Moonstruck - Sündige Silvesternacht

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Silvester hatte sich Claire irgendwie anders vorgestellt: Sie ist zwar auf DER Party in Dallas - aber mutterseelenallein. Doch kurz vor Mitternacht steht plötzlich ein wahrer Traummann vor ihr. Jetzt oder nie! Drei! Der Countdown läuft. Zwei! Claire küsst den Fremden. Eins! Ein erotisches Feuerwerk entbrennt. Bis nach zwölf - oder länger?


  • Erscheinungstag 01.12.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783955765767
  • Seitenanzahl 120
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Julie Kenner

Moonstruck - Sündige Silvesternacht

Aus dem Amerikanischen von Johannes Heitmann

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der HarperCollins Germany GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der HarperCollins Germany GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgaben:

Moonstruck

Copyright © 2010 by Julia Kenner

erschienen bei: Harlequin Enterprises, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Titelabbildung: Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

Redaktion: Maya Gause

ISBN eBook 978-3-95576-576-7

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

1. KAPITEL

Claire Daniels blickte sich auf der vollen Tanzfläche des "Decadent" um, betrachtete die bunten pulsierenden Lichter, nahm den hämmernden Beat wahr und fragte sich, was zum Teufel sie hier machte.

Na ja, sie fragte sich das eigentlich nicht, sondern haderte eher mit Alyssa, ihrer Freundin, denn die hatte sie mitgeschleppt. So konnte es einem ergehen, wenn man ausgerechnet am Silvesterabend kein Date hatte!

"Was zum Blasen gefällig?"

Ein gut aussehender Kerl in engem schwarzem T-Shirt mit dem Aufdruck "Decadent" hielt ihr zweideutig lächelnd etwas vors Gesicht.

"Wie bitte?" Claire hob eine Augenbraue. Das hatte sie schon als achtjähriges Mädchen vor dem Spiegel geübt. Damals hatte sie sich ständig die Wiederholungen von "Star Trek" angesehen. Mister Spock von der Enterprise hatte sie am stärksten beeindruckt.

"Für Mitternacht." Das schiefe Lächeln des Mannes verriet, dass er wusste, in welche Richtung sich ihre Gedanken bewegt hatten. "Um Lärm zu machen."

"Oh, verstehe. Na klar, danke." Sie schnappte sich die Tröte, blies einmal kurz hinein und lächelte den Adonis an. "Fantastisch. Super. Ist bestimmt lustig", sagte sie abweisend, damit er kapierte, dass sie allein sein wollte, um sich wieder ihrer melancholischen Einsamkeit in diesem Club in Texas hingeben zu können. Allein am Silvesterabend, konnte man sich etwas Traurigeres vorstellen?

Ich hätte nicht herkommen sollen, dachte sie zum wiederholten Mal.

Der Prachtkerl verschwand in der Menge, und Claire suchte nach Alyssa, um ihr zu sagen, dass es ihr reichte. Sie hatte beschlossen, nach Hause zu gehen. Dort würde sie ihre bequeme Jogginghose anziehen und sich in eine Decke kuscheln. Um Mitternacht würde sie sich da wenigstens nicht wie eine Idiotin vorkommen, weil sich alle um sie herum leidenschaftlich küssten, während sie allein im Trubel stand und Däumchen drehte.

Leider konnte sie Alyssa nirgends sehen.

Das war allerdings nicht sonderlich schlimm, denn dafür entdeckte sie einen Mann, der einfach zum Anbeißen aussah. Er war groß und schlank und trug enge Jeans, die typische Texaskluft. Das perfekt sitzende Teil vermittelte einer Frau einen erstklassigen Eindruck von dem, was sich darin verbarg. Zur Jeans trug er ein weißes Button-down-Hemd, das trotz der Hitze im Club immer noch makellos gebügelt aussah.

Auch aus der Entfernung konnte Claire erkennen, dass er blaue Augen hatte. Jetzt blickte er sich im Raum um wie ein König, der sein Reich begutachtet. Er hatte tatsächlich etwas Herrschaftliches an sich. Seine Haltung und der Dreitagebart ließen ihn verwegen aussehen. Wäre er ein Foto, hätte sie geschworen, es sei digital bearbeitet worden. Der Mann war das fleischgewordene Äquivalent zu einer Großpackung Sahneeis: köstlich, himmlisch und süchtig machend.

Ruhig, ganz ruhig, ermahnte sie sich.

Andererseits, wieso?

Der Mann war heiß und sah obendrein auch noch in ihre Richtung. Sie war Single und im Moment zu allem bereit.

Claire ging einen Schritt auf ihn zu, doch ein bulliger Kerl, dessen schwarzes T-Shirt den Aufdruck "Decadent" trug, trat zum König des Clubs und sprach kurz mit ihm, woraufhin der Traummann dem Bulligen ernst dreinblickend folgte. Leider nicht in ihre Richtung.

Security, dachte Claire. Entweder arbeitet der Traummann auch für den Sicherheitsdienst, oder er wird gerade aus dem Club geworfen.

In jedem Fall war er damit für sie tabu. Als Angehöriger des Sicherheitsteams musste er an diesem Abend arbeiten, und wenn er rausgeworfen wurde, dann …

Claire sehnte sich zwar nach einer wilden Nacht mit einem heißen Typ, aber wer aus einem Club geworfen wurde, stand bei ihr nicht mehr ganz oben auf der Wunschliste.

Wirklich schade, dachte sie. Mister Texas, der Traumtyp, sah zum Vernaschen aus, und verdammt – sie wollte einen Mann! Sie wollte in den Arm genommen, geküsst und gestreichelt werden und all den sexuellen Frust abbauen, der sich in ihr seit der Trennung von Joe aufgestaut hatte. Es war schon Monate her, und im Augenblick sehnte sie sich mehr denn je nach einem Ersatz.

Du hättest einen haben können.

Ja, danke.

Entnervt stieß sie die Luft aus, schnappte sich vom Tablett einer vorbeieilenden Kellnerin einen Jello-Shot und schlang den gelierten Cocktail hinunter. Sie hätte ihren Ex Joe wiederhaben können. Er hatte sie nach einem Jahr Beziehung fallen lassen, und als sie sich dummerweise trotzdem wieder auf einen Drink mit ihm verabredet hatte, nur um zu sehen, ob es für sie beide vielleicht doch noch eine Zukunft gab, hatte er offenbar beschlossen, Sex als Versöhnungsmittel einzusetzen.

Fast wäre sie wieder mit ihm im Bett gelandet, aber nur fast.

Im letzten Moment hatte sich zum Glück ihr Selbstwertgefühl gemeldet, und sie war aus Joes Apartment marschiert. Dabei hatte sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Tür hinter sich zuzuknallen. Der Anblick von Joe mit heruntergelassener Hose an den Beinen und fassungsloser Miene im Gesicht hatte ihr als Triumph gereicht.

Moralisch hatte sie diese Auseinandersetzung gewonnen, aber leider war sie nach dem Treffen noch genauso frustriert und sexuell unerfüllt gewesen wie zuvor. Letztlich, so dachte sie, habe ich mich selbst genauso bestraft wie ihn.

"Du hast das Richtige getan."

Alyssa stand plötzlich neben ihr und reichte ihr eine von zwei Champagnerflöten. Claire nahm das Glas dankbar entgegen und kippte den Champagner dem Jello-Shot hinterher. "Ist es so offensichtlich, was mir durch den Kopf geht?"

Alyssa lächelte. "Nur, weil ich dich so gut kenne."

Claire seufzte. "Das ist doch nicht fair. Wir beide beschließen, dass wir uns zu Weihnachten einen Mann angeln, und du bekommst sofort deinen Traumpartner, während ich wieder bei Joe lande, nur um schließlich vor ihm zu flüchten, während er mit nacktem Hintern dasteht."

"Was Weihnachten nicht geklappt hat, das klappt vielleicht heute Abend." Alyssas Lächeln war vielsagend.

"Du hast leicht reden. Du bist in festen Händen."

"Ist es das, wonach du dich sehnst?"

Claire zuckte mit den Schultern. Das war die alles entscheidende Frage. "Heute Nacht würde mir schon ein heißes Date auf einem Autorücksitz reichen."

Alyssa lachte. "Es ist schon eine Weile her, stimmt's?"

"Selbstverschuldet. Ich hätte Joe ja nicht so stehen lassen müssen."

"Doch, das musstest du."

"Du hast recht." Claire wusste, dass sie sich überhaupt nicht wieder mit ihm hätte treffen sollen. Dass er sie verlassen hatte, hatte sie im Grunde nur deswegen so tief getroffen, weil sie ihre Träume von einer Familie damit vorerst begraben musste. Sie sehnte sich nach Stabilität. Im Gegensatz zu ihrem Privatleben lief ihre Karriere ganz nach Plan. Ein Haus hatte sie sich sogar auch schon gekauft, und sie engagierte sich bei zwei Wohltätigkeitsorganisationen.

Seit zwei Jahren arbeitete sie für Richterin Doris Monroe am Fünften Berufungsgericht, und vor Kurzem hatte sie beschlossen, in die Abteilung für Berufungsfälle der angesehenen Kanzlei "Thatcher and Dain" zu wechseln.

Diese Entscheidung hatte Claire mit gemischten Gefühlen getroffen, denn sie respektierte ihre bisherige Chefin Richterin Monroe sehr. Diese Frau war nicht nur eine brillante Juristin, sie war auch klug und erfahren. So ganz konnte sie es immer noch nicht ganz glauben, dass sie ab Juli in einer Anwaltskanzlei arbeiten würde und nicht mehr für die Richterin.

Ihr Vater, Senator im texanischen Senat, hatte sich immer gewünscht, dass sie der Kanzlei beitrat, die er mitgegründet hatte, als sie noch ein Kind gewesen war. Sie hatte jedoch schon zu Beginn ihres Studiums gewusst, dass sie ihren eigenen Weg gehen musste. Von Anfang an hatte für sie festgestanden, dass sie erst in eine Kanzlei eintreten würde, wenn sie sich vor dem obersten Gerichtshof behauptet hatte, ihr Profil im Anwaltsverzeichnis aufgeführt wurde und in der "Dallas Morning News" veröffentlicht worden war. Nur so konnte sie in dem Bewusstsein durch die Tür schreiten, auf der ihr Name stand, dass sie es wegen ihrer Leistungen verdiente, dort zu sein, und nicht wegen der Beziehungen ihres Vaters.

Im Großen und Ganzen konnte sie sich glücklich schätzen, denn ihr Leben war nicht schlecht. Das Einzige, was ihr fehlte, war jemand, mit dem sie ihre Erfolge teilen konnte. Joe war nicht dieser Mensch gewesen, so sehr sie auch versucht hatte, sich das Gegenteil einzureden.

Ein trautes Heim mit einem liebevollen Partner war schön und gut, doch heute, am Silvesterabend, wäre sie schon mit einem langsamen Tanz und einem heißen Kuss zufrieden. Und noch glücklicher wäre sie, wenn es zu etwas mehr käme.

Seufzend trank sie den letzten Tropfen Champagner. "Wo ist Chris?" Chris war Alyssas ehemals bester Freund, der sich an Weihnachten als deren Traummann entpuppt hatte.

"Der hat einen Freund getroffen. Wahrscheinlich sollte ich mich auf die Suche nach ihm begeben. In einer Viertelstunde haben wir Mitternacht."

Claire runzelte die Stirn. "Ich glaube, ich verschwinde lieber."

"Wag das bloß nicht. Amüsier dich mit dem Barkeeper, tanz und trink Champagner."

"Glaub mir, Champagner hatte ich schon reichlich." Normalerweise trank sie so gut wie nie Alkohol, aber aus Langeweile und vor Nervosität hatte sie sich bereits mit drei Gläsern Champagner und einigen Jello-Shots getröstet. Allmählich spürte sie die Wirkung.

"Ich sollte gar nicht hier sein", sagte sie seufzend. "Meine Mutter hat mich gebeten, zu ihr nach Austin zu kommen und mit ihr zusammen zur Feier des Gouverneurs zu gehen. Dort hätte ich Richter getroffen und Kontakte knüpfen können." Sie seufzte. "Ich sollte wirklich lieber nach Hause gehen."

"Und was ist mit unserer Abmachung? Du musst dich daran halten. Verwirkliche deine Träume!"

"Im Moment träume ich eher davon, mit einem Glas Wein im Bett zu liegen und mir 'Harry und Sally' anzusehen."

Tadelnd schüttelte Alyssa den Kopf. "Erstens darfst du jetzt nicht mehr Auto fahren, und zweitens haben wir Silvester."

"Ja, und? Mitternacht an Silvester ohne Partner, das ist kein Vergnügen." Für Alyssa freute sie sich, weil die endlich mit Chris zusammengekommen war, aber sie wünschte, sie selbst hätte ebenfalls mehr Glück damit gehabt, den gemeinsamen Vorsatz zu verwirklichen, ihr Liebesleben in Schwung zu bringen.

"Ich würde dir ja Chris zum Küssen anbieten, aber dann wäre ich sicher eifersüchtig." Alyssa zwinkerte ihr zu. "Und dazu darf ich es nicht kommen lassen."

Claire gab ihr einen kleinen Stoß in Richtung Bar. "Na los, geh ihn suchen. Ich komme schon zurecht. Vielleicht schnappe ich mir noch einen armen hilflosen Kerl und mache ihn für heute Nacht zu meinem Sexsklaven." Unwillkürlich dachte sie an Mister Texas, der leider mit dem Kerl von der Security verschwunden war.

"Schon besser. Das ist genau die richtige Einstellung."

Alyssa umarmte sie und verschwand in der Menge. Schlagartig fühlte Claire sich wieder unwohl, weil sie allein war und es immer mehr auf Mitternacht zuging.

Würde ihre Freundin es überhaupt merken, wenn sie jetzt nach draußen ginge und sich in ihr Auto setzte? Sie könnte so tun, als wollte sie etwas holen, und dann einfach in ihrem Wagen abwarten, während die Uhren Mitternacht schlugen. Wenn die Küsserei vorbei war, könnte sie wieder zurückkommen. So würde sie zumindest diesen peinlichen Moment vermeiden.

Entschlossen trat sie durch die nächste Tür ins Freie, doch die führte nicht vor den Club, sondern in einen mit Naturstein gepflasterten Innenhof. Der hämmernde Beat drang nicht nach draußen, stattdessen hörte sie gedämpfte Klassik. Genau der richtige Ort, um sich zu sammeln und etwas Ruhe zu finden. Allerdings führte kein Weg von diesem Hof zum Parkplatz.

Claire wollte gerade in den Club zurückkehren, als sie ihren Mister Sünde-und-Sex entdeckte. Diesmal unterhielt er sich mit einigen Frauen.

Seufzend überlegte sie, ob sie hinübergehen und sich unter die Groupies mischen sollte, da zerstreute die Frauengruppe sich auf einmal in alle Richtungen und machten damit den Weg zwischen ihr und dem texanischen Traum frei. Er sah ihr direkt in die Augen.

Sein heißer Blick war unmissverständlich.

Wow!

Claire schluckte und griff sich vom Tablett einer Kellnerin ein weiteres Glas Champagner. Sie wandte sich ab, weil sie nicht wollte, dass dieser Mann sah, wie sie sich Mut antrank. Leider war sie, was das Flirten anging, völlig aus der Übung.

Joe hatte sie über den Freund einer Freundin kennengelernt, und davor hatte sie ihre Zeit damit verbracht zu lernen, nicht damit zu feiern.

Jetzt machte sich dieses Defizit schmerzhaft bemerkbar, denn sie musste einen Weg finden, Mister Texas anzusprechen. Das war es doch, was sie wollte, oder nicht? Das war es, worauf sie und Alyssa sich vor den Weihnachtsfeiertagen geeinigt hatten: Jede von ihnen angelte sich einen Mann.

Derzeit hatte sie keinen Zweifel: Wenn es irgendjemanden gab, den sie um Mitternacht an ihrer Seite haben wollte, dann war es Mister Dekadent.

Als sie sich voller Entschlossenheit wieder umdrehte … war sie allein. Nun, nicht richtig allein, es waren noch Dutzende Partygäste im Innenhof, aber ihr Traummann war weg.

Verdammt!

"Kein geeigneter Zeitpunkt, um seinen Begleiter zu verlieren."

Claire fuhr herum, wobei ihr vom vielen Champagner etwas schwindlig wurde, und sah sich einer Blondine gegenüber, die ihr ein Tablett mit vollen Gläsern hinhielt.

"Entschuldigung? Meinen Begleiter?"

"Sie schauen so, als würden sie denken 'Mist, wo ist er jetzt wieder hin'."

"Oh!" Verlegen blickte Claire sich um. Es war ihr peinlich, dass man ihr den Frust so deutlich ansah, dabei hatte sie sich nach einem völlig Fremden umgesehen. Andererseits waren ihr dabei sehr eindeutige Gedanken durch den Kopf gegangen, die man nur mit einem Partner in die Tat umsetzen konnte. "Nein, sehen Sie, ich war nur …"

"Der Countdown fängt gleich an", unterbrach die Kellnerin sie. "Finden Sie ihn lieber schnell."

Bevor sie der Frau erklären konnte, dass der Mordskerl nicht ihr Partner war, bekam Claire ein volles Champagnerglas in die Hand gedrückt, und die Kellnerin eilte mit ihrem Getränketablett weiter.

Claire seufzte. Da sie nun schon mal einen Drink in der Hand hielt, trank sie einen Schluck und blickte sich noch einmal suchend auf dem Innenhof um. Leider ohne Erfolg.

Mittlerweile kamen immer mehr Gäste aus dem Club ins Freie, und als sie nach oben sah, erkannte sie den Grund dafür. Der Vollmond schien am wolkenlosen Himmel und tauchte den gesamten Innenhof in silbriges Licht.

Erst jetzt bemerkte sie, dass die Musik im Club verstummt war, genau wie die klassische Musik im Innenhof. Stattdessen hörte man über Lautsprecher die samtweiche Stimme von Fred, dem Manager des Clubs.

"Im Namen aller Angestellten des 'Decadent' wünsche ich euch allen ein frohes neues Jahr. Und jetzt schnappt euch euren Partner oder eure Partnerin und macht euch zum Anstoßen bereit, denn es sind nur noch dreißig Sekunden bis Mitternacht."

Hastig versuchten viele Leute, noch an ein Getränk zu kommen, und dann zählten alle gemeinsam mit Fred aus dem Lautsprecher den Countdown von fünfzehn rückwärts.

Weil sie hoffte, es könnte sie in die richtige Stimmung bringen, machte Claire einfach mit und hob ihr Glas, wobei sie etwas Champagner verschüttete.

"Vier!" Sie trank einen Schluck.

"Drei!" Sie ließ den Blick über die Menge gleiten.

"Zwei!" Sie entdeckte Joe. Joe! Zusammen mit einer Frau!

Es war ihr zwar egal, was er tat oder ließ, aber sie wollte nicht, dass er sie hier allein sah, während er eine andere Frau im Arm hielt.

"Eins!" Joe hatte sie entdeckt!

Verdammt. Hastig wandte Claire sich ab – mit etwas Glück hatte er sie nicht erkannt – und stieß gegen eine verführerisch männliche Brust. Mister Texas.

Vielleicht lag es am Champagner, vielleicht wollte sie Rache an Joe, vielleicht wollte sie auch einfach nur etwas riskieren.

Claire kannte den Grund nicht, doch als sie in die blauen Augen des Fremden sah, legte sie ihm die Hände auf die Schultern, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.

Ich küsse ihn, schoss es ihr eine Sekunde später, als ihr Verstand wieder einsetzte, durch den Kopf. Ich küsse den texanischen Traum! Den Wahnsinnstyp! Den perfekten Kerl!

Und nicht nur das: Er erwiderte den Kuss.

Es war einfach traumhaft. Claire versuchte zu begreifen, was gerade geschah, aber die Empfindungen waren zu überwältigend, außerdem war das Ganze sowieso unwirklich. Sie konnte nur hoffen, dass Joe sie gerade beobachtete, denn er hatte sie niemals so geküsst.

Der Mann presste die Lippen auf ihre, aber nicht zu fest, und er drang nur ein bisschen und fast spielerisch mit der Zunge in ihren Mund vor.

Sie schmeckte Champagner, Schokolade und Erdbeeren. Leise seufzend öffnete sie die Lippen, und er ergriff die Chance und küsste sie, als gäbe es für ihn nichts Schöneres, als sie ganz für sich zu haben und ihren Geschmack tief in sich aufnehmen. Ihr Körper schien sich mit einem Seufzer aufzulösen, die Knie wurden ihr weich und sie fühlte sich diesem Mann ausgeliefert.

Zum Glück hielt er sie fest in den Armen und stützte sie, dabei umfasste er mit einer Hand ihren Hinterkopf und ließ die Finger durch ihre Locken gleiten. Die andere legte er tief unten auf ihren Rücken, wobei seine Fingerspitzen den Ansatz ihres Pos berührten.

Es fühlte sich unglaublich erotisch an.

Als er den Druck seiner Hand verstärkte und sie enger an sich zog, merkte Claire, welche Wirkung sie auf ihn hatte. Seine Erektion so deutlich zu fühlen, hätte ihr eigentlich peinlich sein müssen, und obwohl sie wusste, dass sie von ihm abrücken sollte, damit sie beide etwas Luft bekamen, tat sie das genaue Gegenteil. Sie schmiegte sich an ihn und genoss den Druck, als er seine Hand tiefer auf ihren Po gleiten ließ und sie noch fester an sich presste.

Ja, dachte sie und bewegte verlangend die Hüften, während sie sich ausmalte, wie seine Hand tiefer glitt, zwischen ihre Beine strich, sie berührte und sie streichelte bis sie kam.

Allein bei der Vorstellung wurde sie feucht. Wie würde es erst sein, wenn seine Hände tatsächlich dort wären? Wenn sie diesen Mann bei sich im Bett hätte?

Lieber Himmel, ja!

Egal, ob es sich um Chemie handelte, ob es am Champagner lag oder ob es Schicksal war – im Moment konnte Claire an nichts anderes denken, als mit diesem Mann im Bett zu sein und ihn in sich zu spüren. Alles um sie herum schien sich zu drehen, und der Fremde wirkte wie ein Fels in der Brandung, und nur ihn wollte sie.

Genau in diesem Augenblick hob er langsam den Kopf, und sein lustvoller Blick gab ihr den Rest. Ja, dachte sie, er wird mit mir kommen.

"Dir auch ein Frohes Neues Jahr." Er lächelte.

"Anscheinend wird es ein sehr gutes."

"Ich habe dich gesehen."

Eine Stimme wie seine hatten Männer nur in Träumen. Sie war samtweich wie bei einem Radiomoderator, aber in keiner Weise schmierig oder anbiedernd wie bei einem Vertreter. So einer Stimme konnte eine Frau im Bett die ganze Nacht lang zuhören. Mit einer solchen Stimme konnte ein Mann eine Frau zum Höhepunkt bringen, ohne sie überhaupt zu berühren.

"Ist das wahr?" Ich schmelze, dachte sie. Ich werde hier und auf der Stelle zu einer Pfütze zerfließen.

"Ja, in der Bar. Da habe ich dich gesehen. Und du mich auch."

"Ja." Unwillkürlich rückte sie wieder etwas dichter an ihn heran. Küss mich, dachte sie, küss mich noch mal.

"Was hast du gedacht, als du mich beobachtet hast?"

Behutsam legte er eine Hand an ihre Taille und zog Claire an sich. Ihr kam es vor, als würden zwischen ihnen Funken aufwirbeln. Sie schluckte und versuchte vergeblich, den Blick von seinen Lippen abzuwenden. Alles andere schien wie in einem dichten Nebel zu verschwinden. Sie wusste genau, was sie gedacht hatte. "Ich … ich kann im Moment nicht richtig denken."

"Tatsächlich? Ich kann mich noch sehr genau an das erinnern, was ich gedacht habe."

"Nämlich?" Ihre Stimme klang atemlos, sie hauchte dieses Wort fast.

"Das hier."

Damit neigte er den Kopf, und während der Mond sie in silbriges Licht tauchte, presste er die Lippen auf ihre und gab ihr den Kuss, nach dem sie sich gesehnt hatte.

2. KAPITEL

Fantastisch!

Ty konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, solch einen Zauber strahlte die Frau in seinen Armen aus. Und ein Ty Coleman gehörte wahrlich nicht zu den Menschen, die sich leicht verzaubern ließen.

Nein, der Mann, den "Entertainment Weekly" als Kronprinzen der Nachtclubszene betitelt hatte, der Mann, der mit neunzehn aus Dallas weggegangen war, um in Los Angeles sein Glück zu machen, der Mann, der inzwischen für die fünf beliebtesten Clubs in und um L. A. verantwortlich war und schon zwei Mal eine der angesagten Partys nach einer Oscarverleihung ausgerichtet hatte, auf denen er mit schönen Schauspielerinnen im Arm fotografiert worden war, der Mann ließ sich nicht so leicht von einer Frau umhauen.

Diese Frau hingegen hatte ihn vom ersten Moment an fasziniert.

Es war nicht ihr Aussehen, obwohl sie zweifellos sehr schön war. Ihr braunes Haar war lockig, und ihre großen ausdrucksstarken Rehaugen blickten ihn fragend an. Da war aber noch mehr, ein Funkensprühen, wie die Ankündigung des Knisterns, mit dem sich gerade eben beim Küssen zwischen ihnen die Spannung entladen hatte.

Er war sich sicher, dass sie es auch spürte. Nur deshalb hatte er es riskiert, sich wenige Sekunden vor Mitternacht durch die Menge in ihre Nähe zu drängeln.

Zuvor hatte er sie beim Gespräch mit ihrer Freundin beobachtet. Sie hatte selbstbewusst und gerade dagestanden, obwohl er ihr angemerkt hatte, dass sie sich unwohl fühlte. Genau das hatte sein Interesse geweckt.

Jeden Abend traf er zahllose Frauen, doch diese faszinierte ihn so sehr, dass er tatsächlich dankbar für die Umstände war, die ihn dazu gezwungen hatten, sich in das Höllenloch Texas zu bewegen.

Er hatte niemals hierher zurückkehren wollen. Es war schon schlimm genug, sich am Telefon ständig von seinen Eltern anhören zu müssen, er werde es nie zu etwas bringen. Hier, nur ein paar Meilen von ihnen entfernt, konnte er fast hören, wie sie an ihm herumnörgelten und alles, was er tat, in den Dreck zogen.

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