Drei, zwei, eins - meine!

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"Drei, zwei, eins - meine!" Für eine horrende Summe ersteigert Luke im Internet ein Date mit einer jungen Schönheit - und zweifelt im gleichen Moment ernsthaft an seinem Verstand: Wie kommt er eigentlich dazu? Unmöglich kann das an dem lächerlich knappen grünen Bikini liegen, den sie auf dem Foto trägt! Doch da sitzt Emily auch schon neben ihm in seinem Privatjet mit Ziel Südfrankreich. Es knistert wie verrückt, und als sie ihn zum ersten Mal heiß küsst und langsam seinen Designeranzug aufknöpft, ahnt der attraktive Millionär: Diese Investition war jeden Penny wert …
  • Erscheinungstag 15.05.2010
  • Bandnummer 0012
  • ISBN / Artikelnummer 9783862955190
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Sie fragen sich bestimmt, warum sich jemand wie ich im Internet versteigern lässt“, mutmaßte Emily und trank einen Schluck Champagner. Ihre Worte waren an den atemberaubenden Mann gerichtet, der sie in seinem Privatjet nach Südfrankreich flog.

„Da haben Sie nicht ganz unrecht“, erwiderte Luke und ließ seinen Aktenkoffer aufschnappen.

Emily lehnte sich in den beigefarbenen Ledersitz zurück und blickte durch das Fenster auf die Felder und Häuser vor den Toren Londons hinab, die immer kleiner wurden und zu grauen und grünen Farbklecksen verschmolzen. „Und zu welchem Schluss sind Sie gekommen?“

„Das kann ich Ihnen unmöglich verraten.“

„So schlimm?“ Emily unterdrückte ein Seufzen. Sie bemühte sich, den Blick von dem hübschen Gesicht und den breiten Schultern des Mannes abzuwenden, der ihr gegenübersaß und jetzt mit gebräunten Händen Papiere aus einem Ordner nahm. Doch es wollte ihr nicht gelingen. Sie fühlte sich wie magisch von ihm angezogen, und ihr Blick glitt über den dunklen Schopf, der über die Unterlagen gebeugt war.

„Unaussprechlich“, erwiderte er und sah auf.

Ihr Magen krampfte sich erneut zusammen. Doch daran war nicht der Flug schuld, sondern seine mittelmeerblauen Augen, sein sexy Lächeln und seine tiefe, sonore Stimme.

Emily rümpfte die Nase. „Das kann ich mir vorstellen. Jemand, der sich auf so etwas einlässt, muss entweder einsam, verrückt oder sehr verzweifelt sein. Ich kann Ihnen versichern, dass nichts davon auf mich zutrifft“, fügte sie eilig hinzu.

„Natürlich nicht.“ Er klang wenig überzeugt. „Woher wissen Sie denn das?“

Aua. „Ich habe mir einfach versucht vorzustellen, was für ein Mensch auf so ein Angebot eingehen würde“, antwortete sie unverblümt.

Luke lehnte sich zurück und betrachtete sie amüsiert. „Ich dachte schon, es hätte Ihnen die Sprache verschlagen.“

Emily geriet unter seinem durchdringenden Blick ins Schwitzen und lächelte entschuldigend. „Dieser Tag hat eine ziemlich unerwartete Wendung genommen. Ich fange erst langsam an zu begreifen, was überhaupt passiert ist.“

Seit sie ihm begegnet war, ihm die Hand gegeben hatte, war sie wie vor den Kopf gestoßen. Ihr ganzer Körper stand unter Strom, ihr Herz pochte. Das Blut in ihrem Körper schoss in Bereiche, die sie fast vergessen geglaubt hatte, und die Wucht der sexuellen Anziehungskraft brachte sie völlig aus dem Konzept.

„Sie lassen sich also nicht oft von fremden Männern in ferne Länder befördern?“

„Ich habe mich noch nie von fremden Männern irgendwohin befördern lassen!“

„Was tun Sie dann hier?“

Emily fröstelte. „Sie haben meine Schwester ja kennengelernt.“

Er nickte. „Eine patente Frau.“

Emily runzelte die Stirn. „Sie habe ja keine Ahnung.“

Vier Stunden vorher

„Du hast was gemacht?“ Fast wäre Emily der Muffin in den Cappuccino gefallen. Fassungslos starrte sie ihre Schwester an.

„Ich sagte, ich habe dich versteigert. Im Internet.“ Anna warf einen Blick auf die Uhr und wischte ihren Söhnen den Mund ab.

Prüfend betrachtete Emily die makellose Erscheinung ihrer Schwester. War sie verrückt geworden? Anna sah ganz normal aus, doch wer konnte schon wissen, wie es unter der Oberfläche aussah? Waren die Kinder schuld daran, was aus dieser einst intelligenten, vernünftigen Frau geworden war? Nun, dann war sie nur froh, dass sie beschlossen hatte, nie welche zu bekommen.

Sie nickte verständnisvoll. „Also gut. Du hast mich versteigert. Im Internet. Ist das nicht verboten?“

„Offenbar nicht. Es war erstaunlich einfach“, erwiderte Anna, während sie ganz ruhig ihre Serviette faltete und auf den leeren Teller legte.

„Du machst Witze, oder?“

Anna betrachtete Emily ernst. „Ganz im Gegenteil. Ich meine es todernst.“

Emily kannte diesen Blick, und ihr verging das Lächeln. „Oh mein Gott. Du meinst es wirklich ernst.“

„Selbstverständlich. Mit so etwas scherzt man nicht.“

Emily schnappte nach Luft.

„Reg dich jetzt bitte nicht auf.“ Anna drückte ihr ein Glas Wasser in die Hand. „Tief durchatmen. Vielleicht beruhigt es dich, dass ich genau genommen nicht dich versteigert habe.“

Emily fächerte sich mit der Hand Luft zu und rang nach Atem. „Sondern?“

Anna zuckte die Schultern. „Eine einmalige Chance. Die Gelegenheit, im Zeitalter der Gleichberechtigung, Ritter spielen zu dürfen. Die Rettung einer holden Maid in Not.“

Wie bitte? Seit wann hatte ihre Schwester einen Hang zur Romantik? „Und ich bin die holde Maid?“

Anna nickte.

„Aber warum hast du das getan?“ Emily war entsetzt. „Ich bin gar nicht in Not.“

„Und ob. Die Gepäcklotsen in Frankreich streiken.“

Oh nein, nicht schon wieder.

„Sieh mich nicht so an“, sagte Anna gekränkt. „Dass du dich weigerst, auf Toms Hochzeit zu gehen, ist einfach nicht gesund. Seit ihr euch getrennt habt, bist du kein einziges Mal ausgegangen. Und das ist jetzt über ein Jahr her. Du musst endlich einen Schlussstrich ziehen. Vielleicht nimmst du endlich Vernunft an, wenn du mit eigenen Augen siehst, dass dieser Mistkerl eine andere heiratet.“

„Auch wenn er mit mir Schluss gemacht und sich mit einer adligen Französin verlobt hat, ist er noch lange kein Mistkerl“, widersprach Emily matt, Annas skeptischen Blick ignorierend.

Anna sah auf die Uhr. „Wir müssen los.“

„Wieso?“, fragte Emily misstrauisch.

„Weil derjenige, der die Auktion gewonnen hat, jeden Moment bei uns zu Hause auftaucht.“

Emily wurde blass vor Entsetzen. „Was? Jetzt?“

„Natürlich.“ Anna stand auf und wischte einen Krümel fort. „Die Hochzeit ist doch morgen, oder?“

Emily nickte stumm.

„Na also. Du fliegst heute Nachmittag.“ Anna marschierte an die Bar, um zu bezahlen, während Emily noch versuchte, das Durcheinander der vergangenen fünf Minuten zu entwirren.

„Wer hat gewonnen?“, brachte sie endlich heraus, als sie durch den Park zu Annas Haus gingen.

„Ein Mann namens Luke Harrison. Er hat den Preis ganz schön in die Höhe getrieben.“

„Freut mich.“ Emilys Sarkasmus blieb unbemerkt.

„Mich auch. Garantiertgutersex war auch sehr hartnäckig, aber irgendwie hatte ich bei ihm ein komisches Gefühl.“

„Warum nur?“ Keuchend versuchte Emily, mit Anna Schritt zu halten. „Und wie will mir dieser Luke Harrison helfen, nach Frankreich zu kommen?“

„Mit seinem Privatjet. Ziemlich originell, finde ich.“

„Aber ich habe dieses Wochenende schon etwas vor. Ich kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen.“

Skeptisch sah Anna sie an. „Ein Gefäß, das dringend glasiert werden muss?“

Sie biss sich auf die Lippe und nickte.

„Du bist achtundzwanzig. Du solltest unter Leute gehen. Dich mit Männern treffen. Und dich nicht mit Ton unter den Fingernägeln über eine Drehscheibe beugen. Ton hält dich nicht warm.“

Emily warf ihrer Schwester einen trotzigen Blick zu. „Ich habe eine Heizdecke.“

Anna lief unbeirrt weiter.

Doch Emily ließ nicht locker: „Woher willst du wissen, dass er wirklich ein Flugzeug hat? Woher willst du wissen, ob er überhaupt aufkreuzt? Vielleicht ist er verrückt? Welcher Mann ersteigert eine Frau im Internet? Vielleicht ist er ein Kidnapper. Oder ein Mörder.“ Emilys Stimme klang immer verzweifelter.

Anna warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Sei nicht albern. Ich habe am Telefon mit seiner Mutter gesprochen, und es hat sich herausgestellt, dass wir gemeinsame Bekannte haben.“

Emily klappte die Kinnlade herunter. „Mit seiner Mutter?“

„Ich wollte nur sichergehen“, verteidigte sich Anna. „Du glaubst doch nicht, dass ich dich einem wildfremden Mann überlasse?“

„Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll.“

„Ich habe mit ihm verabredet, dass er dich hier abholt, damit wir ihn noch mal unter die Lupe nehmen können. Sicher ist sicher.“

Emily knirschte mit den Zähnen. „Die Mühe war umsonst. Ich werde auf keinen Fall fahren.“

Anna blieb vor der Haustür stehen und kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel. „Es ist für einen guten Zweck.“

Ihre Augen verengten sich. „Was für ein guter Zweck?“

„Das Geld, das Mr. Harrison bezahlt hat, geht an eine Stiftung zur Bekämpfung der Müttersterblichkeit.“

Emily rang nach Atem. Ihr Herz krampfte sich zusammen, und sie spürte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. „Das ist unter der Gürtellinie, Anna“, flüsterte sie.

„Unsinn. Ich habe dich großgezogen, und ich werde nicht zulassen, dass du diesem Mistkerl nachtrauerst. Bitte, tu es für mich.“

Emily zögerte. Sie verdankte ihrer Schwester viel. Als ihr Vater vierzehn Jahre nach ihrer Mutter gestorben war, hatte Anna sie großgezogen. Und sie war kein besonders umgänglicher Teenager gewesen. Außerdem hatte es keinen Zweck, sich ihrer Schwester zu widersetzen. Ihr Widerstand bröckelte, und sie seufzte resigniert: „Na gut. Wenn er einigermaßen normal wirkt, fahre ich. Kann ich mir wenigstens deinen Mann ausleihen?“

„David ist auf einer Konferenz in New York.“

Tapfer drückte Emily die Schultern durch. „Also schön. Dann muss ich eben allein in die Höhle des Löwen.“

„Es ist schon alles gepackt.“

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Du überlässt wirklich nichts dem Zufall.“

Anna senkte den Kopf. „Danke.“

„Das sollte kein Kompliment sein.“

Doch Anna hörte sie nicht. Mit verträumtem Blick starrte sie über Emilys Schulter. „Ich glaube, das ist er. Pünktlich auf die Minute.“

Emily drehte sich um und sah einen großen, sehr attraktiven Mann mit breiten Schultern auf sich zukommen. „Wenn er das ist“, murmelte sie, „verzeihe ich dir vielleicht.“

Die Begegnung hatte sie dermaßen aus dem Gleichgewicht geworfen, dass sie sich kaum erinnern konnte, was dann passiert war. Ihre sonst so vernünftige Schwester hatte mit den Wimpern geklimpert und kichernd ein paar harmlose Fragen gestellt, bis sie sicher war, dass Luke Harrison nicht nur wohlhabend und Single war, sondern auch ein Flugzeug besaß. Dann hatte sie Emily, ohne zu zögern, in seinen Wagen verfrachtet. War es da ein Wunder, dass sie auf der Fahrt zum Flughafen keinen einzigen vernünftigen Satz herausgebracht hatte?

„Also, warum sind Sie hier?“

Lukes Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Oh, äh …“ Sie zögerte, schließlich konnte sie ihm kaum die Wahrheit erzählen. Wenn sie ihm gestand, dass sie zur Hochzeit ihres Exverlobten unterwegs war, würde er ihr nicht abnehmen, dass sie weder einsam noch verzweifelt war. „Ein Kollege von mir heiratet in der Nähe von Nizza, und Anna nahm irrtümlicherweise an, ich wolle auf die Hochzeit gehen.“

„Und ein Linienflug war Ihnen nicht gut genug?“

Emily reagierte gereizt. „Für einen Mann mit Privatjet ist ein Streik natürlich belanglos. Normalsterbliche wie ich sind davon jedoch durchaus betroffen.“

Lukes schuldbewusstes Lächeln besänftigte sie etwas. „Die Flüge sind entweder gestrichen oder ausgebucht. Was mir nur recht war.“ Emily zwirbelte eine Haarsträhne um ihren Finger. „Ich habe eigentlich Besseres zu tun.“

„Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Ich hätte Sie auf dem Weg zum Flughafen zu Hause absetzen können.“

„Das hätte ich gern getan, aber wahrscheinlich hat Anna in Frankreich ihre Spione, die ihr über jeden meiner Schritte Bericht erstatten. Sie haben sie ja kennengelernt. Meine Schwester ist bei mir eingebrochen, um meine Sachen zu packen. Außerdem hat sie mir eben erst erzählt, dass sie mich im Internet versteigert hat, und sie hat es extra an einem öffentlichen Ort getan, damit ich sie nicht erwürgen kann.“ Ganz zu schweigen von der emotionalen Erpressung. Emily seufzte. „Es lohnt sich einfach nicht. Ich werde tapfer lächeln und die Stunden zählen, bis Sie mich zurückbringen.“

„Sie hat sich ganz schön ins Zeug gelegt, damit Sie auf diese Hochzeit gehen. Warum tut ihre Schwester das, wenn Sie sich so dagegen sträuben?“

Emily zuckte ausweichend die Schultern. Seine blauen Augen waren viel zu neugierig für ihren Geschmack. „Keine Ahnung. Bevor sie Mutter wurde, hat sie als Wirtschaftsprüferin gearbeitet. Ich glaube, ihr fehlt die Herausforderung. Haben Sie Geschwister?“

„Nein. Aber übereifrige Verwandte, die sich um mein Wohlergehen sorgen. Ich kann es Ihnen nachfühlen.“

„Vielleicht sollten wir sie einander vorstellen.“

Luke schenkte ihr ein Lächeln, das Emily sofort in seinen Bann zog. Sie stellte sich vor, wie er sie in seine Arme nahm, sie an seinen muskulösen Körper presste, sie leidenschaftlich küsste, bis ihr die Sinne schwanden. Dann spürte sie, wie sein Lächeln verblasste. Als sie aufsah, war sein Gesicht ausdruckslos, doch seine Augen hatten ein tiefes Indigoblau angenommen.

Ein Schatten schien über sein Gesicht zu huschen. Emily schluckte. „Was genau stand in der Anzeige?“

„Es wurde die einmalige Chance geboten, Ritterlichkeit zu beweisen. Die Gelegenheit, einer holden Maid zu Hilfe zu eilen. Vorausgesetzt man verfügt über ein Privatflugzeug, einen Pass und ein freies Wochenende.“

Emily biss sich auf die Lippe und nickte. Dann runzelte sie die Stirn. „Das ist alles?“

„Dann war da noch ein Foto.“

Sie erblasste. „Ein Foto?“ Oh Gott. „Welches?“

„Sie stehen an einem Strand.“

Emily wurde noch blasser. Bitte nicht. Sie atmete tief durch. „In einem grünen Bikini?“

„Genau das.“

In Rekordzeit wurde sie knallrot. Ihre Wangen brannten. Der grüne Bikini saß mehr als knapp. „Ich bringe sie um“, stieß sie hervor.

„Warum?“

„Warum?“, fauchte Emily. Oh, wie demütigend.

„Es haben über hundert Leute auf sie geboten.“

„Tatsächlich?“ Emily wäre gern stolz gewesen, doch sie schämte sich zu sehr. Sie ließ den Kopf in die Hände sinken. „Ausgerechnet das Foto … Warum hat sie nicht gleich Handzettel verteilt?“

Luke lachte, und der Klang seines Lachens raubte ihr fast den Verstand.

„Darf ich fragen, in welcher Kategorie sie mich ins Netz gestellt hat?“

„Wollen Sie das wirklich wissen?“

„Was habe ich schon noch zu verlieren?“

„Sammlerstücke. Dekorative Objekte.“

Emily stöhnte. Es wurde immer schlimmer. Wie lange konnte sie noch den Kopf in den Händen verbergen? Irgendwann würde sie aufsehen müssen. Es blieb ihr nichts anderes übrig.

Sie setzte einen nüchternen Gesichtsausdruck auf, hob den Kopf und sah Luke neugierig an. „Warum haben Sie mitgeboten?“

Luke senkte den Blick auf seine Unterlagen. Dann zuckte er die Schultern. „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht genau.“

Sein Blick flackerte. Was immer sein Motiv war, er wollte es offensichtlich für sich behalten. „Ein spontaner Einfall?“, schlug sie vor, als eine weitere Erklärung ausblieb.

Luke lehnte sich zurück und betrachtete sie. Ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen und verursachte ein Kribbeln in Emilys Bauch.

„Vielleicht fühlte sich der Abenteurer in mir angesprochen.“

Emily dachte nach. Ein Abenteurer? Dieser Mann, der ständig im Privatjet unterwegs war? Sie schüttelte den Kopf. „Nein, tut mir leid. Ich glaube doch eher an den spontanen Einfall.“

„Vielleicht reizte mich der Gedanke, Ritter zu spielen.“

Natürlich. Klar. Sie glaubte ihm kein bisschen. „Mit einem Flugzeug statt mit einem Pferd?“

„Und Anzug statt Rüstung.“

„Das ist doch im Grunde dasselbe.“

Er neigte den Kopf und betrachtete sie nachdenklich. „Wie wahr“, sagte er schließlich.

„Mit einem Laptop statt mit einer Lanze“, spann sie weiter. Emily tippte den Finger an den Mund. „Natürlich braucht jeder echte Ritter eine Burg.“

Luke rieb sich das Kinn. „Eine Burg?“

„Mindestens. Noch besser wäre ein Palast.“

„Tut es zur Not auch ein Penthouse in Mayfair?“

Sie tat, als müsste sie überlegen. „Mit viel Chrom, Stahl und Glas und völlig überflüssigen technischen Spielereien?“

Luke nickte. „Das versteht sich von selbst.“

„Wenn das so ist, herzlichen Glückwunsch. Sie sind für die Rolle des Ritters bestens geeignet.“

„Vielen Dank. Sind Sie denn auch für die Rolle der holden Maid in Not geeignet?“

„Ich befürchte, eher nicht“, bedauerte sie. „Ich kann weder mit wallenden Locken noch mit einem Elfenbeinturm dienen.“

„Ich hoffe, auch nicht mit einer bösen Stiefmutter?“ Seine Augen funkelten verschmitzt.

„Meine Eltern leben nicht mehr“, sagte sie nüchtern.

Das Funkeln verschwand. „Tut mir leid.“

Emily zuckte die Schultern. „Ist schon gut. Sie sind schon lange tot“, sagte sie leichthin, doch ihr Herz krampfte sich zusammen. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und lächelte tapfer. „Suchen Sie öfters im Internet nach Frauen?“

Seinem finsteren Blick nach, schien ihm Emilys Frage nicht zu gefallen. „Tut mir leid“, versicherte sie leicht errötend. „Ich habe es nicht so gemeint.“

Luke nahm seinen Stift zur Hand. „Es liegt nahe, dass Sie das denken. Aber nein, ich suche nie im Internet nach Frauen.“

Natürlich nicht, dachte Emily. Wahrscheinlich rissen sich die Frauen um ihn.

„Ein Freund hat mir den Link gemailt. Ich musste sowieso nach Nizza. Ich war neugierig.“

Seltsam. Seltsam genug, um wahr zu sein.

„Aus reiner Neugier, wie viel habe ich gekostet?“

Sein unvermitteltes Lächeln nahm ihr den Atem. „In Dollar, Euro oder Pfund? Es ist schließlich ein globaler Markt.“

Sie musste lächeln. „Eine grobe Schätzung reicht mir.“

„Ein sechsstelliger Betrag.“ Emily hätte fast ihr Glas umgestoßen.

„Sind Sie wahnsinnig?“

Luke biss die Zähne zusammen. „Möglicherweise.“

Seine Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Er scherzte nicht. Emily starrte ihn an, während er sich mit der Hand durchs Haar fuhr und den obersten Knopf seines Hemds löste. Ihr war nicht wohl bei dem Gedanken, allein mit einem Verrückten an Bord eines Flugzeugs zu sein. Am liebsten hätte sie sich den nächsten Fallschirm geschnappt. „Immerhin können Sie es von der Steuer absetzen.“

„Das ist wahr“, gab er zu.

„Warum fliegen Sie nach Nizza?“

„Ich habe geschäftlich in Monte Carlo zu tun.“

Sie neigte den Kopf. „Wie praktisch.“

„Sie glauben mir nicht.“

Abschätzend blickte Emily ihn an. „Ich bin nicht ganz sicher.“

Er griff sich an die Brust. „Jetzt bin ich aber verletzt.“

„Ich bin am Boden zerstört.“

„Das sollten Sie auch sein. Ihre Schwester hat meine Gründe nicht eine Sekunde angezweifelt.“

Ach wirklich? Emilys Augen funkelten. „Seit meine Schwester Kinder hat, zerbröselt ihr Gehirn allmählich.“

„Sie sind also misstrauischer?“

„Vielleicht.“

Das Thema behagte ihr nicht. Wahrscheinlich war sie seit der Trennung von Tom tatsächlich misstrauischer. Fünf Jahre waren eine lange Zeit, auch wenn das letzte Jahr ihrer Beziehung ziemlich turbulent gewesen war. Vielleicht hatte Anna recht. Vielleicht musste sie tatsächlich einen Schlussstrich ziehen.

Ihre Reaktion auf Luke bewies immerhin, dass sie noch fähig war, sexuelles Verlangen zu empfinden. Emily sah ihn durch ihre Wimpern hindurch an, um sich erneut davon zu überzeugen. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit las er einen Bericht, unterstrich manche Abschnitte, machte sich Notizen, blätterte mit seinen langen Fingern die Seiten um, wobei er das Papier geradezu zu liebkosen schien. Oh ja, der Blitz, der sie durchfuhr, war Beweis genug, dass ihr sexuelles Verlangen nicht erloschen war. Ihr Blick glitt zu dem Dreieck unter dem offenen Hemdkragen. Beim Anblick der feinen dunklen Härchen auf seiner Brust musste sie die Fäuste ballen, um nicht aufzuspringen und die restlichen Knöpfe auch noch aufzureißen.

„Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn Sie mich so anstarren.“

Emily erstarrte. Oh Gott. Er hatte sie erwischt. Wie peinlich. Vorsichtig hob sie den Blick und war auf ein spöttisches Funkeln in seinen Augen gefasst, doch er hielt den Blick noch immer auf seine Unterlagen geheftet. Er hatte ihren verzehrenden Blick gespürt. Sie wurde rot, klopfte sich mit den Händen auf die Wangen und ließ ein unfreiwilliges Stöhnen in ein ausdauerndes Husten übergehen.

„Möchten Sie etwas Wasser?“, fragte er höflich, scheinbar immer noch ganz von seinem Bericht in Anspruch genommen.

Sie räusperte sich. „Ja, aber machen Sie sich keine Umstände. Ich hole es mir selbst.“

Beschwingt ging sie über den cremefarbenen Teppich zum Getränkeschrank, wo Luke den Champagner eingeschenkt hatte, nachdem sie an Bord gegangen waren. So ließ es sich reisen. Keine endlosen Schlangen am Check-In-Schalter, keine überfüllten Handgepäckfächer, keine unbequemen, engen Sitzreihen. Und ein Mitreisender, der aussah wie Luke. Ihre Haut prickelte, und ihr wurde heiß.

„Möchten Sie auch etwas?“, fragte Emily, als sie eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank nahm und sich ein Glas einschenkte. Sie presste die kalte Flasche an ihre Wange, um sich abzukühlen.

„Nein, danke. Sie stören mich.“

Emily blinzelte. Plötzlich wusste sie, dass ihre Haut geprickelt hatte und immer noch kribbelte, weil sein Blick auf ihrem Rücken ruhte. „Das stimmt nicht“, sagte sie ruhig. „Sie beobachten mich.“

Schweigen. Dann: „Sage ich doch, Sie stören mich.“

2. KAPITEL

Emily erstarrte. Hatte sie richtig gehört? Mit weit aufgerissenen Augen drehte sie sich um.

Luke saß nicht an seinem Platz. Er stand am Faxgerät und schob die Seiten in den Einzugsschacht. Der Motor brummte so laut, der Teppich war so dick, dass sie ihn nicht gehört hatte.

Sie atmete tief durch. „Tu ich das?“

„Tun Sie was?“

„Sie stören?“

„Überhaupt nicht“, erklärte er lächelnd. „Fühlen Sie sich wie zu Hause.“

Wie bitte?

Dann zuckte sie die Schultern. Ich muss ihn falsch verstanden haben, dachte sie, während sie über den Rand ihres Glases hinweg verfolgte, wie er an seinen Platz zurückkehrte. Er nahm sein Glas und leerte es in einem Zug. Emily ließ sich wieder auf ihren Sitz gleiten und beobachtete, wie er sich nach einem weiteren Bericht bückte. Seine Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem Hemd ab. Er schob die Ärmel hoch und entblößte seine gebräunten Unterarme. Emilys Mund wurde trocken.

Normalerweise machte Emily sich nichts aus Unterarmen, doch die von Luke waren echte Prachtexemplare. Sie spürte das heftige Verlangen, mit der Hand darüber zu streichen. Ihr Blick fiel auf die langen gebräunten Finger, mit denen Luke den Stift herumwirbelte, während er sich ganz auf den Bericht konzentrierte. Im Vergleich zu der Geschwindigkeit, mit der er den anderen überflogen hatte, schien dieser sich schwerer zu lesen. Bisher hatte er nicht eine Seite umgeblättert, kein einziges Wort unterstrichen und keinerlei Notizen gemacht. Emily hätte wetten können, dass er abgelenkt war.

Als sie gerade beschlossen hatte, ihn von seinen Qualen zu erlösen, sprang Luke auf und schenkte sich Wasser nach.

„Trinken Sie gar nichts?“, fragte sie, als er zurückkam. Sie hatte seit dem Start genüsslich an ihrem Champagner genippt. Er jedoch hatte keinen Tropfen angerührt.

„Nicht an einem Freitag, wenn ich nachmittags noch Meetings habe.“

Sie nickte wissend. „Sehr weise. Aber wer legt seine Meetings auch auf einen Freitagnachmittag? Da ist doch praktisch schon Wochenende.“

„Ich habe Klienten in Monte Carlo. Außerdem ist noch nicht Wochenende.“

Hm. „Was machen Sie beruflich?“

„Ich bin Anlageberater.“

„Aha. Interessant.“

Luke lächelte. „Nicht besonders. Es sei denn man hat eine Schwäche für Aktienkurse und Wertpapiere.“

„Haben Sie die denn?“

„Ich scheine immerhin ein gewisses Talent dafür zu haben.“

Wie geschickt er der Frage ausgewichen war. Sie nickte verständnisvoll. „Ich kann mir vorstellen, dass es in Monte Carlo reichlich Eigenkapital gibt.“

Luke zog die Augenbrauen hoch. „Kennen Sie sich damit aus?“

„Überrascht Sie das? Ich kenne mich mit vielen Dingen aus.“

„Mit was zum Beispiel?“ Er verschränkte die Hände und beugte sich vor.

„Mit Jungs wie Ihnen, die ein Vermögen für Dinge wie Blattgoldcocktails ausgeben“, witzelte sie.

Luke runzelte die Stirn. „Andere mögen das tun. Ich nicht. Und meine Mitarbeiter auch nicht. Dazu haben sie gar keine Zeit. Außerdem wissen sie, dass ich sie sonst entlassen würde.“

Ein Schauer lief Emily über den Rücken. Ebenso hinreißend wie skrupellos. Eine gefährliche Kombination.

Sein verwegenes Lächeln beschleunigte ihren Puls. „Außerdem gebe ich mein Geld lieber für holde Jungfern aus.“

„Es gibt also noch andere?“ Sie versuchte, nicht allzu neugierig zu klingen.

„Im Moment nicht. Bedauerlicherweise.“

Emily lachte auf.

„Was ist mit Ihnen. Was machen Sie beruflich?“

Autor

Lucy King
Lucy King lebte schon immer am liebsten in ihrer eigenen Welt, inmitten der bunten Liebesgeschichten von Mills & Boon. Bereits in der Schule schrieb sie lieber über glorreiche Helden und die Magie der Liebe, anstatt Mathematikaufgaben zu lösen.
Ihrem ganz persönlichen Helden begegnete sie eines Morgens während eines einsamen Spaziergangs...
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