Schenk mir dein gebrochenes Herz

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Wie heilt man das gebrochene Herz eines Cowboys? Maddie ist seit Jahren in ihren Nachbarn Cort Brannt verliebt. Aber der attraktive Rancher hatte immer nur Augen für die verwöhnte Odalie. Seit die ihn verließ, traut er keiner Frau mehr. Maddie lässt sich jedoch von seiner abweisenden Art nicht entmutigen. Als Cort sie leidenschaftlich küsst, glaubt sie sich am Ziel aller Träume. Doch dann taucht plötzlich eine reuige Odalie auf ...


  • Erscheinungstag 26.11.2013
  • Bandnummer 1913
  • ISBN / Artikelnummer 9783733730635
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Besorgt ließ Maddie Lane den Blick über den Hof ihrer Ranch schweifen. Überall tummelten sich Hühner – rotbraune, weiße und grau gesprenkelte. Aber eines hatten sie alle gemeinsam: Es waren Hennen. Wer fehlte, war ihr großer rotbrauner Hahn namens Pumpkin.

Maddie hatte auch schon eine Ahnung, wo er gerade steckte. Allein bei dem Gedanken daran zog sich alles in ihr zusammen. Oje, das gab wieder Ärger!

Sie fuhr sich durch das kurze, gewellte blonde Haar und verzog das Gesicht. Dann suchte sie noch einmal den gesamten Hof ab. Vielleicht machte der Hahn ja diesmal bloß Jagd auf Insekten und nicht auf den Cowboy von nebenan.

„Pumpkin?“, rief Maddie laut.

Kurz darauf öffnete ihre Großtante Sadie die Verandatür: eine kleine, etwas pummelige Frau mit kurzem, grauen Haar. Durch ihre Brillengläser musterte sie Maddie besorgt. „Ich habe eben noch gesehen, dass er zu den Brannts gelaufen ist“, sagte sie. „Es tut mir leid!“

Maddie stöhnte laut auf. „Dann muss ich jetzt sofort rüber und ihn einfangen. Cort dreht mir bestimmt den Hals um!“

„Na ja, bis jetzt hat er sich immer zurückgehalten“, erwiderte Sadie mit sanfter Stimme. „Außerdem hätte er den Hahn längst erschießen können.“

„Pumpkin hat nur deswegen überlebt, weil Cort ihn nicht getroffen hat“, gab Maddie zurück. Seufzend legte sie die Hände auf ihre schmalen Hüften. Sie hatte eine eher knabenhafte Figur und war weder besonders groß noch besonders klein. Trotzdem bewegte sie sich sehr anmutig.

Sie kam gut mit der Rancharbeit zurecht. Ihre Grundkenntnisse über Viehzucht und – handel und darüber, wie man ein Landwirtschaftsunternehmen führte, hatte sie von ihrem verstorbenen Vater. Besonders viel warf ihre kleine Ranch nicht ab, aber es reichte zum Überleben.

Zumindest war das bis vor Kurzem noch so gewesen. Aber dann hatte sie sich einen neuen Hahn zugelegt, Pumpkin. Sein Vorgänger war zusammen mit einigen Hühnern einem Kojoten zum Opfer gefallen, und jetzt sah es finanziell ziemlich eng aus.

Maddie hatte bei Pumpkins Kauf etwas Bauchschmerzen gehabt. Der alte Hahn war zwar nicht wirklich bösartig gewesen, trotzdem hatte sie sich immer vor ihm in acht nehmen müssen. Also war ihr sehr daran gelegen, einen etwas ruhigeren Nachfolger zu finden.

„Keine Angst, der hier tut keiner Fliege was zuleide“, hatte ihr Pumpkins Vorbesitzer versichert. „Der hat einen 1A-Stammbaum. An dem werden Sie Ihre Freude haben.“

Alles klar, hatte sie gedacht, nachdem sie Pumpkin im Hühnerstall abgesetzt hatte. Aber sofort hatte der Hahn ihren Vorarbeiter Ben Harrison attackiert. Der ältere Mann war gerade dabei gewesen, die Eier einzusammeln.

„Bring ihn lieber gleich zurück“, hatte Ben ihr empfohlen, als sie seine Wunden am Arm versorgt hatte.

„Ach, das ist nur die Aufregung, weil hier für ihn alles völlig neu ist“, hatte Maddie erwidert. „Er gewöhnt sich bestimmt bald ein.“

Wenn sie sich jetzt daran erinnerte, musste sie lachen. Inzwischen gab sie Ben recht. Aber es war zu spät. Sie hatte ihren gemeingefährlichen Neuzugang längst ins Herz geschlossen. Leider teilte ihr Nachbar Cort Brannt diese Gefühle nicht.

Cort Matthew Brannt war ein absoluter Frauenschwarm. Er hatte tiefschwarzes, leicht gewelltes Haar, war groß und durchtrainiert, dabei aber nicht übertrieben muskulös. Außerdem war er sehr gebildet, und er spielte Gitarre wie ein Profi. Und dann sein Gesicht: diese großen braunen Augen und dieser sinnliche Mund! Immer wieder stellte sich Maddie vor, wie es wohl wäre, ihn zu küssen …

Dazu würde es wohl nie kommen. Cort hatte sich nämlich unsterblich in eine andere Nachbarin verliebt: Odalie Everett, die Tochter von Cole und Heather Everett. Cole war ein sehr erfolgreicher Rancher, Heather eine ehemalige Sängerin und Komponistin. Außerdem hatte Odalie zwei Brüder, John und Tanner. John wohnte ebenfalls auf der Ranch seiner Eltern, Tanner war nach Europa ausgewandert.

Während Corts Liebe Odalie galt, galt Odalies Liebe der Oper. Corts Gefühle erwiderte sie nicht, im Gegenteil: Sie behandelte ihren attraktiven Nachbarn meistens wie Luft.

Odalie hatte die wunderschöne, glockenhelle Stimme ihrer Mutter geerbt und sich zum Ziel gesetzt, Sopranistin zu werden. Das erforderte natürlich eine professionelle Ausbildung, und aus diesem Grund hatte sie sich erst mal nach Italien abgesetzt, um dort Unterricht bei einem berühmten Gesangslehrer zu nehmen.

Darüber war Cort todunglücklich. Dass Maddies kampflustiger Hahn immer wieder unvermittelt auf seiner Ranch auftauchte, wirkte auch nicht gerade stimmungsaufhellend.

„Ich verstehe nicht, warum Pumpkin immer wieder nach nebenan ausbüxt, nur um auf Cort loszugehen“, sagte Maddie laut. „Als hätten wir hier keine Cowboys, an denen er sich abreagieren könnte.“

„Cort hat neulich eine Harke nach ihm geworfen, als er sich hier einen Jungbullen angeguckt hat“, erinnerte Sadie sie.

„Na und? Ich werfe auch ständig irgendwelche Sachen nach ihm, wenn er sich gerade wieder danebenbenimmt.“

„Schon, aber Cort ist noch viel weiter gegangen“, erläuterte ihre Großtante. „Er hat ihn eingefangen, an den Füßen hochgezogen und so den ganzen Hennen vorgeführt. Das hat ihn wohl schwer in seinem Stolz verletzt“, fuhr sie fort. „Dafür will er sich jetzt rächen.“

„Meinst du?“

„Ja, Hähne sind unberechenbar. Und dieser Hahn hätte schon längst in der Suppe landen sollen“, fügte sie in einem scharfen Ton hinzu, den Maddie von ihr noch gar nicht kannte.

„Sadie!“

„Ich nenne die Dinge ja nur beim Namen“, gab die ältere Frau zurück. „Mein Bruder – also dein Großvater – hätte dem Viech längst den Hals umgedreht.“

Maddie lächelte. „Das kann ich mir vorstellen. Aber ich töte keine Tiere. Nicht mal wild gewordene Hähne.“

„Ach, es gibt hier genug Leute, die das gern für dich erledigen würde. Ich zum Beispiel. Oder Ben.“

Maddie seufzte. „Okay, okay, ich gebe ja zu, dass Pumpkin ganz schön nervtötend ist. Vielleicht kümmert sich Cort ja wirklich irgendwann mal um die Sache, dann kaufe ich uns einen sanften, ruhigen Hahn.“

„So etwas gibt es leider nicht“, warf Sadie ein. „Und apropos Cort Brannt …“ Sie wies mit dem Kopf in Richtung Straße.

Maddie verzog das Gesicht. Gerade bog ein großer schwarzer Transporter so schwungvoll in die Zufahrt zu ihrer Ranch ein, dass der Kies nur so spritzte. So viel war klar: Es konnte nur ein Wahnsinniger am Steuer sitzen.

Mit quietschenden Bremsen kam der Wagen knapp vor der Veranda zum Stehen. Die Hühner im Gehege liefen laut gackernd auseinander; einige flüchteten sofort in den Stall.

„Na toll“, murmelte Maddie. „Jetzt legen sie erst mal zwei Tage lang keine Eier mehr, weil er ihnen so einen Schreck eingejagt hat.“

„An deiner Stelle würde ich mir eher um mich selbst Sorgen machen, nicht um die Hühner“, bemerkte Sadie. Dann blickte sie zu dem Mann, der gerade aus dem Transporter stieg. „Hallo, Cort!“, rief sie ihm zu, winkte kurz und verschwand schnell wieder im Haus. Sie schien es ziemlich eilig zu haben.

Maddie kniff die Lippen zusammen und richtete sich auf, während der attraktive und offensichtlich fuchsteufelswilde Cowboy direkt auf sie zukam. Er trug Jeans, Lederstiefel und ein Baumwollhemd. Den schwarzen Stetson hatte er sich tief ins Gesicht gezogen. An seiner Haltung erkannte sie sofort, was Sache war: Jetzt ging es ihr an den Kragen.

„Es tut mir leid!“, rief sie ihm gleich entgegen. „Ich lasse mir etwas einfallen, versprochen!“

„Bei uns war der Teufel los!“, wütete er mit seiner tiefen, klangvollen Stimme. „Die ganze Ranch hat versucht, ihn einzufangen. Andy ist dabei in einem Kuhfladen gelandet und ich kopfüber im Futtertrog.“

Bloß nicht lachen, sagte Maddie sich. Nicht lachen, nicht lachen, nicht lachen …

„Jetzt reicht’s mir aber!“, herrschte er sie an, als sie schließlich doch losprustete.

Die Vorstellung war aber auch zu komisch! „Entschuldige bitte, ich weiß, dass das nicht lustig ist.“ Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. „So, und jetzt kannst du mich weiter anschreien. Ich habe es verdient.“

„Wenn du nicht besser auf deinen blöden Hahn aufpasst, landet er demnächst bei uns im Suppentopf!“, schimpfte er weiter.

„Tja, wenn das so einfach wäre“, erwiderte sie nachdenklich. „Wie soll ich ihn einfangen, wenn ihr das schon nicht schafft, du und deine Männer?“

„Natürlich schaffen wir das. Ich habe ihn mir doch gleich am ersten Tag geschnappt, als er zu uns gelaufen ist.“

„Schon, aber das ist inzwischen drei Monate her“, gab Maddie zu bedenken. „Da war er noch ganz neu hier. Inzwischen hat er sich eingelebt und kennt alle Tricks und Fluchtmöglichkeiten.“ Nachdenklich runzelte sie die Stirn. „So ein Hahn lässt sich bestimmt hervorragend für militärische Zwecke einsetzen. Ob man sich darüber wohl schon mal Gedanken gemacht hat?“

„Überleg dir mal lieber, wie du es schaffst, dass er auf deinem Gelände bleibt. Sonst verklage ich dich nämlich.“

„Wie bitte?“, rief sie aus. „Wegen eines Hahns? Na, das gibt bestimmt eine tolle Schlagzeile: Reicher Rancher verklagt mittellose Nachbarin. Der Grund: ein gewalttätiger Hahn.“ Sie lächelte ihn herausfordernd an. „Dein Vater wäre bestimmt begeistert.“

Mit starrer Miene erwiderte er ihren Blick. „Mir egal. Wenn das Viech noch einmal bei uns rumwütet, geht es ihm an den Kragen. Das meine ich übrigens ernst.“

„Und ich habe das eben auch ernst gemeint“, gab sie zurück. „Ich will mir wirklich etwas überlegen. Vielleicht kann der Tierarzt Pumpkin ja ein Beruhigungsmittel geben?“ Sie runzelte die Stirn. „Wäre das nicht auch etwas für dich? Du wirkst ganz schön angespannt.“

„Ja, aber nur, weil dein verdammter Hahn immer wieder auf mich losgeht. Sogar auf meiner eigenen Ranch!“

„Okay, das verstehe ich, das kann einen wirklich ganz schön stressen“, sagte sie mitfühlend. „Und du hast es ja gerade wirklich nicht leicht.“ Obwohl sie wusste, dass sie ihn mit ihren nächsten Worten nur noch wütender machen würde, konnte sie sich einfach nicht zurückhalten: „Ich habe gehört, dass Odalie jetzt in Italien ist.“

Seine Miene verfinsterte sich. „Seit wann interessierst du dich für das, was Odalie so macht?“ Es klang eiskalt, fast bedrohlich.

„Ach, ich habe das nur so aufgeschnappt. Du kannst dich ja als Operntenor ausbilden lassen …“

„Du kleine Giftschlange!“, fuhr er sie an. „Du bist doch nur neidisch, weil du keinen einzigen Ton halten kannst.“

Sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. „So ein Quatsch. Wenn mir danach ist, kann ich sogar sehr gut singen.“

„Ach, ja? Aber schöner macht dich das auch nicht.“

Schlagartig wich ihr das Blut wieder aus dem Gesicht. Sprachlos starrte sie ihn an.

„Du hast eine Figur wie ein Brett, bist völlig unscheinbar und überhaupt nicht mein Typ“, sagte er. „Nur, dass das mal klar ist.“

Maddie drückte die Schultern durch und richtete sich so weit auf, wie sie konnte. Dadurch reichte sie ihm allerdings gerade bis zum Kinn. „Vielen Dank für den Hinweis“, erwiderte sie mit fester Stimme – sosehr sie sich auch gedemütigt fühlte. „Ich hatte mich nämlich schon gefragt, warum mir die Männer nicht die Tür einrennen.“

Unruhig trat Cort von einem Fuß auf den anderen. Plötzlich wirkte er unsicher und beschämt. „Entschuldigung, das war nicht so gemeint“, sagte er schließlich.

Sie wandte sich ab. Auf keinen Fall durfte er sehen, dass sie gerade Tränen in den Augen hatte.

„Hör mal, Madeline …“

Abrupt fuhr sie wieder zu ihm herum und funkelte ihn wütend an. „Du hältst dich wohl für ein Gottesgeschenk an die Frauenwelt! Aber darf ich dir mal was sagen? So toll du vielleicht auch magst – bei Odalie konntest du damit trotzdem nicht landen.“

Seine Gesichtszüge erstarrten. „Odalie hat dich nicht zu interessieren“, sagte er gefährlich leise. „Überhaupt nicht.“

„Na ja, ganz offensichtlich interessiert sie sich auch nicht für dich. Sonst hätte sie sich wohl kaum nach Italien abgesetzt.“

Cort ging mit kräftigen Schritten auf seinen Wagen zu.

„Verschreck mir bloß nicht wieder meine Hennen, wenn du losfährst!“, rief sie ihm noch hinterher.

Mit einem heftigen Knall warf er die Tür ins Schloss. Dann ließ er den Motor laut aufheulen und raste davon.

„Jetzt legen sie bestimmt drei Tage lang keine Eier“, murmelte Maddie und ging die Stufen zur Veranda hoch. Aber was noch viel schlimmer war: Mit seiner abfälligen Bemerkung hatte Cort sie so schlimm verletzt, dass sie sich wahrscheinlich nie mehr davon erholen würde. Seit sie sechzehn war, schwärmte sie heimlich für ihn. Er wiederum hatte sie nie wahrgenommen. Wenn er sich nicht gerade über ihren Hahn beschweren wollte, behandelte er sie wie Luft. Und jetzt wusste sie auch, warum. Jetzt wusste sie, was er wirklich von ihr hielt.

Ihre Großtante Sadie wartete schon neben der Verandatür auf sie. „Das ist ja unglaublich, was der Kerl über dich gesagt hat!“, empörte sie sich. „Was bildet er sich eigentlich ein?“

Verzweifelt kämpfte Maddie gegen die Tränen an … vergeblich.

Sadie nahm sie fest in die Arme und drückte sie an sich. „Glaub bloß kein Wort von dem Quatsch, den er dir da erzählt hat. Er war sauer und wollte dich um jeden Preis verletzen, weil du ihn auf seine ach-so-tolle Odalie angesprochen hast. Aber die ist sich ja viel zu fein für einen Cowboy.“

„Odalie sieht umwerfend aus, ist reich und sehr begabt. Das Gleiche gilt auch für Cort.“ Maddie seufzte. „Stell dir mal vor, wenn die zwei heiraten und diese beiden riesigen erfolgreichen Ranches dadurch miteinander verschmelzen!“

„Tja, es gibt da nur einen Haken“, wandte Sadie ein. „Odalie liebt Cort nicht, und höchstwahrscheinlich kommt es auch nie dazu.“

„Ich weiß nicht, vielleicht sieht alles schon wieder ganz anders aus, wenn sie aus Italien wiederkommt.“ Maddie wich einen Schritt zurück. „Vielleicht merkt sie da drüben allmählich, was sie eigentlich an ihm gehabt hat. Er hat sich doch immer um sie bemüht, ihr Blumen geschickt, sie angerufen … das ganze romantische Programm abgespielt. Tja, und das hat sie jetzt in Italien auf einmal nicht mehr.“

„Ach was“, winkte Sadie ab. „Entweder liebt man jemanden, oder man liebt ihn eben nicht.“

„Glaubst du das wirklich?“

„Weißt du was, ich backe dir jetzt einen schönen Napfkuchen, damit du auf andere Gedanken kommst. Was hältst du davon?“

„Danke. Das ist lieb von dir.“ Maddie rieb sich die Augen. „Na, wenigstens hat mich die Sache endgültig aus meiner Fantasiewelt herausgeholt. Jetzt kann ich mich endlich in Ruhe um meine Ranch kümmern und brauche nicht mehr einem Mann hinterherzuträumen, der glaubt, dass er zu gut für mich ist.“

„Es gibt keinen Mann, der zu gut für dich ist, meine Liebe“, sagte Sadie sanft. „Du bist nämlich die Allerbeste. Lass dir das bloß nicht ausreden.“

Mit einem lauten Knall warf Cort Brannt die Wagentür zu. Dann stürmte er ins Ranchhaus. Er war stinksauer – vor allem auf sich selbst.

Seine Mutter blickte verwundert auf, als er am Wohnzimmer vorbeikam. „Wow“, staunte Shelby Brannt. „Da brodelt ja mal wieder ein Vulkan.“

Er kam ins Zimmer, warf den Cowboyhut aufs Sofa und setzte sich neben sie. „Jep.“

„Und wer ist diesmal schuld? Wieder dieser Hahn?“

Cort runzelte die Stirn. „Woher weißt du das?“

Sie lachte. „Ach, dein Vater war vorhin hier und hat sich kaputtgelacht. Das war, kurz bevor du weggefahren bist. Er meinte, dass unsere Männer alle am liebsten ihre Gewehre laden und auf große Hahnenjagd gehen würden. Außerdem hat er sich gefragt, ob wir dir vielleicht schon mal einen guten Anwalt suchen sollten …“

„Ich habe nicht auf Maddie geschossen“, protestierte Cort. Dann seufzte er tief und betrachtete den Teppich zu seinen Füßen. „Aber ich habe sie ziemlich schlimm beleidigt.“

Shelby legte ihre europäische Modezeitschrift zur Seite. Als junge Frau hatte sie als internationales Topmodel gearbeitet … bis sie King Brannt geheiratet hatte. Sie lächelte ihren Sohn aufmunternd an. „Was ist denn passiert?“

Es hatte Cort schon immer gutgetan, mit seiner Mutter über seine Probleme zu sprechen. Bei ihr entspannte er sich sofort, sie hatten einfach die gleiche Wellenlänge. Manchmal kam es ihm so vor, als könnte sie in ihn hineinsehen. Seinem Vater gegenüber war er eher befangen, wenn es um Persönliches ging – obwohl er ihn auch sehr liebte.

„Na ja, ich war ziemlich sauer“, gestand er. „Und Maddie hat die ganze Zeit Witze über ihren blöden Hahn gerissen. Dann hat sie sich auch noch über die Sache mit Odalie lustig gemacht … da ist mir eben der Kragen geplatzt.“

„Es tut mir wirklich leid, dass es mit Odalie so gekommen ist“, sagte Shelby sanft. „Aber das heißt noch lange nicht, dass alles vorbei ist.“

„Ich weiß nicht. Ich habe getan, was ich konnte. Ich habe ihr Blumen geschickt und für sie gesungen. Außerdem habe ich sie immer wieder angerufen und immer ein offenes Ohr für sie gehabt, wenn ihr gerade irgendetwas im Kopf herumging.“ Er sah seiner Mutter in die Augen. „Aber das hat alles nicht gezählt. Kaum hatte sich dieser singende Italiener bei ihr gemeldet, saß sie auch schon im nächsten Flieger nach Rom.“

„Das Singen ist eben ihre Leidenschaft, das wusstest du doch. Sie hat eine genau so tolle Stimme wie ihre Mutter.“

„Ja, aber es gibt einen Unterschied zwischen den beiden“, wandte er ein. „Bei Heather stand nie der Erfolg an erster Stelle. Für sie war Cole Everett immer die Nummer eins.“

„Cole Everett war wirklich eine harte Nuss“, bemerkte Shelby. „Genau wie dein Vater übrigens.“ Sie schüttelte den Kopf. „Tja, das war ein steiniger Weg zum Altar, das kann ich dir sagen.“

Shelby ließ den Blick durch den Raum schweifen, dann wandte sie sich wieder an Cort. „Sag mal … du und Odalies Bruder John, ihr wart doch mal ziemlich gut befreundet. Aber jetzt seht ihr euch kaum noch. Was ist euch eigentlich dazwischengekommen?“

„Seine Schwester ist uns dazwischengekommen“, erklärte Cort. „Es hat sie genervt, dass ich ständig bei ihnen zu Hause war. Also hat John mich irgendwann einfach nicht mehr gefragt, ob ich vorbeikommen will. Er war zwar noch ein paarmal bei uns, aber dann hat er mit dem Rodeo angefangen und war oft unterwegs. Dadurch hat sich das Ganze ein bisschen aufgelöst. Wir mögen uns aber immer noch.“

„John ist ein feiner Mensch.“

„Das ist er wirklich.“

Shelby stand vom Sofa auf, wuschelte Cort durchs Haar und grinste. „Du übrigens auch.“

Er lachte leise. „Danke.“

„Mach dir nicht so viele Gedanken. Entspann dich einfach und warte erst mal ab, wie sich die Dinge weiterentwickeln“, sagte sie. „Du nimmst immer alles so furchtbar ernst. Da bist du genau so wie dein Vater.“ Liebevoll musterte sie ihn. „Wer weiß, vielleicht merkt Odalie ja eines Tages, dass sie sich eigentlich die ganze Zeit nach dir gesehnt hat, und kommt dann wieder nach Hause. Aber bis es so weit ist, musst du ihr erst mal die Gelegenheit geben, sich umzusehen und ihre Erfahrungen zu machen. Sie ist zum ersten Mal in ihrem Leben allein im Ausland. Gönn ihr doch, dass sie erst mal ein bisschen ihre Freiheit genießt.“

„Auch wenn sie sich selbst alles verdirbt, weil sie etwas mit diesem Italiener anfängt?“

„Auch dann. Es ist ihr Leben“, erinnerte seine Mutter ihn vorsichtig. „Du lässt dir ja auch nicht gern sagen, was du zu tun oder zu lassen hast, oder? Selbst wenn andere Leute das manchmal besser wissen.“

„Kommt jetzt etwa wieder diese Geschichte von damals, als du mir verbieten wolltest, aufs Schuppendach zu klettern?“

„Du hast dir den Arm gebrochen! Und ich habe dich danach nicht mal darauf hingewiesen, dass ich dich ja gewarnt hatte.“

„Stimmt.“ Er senkte den Blick und betrachtete seine verschränkten Finger. „Ich weiß nicht, diese Maddie Lane bringt mich irgendwie zur Weißglut. Aber was ich da zu ihr gesagt habe, war ziemlich schlimm.“

„Was denn?“

„Dass sie hässlich ist und sich nie ein Mann für sie interessieren wird.“

„Wie bitte?“ Shelby schnappte nach Luft. „Cort! Wie konntest du nur?“

„Ich weiß.“ Er seufzte. „Ich bin auch nicht besonders stolz darauf. Und eigentlich finde ich sie sogar ganz nett. Aber wenn es um ihre Tiere geht, dreht sie irgendwie ab. Ihr komischer Hahn ist wirklich gemeingefährlich. Irgendwann hackt er jemandem ein Auge aus. Und dann möchte ich mal sehen, ob sie das auch noch so lustig findet.“

„Ihr ist wahrscheinlich nicht klar, wie gefährlich das Tier ist“, vermutete seine Mutter.

„Nein, weil sie das nämlich nicht wahrhaben will. Stattdessen will sie jetzt unbedingt Bio-Eier von freilaufenden Hühnern verkaufen, und zwar im großen Stil. Dabei hat sie überhaupt nicht das Geld, um ihre Ranch entsprechend auszurüsten. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob sie ihre Eier überhaupt schon an Restaurants verkaufen darf – so ganz ohne amtliche Genehmigung.“

„Sie ist auf jeden Cent angewiesen, den sie kriegen kann“, erinnerte Shelby ihn. „Im Moment geht das den meisten Ranchern so, uns übrigens auch. Wenn diese Dürreperiode noch weiter anhält, wird es für uns alle eng. Aber Maddie steht noch schlechter da. Sie hat ja bloß ein paar Rinder, und wenn jetzt auch noch ihre Futterpflanzen vertrocknen, kann sie sich keinen Ersatz leisten.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ihr Vater war ein wirklich kluger Mensch, er hat uns eine Menge über die Rinderzucht beigebracht. Aber dann ist er ganz plötzlich gestorben, und Maddie musste von heute auf morgen alles allein regeln. Einfach weil es nicht anders ging. Dabei hätte sie bestimmt viel lieber gemalt und gezeichnet, statt Kälber zur Welt gebracht.“

„Gemalt und gezeichnet, aha“, wiederholte Cort abfällig.

Shelby sah ihn fassungslos an. „Ja, hast du davon denn noch gar nichts mitbekommen?“ Sie wies auf ein wunderschönes, mit Pastellkreide gezeichnetes Bild von einer Fee, die mitten auf einer Wiese voller Gänseblümchen saß. Das Bild hing gerahmt an der Wohnzimmerwand.

Cort betrachtete es kurz. „Nicht schlecht. Ich dachte, das hättest du letztes Jahr auf einer Ausstellung gekauft?“

„Das stimmt ja auch. Aber Maddie hat es gezeichnet.“

Er stand er auf und ging zu der Zeichnung, um sie sich genauer anzusehen. „Wirklich? Das ist von Maddie?“

„Allerdings. Sie hat auf der Ausstellung zwei Zeichnungen angeboten, und das war eine davon. Sie modelliert übrigens auch ganz wunderschöne kleine Feenfiguren. Die zeigt sie bloß normalerweise niemandem. Ich habe ihr längst gesagt, dass sie ihr Talent zum Beruf machen soll, aber dafür findet sie sich nicht gut genug.“ Shelby seufzte. „Ich kenne niemanden, der so ein schwaches Selbstbewusstsein hat wie Maddie, das finde ich schrecklich schade.“

Cort kniff die Lippen zusammen. Und er hatte sie heute auch noch schlimm beleidigt! Jetzt fühlte er sich so richtig schuldig. „Ich glaube, ich rufe sie gleich mal an und entschuldige mich bei ihr“, murmelte er.

„Keine schlechte Idee.“

„Und dann fahre ich rüber, lege mich mit meinem Gewehr ins Gras und warte auf diesen verdammten Vogel, um ihm endlich …“

„Cort!“

Er atmete hörbar aus. „Schon gut, ich rufe sie einfach nur an.“

„So ein Hahn hat keine besonders lange Lebenserwartung“, rief seine Mutter ihm nach. „In ein paar Jahren stirbt er bestimmt an Altersschwäche.“

„Bei meinem Glück ist das Viech unverwüstlich und wird mindestens fünfzehn!“, rief er zurück und ging nach oben in sein Arbeitszimmer.

Eigentlich hatte Cort sich wirklich bei Maddie entschuldigen wollen. Aber erst als er sein Handy einschaltete, wurde ihm klar, dass er ihre Telefonnummer nicht hatte. Im Internet fand er sie auch nicht, also ging er wieder nach unten. Seine Mutter war inzwischen in der Küche.

„Hast du zufällig die Telefonnummer von den Lanes?“, erkundigte er sich.

„Leider nicht. Ich glaube, ich habe noch nie bei den Lanes angerufen. Jedenfalls nicht mehr seit Pierce Lanes Tod im letzten Jahr. Aber fahr doch einfach kurz bei ihr vorbei“, schlug sie vor. „Es ist ja wirklich nicht weit.“

Er zögerte. „Ich weiß nicht … wahrscheinlich verbarrikadiert sie sich gleich, wenn sie mich sieht.“

Seine Mutter schwieg. Offenbar fielen ihr dazu keine Gegenargumente ein.

„Ich muss hier unbedingt mal raus“, brachte er schließlich hervor. „Erst mal weg von diesem Hahn und der Sache mit Odalie und … und überhaupt.“

„Besuch doch deine Schwester in Wyoming“, schlug Shelby vor. „Du wolltest ja sowieso am Donnerstag hin. Morie freut sich sicher, wenn du schon ein paar Tage früher kommst.“

„Gute Idee.“

„Du kannst den Firmenjet nehmen, dein Vater hat bestimmt nichts dagegen. Und grüß Morie ganz lieb von uns beiden. Wir vermissen sie nämlich schrecklich.“

„Ja, ich auch“, erwiderte er und umarmte seine Mutter. „Ich packe dann mal meine Sachen zusammen.“

2. KAPITEL

Maddie hatte den Hahn Pumpkin im Hühnerstall eingesperrt, damit sie draußen in Ruhe die Hennen füttern konnte. Immer wieder musste sie an Corts hässliche Worte denken. Er hatte sie als unscheinbar und flachbrüstig bezeichnet und ihr deutlich gemacht, dass sie für ihn absolut unattraktiv war.

Traurig sah sie an ihrem schmalen Körper hinunter. An ihrem Aussehen konnte sie nichts ändern, und im Gegensatz zu Odalie hatte sie auch nicht das Geld oder die Zeit, mit schöner Kleidung und Make-up das Beste aus ihrem Typ zu machen. Das letzte Mal hatte sie sich wohl vor zwei Jahren etwas zum Anziehen gekauft.

Als ihr Vater unheilbar an Krebs erkrankte, hatten sie jeden Cent gebraucht, um die hohen Arztrechnungen zu begleichen, für die seine Krankenversicherung nicht aufkam.

Nach seinem Tod konnte Maddie zwar mit seiner Lebensversicherung einen Großteil ihrer Schulden bezahlen, aber der Kampf ging weiter. In diesem Jahr hatte sie schon große Schwierigkeiten, allein für die laufenden Kosten aufzukommen. Früher oder später würde sie eine schwere Entscheidung treffen müssen und entweder einen Teil ihres Landes oder ein paar Rinder verkaufen.

Für die Ranch gab es auch schon einen Interessenten: Vor einiger Zeit war ein Bauunternehmer vorbeigekommen und hatte sich für Maddies Grundstück interessiert. Die Ranch wollte er abreißen und durch ein riesiges Hotel mit Vergnügungspark ersetzen. Für das Anwesen hatte er ihr über eine Million Dollar geboten, und so leicht hatte er sich nicht abwimmeln lassen.

Autor

Diana Palmer

Die US-amerikanische Schriftstellerin Diana Palmer ist für ihre zahlreichen romantischen Liebes- und Familienromane bekannt, die seit 1979 veröffentlicht werden. Über 150 Bücher wurden von der erfolgreichen Autorin bisher verfasst, die weltweit gern gelesen werden. Der Roman “Diamond Girl” wurde 1998 für das US-amerikanische Fernsehen verfilmt. Für ihr Werk erhielt sie...

Mehr erfahren