Tiffany Hot & Sexy Band 2

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DIE SEX-FORMEL
von D'ALESSANDRO, JACQUIE

Vom ersten Augenblick an ist Chad von Kaylas erotischer Ausstrahlung gefesselt. Hals über Kopf stürzt er sich in eine wilde Sex-Affäre ... Aber so sehr sie sich ihm in Nächten der Lust auch öffnet, ahnt er doch, dass sie ein Geheimnis vor ihm hat …

RACHE IST SEXY
von HOLLIS, SHANNON

Heißer Sex beim Speed Dating: Erregt genießt Lauren Joshs überraschend hemmungslose Zärtlichkeiten. Bis ihr ein Verdacht kommt: Benutzt der attraktive Journalist sie nur für seine Single-Reportage? Lauren schwört Rache! Sie wird ihn verführen - und dann abblitzen lassen ...

DAS ELIXIER DER LUST
von BEVARLY, ELIZABETH

Erotische Schauer durchströmen Rosie in Sams Nähe, von seinem aufregenden Körper kann sie einfach nicht genug bekommen ... Nur die Wirkung des Liebestees, den sie heimlich getrunken hat? Oder ist Sam etwa tatsächlich Mr. Right?

  • Erscheinungstag 22.05.2007
  • Bandnummer 2
  • ISBN / Artikelnummer 9783942031295
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

TIFFANY HOT & SEXY erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,

20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

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Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Anita Schneider

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Poppe (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg

Telefon 040/347-27013

Anzeigen:

Kerstin von Appen

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

© 2005 by Shelley Bates

Originaltitel: „On The Loose“

erschienen bei: Harlequin Enterprises, Ltd., Toronto

in der Reihe: BLAZE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Übersetzung: Andrea Cieslak

© 2006 by Elizabeth Bevarly

Originaltitel: „My Only Vice“

erschienen bei: Harlequin Enterprises, Ltd., Toronto

in der Reihe: BLAZE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Übersetzung: Christian Trautmann

© 2006 by Jacquie D’Alessandro

Originaltitel: „Just Trust Me …“

erschienen bei: Harlequin Enterprises, Ltd., Toronto

in der Reihe: BLAZE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Übersetzung: Sarah Falk

Fotos: IFA-Bilderteam

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY HOT & SEXY

Band 2 (1) 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Veröffentlicht im ePub Format im 02/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN-13: 978-3-942031-29-5

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

TIFFANY HOT & SEXY-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Aus Liebe zur Umwelt: Für CORA-Romanhefte wird ausschließlich 100% umweltfreundliches Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet.

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYLADY, MYSTERY, TIFFANY SEXY

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Shannon Hollis

Rache ist sexy

1. KAPITEL

„Wenn ich das nächste Mal Lust habe, etwas Heißes und Hartes zwischen meinen Beinen zu spüren, dann kaufe ich mir ein Motorrad“, sagte Lauren Massey.

Sie trank ihren Cocktail aus und überlegte, ob sie sich noch einen White Knight holen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Zu viele Menschen drängten sich schon vor dem Tresen und warteten auf ihre Drinks, und außerdem war sie auf dieser „Schlüsselparty“ – einer Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten eines privaten Jugendhilfswerks –, um Eindrücke zu sammeln und um Interviews zu machen, nicht, um sich zu betrinken.

Ihre Kolumne „Lorelei – hemmungslos und unzensiert“ war eine feste Rubrik in „San Francisco Inside Out“, einem zurzeit recht erfolgreichen Unterhaltungsmagazin, das ein wenig in Richtung Boulevardpresse ging.

Unter dem Pseudonym Lorelei schrieb sie auch im Internet in einer Art Tagebuch kritisch und satirisch mal über Mode, mal über Politik, mal über Events wie diesem. Anklicken konnte man diesen „Blog“ über die Website von „Inside Out“. Ihre Identität war ein Geheimnis, das von der Redaktion streng gehütet wurde – teils zu ihrem Schutz, weil sie ein Talent dafür hatte, Kontroversen anzuregen, und teils, um es für die Leser spannend zu machen. Loreleis Anhänger versuchten immer wieder, sie zu enttarnen, schickten ihr E-Mails und diskutierten öffentlich mit ihr. Dadurch hatte Lorelei die größte Besucherzahl auf der Website. Man sollte meinen, dass ihr das Lob von höchster Stelle einbrachte, aber stattdessen verlangte die Chefredakteurin nur noch mehr Einsatz.

Also war Lauren auch heute Abend wieder auf der Jagd nach einer guten Geschichte.

„Ein Vibrator ist billiger.“ Aurora Constable, meist nur Rory genannt, schmunzelte über die Bemerkung mit dem Motorrad. Sie fand, ein Motorrad wäre eine ziemlich drastische Konsequenz nach dem letzten Dating-Desaster ihrer Pflegeschwester Lauren.

„Dein Date war wohl nichts?“ Michaela Correlli, die mittlere der drei Pflegeschwestern, legte den Arm um Laurens Schultern und drückte sie kurz. Sie gehörte mit zu den Veranstaltern und hatte Lauren dazu überredet, hierherzukommen.

Obwohl eine Schlüsselparty nicht gerade nach Laurens Geschmack war, konnte sie daraus einen Nutzen ziehen, indem sie darüber schrieb. Für Rory hingegen war es viel schwieriger. Sie hatte nur wenige Tage Zeit gehabt, Backwaren für fünfhundert Leute herzustellen – ihre Spende, für die Michaela ihr als Gegenleistung großzügig freien Eintritt versprochen hatte. Zum Glück betrachteten die Angestellten bei Rorys Bäckereikette „Lavender Field“ einen solchen Großauftrag als Herausforderung und nicht als Problem.

„Schlimmer konnte es gar nicht sein“, antwortete Lauren auf Michaelas Frage, während im Hintergrund Popmusik vom Band lief. „Erinnerst du dich an den süßen Typen, den ich vor ungefähr vier Monaten übers Internet kennengelernt habe? Den Vermögensberater?“

„Hast du uns nicht einige seiner Nachrichten gezeigt?“, fragte Rory. „Und ein Foto von ihm? Ich fand, er sah nett aus.“

„Oh, er ist nett“, versicherte Lauren ihnen. „Seine Mutter hat es mir bei unserer Verabredung erzählt.“

Michaela stellte ihr Glas Sodawasser laut auf dem Tisch ab. „Ihr seid schon in der Elternkennenlernphase? Gibt es vielleicht etwas, das du uns verheimlichst? Sollten wir uns etwa schon nach rosa Brautjungfernkleidern umsehen?“

„Oh nein, keineswegs. Er hat mir vieles verschwiegen.“ Lauren schaute ihre Schwestern an. „Zum Beispiel, dass er in Wirklichkeit gar kein Vermögensberater ist. Er ist ein ewiger Student und wohnt mit Anfang dreißig immer noch bei seiner Mom.“

„Wie ist die ins Spiel gekommen?“, wollte Rory wissen.

„Er hat sie zu unserem Date mitgebracht. Im Grunde ist sie viel interessanter als ihr Sohn. Er schreibt wunderschöne E-Mails, aber in Wirklichkeit ist er ein Langweiler.“ Lauren winkte ab und verdrängte die Erinnerung an ihren kurzen Ausflug ins Reich der Online-Beziehungen, der als Recherche für einen Artikel begonnen und mit einem Dinner mit einer witzigen älteren Archäologin geendet hatte. Ach ja, und mit deren Sohn.

„Was den heutigen Abend betrifft, werde ich es wie du halten, Mikki. Ich lege die Männer in die Warteschleife und konzentriere mich auf Wichtigeres – wie zum Beispiel auf meine nächste Story.“

Michaela überging die Bemerkung über ihr freudloses Liebesleben. „Bist du sicher?“ Sie berührte den kleinen kofferförmigen Anhänger aus Weißgold, den Lauren wie alle anderen weiblichen Gäste an einer Halskette trug. „Was ist, wenn Johnny Depp mit dem Schlüssel zu deinem Köfferchen auftaucht und ihr die Reise für zwei Personen gewinnt?“

„Er ist nicht eingeladen. Und selbst wenn er es wäre, würde ich mit dir tauschen, und du könntest ihn haben. Ich bin hier, um mich unters Volk zu mischen und Leute zu befragen. Das ist alles.“

Bevor Michaela etwas erwidern konnte, schob eine Frau den weinroten Samtvorhang auf der Bühne beiseite und griff zum Mikrofon. Die Musik verstummte, das Stimmengewirr im Saal wurde leiser. „Ich heiße Sie alle herzlich willkommen. Ich bin Maureen Baxter und bin heute Abend Ihre Gastgeberin.“

Sie hielt inne, während die Menge anerkennend johlte und pfiff. Maureen war groß und elegant, ihr dunkles Haar hatte einen modischen Schnitt, und die Pailletten auf ihrem Chiffonkleid glitzerten im Scheinwerferlicht. Sie war als Waise im alten Haus in der Garrison Street aufgewachsen, wo Emma Constable, Rorys leibliche Mutter und Laurens und Michaelas Pflegemutter, schwer vermittelbare elternlose Teenager bei sich aufnahm. Dort hatte Lauren schließlich ihre wahre Familie gefunden.

„Ihr fragt euch sicher, was es mit den Schlüsseln und Schlössern auf sich hat, die ihr an der Tür bekommen habt. Also, so funktioniert’s. Die Männer haben die Schlüssel. Die Frauen haben kleine Koffer als Anhänger.“ Maureen senkte die Stimme. „Ja, Mädels, aus Weißgold, gestiftet vom Juwelier Deerfield, und ihr dürft sie behalten.“ Dafür gab es einen besonderen Applaus. „Jungs, eure Aufgabe ist es, die Frau zu finden, deren Schloss zu eurem Schlüssel passt. Jedes Paar, das sich findet, bekommt einen Preis und die Chance auf den Hauptgewinn – einen Kurztrip für zwei Personen.“

Das Publikum jubelte. Maureen hob, um Ruhe bittend, die Hände.

„Lasst uns dabei nicht vergessen, warum wir eigentlich hier sind. Die heutige Veranstaltung ist sehr wichtig, weil der Fonds für das Baxter-Haus damit erheblich aufgestockt wird. Das Grundstück dafür habe ich geerbt. Die Planungsphase ist inzwischen beendet, das Fundament ist gegossen, und ein paar Bauunternehmer – unter ihnen ein wunderbarer Mann, der heute Abend bei uns ist – haben ihre Dienste kostenlos zur Verfügung gestellt.“

Lauren sah Michaela und Rory an und machte ein beeindrucktes Gesicht.

„Toll, Maureen!“, rief Michaela in Richtung Bühne, dann wandte sie sich an ihre Schwestern. „Ihr könnt mir glauben, dass sie dafür hart gearbeitet hat.“

„Eure kleinen Anhänger haben eine tiefere Bedeutung, die jedes ehemalige Heimkind kennt“, fuhr Maureen fort. „Manchmal passt der ganze Besitz in einen einzigen Matchbeutel oder in einen einzigen Koffer – alle Erinnerungen, alles, was einem etwas bedeutet. Einige von euch wissen aus eigener Erfahrung, wovon ich rede.“

Die drei Frauen schauten sich an. Manche Kinder hatten bei der Einweisung ins Heim viele Sachen dabei. Manche besaßen gar nichts. Lauren hatte zu denen gehört, die mit nur einem Beutel gekommen waren – eine schlaksige Fünfzehnjährige, die als einzige persönliche Erinnerung nur ein Bild von sich als Baby zusammen mit ihren Eltern bei sich hatte.

„Euer Eintritt von fünfzig Dollar wandert nicht in den Klub oder in die Berichterstattung in den Medien“, versicherte Maureen. „Das Geld fließt ausschließlich in den Fonds, damit wir weiteres Baumaterial kaufen können. Mit dem Baxter-Haus schaffen wir eine Einrichtung für Mädchen aus Waisenhäusern, die mit Erreichen der Volljährigkeit aus der staatlichen Obhut entlassen werden, aber noch nicht so weit sind, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich bin euch unendlich dankbar, dass ihr dieses Projekt unterstützt.“

Maureen lächelte und deutete auf die Band, die sich während der Ansprache langsam hinter ihr auf der Bühne aufgestellt hatte. „Doch nun wollen wir erst einmal feiern. Seht euch um, findet euren Schlüsselpartner und amüsiert euch gut!“

Die Band begann mit einem schnellen Titel, und Lauren wippte mit der Fußspitze im Takt der Musik. Irgendwo in dem überfüllten Klub war jemand, der den passenden Schlüssel zu ihrem Schloss hatte, aber Lauren konnte sich nicht überwinden, deswegen von einem Mann zum anderen zu gehen. Einige Gäste schienen viel Spaß dabei zu haben. Sie hingegen war hier, um zu arbeiten. Und damit sollte sie lieber bald mal anfangen.

Sie beugte sich zu Rory hinüber. „Ich versuche, ein paar Kommentare einzufangen. Musst du noch in die Küche?“

Die Bäckerei „Lavender Field“ war spezialisiert auf eine verwirrende Vielfalt an Broten, Brötchen und anderen Köstlichkeiten. Stand ein Karton mit Rorys grün-lila Firmenlogo im Pausenraum eines Unternehmens, konnte man schon daran erkennen, wie gut die Angestellten dort behandelt wurden.

Rory trank ihren Drink aus und drapierte ihren lavendelfarbenen Schal über der Stuhllehne. „Um Himmels willen, nein. Ich gehe tanzen.“

Lauren beobachtete, wie ihre Schwester einem Mann auf die Schulter tippte und ihn seinen Schlüssel an ihrem Anhänger ausprobieren ließ, bevor sie mit ihm in dem Gewühl auf der Tanzfläche verschwand.

Musik ertönte von der Bühne, Lichtkegel blitzten auf und kreisten über die Menge, und irgendwo im Hintergrund kreischte eine Frau vor Vergnügen. Die Leute lachten und redeten beim Tanzen, während Lauren den Raum nach ihrem ersten Opfer absuchte.

Über die Hintergründe der Party wusste sie bestens Bescheid. Was ihr noch fehlte, war eine Stimme aus dem Volk, von jemandem, der nicht wegen des wohltätigen Zwecks gekommen war, sondern weil er tief im Innern hoffte, hier die wahre Liebe zu finden. Oder zumindest einen Partner für einen Abend.

Sie steuerte auf eine junge Asiatin in einem türkisfarbenen Seidenkleid zu, die halb verdeckt von den schweren Samtvorhängen in einer Nische saß. Als das Mädchen den Kopf umwandte, erkannte Lauren zu ihrer Überraschung ihre Mitbewohnerin Vivien Li.

„Sorry, ich bin nicht lesbisch“, bemerkte Vivien trocken, als Lauren neben sie auf die Bank rutschte.

„Und ob du das bist. So leicht kommst du mir nicht davon“ Lauren schmunzelte. „Hübsches Kleid. Du hast mir gar nicht erzählt, dass du auch auf diese Party gehst.“

Sie und Vivien wohnten seit ihrem ersten Jahr in Berkeley zusammen. Nach ihrem Abschluss – Lauren hatte Kommunikationswissenschaften studiert und Vivien Informatik – waren sie beide der Meinung gewesen, dass es keinen Grund gab, dieses bequeme Arrangement aufzugeben. Außerdem, dachte Lauren oft, wer würde schon eine Mitbewohnerin gehen lassen, die so gut kochen konnte wie Vivien? Daher teilten sie sich weiterhin die Miete. Lauren verdiente ihr Geld als freiberufliche Journalistin, während Vivien ihr Anschlussstudium mit einem Aushilfsjob finanzierte.

„Ein Kollege hat mir seine Eintrittskarte überlassen, weil ihm in letzter Minute etwas dazwischengekommen ist. Auf dem Ticket steht: ‚Entschlüssle die Möglichkeiten.‘ Was genau soll das heißen?“

Lauren lachte. „Genau das will ich herausfinden. Wie wäre es, wenn ich dich für ‚Inside Out‘ interviewe?“ Sie nahm ihren Minirekorder aus ihrem Abendtäschchen und stellte ihn eingeschaltet auf den Tisch.

„Warum muss immer ich als dein Versuchskaninchen herhalten?“, beklagte sich Vivien. „Deine Lorelei macht mich noch ganz krank.“

„Und mich macht meine Redakteurin krank. Ständig sitzt sie mir im Nacken.“

Abgesehen davon machte Lauren die Arbeit Spaß. Und ein regelmäßiger Gehaltsscheck war auch nicht zu verachten. Allerdings träumte sie davon, irgendwann einmal für ein hochklassiges Magazin zu schreiben, und zwar nicht nur als freie Mitarbeiterin. Eines Tages würde sie zum Team von „Left Coast“ gehören, einer anspruchsvollen Zeitschrift mit Redaktionssitz in San Francisco, in der immer wieder Storys erschienen, die für bedeutende Medienpreise nominiert wurden.

Nur waren ihre Lorelei-Kolumne und der Blog wohl kaum das geeignete Sprungbrett dorthin. Im Gegenteil, sie könnten eher ein Hemmschuh sein.

„Ich brauche ein paar Meinungen zu dieser Geschichte mit den Schlüsseln“, fuhr Lauren unbeirrt fort. „Was ist das Besondere daran?“

Vivien überlegte. „Eine Schlüsselparty ist persönlicher als Bekanntschaftsanzeigen, aber nicht so verbindlich wie eine Verabredung zum Dinner und ins Kino. Es ist alles ziemlich locker – der Schlüssel passt, du findest dein Gegenüber sympathisch, hängst eine Weile mit ihm rum und siehst dann weiter. Es ist irgendwie cool.“

Lauren schaltete den Rekorder aus. Cool. Das war gut. Genau das Richtige für „Inside Out“, während „Left Coast“ wahrscheinlich die Nase darüber rümpfen würde. „Danke.“

„Nichts für ungut, aber jetzt muss ich aktiv werden.“ Vivien gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange und stand auf. „Ich muss einen Schwulen finden, der seinen Schlüssel gegen meinen Anhänger eintauscht. Dann haben wir beide die Chance, den passenden Partner zu finden.“

Lauren folgte ihr ins Gedränge und versuchte in der nächsten Dreiviertelstunde weitere Stellungnahmen zu bekommen.

„Darf ich mal probieren?“

Wenn’s denn sein muss. Lauren hatte mittlerweile mindestens fünf mehr oder weniger anzügliche Varianten dieser Bitte gehört. Sie setzte ein höfliches Lächeln auf und drehte sich zu dem Mann – nun, wohl eher einem Jungen – in der abgewetzten Lederjacke um. Nachdenklich musterte sie ihn, während er den winzigen Schlüssel in ihren Anhänger schob. Der Typ kam ihr bekannt vor. Wo hatte sie ihn nur schon einmal gesehen?

Ihr Schloss ging nicht auf. Ein Glück, dachte sie.

„Trotzdem danke“, sagte er fröhlich. Er schien keineswegs enttäuscht zu sein, sondern zog munter weiter und versuchte es als Nächstes bei Rory.

Die Paare, die sich inzwischen gefunden hatten, versammelten sich auf der Bühne, wo Maureen eifrig Preise verteilte und die nummerierten Zettel aus den Medaillons in eine große Lostrommel steckte.

Lauren kehrte an ihren Tisch zurück und rückte dichter an Rory heran, die ebenfalls eine Pause machte. „Gibt es einen Grund, warum mir dieser Typ eben so bekannt vorkam?“

Rory wusste über solche Sachen Bescheid. Eine Frau, die Zeitschriften wie „People“ und „Variety“ abonniert hatte, musste es schließlich wissen.

„Er spielt in ‚Alien Bodyguard‘ mit.“

Lauren schnippte mit den Fingern. „Genau.“ Er hatte den unglücklichen jüngeren Bruder gespielt, der in der ersten Folge der TV-Serie, die Lorelei gnadenlos verrissen hatte, umgebracht wurde. Sie sollte ihn lieber interviewen, bevor er jemanden mit dem passenden Schloss für seinen Schlüssel fand. Schließlich bekam man nicht jeden Tag ein Zitat von einem Prominenten.

„Noch keine Spur von Johnny Depp?“ Michaela kam mit einem gut aussehenden Kellner an den Tisch, der ihnen die Getränke servierte – inklusive eines Softdrinks für sie selbst.

Gut so, Mikki. Lauren war immer wieder erleichtert, wenn ihre Schwester, die nach ihrer Scheidung vor vier Jahren eine schwere Alkoholkrise durchlitten hatte, der Versuchung widerstand.

„Warum müssen sie die Frauen unbedingt mit Männern zusammenführen?“, bemerkte Lauren. „Mein perfektes Date wäre eine nette alte Dame, die sich früh zur Ruhe begibt. Dann könnte ich nach Hause fahren und mit meinem Artikel anfangen.“

Michaela stieß sie mit dem Ellbogen an. „Sei nicht so verbissen. Amüsier dich ein bisschen. Dein Partner könnte groß, reich und ungeheuer attraktiv sein.“

„Ich hoffe, dass er groß, reich und schwul ist, dann könnte ich Vivien seinen Schlüssel geben. Vergiss nicht, ich interessiere mich für ein Motorrad, nicht für einen Mann.“

„Was ist mit dem Spaß? Du entwickelst dich immer mehr zum Workaholic.“ Michaela wirkte halb belustigt, halb verärgert. „Komm, lass uns tanzen.“

Bevor Lauren antworten konnte, stieß Rory Michaela an, die bei dem Anblick des Mannes, der auf sie zukam, erstarrte.

„Oh nein!“, murmelte Lauren.

Nolan Baylor, Michaelas Exgatte, steuerte mit einem selbstsicheren Lächeln zielstrebig auf ihre Schwester zu. Aber wie war das möglich? Hatte er seine Anwaltskanzlei nicht in Los Angeles? Was machte er hier? Und was fiel ihm ein, Michaela mit seiner Anwesenheit den Abend zu verderben?

Doch wie jeder in ihrer Familie wusste, konnte Michaela Correlli selbst auf sich aufpassen. „Was, zum Teufel, machst du hier?“, fauchte sie ihn an.

Nolan grinste nur und zückte einen kleinen weißgoldenen Schlüssel.

Lauren wusste nicht, ob sie aufspringen und Nolan die Augen auskratzen sollte oder ob sie das Michaela überlassen sollte. Die Luft knisterte vor Spannung. Obwohl Michaelas Augen vor Ärger und Verachtung funkelten, versuchte sie ihren Exmann weitgehend zu ignorieren und ihren Schwestern stattdessen seinen Freund Tucker Schulz vorzustellen. Tuckers Blick signalisierte Interesse, aber danach stand Lauren nun wirklich nicht der Sinn.

Zum Glück gab es in ihrer Vergangenheit keine Männer, die plötzlich wieder aus der Versenkung auftauchen und ihr die Stimmung verderben könnten. Sie hatte es auch so schon schwer genug gehabt. Nachdem sie in ihre Pflegefamilie gekommen war, hatte sie noch Jahre gebraucht, bis sie den Menschen, die ihr sagten, dass sie sie liebten, glauben konnte. Ihre Kindheit hatte sie das Gegenteil gelehrt. Ihr Vater war getürmt, als sie zehn war. Als sie vierzehn war, hatte ihre Mutter vor der Wahl zwischen ihrer Heroinsucht und ihrer Tochter gestanden. Und ihre Entscheidung hatte sie das Leben gekostet.

Deshalb war Liebe – die Art Liebe, die eine dauerhafte Bindung und vielleicht sogar eigene Kinder bedeutete – eine ziemlich beängstigende Vorstellung für Lauren.

Nicht, dass sie grundsätzlich etwas gegen eine feste Beziehung hatte. Sie würde schließlich bald einunddreißig werden. Aber sie schien ein Talent dafür zu haben, Männer anzuziehen, für die sie nur Nebensache war. Wie Carl, der lieber Computerspiele programmierte, als etwas mit ihr zu unternehmen. Oder Luis, der nichts gegen ein eigenes Zuhause und Kinder gehabt hätte, wenn auch seine Mutter und alle übrigen Mitglieder seiner großen Familie jederzeit bei ihnen hätten ein und aus gehen können.

Lauren fühlte sich wie ein Feigling, als sie sich unter dem Vorwand, weiterarbeiten zu müssen, verdrückte und sich wieder unter die Leute mischte. Während sie ihren Blick schweifen ließ, strich sie sich gedankenverloren über ihre honigblonde Lockenfülle, die Rory ihr geschickt zu einem wilden Knoten aufgesteckt hatte.

Sie musste sich ein Motto für ihren Artikel überlegen. Was sagte es über eine Gesellschaft aus, wenn man auf der Suche nach einem Partner im Internet surfte, so wie man durch TV-Programme zappte, bis man etwas halbwegs Interessantes gefunden hatte?

Hm. Das war ein guter Ansatz. Nach der Einleitung könnte sie dann …

„Entschuldigung“, hörte sie eine Baritonstimme hinter sich. Lauren drehte sich um und sah direkt auf die breite Brust eines Mannes. Ihr Blick wanderte höher. Das war der Stoff, aus dem Träume gemacht wurden.

Eine Strähne seines dunklen, etwas längeren Haares fiel ihm über das linke Auge. Statt ungepflegt wirkte er dadurch eher faszinierend und geheimnisvoll. Er lächelte, und das ließ ihn auf einen Schlag zehn Jahre jünger aussehen. Es war die Art Lächeln, bei der eine Frau zweimal hinschaute – mit jungenhaftem Charme und männlicher Neugier. Warum nur wurden den Frauen die Knie weich, wenn ein Mann beim Lächeln Grübchen in den Wangen hatte? Außerdem hatte er schöne dunkle Augen, die von langen Wimpern umrahmt waren.

„Darf ich?“ Er hielt seinen Schlüssel hoch.

Ein Wunder. Keine plumpe Anmache. Der Mann war nicht nur zum Anbeißen, er hatte auch Stil.

„Sicher.“ Lauren erschauerte, als er mit seinen Fingern ihr pfirsichfarbenes Seidentop streifte. Nicht zum ersten Mal wünschte sie, dass sie ein bisschen üppiger gebaut wäre, damit sich dieser Wahnsinnstyp mehr auf sie konzentrierte statt auf das Köfferchen an ihrer Halskette.

Er führte seinen Schlüssel in das Schloss ein und drehte ihn herum.

Lauren hatte nicht damit gerechnet, dass irgendjemand ihr Schloss öffnen würde. Sie war so darauf erpicht gewesen, Leute zu interviewen, dass sie den meisten Gelegenheiten aus dem Weg gegangen war. Was jetzt? Etwa verschwinden, wie sie es noch vor ein paar Minuten vorgehabt hatte?

„Endlich.“ Er lächelte sie an. „Ich muss zugeben, dass ich eher wegen des guten Zwecks als wegen dieses albernen Spiels gekommen bin. Aber jetzt glaube ich, dass das Glück auf meiner Seite ist.“

„Wir werden sehen.“ Lauren gab sich trotz ihrer Verwirrung betont unbefangen, als sie den Papierabschnitt aus ihrem Anhänger fischte. „Wir geben diesen kleinen Zettel bei Maureen ab und holen uns unseren Preis. Danach brauchst du dich nicht weiter um mich zu kümmern. Ich muss mich noch mit jemandem unterhalten.“

„Oh nein. Wir hängen da zusammen drin.“

Er streckte ihr seine Hand hin, und statt sich in Ausreden zu flüchten, ließ sie sich widerspruchslos von ihm zur Bühne führen.

„Ich heiße übrigens Josh.“ Er sah sie an und zog dabei fragend eine Augenbraue hoch.

Lauren seufzte. Du musst heute Abend arbeiten. Oder? „Ich bin Lauren.“

Er drückte ihre Hand und schien etwas sagen zu wollen, doch da entdeckte Lauren hinter einer Traube von Menschen den Schauspieler von vorhin.

„Josh, ich will nicht unhöflich sein, aber ich muss wirklich mit jemandem reden.“ Sie versuchte, ihre Finger aus seinem Griff zu lösen, und fragte sich zugleich, warum sie ihre Chance bei diesem umwerfend attraktiven Mann einfach so sausen ließ. „Ich bin Journalistin und hinter dem Jungen in der Lederjacke her.“

„Kit Maddox? Kein Problem, ich warte.“

In welchen Kreisen bewegte er sich, dass er den Namen des Schauspielers kannte? Vielleicht war er in der Filmbranche tätig. Vielleicht sollte sie ihn Rory vorstellen. Doch wahrscheinlich war er sowieso nicht mehr da, wenn sie zurückkam. Im Geiste gab Lauren ihm einen Abschiedskuss und eilte davon.

Fünf Minuten und einen Tanz später – hatte jemand eine Ahnung, wie schwierig es war, dabei einen Rekorder zu halten? – hatte sie endlich ihr Promizitat. Nun könnte sie eigentlich nach Hause gehen. Da entdeckte sie Josh genau an der Stelle, wo sie ihn hatte stehen lassen.

Ihr Herz schlug plötzlich schneller. Hatte er sie beim Tanzen mit Maddox beobachtet? Hatte ihm gefallen, was er gesehen hatte? Welche Präsenz dieser Mann hatte. Und das Sympathische war, dass er sich gar nicht bewusst zu sein schien, dass er die Blicke der Frauen auf sich zog.

Lässig bahnte er sich den Weg durch die Menge. „Ich habe gesehen, dass du Maddox erwischt hast. Hast du bekommen, was du wolltest?“

Josh hatte sie also tatsächlich beobachtet. „Ja, und jetzt möchte ich etwas von dir wissen. Wie machst du das?“

Er runzelte die Stirn. „Was denn?“

Lächelnd schüttelte sie den Kopf. Wenn er nicht wusste, welche Wirkung er auf Frauen hatte, umso besser.

„Verrate mir bitte, was du jetzt möchtest“, bat er. „Bevor ich selbst ein paar Vorschläge mache.“

Lauren schluckte. Seine Stimme klang verführerisch und gefährlich. Aber ihre Recherchen waren erledigt, und schließlich war es lange her, dass ein Mann sie so angesehen hatte.

„Ich möchte …“ Ich möchte, dass du mit mir irgendwo hingehst, wo es ruhig und dunkel ist. Nein, so etwas sagte man nicht zu einem Fremden. „Ich möchte dich interviewen“, antwortete sie stattdessen. „Ich arbeite an einem Artikel über Schlüsselpartys, und du bist umwerfend. Ich meine, perfekt. Ich meine, perfekt für meine Story.“ Was für ein peinliches Gestammel! Sie wäre am liebsten im Boden versunken.

Aber als Josh lachend den Kopf zurückwarf, spürte sie, dass er sie nicht auslachte. „Ist das alles, wozu du mich brauchst?“, fragte er schließlich lächelnd. „Ich hatte mir etwas mehr erhofft. Den Preis zum Beispiel. Danach einen Drink. Und einen Tanz. Für den Anfang.“

Unter seinem heißen Blick fiel Lauren das Atmen schwer, und in ihrem Bauch kribbelte es vor Aufregung. „Warum fangen wir nicht mit dem Preis an? Das ist der leichte Teil.“

„Und der Rest ist hart?“

Lauren warf ihm auf dem Weg zur Bühne einen koketten Seitenblick zu. „Das hängt von dir ab.“

Er lachte wieder, als sie das Podium erreichten. Maureen sah von Lauren zu deren Begleiter und schien sich sehr beherrschen zu müssen, nicht die Hand auszustrecken und ihn zu streicheln.

Lauren konnte es ihr kaum übel nehmen. Josh verlockte zu Berührungen. Sein Hemd schmiegte sich so verführerisch um seine Schultern und seine Brust, dass es einen reizte, herauszufinden, was sich unter dem Stoff verbarg. Und die schwarze Jeans betonte seine schmalen Hüften und langen Beine.

Josh nahm die Karten, die Maureen ihm reichte, und gab eine davon Lauren. „‚Dancing in the Street‘.“ Er schaute sie an. „Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich das letzte Mal im Theater gewesen bin. Bei meinem Arbeitspensum in der Vergangenheit muss es um 1999 gewesen sein.“

Oje. Das erinnerte sie an Carl, den Programmierer.

Ihre hoffnungsvolle Erwartung schlug in Enttäuschung um. Sie kannte solche Männer nur zu gut. Erst machten sie einer Frau den Hof, und wenn sie dann montags wieder im Büro saßen, dachten sie schon nicht mehr an sie.

Von solchen Erfahrungen hatte Lauren genug. Sie musste sich unauffällig zurückziehen. Hinter Joshs Rücken sah sie hastig über die Menge. Wo waren ihre Schwestern, wenn sie sie brauchte?

Die hübsche Lauren lange genug an einem Ort festzuhalten, um sich mit ihr unterhalten zu können, stellte sich als genauso schwierig heraus, wie den Filmemacher George Lucas für ein Interview zu gewinnen.

Josh hatte es bei George Lucas geschafft, und die Story hatte zu den Beiträgen gehört, die die Leser unter „Das Beste aus 2004“ gewählt hatten. Aber bis jetzt hatte er bei Lauren noch nichts erreicht. Nachdem er ihr die Theaterkarte gegeben hatte, war sie plötzlich verschwunden.

Sie ist nicht interessiert. Hak es ab.

Dabei hätte er schwören können, dass sie interessiert war. Schon wegen der Art, wie sie mit ihren haselnussbraunen Augen auf seinen Mund schaute, wenn er sprach. Oder wie sie ihn angestrahlt hatte, als sie ihn nach ihrem Tanz mit Kit Maddox am Rand der Tanzfläche entdeckt hatte. Es war schwer, einer Frau zu widerstehen, die einen so ansah.

Nicht, dass Josh ihr widerstehen wollte. Bisher hatte er sich auf seine Karriere und aufs Geldverdienen konzentriert, weil er dieses Gefühl der Sicherheit brauchte. Er hatte ein Gespür für zukunftsweisende Trends und hatte erfolgreich in junge Unternehmen im Silicon Valley investiert. Doch privat hatte ihm das nichts gebracht.

Womit er wieder bei diesem Klub und Maureen Baxters Schlüsselparty war. Einer der anderen Mitherausgeber der Zeitschrift „Left Coast“ hatte ihm vorgeschlagen, mitzukommen. Josh hatte sich nicht lange bitten lassen. Es wurde Zeit, dass er mehr in sein Liebesleben investierte …

Okay. Hier sind viele schöne Frauen mit tollen Beinen in kurzen schwarzen Röcken. Schnapp dir eine von denen.

Nein, dachte er trotzig. Ich habe den Schlüssel zu Laurens Schloss. Das muss etwas zu bedeuten haben.

Der Abenteurer in ihm liebte Herausforderungen. Der Logiker vermutete, dass Lauren sich genauso zu ihm hingezogen fühlte wie er sich zu ihr. Und der Mann in ihm wollte wissen, wie ihr sinnlicher Mund schmeckte und wollte ihre kleinen Brüste unter dem dünnen Seidentop erforschen.

Falls die Dinge sich überhaupt so weit entwickelten. Er würde jedenfalls alles tun, damit das geschah.

Fünfzehn Minuten später entdeckte Josh Lauren allein an einem Tisch in der Nähe der Tanzfläche. Sie sprach gerade etwas in ihren Minirekorder. Die Musik war langsamer geworden, und farbige Lichtreflexe blitzten kurz auf ihrer Haut auf, bevor sie erblassten und Lauren im gedämpften Schein der Tischlampe zurückließen.

Josh setzte sich auf den Stuhl neben ihr und wartete, bis sie ihren Gedanken zu Ende diktiert hatte. „Pausenlos im Einsatz“, stellte er mit einem Blick auf das Aufnahmegerät fest.

Sie entschuldigte sich nicht dafür, ihn stehen gelassen zu haben. Allerdings sah sie auch nicht unglücklich aus, ihn zu sehen. Wahrscheinlich war sie tatsächlich nur auf ihre Story konzentriert.

„Du hast mich noch nicht interviewt“, fuhr er fort. „Für wen schreibst du eigentlich?“

Lauren steckte den kleinen Apparat in ihre Handtasche. Dabei fiel ihr das Haar ins Gesicht. „Ich bin freiberuflich tätig. Ich schreibe im Grunde für jeden, der mich bezahlt.“

„Ich weiß, wie das ist“, erklärte er verständnisvoll. Wenn er auch inzwischen dreißig Prozent der Verlagsanteile besaß, ging es ihm doch in erster Linie ums Schreiben. Er hatte als freier Mitarbeiter bei den verschiedensten Zeitschriften Themen eingereicht. Dass er nun vollwertiges Redaktionsmitglied bei „Left Coast“ war, bedeutete ihm sehr viel. „In manchen Monaten konnte ich kaum die Miete bezahlen.“

Lauren warf ihr Haar zurück. „Du bist auch Journalist? Ich dachte, du wärst vielleicht im Filmgeschäft.“

Josh verzog das Gesicht. „Oh nein. Ich komme höchstens mal mit der Branche in Berührung, wenn ich einen Produzenten oder einen Schauspieler interviewe. Daher kenne ich auch Kit Maddox. Ich schreibe für ‚Left Coast‘.“

In ihren Augen flackerte kurz etwas auf, bevor sie die Lider senkte und es verbarg. „Du Glücklicher! Aber für einen Artikel über Schlüsselpartys interessiert sich deine Redaktion ganz bestimmt nicht.“

„Warum nicht?“, entgegnete er lässig. „Es kommt auf den Ansatz an.“

„Ach was. Die kaufen nur Geschichten, die preisverdächtig sind. Und ich kann mir kaum vorstellen, dass die Pulitzer-Jury solche Themen berücksichtigt.“

Ihrem Ton war nicht zu entnehmen, ob sie das gut oder schlecht fand. „Ich denke beim Schreiben nicht an die Meinung irgendwelcher Jurys“, betonte Josh. „Damit schränkst du dich nur in deiner Kreativität ein.“

Zu seiner Erleichterung hellte sich ihre Miene wieder auf. Einen Moment lang musterte er sie stumm. Ihre zarte Hart war leicht gebräunt, ihre Augen hatten im warmen Licht die Farbe von Tee. Wilde Locken hatten sich aus ihrer Frisur gelöst und fielen verführerisch um ihre Schultern. Unwillkürlich malte er sich aus, wie sich ihr Haar bei ihm auf dem Kopfkissen ausbreiten würde.

Heute Nacht.

Die Band spielte einen melodischen alten Blues. Im selben Moment hob Lauren den Blick von seinen Lippen und schaute ihm in die Augen. Ein heißer Schauer überlief ihn.

„Warum bist du vor mir weggelaufen?“, hörte er sich fragen.

Die sanfte Musik schien sie beide in ihren Bann zu ziehen. „Weil du eine Gefahr bist“, gestand Lauren.

Eine Gefahr? Hatte er sich verhört? Josh beugte sich vor und nahm den Duft ihres Parfüms wahr. „Wie kommst du darauf?“

„Es ist so wie bei Schokolade. Man sollte sie meiden, und dabei schmeckt sie doch so gut.“ Ihre Stimme klang heiser, und sie hatte ihren Blick wieder auf seinen Mund gerichtet, was Josh unglaublich erregend fand.

„Möchtest du tanzen?“, fragte er spontan.

Als Antwort stand sie auf und ließ sich von ihm auf die Tanzfläche führen. Er fühlte ihre kühlen, schlanken Finger in seinen. Die Hände einer Pianistin. Oder einer Journalistin, wie zum Tippen gemacht. Oder zum Streicheln.

Ihre Wange streifte seine, als sie ihre Schritte dem Rhythmus der Musik anpasste.

„Du tanzt gut“, murmelte er. Ein bisschen Small Talk würde ihm vielleicht helfen, sein Gleichgewicht wiederzufinden.

„Du magst die Art, wie ich mich bewege, nicht wahr?“

So viel zu Small Talk. Mit wenigen Worten hatte sie es geschafft, seine Gedanken auf ihre verführerische Ausstrahlung zu lenken. Ihr Haar duftete nach Wildkräutern und Limone, und ihre Beine berührten bei jedem Schritt seine. Er konnte vor Erregung kaum sprechen, und so räusperte er sich nur zustimmend.

„Ich habe Tanzen nie als Selbstzweck betrachtet“, meinte sie leise. „Es ist eher die Einleitung zu etwas, das noch viel mehr Spaß macht.“

„Wie zum Beispiel?“

„Einmal darfst du raten.“ Ihr Lächeln brachte ihn fast um den Verstand.

Beherrsch dich. Vielleicht verstehst du sie falsch. „Ein Interview?“

Sie kicherte an seiner Schulter, und er schloss genießerisch die Augen, als er ihre Brüste an seinem Oberkörper spürte. So viel zum Thema Beherrschung. Zweiter Versuch.

„Ich denke immer noch an meine Vorschläge von vorhin. Den Preis habe ich. Den Tanz jetzt auch. Danach könnten wir etwas trinken. Alles Weitere hängt von dir ab.“

Er hoffte, dass sie sich für „volle Kraft voraus“ entschied. Zwischen ihnen sprühten Funken, die jede Minute ein Feuerwerk entfachen könnten.

„Zurück zum Interview“, flüsterte sie. „Ich überlege, wie ich dich charakterisieren könnte.“

„Vielleicht als hart arbeitenden Journalisten, der eine Eigentumswohnung besitzt, sein Auto abbezahlt hat und stark interessiert an der Autorin des Artikels ist. Wie findest du das?“

„Hm, ich habe eher an eine sinnlichere Beschreibung gedacht. Ich würde dich mit einem dunklen Schokoladentrüffel vergleichen. Sündhaft, gehaltvoll und verlockend. Eine unwiderstehliche Versuchung.“

Josh gab es auf, sein Verlangen zu unterdrücken, da sie ihn offensichtlich auch begehrte. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich von dir wie ein Trüffel vernascht werden möchte“, murmelte er. „Zähne können einem Mann Angst machen.“

Wieder stießen ihre Brüste sanft an seinen Oberkörper, als sie ein Lachen unterdrückte. Und wieder jagten erregende Schauer über seinen Rücken.

„Ich beiße bei einem Trüffel nie zu. Ich liebe es, ihn abzulecken, bis er schmilzt, und dann die köstliche Füllung mit der Zunge zu erforschen.“

Josh hatte das Gefühl, sein Herzschlag setzte aus. Das Blut kochte in seinen Adern, und er überlegte fieberhaft, wo er sie für sich allein haben könnte. Dann erinnerte er sich daran, dass es in diesem Klub noch kleinere Gesellschaftsräume gab. Mit etwas Glück würde einer davon leer sein. Er schlang seinen Arm noch fester um Lauren und tanzte mit ihr zum anderen Ende des Saals.

Ich mach mich ja lächerlich, dachte Lauren, als sie versuchte, wieder zur Vernunft zu kommen, wovon ihr Körper absolut nichts wissen wollte.

Ja, sie tanzte zu einer sehr sinnlichen und langsamen Melodie mit einem Mann, bei dem ihr die Knie weich wurden. Ja, ihr vernachlässigtes Liebesleben hatte sich gerächt und sie dazu gebracht, ihm schamlos ihr Interesse zu signalisieren.

Warum nur musste es ausgerechnet ein Mitarbeiter von „Left Coast“ sein, dem Magazin, bei dem sie für ihr Leben gern arbeiten würde?

Morgen würde sie mit Rory und Michaela bei einem Caffè Latte und Rorys berühmten Blaubeer-Käse-Croissants darüber lachen. Doch nun wollte sie diese herrlichen Momente bis zur letzten Sekunde genießen.

Denn natürlich würde dieser Traum nicht von Dauer sein. Lauren konnte es sich nicht leisten, mit Josh in Kontakt zu bleiben. Wenn durch ihn bei „Left Coast“ bekannt würde, dass sie hinter der umstrittenen Lorelei-Kolumne steckte, würde ihr dort keiner eine Chance geben.

Josh legte seinen Arm fester um sie, und Lauren merkte erst jetzt, dass er mit ihr in einen leeren, dunklen Raum getanzt war.

„Endlich“, murmelte er und zog sie eng an sich. Auf der Tanzfläche hatten sie sich noch zurückhalten müssen, aber hier gab es keine Zuschauer.

Ja, es war gefährlich. Doch es fühlte sich so gut an. Die beiden Cocktails, die sie vorher getrunken hatte, hatten ihre Hemmschwelle gesenkt. Sie wollte Josh und schlang die Arme um seinen Nacken. Als sie sich an ihn schmiegte, spürte sie seine Erregung so deutlich, dass es ein Feuerwerk an Empfindungen in ihr auslöste.

„Josh, was ist, wenn jemand hereinkommt?“

„Wir tanzen eng umschlungen“, murmelte er, während er ihr Ohr mit seinen Lippen streifte und sich mit den Hüften an sie drängte. „Was ist schon dabei?“

Lauren erschauerte. Wenn ihr Körper schon so heftig auf seinen Mund reagierte, wenn er nur redete, was würde dann erst passieren, wenn er sie tatsächlich küsste?

„Was hast du nur an dir, das mich so verrückt macht?“, flüsterte Josh und kitzelte ihr Ohrläppchen mit seiner Zungenspitze. Eine Welle heißer Glut durchströmte Lauren, und sie schloss die Augen.

„Vielleicht meinen messerscharfen Verstand?“

Er strich mit den Händen über ihren Rock. „Vielleicht. Das reicht für den Anfang.“

Lauren konnte es keine Sekunde länger aushalten. Sie drückte ihn mit dem Rücken an die Vertäfelung und küsste ihn.

Er seufzte und öffnete die Lippen. Sein Mund lockte, seine Zunge verführte, und ehe Lauren sich’s versah, war sie diejenige, die mit dem Rücken an der Wand stand. Sie klammerte sich an ihn, weil sie fürchtete, sonst zu fallen, und legte ihre ganze Leidenschaft in diesen Kuss.

Josh löste sich von ihr, um sie zu Atem kommen zu lassen. Zärtlich ließ er seine Lippen zum Ausschnitt ihres Tops wandern und überzog ihr Dekolleté mit Küssen.

Als er ihre Brust umfasste und die Spitze mit seinem Daumen reizte, hatte Lauren das Gefühl, schon kurz vor dem Höhepunkt zu sein. Sie konnte ihre Lust kaum noch beherrschen.

Mit der anderen Hand fuhr Josh blitzschnell unter ihren kurzen schwarzen Chiffonrock.

„Keine Strümpfe“, raunte er ihr ins Ohr. Sein heißer Atem ließ sie erneut erschauern. Er streichelte ihren Oberschenkel und ihren fast nackten Po. „Ein Tanga“, stellte er anerkennend fest. „Welche Farbe?“

Welche Farbe? Die Farbe von erhitzter Haut, die Farbe von reifen Früchten und … ach ja, die Farbe ihres Tops.

„Pfirsich“, brachte sie hervor.

„Ich liebe Pfirsiche.“ Er ließ einen Finger unter die elastische Spitze gleiten.

„Josh“, flüsterte sie und seufzte, „jemand wird kommen …“

„Das hoffe ich“, erwiderte er und ließ seine Hand langsam zwischen ihre Beine wandern.

Lauren hielt sich an ihm fest, als er mit dem Finger in sie eindrang. Längst schon war sie bereit für ihn. Mit wenigen Berührungen hatte er sie so weit, dass sie um Erlösung bettelte, und als er sie darauf noch intensiver liebkoste, verlor sie jegliche Kontrolle über sich und erreichte einen wilden Höhepunkt, der sie bis in die Fingerspitzen erbeben ließ.

Stumm warf sie den Kopf zurück. Ihr Körper stand wie unter Strom, während Josh ihren Rock fallen ließ und sie mit einem leidenschaftlichen Kuss an die Wand presste.

Sekunden später betrat Maureen Baxter mit einem halben Dutzend Investoren den Raum.

Aus Loreleis Blog

Bevor ich zur Schlüsselparty in „Clementine’s Club“ ging, war ich nicht gerade heiß darauf, dass irgendein fremder Typ mein Schloss öffnet. Denn wie realistisch ist es wohl, auf diese Weise jemanden zu finden, der zu einem passt? Die Chancen, in der Lotterie zu gewinnen, stehen günstiger. Doch nun muss ich meine Meinung revidieren. Die Party war ein überwältigender Erfolg – und damit meine ich nicht nur die zahlreichen Spenden für das Baxter-Haus, an dem die Bauarbeiten nun fortgesetzt werden können. Ich meine damit, dass ich jemanden kennengelernt habe. Vielleicht ist es ganz vernünftig, Liebe nur für einen Abend zu erwarten. Oder für eine Stunde. Jedenfalls habe ich nach dem Motto auf den Eintrittskarten gehandelt und ein paar Möglichkeiten entschlüsselt. Für fünfzig Dollar kann man nicht mehr erwarten.

Wollt ihr mehr über Schlüsselpartys, Speed Dating und andere postmoderne Sitten wissen, holt euch „San Francisco Inside Out“ und lest Lauren Masseys Artikel im Szeneteil. Sie war auch bei Clementine, in Begleitung der ebenso schönen wie furchterregenden Jugendanwältin Michaela Correlli und der göttlichen Aurora Constable, der Inhaberin von „Lavender Field“. Habe ich schon die fabelhaften Blaubeer-Käse-Croissants erwähnt?

2. KAPITEL

Um drei Uhr morgens schickte Lauren den Artikel „Der Schlüssel zum Herzen einer Frau“ per E-Mail an die Redaktion von „Inside Out“, damit das Produktionsteam ihn in das Layout für die nächste Ausgabe einfügen konnte. Loreleis Blog war bereits im Netz und wartete auf die Stammbesucher, die beim Morgenkaffee über ihre Erfahrung auf der Schlüsselparty lesen würden. Dass Lorelei sogar verriet, dass sie auf einer Party in dieser Stadt jemanden kennengelernt hatte, war ungewöhnlich und garantierte rege Bewegung auf der Website. Und wenn nur ein kleiner Prozentsatz der vielen Internetnutzer an den Kiosk gehen würde, um die Zeitschrift zu kaufen, würde ihre Redakteurin zufrieden sein und sie in Ruhe lassen. Vielleicht sogar die ganze Woche lang.

Es war ein guter Artikel. Sie könnte ihn vielleicht sogar als Arbeitsprobe gebrauchen, falls sie jemals ein Bewerbungsgespräch bei „Left Coast“ haben sollte. Left Coast … Josh … Mit Laurens Konzentration war es vorbei.

Ein Schlüssel klapperte im Türschloss, und Vivien huschte in die Wohnung. Sie wirkte ein wenig zerzaust. Lauren schaute lächelnd über ihre Schulter.

„He, möchtest du einen Schlummertrunk? Rory hat einen Chardonnay für mich ergattert, der von der Party übrig geblieben ist. Nicht zu vergessen zwei kleine Kartons mit Köstlichkeiten aus ihrer Bäckerei.“

Vivien lächelte schwach. „Nein danke. Mir graut eh schon vor meinem Kater morgen früh.“

„Armes Mädchen.“ Lauren klappte ihren Laptop zu. „Wie ist es gelaufen?“

Vivien streifte ihre High Heels ab und fasste nach dem Reißverschluss in ihrem Rücken. „Ich habe jemanden kennengelernt.“ Sie schlüpfte aus dem engen Kleid und ging in ihr Zimmer, um es auf einen Bügel zu hängen.

„Wirklich? Verdammt, ich hätte auf dich warten sollen. Dann hätte ich das noch in meinen Artikel einflechten können.“

Vivien kam im Bademantel in die Küche und sank auf einen Stuhl. Sie seufzte und blinzelte Lauren zu. „Das Leben wäre viel einfacher, wenn du auch lesbisch wärst.“

„Süße, du weißt, dass wir ein furchtbares Paar abgeben würden.“

„Ich weiß, ich weiß. Aber meine Grandma mag dich.“

„Irgendwann wirst du es ihr sagen müssen.“

Vivien legte ihre gerötete Wange auf die kühle Tischplatte. „Ich kann es nicht. Sie stammt aus der Provinz Shandong, woran sie mich bei jeder Gelegenheit erinnert. Anscheinend gibt es weder Schwule noch Lesben. Sie ist sehr traditionsbewusst. Die Schande würde sie umbringen.“

Vivien hatte sich im letzten Jahr an der Uni zu ihrer Homosexualität bekannt. Es war eine schwierige Zeit gewesen, in der Lauren ihr beigestanden hatte. Seitdem verband die beiden jungen Frauen eine tiefe Freundschaft.

„Wenigstens müsstest du dann nicht mehr mit begehrenswerten chinesischen Junggesellen ausgehen“, gab Lauren zu bedenken. „Und denk daran, wie gut dein Vater es verkraftet hat, als du es ihm gebeichtet hast. Vielleicht könnte er es deiner Großmutter beibringen.“

Vivien richtete sich auf. „Nein, es ist nicht Dads Problem. Ich muss es selbst tun, aber ich kann es nicht.“ Sie seufzte. „Vielleicht sollte ich doch etwas trinken.“

Während Lauren die Flasche entkorkte, erzählte Vivien ihr von der Frau, die sie auf der Party kennengelernt hatte. „Und wie war es bei dir?“, fragte sie, nachdem sie einen Schluck Wein getrunken hatte. „Ich sah einen großen Kerl mit knackigem Po auf dich zuschlendern, nur wie es weiterging, habe ich nicht mitbekommen.“

Lauren setzte sich seufzend auf die Couch aus zweiter Hand. „Das Endergebnis war ein Orgasmus. Und noch dazu ein besonders schöner.“ Sie lächelte versonnen.

„Was?“ Vivien hielt ihren Bademantel vor der Brust zusammen und sah sich hektisch um. „Ist der Typ etwa noch hier?“

„Nein, nein.“ Lauren machte eine beschwichtigende Geste. „Er ist nie hier gewesen.“ Sie grinste. „Es ist im Klub passiert.“

Ihre Mitbewohnerin starrte sie an. „Erzähl mir alles.“

Als Lauren ihre Geschichte beendet hatte, trank Vivien ihr Glas Wein in einem Zug aus. „Willst du damit sagen …“

„Genau.“

„Direkt in dem …“

„Ja.“

„Und als Maureen hereinkam …“

„Hat sie nur ein Paar gesehen, das sich küsste, und es als Erfolg für das Konzept einer Schlüsselparty gewertet.“

„Wissen deine Schwestern davon?“

Lauren zögerte kurz. „Nein.“ Michaela würde sich darüber amüsieren, aber Rory war Männern gegenüber extrem misstrauisch. „Ich finde, ich sollte warten, bis die Dinge ein wenig weiter gediehen sind, bevor ich ihnen davon erzähle.“

„Weiter gediehen? Was heißt das? Er entzündet erst ein Feuerwerk bei dir und gibt dir dann einen Abschiedskuss? Wo ist er? Oder vielleicht sollte ich fragen, warum du hier bist?“

Lauren hatte sich das in den vergangenen zwei Stunden selbst gefragt. Die linke Hälfte ihres Gehirns war mit dem Schreiben des Artikels beschäftigt gewesen, während ihre rechte Gehirnhälfte von Josh durchdrungen war – seinem Duft, seiner Wärme, dem Gefühl von seinen Händen auf ihrer Haut. Der Himmel wusste, was passieren würde, wenn sie tatsächlich miteinander schlafen würden.

Vivien wartete immer noch auf eine Antwort.

„Ich musste den Artikel schreiben.“

Vivien zog eine Augenbraue hoch. „Und das ist der Grund, weshalb du nicht mit dem Mann nach Hause gegangen bist?“ Sie schüttelte den Kopf. „Du musst damit aufhören, immer einen Rückzieher zu machen, wenn es spannend wird.“

Lauren fühlte sich ertappt, doch sie verteidigte sich. „Ich musste wirklich arbeiten. Außerdem habe ich so die Kontrolle darüber, wie es weitergeht.“

„Was willst du tun?“

„Ihn anrufen natürlich.“

„Er hat dir seine Nummer gegeben? Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“

„Nicht direkt.“ Sie war nach diesem Erlebnis so verwirrt gewesen, dass sie geflüchtet war. „Ich war weg, bevor es dazu kam.“

„Das macht nichts. Er steht bestimmt im Telefonbuch.“

„Seinen Nachnamen kenne ich auch nicht.“

Vivien verdrehte die Augen. „Meine Güte. Und ich dachte immer, du wärst clever. Was ist in dich gefahren?“

Ja, das hätte Lauren auch gern gewusst. Josh hatte sie völlig durcheinandergebracht. „Ich war eben zu beschäftigt“, meinte sie leichthin. „Außerdem arbeitet er für ‚Left Coast‘. Es wird nicht schwer sein, ihn zu finden.“

Wie so oft wusste Josh mit dem freien Sonnabend nichts anzufangen. Früher, als Kapitalgeber für Risikogesellschaften, hatte er meist auch an diesem Tag Termine gehabt. Mal war er mit einem Kunden segeln gegangen, oder er hatte einen Konferenzraum in einem Airport-Hotel gemietet, um sich dort mit einem Geschäftspartner zu besprechen. Die Sonntage waren jedoch immer für seine Familie reserviert. Doch mit dem Sonnabend quälte er sich immer herum.

Er war körperlich unbefriedigt von der Party nach Hause gekommen und zugleich mit einem Triumphgefühl, als hätte er einen wichtigen Vertrag unterzeichnet. Man mochte es seltsam finden, aber die hübsche Lauren in der Öffentlichkeit zum Höhepunkt zu bringen war ein unbeschreibliches Erlebnis für ihn gewesen. Er wollte es wieder tun. Nun, vielleicht könnten sie sich dann einen geeigneteren Ort aussuchen, doch eine Wiederholung musste es unbedingt geben.

Sobald er sie gefunden hatte.

Josh konnte sich nicht erinnern, dass er je so verwirrt gewesen war. Statt sich ihren vollen Namen und ihre Telefonnummer geben zu lassen, hatte er Lauren plötzlich aus den Augen verloren. Sie hatte den Trubel um Maureen Baxter und ihre Begleiter genutzt, um zu verschwinden. Und obwohl er danach noch eine Stunde im Klub geblieben war, hatte er sie nicht mehr wiedergefunden.

Ja, es war offensichtlich, dass er in Bezug auf Frauen eingerostet war. Nicht, dass es ihm an Gelegenheiten gemangelt hätte. Elena Vargas zum Beispiel, die Besitzerin einer Weinkellerei, hätte ihn nur zu gern nicht nur geschäftlich als Partner behalten.

Er hatte eine Zeit lang geglaubt, dass sie die Richtige wäre, und viel in diese Beziehung investiert, aber er hatte sich geirrt. Wenigstens hatte er durch sie seine Grenzen erkannt. Wenn er versuchte, den Erwartungen einer so anspruchsvollen Frau wie Elena zu entsprechen, dann blieb für ihn selbst nichts übrig. Seitdem zog er sich immer zurück, sobald eine Beziehung enger zu werden drohte. Elena schien jedes Verlangen, einer Frau näherzukommen, in ihm ausgelöscht zu haben.

Bis er Lauren begegnet war.

Er reckte sich auf seinem Stuhl und sah aus dem Fenster. Es war neblig, doch das störte Josh nicht. Bei trübem Wetter konnte er sich viel besser auf seine Arbeit konzentrieren.

Was ihm heute dennoch schwerfiel, wahrscheinlich weil er ständig an eine gewisse langbeinige Blondine denken musste. Dabei wollte er etwas über den zweifelhaften Zustand einer Gesellschaft schreiben, die kurzfristig Befriedigung bei Speed Dating und im Internet suchte, statt normalen Beziehungen, die lange brauchten, um sich zu entwickeln, eine Chance zu geben.

Richtig, lästerte der Zyniker in ihm. Das kleine Zwischenspiel mit Lauren hat lange gebraucht, um sich zu entwickeln.

Er konnte kaum glauben, was er getan hatte. Vielleicht dachte er deshalb so viel an Lauren. Sie hatte ihn zu einem Verhalten verleitet, das dermaßen untypisch für ihn war, dass es schon fast befreiend wirkte. Nur leider endeten solche Befreiungsaktionen früher oder später mit einem Knall.

Doch er wollte jetzt nicht an den Knall denken. Er musste erst einmal seinen Artikel schreiben und sich dann auf seine Recherchefähigkeiten besinnen, um Lauren zu finden.

Gegen Mittag mailte er seinen Text an John Garvey in der Redaktion. Sein Chef hatte eine ähnliche Auffassung von Wochenende wie er und würde es zu schätzen wissen, schon einmal einen Blick auf die Story werfen zu können.

Josh griff zum Telefon.

„Garvey.“

„He, ich bin’s. Ich habe meine Geschichte gerade auf den Server gelegt.“

„Das mag ich so an dir, Josh. Du hast genau wie ich kein Privatleben.“

„Mein Leben ist perfekt. Und es ist gerade noch besser geworden.“

„Hast du in der Lotterie gewonnen? Im Jackpot sollen acht Millionen sein.“

„Nein, nein. Du hättest gestern Abend mit zu Clementine’s kommen sollen.“

„So wie du klingst, scheint es sich für dich gelohnt zu haben. Es sollten ja nette Preise verlost werden. Mir hat Maureen ein Jahresabonnement für die Tombola abgeschwatzt.“

„Wir haben Theaterkarten gewonnen.“

„Wir? Das ist ein Wort, das ich selten aus deinem Mund höre. Da fällt mir ein, ging es dabei nicht auch um so eine alberne Verkupplungsaktion?“

„Es war eine Schlüsselparty. Mein Schlüssel passte in das Schloss einer der schönsten Frauen, die ich je gesehen habe.“

„Und warum sitzt du dann am Computer und rufst mich an? Warum verbringst du diesen nebligen Vormittag nicht mit deiner Traumfrau?“

„Ich habe nicht nur meinen Kopf, sondern auch die Traumfrau verloren.“

John schwieg einen Moment. „Weil sie schon mit jemandem zusammen ist, oder weil es bei ihr nicht gefunkt hat?“

„Weder das eine noch das andere. Ich glaube, sie hat kalte Füße bekommen. Aber ich hoffe, du rufst für mich bei Maureen an und kannst dir von ihr die Gästeliste besorgen. Lauren ist Reporterin. Das sollte den Kreis der Verdächtigen eingrenzen.“

„Wo ist nur dein Verstand geblieben? Meine Güte, Josh, den Namen und die Telefonnummer des Mädchens herauszubekommen gehört zum kleinen Einmaleins des Flirtens.“

„Dann habe ich an dem Tag, als das durchgenommen wurde, wohl gefehlt“, entgegnete Josh trocken. „Ich melde mich in zehn Minuten wieder bei dir.“

Er legte auf und schaute aus dem Fenster. Der Nebel lichtete sich. Er würde die Nummer bekommen. Und dann würde er feststellen, ob die bezaubernde Lauren eine Wiederholung von gestern Abend wünschte.

Auf einer Party nur für zwei.

Aus Loreleis Blog

Glaubt ihr an Liebe auf den ersten Blick? Ich auch nicht. Der Romantiker wird sagen, dass zwei Menschen sich beispielsweise auf einer Schlüsselparty begegnen können und spontan wissen, dass sie zusammenpassen. Aber wenn du nicht so romantisch veranlagt bist, lachst du nur darüber. Liebe, wirst du sagen, ist eine Kette von chemischen Reaktionen und wird über einen Zeitraum aufgebaut, daher ist Liebe auf den ersten Blick ziemlich unwahrscheinlich.

Sicher, es passiert, dass ein Mann eine Frau sieht und denkt: „Oh, mit der muss ich Sex haben.“ Oder eine Frau sieht einen Mann und denkt: „Hm, der ist groß und kräftig. Das gibt gesunde Kinder.“ Doch Liebe auf den ersten Blick? Nein, die gibt es nicht. Fühlt euch frei, mir zu widersprechen.

„Natürlich ist es nicht Liebe.“ Lauren goss sich noch ein Glas Orangensaft ein und reichte den Krug ihrer Pflegemutter Emma, die lächelnd den Kopf schüttelte. „Aber verdammt, der Typ hat mich mit dem ersten Kuss zum Höhepunkt gebracht. Ich muss dranbleiben.“

Michaela und Rory tauschten belustigte Blicke aus. Entgegen Laurens Befürchtung machte Rory keine spöttischen Bemerkungen über ihr spontanes Sexabenteuer. War sie zu sehr mit ihrem eigenen, unerwartet sympathischen Schlüsselpartner, diesem Tucker Schulz, beschäftigt? Rory war manchmal schwer zu durchschauen.

„Was willst du denn tun?“ Michaela schnitt sich ein Stück von dem leckeren Auflauf ihrer Mutter ab. „Du kennst ja nicht einmal seinen Nachnamen.“

„Recherchieren – schließlich bin ich Journalistin. Gleich morgen früh rufe ich in der Redaktion an und erkundige mich nach ihm.“

„Ich finde, du brauchst eine Abkühlphase, bevor du dich da reinstürzt“, entgegnete Michaela.

„Der Meinung bin ich auch.“ Emma trank ihren Kräutertee aus und setzte den Kessel auf, um noch eine Kanne aufzubrühen. „Wenn es passieren soll, wird es passieren.“ Der salbeigrüne Rock wirbelte um ihre Knöchel, und ihr langer kastanienbrauner Zopf, von ersten silbernen Strähnen durchzogen, streifte ihre Hüften. Emma Constable strahlte eine besondere Anmut aus, so als ob jede Bewegung, jeder Moment des Lebens so schön wie möglich gestaltet werden sollte.

Emma machte Kunst aus dem Leben. Das war einer der vielen Gründe, weshalb ihre Pflegekinder sie liebten. Ein anderer Grund war die etwas unorthodoxe, aber wirkungsvolle Art, wie sie mit ihnen umging. Man brauchte sich nur anzusehen, was aus Lauren und Michaela geworden war. Michaela kämpfte jetzt für andere Heimkinder, und Lauren hatte sich von einem stillen, schwermütigen Teenager zu der Frau entwickelt, über die man in San Francisco am meisten sprach. Auch wenn dabei kaum jemand wusste, wer sich hinter dem Pseudonym „Lorelei“ verbarg.

„Also ihr meint, ich soll mich zurückhalten“, fasste Lauren zusammen. „Vielen Dank für eure Unterstützung.“

„Wir wollen nur nicht, dass du verletzt wirst“, erklärte Rory. „Schließlich hast du den Mann gerade erst kennengelernt, und er hat dir nicht einmal seine Telefonnummer verraten. Du weißt nichts über ihn.“

Lauren dachte an Josh. An seine heißen Blicke und an seine starken Schultern. An seine feste Umarmung beim Tanzen und seine leidenschaftlichen Liebkosungen danach. Ja, und an den Höhepunkt, den er ihr geschenkt hatte. Seit der Party hatte sie beinahe unaufhörlich daran gedacht.

Tatsache war, dass sie ziemlich viel über Josh wusste. Und genau deshalb würde sie morgen, entgegen dem Rat ihrer Schwestern, die Initiative ergreifen.

Wenn Vivien nicht an der Uni war, jobbte sie als Aushilfe bei einer Finanzierungsgesellschaft in Palo Alto. Nach drei Wochen bei Benjamin, Roy and Simons Company – kurz BrasCo – hatte sie festgestellt, dass das Unternehmen die Zeitschrift „Left Coast“ mitfinanzierte. Aus Höflichkeit schickte die Redaktion regelmäßig einen Vorabdruck der Monatsausgabe. Als Lauren am Montag mit dem Auto unterwegs nach Hause war, rief Vivien an, um ihr zu erzählen, dass sie gerade das Maiheft in Händen hielt.

„Das wird dir nicht gefallen“, warnte Vivien sie.

„Warum nicht?“

„Weil Vivien Li, das Mädchen mit der detektivischen Spürnase, das Rätsel um den geheimnisvollen Fremden gelöst hat.“

„Vivien, wenn du mich noch länger auf die Folter spannst, wird mir schwindelig, und ich verpasse die Ausfahrt. Wovon redest du?“

„Ich rede über einen zweiseitigen Artikel unter der Autorenzeile Josh McCrae. Das Foto von ihm ist übrigens sehr nett.“

Ein Pick-up hupte Lauren an, weil sie plötzlich die Spur wechselte. „Josh McCrae? Der Josh McCrae? Der letztes Jahr einen Preis für sein Interview mit dem Filmemacher George Lucas bekommen hat?“

„Nun, der Name deines Typs war Josh, und dieser Artikel handelt zufällig von Schlüsselpartys, Speed Dating und anderen neuen Trends. Wenn ich meine hoch entwickelten Kombinationsfähigkeiten einsetze, würde ich sagen, dein Josh und der Preisträger sind ein und derselbe.“

„Lies vor.“

„Sweetie, ich habe hier zwanzig Telefonleitungen, und vier davon klingeln gerade. Ich muss aufhören. Wir sehen uns beim Abendessen.“

„Vivien!“, rief Lauren, aber die Leitung war bereits tot.

Es hatte keinen Sinn, zum nächsten Kiosk zu fahren, weil die Ausgabe noch nicht ausgeliefert war. Und Palo Alto lag etwa eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt, abgesehen davon, dass sie Vivien schlecht an ihrem Arbeitsplatz überfallen konnte. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten.

Wenn Lauren nervös war, fing sie an, sauber zu machen. Putzen war die beste Therapie – es brachte Ordnung ins Chaos.

Sie wusste nicht, was in dem Artikel stand, doch Viviens Ton verhieß nichts Gutes. Was hatte Josh getan? Sicher würde er nicht erwähnen … Nein. Unmöglich. Kein anständiger Mann würde so etwas Privates an die Öffentlichkeit bringen, nur um Auflage zu machen. Und schon gar nicht der berühmte Josh McCrae.

Als Vivien um sechs Uhr abends nach Hause kam, hatte Lauren alle Böden gesaugt, Staub gewischt, das Badezimmer geschrubbt und den Müll hinausgebracht. Vivien riss die Augen auf und stellte die Tasche mit ihren Einkäufen auf den Küchentresen.

„Wie ist denn das passiert?“ Sie schaute in die Spüle. „Wow! Du hast ja sogar den ekligen Ausguss gereinigt.“

„Es musste mal sein. Und jetzt spann mich nicht länger auf die Folter. Ich habe schon von Rorys Chardonnay getrunken, um mich vorzubereiten, also gib mir die Zeitschrift.“

„Bitte.“ Vivien zog das Heft aus ihrer Aktentasche. „Kümmere dich nicht um mich. Ich koche inzwischen.“

Lauren hatte die betreffenden Seiten bereits gefunden, und das Porträt neben der Verfasserangabe ließ keinen Zweifel daran, dass der Autor „ihr“ Josh war. Warum hatte sie seinen Vornamen nicht mit dem Foto in Zusammenhang gebracht, nachdem er ihr erzählt hatte, wo er arbeitete? Sie las seine Artikel seit mehr als einem Jahr.

Wahrscheinlich war ihr Blick vor Lust getrübt gewesen. In Wirklichkeit war Josh viel attraktiver als auf dem Schwarz-Weiß-Foto, auf dem er eine Krawatte trug und sein Haar mindestens vier Zentimeter kürzer war.

Sie überflog die Einleitung und kam dann zum Wesentlichen.

Tiffany – ein erfundener Name – ist ein Beispiel dafür. Mit ihren fünfundzwanzig Jahren hat sie es aufgegeben, begehrenswerte Männer auf konventionelle Art kennenzulernen – bei der Arbeit, beim Sport oder in einer Gruppe von Menschen mit gleichen Interessen. Das dauert zu lange, meint sie. „Auf einer Schlüsselparty sitzt man nicht herum und wartet, dass jemand auf einen zukommt“, erklärt sie und schaut dabei über die Menge wie ein General, der seine Truppen vor der Schlacht inspiziert. „Mit dem passenden Schlüssel geht es gleich zur Sache.“

Okay, das war nicht so schlimm. Ein bisschen negativ vielleicht, aber nicht der Stoff, aus dem Albträume waren. Lauren trank einen Schluck Wein und las weiter.

Lacey – wieder ein erfundener Name – schien eher ein atypischer Fall zu sein. Sie war nicht auf Partnersuche, sondern wegen des guten Zwecks gekommen. Doch sowie sich ihr die Gelegenheit bot, zögerte sie nicht, sofort zuzugreifen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Haben Sie je von Flash Fiction gehört – der Kunst, eine Geschichte auf die kürzest mögliche Weise zu erzählen? Wie wäre es mit einer Beziehung, die ebenso rasant verläuft? Im Zeitraum von zwei Stunden macht die Blitzaffäre alle Phasen durch – erste Begegnung, gegenseitige Anziehung, das Entdecken von Gemeinsamkeiten, Werben und Umworbensein, Sex. Und dann ist es auch schon vorbei.

Ist das wirklich das, was wir uns wünschen? Eine schnelle Nummer zwischendurch und dann vielen Dank? Ich hoffe nicht. Der Preis für die rasche Befriedigung wäre zu hoch.

Lauren stöhnte auf, und Vivien drehte sich erschrocken vom Herd um.

„Alles okay?“

„Blitzaffäre, schnelle Nummer – der hat Nerven! Zum Teufel damit!“ Wütend feuerte Lauren die Zeitschrift durch die Küche.

Vivien hielt den Topfdeckel wie einen Schutzschild vor ihr Gesicht. „Ich schließe daraus, dass jemand, den du kennst, in dem Artikel erwähnt wird?“

„Du weißt ganz genau, dass ich mit Lacey gemeint bin. Ich könnte den Mann umbringen. Das hört sich ja so an, als wäre ich diejenige gewesen, die … Dabei war er es, der mich … oh!“

Vivien ließ den Deckel sinken. „Was willst du jetzt tun? Ihn vor aller Welt in deinem Blog anprangern?“

„Nein, das geht nicht. Was ist, wenn die Leute eins und eins zusammenzählen und herausfinden, dass Lorelei tatsächlich Lacey, die Blitzaffäre, ist?“ Lauren schüttelte den Kopf. „Er wird sein Verhalten noch bitter bereuen. Ich garantiere dir, dass ich ihn in einer Woche so weit habe, dass er ganz verrückt nach mir ist. Und an dem Tag, an dem das Heft am Kiosk erscheint, werde ich ihn eiskalt abservieren.“

„Was ist mit dir? Was ist, wenn du dich dabei in ihn verliebst?“

„In einen Mann, der mir öffentlich das Messer in den Rücken gestoßen hat? Keine Chance. Ich werde ihm eine Lektion erteilen. Wehe, wenn Lorelei zurückschlägt!“

„Der Himmel steh uns bei“, sagte Vivien stöhnend.

Josh hatte gerade noch einmal Maureen Baxter eine Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen, als Jillian vom Empfang sich auf Leitung eins meldete.

„Jemand möchte dich sehen, mein Schatz“, raunte sie mit rauchiger Stimme in den Hörer. Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie eine Schwäche für Josh hatte.

„Wer ist es?“

„Was bekomme ich, wenn ich es dir verrate?“

Josh schnitt heimlich eine Grimasse. „Reiß dich zusammen, Jill. Vergiss nicht, dass du hier arbeitest.“

Mit einem übertriebenen Seufzer antwortete sie: „Es ist Lauren Massey.“

Der Name sagte ihm nichts. „Frag sie bitte, was sie möchte.“

Jillian legte ihn in die Warteschleife, und er wurde fünfzehn Sekunden lang mit Popmusik berieselt. Dann meldete sie sich wieder. „Sie meint, sie ist hier, um das Gespräch vom letzten Freitag fortzusetzen.“

Stirnrunzelnd blätterte er ein paar Tage in seinem Kalender zurück. Am Freitag war die Schlüsselparty gewesen. Wo er die hübsche Lau…

Lauren Massey. Das war also ihr voller Name. Er löschte den Punkt „Maureen anrufen“ von seiner Liste.

„Schick sie herein, Jill.“

„Jawohl“, erwiderte Jillian etwas forscher als sonst, und Josh schaute sich hektisch in seinem kleinen Büroabteil um. Allzu schlimm sah es zum Glück nicht bei ihm aus. Er nahm einen Stapel Zeitungsausrisse vom Besucherstuhl und ordnete ein paar Bücher im Regal.

Man hatte ihm als Anteilseigner der Zeitschrift eins der Eckbüros angeboten, doch er hatte es abgelehnt. Ihm lag mehr an der Anerkennung seiner Kollegen als an den Vergünstigungen für jemanden aus der Chefetage. Außer Tina Bianchi und John Garvey wusste niemand bei „Left Coast“, dass er nicht nur als fest angestellter Journalist hier arbeitete, sondern auch Mitherausgeber war.

Und so sollte es auch bleiben.

Nach knapp einer Minute erschien Lauren an seiner Schwelle, und er vergaß alles andere um sich herum.

Pinkfarben lackierte Fußnägel lugten aus hochhackigen Sandaletten hervor, die ihre langen gebräunten Beine betonten. Ihr sündhaft kurzes Sommerkleid wäre eigentlich schon aufreizend genug gewesen, aber ihr verführerisches Lächeln und der verheißungsvolle Blick gingen ihm erst recht unter die Haut.

Hitze stieg in ihm auf. „Hallo, Lauren“, sagte er rau.

„Hallo, Josh.“

„Du hast mich schneller gefunden als ich dich. Ich habe Maureen Baxter mit Anrufen bombardiert, doch sie hat nicht darauf reagiert.“

„Du hast mir mehr Hinweise gegeben – den Namen deiner Redaktion zum Beispiel. Damit war es nicht schwer.“ Sie setzte sich anmutig auf den Besucherstuhl. „Ich hoffe, ich störe dich nicht.“

„Nicht mehr als Freitagabend.“

Er schaute sie an, und ihr Lächeln war alles andere als schüchtern. Sie verstand ihn ganz genau.

„Oh, gut“, erwiderte sie gedehnt. „Bist du schon zum Lunch verabredet?“

3. KAPITEL

Josh hielt die Glastür zum Thai-Restaurant auf, und Lauren streifte beim Eintreten wie zufällig seinen Arm. Alles lief wie am Schnürchen.

Das Knistern zwischen ihnen hatte seit der Party nichts von seiner Intensität verloren. Vielleicht war es sogar noch stärker geworden. Und bis zum „schwarzen Dienstag“, dem Tag, an dem die Maiausgabe von „Left Coast“ erscheinen und Lauren ihre Rache voll auskosten würde, wollte sie jede Minute mit ihm genießen.

Das Restaurant hatte nur etwa ein halbes Dutzend Tische. Josh führte sie zu einem Platz am Fenster.

„Irgendwelche Vorlieben?“ Er setzte sich ihr gegenüber, nahm aber die Speisekarte nicht zur Hand.

„Schaust du gar nicht nach?“ Lauren deutete auf die rote Mappe aus Kunstleder.

Er schüttelte den Kopf. „Ich esse oft hier. Ich kenne die Speisekarte auswendig.“

„Also weißt du, was gut ist.“

„Ganz bestimmt.“ Sein glühender Blick verriet, dass er dabei nicht an Satay und Glasnudeln dachte.

An dieser Stelle wäre Lauren früher errötet, hätte sich hinter ihrer Speisekarte versteckt und das Thema gewechselt. Doch da sie diesem Mann eine Lektion erteilen wollte, die er so schnell nicht vergessen würde, schenkte sie ihm ein verruchtes Lächeln. Außerdem glaubte sie noch Hände auf ihrer Haut zu spüren und freute sich auf eine Fortsetzung.

Denn die würde es in jedem Fall geben. Die Frage war nur, wo.

Die Kellnerin erschien, und Lauren wählte schnell ein Currygericht aus.

„Wie bist du mit deinem Artikel vorangekommen?“, erkundigte sich Josh, als ihnen das Essen serviert wurde, das appetitlich nach Basilikum und Zitronengras duftete.

Lauren lächelte. Es würde ihm noch leidtun, dass er sich auf dieses Gespräch eingelassen hatte. „Die Geschichte ist noch in derselben Nacht fertig geworden. Ich war noch völlig aufgedreht und wollte meine Eindrücke niederschreiben, solange sie noch frisch waren. Wie war es bei dir?“ Ihr harmloser Ton verriet keine Hintergedanken.

„Ich werde nicht fragen, wodurch du so aufgedreht warst.“

„Ich glaube, du weißt es.“

„Ich dachte eigentlich, die Spannung, die sich in dir aufgebaut hatte, hätte sich entladen. Dagegen hatte ich es schwerer. Ich wünschte, du wärst nicht so schnell verschwunden.“

„Du Armer.“ Sie zwinkerte Josh kokett zu. Er versuchte ihr den Grund für ihr Verschwinden zu entlocken, aber unter keinen Umständen würde sie preisgeben, dass ihre unerwartet heftige Reaktion auf ihn sie verwirrt hatte.

„Ich hoffe, du wirst mich dafür entschädigen.“

„Vielleicht.“ Sie schloss genießerisch die Augen, als sie den ersten Bissen kostete. „Jetzt verstehe ich, warum du so oft hierherkommst.“ Sie schaute ihn wieder an und stellte fest, dass er sie mit offenem Mund anstarrte. „Was ist?“

„Ist dir bewusst, was für eine Wirkung es hat, wenn du das machst?“

„Nein, was meinst du?“

Er beugte sich vor. „Den Kopf im Nacken, die Lider gesenkt – ein Bild totaler Ekstase. Weißt du das?“

Beim rauen Klang seiner Stimme überlief sie ein Kribbeln. Um einen klaren Kopf zu behalten, flüchtete sie in Humor. „Du denkst an Meg Ryan in dem Film ‚Harry und Sally‘?“

Josh ließ sich nicht beirren. „Ich möchte dich wieder so sehen. Lieber früher als später.“

Wenn sie nicht rasch die Bremse zog, würden sie noch heute im Bett landen, und das gehörte nicht zu ihrem Plan.

„Du kommst ziemlich schnell auf den Punkt.“ Lauren nahm etwas Reis mit Currysoße auf die Gabel und zog eine Augenbraue hoch. „Hat dir noch nie jemand gesagt, dass eine Frau ein gewisses Maß an Verführung erwartet? Gegenseitige Anziehung ist die eine Sache, und in dem Punkt werde ich sicher nicht mit dir streiten.“

Sie hielt einen Moment inne und sah ihm tief in die Augen. „Aber es gibt auf dem Weg zum Ziel noch mehr“, fuhr sie fort. „Das Entdecken von Gemeinsamkeiten zum Beispiel. Vielleicht ein bisschen Umwerben. Du willst doch nicht rasant auf den Höhepunkt zusteuern und damit der Sache den Reiz nehmen?“

Autor

Elizabeth Bevarly
Elizabeth Bevarly stammt aus Louisville, Kentucky, und machte dort auch an der Universität 1983 mit summa cum laude ihren Abschluss in Englisch. Obwohl sie niemals etwas anderes als Romanschriftstellerin werden wollte, jobbte sie in Kinos, Restaurants, Boutiquen und Kaufhäusern, bis ihre Karriere als Autorin so richtig in Schwung kam.

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