Zurück im Bett des Ranchers

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Warum ist Drake Rhodes immer noch so verdammt verführerisch? Vor zwei Jahren hat Cammie sich von dem attraktiven Rancher getrennt, weil sie eine Familie gründen wollte und das für ihn nicht infrage kam. Jetzt müssen sie sich gemeinsam um ein ausgesetztes Baby kümmern – ausgerechnet auf seiner Ranch, wo sie sich damals so oft und so sinnlich geliebt haben! Schon bald landet Cammie wieder im Bett ihres sexy Ex. Doch trotz aller Lust ist eine gemeinsame Zukunft kein bisschen wahrscheinlicher als damals …


  • Erscheinungstag 11.10.2022
  • Bandnummer 2258
  • ISBN / Artikelnummer 0803222258
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Cammie Wentworth trat aus dem Krankenhaus von Royal. Draußen blieb sie stehen und atmete tief die erfrischende Oktoberluft ein. Ihr Lieblingsmonat wurde gerade zum besten Monat, den sie je erlebt hatte. All ihre Zielstrebigkeit und die harte Arbeit zahlten sich jetzt aus.

Es wurde ja auch Zeit, dass sie endlich ihren Platz in der Welt fand. Sie war achtundzwanzig Jahre alt! Trotzdem hatte ihr das anstehende Treffen mit den einflussreichen Ärzten und Verantwortlichen aus der Krankenhausverwaltung in den vergangenen Tagen so manche schlaflose Nacht bereitet. Sie hatte sich Sorgen darüber gemacht, dass man sie hier für zu jung und zu unerfahren halten könnte. Schließlich war es ihr Vater gewesen, der diese neue Stiftung ins Leben gerufen hatte. Und er hatte sie, seine einzige Tochter, zur Direktorin berufen.

Natürlich würden manche sofort Vetternwirtschaft vermuten. Aber in diesem Fall – vielleicht, weil ihr Vater reichlich Geld für einen guten Zweck spenden wollte – war man Cammie im Royal Memorial Hospital offen und enthusiastisch begegnet. Und sie war entschlossen, diese Begeisterung aufrechtzuerhalten.

Zielstrebigkeit war zweifellos gut im Berufsleben, doch leider ließen sich ihre privaten Probleme nicht so einfach lösen. Es gab eine ganze Liste davon: Erstens wollte Cammie ihren abtrünnigen Bruder Rafe davon überzeugen, nach Hause zurückzukehren. Zweitens wollte sie sich ernsthaft mit dem Thema künstliche Befruchtung oder Adoption auseinandersetzen, um endlich Mutter zu werden. Und drittens musste sie ein für alle Mal die Erinnerungen an Drake Rhodes und seine leuchtend blauen Augen aus ihrem Gedächtnis verbannen.

Die ersten beiden Punkte hatte sie in Angriff genommen, und es zeigten sich bereits Hoffnungsschimmer. Aber der letzte Punkt erwies sich als frustrierend unmöglich. Selbst zwei Jahre nach der Trennung von Drake trauerte sie ihm noch hinterher. Glücklicherweise arbeitete er derzeit am anderen Ende der Welt in Sydney. Cammie hoffte insgeheim, dass tollwütige Kängurus ihn bei lebendigem Leibe auffraßen.

Dieses blutrünstige Bild ließ sie lächeln.

Drake war Geschichte. Sie hatten einfach unterschiedliche Dinge gewollt.

Sie zog ihre Umhängetasche zurecht, wandte sich in Richtung Parkplatz und prallte gegen den muskulösen Körper eines Mannes. Als sie stolperte, griffen warme Hände nach ihren Schultern und hielten sie im Gleichgewicht.

„Entschuldigung“, sagte jemand.

Und dann kam der Schock.

„Drake?“ Sie schüttelte den Kopf und fragte sich, ob der Stress des Treffens eben daran schuld war, dass sie gerade den Verstand verlor. „Was machst du hier?“

Er sah genauso umwerfend aus wie immer, schlank und athletisch, mit dichtem schwarzen Haar und dieser absolut selbstsicheren Haltung. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Bildete sie ihn sich nur ein? Nein, er war leider nur zu real.

Ihr Herz, von dem sie geglaubt hatte, es wäre inzwischen geheilt, brach erneut.

Drake Rhodes versuchte verzweifelt, sich den Schock nicht anmerken zu lassen. Okay, anscheinend wollte das Schicksal ihn auf die Probe stellen. Er war doch kaum eine Sekunde zurück in Royal, und schon stieß er auf Cammie? Er wusste nicht genau, ob er wütend, aufgeregt oder beides sein sollte.

„Hallo, Cam.“ Cammie Wentworth sah selbst in der prallen Mittagssonne einfach umwerfend aus. Ihre Haut besaß diese helle Transparenz einer echten Rothaarigen, und in ihren langen Locken glitzerten goldene Strähnen. Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie er jeden Zentimeter ihres schlanken und dabei perfekt gerundeten Körpers geliebt hatte.

Misstrauisch musterte sie ihn aus ihren grünen Augen. „Ich habe dich etwas gefragt.“

Er schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen und sich von den Erinnerungen zu lösen. „Ainsley hatte einen Blinddarmdurchbruch.“

„Oh, nein!“

„Sie hat es überstanden, Gott sei Dank. Es ist ja nicht das erste Mal, dass meine Stiefschwester mein Leben durcheinanderbringt.“ Den letzten Satz milderte er mit einem Grinsen ab. Cammie kannte die Geschichte, wie Drake sich als Ainsleys Vormund angeboten hatte, als sie vor sieben Jahren zur Vollwaise geworden war. Ainsley war damals fünfzehn gewesen, Drake zweiundzwanzig. „Ich bin gerade auf dem Weg zu ihr“, erklärte er.

Cammies Miene verschloss sich wieder. „Nun, dann will ich dich nicht aufhalten.“

Kein Schön, dich zu sehen oder Wie ist es dir ergangen? Cammie war kein Fan von ihm – verständlicherweise. Trotzdem deprimierte ihn ihre lauwarme Begrüßung.

Er griff nach ihrem Arm. „Ich gehe mit dir zu deinem Auto, und vielleicht kannst du mir erzählen, warum du hier bist.“

Cammie bedachte ihn mit einem kühlen Blick, ehe sie seine Hand abschüttelte. „Ainsley wartet bestimmt schon auf dich. Ich brauche keinen Beschützer.“

„Tu es mir zuliebe.“ Er wusste nicht, warum er sie so drängte. Aber das hier war vielleicht seine einzige Chance, um herauszufinden, ob Cammie seine grausame Abfuhr inzwischen verkraftet hatte.

Cammies zögernd vorgetragenes Geständnis, dass sie sich ein Baby wünschte, hatte auf ihn damals wie ein Eimer kaltes Wasser mitten ins Gesicht gewirkt. Was, wenn ein Kondom nicht hielt? Was, wenn andere Verhütungsmittel nicht wirkten? Die Vorstellung, noch ein Kind großzuziehen, hatte ihn in Panik versetzt. Die Erfahrung mit Ainsley reichte für ein ganzes Leben. Zum Glück war seine Stiefschwester jetzt erwachsen. Und er war aus dem Schneider.

Trotzdem war er irgendwie froh, Cammie wiederzusehen.

Seine ehemalige Freundin versuchte ganz offensichtlich, ihn abzuschütteln, denn sie marschierte hastig – zwei Schritte vor ihm – über den Parkplatz. Plötzlich blieb sie stehen.

„Mist, dieser Parkplatz gleicht einem Irrgarten. Ich hätte schwören können, dass ich in dieser Reihe geparkt habe.“

„Der große Pick-up am Ende nimmt dir die Sicht. Warum drückst du nicht auf die Fernbedienung?“

Cammie verzog das Gesicht. „Was würde ich nur ohne einen großen starken Mann tun, der mir kluge Ratschläge erteilt?“

Sie hob den Autoschlüssel, und schon hörten sie einen Wagen piepen. Okay, sie waren hier also doch richtig. Als sie um die Stoßstange des typisch texanischen Trucks herumgingen, passierten zwei Dinge gleichzeitig: Drake hörte das unverkennbare Weinen eines Babys, und er sah etwas auf Cammies Wagen.

Nicht etwas. Sondern jemanden. Ein ziemlich unglückliches Baby, das in einem Autokindersitz festgeschnallt war. „Was zum Teufel ist da los?“

Cammie trat näher an ihren Wagen heran und schaute sich suchend um. „Soll das ein Witz sein?“

Drake runzelte die Stirn und merkte, dass sich sein Beschützerinstinkt regte. „Wohl eher ein Trick. Ich habe schon von solchen Situationen gehört. Jemand kommt und will Geld. Oder wirft dir Kindesentführung vor.“ Vielleicht war das der Grund, warum er darauf bestanden hatte, Cammie zu begleiten. Vielleicht war er zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Cammie wünschte sich sehnlichst ein Baby. Schon seit mindestens fünf Jahren dachte sie ernsthaft darüber nach.

Aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihr eins praktisch vor die Füße fiel – oder vielmehr auf ihr Auto. Das war einfach nur merkwürdig.

Vorsichtig ging sie näher an den Wagen und das Baby heran. Es schrie jetzt noch lauter. Selbst als Frau mit ausgeprägten Mutterinstinkten begann diese Lautstärke sie in Panik zu versetzen. Aber auf keinen Fall würde sie Drake sehen lassen, dass sie nervös wurde.

Sie warf ihm einen Blick zu. „Ich meinte es ernst“, sagte sie. „Du solltest gehen.“ Hastig öffnete sie die Wagentür und warf ihre Tasche auf den Sitz. Da sie gerade eben aus einem Krankenhaus gekommen war, griff sie nach dem Handdesinfektionsmittel und rieb sich damit die Hände ein. Anschließend begann sie, die Gurte zu lösen, mit denen das Baby gesichert war.

Drake stand ihr viel zu nahe und registrierte all ihre Bewegungen. „Ich glaube nicht, dass du es rausnehmen solltest. Es gibt da bestimmt Haftungsbestimmungen.“

Sie warf ihm nur einen kühlen Blick zu.

Der kleine Körper war warm, das Gesichtchen ganz rot. Dann blickte Cammie wieder zu Drake und sah, wie er sein Telefon aus der Tasche zog. „Was hast du vor?“

Er zog eine Augenbraue in die Höhe, als wollte er ihre Intelligenz infrage stellen. „Die Polizei anrufen?“

„Oh, ja sicher. Entschuldige, ich bin etwas durcheinander.“

„Da sind wir schon zwei.“

Cammie ging davon aus, dass es sich bei dem Baby im blau-weiß karierten Strampler um einen Jungen handelte. Ein passendes Mützchen bedeckte den kleinen Kopf. „Hallo, du kleiner Knirps“, flüsterte sie und hoffte, dass sie ihn beruhigen konnte, indem sie leise auf ihn einsprach. „Du bist süß, weißt du das? Es ist okay für Jungs, süß zu sein, ehrlich.“

Drake schnaubte, sagte aber nichts, sondern wartete am Telefon, dass sich jemand meldete.

Cammie drückte den Säugling an ihre Brust, erleichtert, dass sein lautes Schreien zu einem Wimmern wurde. Es war natürlich schwer zu schätzen, aber sie vermutete, dass das Kind ungefähr einen Monat alt war, höchstens sechs Wochen. Es hatte schwarze Augen, und schwarze Locken lugten unter dem Mützchen hervor. Es kam ihr vor, als hätte es seinen Blick direkt auf sie gerichtet, aber vielleicht war das auch nur Einbildung.

Immer wenn sie sich ihr zukünftiges Baby vorgestellt hatte, dann hatte es wie Drake ausgesehen. Wie idiotisch, Cammie. Total idiotisch

Nachdem der erste Schreck vorbei war, wurde ihr klar, dass ihnen nur wenig Zeit blieb, um die Familie des Babys zu finden. Säuglinge in diesem Alter mussten häufig trinken. Es gab keine Wickeltasche, keinen Zettel mit Anweisungen, nichts. Die Absurdität der Situation ließ Cammie fürchten, dass ihr tatsächlich jemand einen Streich spielen wollte. Wenn ja, dann war das ein ganz schlechter Witz.

Zum Glück war Drake mit seinem Telefonat erfolgreich. In der Zentrale des Notrufs war man professionell und verlor keine Zeit. Nach dem Anruf lehnte Cammie sich gegen den Wagen und wartete. Drake stand ein paar Schritte entfernt und schwieg.

Nachdem das Baby aufgehört hatte zu schreien, konnte sie sich darauf konzentrieren, wie niedlich es war. Der kleine Junge duftete nach Babylotion und all den anderen herrlichen Aromen, die zu einem Neugeborenen gehörten. Und solange sie ihre Aufmerksamkeit auf den Jungen richtete, konnte sie zumindest so tun, als würde sie Drake ignorieren.

Schließlich drehte sie sich jedoch zu dem Mann herum, der ihr das Herz gebrochen hatte. „Geh zu Ainsley. Ich schaffe das hier schon.“

„Ich lasse dich nicht allein“, beharrte Drake stoisch.

Leider wurde das Baby wieder unruhiger. Cammie legte es sich an die Schulter, umfasste seinen Kopf und ging mit ihm auf und ab. Vielleicht halfen ihre Körperwärme und die Bewegung, um es wieder zu beruhigen. Allerdings war ein leerer Magen wohl nicht so leicht zu beschwichtigen.

Zum Glück traf die Polizei schnell ein.

Die Polizistin, die aus dem Wagen stieg, war eine große schlanke Latina mit langen schwarzen Haaren und dunklen Augen. Im Grunde hätte sie durchaus die Mutter des Babys sein können.

Cammie zog den Kleinen enger an sich. „Danke, dass Sie gekommen sind“, sagte sie. „Ich bin Cammie Wentworth. Das ist Drake Rhodes. Wir wussten nicht, was wir sonst tun sollten, abgesehen davon, die Polizei zu rufen.“

„Ich bin Haley Lopez. Sagen Sie mir, was passiert ist.“

Die Geschichte war schnell erzählt. „Ich fürchte, der kleine Mann hier wird langsam hungrig“, fügte Cammie hinzu. Drake unterbrach sie nicht, blieb aber mit besorgtem Blick nahe bei ihr stehen.

Haley nickte. „Keine Sorge. Ich benachrichtige sofort das Jugendamt.“ Sie trat ein paar Schritte zur Seite, um den Anruf zu tätigen.

Während die Polizistin telefonierte, stieg eine zweite Frau aus dem Streifenwagen. Sie trug keine Erkennungsmarke, aber eine Art Berechtigungsausweis um den Hals.

„Hallo“, sagte sie. „Mein Name ist Sierra Morgan. Ich begleite Officer Lopez heute, um mich ein wenig mit dem Bezirk Maverick vertraut zu machen.“ Sierra war klein, hatte langes blondes Haar und grüne Augen. „Ich hörte etwas von einem Baby?“

„Es ist nicht meins“, erklärte Cammie. „Ich habe es auf meinem Wagen gefunden. Hatten Sie einen spannenden Tag auf den Straßen von Royal?“

Sierra grinste leicht und warf Drake einen Blick zu. „Sagen wir mal so, ein ausgesetztes Baby ist definitiv das Interessanteste, was uns heute begegnet ist.“

„Wollen Sie auch Polizistin werden?“, fragte Drake.

„Oh Himmel, nein“, antwortete Sierra. „Ich bin Journalistin und arbeite für America.“ Sie deutete auf das Schild um ihren Hals. „Ich bin in Royal, um einen Artikel über die anstehende TCC-Gala und das Jubiläum zu schreiben. Sie wissen schon, vor zehn Jahren hat der Texas Cattleman’s Club erstmals Frauen zugelassen.“ Sie verzog das Gesicht. „Ernsthaft? Erst vor zehn Jahren?“

Drake nickte achselzuckend. „Hier gehen Veränderungen langsam voran. Wenn Sie lange genug bleiben, verstehen Sie, was ich meine.“

Cammie war zwar nicht mehr Drakes Freundin, trotzdem verspürte sie einen Anflug von Eifersucht. Drake und Sierra verstanden sich auf Anhieb viel zu gut.

Sierra wandte sich wieder an Cammie. „Hier ist meine Visitenkarte. Wer weiß, vielleicht schreibe ich noch einen Artikel über diesen kleinen Schatz.“

Cammie nahm die Karte zögerlich entgegen. America war eine landesweite Zeitschrift, die bisher dem digitalen Zeitalter standhielt. Trotzdem wollte Cammie nicht, dass das Baby in irgendeiner Klatschreportage vorkam. Wie wollte Sierra das überhaupt verkaufen? Abgesehen von den Leuten hier in der Gegend würde sich niemand dafür interessieren.

„Danke“, sagte sie. „Aber ich bin sicher, dass daraus keine große Geschichte wird.“

„Man weiß ja nie.“

Die Polizistin beendete ihr Telefonat und trat wieder zu ihnen. „Entschuldigen Sie, das dauerte länger als erwartet. Auf dem Interstate Highway gab es eine Massenkarambolage. Lassen Sie mich nur schnell den Kindersitz in den Streifenwagen bringen, dann können dieser kleine Mann und ich uns auf den Weg machen.“ Mit einem sehnsüchtigen Blick fügte sie hinzu: „Darf ich ihn mal kurz halten? Ich liebe Babys.“

Cammie reichte ihr den Jungen nur widerstrebend. „Haben Sie eigene Kinder?“

Officer Lopez schüttelte den Kopf und blickte sehnsüchtig auf den kleinen Jungen hinab. „Nein, aber ich habe ein paar Nichten und Neffen.“

Sobald sie Cammie das Baby zurückgegeben hatte, rief die Polizistin noch einmal auf der Wache an und schien jemanden dort über die Lage zu unterrichten. Cammie hätte ihr gern noch ein paar Fragen bezüglich des weiteren Vorgehens gestellt. Sie drückte das Baby an sich, leicht beunruhigt darüber, dass jetzt alles so schnell ging.

Drake sah, dass Cammie nervös war. Vor zwei Jahren hatte sie ihm gesagt, dass sie ein Baby wollte, aber so hatte sie sich das wohl nicht vorgestellt. Außerdem hatte er immer noch ein ungutes Gefühl, was diese Sache hier anging. Also würde er Cammie weiter den Rücken stärken.

Jetzt holte sie tief Luft und sah weder ihn noch die Journalistin an, sondern Haley Lopez. „Ich möchte ihn behalten“, sagte sie. „Bis man seine Mutter oder seinen Vater gefunden hat.“

Die Beamtin schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, wir müssen uns an die Regeln halten. In solchen Fällen wenden wir uns an Pflegeeltern, die bereits zertifiziert wurden. Ich kann Ihnen den Jungen nicht einfach überlassen.“

Cammie sah blass aus und schien den Tränen nahe zu sein. „Oh.“

Drake wurde von merkwürdigen Gefühlen überrollt. Bedauern. Verwirrung. Unglaube. Erst Ainsley und jetzt noch das hier. Das Schicksal wollte ihm offenbar die Chance geben, seine Sünden wiedergutzumachen. Und der kleine Teufel in seinem Ohr flüsterte ihm zu, wie nett es doch wäre, Cammie wieder in der Nähe zu haben.

Er räusperte sich. „Officer Lopez, ich bin hier in Texas als Pflegevater gelistet. Ich habe vor sieben Jahren, als ich mich um meine Stiefschwester Ainsley kümmern musste, alle Anforderungen erfüllt. Wenn Ms. Wentworth einwilligt, kann ich also einspringen.“ Er warf Cammie einen vielsagenden Blick zu. „Aber Ms. Wentworth müsste dann zu mir ziehen, um sich um das Kind zu kümmern.“

Officer Lopez hob die Augenbrauen. „Das scheint ganz schön viel verlangt.“

Cammie funkelte Drake wütend an. „Mr. Rhodes und ich kennen uns.“ Sie hatte die Augen weit aufgerissen und wirkte gehetzt, während sie sich sein Angebot durch den Kopf gehen ließ. Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe. „Du wohnst doch im Moment nicht einmal hier, Drake. Wie soll das denn funktionieren?“

Er richtete sich an die drei Frauen gleichzeitig und bemühte sich um eine gelassene Miene. „Meine Stiefschwester hatte gerade einen Blinddarmdurchbruch. Ich bin nach Royal zurückgekommen, um mich davon zu überzeugen, dass es ihr jetzt gut geht. Wie Cammie weiß, gehört mir das Haus, in dem Ainsley lebt. Cammie und das Baby können gern dort unterkommen. Ainsley wird noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben müssen. Wenn sie wieder völlig fit ist, fliege ich zurück nach Australien. Aber ich bin sicher, dass man bis dahin die Eltern des Kleinen ausfindig gemacht hat.“

Haley Lopez nickte. „Ich denke, das könnte gehen. Also, dann brauche ich ein paar Informationen von Ihnen, Mr. Rhodes. Könnten Sie bitte mit zum Streifenwagen kommen? Ich müsste checken, ob Sie wirklich pflegeberechtigt sind und ob diese Lösung genehmigt wird.“

Während Drake der Polizistin zum Wagen folgte, dachte er über Cammie nach. Sie wiederzusehen, weckte alte Schuldgefühle in ihm. Er wusste, dass er ihr wehgetan hatte. Aber was hätte er denn sonst machen sollen? Sie waren einfach zu gegensätzlich!

Cammie war weich, mütterlich und liebte es, sich um andere zu kümmern. Er war … na ja, auf jeden Fall nicht das.

Jetzt bot sich ihm die Gelegenheit, etwas gegen seine Schuldgefühle zu tun. Wenn er Cammie half, wurden ihm vielleicht seine Sünden erlassen, und er konnte sie glücklich machen – hoffentlich. Es bestand allerdings auch die Gefahr, dass er ihr erneut wehtat. Und genauso schlimm war es, dass er wieder daran erinnert wurde, wie sehr er sie begehrt hatte, selbst nachdem er die Beziehung beendet hatte. Ihr wieder so nahe zu sein, würde ganz bestimmt die reinste Folter werden.

Drake nannte der Polizistin seine persönlichen Daten und wartete, während sie mit dem Jugendamt sprach. Es dauerte nicht lange, und sie hatten grünes Licht.

Als sie zurück zu Cammie kamen, sah sie ihnen bereits hoffnungsvoll entgegen. Ausnahmsweise musste er ihre Hoffnung diesmal nicht zerstören.

Sie mit dem Baby auf dem Arm zu sehen, ging ihm ans Herz. Das war es, was Cammie wollte. Und auch wenn es ziemlich riskant sein mochte, war er bereit, für seine Sünden mit einem kurzzeitigen Experiment zu bezahlen. Wenigstens diesmal wollte er etwas gutmachen, Cammie glücklich machen. Er fand, das schuldete er ihr. Seine Libido hatte auch nichts gegen diese verlockende Idee – er und Cammie unter einem Dach.

Haley Lopez lächelte Cammie an. „Sind Sie sicher, dass Sie das wirklich wollen, Ms. Wentworth? Ein Neugeborenes bedeutet immens viel Arbeit.“

Cammie straffte die Schultern. „Ich bin mir ganz sicher. Man hat das Baby auf meinem Auto abgesetzt. Dadurch fühle ich mich irgendwie verantwortlich. Außerdem wird es ja wohl nur für eine kurze Zeit sein.“

Die Polizistin nickte. „Vermutlich. Aber hängen Sie Ihr Herz nicht zu sehr an den Kleinen. Ich habe schon so manche Pflegeeltern leiden sehen.“

„Ich weiß, dass er nicht mir gehört.“

Drake berührte kurz die Wange des Babys, gegen seinen Willen verzaubert. „Wie willst du ihn nennen? Ich bezweifle, dass er auf Hallo du reagiert.“

Cammie lachte, und ihre grünen Augen leuchteten auf, als sie zu ihm aufsah. „Tja“, meinte sie. „Wir haben ja Oktober. Wie wäre es, wenn ich ihn Pumpkin nenne?“

Haley Lopez lächelte. „Das gefällt mir, auch wenn er nicht wie ein Kürbis aussieht.“

Cammie sah Drake herausfordernd an. „Was denkst du?“

Er schob die Hände in die Hosentaschen. Das Bedürfnis, das Baby noch einmal zu berühren, erschreckte ihn. „Wie du meinst.“ Er zuckte mit den Schultern, um deutlich zu machen, dass es ihm egal war.

Und schon war Cammies warmes Lächeln wieder verschwunden.

Sie drehte sich zu der Polizistin um. „Kann ich jetzt gehen? Ich gebe Ihnen meine Visitenkarte.“

Haley Lopez nickte. „Ich denke sogar, Sie sollten los. So schnell wie möglich. Hinter dem Krankenhaus ist ein Supermarkt mit angeschlossener Apotheke. Dort bekommen Sie vorgefertigte Babynahrung. Die ist zwar ziemlich teuer, aber ich bezweifle, dass Sie noch viel Zeit haben.“ Sie blickte zu Drake. „Helfen Sie ihr, sich bei Ihnen zu Hause einzurichten?“

Er angelte ein Schlüsselbund aus der Tasche und reichte Cammie einen Schlüssel. „Hier ist ein Ersatzschlüssel. Mrs. Hampton war heute Morgen da.“ Zu Haley sagte er: „Meine Haushälterin kümmert sich sowohl um das Haus als auch um meine Ranch am Stadtrand.“ Dann fuhr er an Cammie gerichtet fort: „Ainsleys Zimmer ist oben. Du kannst es dir mit dem Baby im Gästezimmer im Erdgeschoss gemütlich machen.“

Wieso verspürte er das Bedürfnis, ihr zu erklären, warum er nicht mit ihr fuhr? Cammie war diejenige, die sich um das Baby kümmern wollte. Nicht er. Als keine der Frauen ein Wort sagte, zuckte er mit den Schultern. „Ich muss jetzt erst einmal nach meiner Stiefschwester sehen. Sie erwartet mich. Wie wäre es, wenn ich auf dem Nachhauseweg etwas zu essen hole?“

Hayley Lopez nickte. „Das klingt doch nach einem guten Plan.“

Drake rieb sich den Nacken und fragte sich, warum Cammies ausdruckslose Miene ihm das Gefühl gab, ein Mistkerl zu sein. „Schreib mir, wenn du irgendetwas brauchst, Cammie. Die Nummer ist noch dieselbe.“

„Ich bin sicher, das Baby und ich kommen klar. Und danke, ich weiß es zu schätzen, dass du das hier ermöglichst“, sagte sie mit eisiger Stimme.

Machte er einen schrecklichen Fehler? Würde er sich wieder die Finger verbrennen? Letztlich war es egal, denn er schuldete ihr etwas. „Wir sehen uns später“, murmelte er und machte sich auf den Weg ins Krankenhaus.

Ein seltsames Gefühl der Trauer stieg in Cammie auf, als sie Drake hinterhersah. Ihr Verstand sagte ihr, dass es okay war, wenn er jetzt zu seiner Stiefschwester ging, aber trotzdem fühlte sie sich erneut von ihm verlassen. Ein dummer Teil von ihr wollte, dass Drake genauso erfreut über das Baby war wie sie.

Nachdem der Kindersitz im Auto befestigt war, prägte sie sich die Schritte ein, die die Polizistin vornahm, um das Baby anzuschnallen.

Haley deutete auf den Gurt über der Brust. „Den müssen Sie lösen, bevor Sie ihn herausheben.“

„Okay“, erwiderte Cammie mit trockener Kehle und verabschiedete sich. Es wurde Zeit, dass das Baby etwas zu trinken bekam. Sein kleines Gesicht war schon ganz rot, während es leise wimmerte.

Im Laden wandte sie sich sofort an eine Verkäuferin, um sich beraten zu lassen.

Die Frau war äußerst hilfsbereit. „Diese Flaschen können Sie sofort verwenden. Einfach die Plastikkappe abnehmen, der Schnuller ist bereits steril.“

Gott sei Dank. Cammie bezahlte für zwei Sechserpacks und nahm noch Windeln, Feuchttücher und einen neuen Strampler mit. Außerdem bestellte sie weitere Dinge, die morgen zu Drake nach Hause geliefert werden würden. Ein Säugling konnte ja wohl kaum mehr als zwölf dieser Fläschchen über Nacht vertilgen. Hoffte sie jedenfalls.

Im Auto stellte sie die Klimaanlage an und schob ihren Sitz so weit es ging nach hinten. Mit dem Baby im Arm öffnete sie eine der Flaschen und schob den Schnuller gegen die Lippen des Kleinen. Zu ihrer unendlichen Erleichterung öffnete er sofort den Mund und begann gierig zu saugen.

Obwohl das Baby den Großteil ihrer Aufmerksamkeit beanspruchte, rasten ihr die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf. Drake war wieder in Royal! Eine seltsame Mischung aus Freude und Beklommenheit stieg in ihr auf. Er hatte ihr angeboten, bei ihm zu wohnen.

Das grenzte an ein Wunder. Entweder das, oder es würde zu einem totalen Desaster werden. Sie war über ihn hinweg. Oder?

Aber wie wollte sie sich dann dieses Kribbeln erklären, das sie bei seinem Anblick verspürt hatte?

Nachdem Pumpkin die Hälfte der Flasche leer getrunken hatte, hob sie ihn an die Schulter und wurde mit einem kräftigen Bäuerchen belohnt. Das Baby nuckelte zufrieden weiter, als sie ihm die Flasche ein zweites Mal hinhielt, und sie war fast leer, als dem Kleinen die Augen zufielen.

Cammie hielt ihn noch eine Weile im Arm und wusste, dass sie Glück gehabt hatte. Was hätte sie tun sollen, wenn er allergisch reagiert hätte? Was, wenn er normalerweise gestillt worden war und die Flasche verweigert hätte?

Dieses Problem war gelöst. Das nächste steht noch bevor, dachte sie beklommen. Die Rückkehr in Drakes Haus. Widerstrebend machte sie sich auf den Weg.

Autor

Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der...
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