Julia Kiss Band 10

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Carol Finch
Übergekocht!

Liebe ist kein Beinbruch! Oder doch? Wades Gipsbein ist schuld daran, dass Laura bei ihm als Haushälterin jobbt. Beharrlich ignoriert er, wie heftig es zwischen ihnen knistert. Bis Laura sich mit einem anderen verabredet! Plötzlich brennt Wade vor Eifersucht ...

Stephanie Rowe
Schnell, küss mich

Er küsst soooo gut! Doch dann ist die Silvesterparty vorbei - und damit Cassies heißer Flirt mit dem sexy Fremden. Bis die hübsche Stress-Therapeutin wenig später einen Hausbesuch macht. Sie traut ihren Augen nicht: Vor ihr steht der Mann, der so gut küssen kann …

Jacqueline Diamond
Der Doktor empfiehlt

Der Doktor empfiehlt ... die eine einzige hemmungslose Liebesnacht schnellstens zu vergessen. Dazu ist die hübsche Chelsea auch bereit, denn Dr. Barry Cantrell ist ihr neuer Chef und gar nicht ihr Typ. Dumm nur, dass sie bald feststellen muss: Sie erwartet Zwillinge von ihm! Was nun, Herr Doktor?


  • Erscheinungstag 07.06.2019
  • Bandnummer 10
  • ISBN / Artikelnummer 9783733713690
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Carol Finch, Stephanie Rowe, Jaqueline Diamond

JULIA KISS BAND 10

1. KAPITEL

Gleich von dem Moment an, wo sie zum ersten Mal sein Haus betrat, war Wade Ryder klar, dass die absolute Katastrophe eingetreten war. Seine beiden dämlichen Cousins ließen zu allem Überfluss auch noch ihre Augenbrauen tanzen und grinsten wie blöde, während sie dem blonden, blauäugigen Rasseweib, das vorübergehend Wades Köchin und Haushälterin auf der Ranch werden sollte, hinterherstolzierten.

Die Göttin in Designerjeans und engem rosafarbenem Pulli lächelte höflich. Als ihn ihr himmelblauer Blick traf, zog sich in ihm alles zusammen – wie mit einem Ruck am Sattelgurt –, und sämtliche Alarmglocken schrillten in seinem Schädel. Im Stillen fluchte er über die starke Anziehung, die er sofort verspürte. Sie war die vollkommene Verkörperung von Stil, Klasse und raffinierter Eleganz. Ein Vollweib mit verlockenden Kurven und wohlproportionierten Wölbungen. Kurz gesagt – gefährlich.

Aus schmerzlicher Erfahrung wusste Wade: Je attraktiver die Frau, desto schwieriger war es für einen Mann, sie zufriedenzustellen. Oh Mann, diese Frau war in Jeans verpacktes pures Gift. Sie würde Ärger machen, das war klar!

Ärger stieg in Wade auf, während er von den Launen des Schicksals gestraft an seinen Sessel gefesselt saß. Er sah zerknittert und runzlig aus, sie dagegen wirkte so ungemein frisch, gesund und todschick, dass er ihr am liebsten das Haar zerwühlt hätte, nur um sich besser zu fühlen. Das jedoch verstärkte nur noch seinen Frust, und deshalb richtete sich sein ganzer Groll gegen sie. Es war ein absoluter Teufelskreis, aus dem es keinen Ausweg gab.

Wade fühlte sich genauso schlecht, wie sein Anblick vermuten ließ. Sein linkes Bein steckte vom Knie abwärts in Gips. Schlinge und Armschiene drückten sein pochendes linkes Handgelenk gegen seine geprellten Rippen. Sein Haar war zerzaust, da er mit seiner gesunden Hand durch die schwarze Mähne gefahren war, die schon längst ein Friseur hätte zurechtstutzen sollen. Ein dunkel­violetter Schatten umkränzte sein linkes Auge. Er fühlte sich zerschlagen und wie von einem wilden Bullen zertrampelt – was er im buchstäblichen Sinn auch war. Außerdem kam es ihm vor, als könne nun jeder, insbesondere jedoch auch dieser weibliche Eindringling in sein männliches Refugium, in ihm lesen wie in einem offenen Buch: Als wären all seine Unsicherheiten, Schwächen und Verwundbarkeiten der ganzen Welt preisgegeben.

Wade ließ seinen Blick von der lächelnden Göttin zu seinen treulosen, ständig zu Schandtaten aufgelegten Cousins gleiten. „Überlass alles uns“, hatten sie gesagt. Er hatte einzig und allein in ihre brillante Idee eingewilligt, weil er vor lauter Schmerzen nicht mehr aus noch ein gewusst hatte. Was für ein Riesenfehler.

Dabei war seinen Cousins Vance und Quint Ryder nur allzu klar, dass er seit sechs Jahren den Frauen abgeschworen hatte – und zwar aus triftigem Grund. Doch die mitleidlosen Mistkerle hatten es offensichtlich lustig gefunden, ihm noch einen reinzuwürgen, wo er schon am Boden lag. Verrotten sollten sie! Die beiden hatten sich hinter der Göttin aufgebaut, dieser real gewordenen Männerfantasie, und machten weder den leisesten Versuch, sich ihr dämliches Grinsen zu verkneifen, noch auch nur ein wenig Mitgefühl für seinen jämmerlichen Zustand zu zeigen. Na, sobald er wieder auf den Beinen wäre, würde er es seinen Cousins heimzahlen, und zwar saftig!

Quint Ryder, der legendäre Frauenschwarm der Familie, warf noch einen letzten Blick auf den wohlgeformten Po der Göttin, bevor er vortrat, um die Vorstellungsrunde zu eröffnen. „Laura Seymour, das ist unser Cousin, Wade Ryder.“ Er wandte sich an Wade und grinste, was das Zeug hielt. „Vance und ich haben die perfekte Köchin und Haushälterin gefunden, die dich versorgt, solange du krank bist. Sie ist die Antwort auf all deine Gebete.“

Quints Grinsen war so breit wie der Oklahoma Panhandle, und Wade hätte seinem Cousin diesen Ausdruck am liebsten aus seinem Gesicht geprügelt. Diese Frau war keineswegs die Antwort auf all seine Gebete – sie war sein allerschlimmster Albtraum. Eine blitzschnelle Wunderheilung war alles, was er sich wünschte, und nicht eine verführerische Frau, die ihm auf der Pelle säße.

Als Wade nach einigem Zögern eingewilligt hatte, sich vorübergehend Hilfe ins Haus zu holen, hatte er eher an eine moderne Version von Alice, der Haushälterin aus der Fernsehserie Drei Mädchen und drei Jungen, gedacht. Stattdessen stand nun Miss Juni aus dem Playboy-Magazin vor ihm. Zum Teufel! Er steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten.

Wade biss die Zähne zusammen, die ihm beim Ranchunfall fast aus dem Kiefer geschmettert worden wären. Der Unfall hatte ihn zu völliger Hilflosigkeit verdammt – ein Gefühl, das er hasste. Jetzt auch noch sie im Haus zu haben, verstärkte dieses Gefühl nur noch um ein Vielfaches. Wade war stolz auf seine Arbeit, seine Unabhängigkeit und sein Selbstbewusstsein. Doch dieses Selbstbild war angeknackt wie seine Knochen, und er musste sich auf einen Stock stützen, um überhaupt sein Gleichgewicht halten zu können.

Zum Teufel mit diesem schwarzen Angusbullen, der ihn einfach umgerannt und versucht hatte, Hackfleisch aus ihm zu machen. Dieses Vieh war fällig!

Die Venus mit ihrer makellosen Samthaut – nicht die kleinste Schramme schmälerte die Schönheit ihres bezaubernden Gesichts – trat auf ihn zu und reichte ihm die Hand. „Es tut mir leid, dass Ihnen dieser Unfall passiert ist. Schön, Sie kennenzulernen, Mr. Ryder.“

„Tatsächlich? Was soll daran schön sein?“ Wade starrte auf ihre perfekt manikürte Hand, als ob sie ihm einen drei Tage alten, toten Fisch andrehen wollte. Jeglichen Körperkontakt würde er strikt vermeiden, da er nicht beabsichtigte, sie dazubehalten. Er würde sie weder anfassen noch wiedersehen – niemals.

Ihre Hand verharrte einen Moment lang in der Luft, bevor der Frau klar wurde, dass es kein Händeschütteln geben würde. Wade bedachte sie mit seinem finstersten Blick und starrte sie so lange unverwandt an, bis ihr Lächeln starb und sie unsicher zurückwich. Sein Gewissen versuchte, ihn grün und blau zu schlagen, weil er sich dermaßen unhöflich benahm, doch was machte ein weiterer blauer Fleck auf seinem übel zugerichteten Körper schon aus, fragte er sich.

Vance Ryder, der Scherzbold der Familie, beeilte sich, das betretene Schweigen zu überspielen, aber Wade hatte keine Lust, seinem Cousin leichtes Spiel zu gewähren.

„Wie Sie sehen, Laura, ist unser Cousin nicht gerade in allerbester Verfassung. Seine starken Schmerzen machen ihn griesgrämig. Geben Sie einfach nichts auf Wade. Wenn es ihm besser geht, wird er sich schon wieder freundlicher zeigen“, sagte Nance.

„Nein, werde ich nicht“, widersprach Wade grimmig. „Freundlicher als jetzt wird sie mich ganz bestimmt nicht erleben.“ Zur Bekräftigung schoss er einen weiteren tödlich-finsteren Blick zu Miss Verbotene Versuchung hinüber. Ihr Lächeln verschwand, und sie musterte ihn argwöhnisch. Ein wenig schüchtern war sie. Gut! Er würde sie in null Komma nichts in die Flucht treiben. Sie war ihm gegenüber im Nachteil, denn sie befand sich von lauter Unbekannten umgeben in seinem Haus und versuchte ihr Bestes, höflich zu sein.

Vances gekünsteltes Lachen zerschnitt die Stille. „Wade macht nur Spaß.“ Er blickte Wade mit zusammengekniffenen Augen warnend an. „Nicht wahr, Cousin?“

„Genau“, erwiderte Wade mit grimmiger Miene. „So wie jetzt bin ich, wenn ich nur Spaß mache. Wenn ich wirklich schlecht gelaunt bin, sollten Sie lieber nicht in meiner Nähe sein. Also, warum ziehen Sie nicht lieber Leine, Lady, damit ich mal mit meinen Cousins ein privates Wörtchen reden kann.“

Laura reckte das Kinn, ihre Augen funkelten. Sie öffnete den Mund, doch dann schien sie sich eines Besseren zu besinnen, denn sie presste die Lippen zusammen und schwieg. Offensichtlich gekränkt, stürmte sie zur Tür hinaus.

Nun wurde Wade klar, warum Vance und Quint sich immer hinter Laura postiert hatten. Ihre Designerjeans schmiegte sich so perfekt an ihren Po, als wäre die Hose eigens für ihre Kurvenfigur maßgeschneidert worden. Der hypnotisierende Schwung ihrer Hüften hielt Wades Blick gefangen. Er musste seinen Blick gewaltsam fortreißen, um seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Cousins zu richten.

„Haben wir nicht für dich einen ganz großen Fang gemacht?“, murmelte Quint, während er Laura schmachtend hinterherblickte, bis sie verschwand. Er seufzte theatralisch. „Das ist mal ein echt gut aussehendes Exemplar Frau von absoluter Premiumqualität, Wade. Da wünschte ich doch glatt, der Bulle hätte mich umgerannt, damit Laura sich um mich kümmert.“

„Ich will, dass sie von hier verschwindet, aber plötzlich“, zischte Wade. „Du weißt, ich habe den Frauen abgeschworen, und ich will sie hier nicht so auf Tuchfühlung sitzen haben.“

„Ach, komm schon“, versuchte Vance ihn zu beschwichtigen. „Laura ist perfekt für den Job. Sie wird ihre neue Stelle als Mathe- und Computerlehrerin an der Highschool von Hoot’s Roost erst im Herbst antreten. Den Sommer über hat sie deshalb Zeit, den befristeten Job bei dir zu übernehmen. Sie kann dir sogar noch deine Zucht- und Buchhaltungsprogramme updaten. Außerdem hat sie noch keinen Platz gefunden, wo sie wohnen kann, also wird sie rund um die Uhr ein Auge auf dich haben können. Sie tut dir einen Gefallen, und du hilfst ihr, indem du ihr Kost und Logis stellst.“

„Wie bitte?“, rief Wade ungläubig. „Ihr erwartet von mir, dass ich die Frau hier auf meiner Ranch vierundzwanzig Stunden pro Tag und das auch noch sieben Tage die Woche dulde? Das könnt ihr euch abschminken!“

„Reg dich ab“, sagte Quint. „Du hast schon genug Blessuren, da brauchst du nicht auch noch deinen Blutdruck auf Risikowerte zu treiben.“

„Wie konnte ich nur so dumm sein, einen Schürzenjäger und eine unverbesserliche Ulknudel losziehen zu lassen, um eine Haushälterin für mich aufzutreiben. Die Idee hat mir von Anfang an nicht gefallen, und jetzt tut sie es noch weniger. Diese Frau bleibt nicht auf meiner Ranch. Ende der Diskussion!“

Quint gefror das Dauerlächeln, und er beugte sich drohend über Wade. „Sie bleibt hier!“, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Dein Unfall ist auf meiner Ranch passiert, und es war Vances tollwütiger Bulle, der dich umgewalzt hat, also fühlen wir uns auch verantwortlich dafür. Noch dazu hast du dich wie ein Schild vor uns gestellt, als der verdammte Bulle auf uns los ist, als wir ihn von seinen Kühen getrennt haben. Du hast dir damit Extrapunkte auf deinem Heldenkonto verdient und allein die ganze Wucht des Angriffs abgekriegt.“

„Deshalb“, ergänzte Vance, als er herantrat und sich neben Quint aufbaute, „bezahlen wir Lauras Gehalt, denn das ist nur recht und billig. Wir haben schließlich schon vor Jahren beschlossen, unsere Kräfte zu bündeln und uns die Arbeit zu teilen, damit wir für die Viehtriebsaison, das Brandmarken, die Impfungen, den Transport zum Großmarkt und die Getreideaussaat keine teuren Saisonkräfte anheuern müssen. Das war unsere Abmachung. Wenn einer von uns Hilfe braucht, stehen ihm die anderen beiden bei. Wir teilen uns unsere Traktoren, Maschinen, Pferche und Zuchttiere.“

Genau so war es, pflichtete ihm Wade im Stillen bei. Die Abmachung hatte wunderbar funktioniert und Zeit und Geld gespart – bis er in der Notaufnahme des örtlichen Hospitals gelandet war, und die Ärzte ihm eröffnet hatten, dass er für die nächsten sechs bis acht Wochen einen Zwangsurlaub würde nehmen müssen.

„Du kannst so lange protestieren, wie du willst“, ergänzte Quint, „doch Laura Seymour verlässt die Ranch nicht eher, als wir es erlauben. Du kannst sie nicht feuern, denn wir haben sie angeheuert. Du könntest sie natürlich auch in der Hilfscowboy-Baracke unterbringen, aber das ließe dich noch undankbarer und unhöflicher aussehen, als du es ohnehin schon bist!“

Falls Quint glaubte, damit Wades Gewissen auf die Sprünge zu helfen, hatte er sich getäuscht. Sein Gewissen hatte sich schon vor fünfzehn Minuten auf Nimmerwiedersehen verabschiedet. „Gut, bringt das Gepäck meiner neuen Haushälterin in Duffs Hütte. Sie kann in seiner Miniküche kochen und mir meine Mahlzeiten ins Haus bringen.“

Vance rollte entrüstet die Augen. „Komm schon, Wade. Duff hat nicht mal einen Geschirrspüler. Das Gerät, das er seinen Herd nennt, besitzt nur eine funktionierende Platte, und der Temperaturregler des Ofens ist kaputt.“

„Außerdem“, fügte Quint hinzu, „läuft Duffs Waschmaschine fast schon unter Antiquität. Verdammt, im Gegensatz zu dir ist die alles andere als leicht auf hundertachtzig zu bringen. Du kannst nicht von Laura verlangen, die Wäsche und Mahlzeiten von der Baracke hierherzuschleppen. Das geht wirklich zu weit.“

Wade seufzte laut. Okay. Mochte sein, dass er gerade ein wenig überreagierte. Aber trotzdem wollte er diese Frau nicht in seiner Nähe wissen. Verflucht, immer noch lag ein Hauch ihres Parfums in der Luft. Wagte er es, seine Augen zu schließen, so vermutete er, würde vor seinem inneren Auge Lauras verlockende Erscheinung auftauchen – und das hereinfallende Sonnenlicht würde ihr blondes Haar schimmern lassen wie gesponnenes Gold. Sie sah viel zu verwöhnt und schick aus, um sich in das Leben auf einer Ranch einzufügen. Außerdem schien sie viel zu zierlich, um schwere Wäscheberge herumzuschleppen und Möbel beim Staubwischen und Staubsaugen rücken zu können. Nein, sie sah aus wie der Typ Frau, der von einem Mann von Kopf bis Fuß verwöhnt werden wollte.

„So, jetzt sei nett zu Laura“, befahl Quint und erhob mahnend seinen Finger. „Vance und ich tun dir doch nur einen Gefallen, damit du Zeit hast, wieder auf die Beine zu kommen. Die Herden – deine genauso wie unsere – warten da draußen auf uns. Die Tiere müssen Brandzeichen kriegen und geimpft werden. Wir haben keine Zeit, bei dir zu putzen, dich zu füttern und dir die Wäsche zu machen. Ich muss dir ja wohl nicht erklären, dass gerade eine der stressigsten Zeiten des Jahres ist.“

Nein, das musste er nicht, dachte Wade mürrisch. Er würde hier herumsitzen und das Gefühl haben, seine Cousins im Stich zu lassen, während sie sich bei der Arbeit mit den Herden und bei der Heuernte, die die Futtermittel für den Winter sicherte, den Hintern aufrissen. Wade war es gewöhnt, hart zu arbeiten – Seite an Seite mit seinen Cousins. Die Untätigkeit würde ihn wahnsinnig machen. Und dann noch Laura Seymour dazuhaben – die er gedachte, so wenig wie möglich zu Gesicht zu bekommen –, würde ihn vollends in den Wahnsinn treiben.

„Unser Entschluss steht fest“, sagte Vance. Sein übliches freundliches Lächeln war einem ernsten Blick gewichen. „Laura bleibt hier, also gewöhn dich besser daran. Wir kümmern uns um dich, genau so, wie du es tun würdest, wenn einer von uns außer Gefecht gesetzt wäre. Familie ist nun mal Familie, gemeinsam gehen wir durch dick und dünn.“

„Genau, und daran gibt es nichts zu rütteln“, ergänzte Quint. „Es ist nur zu deinem eigenen Besten.“ Wie zu erwarten, hielt Quint die ernste Pose nicht lange durch, und sein berüchtigtes Herzensbrecherlächeln machte sich wieder auf seinem Gesicht breit. „Außerdem, mein Lieber, ist diese Highschool-Lehrerin echt heiß, und mal abgesehen von unseren Müttern hat seit sechs Jahren keine Frau mehr dein Haus betreten.“

„Stimmt genau, und so sollte es nach meinem Geschmack auch bleiben, bis ihr zwei Idioten beschlossen habt, euch auf meine Kosten zu amüsieren“, murmelte Wade grimmig. „Vergesst nicht, Rache wird kalt genossen, und nach der Nummer hier könnt ihr euch definitiv auf was gefasst machen.“

Seine Cousins zuckten nur unbeeindruckt die Achseln, und Quint meinte: „Nur zu. Aber vergiss nicht, beim Rodeo sind wir genauso hart im Nehmen wie du, also zieh dich warm an, denn um uns k. o. zu schlagen, brauchst du mindestens einen ganzen Tag.“

Wade war klar, dass es kein leichtes Unterfangen sein würde, seine Cousins zu Boden zu strecken. Bei ihren halsbrecherischen Rodeoauftritten hatte es bisher noch niemand gewagt, sich mit den Ryder-Cousins anzulegen, die immer wie Pech und Schwefel zusammenhielten. Für den zurzeit im Ausland weilenden Cousin Gage, der mit ihnen zu den Veranstaltungen gereist war, galt das Gleiche. Wenn sich einer von ihnen verletzte oder einen Knochen brach, legten sich die anderen drei dafür umso mehr ins Zeug. Sie hatten die Preisgelder stets in einen Topf geworfen, sich die Ausgaben geteilt und sich gegenseitig in schwierigen Zeiten ausgeholfen.

Gerade jetzt sollte Wade dankbar für die Loyalität und Unterstützung sein, doch die Aussicht, nach all den Jahren eine Frau im Haus zu haben, lag ihm wie ein Betonklotz im Magen.

Eine plötzliche Eingebung ließ Wade jedoch Hoffnung schöpfen. Wenngleich er die Göttin nicht einfach feuern konnte, so konnte er ihr doch das Leben so lange zur Hölle machen, bis sie freiwillig das Handtuch warf. Dies dürfte nicht allzu schwer werden, vermutete er siegesgewiss. Ein einziger böser Blick vorhin hatte ja bereits ausgereicht, um sie zurückweichen zu lassen.

Wie die meisten Frauen, würde sie die Koffer packen, sobald hier draußen Schwierigkeiten auftauchten – und er würde sicherstellen, dass es genug davon gab. Wenn die kleine Miss Lehrerin sich etwa einbildete, sie hätte sich mit diesem Job ins gemachte Nest gesetzt und könne sich dazu noch einen gut situierten Rancher angeln, hatte sie sich gründlich verrechnet. Die Erfahrung mit seiner Exfrau erinnerte ihn zur Genüge daran, dass Frauen die Scherereien nicht wert waren. Außerdem umschwärmten ihn genug Rodeo-Groupies, die keinen Zweifel daran ließen, dass Frauen nur an dem interessiert waren, was in seiner Brieftasche – und in seiner Jeans – steckte.

Keine Frage, Laura Seymour würde sofort das Weite suchen, sobald Wade anfinge, ihr das Leben schwer zu machen. Er gab ihr zwei Tage. Drei maximal. Dann würde sie die Koffer packen, nach Hoot’s Roost flüchten und ein Apartment mieten.

„Also schön“, lenkte Wade widerwillig ein. „Sie kann bleiben … für eine Weile.“

„Großartig!“, riefen Vance und Quint im Chor.

Quint drehte sich auf dem Absatz um und steuerte zur Tür. „Ich bringe Lauras Gepäck rein.“

„Und ich helfe dir dabei.“ Vance grinste Wade verschmitzt zu. „Wir schaffen ihre Sachen in das Schlafzimmer neben deinem, dann kannst du um Hilfe rufen … wenn du mitten in der Nacht welche brauchst.“

Mitten in der Nacht brauchen? Wade ballte seine gesunde Hand zur Faust, während seine Cousins brüllend vor Lachen nach draußen stürmten. „Mieses Verräterpack“, zischte er ihnen hinterher. Er befand sich mitten in einer großen Lebenskrise, und sie machten sich einen Heidenspaß daraus – auf seine Kosten. Sie konnten sich nicht vorstellen, wie er sich gefühlt hatte, als Bobbie Lynn ihn betrogen, zurückgestoßen, getäuscht hatte und mit ihrem neuen Lover abgehauen war. Das musste einem Mann doch die Frauen vergällen.

Für ihn war dieses Thema seit dieser Zeit ein für alle Mal erledigt. Sobald er merkte, dass er sich zu einer Frau hingezogen fühlte, zog er sich sofort zurück. Auch diesmal hatte er nur allzu gut das Knistern gespürt – gleich vom ersten Moment an, als Laura Seymour das Zimmer betreten und im Glanz des Sonnenstrahls dagestanden hatte, der ihr reizvolles Gesicht und jede wohlgeformte Rundung ihres Körpers offenbarte.

Sie war die Versuchung in Person, und Wade wollte, dass sie augenblicklich aus seinem Leben verschwände. Er hatte sein Herz mit sechs Lagen Stacheldraht umwickelt, nachdem Bobbie Lynn ihn verletzt und gedemütigt hatte. Nie wieder würde Wade das mitmachen. Er misstraute dem weiblichen Geschlecht und hatte jeglichen Respekt vor den Frauen verloren. Abgesehen von dem gelegentlichen Stillen sexueller Bedürfnisse, wollte er nichts mit ihnen zu schaffen haben. Und da er nun mal momentan nicht in der Lage war, seine grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen, wollte er keinesfalls das Dach mit Laura Seymour teilen, dieser atemberaubenden Göttin.

Er würde schon zurechtkommen – irgendwie. Auf keinen Fall wollte er, dass Laura seine Wäsche wusch, seine Unterwäsche betatschte und die Wollmäuse, die sich unter seinen Möbeln versteckten, aufscheuchte. Er wollte, dass sie aus seinem Haus verschwand – und zwar plötzlich.

Laura Seymour stützte die Arme auf das Gatter und versuchte, ihren Ärger über Wade Ryder zu bezähmen. Sie ließ ihren Blick über die Rinderherde schweifen, die auf den für Oklahoma typischen, sanft geschwungenen Hügeln graste. Diese Ranch war so ruhig und friedlich gelegen, dass sie für einen Augenblick ihre mehr als unerfreuliche erste Begegnung mit Wade Ryder vergaß. Abgesehen von diesem unhöflichen, eigenbrötlerischen Cowboy mit Gipsverband wäre dieser Aushilfsjob absolut perfekt.

Als sie daran dachte, zu welch finsterer Miene Wade sein attraktives Gesicht verzogen hatte, sobald sie über seine Schwelle getreten war, schimpfte sie leise. Sein Blick hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er sie am liebsten auf direktem Weg zur Hölle schicken würde.

Sie versuchte sich einzureden, dass sie Ryders Feindseligkeit und Ablehnung nicht persönlich nehmen durfte. Seine Schmerzen durch die Verletzungen und der Frust wegen der Arbeitsunfähigkeit waren vermutlich für seine schlechte Laune verantwortlich, tippte sie. Noch nie zuvor hatte sie jemals eine solch ablehnende Haltung in jemandem geweckt, zumindest soweit sie es mitbekommen hatte.

Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst, als er sie so rüde weggeschickt hatte. Nur hatte sie einen guten Eindruck machen wollen – auch wenn ihr das offenbar gründlich misslungen war. Von der ersten Minute an hatte er keinen Zweifel daran gelassen, dass er sie nicht leiden konnte. Paradoxerweise hatte er auf sie genau die gegenteilige Wirkung ausgeübt. Hinzu kam, dass die außerordentliche Ähnlichkeit der drei Männer, die eher wie Brüder und nicht wie Cousins aussahen, sie abgelenkt hatte.

Laut Quint Ryder gab es sogar noch einen weiteren Cousin namens Gage, der sich gerade geschäftlich im Ausland aufhielt und den anderen seine Ranch während seiner Abwesenheit verpachtet hatte. Laura fragte sich, ob Gage ebenso kernig attraktiv aussah wie seine Cousins. Höchstwahrscheinlich ja.

Noch nie zuvor war Laura mit so vielen attraktiven Männern auf engstem Raum zusammen gewesen – von ihren vier älteren Brüdern mal abgesehen. Im Gegensatz zu ihrer Brüderschar, die den Inbegriff weltläufiger Kultiviertheit und stilvoller Eleganz verkörperte, waren die Ryder-Cousins wahre Prachtexemplare des Typs groß gewachsener, dunkler und gefährlich gut aussehender Mann. Doch ausgerechnet der zerzaust, mürrisch und verletzlich aussehende Wade Ryder hatte ihr Interesse und ihre Neugier geweckt. Sie konnte sich nicht erinnern, sich jemals zuvor so stark zu jemandem hingezogen gefühlt zu haben. Irgendetwas an ihm berührte sie bis in ihr Innerstes.

Nicht etwa, dass diese körperliche Anziehung von irgendeiner Bedeutung wäre, rief sie sich selbst zur Vernunft. Ob sie ihn nun attraktiv fand oder nicht, sie war hergekommen, um einen Ferienjob anzutreten, bei dem sie sich die Anzahlung auf ein bescheidenes kleines Farmhaus verdienen konnte. Sie hatte das zum Verkauf stehende Haus gleich bei ihrer Ankunft in Hoot Owl’s Roost – oder Hoot’s Roost, wie die Einheimischen die ländliche Gemeinde nannten, entdeckt. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, und sie wollte das Geld zum Kauf zusammenkratzen – selbstständig und ohne die unliebsame Einmischung ihrer überfürsorglichen Brüder, die wahrscheinlich tausend Dinge an dem Haus auszusetzen hätten.

Der Umzug nach Oklahoma war ihr persönlicher Befreiungsschlag von ebendiesen wohlmeinenden, aber sie mit Bemutterungsaktionen erstickenden Brüdern. Laura wollte sich selbst und ihren Brüdern beweisen, dass sie ihr Leben im Griff hatte und auch ohne ständige Einmischung die richtigen Entscheidungen traf. Und es gab noch einen weiteren Punkt, warum dieser Sommerjob bei Wade für Laura so wichtig war. Sie würde ihren Brüdern beweisen, dass sie sich sehr wohl in der Nähe eines fremden Mannes bewegen konnte – eines Mannes, den ihre Brüder ausnahmsweise mal nicht überprüft und durchleuchtet hatten –, ohne sich gleich Hals über Kopf in ihn zu verlieben.

„Laura?“

Sie blickte über die Schulter und sah Quint und Vance den Hügel hinunter auf sie zuschlendern. Sie sahen so unverschämt gut aus, dass es verboten sein müsste. Ihr Lächeln war von jener Sorte, die jedes weibliche Wesen von acht bis achtzig auf der Stelle zum Schmelzen brachte. Das glänzende rabenschwarze Haar und diese muskulösen, in Jeans und Leder verpackten Körper boten die reinste Augenweide. Doch in Lauras Augen war Wade Ryder der größte, schlimmste und gefährlichste Herzensbrecher der gesamten Truppe. Und warum? Sie hatte einen Anflug von Verletzlichkeit und Verschlossenheit in ihm erkannt – Gefühle, die sie selbst gut nachempfinden konnte. Das ließ ihn so menschlich erscheinen, was ihr wie ein wohltuender Gegensatz zu ihren stets so überperfekten Brüdern erschien, neben denen selbst Mary Poppins wie eine Schlampe erschienen wäre.

„Sie haben den Job“, verkündete Quint. „Wir haben Ihr Gepäck in eins der Gästezimmer gestellt. Gegen Ende der Woche kommen wir mal vorbei, um nach Wade zu sehen und zu schauen, wie Sie mit ihm zurechtkommen.“

Laura lächelte dankbar. „Ich bin sicher, er wird sich freuen, wenn Sie ihm Gesellschaft leisten. Und während seiner Genesung werde ich dafür sorgen, dass sein Haushalt tipptopp weiterläuft.“

Vance grinste breit. „Ab und zu sollten Sie ihm eine Massage anbieten“, schlug er vor. „Ihm tun alle Glieder weh, seit mein Bulle über ihn drübergewalzt ist.“

„Außerdem könnte Wades Heim einen freundlichen Touch vertragen“, fügte Quint mit einem Lächeln hinzu. „Sie wissen schon, ein paar Wildblumensträuße, weit geöffnete Fenster, viel Licht, frische Luft und so weiter.“

„Und Sie sollten alles ein bisschen umdekorieren“, meinte Vance. „Seit Jahren hat sich in dem Haus nichts mehr verändert. Wenn die Möbel umgestellt werden, hebt das vielleicht seine Stimmung ein wenig.“

Laura runzelte die Stirn, als die Ryder-Cousins amüsierte Blicke tauschten. „Klar. Kein Problem. Wird gemacht.“

„Na, dann werden wir wieder an die Arbeit gehen, damit Sie und Wade sich beschnuppern können.“ Quint tippte sich an die Krempe seines Huts und nickte höflich. „Bis die Tage. Wir kommen dann und impfen Wades Herde für ihn.“

„Tschüss, Laura“, sagte Vance grinsend und winkte.

Als die Männer in ihren signalroten Pick-up kletterten und in einer Staubwolke davonrasten, straffte Laura entschlossen die Schultern und ging zurück zum Haus, um ihre Sachen auszupacken. Sie würde hilfsbereit und fröhlich sein und Wade beweisen, dass sie kein Eindringling in seinem Haus war. Er würde nichts an ihr auszusetzen haben, schwor sie sich. Sie würde ihren Job ernst nehmen und sich ihr Geld durch harte Arbeit verdienen.

Es würde sich wohl ähnlich entwickeln wie die erste Woche eines neuen Schuljahrs, dachte sie, während sie auf das lang gestreckte, auf dem Hügel thronende Steinhaus im Ranchstil zusteuerte. Sie und die Schüler brauchten immer einige Tage, um sich gegenseitig kennenzulernen. Ihre Schüler mussten sich auf ihren Unterrichtsstil einstellen, und sie brauchte eine Woche, um die unterschiedlichen Persönlichkeiten der neuen Schülerschar einzuschätzen und herauszufinden, wie sie sie am besten nehmen musste. Bei Wade Ryder war es nicht anders. Binnen einer Woche würde sie herausfinden, wie sie mit ihm umzugehen und ihren Job zu erledigen hatte. Auf der Ranch würde alles laufen wie geschmiert, beruhigte sie sich.

Entschieden zwang sich Laura ein Lächeln aufs Gesicht und trat ins Haus. Wade saß noch immer in dem riesigen Ledersessel in seinem sehr maskulin wirkenden, nüchternen Wohnzimmer. Die Dekorationen im Ranchstil – Landschaftsgemälde, die sanfte Hügel, rustikale Scheunen und grasende Herden zeigten – passten zu diesem kernigen Rancher, fand Laura. Dem Zimmer fehlte jedoch jegliche weibliche Handschrift, und die schweren Vorhänge waren bis auf das Fenster neben der Haustür zugezogen. Sie beschloss, Vance und Quints Vorschlag aufzugreifen, diesem düsteren Zimmer ein freundlicheres, einladenderes Aussehen zu verleihen.

„Was, zum Teufel, haben Sie in den drei Särgen versteckt, die meine Cousins hier reingeschleppt haben? Leichen etwa?“, fragte Wade schroff.

Die höhnische Bemerkung und der barsche Ton, in dem sie geäußert wurde, ließ Lauras Lächeln auf der Stelle verschwinden. Mitten im Schritt blieb sie stehen. „Särge?“, wiederholte sie verwundert.

„Ja, diese sarggroßen Koffer“, sagte er und verzog schmerzhaft das Gesicht, als er sich zur Seite beugte, um ein Glas Eiswasser vom Beistelltisch zu greifen. „Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte, das hier ist eine Ranch und kein Schickimicki-Hotel, in dem man haufenweise feine Klamotten zu förmlichen Veranstaltungen spazieren führt. Alte Jeans und T-Shirts sind alles, was Sie hier brauchen.“

Seine gehässige Anspielung, dass ihre in den – seiner Bezeichnung nach – sarggroßen Koffern steckende Country-Club-Garderobe unpassend für ihren neuen Job wäre, ließ Laura unwillkürlich zusammenzucken. Wenn Wade beabsichtigt hatte, sie zu verletzen, hatte er sein Ziel erreicht. Es stimmte zwar, dass sie aus privilegierten Verhältnissen stammte, doch weder protzte sie je mit ihrem Reichtum, noch hielt sie sich für etwas Besseres als andere. Ein Blick in Wades Richtung zeigte ihr jedoch, dass er dachte, sie hielte sich für eine Prinzessin und habe in ihrem ganzen Leben noch keinen Finger krumm gemacht. Eine Annahme, die absolut nicht der Wahrheit entsprach. Sie und ihre Brüder arbeiteten hart und waren stolz darauf. Wade besaß kein Recht, sich ein Urteil über sie zu erlauben, wo sie sich gerade erst vor ein paar Minuten kennengelernt hatten.

Mann, der Typ war wirklich eine harte Nuss! Mochte er auch aussehen wie ein Gott, er benahm sich wie der Teufel persönlich!

„Ich gehe meine Koffer auspacken“, murmelte sie und durchquerte hastig das riesige Zimmer.

„Das dürfte ja wohl den Rest des Tages in Anspruch nehmen“, erwiderte er gehässig und grinste hämisch. „Dass Sie da noch Zeit einschieben, um was fürs Abendessen auf den Tisch zu bringen, muss ich mir wohl abschminken.“

Bei seiner bissigen Bemerkung blieb Laura abrupt stehen. Sie wandte den Kopf und blickte ihm in seine funkelnden grünen Augen, in denen sie Missbilligung und Feindseligkeit lesen konnte. „Ich werde kochen, putzen und dafür Sorge tragen, dass Sie sich während Ihrer Genesung schonen, Mr. Ryder“, sagte sie in exakt demselben Ton, den sie gewöhnlich für vorlaute Schüler reservierte. „Das Abendessen wird selbstverständlich serviert. Um wie viel Uhr essen Sie gewöhnlich?“

Er schnaubte, als hätte sie eine dumme Frage gestellt. „Das hier ist eine Ranch, Seymour. Sie haben offensichtlich noch keinen Fuß auf eine gesetzt, denn sonst wüssten Sie, dass Essens­zeiten sich immer nach der Arbeit richten, die es zu erledigen gibt.“

Sie schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln. „Und Sie werden ganz offensichtlich in absehbarer Zeit nicht imstande sein, Ihre gewohnten Arbeiten zu erledigen.“ Auf ihre schlagfertige Antwort hin legte er die mit Schürfwunden übersäte Stirn in Falten, wie sie mit leiser Befriedigung registrierte. „Also können wir sehr wohl feste Essenszeiten einrichten. Sie können sich dann darauf verlassen, dass die Mahlzeit pünktlich auf dem Tisch steht. Daher noch einmal meine Frage, Mr. Ryder. Wann wollen Sie heute Abend essen?“

„Viertel vor sieben“, brummte er und befeuchtete seine Kehle mit einem Schluck Eiswasser.

Laura hätte schwören können, dass selbige Flüssigkeit auch durch seine Adern floss. Was für ein mürrischer Bär er doch war! Jede Pore seines Körpers verströmte einen geradezu unverschämten Sex-Appeal, doch seine Laune glich der eines angeschossenen Grizzlys, und er gab sich nicht die geringste Mühe, dass sie sich in seinem Haus willkommen und gebraucht fühlte.

„Schön, Viertel vor sieben dann“, sagte sie.

„Gut. Ich esse hier … in meinem Sessel … allein.“

Er ließ keinen Zweifel daran, dass er ihre Gesellschaft weder schätzte noch brauchte. Nicht etwa, dass es ihr etwas ausgemacht hätte. Sie würde es sogar vorziehen, inmitten einer ganzen eine Essensschlacht veranstaltenden Schülerhorde zu essen als gemeinsam mit ihm.

Als sie sich entfernte, drehte er die Lautstärke des Fernsehers auf, in dem ein alter Western mit John Wayne lief. Falls er sie damit ärgern wollte, musste sie ihn diesmal enttäuschen. Sie war schon seit jeher ein Fan von John Wayne, und Der Mann, der Liberty Valance erschoss war einer ihrer Lieblingsfilme mit ihm.

Wade Ryder stand Liberty Valance in nichts nach, dachte sie, als sie den Flur entlangging. Beide waren böse und gemein – und beide hatten eine Lektion mit der Flinte verdient.

2. KAPITEL

Laura räumte ihre Dessous und Socken sorgfältig in die leere Kommode und hängte ihre Kleider in den begehbaren Schrank. Dabei überlegte sie, wie sie das Wohnzimmer ein wenig hübscher gestalten könnte. Jedenfalls würde sie dafür sorgen, dass mehr Licht in den düsteren Raum fiele, sie würde Duftkerzen und Potpourri auf den Beistelltischen verteilen und Vasen mit Wildblumen aufstellen. Vor allem würde sie die Möbel umstellen, um den Raum harmonischer zu gestalten.

Nachdem sie schließlich ihre Koffer in einem Winkel des Schranks verstaut hatte, trabte sie los, um die Küche in Augenschein zu nehmen und nachzuschauen, welche Zutaten fürs Abendessen vorhanden waren. Zu ihrer Freude fand sie eine ultramoderne Küche vor, doch das wilde Durcheinander in den Vorratsschränken beleidigte ihren Ordnungssinn. Sofort begann sie, die Schachteln, Dosen und Gläser in alphabetischer Reihenfolge zu sortieren, damit beim Kochen alles ohne lange Sucherei griffbereit wäre.

Sie hatte gerade die Hälfte eingeräumt, als Wade auf seinen Krücken in die Küche humpelte und sich gegen den Türrahmen lehnte. „Was, zum Teufel, machen Sie da?“ Er brüllte fast.

Da sie nicht die Absicht hatte, sich von ihm aus der Fassung bringen zu lassen, drehte sie sich zu ihm um und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Ich organisiere die Küche neu.“

„Es war gut so, wie es war. Jetzt werde ich garantiert nichts mehr finden.“

„Das brauchen Sie ja auch nicht, denn in den nächsten sechs bis acht Wochen bin ich für den Küchendienst zuständig“, erinnerte sie ihn in bemüht neutralem Ton – was ihr nicht gerade leichtfiel angesichts seiner finsteren Miene.

„Sie arbeiten zwar hier, aber übernehmen keineswegs das Kommando“, knurrte er. „Stellen Sie alles wieder an den alten Platz … sofort.“

Trotz seines lädierten Zustandes wirkte der Kerl immer noch einschüchternd genug. Laura zwang sich, nicht einfach wieder zurückzuweichen, wie sie es bei der ersten Begegnung getan hatte. Sie beschloss, sein Benehmen als Herausforderung anzunehmen, um zu lernen, ihren eigenen Standpunkt zu vertreten. Keine reizende Brüderschar stand mehr im Hintergrund, spielte sich als Beschützer auf und mischte sich in ihr Leben ein. Die neue Stelle als Lehrerin hatte sie ganz allein gefunden, und zum ersten Mal in ihrem fünfundzwanzigjährigen Leben übernahm sie selbst die alleinige Verantwortung für ihr Tun. Wade war nur eine Art Nagelprobe ihrer Entschlossenheit, und sie hatte nicht die Absicht, sich von ihm einschüchtern zu lassen.

„Wenn meine Arbeit hier beendet ist, werde ich die Küche wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen.“ Sie deutete auf die Schränke. „Ich werde die Regale wieder völlig planlos vollstopfen, damit Sie viel Zeit mit Sucherei verlieren. Zufrieden, Mr. Ryder?“

„Nein“, murmelte er und warf ihr einen verärgerten Blick zu.

Sie ignorierte seine Feindseligkeit und wandte sich erneut ihrer Aufgabe zu, Produkte, die mit N anfingen, einzusortieren. Einige Augenblicke herrschte Stille, während sie sich durch O und P arbeitete, Q übersprang und dann eine Packung Reis auf das Regal stellte.

„Wo kommen Sie her, Seymour? Dem Klang nach stammen Sie nicht aus Oklahoma.“

„Colorado.“ Sie platzierte die Spaghettisoße neben den Reis.

„Was ist passiert? Hat die dortige Schulbehörde Sie gefeuert, und Sie sind dann geflohen, um woanders anzuheuern, wo Ihr Ruf noch nicht ruiniert ist?“

Laura wirbelte herum und biss fest die Zähne zusammen, als sie Wades unverschämtes Grinsen sah. Der Kerl ahnte wohl nicht, wie knapp er gerade einem zielgerichteten Wurf mit einem Glas Spaghettisoße zwischen seine moosgrünen Augen entgangen war. „Keineswegs, ich komme mit den besten Empfehlungen meines Direktors.“

Wieso verteidigte sie sich überhaupt? Sie war ihm absolut keine Erklärung schuldig, und er verdiente auch keine. Normalerweise kam sie prima mit ihren Mitmenschen aus, die meisten fühlten sich von ihrer freundlichen, entgegenkommenden Art angezogen – mit Ausnahme von Mr. Miesepeter. Es schien ihm eine diebische Freude zu bereiten, sie zu provozieren.

„Kann ich mir vorstellen, dass Sie mit tausend Empfehlungen hergekommen sind“, erwiderte er in anzüglichem Ton. „Hat die Frau des Direktors gegen die Konkurrenz protestiert? Haben Sie sich vom Acker gemacht, bevor sie Ihnen einen scharlachroten Buchstaben auf die Stirn pressen konnte?“

Laura zitterte vor Entrüstung. Der Dreckskerl besaß tatsächlich die Unverschämtheit, ihren Charakter anzuzweifeln, sie nach seinen eigenen miesen Maßstäben zu beurteilen und sie mit einem Wimpernschlag abzuqualifizieren. „Ich hatte keine Affäre mit meinem Direktor“, erwiderte sie zornig. „Nur zu Ihrer Information, mein Direktor war eine Sie!“

„Igitt, das ist ja noch schlimmer“, sagte er in angewidertem Ton.

Der Mann war unerträglich! „Nicht, dass es Sie etwas anginge, aber ich bin hergekommen, um unabhängig zu sein und in der gleichen Schule wie meine Zimmergenossin vom College zu arbeiten“, erwiderte sie und brüllte dabei beinahe.

Wade schüttelte seinen zerzausten rabenschwarzen Schopf. „Dann hab ich einen Tipp für Sie, Seymour. Der Schulrat wird sicherlich etwas dagegen haben, wenn Sie Ihre Affäre mit Ihrer Kommilitonin wieder aufwärmen.“

Laura wusste nicht, was in sie gefahren war, dass sie so heftig auf seine Sticheleien reagierte. Ihre während langer Jahre im Umgang mit renitenten Schülern geschulte Selbstbeherrschung ließ sie völlig im Stich. Noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, flog das Paket Salz, das sie gerade in der Hand gehalten hatte, quer durch den Raum und prallte Wade mit voller Wucht vor die Brust. Mit stockendem Atem verfolgte sie, wie Wade die auf den Boden plumpsende Packung anstarrte. Dann richtete er seinen vernichtenden Blick auf sie, und ihr schoss vor Wut die Röte ins Gesicht. Verdammt, sie hatte sich von ihm aus der Reserve locken lassen.

Schwerfällig beugte sich Wade vor, um die Packung Salz aufzuheben, und warf sie ihr wieder zu. „Sie sind wohl der Ansicht, dass ich noch an zu vielen Körperteilen heil bin, was?“

Beschämt über ihre Tat stöhnte sie auf und mied seinen spöttischen Blick.

„Ich wette, Ihr Arbeitszeugnis verschweigt, dass Sie zu Tätlichkeiten neigen, wenn Sie provoziert werden. Wie viele Schüler haben Sie schon zu Boden gestreckt, Seymour?“

Laura zitterte vor Wut. Eine Überdosis Adrenalin ließ das Herz in ihrer Brust hämmern. Sie hätte diesem Widerling an die Gurgel springen und ihn dafür erwürgen können, dass er sie dazu gebracht hatte, sich dermaßen gehen zu lassen. Das passierte ihr doch sonst nie. Aber nun war dieser Teufel in Person, Wade Ryder, Zeuge geworden, wie sie vollkommen die Beherrschung verloren hatte.

„Sie werden jetzt doch nicht zu allem Überfluss auch noch anfangen zu flennen, oder?“, stichelte er. „Wenn Sie beabsichtigen, hier täglich die Tränenschleusen zu öffnen, muss ich sehen, dass ich schleunigst eine Versicherung gegen Flutschäden abschließe.“

„Den Gefallen werde ich Ihnen nicht tun“, zischte sie. „Gehen Sie endlich.“

„Nein, das ist mein Haus und meine Küche.“

„Na schön, dann kün…“ Laura klappte so schnell den Mund zu, dass sie sich fast die Zungenspitze abgebissen hätte. Egal, was der Kerl auch zu ihr sagen mochte – egal, wie oft er sie auch beleidigen und kränken würde, eins stand fest: Kündigen würde sie nicht. Sie wollte diesen Job. Sie brauchte diesen Job.

Herausfordernd hob er seine dunkle Braue: „Ja, Seymour? Was sagten Sie gerade?“

Auch wenn Laura vielleicht kein Genie war, so war sie doch klug genug, zu begreifen, dass Wade Ryder sie a) nicht mochte, b) nicht wollte, dass sie in seine Privatsphäre eindrang und c) versuchte, sie gleich am ersten Tag dazu zu bringen, ihren Job zu schmeißen. Noch war ihr nicht klar, warum er unbedingt wollte, dass sie ging, denn dafür kannte sie ihn nicht gut genug. Aber schon allein aus reinem Widerspruchsgeist würde sie dem gemeinen Rancher keinesfalls den Gefallen tun zu kündigen. Nein, sie war keine, die einfach aufgab. Das hatte sie bereits an der elitären Privatschule in Colorado bewiesen, an der sie sich vier Jahre lang mit schwierigen Schülern hatte herumschlagen müssen – die Stelle hatte sie damals deshalb bekommen, weil ihre Brüder ein paar Beziehungen hatten spielen lassen …

Der Gedanke daran bestärkte sie in ihrem Entschluss. Egal, wie sehr er sie auch ärgern mochte – und das gelang ihm schon jetzt sehr gut – sie würde ihren Job nicht schmeißen. Sie würde bleiben – und sei es nur, um ihn damit zu ärgern.

„Ich kündige nicht“, erwiderte sie, straffte die Schultern und reckte das Kinn. Auch wenn ihr Zittern möglicherweise den selbstsicheren Eindruck untergrub, sie würde schon noch lernen, mit dem Mistkerl fertig zu werden. Jetzt, da sie wusste, dass er es darauf anlegte, sie loszuwerden, würde sie ihn einfach nicht mehr ernst nehmen. Er würde sich noch wundern, denn mit ein wenig Anstrengung würde sie sich genauso eklig verhalten wie er.

„Wenn Sie nicht kündigen, sollten Sie sich warm anziehen“, erwiderte er höhnisch. „Ich habe nicht die Absicht, es Ihnen leicht zu machen.“

„Warum? Weil es Ihnen Ihr mürrischer, griesgrämiger Charakter verbietet, freundlich zu sein?“

Wade zuckte mit keiner Wimper, als sie ihn betont breit anlächelte. Hastig wandte sie sich ab und nahm das alphabetische Einsortieren der Vorräte wieder auf. Er kam sich vor wie ein Verbrecher, weil er Laura provoziert hatte. Sein Gewissen – das er zu ignorieren versuchte – lief lautstark Amok und beschimpfte ihn wegen seines schrecklichen Benehmens.

Im Stillen zog er den Hut vor ihrem Organisationstalent, von dem sich selbst das Weiße Haus noch eine Scheibe abschneiden könnte. Verdammt, die Frau würde es wahrscheinlich sogar schaffen, ein ganzes kleines Land zu regieren und trotzdem jede Woche ein paar Tage freizumachen. Doch wenn seine Strategie, Miss Versuchung aus dem Haus zu treiben, Erfolg haben sollte, durfte er ihr weder Komplimente machen noch eine Verschnaufpause gönnen.

Eine Entschuldigung lag ihm auf den Lippen, allerdings weigerte er sich, sie laut auszusprechen. Denn Nettigkeit würde ihm ganz bestimmt nicht zum gewünschten Ergebnis verhelfen. Verdammt, allein Laura Seymours schiere Nähe in ihren engen, wie angegossen sitzenden Jeans und ihrem rosa Pulli, der die üppigen Wölbungen ihrer Brüste betonte, bereitete ihm Schweißausbrüche. Der Duft ihres Parfums lockte ihn, zu ihr hinüberzugehen und an ihr zu schnuppern, und wie gerne hätte er die verführerischen Konturen ihres göttlichen Körpers mit seinen Händen erkundet.

Verflixt und zugenäht! Warum, in aller Welt, musste ausgerechnet sie engagiert werden, ihm den Haushalt zu führen, für ihn zu kochen und ihn mit Getränken zu versorgen …? Getränke, das war genau das richtige Stichwort! Nach ein paar ordentlichen Drinks würde ihn die Göttin in Designerjeans bestimmt nicht mehr jucken.

Wade durchquerte humpelnd den Raum und reckte sich zum obersten Regal hinauf, um eine Flasche Whiskey herunterzuholen. Aus Versehen stieß er mit Laura zusammen, als sie die Packung Teebeutel griff, um sie neben der Spaghettisoße zu platzieren. Ihre Brüste streiften seinen linken Arm, und Wade schnappte nach Luft – der zitronige Duft, der ihn schon die ganze Zeit über verrückt gemacht hatte, traf ihn mit voller Wucht.

Als er hinunterschaute, sah er direkt in ihre himmelblauen, von langen, dichten Wimpern umkränzten Augen. Dann glitt sein Blick weiter hinunter zu dem verführerischen Stück Brustansatz, das sich in ihrem V-Ausschnitt abzeichnete. Schuldbewusst wie ein kleiner Junge, der mit der Hand in der Keksdose – oder wo auch immer – erwischt worden war, hob er schnell wieder den Blick. Denn er wusste, dass sie wusste, was seine Aufmerksamkeit in dem Moment gefesselt hatte. Ihre vollen Lippen waren nur Zentimeter von seinen entfernt. Wade wagte es nicht einmal, Luft zu holen, aus Angst, ihren Duft so tief einzusaugen, dass er dem wahnsinnigen Verlangen, sie zu küssen, nicht länger würde widerstehen können und herausfände, dass sie ebenso gut schmeckte wie sie aussah. Oh Gott! Er hatte doch gleich gewusst, sie brachte nichts als Ärger!

„Was tun Sie da?“, fragte sie mit gepresster Stimme, und eine zarte Röte breitete sich auf ihren Wangen aus.

Dich abchecken, obwohl es das Letzte ist, was ich tun wollte, antwortete die Stimme der Wahrheit. Doch Wade beschloss, sie zu ignorieren. Er konnte sich prima taub stellen, wenn es darauf ankam. „Was glauben Sie denn, was ich tue?“

Die Röte schoss ihr in die Wangen, während sich ihr Blick auf seinen Mund heftete. Laura deutete zum obersten Regal hinauf, wo seine Hand noch immer mitten in der Luft verharrte. „Falls Sie nach der Whiskeyflasche da oben greifen, ist das keine gute Idee. Schmerzmittel vertragen sich nicht mit Alkohol. Ihr Arzt würde das nicht erlauben, Mr. Ryder.“

„Erstens: Ich habe mir das Schmerzmittel gespart, da es mich nur benebelt.“ Ihren hingemurmelten Einwand, dass sie einen benebelten Zustand einem völlig unleidlichen vorziehen würde, überging er einfach.

„Zweitens: Sie können sich dieses Mister-Getue sparen. Und merken Sie sich – mein Doktor heißt Jack Daniels und macht Hausbesuche.“ Er zog die Flasche vom Regal und stellte sie mit energischem Schwung auf die Küchentheke. „Geben Sie mir zwei Gläser.“

„Ich möchte keinen Drink“, erwiderte sie.

„Das will ich auch nicht hoffen, denn Sie sind im Dienst. Ich will zwei Gläser, eins für jede Hand.“

Sie starrte auf sein linkes, in der Schlinge hängendes Handgelenk. „Sie haben nur eine gesunde Hand“, erinnerte sie ihn.

„Na und? Jetzt geben Sie mir endlich die Gläser.“

Sie rührte sich nicht, sondern starrte ihm unverwandt in die Augen, als ob er einer ihrer widerspenstigen Schüler wäre.

„Na schön, dann hole ich sie eben selbst, was nur ein weiterer Beweis dafür ist, dass Sie überflüssig sind.“

Noch bevor Wade sich nach den Gläsern strecken konnte, hatte sie sie schon vom Regal heruntergeholt und klirrend auf den Tisch gestellt.

„Danke, Frau Lehrerin“, sagte er in nicht gerade höflichem Ton.

„Keine Ursache, Ryder. Aber Sie sollten wissen, dass Sie keine Fleißkärtchen erwerben, wenn Sie Dinge selbst machen. Nach dem Ringkampf mit dem Bullen sollten Sie sich schonen.“

„Das war kein Ringkampf“, entgegnete er.

„Schon gut, wie auch immer Sie es bezeichnen wollen.“ Sie bemerkte, dass sein Kiefer ebenso Blessuren davongetragen hatte wie der Rest seines Körpers.

„Laut Ihrem Cousin haben Sie den Bullen in letzter Sekunde heldenhaft abgelenkt, bevor er Vance und Quint plattmachen konnte. Ich tippe jedoch eher darauf, dass Sie nur versucht haben, aus dem Weg zu springen, damit das tonnenschwere Vieh seine Wut an Ihren Cousins auslassen konnte.“

Vor lauter Wut musste er tief Luft holen – was ihm schmerzlich seine geprellten Rippen in Erinnerung rief. „Ich bin nicht feige weggerannt“, schnaubte er. „Meine Cousins mögen vielleicht sture Nervensägen sein, aber es erschien mir nicht gerade sinnvoll, dass wir alle drei zertrampelt werden und keiner übrig bleibt, der die Arbeit auf unseren Ranches erledigt.“

„Ah, verstehe“, sagte sie betont nachdenklich. „Sie wollten sich eine Ausrede verschaffen, ein paar Tage zu faulenzen und Ihren Cousins die harte Arbeit aufzuhalsen.“

Die Bemerkung brachte ihn endgültig auf die Palme. „Verdammt, nein! Spinnen Sie, Lady?“, schrie er. „Das Letzte, was ich mir wünsche, ist hier untätig herumzuliegen und noch dazu eine Frau im Haus zu haben!“

Wade klappte den Mund zu und verfluchte sich selbst. Es war nie weise, den Gegner in die Karten schauen zu lassen. Falls Laura noch nicht gemerkt hatte, dass er sie um jeden Preis loswerden wollte, so wusste sie es zumindest jetzt.

Sie musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen und wandte sich wieder ihrer alphabetischen Lebensmittelsortierung zu. „Das heißt also, Sie haben Angst vor Frauen, und diese Angst bestimmt Ihr Leben.“

„Nichts dergleichen heißt das“, entgegnete er in schwer beleidigtem Ton. Hastig drehte er die Verschlusskappe des Whiskeys ab und verschüttete absichtlich etwas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit auf der Küchentheke, als er seine Gläser füllte. „Sie glauben, ich hätte Angst vor Ihnen? Vergessen Sie’s. Gegen meine ein Meter neunzig sind Sie ein kleiner Zwerg. Was wollen Sie tun? Mir noch das andere Bein brechen? Wohl kaum!“

„Ich rede nicht von Furcht vor körperlicher Gewalt“, stellte sie klar. „Ich meine die Angst vor Gefühlen.“

„Das ist doch lächerlich“, protestierte er.

Sie griff nach einem Geschirrtuch, um die Whiskeylache aufzuwischen und musterte ihn verstohlen. „Dann soll das wohl heißen, dass Sie Frauen nicht auf die gleiche Weise schätzen, wie es die meisten Männer tun.“

„Wenn Sie mich fragen, ob ich Sex mag, was Sie übrigens gar nichts angeht, so lautet die Antwort: Ja, wie jeder andere heterosexuelle Mann liebe ich Sex. Aber ich will Sex zu meinen Bedingungen. Keine Verpflichtungen, keine Bindung.“

„Das heißt also im Grunde, dass Ihnen Frauen egal sind, Sie aber nichts dagegen haben, sie zur gelegentlichen Triebbefriedigung zu benützen.“

Donnerwetter, klang das kalt und gefühllos. Aber sie hatte den Nagel so ziemlich auf den Kopf getroffen. Dank Bobbie Lynn hatte er keine Frau mehr wirklich an sich herangelassen und es peinlich vermieden, tiefere Gefühle zu entwickeln. „Stimmt“, antwortete er. „Sex ist was völlig Unpersönliches. Man nimmt sich eine Frau, wenn man das Bedürfnis verspürt. Es ist nichts anderes, als einen leeren Tank aufzufüllen.“

Sie unterbrach ihre Arbeit und wandte ihm den Kopf zu. Er sah, dass die Bemerkung sie verletzt hatte, aber das war ihm gerade recht. Er wollte keine Gefühle zu ihr aufbauen, und es war ihm egal, ob sie ihn mochte. Je weniger sie ihn mochte, desto eher würde sie erkennen, dass es ein Fehler war, bei ihm zu arbeiten, und desto eher würde sie wieder verschwinden.

„Das ist wirklich faszinierend“, meinte sie und musterte ihn prüfend aus ihren himmelblauen Augen, sodass seine Knie weich wurden. „Erklären Sie mir bitte, wie Sex etwas Unpersönliches sein soll, wenn der Akt selbst doch dem anderen auf intimste Weise so ziemlich alles offenbart, was man ist?“

Wade griff eine Handvoll Eiswürfel aus dem Gefrierfach, ließ sie in sein Glas plumpsen und trank hastig einen Schluck Whiskey. Das gab ihm Zeit, sich eine Antwort zurechtzulegen. „Na ja, Frau Lehrerin, an dieser Stelle kommen wir nun zum Unterschied zwischen Mann und Frau“, dozierte er herablassend. „Frauen denken, man müsse bedeutsame Gefühle mit Sex verknüpfen, Männer dagegen sind einfach nur scharf auf eine Nummer, weil es sich so verdammt gut anfühlt.“ Er registrierte, dass sich auf ihrem Gesicht Flecken ausbreiteten, daher legte er noch einen drauf. „Entgegen allem Psycho-Experten-Geschwafel ist die Psyche des Mannes überhaupt nicht so schwer zu verstehen. Wir wollen im Leben zwei Dinge. Erstens …“, er schwenkte ausladend sein Jack-Daniels-Glas vor ihrem Gesicht, „eine gute Dosis Sprit, und zweitens, mit einer Frau im Bett landen, wenn sich die Lust meldet.“

Sie war entweder zutiefst beleidigt oder äußerst peinlich berührt, er war sich nicht ganz sicher. Ihr cremefarbener Teint brannte feuerrot und ihre Augen sprühten förmlich Funken.

„Wollen Sie meine Meinung hören?“, fragte sie in einem Ton, der ihn an das Fauchen einer Katze erinnerte.

„Nein, eigentlich nicht.“ Er nahm einen weiteren Schluck aus seinem Glas. „Aber Sie werden es mir wahrscheinlich sowieso sagen, richtig?“

Die Antwort schien ihr den Rest zu geben, denn sie durchbohrte ihn mit ihrem Blick und sagte: „Sie gehören in die Steinzeit, und Ihre Neandertaler-Mentalität stinkt zum Himmel!“

Ungerührt nahm er einen weiteren Schluck. „Sie haben ein Recht auf eine eigene Meinung, Frau Lehrerin, aber kommen Sie nicht heulend angerannt, wenn Sie denken, Sie hätten den Richtigen an der Angel, er dann aber doch nicht all Ihren märchenhaften Erwartungen von Romantik und Liebe entspricht.“

Er zuckte zusammen, als ihr wütender Blick seine rechte das Whiskeyglas haltende Hand fixierte. Noch bevor sie es ausgesprochen hatte, wusste er schon, was sie sagen würde.

„Ist das etwa ein Ehering? Sieht jedenfalls aus wie einer. Warum tragen Sie ihn an der falschen Hand?“, fragte sie im Ton einer autoritären Lehrerin.

„Weil ich die falsche Frau geheiratet habe. Er soll mich ein Leben lang mahnen, nicht noch mal diesen schrecklichen Fehler zu begehen.“

„Ah“, erwiderte sie nachdenklich. „Kein Wunder, dass Sie so viele Komplexe haben. Das erklärt vieles.“

Er erstarrte und blickte sie finster von oben herab an. Das selbstzufriedene Lächeln, das auf ihrem zum Küssen einladenden Mund lag, ärgerte ihn. „Das erklärt nicht die Bohne. Ich habe keine Komplexe.“

„Aber sicher.“ Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. „Offenbar ist Ihr klitzekleines Herzchen gebrochen worden, und jetzt schieben Sie allen Frauen die Schuld zu. Wegen des Verrats einer einzigen Femme fatale. Was hat sie getan? Sie betrogen?“

„Das geht Sie einen Dreck an“, zischte er.

„Deshalb ist auch im ganzen Haus nicht das kleinste bisschen weiblicher Touch zu finden. Sie sind zu einem militanten Frauenhasser mutiert, nicht wahr?“

Sie kam sich so verdammt schlau vor. Zwar hatte sie mit ihrer Einschätzung ins Schwarze getroffen, aber ihm missfiel, wie leicht sie ihn durchschaut hatte.

„Sie haben versucht, im ganzen Haus komplett alle Spuren der Frau zu beseitigen, die Ihr Herz gestohlen hatte.“ Sie stapelte drei Dosen Thunfisch aufeinander und griff dann nach drei Büchsen Truthahnfleisch. „Sie dachten wohl, da Sie einmal vergeblich versucht haben, eine Frau glücklich zu machen, sollten Sie es lieber ganz lassen, stimmt’s? Aufgeben ist natürlich viel bequemer.“

Sie drehte sich zu ihm um, und in ihrem Blick lag wilde Entschlossenheit. „Nur, dass Sie es wissen, ich bin keine, die einfach aufgibt, Mr. Ryder. Egal, wie sehr Sie auch versuchen, mich zu vertreiben. Auf den ersten Blick ist doch klar, dass Sie auf meine Hilfe angewiesen sind, wenn das Haus während Ihrer Genesung in Schuss bleiben soll. Und jetzt legen Sie endlich Ihr gebrochenes Bein hoch, während ich das Abendessen richte. Los, los, raus hier“, befahl sie und scheuchte ihn aus dem Weg. „Sie halten mich nur auf.“

Die unerwartete Wendung der Ereignisse frustrierte Wade dermaßen, dass er erst auf halbem Weg zur Tür merkte, dass er ihr erlaubt hatte, ihn herumzukommandieren. Verdammt! Er hatte der Frau das letzte Wort überlassen. Ein absolutes Ding der Unmöglichkeit.

„Gehen Sie mir einfach aus dem Weg, Frau Lehrerin, dann werde ich auch Ihnen aus dem Weg gehen“, fühlte er sich genötigt zu antworten.

„Schön.“

„Gut!“ Leise fluchend humpelte er auf seinen Krücken aus der Küche.

Flink und behände werkelte Laura in der Küche und kochte ein Abendessen, das Wade – da war sie sich sicher – nicht verschmähen würde. Sie hatte ein ausgewogenes, gesundes und sättigendes Mahl zusammengestellt. Sehr zufrieden mit sich, schritt sie ins Wohnzimmer, wobei sie das unbändige Verlangen verspürte, Wade das Essen lieber über den Kopf zu kippen, statt das Tablett höflich auf seinem Schoß zu platzieren. Zu ihrer Enttäuschung starrte er angewidert auf seinen Teller.

„Was, zum Teufel, ist das?“, fragte er ungläubig.

„Na, das Abendessen. Nach was sieht es wohl aus?“ Laura klopfte sich im Geiste auf die Schulter für ihre Schlagfertigkeit. Sie hatte sich bereits gut darauf programmiert, Wades Einschüchterungsversuche mit blitzschnellen sarkastischen Erwiderungen zu kontern. Nach ein paar Wochen des Umgangs mit ihm würde sie es sicherlich spielend mit jedem Mann aufnehmen. Auch wenn sie in der Vergangenheit ein wenig schüchtern und unsicher gewesen war, da ihre Brüder ständig versucht hatten, Lauras Leben zu planen und an ihrer statt zu reden, so lernte sie doch schnell dazu.

Wade starrte auf das Tablett und hob dann den Kopf. „Haben Sie eigentlich auch nur den Hauch einer Ahnung, wo Sie sich hier befinden, Seymour?“

Verblüfft antwortete sie: „In Oklahoma auf einer Ranch?“

„Schön. Wenn Sie das ganz alleine rausgekriegt haben, ist Ihnen vielleicht auch aufgefallen, dass das hier Rinderzucht­gebiet ist?“

Sie hatte keinen blassen Schimmer, auf was er hinauswollte. „Ja, ich glaube, ich erinnere mich, dass ich eine Herde Rinder auf der Weide habe grasen sehen.“

„Gut, es erleichtert mich sehr zu erfahren, dass Sie nicht blind sind, sondern nur beschränkt.“

Sie spürte, wie sie innerlich zu kochen begann, doch gewaltsam unterdrückte sie ihre wachsende Wut. „Und auf welchen Punkt, falls es überhaupt einen gibt, wollen Sie hinaus?“

Er stach mit der Gabel auf das gefüllte, in Soße geschmorte Hühnchen ein, das vor ihm auf dem Teller lag. „Ich züchte Rinder und unterstütze deshalb die Rindfleisch- und nicht die Geflügelindustrie. Einem Rinderzüchter serviert man kein verdammtes Hühnchen. Oh Mann, Seymour, werden Lehrerdiplome heutzutage an den Höchstbietenden verschleudert?“

„Oh Mann, Ryder, wenn Sie kein Hühnchen essen, was machen denn dann all die gefrorenen Hühnerbrüste in Ihrer Tiefkühltruhe?“

Ein Hitzeschwall jagte durch ihren Körper, als er betont deutlich seinen Blick auf ihren Busen richtete. Es machte ihm offensichtlich Spaß, sie aus der Fassung zu bringen – das vorige Gespräch in der Küche über Sex hatte das bereits deutlich gezeigt. Eigentlich müsste sie sich durch seinen anzüglichen Blick tief beleidigt fühlen. Und keine Frage, wenn ein anderer Mann sie dermaßen aufdringlich angestarrt hätte, wäre sie vor Wut über die Belästigung in die Luft gegangen.

Aus einem unerklärlichen Grund jedoch ließ der glühend heiße, verführerische Schimmer in Wades grünen Augen ihre Sinne verrückt spielen. Überdeutlich empfand sie plötzlich seine Nähe. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie spürte ihn mit allen Sinnen. Seine dunkle, raue Stimme jagte ihr heißkalte Schauer den Rücken hinunter. Sein muskulöser Körper fesselte unwillkürlich ihren Blick und beflügelte ihre weibliche Fantasie. Er sah einfach verdammt gut aus mit seinen rabenschwarzen Haaren, den hypnotisierenden Augen, diesen kantigen, gebräunten Gesichtszügen, den breiten Schultern und muskulösen Cowboyschenkeln. Wade wirkte kraftvoll und unbeugsam, und ihn umgab eine geheimnisvolle Aura, die sie zutiefst fesselte.

Sie versuchte sich einzureden, dass ihre Faszination von seinem Cowboyleben rührte. Schließlich war sie nicht daran gewöhnt, ihre Zeit mit Cowboys zu verbringen. Mit Lehrern, ja. Geschäftsleuten, klar. Nicht jedoch mit solch wilden Macho­kerlen wie Wade Ryder.

„Hallo, jemand zu Hause?“, spottete Wade.

Das Blut schoss ihr mit solcher Wucht in die Wangen, dass sie fürchtete, der plötzliche Druck würde ihr die Schädeldecke sprengen. Er hatte sie dabei ertappt, dass sie ihn unverhohlen beäugt hatte. Noch schlimmer war, dass sie höchstwahrscheinlich ihren Gefallen am Gesehenen nicht hatte verbergen können. Schluss mit dem Unsinn! Sie würde es nicht zulassen, dass sie auch nur das geringste Interesse für diesen Frauen hassenden Cowboy und seine Komplexe entwickelte. Dieser Kerl war die reinste Kraft- und Zeitverschwendung.

„Erde an Seymour“, meldete er sich wieder.

„Was?“, murmelte sie.

„Ich sagte …“, sprach er, jede einzelne Silbe betonend. „So ab und zu mag ich ja dicke, saftige Brüste ganz gerne, aber nicht regelmäßig. Ich esse hauptsächlich Rindfleisch, also behalten Sie das im Hinterkopf, wenn Sie in der Küche herumfuhrwerken und was zusammenbrutzeln, das meinen Hunger stillen soll.“

Herumfuhrwerken? Was zusammenbrutzeln? Sie hatte viel Mühe in das Kochen investiert, verdammt. Sie blickte ihn wütend an, merkte aber sogleich, dass er nur auf einen Ausraster von ihr lauerte. Er wartete geradezu darauf, dass ihr der Kragen platzte, damit er ihr eine weitere Beleidigung an den Kopf knallen konnte, die sie so sehr reizen würde, dass sie kündigte. Aber da konnte er lange warten, schwor sie sich. Sie würde sich keinesfalls von ihm provozieren lassen!

Noch bevor sie zu einer Antwort kam, schob er ihr die beiden leeren Gläser zu. „Machen Sie sich nützlich und füllen Sie sie auf.“ Sie schnappte die Gläser und vermied es peinlichst, dabei seine langen, schlanken Finger zu streifen. „Mit Gift? Sehr gern. Ich bin gleich mit einer tödlichen Dosis wieder da.“

Wade blickte ihr nach, als sie mit energisch wackelnden Hüften verschwand. Er seufzte erleichtert. Danke, lieber Gott! Er hatte eine Pause dringend nötig. Der Anblick ihres wohlgeformten Oberkörpers und ihr Erröten hatte alles in ihm in Aufruhr versetzt. Das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen – schon gar nicht in seinem Zustand. Als sie ihn von Kopf bis Fuß gemustert hatte, war ihm unmissverständlich klar geworden, dass keineswegs alle Teile seines Körpers außer Funktion gesetzt waren. Hätte nicht das Tablett auf seinem Schoß gelegen, Laura hätte seine Erregung bemerkt und ihn sicherlich gnadenlos damit aufgezogen.

Er verfluchte die Gefühle, die Laura in ihm weckte, ebenso wie seine Reaktion darauf – und wie seine Gedanken sich in erotischen Fantasien verloren, sobald Laura sich ihm auch nur auf drei Meter näherte.

Auf der Stelle beschloss er, seinen Cousins auf keinen Fall einen schnellen, schmerzlosen Tod zu gönnen, als Strafe dafür, dass sie Laura einfach auf seiner Türschwelle abgeladen hatten. Nein, er würde sie zum Beispiel über offenem Feuer grillen … oder sie von einem galoppierenden Pferd um die Ranch schleifen lassen … oder sie gefesselt auf einen Feuerameisenhaufen legen.

Als Wade hörte, dass Laura zurückkehrte, heuchelte er brennendes Interesse für das Fernsehprogramm. Sie knallte die Gläser mit dem Whiskey vor ihm auf das Tablett. „Das hat aber lange gedauert“, raunzte er.

„Ich musste im Schrank erst nach dem Schierling und dem Arsen suchen“, erwiderte sie schnippisch. „Hier, suchen Sie sich ein Gift aus. Sonst noch was, Eure missgelaunte Hoheit?“

Mit der Hand wedelnd scheuchte er sie davon. „Das reicht erst mal.“

„Das will ich hoffen.“ Sie deutete zur Küche hinüber. „Ansonsten müsste ich Nachschub besorgen, denn das Gift ist ausgegangen. Ist mal wieder typisch Pech, dass ich hier mit dem Kerl herumhocke, der sich aus purer Bosheit weigert, nach ein paar tödlichen Portionen einfach umzukippen und den Löffel abzugeben.“

3. KAPITEL

Als Laura von dannen stürmte, verzog Wade unwillkürlich den Mund zu einem Lächeln. Wer hätte gedacht, dass die schüchterne kleine Lehrerin, die er erst vor wenigen Stunden kennengelernt hatte, eine so schlagfertige Zunge und solch spritzigen Humor besaß? Das machte es zwar nicht gerade leichter, sie loszuwerden, doch die Herausforderung wurde entschieden amüsanter.

Wade dachte zurück an die Zeit mit Bobbie Lynn. Wenn er es gewagt hatte, seinen ironischen Ton an ihr auszuprobieren, hatte sie jedes Mal gleich angefangen zu flennen, bis ihr die Wimperntusche wie flüssiger Teer über die mit Make-up verkleisterten Wangen strömte. Laura Seymours Gesicht hingegen war nicht mit verschmierter Mascara verunstaltet, denn sie trug keine Kriegsbemalung. Sie besaß jene Art natürlicher Schönheit und makellose Haut, die Bobbie Lynn auf künstlichem Wege zu erreichen versucht hatte.

Oh Mann, er konnte es sich einfach nicht erklären, warum er diese Frau überhaupt geheiratet hatte. Ständig hatte sie sich über die Einsamkeit des Ranchlebens beklagt. Für Zärtlichkeiten hatte sie Gegenleistungen gefordert und ihn – wie einen Esel mit vor der Nase baumelnder Karotte – mit Sex zu manipulieren versucht. Dumm wie er gewesen war, hatte er versucht, sie glücklich zu machen, hatte ihr gegenüber nachgegeben, hatte versucht, die Ehe zu retten, denn wenn die Ryders heirateten, dann nur fürs Leben. Zumindest traf das auf seine Eltern und die Eltern von Vance, Quint und Gage zu. Alle vier Ryder-Brüder der älteren Generation hatten ihre Liebe fürs Leben gefunden und vier Ryder-Cousins in die Welt gesetzt, von denen allerdings bisher noch keiner seine Seelenverwandte gefunden hatte.

Vielleicht übersprang die Liebe ja eine Generation, grübelte Wade. Er war der Einzige der Ryder-Cousins, der in den Hafen der Ehe gelaufen war. Allerdings war er dabei grandios gescheitert. Er war ein solch blinder Idiot gewesen, hatte natürlich als Letzter mitgekriegt, dass Bobbie Lynn ihn nach Strich und Faden betrogen und wie eine Weihnachtsgans ausgenommen hatte. Sie hatte sich fröhlich nach Dallas abgesetzt, und er hatte allein mit der Scham und dem Kleinstadtgetratsche zurechtkommen müssen, das sich wie ein Lauffeuer verbreitet hatte.

Wade hatte Doppelschichten gearbeitet, um das finanzielle Desaster zu bereinigen, das ihm seine Frau hinterlassen hatte. Er hatte seine Lektion jedenfalls gelernt. Wenn man nicht aufpasste, nutzten Frauen schamlos jede Chance, einen über den Tisch zu ziehen.

Die Erinnerung an seine Ex bestärkte ihn in seinem Vorsatz, einer Frau nie wieder die Chance zu geben, ihn zu betrügen oder zu verletzen. Ohne Frau war er einfach besser dran. Ja, er würde Laura weiter schikanieren, bis sie die Waffen strecken und verschwinden würde – und zwar auf Nimmerwiedersehen. Er hatte schon genug Probleme, sich von den Folgen des schlimmen Unfalls zu erholen. Da hatte er absolut keine Lust, sich auf ein zweifelhaftes Spiel mit einer Frau einzulassen.

Wade hatte auf die harte Tour gelernt, dass Frauen stets mit gezinkten Karten spielten. Dennoch schlichen sich ständig Gedanken an Laura in seinen Kopf, als er am Abend zu Bett ging. Sie war im Zimmer nebenan und zog sich vermutlich gerade aus. Diese weiche, zarte Haut …

Innerlich verfluchte er seine ungezügelten Gedanken, kämpfte sich mühsam aus seinen Jeans und ließ sich aufs Bett plumpsen. Als er unter dem Türspalt einen Schatten wahrnahm, zog er sich hastig seine Bettdecke über den Schoß.

Finster starrte er Laura entgegen, die ohne anzuklopfen einfach in sein Zimmer trat. „Klopfen Sie beim nächsten Mal gefälligst an“, zischte er.

„Tut mir leid.“ Ihr Blick wanderte von seinen Beinen über seinen nackten Oberkörper und hinauf zu seinem Gesicht. Sie errötete, trat dann aber mutig näher. „Ich dachte, eine Massage würde Ihnen vielleicht helfen, sich zu entspannen.“

Wade sprang fast an die Decke, als sie ihre Hände auf seine verspannten Halsmuskeln legte. „Fassen Sie mich nicht an!“

Sie zog die Hände zurück, als hätte sie sich die Finger verbrannt. „Ich versuche nur, meine Arbeit zu tun“, erklärte sie, während ihr Blick sich wieder auf seinen Brustkorb richtete.

„Gehen Sie, und tun Sie das woanders.“ Verzweifelt presste er die Bettdecke auf seine Hüften. „Ich brauche keine Massage.“

„Sie scheinen mir aber sehr verspannt zu sein“, sagte sie.

„Könnte daran liegen, dass Sie einfach in meine Privatsphäre eindringen, während ich halb nackt hier liege“, murmelte er, um seinen männlichen Stolz besorgt. Er wollte nicht, dass Laura, die vor Gesundheit und Schönheit nur so strotzte, seinen lädierten, übel zugerichteten Körper zu Gesicht bekam.

Sie musterte ihn einen Moment nachdenklich, dann lächelte sie ihn an, offenbar unbeeindruckt von seiner finsteren Miene. „Wissen Sie was, Ryder?“

„Nein, was, Seymour?“, fragte er und spürte, wie ihn ihr bezauberndes Lächeln verunsicherte.

„Ich glaube noch immer, dass Sie Angst vor mir haben“, sagte sie in neckischem Ton. „Und wissen Sie, was noch?“

„Ich gebe auf. Was noch?“, fragte er und wünschte, sie würde endlich aus seinem Zimmer verschwinden und ihn in Ruhe lassen.

„Ich werde Sie während meines Aufenthaltes mit Freundlichkeit geradezu zu Tode richten. Egal, wie gemein Sie sich mir gegenüber verhalten, Sie werden nicht das Mindeste an meiner Arbeit auszusetzen haben.“

„Wie sollte ich auch, wenn ich tot bin“, erwiderte er.

Er hatte nicht beabsichtigt, sie mit der Bemerkung zu amüsieren. Das hatte er aber offenbar, denn sie grinste. „Na, dann gute Nacht. Wenn Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie einfach. Wenn Sie morgen aufstehen, steht das Frühstück schon für Sie bereit.“

Nachdem sie sein Zimmer verlassen hatte, fuhr sich Wade seufzend mit der Hand durchs Haar. Er war sich nicht sicher, ob er weiter würde Abneigung heucheln können, wo er ihrem entwaffnenden Lächeln und ihrer sympathischen Art zunehmend verfiel.

Als er sich vorsichtig auf dem Bett ausstreckte, schärfte er sich ein, ihr noch distanzierter und unnahbarer zu begegnen. Er versuchte, sich zu konzentrieren, um einen Schlachtplan zu entwerfen, mit dessen Hilfe er sich Laura vom Leib halten konnte, doch er war zu erschöpft. Rücklings auf seinem Bett ausgestreckt schlief er ein, während verbotene Fantasien durch seinen Kopf schwirrten.

Als Wade am nächsten Morgen auf seiner Krücke in die Küche humpelte, hatte Laura bereits eine Maschine Wäsche gewaschen, in den Trockner gesteckt und sortiert. Außerdem hatte sie Speck und Pfannkuchen im Ofen warm gestellt.

„Morgen“, begrüßte sie ihn fröhlich.

Wade murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und deutete ins Wohnzimmer hinüber. Sie nahm an, er wollte in seinem Sessel frühstücken, also richtete sie ihm einen Teller. Zu ihrer Überraschung riss er keinerlei Witze über ihre Kochkünste, sondern schlang das Essen hinunter und verlangte sogar einen Nachschlag. Obwohl er klargestellt hatte, dass er während der Mahlzeiten keine Gesellschaft duldete, schnappte sich Laura ein Staubtuch und nahm sich die Möbel im Wohnzimmer vor.

„Ihre Ranch gefällt mir“, begann sie im Plauderton.

„Sie gehört mir, und das soll auch so bleiben“, erwiderte er und warf ihr unter zusammengekniffenen dunklen Brauen einen düsteren Blick zu.

„Ach, wie schade, und ich hatte Ihnen gerade schon einen Scheck ausstellen wollen“, sagte sie fröhlich.

„Könnte ich noch etwas von dem Orangensaft haben, bi…“ Er klappte den Mund zu und starrte sie grimmig an.

„Sicher.“ Sie ging zu ihm hinüber und nahm das leere Glas. Es amüsierte sie, dass Wade sich anstrengen musste, nicht höflich zu sein. Sie spürte, dass er längst nicht so gemein war, wie er sie glauben machen wollte. Das musste sie sich vor Augen halten, wenn er sie wieder provozierte.

„Ich dachte, ich schaue heute Nachmittag mal Ihre Computerprogramme durch“, sagte sie, als sie ihm das aufgefüllte Glas reichte.

„Gut, tun Sie, was Sie nicht lassen können“, murmelte er und trank einen Schluck.

„Noch Kaffee?“, fragte sie.

„Ja, dan…“ Hastig presste er die Lippen zusammen und streckte ihr die Tasse entgegen.

„Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich in meiner Freizeit gerne auf dem Ranchgelände wandern gehen. Seit den Ferienlagern als Kind hab ich keine Wanderungen mehr in der Natur oder Ausritte gemacht.“

„Von mir aus, aber erschrecken Sie nicht das Vieh. Ich bin momentan nicht imstande, eine durchgebrannte Herde einzufangen.“

Na, zumindest hatte er ihr nicht verboten, sich auf der Ranch umzusehen, dachte sie. Wohl aus dem einfachen Grund, dass sie dann für eine Weile aus dem Haus war.

Als sie wieder ins Wohnzimmer trat, sah sie, dass Wade das Tablett beiseitegeschoben hatte und verloren vor sich hin starrte. Sie konnte sich gut vorstellen, dass es für einen aktiven Mann wie Wade schwierig sein musste, sich mit seiner Untätigkeit abzufinden. Laura lief schnell in ihr Zimmer und holte einige Bücher, die sie mitgebracht hatte.

„Hier, die werden Ihnen helfen, die Zeit zu vertreiben.“ Sie reichte ihm zwei Thriller.

Wade blickte entgeistert auf die Bücher und hob den Kopf. „Ich bin zu alt, um Textinterpretationen zu schreiben, Frau Lehrerin“, erwiderte er in spöttischem Ton.

„Möchten Sie lieber etwas anderes lesen?“

„Ja, den Playboy. Er liegt in der untersten Schublade in meiner Schlafzimmerkommode.“

Falls er damit versuchte, sie zu ärgern, würde sie ihm beweisen, dass es reine Zeitverschwendung war. „Aber klar. Bringe ich sofort.“

Offenkundig enttäuscht, dass sie nicht protestiert hatte, runzelte er die Stirn. Laura musste sich das Lächeln verkneifen und eilte los. Sie hatte ein solches Magazin noch nie zuvor in den Händen gehalten und blätterte deshalb auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer neugierig darin herum. Sie fragte sich, ob die drallen, nackten Playboy-Häschen Wades bevorzugten Frauentyp verkörperten.

„Was Interessantes darin entdeckt, Seymour?“, fragte er, als er sie dabei ertappte, wie sie das doppelseitige Foto in der Heftmitte anstarrte.

„Nein, ich stehe eher auf die Playgirl“, erwiderte sie schnippisch. „Sobald ich Zeit finde, werde ich ein paar nackte Männer an meine Schlafzimmerwand hängen. Sie haben doch sicherlich nichts dagegen?“

„Soll mir recht sein. Dann werden Sie hoffentlich nicht mehr in mein Schlafzimmer stürmen, um mich anzuglotzen.“

Ihre Kinnlade klappte runter. „Ich habe Sie gestern Nacht nicht angeglotzt!“, empörte sie sich.

„Sie können mir nichts erzählen“, erwiderte er und grinste breit. „Ich mag zwar im Moment verkrüppelt sein, aber ich bin nicht blind. Sie haben mich mit den Augen buchstäblich verschlungen.“

Ihr Gesicht lief puterrot an, und sie beide wussten, dass er recht hatte. Sie hatte ihn tatsächlich angestarrt, wie er mit entblößten Armen und Beinen und nacktem Oberkörper auf der Bettkante saß. Halb nackte Männer zu sehen, war für sie durchaus ein vertrauter Anblick, da sie mit vier Brüdern aufgewachsen war, doch Wades muskelbepackter Körper hatte sie mehr erregt, als sie sich eingestehen wollte.

„Nun?“

Hastig riss sie ihren Blick los, als ihr bewusst wurde, dass sie ihn schon wieder angestarrt und dabei in Erinnerungen geschwelgt hatte, wie er ohne Hemd und Hose aussah. „Nun, was?“

„Wollen Sie es etwa abstreiten, Seymour?“

Laura wusste, dass er sie nur provozieren wollte, doch sie würde es nicht zulassen. „Nein, will ich nicht. Sie sind ein echt attraktiver Hengst, Ryder, und ich nehme an, das wissen Sie nur allzu gut. Gäbe es ein Poster von Ihnen, würde ich es natürlich sofort neben die anderen Muskelboys pinnen.“

Sprachlos und mit offenem Mund saß er da und guckte sie an. Laura lächelte triumphierend und widmete sich wieder dem Abstauben der Möbel. Sie war sich nicht sicher, aber diese Runde hatte sie wohl gewonnen, oder? Jedenfalls gab Wade in der nächsten Stunde nicht den leisesten Pieps von sich.

Wade war regelrecht erleichtert, als seine Cousins am Ende der Woche vorbeischauten. Mühsam auf eine Krücke gestützt, humpelte Wade den Hügel hinunter zu der Scheune, wo Quint und Vance ihre gesattelten Pferde aus dem Hänger luden. Ein Gefühl der Nutzlosigkeit machte sich in ihm breit, als er seinen Cousins zuschaute, wie sie die Sattelgurte anzogen und ihre Pferde zäumten.

„Wie läuft’s mit der Haushälterin, Cousin?“, fragte Quint grinsend.

Obwohl es besser lief, als ihm lieb war, da Laura sich in den vergangenen Tagen unglaublich tüchtig gezeigt hatte, antwortete er: „Ich weiß zwar nicht, wie viel ihr Seymour zahlt, aber es ist definitiv zu viel für das bisschen, das sie tut.“

Vance zog die dunklen Brauen zusammen. „Was du nicht sagst.“

„Doch, das tue ich.“

„Was genau klappt denn nicht?“

„Wo soll ich anfangen? Die Frau hat versucht, mir die Zunge wegzuätzen mit ihrem tödlich starken Kaffeegebräu, das so heiß ist wie flüssige Lava. Und von Kochen hat sie keinen blassen Schimmer.“ Wade verzog angeekelt das Gesicht und krümmte sich – obwohl ihr Kaffee in Wahrheit genauso seinem Geschmack entsprach, und sie eine solch exzellente Köchin war, dass er jede Mahlzeit bis auf den letzten Bissen verschlang.

Quint und Vance blickten sich mit großen Augen an und sahen zur Einfahrt hinüber. Lauras Sportwagen war fort, und Wade nutzte diese Tatsache, um einen weiteren Schlag gegen sie auszuführen.

„Sie hat bisher noch keinen einzigen Tag richtig gearbeitet. Heute Nachmittag hat sie sich einfach freigenommen, um eine Freundin zu besuchen.“

„Na, ich bin sicher, wenn sie sich erst einmal eingearbeitet hat, wird alles rund laufen“, nahm Quint sie in Schutz.

„Ja, klar, ist ja euer Geld“, erwiderte Wade und zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Aber ich sage euch, sie ist so überflüssig wie ein Kropf. Ich muss sie morgens um neun wecken, damit sie aufsteht und mir das Frühstück macht. Und bei ihrer ganzen Soap-Opera-Guckerei findet sie kaum Zeit, das Mittagessen zu kochen.“

Obwohl sein Gewissen lautstark protestierte, trug Wade extradick auf, in der Hoffnung, er könne Quint und Vance auf diese Weise dazu bringen, Laura zu feuern. In Wahrheit war die Frau jedoch dermaßen tüchtig und flink, dass ihm schon allein beim Zuschauen Hören und Sehen verging.

Wie ein wilder Derwisch hatte sie sich den Wäscheberg vorgeknöpft, der sich schon vor Wades Unfall aufgetürmt hatte, genauso wie den Schmutz, der sich überall breitgemacht hatte, seit er mit Gips und Schlinge nach Hause zurückgekehrt war. Küche und Bäder waren blitzblank und das ganze Haus von Grund auf gesaugt und abgestaubt. Außerdem hatte Laura seinen Computer und die Buchhaltungsprogramme aktualisiert. Wie ein Arzt bei der Untersuchung hatte sie alles gründlich durchgecheckt und entschieden, welche Updates er benötigte, und diese sogleich bestellt. Und im Handumdrehen war die Software per Overnight-Kurier geliefert worden. Wade hatte gesehen, wie sie die neuen Programme professionell installiert und die Daten übertragen hatte.

Trotzdem, wenn er sie offen lobte, würde er Seymour niemals loswerden – und aus seinem Kopf verbannen können.

Schon seit sehr langer Zeit hatte er sich nicht mehr so stark zu einer Frau hingezogen gefühlt. Er wollte sie – das war klar, denn sie war schließlich äußerst begehrenswert und verführerisch. Ihm jagte es jedoch eine Heidenangst ein, wie gerne er sie um sich hatte und wie sehr er die langen, untätigen Stunden, die sie mit ihm teilte, genoss. Das war richtig übel!

Wade war dermaßen verzweifelt, dass er abscheuliche Lügengeschichten erfand, damit seine Cousins Laura endlich feuern würden. Nicht, dass er etwa stolz darauf wäre, aber es ging ums nackte Überleben!

Vance musterte grinsend Wades frisch gewaschenes Baumwollhemd und seine saubere Jeans. „Du siehst aber alles andere als vernachlässigt aus.“

„Nur weil ich meine Sachen selbst per Hand wasche“, erwiderte Wade.

„Klar, per Hand“, äffte Quint ihn nach. „Ich hoffe, du weißt, dass wir dir diesen Schrott, den du uns hier erzählst, nicht abkaufen.“

Autor

Jacqueline Diamond
Mehr erfahren
Carol Finch
Mehr erfahren
Stephanie Rowe
Mehr erfahren