel Zeit gehabt, um eine Frau zu finden. Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Frauen hatten sich gemeldet, als bekannt geworden war, dass der regierende Fürst heiraten musste, um sein Amt behalten zu können. Rowan hatte alle überrascht, als er schließlich dem fürstlichen Kindermädchen einen Antrag machte.

Auch Marcus hatte entgegen der Traditionen eine Frau geheiratet, die weder adlig war, noch von der Insel stammte. Und obwohl Eric keinen Zweifel daran hatte, dass seine Brüder glücklich mit der Wahl ihrer Frau waren, wollte er schon immer eine Frau nach traditionellen Vorstellungen heiraten.

Nun sehnte er sich nach einer attraktiven Barkeeperin aus Texas. Sieben Wochen waren seit ihrer gemeinsamen Nacht vergangen. Aber er konnte sie immer noch nicht vergessen.

Als Adliger stand ihm die Welt offen. Doch Polly war unerreichbar für ihn. Sie hatten vereinbart, dass nach dieser Nacht nichts mehr zwischen ihnen wäre – eine Nacht ohne Folgen. Doch schon am nächsten Morgen bereute Eric diesen Entschluss.

Eine Nacht war bei Weitem nicht genug gewesen, um die Leidenschaft zu stillen, die zwischen ihnen brannte. Eric wollte mehr.

Er wollte nach Texas zurück, um sie wiederzusehen, und die bevorstehende Hochzeit seines Freundes würde ihm die ideale Gelegenheit dafür bieten. Natürlich müsste er das erst einmal mit Rowan besprechen, um sicherzugehen, dass es keine Pflichten gab, die seine Anwesenheit in Tesoro del Mar erforderten.

Deshalb ging er gleich in das Büro des regierenden Fürsten, um mit ihm zu sprechen. Als er dort ankam, wunderte er sich, dass Cameron Leandres herauskam.

„Wer hat den hier reingelassen?“, fragte Eric seinen Bruder.

„Das war ich.“

Er nahm auf dem Gästestuhl Platz und hob die Augenbrauen.

„Ich habe mit Cameron ein paar Umweltfragen besprochen, da er nächsten Monat unser Land beim Klimagipfel in Bern vertreten wird“, erklärte Rowan.

„Der Gipfel, zu dem ich reisen soll?“

„Zu dem du reisen solltest“, korrigierte Rowan ihn. „Cameron wird das nun für dich übernehmen.“

„Warum?“

„Weil du nun mit den Europageschäften von Scotts Firma beschäftigt sein wirst.“ Eric sah seinen Bruder mürrisch an. „Ich habe Scott noch nicht zugesagt.“

„Aber du hast es vor.“

„Woher weißt du überhaupt, dass er mir die Stelle angeboten hat?“

„Ich habe vor Kurzem mit ihm telefoniert, weil ich ihm wegen seiner Hochzeit absagen musste. Leider habe ich an diesem Tag einen wichtigen Termin, den ich nicht verschieben kann. Bei der Gelegenheit habe ich ihn gefragt, ob er dir mittlerweile einen Job in seiner Firma angeboten hat.“

Da Scott ein alter Freund der Fürstenfamilie war, wussten alle im Palast, dass er schon seit Langem versuchte, Eric für seine Firma zu gewinnen.

„Das hört sich wirklich nach einem guten Angebot an, Eric.“

„Es ist aber nichts für mich.“

„Warum überlegst du es dir nicht noch einmal?“

„Weil du mich hier brauchst.“

„Ich brauche einen Innenminister, und ich glaube, dass Cameron der Richtige für diesen Posten ist.“

„Hast du denn schon vergessen, wie er versucht hat, dich zu hintergehen?“, erinnerte Eric ihn.

„Das ist mittlerweile sechs Jahre her.“

„Glaubst du wirklich, dass er sich verändert hat?“

„Ich glaube, es ist besser, wenn er für uns und nicht gegen uns arbeitet.“

Dem konnte Eric nicht widersprechen. Trotzdem gefiel ihm der Gedanke nicht, dass ihr Cousin eine wichtige Position im Palast ausübte. „Ich habe meine Pflichten hier auf der Insel zu lange vernachlässigt.“

„Damit magst du recht haben. Aber dein Dienst in der Navy von Tesoro del Mar wiegt das mehr als auf.“

„Das ist nicht mit dem vergleichbar, was du für unser Land tust. Immerhin hast du dein Leben in London aufgegeben, um dich um die Kinder unseres verstorbenen Bruders und die Amtsgeschäfte zu kümmern.“

„Was sich am Ende ausgezahlt hat“, sagte Rowan lächelnd und dachte dabei sicherlich an seine Frau und Kinder.

„Woher hast du gewusst, dass Lara die Richtige für dich ist?“

„Am Anfang war mir das noch nicht klar“, gestand er. „Vielleicht hatte ich auch nur Angst davor, was passieren würde, wenn herauskäme, dass ich eine Angestellte liebte. Dabei war sie die Einzige, die von Anfang an für mich infrage kam.“

„Und die Einzige, die ihm die Stirn bieten konnte“, fügte Lara hinzu.

Eric sah zu seiner Schwägerin, die in der Tür stand und ein zehn Monate altes Baby auf dem Arm und einen dreieinhalbjährigen Jungen an der Hand hielt. Obwohl sie bestimmt einen anstrengenden Tag hinter sich hatte, sah sie immer noch frisch und wunderschön aus.

Rowan hat wirklich Glück mit Lara Brennan gehabt, dachte Eric neidisch. Er konnte nur hoffen, dass es ihm eines Tages genauso erging.

In diesem Moment musste er wieder an Polly denken, doch er verdrängte den Gedanken schnell wieder.

„Und dafür werde ich ewig dankbar sein“, sagte Rowan und lächelte seiner Frau zu.

„Das kannst du gleich beweisen, indem du einen eigensinnigen Dreijährigen ins Bett bringst“, sagte Lara.

„Nichts lieber als das.“ Rowan öffnete die Arme und wurde stürmisch von seinem ältesten Sohn begrüßt.

Eric musste über die Szene lachen. Er konnte kaum glauben, dass sein Bruder noch vor ein paar Jahren – als er in den Palast gekommen war, um sich um Julians und Catherines Kinder zu kümmern – nichts mit Kindern anfangen konnte und heute ein stolzer Vater war. Sein ältester Neffe Christian war mittlerweile siebzehn und würde im Herbst auf die Universität gehen. Alexandria war dreizehn und bereits viel reifer als ihre Altersgenossen, und Damon war immer noch der Wirbelwind, der den Palast in Atem hielt.

Eric war erstaunt, wie sein Bruder sich von einem allein lebenden Geschäftsmann zu einem fürsorglichen Familienvater und Staatsoberhaupt entwickelt hatte. Noch überraschter war er allerdings über den Lebenswandel, den sein jüngerer Bruder vollzogen hatte. Noch nie zuvor hatte er Marcus so glücklich gesehen. Er genoss sichtlich das Zusammensein mit Jewel und ihrer kleinen Tochter.

Erst bei der Taufe der kleinen Prinzessin Isabella war Eric richtig klar geworden, was ihm im Leben fehlte. Nach dem Ende seiner Karriere bei der Navy hatte er nichts mehr, was ihn ausfüllte. Als er dann Polly getroffen hatte, waren ihm endgültig die Augen aufgegangen.

„Baden und dann Geschichten vorlesen?“, fragte Rowan seinen kleinen Sohn und lenkte Erics Aufmerksamkeit wieder auf sich.

„Ja! Geschichten!“, rief Matthew begeistert.

„Aber zuerst wird gebadet“, ermahnte seine Mutter ihn.

Matthew seufzte, als sein Vater ihn hochhob und ins Bad trug.

Eric lachte. „Warum sind kleine Jungs nur so allergisch gegen Badewasser?“

„Ich dachte, du hättest eine Antwort darauf“, sagte Lara und setzte sich mit dem Baby in einen Sessel. „Wobei habe ich Rowan und dich unterbrochen?“

Eric sah sie irritiert an. „Es war nichts Wichtiges.“

„Du hast eine Frau kennengelernt“, riet sie.

Nun war er verwirrt.

Lara lachte und rieb den Rücken ihres Babys. „Ich habe mitgehört, wie du deinen Bruder gefragt hast, wieso er wissen konnte, dass ich die Richtige für ihn bin. Das kann nur bedeuten, dass du dich selbst verliebt hast.“

„In der letzten Zeit habe ich viel über mein Leben und meine Zukunft nachgedacht. Außerdem wollte ich Rowan mitteilen, dass ich nach Texas zurückreisen möchte. Als Trauzeuge könnte ich Scott bestimmt bei vielen Dingen in den letzten Wochen vor der Hochzeit unter die Arme greifen.“

Lara lächelte. „Sie lebt in Texas. Habe ich recht?“

„Glaub doch, was du willst.“

Ihr Lächeln wurde noch breiter. „Wann reist du ab?“

Polly bürstete sich das Haar und band es anschließend zusammen. Es war Ende Mai und noch nicht einmal Sommer, doch die Hitze war jetzt schon drückend.

Als sie sich für die Arbeit umzog, dachte sie daran, dass sie einen Tapetenwechsel brauchte. Ein oder zwei Wochen weg von zu Hause und den Alltagssorgen würden schon reichen. Sie fragte sich, ob die Sommer in Tesoro del Mar auch so heiß waren, oder ob es dort eine kühle Brise gab, die für Abkühlung sorgte.

Wie Eric wohl auf der Insel wohnte? Wahrscheinlich lebte er in einer großen Stadt und bekam gar nichts vom Inselleben mit. Vielleicht gab es noch nicht einmal Städte in Tesoro del Mar.

Polly wusste wirklich gar nichts über das Land. Und wenn sie sich tatsächlich entscheiden sollte, eine Reise dorthin zu unternehmen, dann sollte sie wenigstens etwas über Tesoro del Mar herausfinden. Vielleicht würde sie ihm dort sogar zufällig über den Weg laufen. Es war eine verrückte Idee – fast so verrückt, wie die Nacht mit einem fremden Mann zu verbringen – und trotzdem konnte Polly sie nicht einfach vergessen.

Seit der verhängnisvollen Nacht hatte sie viel über Eric nachgedacht. Doch nun waren schon fünf Tage vergangen, seit sie bei Dr. Morgan gewesen war und von der Schwangerschaft erfahren hatte. Irgendwann musste sie es Eric mitteilen.

Aber wie sollte sie ihn aufspüren? Verzweifelt schaltete sie den Computer ein und rief das Internet auf. Sie kannte seinen Namen und sein Heimatland. Außerdem wusste sie, dass er in der Navy gedient hatte. Das war zwar nicht viel, aber immerhin ein Anfang.

Sie tippte die Informationen in eine Suchmaschine ein und wartete mit Schmetterlingen im Bauch ab, was geschah.

Nach wenigen Sekunden war die Seite mit Artikeln übersät. Sie klickte das erste Ergebnis an und las die Schlagzeile.

Prinz Eric bei Trainingsübung der Navy verletzt.

Prinz Eric?

Das war ganz bestimmt nicht der Eric, den sie suchte. Doch gerade, als sie die Seite schließen wollte, sah sie ein Foto am unteren Rand.

Ihr stockte der Atem und sie sah genauer hin, weil sie es nicht fassen konnte.

Er war es tatsächlich.

Ihr Herz schlug schneller.

Sie überflog den Artikel und nahm nur wenige Details über Erics Unfall wahr. Das Einzige, was sie interessierte, war sein Titel: Erster Offizier Prinz Eric Santiago.

Vielleicht hatte der Titel bei der Navy eine andere Bedeutung. Denn wie sonst sollte sie sich erklären, dass ein Prinz in ihr Restaurant marschiert und die Nacht mit ihr verbracht hatte?

Polly unternahm eine weitere Suche. Diesmal tippte sie die Begriffe „Prinz Eric“ und „Tesoro del Mar“ ein.

Die Ergebnisse waren erneut zahlreich, und ihre Hand zitterte vor Aufregung, als sie die Seite „dasfürstenhaussantiago“ öffnete.

Auf der Titelseite war ein beeindruckender Palast abgebildet. Sie betätigte den Link „Mitglieder der Fürstenfamilie“ und betrachtete die Fotos, die erschienen. Eines davon trug den Titel „Prinz Eric Santiago“. Der Mann darauf war eindeutig der Vater ihres ungeborenen Babys.

Sie starrte das Foto an und war schockiert. Der Mann, der sie geschwängert hatte, war nicht irgendein Mann, den sie in ihrem Restaurant getroffen hatte, sondern ein Mitglied der Fürstenfamilie von Tesoro del Mar.

Sie musste ihm erzählen, dass sie schwanger von ihm war. Und obwohl sie nun wusste, wo er zu finden war, konnte sie sich nicht vorstellen, einfach an die Tür des Palastes zu klopfen, um zu verkünden, dass sie ein Baby von ihm erwartete.

Ihr drehte sich alles im Kopf. Das war alles zu viel für sie.

Sie stand auf, um nach unten ins Restaurant zu gehen. Auf dem Weg dorthin las sie auf ihrem Handy-Display, dass jemand eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen hatte. Es war Fiona. Ihre Stimme war ruhig und leise. Man merkte ihr an, dass sie versuchte, nicht zu weinen.

Fiona neigte normalerweise nicht zu Übertreibungen. Aber an ihrer knappen Nachricht „die Hochzeit muss abgesagt werden“ merkte Polly, dass es ernst war. Sie lief ins Restaurant und versicherte sich bei Karen, dass alles in Ordnung war, sodass sie kurz weggehen konnte. Was auch immer geschehen war – es hatte sie zumindest von ihrem Schock abgelenkt, den sie gerade erlitten hatte.

>Wenn auch nur einen Moment lang.

3. KAPITEL

Als Eric Scotts Verlobte anrief, um ihr mitzuteilen, dass er nach San Antonio zurückkam, freute sie sich und erzählte aufgeregt von den letzten Hochzeitsvorbereitungen. Aber irgendetwas musste zwischen diesem Gespräch und seiner Ankunft auf der Ranch passiert sein. Denn plötzlich war sie nicht mehr den Freudentränen, sondern der Hysterie nahe.

„Wir haben einen Anruf vom Manager des Harcourt Castle erhalten“, erklärte Scott, als Fiona sich einigermaßen beruhigt hatte.

„Das ist das Schloss, in dem die Hochzeit stattfinden soll, richtig?“, hakte Eric nach.

Sein Freund nickte verbittert und sah traurig zu Fiona. „In den letzten Tagen hatten wir viel Regen hier. Einige der Tiefebenen sind sogar überflutet worden. Und Harcourt gehört leider auch dazu.“

Eric wusste, was das bedeutete. Das Schloss war wahrscheinlich so sehr beschädigt, dass es monatelang nicht genutzt werden konnte.

„Vielleicht ist es ein Zeichen“, wimmerte Fiona.

„Es ist kein Zeichen“, beruhigte Scott seine Verlobte. „Jetzt müssen wir eben einen anderen Ort für unsere Hochzeit finden.“

Sie rieb sich die Tränen aus den Augen und sah ihren Verlobten ungläubig an. „Weniger als einen Monat vor dem Hochzeitstermin?“

„Unmöglich ist es doch nicht, oder?“, schaltete Eric sich ein.

„Vielleicht nicht …“ Fiona begann wieder zu weinen. „Aber wir wollten aus einem bestimmten Grund dort heiraten.“

„Wir haben uns in Harcourt kennengelernt“, erklärte Scott.

„Und dort hat er mich auch gefragt, ob ich ihn heiraten möchte“, ergänzte Fiona.

Eric suchte verzweifelt nach einer Lösung, um diesem Dilemma ein Ende zu setzen.

„Gut. Dann verschieben wir die Hochzeit eben um ein paar Monate“, schlug Scott vor.

„Wir haben doch schon alle Einladungen verschickt, den Kuchen und die Blumen bestellt und …“

„Ich sagte verschieben“, unterbrach Scott sie. „Nicht absagen.“

Sie seufzte. „Wir haben doch so lange auf diesen Tag gewartet. Ich möchte dich endlich heiraten, Scott.“

„Dann tun wir das eben“, sagte Scott spontan. „Wir steigen einfach in ein Flugzeug nach Las Vegas und heiraten dort.“

Fiona rümpfte die Nase. „Las Vegas?“

„Ich weiß, wir haben uns das alles ganz anders vorgestellt.

Wir können die Feier aber in ein paar Monaten nachholen. Harcourt ist dann ganz sicher wieder geöffnet.“

Seine Verlobte zögerte weiterhin.

Eric war noch nie in Las Vegas gewesen, aber er hatte viele Filme über die Stadt gesehen und konnte deshalb Fionas Bedenken verstehen. Sie zog etwas vor, was mehr Ambiente und Eleganz bot. Und das konnte Las Vegas ganz sicher nicht bieten.

„Las Vegas“, wiederholte sie erneut und schien sich schon fast damit abgefunden zu haben.

„Ihr könntet aber auch in ein Flugzeug steigen, auf eine wunderschöne Mittelmeerinsel fliegen und dort eine Traumhochzeit im engsten Kreise zuerst am Strand und später im Fürstenpalast feiern“, bot Eric als Alternative an.

Die beiden drehten ihre Köpfe zu ihm.

„Könnten wir das?“, fragte Scott.

„Du sagtest doch, dass es sich um eine kleine Hochzeit handelt?“, vergewisserte Eric sich.

„Es sind nur zweiundfünfzig Gäste eingeladen“, bestätigte ihm sein Freund.

„Wir müssten ein Flugzeug chartern, aber das sollte kein Problem sein. Solange in diesem Zeitraum keine Veranstaltung im Palast stattfindet, könnten wir die Hochzeitsgesellschaft sogar schon ein paar Tage vorher einfliegen, damit alle einen Kurzurlaub machen können. Die Hochzeit selbst würde dann wie geplant am Samstag stattfinden.“

Fiona sah die beiden Männer hoffnungsvoll an. „Das hört sich unglaublich teuer an.“

„Betrachtet es als mein Hochzeitsgeschenk“, sagte Eric.

„Ein Topfset ist ein Hochzeitsgeschenk“, stellte sie klar. „Was du uns schenken möchtest, ist ein Traum.“

Eric zuckte mit den Achseln. „Wenn das meinen besten Freund glücklich macht, dann ist es mir das wert.“

Fiona strahlte. „Danke, Eric. Aber wir bleiben bei dem, was Scott gesagt hat. Nur der engste Familienkreis wird bei der Zeremonie in Tesoro del Mar dabei sein. Dazu gehört natürlich auch meine Trauzeugin Polly.“

Als Polly auf der Ranch ankam, war sie überrascht und erleichtert, dass sich das Problem bereits gelöst hatte.

„Ich habe nicht geglaubt, dass es etwas Romantischeres geben könnte, als im Schloss von Harcourt zu heiraten“, erzählte Fiona strahlend. „Aber eine Hochzeit in einem Fürstenpalast ist natürlich noch viel besser.“

Polly sank in einen Sessel und sah sie verwundert an. „In einem Fürstenpalast?“

„Scott und Eric besprechen gerade nebenan die Einzelheiten.“

Da waren wieder die Schmetterlinge in Pollys Bauch.

Eric. Der Trauzeuge. Scotts Freund, über den Fiona schon seit Monaten redete, hatte irgendwie eine Verbindung zum Fürstenhaus. Konnte es etwa angehen …?

Nein, unmöglich. Polly stellte diese Verbindungen nur her, weil sie gerade herausgefunden hatte, dass der Vater ihres Babys ein Prinz war. Aber Fiona hatte nie erwähnt, dass der Trauzeuge ihres Verlobten aus einem Fürstenhaus kam. Daran hätte Polly sich garantiert erinnert. „Und wo befindet sich dieser Palast?“

„Auf einer Insel im Mittelmeer. Sie heißt Tesoro del Mar. Ich habe diesen Namen noch nicht einmal gekannt, bevor ich Eric kennengelernt habe. Auch dass er ein Prinz ist, habe ich erst vor Kurzem erfahren. Scott hat gesagt, er kennt ihn schon so lange, dass ihm manchmal gar nicht mehr bewusst ist, welchen Titel sein Freund trägt. Als ich davon hörte, konnte ich es kaum glauben. Kannst du dir vorstellen, dass der Trauzeuge auf meiner Hochzeit ein richtiger Prinz ist?“

„Das ist wirklich unglaublich“, stimmte Polly zu. Ihr gingen gerade so viele Dinge durch den Kopf, dass sie ihrer Cousine kaum noch zuhören konnte. Und dann stand er plötzlich vor ihr – zwar auf der anderen Seite des Raums, aber er war da. Es war wie ein Schock, ihn plötzlich wiederzusehen. Er sah immer noch verdammt gut aus.

Eric lächelte Fiona zu. „Es ist alles perfekt.“

Sie umarmte ihn begeistert. „Danke, Eric. Du bist der Beste.“

„Darum ist er auch mein Trauzeuge“, fügte Scott hinzu, worauf Eric lachen musste.

Polly erschauerte, als sie ihn lachen hörte.

Scott entdeckte Polly zuerst. „Hey, Polly.“

Eric drehte den Kopf. Als er sie erkannte, sah er sie schockiert an.

Polly wusste ganz genau, was in ihm vorging.

Scott wandte sich an seinen Freund. „Polly kennst du nicht, oder?“

„Wir haben uns noch nicht kennengelernt“, sagte Polly, bevor Eric antworten konnte.

„Ich habe aber schon viel über Sie gehört“, sagte Eric, ohne den Blick von ihr abzuwenden.

„Polly, das ist Eure Hoheit, Prinz Eric Santiago von Tesoro del Mar“, sagte Scott.

Ihr Puls raste, und ihre Knie wurden weich. Sie wunderte sich, dass sie überhaupt ein Wort herausbekam. „Soll ich einen Knicks machen?“

„Das ist nicht notwendig“, antwortete Eric.

Stattdessen reichte er ihr die Hand, und Polly ergriff sie. Es war ein simples Händeschütteln. Eric konnte sicher spüren, wie nervös und schockiert sie war. Die Berührung erinnerte sie sofort an ihre gemeinsame Nacht.

Der Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass auch er an diese Nacht dachte. Und obwohl sie wusste, dass es nicht richtig war, sehnte sie sich nach seiner Nähe.

„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Polly“, sagte er mit seiner tiefen sexy Stimme, mit der er ihr damals sinnliche Worte ins Ohr geflüstert hatte, während sie sich leidenschaftlich in ihrem Bett geliebt hatten.

„Wir werden viel Spaß in Tesoro del Mar haben“, sagte Fiona aufgeregt und wandte sich dann an Polly. „Du kommst doch mit, oder?“

Polly konnte verstehen, weshalb ihre Cousine so begeistert war. Eine Hochzeit auf einer Mittelmeerinsel war romantisch genug. Und dann würden sie auch noch in einem Fürstenpalast wohnen. Sie konnte Fiona einfach nicht enttäuschen – auch wenn alle Alarmglocken bei ihr läuteten. Denn mit Eric nach Tesoro del Mar oder überhaupt irgendwo hinzugehen, war sicherlich keine gute Idee.

Sie ignorierte ihre Zweifel und zwang sich zu einem Lächeln. „Natürlich komme ich mit. Du kannst doch nicht ohne deine Trauzeugin heiraten.“

Fiona drückte sie ganz fest. „Danke! Danke!“

Polly erwiderte die Umarmung. „Ich möchte bloß, dass deine Hochzeit unvergesslich wird.“

„Das wird sie ganz bestimmt“, sagte ihre Cousine zuversichtlich.

Polly freute sich, dass Fionas Probleme gelöst waren. Leider hatten sich ihre eigenen gerade vervielfacht.

Der Schock war groß genug gewesen, als sie erfahren hatte, dass sie ein Baby von einem Fremden erwartete. Doch nun hatte sie auch noch herausgefunden, dass es sich bei dem Mann um einen Freund des Verlobten ihrer Cousine handelte. Wenn sie doch bloß schon früher gewusst hätte, wer Eric in Wirklichkeit war. Dann wäre bestimmt alles anders verlaufen.

„Gut. Da das nun geklärt ist, sollte ich zurück an die Arbeit gehen“, sagte Polly und konnte es kaum erwarten, endlich den Raum zu verlassen.

Doch als sie sich verabschiedet hatte und zur Tür ging, konnte sie spüren, wie Eric ihr hinterherblickte. Ihr war klar, dass er sie immer noch genauso begehrte wie sie ihn.

Diesmal würde sie sich ihm allerdings nicht so schnell hingeben.

Wenn sie stark genug blieb.

Polly wusste genau, dass Eric am nächsten Morgen vor ihrer Tür stehen würde. Sie hoffte nur, dass sie vorher dazu käme, sich mit genügend Kaffee aufzuputschen. Doch leider war sie dafür zu spät aufgestanden. Es klopfte an der Tür, als sie gerade den Kaffeefilter füllte. Sie schaltete die Maschine ein und ging zur Tür.

Eric war genauso leger gekleidet wie damals, als sie ihn kennengelernt hatte. Wie ein Prinz wirkte er nun wirklich nicht. Er sah einfach nur unverschämt gut aus. Und für sie war er immer noch bloß der Mann, mit dem sie eine unvergessliche Nacht verbracht hatte.

„Guten Morgen.“

„Komm herein.“

„Du bist wohl noch etwas verschlafen.“

„Ich arbeite bis spät in die Nacht hinein. Deshalb komme ich morgens nur schlecht aus den Federn.“

„Soll ich später noch einmal vorbeikommen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Lass es uns einfach hinter uns bringen.“

„Was sollen wir denn hinter uns bringen?“

„Das Gespräch am Morgen danach, das wir damals nicht führen konnten.“ Sie führte ihn in die Küche, holte zwei Becher und schenkte ihnen Kaffee ein.

Er setzte sich an den Tisch und nahm einen Becher. „Warum sollen Scott und Fiona nicht wissen, dass wir uns schon kennen?“

Polly setzte sich zu ihm und trank einen Schluck Kaffee. „Weil sie uns sonst gefragt hätten, wie und wann wir uns kennengelernt haben. Und ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.“

„Du hättest ihnen die Wahrheit erzählen können.“

„Die ganze Wahrheit?“

„Ich schäme mich nicht für das, was zwischen uns passiert ist. Wir sind beide erwachsen und haben uns in dieser Nacht zueinander hingezogen gefühlt. Das ist alles.“

„Normalerweise gehe ich aber nicht mit Fremden ins Bett“, stellte Polly klar.

„Ich erinnere mich, dass du wortwörtlich dasselbe gesagt hast, bevor du mich in deine Wohnung geführt hast.“

Polly spürte, wie sie errötete. Sie hatte ihren Vorsatz nur deshalb gebrochen, weil sie angenommen hatte, Eric nie wiederzusehen. Aber nun war alles anders gekommen. Und die wichtigste Neuigkeit hatte sie ihm noch gar nicht verraten. „Nur weil ich einmal mit dir geschlafen habe, bedeutet das nicht, dass ich es wieder tun würde, bloß weil wir uns zufällig wieder über den Weg gelaufen sind.“

Er lächelte Polly an, und sie war froh, dass sie saß, da ihre Knie nachgaben. „Ich würde nicht noch einmal mit dir schlafen, weil wir uns zufällig wieder getroffen haben, sondern weil der Sex in dieser Nacht einmalig mit dir war.“

„Diese Nacht hat es nur gegeben, weil ich davon ausging, dass ich dich nie wiedersehen würde.“

„Das habe ich auch gedacht“, gab er zu. „Trotzdem habe ich dich in den letzten Wochen einfach nicht vergessen können. Die ganze Zeit über wollte ich nach Texas zurückkehren, um dich zu finden.“

„So war das aber nicht abgemacht.“

„Dann lass uns eine neue Abmachung treffen.“

„Und was schwebt dir vor? Heißer Sex bis zur Hochzeit von Scott und Fiona, nach der wir dann wieder in unser normales Leben zurückkehren?“

„Du bist sauer, weil ich dir nicht erzählt habe, dass ich ein Adliger bin.“

„Ich ärgere mich darüber, dass wir überhaupt nichts übereinander wussten, bevor wir zusammen ins Bett gestiegen sind.“

„Wärst du denn nicht mit mir ins Bett gegangen, wenn du gewusst hättest, dass ich ein Prinz bin?“

„Nein.“

„Und warum nicht?“

„Weil mir dann bewusst gewesen wäre, dass ich nur eine von vielen Eroberungen bin.“ Nachdem sie diese Worte ausgesprochen hatte, wurde Polly klar, wie scheinheilig sie waren. Schließlich hatte sie doch darauf bestanden, dass es bei diesem einen Mal blieb.

Doch er ging nicht darauf ein, sondern protestierte vehement. „Du warst nie eine meiner Eroberungen, sondern eine faszinierende Frau, die mich wie kaum eine andere zuvor begeistert hat.“

Am liebsten hätte sie ihm geglaubt. Doch wie konnte er die Wahrheit sprechen, wenn er ein Prinz war und sie schon von zu vielen normalen Männern zurückgewiesen worden war? „Ich werde nicht noch einmal mit dir schlafen.“

„Ich hatte den Eindruck, dass du nur widerwillig zu der Reise nach Tesoro del Mar zugestimmt hast.“

„Im Moment habe ich einfach zu viel im Restaurant zu tun.“

„Ist das wirklich so? Oder möchtest du nur nicht in meiner Nähe sein?“

„Es hat nichts mit dir zu tun“, log sie.

„Nein?“ Er beugte sich über den Tisch und streichelte ihre Wange.

Die sanfte Berührung jagte ihr wohlige Schauer über den Rücken. Und als sie die Frage ein weiteres Mal verneinte, wirkte es kaum noch überzeugend.

Er lächelte.„Ich bin froh, dass du mitkommst. Tesoro del Mar ist ein wunderschönes Land, und ich freue mich jetzt schon, es dir zeigen zu dürfen.“

„Ich gehe wegen der Hochzeit hin und nicht, um Urlaub zu machen.“

„Du kannst beides miteinander verbinden.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann es mir nicht leisten, zu lange im Restaurant zu fehlen.“

„Hast du denn keinen Geschäftsführer?“

„Ich bin die Geschäftsführerin.“

„Aber du arbeitest doch nicht durchgehend im Restaurant“, nahm er an.

„Nein.“ Karen war schon seit Jahren ihre Assistentin und übernahm von Zeit zu Zeit Pollys Aufgaben, wenn diese nicht im Restaurant sein konnte. „Ich bin aber immer in der Nähe, wenn es Probleme gibt.“

„Hast du kein Vertrauen zu deinen Mitarbeitern oder einfach nur Angst, mit mir allein zu sein?“

„Du bist ganz schön eingebildet.“

Er lächelte. „Ich kann mich nicht erinnern, dass du damals damit Probleme gehabt hast.“

„Sind wir jetzt fertig? Ich muss nämlich in zehn Minuten eine Bestellung in Empfang nehmen.“

Er stand auf.„Fiona wird sich mit dir wegen der Reise in Verbindung setzen.“

„Danke.“ Sie brachte ihn zur Tür.

Bevor Eric die Wohnung verließ, drehte er sich noch einmal zu Polly und sah sie ernst an. „Die Antwort auf deine Frage ist Nein. Wir sind noch lange nicht miteinander fertig.“

Polly hatte schlechte Laune, als sie nach unten ins Restaurant ging. Sie war müde und aufgebracht. Das war alles bloß Erics Schuld. Und als ob es nicht genug wäre, dass sie seine wahre Identität herausgefunden hatte, versuchte er auch noch, dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten. Wenn er wüsste, dass sie schwanger von ihm war, dann würde er bestimmt das Weite suchen. Doch sie war noch nicht bereit, es ihm zu erzählen.

Früher oder später musste sie das allerdings. Nach Fionas und Scotts Hochzeit. Vielleicht würde Eric ihr dann sogar vorschlagen, sie zu heiraten. Der Gedanke erschreckte sie.

Und was würde sie tun, wenn das Baby schließlich auf der Welt war? Könnte sie dann noch hinter dem Tresen stehen und das Restaurant leiten?

Und falls nicht, was sollte sie dann tun? Das Restaurant verkaufen?

Dieses Thema hatte sie immer verdrängt, seit ihre Schwester Abbey es zum ersten Mal nach dem Tod ihres Vaters zur Sprache gebracht hatte.

Abbey hatte zwar mehrere Male versucht, Polly darauf anzusprechen, doch diese hatte immer abgeblockt. Shea’s war ihr Erbe – das Einzige, was ihnen von ihrem Vater geblieben war.

Und auch wenn sie einen Käufer fänden und das Restaurant verkauften, was würde sie danach tun? Sie fragte sich, ob sie überhaupt einen anderen Beruf ausüben könnte.

Du könntest schreiben.

Sie erinnerte sich an die Worte ihrer Großmutter, die Polly schon immer für eine geborene Geschichtenerzählerin gehalten hatte. Nicht selten hatte Polly die Gäste im Restaurant unterhalten und dabei erstaunte Blicke geerntet. Sie hatte ständig irgendeine Geschichte im Kopf, und manchmal nahm sie einen Notizblock zur Hand und schrieb sie auf. Doch bisher hatte sie noch nie darüber nachgedacht, ob sie mit dem Schreiben auch ihre Rechnungen bezahlen könnte.

Polly war verzweifelt. Es schien keine Lösung für ihre Probleme zu geben.

Sie setzte sich an den Tresen ihres Restaurants und wünschte sich wieder einmal, dass ihr Vater da wäre. Seit seinem Tod hatte sie viel Verantwortung übernehmen müssen. Und viele Menschen kamen zu ihr, um sich bei ihr auszuweinen. Dabei brauchte sie in diesem Moment selbst jemanden, an dessen starke Schulter sie sich lehnen konnte.

Sie schüttelte den Kopf und versuchte, das Bild von Eric zu verdrängen. Wie kam sie darauf, dass er ihr helfen könnte, wenn er derjenige war, der all ihre Probleme verursacht hatte?

Polly würde sich schon selbst helfen. Das hatte sie bisher immer getan. Und sie sah keinen Grund, weshalb sie es diesmal nicht auch könnte.

Eric hielt es drei Tage lang ohne Polly aus. Doch am vierten Tag, als er hungrig war und nach einem Restaurant suchte, fuhr er zu Shea’s.

Polly hatte recht damit, dass sie einander kaum kannten. Er wunderte sich allerdings, dass sie nicht gerade viel tat, um das zu ändern.

Als er das Restaurant betrat, war er überrascht, dass Polly nicht hinter dem Tresen stand, sondern an einem Tisch saß und sich mit einer Frau unterhielt. Er wollte die beiden nicht stören, doch als Polly ihn sah, zogen sich ihre Blicke wie magisch an.

Er lächelte; und sie lächelte – wenn auch nur zögerlich – zurück.

Die andere Frau sah Polly so ähnlich, dass sie ihre Schwester sein konnte. Und die Tatsache, dass er noch nicht einmal wusste, ob Polly Geschwister hatte, zeigte Eric, wie schlecht er sie wirklich kannte.

„Warst du hier nur in der Gegend?“, fragte Polly ihn.

„Ich war nur hungrig“, antwortete er. „Und ich habe gehört, dass man hier gutes Essen bekommt.“

„Da hast du richtig gehört“, sagte Polly und deutete auf die andere Frau. „Das hier ist meine Schwester Abbey.“ Dann wandte sie sich an Abbey. „Darf ich dir Prinz Eric Santiago vorstellen?“

„Prinz Eric?“, fragte Abbey mit großen Augen.

„Er ist Scotts bester Freund“, erklärte Polly ihrer Schwester.

„Und sein Trauzeuge, richtig?“ Abbey sah Eric neugierig an. „Sie selbst sind aber nicht verheiratet, oder?“

Eric blickte zu Polly, die die Augen verdrehte.

„Im Gegensatz zu dir“, erinnerte Polly ihre Schwester.

„Wir leben getrennt“, korrigierte Abbey sie.

„Und Eric ist hier, um zu essen. Nicht, um ausgefragt zu werden.“ Polly stand auf, nahm eine Speisekarte vom Tresen und führte ihn zu einem Tisch in der Ecke.

„Ich würde mich über Gesellschaft freuen“, sagte Eric und setzte sich.

„Soll ich dir meine Schwester herschicken?“

„Ich meinte deine Gesellschaft.“

„Tut mir leid. Ich muss noch die Dienste für nächste Woche einteilen.“

Er hatte nicht wirklich erwartet, dass sie seine Einladung annehmen würde. Aus Gründen, die er nicht verstand, war sie gereizt und ihm gegenüber ablehnend. Doch das spornte ihn noch mehr an, die Mauer um sie herum zu durchbrechen und Polly für sich zu gewinnen. „Das kannst du auch hier am Tisch machen. Natürlich nur, wenn ich dich nicht zu sehr ablenke“, schlug Eric vor.

„Doch, das tust du.“

Er lächelte. „Das nehme ich als Kompliment.“

„Ja klar.“ Sie legte die Speisekarte auf den Tisch und setzte sich ihm gegenüber. „Du bringst mich ganz durcheinander, Eric.“

„Das wäre nicht das erste Mal.“

Sie seufzte. „Siehst du? Genau das meine ich.

Ich versuche, ein normales Gespräch mit dir zu führen, und du spielst die ganze Zeit auf die Nacht an, die ich vergessen will.“

„Warum versuchst du, sie zu vergessen?“

„Weil es ein Fehler war, den ich nie wieder begehen möchte.“

„Ich glaube nicht, dass du diese Nacht so einfach vergessen kannst. Für mich war es jedenfalls eine unvergessliche Nacht.“

Sie holte tief Luft und atmete langsam aus. „Ich finde es sehr nett und großzügig von dir, dass du diese Hochzeit in Tesoro del Mar veranstaltest.“

Autor

Susan Mallery

Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Mallery unterhält ein Millionenpublikum mit ihren Frauenromanen voll großer Gefühle und tiefgründigem Humor. Mallery lebt mit ihrem Ehemann und ihrem kleinen, aber unerschrockenen Zwergpudel in Seattle.

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