Riskantes Verlangen nach dir

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Ein Tornado zieht über Texas auf! Eben noch saß Valencia mit dem vermögenden Rancher Lorenzo Cortez-Williams in einem Restaurant. Jetzt müssen sie vor der entfesselten Natur in einen Sturmkeller flüchten – wo sie sich bald glühend heiß küssen. Valencia ahnt nicht, wie riskant dieses ungestüme Verlangen für ihr Herzensprojekt werden könnte. Sie hofft so sehr, Lorenzo als Investor für ihre Pferderanch zu gewinnen. Doch der Mann, in dessen Armen sie gerade liegt, vermischt Geschäftliches niemals mit Lust …


  • Erscheinungstag 27.09.2022
  • Bandnummer 2257
  • ISBN / Artikelnummer 0803222257
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Die Kopfhörer im Ohr und in ihrem neuen Pick-up sitzend, drehte Valencia Donovan ihre Musik auf und rockte auf dem Parkplatz des Texas Cattleman’s Club ab, was das Zeug hielt. Laut sang sie ihre persönliche Playlist mit, die „Game Time Hype“ hieß, obwohl ihr Termin in dem prestigeträchtigen Club, der nur Mitgliedern vorbehalten war, alles andere als ein Spiel war.

Feurige Girl-Power-Hymnen waren nicht das, was sie normalerweise zu Hause oder bei der Arbeit auf ihrer Ranch hörte. Aber als ehrgeizige Frau wusste Valencia deren starke Worte zu schätzen, um sich auf ein wichtiges Geschäftsgespräch einzustimmen. Sie hatte die Playlist angelegt, als sie noch auf der Highschool Basketball gespielt hatte. Dem Alter war sie zwar längst entwachsen, wollte ihre Gewinnsträhne aber nicht gefährden. Sie brauchte unbedingt eine Spende von Lorenzo Cortez-Williams, um ihre Pferderettungsstation weiter auszubauen.

Sie schloss die Augen, ballte die Faust und lauschte den letzten Tönen des Songs, während sie ihren Erfolg visualisierte.

Treffer. Versenkt.

Lächelnd stellte sie die Musik ab und sah sich auf dem Parkplatz um, ob jemand sie beobachtet hatte. Aber sie hatte in der entlegensten Ecke des Geländes geparkt. Jetzt warf sie die Kopfhörer beiseite, stieg aus und schloss die Tür hinter sich ab. Sie hielt lange genug inne, um sich im Seitenspiegel anzusehen und ein paar Strähnen glatt zu streichen, die sich in der feuchten Luft gelockt hatten.

Ihr Ritual vor Meetings mochte ein bisschen albern erscheinen, aber das Outfit, das sie trug, war absolut seriös: ein marineblaues Etuikleid mit dazu passender Jacke und nudefarbene Pumps. Sie war kein Mitglied des TCC, wusste aber, wie das Leben dieser Leute aussah. Ihre Adoptiveltern hatten sie dazu erzogen, sich in dieser Welt zurechtzufinden, und Valencia hatte ihre anrüchige Herkunft längst hinter sich gelassen.

Ihre traurige frühe Kindheit zählte nicht.

Als sie das Gebäude aus dunklem Stein und Holz betrat, warf sie einen Blick auf die Armbanduhr und bemerkte, dass sie genau pünktlich zu ihrem Termin erschien. Das würde bestimmt einen guten Eindruck machen. Der Rancher im Ruhestand, mit dem sie sich traf, war über siebzig, steinreich und als Philanthrop bekannt. Sie wollte ihn mit ihrem Businessplan für Donovan Horse Rescue umhauen und so für die Gelder werben, die sie brauchte, um zu expandieren und ein Sommercamp mit Pferdetherapie für Kinder anbieten zu können. Einen Anteil der Ticketerlöse für Soiree on the Bay, dem Gourmet-, Kunst- und Weinfestival, das demnächst auf Appaloosa Island stattfinden sollte, hatte man ihr bereits zugesichert. Das heutige Treffen konnte den Rest einbringen.

„Miss Donovan?“, wurde sie von einem Mann mit warmem Bariton begrüßt.

Valencia schaute auf und blickte in wunderschöne dunkle Augen. Ihr Gegenüber hatte braunes Haar und war unglaublich attraktiv. Seine gebräunte Haut hatte er wohl eher seiner Abstammung als der Sonne zu verdanken, und die graue Hose und das schwarze Hemd betonten die breiten Schultern und seine beeindruckende Physis. Unwillkürlich stieß Valencia einen Seufzer aus. Er war über eins achtzig und einen halben Kopf größer als sie. Selbst ohne die teuren Stiefel, die er trug, wäre er immer noch groß gewesen.

Oje. Wie lange stand sie schon da und starrte ihn an?

Erschrocken fragte sie sich, seit wann ihr ein heißer Typ derart den Kopf verdrehen konnte – und das, obwohl sie gerade ihre Game-Time-Hype-Playlist gespielt hatte und sich konzentrieren musste!

„Ja. Ich bin Valencia Donovan.“ Sie schenkte ihm ein höfliches Lächeln und hoffte, dass ihre Miene nicht verriet, woran sie gerade gedacht hatte.

„Lorenzo Cortez-Williams.“ Er streckte ihr die Hand hin. „Freut mich, Sie kennenzulernen.“

„Oh.“ Verwirrt schüttelte sie ihm die Hand. War sie nicht mit einem viel älteren Mann verabredet? Der unwiderstehliche Rancher, der sie gerade berührte, konnte nicht älter als fünfunddreißig sein. „Es tut mir leid. Ich dachte …“

„Sie haben mit jemand anderem gerechnet?“ Er lächelte warm und bedeutete ihr, voranzugehen. „Unser Tisch ist da hinten.“

Völlig aus dem Konzept gebracht, holte Valencia tief Luft, als er ihre Hand losließ. Sie war zu verunsichert gewesen, um die Berührung zu genießen, spürte aber immer noch ein leichtes Prickeln. Natürlich ging es bei einem potenziellen Spender nicht darum, seine Nähe zu genießen. Während sie sich noch über ihr unprofessionelles Verhalten ärgerte, verdrängte sie den Gedanken an den machtvollen Sex-Appeal ihres Begleiters und konzentrierte sich aufs Geschäftliche. Gemeinsam gingen sie durch die mit dunklem Holz getäfelten Korridore in den Restaurantbereich. Jagdtrophäen und Antiquitäten schmückten den Saal, in dem einige der einflussreichsten Einwohner von Royal, Texas, ihr Essen genossen.

„Ich habe Ihre Biografie gelesen, um mich auf den Termin vorzubereiten“, gestand sie, als er sie zu einem ruhigen Tisch im hinteren Bereich führte. „Das Foto von Lorenzo Cortez-Williams zeigt einen Mann, der vom Alter her mein Großvater sein könnte.“

„Vermutlich eher mein Großvater. Das ist das Problem, wenn man den traditionellen Familienvornamen erbt. Es gibt noch zwei weitere Lorenzos. Ich bin Lorenzo der Dritte.“ Als er ihr einen Lederstuhl mit hoher Lehne zurechtrückte, fiel ihr auf, dass er keinen Ehering trug. „Mein Vater ist Lorenzo junior. Gramp ist das Original.“

„Natürlich.“ Sie setzte sich auf den Stuhl, hatte aber Schwierigkeiten, sich zu erinnern, was sie sonst noch über die Familie Cortez-Williams gelesen hatte. „Gesellt sich heute noch einer der beiden zu uns?“

Als er sich ihr gegenübersetzte, kam ein Kellner an ihren Tisch, um sie zu begrüßen. Nachdem er ihnen zwei Gläser Wasser eingeschenkt hatte, nahm er ihre Getränkebestellung auf und ging. Nun galt Lorenzos ganze Aufmerksamkeit wieder Valencia.

„Nein. Heute sind wir allein, Miss Donovan.“

„Nennen Sie mich doch bitte Valencia.“

„Aber nur, wenn wir uns duzen.“ Er hob sein Glas und stieß sanft mit ihr an, bevor er einen Schluck trank. „Ich habe die Aufgaben meines Großvaters übernommen. Gramp hat ein weiches Herz, und vor ein paar Monaten haben wir bemerkt, dass er drauf und dran war, einen Großteil des Familienvermögens zu spenden.“

Sie überspielte ihren Schreck, indem sie sich Zeit dabei ließ, die Serviette auf ihrem Schoß auszubreiten. Musste der Mann, der ihr gegenübersaß, jetzt sparen?

„Das muss ein Schock für deine Familie gewesen sein“, murmelte sie, bevor sie ihm in die Augen sah. „War ihm bewusst, dass er Gefahr lief, zu viel auszugeben? Ich hoffe, er ist noch bei guter Gesundheit.“

Lorenzo musterte sie weiter unverwandt. Sein Blick verstörte sie. Wenn sie in einer schummrigen Bar gewesen wären, hätte sie angesichts dessen, was in seinen braunen Augen stand, Erregung empfunden. Aber jetzt, da ihr Lebenstraum auf dem Spiel stand, war es nur eine unwillkommene Ablenkung.

„Gramp erfreut sich bester Gesundheit, danke.“ Er schob seine Speisekarte beiseite. „Aber mittlerweile prüfe ich die Empfänger von Spenden auf Herz und Nieren. Es gibt viele Betrüger.“

Verärgert über das, was er damit andeutete, zwang sie sich zu einem kühlen Lächeln. „Meine Bemühungen, Pferde zu retten, sind sehr echt, das kann ich dir versichern. Ich kann dir Referenzen zukommen lassen. Von Menschen, die für mich bürgen würden.“

„Ich zweifle nicht an deiner Integrität, Valencia. Aber als Repräsentant meiner Familie muss ich Vorsicht walten lassen.“ Seine düstere Miene verriet ihr, dass er schlechte Erfahrungen gemacht hatte.

Dieses Wissen beschwichtigte sie ein bisschen, obwohl sich gerade auch noch ihre letzten Pläne für das Treffen in Luft auflösten. Sie musste umdenken.

„Es tut mir leid, zu hören, dass es Menschen gibt, die die Großzügigkeit deiner Familie ausnutzen. Aber es sollte mich wohl nicht wundern.“

Sie wartete, während der Kellner mit dem Eistee zurückkehrte, den sie bestellt hatte. Als er die Tagesgerichte aufzählte, entschied sie sich für das Carne Asada – ein mexikanisches Steak –, während Lorenzo „das Übliche“ verlangte.

Nachdem der Kellner sich entfernt hatte, stürzte sich Valencia entschlossen wieder auf ihr Thema. „Wie kann ich dich denn davon überzeugen, dass Donovan Horse Rescue seriös ist? Transparenz bei meinen Finanzen ist mir sehr wichtig.“

Der Funke von Interesse in seinen feurigen Augen verriet ihr, dass er ihre Direktheit zu schätzen wusste.

„Für den Anfang ist es schon hilfreich, dich einfach nur persönlich kennenzulernen. Ich verschaffe mir gern selbst einen Eindruck, mit wem ich es zu tun habe.“ Er trank einen Schluck Bier und sah nachdenklich drein.

„Ich verlasse mich auch gern auf meine Instinkte. Was kann ich dir sonst noch über die Pferderettung erzählen?“

„Ich freue mich darauf, beim Essen alles darüber zu hören“, sagte er leise. „Aber ich verlasse mich nicht allein auf meine Instinkte, wenn ich die endgültige Entscheidung fälle. Wenn mir gefällt, was ich heute höre, will ich Donovan Horse Rescue persönlich besuchen. Eine Runde über dein Anwesen drehen und sehen, was ich davon halte.“

„Fantastisch.“ Sie war froh, dass sie Gelegenheit haben würde, ihm die Ranch zu zeigen. Sie war stolz auf das, was sie aufgebaut hatte, und kannte jedes Detail ihres Expansionsplans auswendig, sodass sie ihm alles erklären konnte. „Ich weiß, dass das sehr kurzfristig ist, aber hättest du gleich heute nach dem Essen Zeit?“

Ein Schauer durchlief sie, während sie auf seine Antwort wartete. Denn sosehr sie sich darauf freute, ihm ihre Stiftung schmackhaft zu machen: Sie hatte auch ein bisschen Angst davor, diesen absolut unwiderstehlichen Rancher auf ihrem Grund und Boden herumlaufen zu lassen. Sie hatte nämlich das untrügliche Gefühl, dass Lorenzo Cortez-Williams dort Spuren hinterlassen würde.

Das hieß, dass sie mit dem Mann, der ihre Zukunft in der Hand hatte, vorsichtig sein musste.

„Leider habe ich heute Nachmittag schon einen anderen Termin.“

Seine Worte enttäuschten sie mehr, als sie es hätten tun sollen, und machten ihr bewusst, dass ihr unterschwelliges, aber sengend heißes Begehren nicht nachgelassen hatte.

„Hast du vielleicht morgen Zeit?“ Das rauchige Timbre seiner Stimme ließ den Vorschlag sehr persönlich klingen.

„Um dir meine Ranch zu zeigen, würde ich mit Freuden jeden Termin verschieben. Aber zufällig habe ich ohnehin den ganzen Tag Zeit.“

Sie konnte ihr Grinsen nicht unterdrücken. Natürlich nur, weil sie wusste, dass die Ranch eindrucksvoll war und für sich sprechen würde. Nicht etwa, weil sie sich schon darauf freute, ihn wiederzusehen.

Ihr hämmernder Herzschlag strafte sie jetzt schon Lügen.

Geschäft und Vergnügen darf man nicht vermischen.

Lorenzo Cortez-Williams hätte der letzte Mann in Royal sein sollen, der diese Worte wie ein Mantra wiederholen musste. Sie waren ihm von seiner Ex-Verlobten ins Gedächtnis gebrannt worden, einer Restaurantbesitzerin, die sich wegen seines Reichtums an ihn herangemacht hatte. Sie hatte hemmungslos seine Kreditkarten überzogen und war dann vor fünf Jahren aus seinem Leben verschwunden. Aber erst, nachdem sie mit dem Rindfleischunternehmen seiner Familie einen unverschämt günstigen Deal für ihre Restaurants ausgehandelt hatte, der Lorenzos Groll mit jedem Jahr weiter hatte wachsen lassen, bis der Vertrag abgelaufen war.

Warum also musste er an den Drive-in-Schalter eines örtlichen Coffeeshops fahren, um ja nicht zu früh zu seinem Termin mit Valencia bei Donovan Horse Rescue aufzutauchen? Wahrscheinlich weil die Frau ihn so magisch anzog wie keine andere zuvor. Seine Ex mit eingerechnet. Valencia hatte ihn nicht nur durch ihre Klugheit beeindruckt, obwohl ihm auch ihr ausgeprägter Geschäftssinn sofort aufgefallen war. Zugleich hatte sie aber auch eine innere Wärme und ein unglaubliches Engagement für ihre Sache ausgestrahlt, die ihre Augen zum Strahlen brachten, wenn sie sprach. Das hatte ihn … gefangen genommen.

Lorenzo umklammerte seinen Pappbecher und lenkte seinen Truck zurück auf die Landstraße, die zu Valencias Ranch führte. Dabei rief er sich zum wiederholten Male ins Gedächtnis, dass er Valencia heute zum letzten Mal sehen würde. Er hatte sich die Freiheit genommen, einen Privatdetektiv auf sie und ihre Stiftung anzusetzen. Seit er herausgefunden hatte, wie viele Betrüger den Wohltätigkeitsfonds seiner Familie um Geld erleichtert hatten, war ihm das zur Gewohnheit geworden. Ganz zu schweigen von dem Fiasko mit Lindsey, das ihn an seiner eigenen Urteilskraft hatte zweifeln lassen. Sein Detektiv war diskret und gründlich. Jetzt lag Lorenzo ein detaillierter Bericht über Valencia vor, der sie in einem guten Licht zeigte. Mit erst dreißig Jahren hatte sie schon eine eindrucksvolle Karriere hinter sich. Highschool und College hatte sie mit Bestnoten abgeschlossen und bereits als Teenager Preise für ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten bekommen, bevor sie in den acht Jahren bei einer Landwirtschaftsfirma in Dallas auch beruflich großen Erfolg gehabt hatte.

Valencias frühe Kindheit war etwas undurchsichtig, weil sie adoptiert worden war, als sie noch klein gewesen war. Aber angesichts dessen, was sie seitdem geleistet hatte, war Lorenzo bereit, ihrer Bitte um Spenden nachzukommen, wenn ihm gefiel, was er heute auf der Ranch sah.

Sofern er denn etwas anderes als sie anschauen konnte. Wie oft hatte er nun schon daran gedacht, wie sie ihn mit ihren intelligenten braunen Augen gemustert hatte, als sie sich kennengelernt hatten? Bevor ihr klar geworden war, dass sie mit ihm verabredet war, hatte es einen Moment gegeben, in dem sie rein als Frau auf ihn reagiert hatte. Sie hatte es schnell überspielt, sobald sie ihren Fehler erkannt hatte, aber ihr Blick ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Gestern Abend hatte er viel zu viel Zeit damit verbracht, ihre unschuldige Begegnung in seiner Fantasie zu anderen, viel provokanteren Szenarien auszuspinnen.

Jetzt bog er auf die Schotterpiste ein, die zu ihrer Ranch führte. Sein übergroßer Pick-up holperte durch ein Schlagloch. Er stellte seinen Kaffee in den Becherhalter, um beide Hände am Steuer zu haben. Ihm fielen ein Bach und eine Scheune auf, die aussah, als wäre sie erst kürzlich renoviert worden. Ein bescheidenes, einstöckiges Steinhaus stand auf einem niedrigen Hügel neben dem Bach, aber der schlichte Garten und die unfertige Garage verrieten ihm, dass Valencia ihr Geld in die Pferde statt in ihr Zuhause gesteckt hatte.

Das wusste er zu schätzen, da er selbst auf einer Ranch aufgewachsen war. Er parkte seitlich von der Auffahrt zwischen Haus und Scheune und trank noch einen letzten Schluck Kaffee, bevor er ausstieg.

Der Duft von Heckenrosen lag in der Luft. Die Einfahrt war teilweise von den zarten Blüten gesäumt, die sich schlossen, wenn man sie streifte. Auf dem Weg zum Haus kam er dicht an ihnen vorbei. Noch bevor er drei Schritte weit gekommen war, entdeckte er einen fuchsfarbenen Belgier, der über eine niedrige Hecke hinter dem Haus sprang. Auf seinem breiten Rücken saß Valencia Donovan.

Sie trug ausgeblichene Jeans und Stiefel. In diesem Outfit war sie sogar noch hübscher als gestern. Der abgewetzte Denimstoff lag eng an ihren Oberschenkeln an, während ihre lockere rosafarbene Bluse leicht im Wind flatterte. Ein gelbbrauner Hut beschirmte ihr zartes Gesicht gegen die Sonne. Ihr Haar fiel ihr in blonden Wellen über den Rücken. So entspannt, wie sie im Sattel saß, war sie eine hervorragende Reiterin. Wenn dieser riesige Kaltblüter trabte, war es schwer, elegant auf ihm zu sitzen. Aber ihre Hüften bewegten sich anmutig mit, während der Rest ihres Körpers ruhig blieb. Das zeugte von langen Trainingsstunden und Muskeln, die diese Arbeit gewohnt waren.

Der Anblick beschwor sofort wieder ungewollte Fantasien in ihm herauf, denen er sich seit ihrer ersten Begegnung am Vortag schon viel zu oft hingegeben hatte.

„Guten Morgen“, begrüßte sie ihn und lachte atemlos, während sie sich vom Pferd schwang. Ihre Wangen waren gerötet. „Ich hoffe, ich habe dich nicht warten lassen. Sapphire hat eine Weile gebraucht, um sich hier einzuleben, aber auf unserem Morgenritt war sie so gut drauf, dass es mir schwergefallen ist umzukehren.“

Eine andere Frau – wahrscheinlich eine Ranchmitarbeiterin – kam auf sie zu und griff nach den Zügeln. Aber Valencia nahm sich die Zeit, den Kopf an den Hals der Stute zu legen und ihr sanft etwas ins Ohr zu flüstern, bevor sie die Zügel losließ. Ihre Empathie war unübersehbar. Nach seinen Erfahrungen mit seiner Ex-Verlobten hatte Lorenzo ein feineres Gespür dafür entwickelt, wenn Menschen sich verstellten. Aber Valencias Liebe zu den Pferden war nicht gespielt.

„Ist Sapphire eines der Pferde, die du gerettet hast?“, fragte er und zwang sich, wie ein Investor zu denken, nicht wie ein Mann, der auf Anhieb hin und weg von einer Frau war.

Er brauchte wirklich wieder mehr Dates. Normalerweise ließ er sich nicht so aus dem Konzept bringen.

„Ja.“ Valencias Blick folgte der Stute, bevor sie ihre hübschen braunen Augen auf ihn richtete. „Ihr Besitzer ist vor ein paar Wochen gestorben. Sein Neffe hat mich gefragt, ob ich sie aufnehmen kann. Manche Tiere sind hier, weil sie vernachlässigt worden sind oder die Haltungsbedingungen unzureichend waren, aber Sapphire hatte es gut.“ Sie deutete auf einen Stall, den er schon bei der Anfahrt bemerkt hatte. „Möchtest du gern die Stallungen sehen, die wir bisher haben?“

„Sehr gern.“ Je mehr sie sich auf die Pferde konzentrierte, desto weniger Aufmerksamkeit würde er der Frau selbst schenken. „Es sieht aus, als hättest du vor Kurzem die Nebengebäude renovieren lassen.“

„Ja.“ Sie ging Richtung Stall. „Ich habe jeden Cent aus meinem früheren Job gespart, um einen Grundstock für die Pferderettung zu haben. Der erste Schritt war, die richtigen Gebäude zu finden, die wir ausbauen können, wenn wir wachsen.“

„Mir gefällt dein Drei-Phasen-Geschäftsmodell.“ Er war mehr als beeindruckt von der Detailverliebtheit gewesen. Sie hatte jede mögliche Ausgabe mit ins Kalkül gezogen. „Als Nächstes solltest du dir das angrenzende Landstück leisten können.“

Sie brauchte mehr Platz, bevor sie in die nächste Phase übergehen konnte: ein Pferdetherapiecamp für Kinder. Dieses Ziel hatte ihn nur noch neugieriger auf den Teil ihrer Vergangenheit gemacht, über den er nichts wusste: ihre leiblichen Eltern und ihre frühe Kindheit. Was hatte sie durchgemacht, bevor ihre Adoptiveltern in ihr Leben getreten waren?

„Ja. Wenn die Ticketverkäufe für Soiree on the Bay so gut laufen, wie wir alle hoffen, kann ich Ende des Monats das Land kaufen.“ Als sie das Haus passierten, entschuldigte sie sich kurz, eilte die Stufen hinauf und öffnete die Haustür. Ein schwarzbrauner Hund – Lorenzo vermutete, dass es ein Bordercollie-Mischling war – sauste die Stufen herunter und lief vor ihnen her. „Das ist übrigens Barkis.“

„Barkis?“ Er lachte. „Was für ein witziger Name für einen Hund, der nicht einmal gebellt hat, als er mich gesehen hat.“

„Das erste Pferd, das ich gerettet habe, war nicht ohne Barkis zu haben.“ Ihr Lächeln verblasste, als sie weitersprach. „Ich habe von einem elfjährigen Mädchen, das neben den Tieren gewohnt hat, von ihnen erfahren. Sie hat eine Skizze der beiden gezeichnet und wollte sie in einer Tankstelle ans Schwarze Brett hängen, als ich dort gerade eine Tüte Chips für eine längere Autofahrt gekauft habe.“

Er hörte ihrer Stimme an, dass sich mit der Geschichte schmerzliche Erinnerungen verbanden, und empfand erneut Bewunderung für diese schöne, liebevolle Frau, die Leid verabscheute und sich berufen fühlte zu helfen.

„Du hast sie aufgehalten, bevor sie ihr Bild aufhängen konnte?“, vermutete er.

„Damals habe ich noch in Vollzeit gearbeitet, obwohl ich schon meinen Plan hatte. Aber als ich mit dem kleinen Mädchen über die Tiere in Not geredet habe – vernachlässigte, hungrige Kreaturen, die sie jeden Tag durch einen verrosteten Stacheldrahtzaun gestreichelt und getröstet hat –, wurde mir klar, dass der Moment gekommen war, einfach anzufangen.“ Ihr Tonfall war während ihrer Erzählung immer leidenschaftlicher geworden, aber als sie den Stall erreichten, hielt sie inne und holte tief Luft. „Sie kannte die Namen der Tiere nicht, aber für sich selbst hat sie den Hund Barkis und das Pferd Tuxedo genannt. Ich halte sie immer noch auf dem Laufenden, wie es den beiden geht.“

Valencia deutete zum Stalltor und ging dann als Erste hinein. Nach der Geschichte brauchte er einen Augenblick, um seine Fassung wiederzugewinnen. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, wie sie in Businessgarderobe und hochhackigen Schuhen an irgendeiner heruntergekommenen Tankstelle gestanden und sich die Zeit genommen hatte, einem eifrigen Kind mit einer Zeichnung zuzuhören.

Sie hatte ihren Job gekündigt und die Tiere gerettet. In den Augen des kleinen Mädchens war sie seitdem bestimmt eine Heldin. Er folgte ihr in den Stall. Ihr Hüftschwung zog seinen Blick magisch an, bevor er sich zur Ordnung rief.

Wenn Valencia Donovan ihm etwas vormachte, um der Familie Cortez-Williams Geld aus den Rippen zu leiern, dann war es ein verdammt überzeugender Auftritt. Aber mit jedem Augenblick, den er in ihrer Gegenwart verbrachte, fiel es ihm, so zynisch er war, zusehends schwerer, zu glauben, dass sie ihm etwas vorspielte. Das hieß, dass er sich doppelt so sehr anstrengen musste, seinen Prinzipien treu zu bleiben und nicht der Versuchung nachzugeben.

2. KAPITEL

Entschlossen, Lorenzo zu beweisen, dass sie es mit ihren Plänen für Donovan Horse Rescue ernst meinte, führte Valencia ihn im Laufe der nächsten zwei Stunden durch alle Gebäude der Ranch und stellte ihm jedes einzelne Pferd vor. Nachdem sie ihm ungewollt anvertraut hatte, wie sie sich Hals über Kopf in ihre Rettungsmission gestürzt hatte, hielt sie sich jedoch mit persönlichen Details zurück. Sie wollte ihm nicht den Eindruck vermitteln, dass sie eher ihrem Herzen als ihrem Kopf folgte. Seine dunklen Augen sahen jetzt schon zu viel.

Sie wandten sich von Buttercup ab, dem letzten Pferd im neuen Stall, verließen das Gebäude und gingen um die Koppel herum. Da die Sonne bereits im Zenit stand, wurde Valencia bewusst, wie viel Zeit sie damit verbracht hatte, Lorenzo herumzuführen.

„Deine Ranch ist beeindruckend“, bemerkte er und streckte die Hand aus, um Barkis hinter den Ohren zu kraulen, weil der Hund schwanzwedelnd um ihn herumlief. „Und deine Webseite ist beeindruckend. Die Pferde, die adoptiert werden sollen, werden dort bestmöglich präsentiert, was sehr ansprechend auf potenzielle Förderer wirkt.“

Er richtete sich auf. Heute war er sportlich gekleidet: Zu einer dunklen Jeans trug er ein lässiges Oberhemd. Aber seine Lederstiefel waren unverkennbar handgemacht. Warum nur wirkte er so noch attraktiver auf sie als während ihres Mittagessens? Gestern hatte sie den Geschäftsmann kennengelernt. Heute sah sie den Rancher, und ja, sie mochte diese Seite an ihm.

Nach ihrem Treffen hatte sie noch mehr über seine Familie recherchiert und herausgefunden, dass Lorenzo nicht nur der dritte Namensträger, sondern auch das älteste Kind unter mehreren Geschwistern war. Sie fragte sich, was er davon hielt, der Kronprinz des Familienerbes zu sein.

„Danke. Ich hoffe, dass Soiree on the Bay uns nicht nur zusätzliches Geld einbringt, sondern Donovan Horse Rescue auch bekannter macht und mehr Besucher auf unsere Webseite lockt.“

„Bestimmt.“ Er ging langsamer, als sie in die Nähe seines Pick-ups kamen, einem gewaltigen Modell mit Turbodiesel-Motor, eingebauter Winde und allen möglichen Extras, die bei Valencia noch auf der Wunschliste standen. „Aber wenn du mit deinen Sommercamps anfängst, behältst du dann manche Pferde dauerhaft hier? Wenn du welche findest, die gut mit den Kindern zusammenarbeiten können, möchtest du sie doch sicher behalten.“

Freudig überrascht registrierte sie, dass er offensichtlich sehr genau über ihre Expansionspläne nachdachte. Hoffentlich hieß das, dass er in Erwägung zog, sie finanziell zu unterstützen.

„Genau. Auch wenn die Kinder nur unter Anleitung zertifizierter Reitlehrer auf verlässlichen Pferden reiten dürften, hoffe ich, dass sie bei der Pflege der geretteten Tiere mithelfen können.“ Sie hatte ihr Zertifikat erworben, als sie während ihrer Collegezeit in einem Pferdetherapiezentrum mitgearbeitet hatte. Sie vermisste das Gemeinschaftsgefühl, das in dem Zentrum geherrscht hatte – genau wie in dem, in das ihre Adoptiveltern sie als Kind geschickt hatten. „Traumatisierte Kinder für ein Tier sorgen zu lassen ermöglicht ihnen, sich belohnt und angenommen zu fühlen.“ 

Er nickte, als hätten ihre Worte etwas bestätigt, das er sich schon gedacht hatte. Vielleicht hatte sie sich zu viel anmerken lassen.

„Du brennst unverkennbar für dein Projekt“, sagte er rau, und ihr wurde klar, wie nahe sie beieinanderstanden.

Ihr Herz schlug schneller, und sie fragte sich, ob sie diejenige war, die sich so dicht an ihn herangewagt hatte, oder ob er die Grenzen überschritten hatte, auf die sie sich stumm geeinigt hatten. Sie schluckte ihre Nervosität hinunter und schlang die Arme um sich, um eine Barriere zwischen sich und dem attraktiven, begehrenswerten Mann vor ihr zu schaffen.

„Darf ich fragen, was dich daran so begeistert?“, erkundigte er sich, als sie nichts sagte.

Autor

Joanne Rock
Joanne Rock hat sich schon in der Schule Liebesgeschichten ausgedacht, um ihre beste Freundin zu unterhalten. Die Mädchen waren selbst die Stars dieser Abenteuer, die sich um die Schule und die Jungs, die sie gerade mochten, drehten. Joanne Rock gibt zu, dass ihre Geschichten damals eher dem Leben einer Barbie...
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