Der Kuss des Prinzen

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Ein luxuriöser Blumenstrauß, eine Einladung zum Lunch - Rose lässt sich davon nicht so leicht beeindrucken. Khalim gibt sich damit aber nicht zufrieden. Er setzt alles auf eine Karte: seine unwiderstehlichen Verführungskünste ...


  • Erscheinungstag 06.09.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733742843
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Eine Hochzeit war etwas Besonderes, weil sich dann der alltägliche Zynismus in Luft auflöste. Rose drehte während des Wartens auf die Rede des Trauzeugen gedankenverloren an ihrem Champagnerglas.

Schon in der Kirche war ihr aufgefallen, wie sich selbst die hartgesottensten Zyniker der versammelten Gesellschaft – zumindest aber alle anwesenden Frauen – heimlich die Tränen aus den Augen wischten. Diese Frauen verkündeten sonst in Weinlokalen unverblümt ihre Meinung zum männlichen Geschlecht. Alle Männer seien ebenso gedanken- wie verantwortungslos. Doch beim Gottesdienst war ein wehmütiges Lächeln über die abgeklärten Gesichter unter den breitrandigen Hüten gehuscht.

Selbst Rose hatte eine Träne vergossen, obwohl sie im Allgemeinen keineswegs dazu neigte, ihre Gefühle öffentlich zu zeigen.

„In meinem Land“, setzte der Trauzeuge mit einem Blick auf Braut und Bräutigam zu seiner Rede an, „beginnt das Hochzeitsfest immer mit einem Toast auf das Hochzeitspaar. Auf dass eure Freude aneinander ewig wären möge. Hiermit bitte ich alle Anwesenden, das Glas zu erheben und auf Sabrina und Guy zu trinken.“

„Sabrina und Guy“, sprach die prächtige Menge nach und erhob brav die Gläser.

Rose musterte, wie auch die anderen Frauen im Raum, bereits zum wiederholten Male den engsten Freund des Bräutigams über den Rand ihrer Champagnerflöte hinweg.

Er sah im wahrsten Sinne des Wortes Aufsehen erregend aus. Es gab auch nicht oft einen echten Prinzen als Trauzeugen zu sehen.

Sabrina hatte ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen aufgeregt mitgeteilt, dass er Prinz Khalim heiße. Es handelte sich um einen wirklichen Prinzen mit eigenem Land, dem wunderschönen Maraban. Eines Tages würde er über dieses Land herrschen, wie es seine Vorfahren über die Jahrhunderte hinweg getan hatten. Er war ein alter Schulfreund von Guy. Sabrina hatte Rose anvertraut, dass die beiden so eng miteinander befreundet waren, wie dies nur bei zwei Männern möglich war, die sich von Kindheit an kannten.

Rose hatte erwartet, dass der Prinz klein und stämmig sein und einen eher hässlichen Anblick bieten würde. Darin hatte sie sich getäuscht. Prinz Khalim war der schönste Mann, den sie je zu Gesicht bekommen hatte.

Er war fast so groß wie der Bräutigam und trug eine auffällige Kleidung aus exotischen Stoffen. Eine herrliche seidene Tunika in warmem Goldton fiel locker über die weite Hose, die er darunter trug.

In dieser Kleidung hätten die meisten Männer wie auf dem Weg zu einem Maskenball gewirkt. Doch er sah keineswegs weibisch aus unter der verführerisch seinen Körper einhüllenden Seide. Von Kopf bis Fuß strahlte er eine berückend urwüchsige Männlichkeit aus.

Als Rose schluckte, schmeckte der Champagner plötzlich bitter. Sie musste ein zweites Mal schlucken, als der Prinz seine onyxschwarzen Augen auf ihr ruhen ließ. Dann senkte er die dichten dunklen Wimpern, bis nur noch ein nachtschwarzes Glimmen wahrzunehmen war.

Mit einem raubtiergleichen Lächeln setzte er sich in Bewegung.

Roses Hände fingen an zu zittern, als er auf sie zukam.

Die prächtig gekleideten Frauen und die Männer in ihren Anzügen gaben ihm den Weg frei, als er durch den Ballsaal des Hotels schritt. Mit jedem geschmeidigen Schritt offenbarte er seine vornehme Abstammung. Er hatte eine gebieterische Ausstrahlung an sich, die die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf ihn zog.

Roses Kehle schnürte sich vor Furcht und Verlangen zusammen. Am liebsten wäre sie aus dem Raum gelaufen, um sich im Waschraum die Nase zu pudern. Doch sie traute ihren Beinen nicht mehr.

Schließlich war es zu spät, weil der Prinz bereits vor ihr stehen geblieben war und sie ansah. Sein stolzes, dunkles Gesicht verbarg jede Emotion außer einer einzigen, die er nicht zu verbergen trachtete.

Roses Herz schlug schneller, als sie seine erotische Anziehungskraft wahrnahm. Von ihm schien in fast spürbaren Wellen eine verführerische Hitze auszugehen. Seine funkelnden schwarzen Augen sprachen eine deutliche Sprache.

„Nun“, sagte er mit einer vollen, tiefen Stimme leise zu ihr. „Wissen Sie, dass Sie die schönste Frau auf der Hochzeit sind?“

Rose kämpfte unter seinem intensiven Blick um ihre Fassung. Dann schüttelte sie den Kopf. „Das sehe ich nicht so“, sagte sie kühl, während ihr Herz raste wie ein Hochgeschwindigkeitszug. „Wissen Sie denn nicht, dass die Braut stets die schönste Frau auf einer Hochzeit ist?“

Der Prinz wandte den Kopf, um Sabrina in ihrem Hochzeitsornat zu mustern. Rose fielen sein markantes Kinn und seine Adlernase auf.

Seine Stimme klang unerwartet weich, als er wieder sprach. „Sabrina?“, murmelte er. „Ja, sie ist sehr schön.“

Rose hatte nicht mit dem Anflug von Eifersucht gerechnet, der sie plötzlich packte. Sie konnte doch kaum auf Sabrina eifersüchtig sein, eine ihrer besten Freundinnen! Erschrocken schnappte sie nach Luft.

Als er sie wieder anblickte, fand sich Rose erneut im Bann seiner faszinierenden Augen. „Aber Sie auch. Sie sind sehr, sehr schön.“ Als er bemerkte, dass sie nicht lächelte, wurde er ernst. „Was ist? Mögen Sie keine Komplimente?“

„Nicht von Menschen, die ich kaum kenne“, sagte Rose zu ihrem eigenen Erstaunen ungewohnt schroff.

Überrascht zog er die Augenbrauen eine Spur nach oben. Er schien solche Reaktionen nicht gewohnt zu sein. Die Menschen sprachen wohl in der Regel höflicher mit ihm.

Er lächelte bedauernd. „Dann sollten Sie sich nicht so aufreizend kleiden, meinen Sie nicht? Sie hätten sich in eine Kleidung hüllen sollen, die Sie von Kopf bis Fuß verbirgt“, sagte er leise, während er sie eingehend vom Kopf bis zu den rosa lackierten Zehennägeln musterte. „Es ist allein Ihre Schuld.“

Rose spürte, wie sie nun auch noch gegen alle Gewohnheit rot wurde. Sie hatte in ihrem Beruf täglich mit einflussreichen Fremden zu tun. Aber das war ihr noch bei keinem ihrer Kunden passiert. Sie benahm sich wie ein naiver Teenager.

„Nicht wahr?“, hakte er leise nach.

Rose blinzelte verwirrt. Natürlich hatte sie sich dem Anlass entsprechend angezogen.

Sie trug ein kurzes Seidenkleid mit hauchdünnen Trägern aus strahlend blauem Seidenchiffon. Die Verkäuferin hatte davon geschwärmt, dass es genau die Farbe ihrer Augen träfe. Dazu trug sie zierliche Sandaletten mit winzigen Absätzen. Sie hatte sie absichtlich in einem auffälligen Pink erstanden, das nicht mit dem Kleid harmonierte. Passende Accessoires waren so aus der Mode, dass ihr sogar die Verkäuferin beigepflichtet hatte. Sie trug keinen Hut, weil sie ihr dichtes blondes Haar ungern einzwängte. Dies galt besonders für einen heißen Tag wie heute. Stattdessen hatte sie beim nahe gelegenen Blumengeschäft eine taufrische, extravagante Orchidee bestellt und sich diese ins Haar gesteckt. Die Farbe der Blüte war einen Hauch blasser als die der Schuhe. Bald würde sie zu welken beginnen.

Sie fühlte sich unter der fortgesetzten Musterung durch diesen exotischen Mann, als würde sie ebenfalls dahinwelken. Er musterte sie scharf und zugleich mit beiläufiger Bewunderung.

Sie sollte der Neugier ein für alle Mal ein Ende setzen. Daher reichte sie ihm mit einem höflichen Lächeln die Hand. „Rose Thomas“, sagte sie.

Er ergriff ihre Hand und sah auf sie hinab. Rose folgte wie hypnotisiert seinem Blick. Ihre Haut sah ganz weiß aus gegen seinen gebräunten Teint. Der Kontrast der Hautfarben wirkte auf sie schockierend erotisch.

Sie versuchte ihre Hand wieder zu befreien, doch er hielt sie fest. Sie blickte auf. Er sah ihr spöttisch in die Augen.

„Und wissen Sie, wer ich bin, Rose Thomas?“, fragte er mit weicher Stimme.

„Natürlich weiß ich, wer Sie sind“, erwiderte sie steif. „Es ist die einzige Hochzeit mit einem Prinzen, die ich je besucht habe. Den meisten Menschen hier wird es ähnlich gehen.“

Er lächelte. Rose nahm die Gelegenheit wahr, um ihre Hand aus seinem Griff zu lösen.

Khalim verspürte ein leichtes Verlangen, als sie sich ihm widersetzte. „Mögen Sie es nicht, wenn ich Sie berühre, Rose Thomas?“ Er sah sie gespielt vorwurfsvoll an.

„Fassen Sie alle Frauen an, die Sie eben erst kennengelernt haben?“, entgegnete Rose ungläubig. „Fühlen Sie sich durch Ihren Titel dazu berechtigt?“

Sein Verlangen wuchs angesichts ihrer temperamentvollen Reaktion. Es kam so selten vor, dass sich jemand seinen Wünschen widersetzte. Daher verstärkte diese Abweisung seinen Wunsch um ein Vielfaches. Er sah in ihre klaren, strahlend blauen Augen und musste schlucken.

Dann zuckte er mit den Achseln. Plötzlich wirkte er wie ein kleiner Junge. Dieser Gesichtsausdruck hatte ihm an der Internatsschule in England gute Dienste geleistet, vor allem was die Frauen betraf. „Sie haben meine Hand genommen“, protestierte er. „Das wissen Sie genau!“

Rose zwang sich zu einem Lachen. Es war lächerlich, dass sie sich als Freunde von Sabrina und Guy wegen eines Handschlags zankten. „Entschuldigung“, sagte sie und lächelte einlenkend. „Ich bin etwas gereizt.“

„Steckt ein Mann dahinter?“, stieß er hervor. Ohne nachzudenken, schüttelte sie den Kopf.

„Was für eine seltsame Schlussfolgerung“, protestierte sie eine Sekunde später.

„Nun, was ist es dann?“, fragte er weiter.

„Die Arbeit“, sagte sie.

„Die Arbeit?“, fragte er erstaunt.

Ein Mann wie Prinz Khalim hatte wahrscheinlich nie in seinem Leben arbeiten müssen. „Es war nur eine anstrengende Woche“, sagte Rose. „Ein anstrengender Monat und ein anstrengendes Jahr.“ Sie trank den Rest ihres Champagners aus. „Ich werde mir noch ein Glas hiervon besorgen. Möchten Sie auch eines?“

Khalim schnappte enttäuscht nach Luft. Er hasste diese emanzipierten Frauen manchmal direkt. Es war nicht Sache der Frau, einem Mann einen Drink anzubieten. Beinahe hätte er ihr das gesagt.

„Ich trinke nur selten“, sagte er kühl.

„Und wie kommt Ihr Körper dann zu ausreichend Flüssigkeit?“, entgegnete Rose leichthin.

Er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Er war es nicht gewohnt, dass man sich mit ihm einen Scherz erlaubte. Und Frauen durften das nur im Schlafzimmer, und zwar mit seiner Einwilligung. Am liebsten hätte er sie stehen lassen. Doch der helle Glanz ihres Flachshaares zog ihn an. Er hätte es gern auf seiner nackten Brust gespürt.

„Alkohol“, stieß er hervor.

„Nun, es gibt sicher auch ein paar Softdrinks“, schlug Rose vor. „Aber wie dem auch sei, ich gehe jetzt ohnehin. Es war nett, mit Ihnen zu plaudern, Prinz Khalim.“

„Nein.“ Er hielt sie an den Handgelenken fest und genoss es, dass ihre Augen sich für einen Moment weiteten. Ihr Mund blieb kurz offen stehen. „Für Sie bin ich Khalim.“

Gern hätte sie eine sarkastische Bemerkung gemacht, doch stattdessen fühlte sie sich tatsächlich geschmeichelt.

„Lassen Sie mich los“, sagte Rose atemlos, obwohl sie die Berührung erregte.

„Schön.“ Khalim lächelte siegesgewiss.„Doch nur, wenn Sie mir versprechen, dass der nächste Tanz mir gehört.“

„Es tut mir leid, aber ich laufe nie einem Mann nach.“

Khalim spürte ihren schnellen Pulsschlag. „Also nicht?“

„Sie müssen schon zu mir kommen“, sagte Rose leichthin.

Er ließ sie los. „Das werde ich“, sagte er ruhig. „Sie können ganz sicher sein.“ Als er ihr nachblickte, hatte er plötzlich einen Einfall.

Er würde sie warten lassen. Er kannte genügend Frauen, deren Verlangen stieg, wenn er Gleichgültigkeit vortäuschte. Er würde mit ihr spielen. So würde sich der Appetit steigern und der Hunger hinterher umso schöner befriedigt werden. Rose Thomas würde schließlich dankbar in seinen Armen seufzen.

Rose eilte mit immer noch zitternden Knien zur Bar. Sie verliebte sich nicht in Männer wie Khalim. Sie mochte feine, gebildete Männer. Er schien zwar sehr intelligent zu sein, doch hatte er etwas Gefährliches an sich.

Von der Bar aus konnte sie Sabrina am anderen Ende des Raumes erkennen, die mit einer der Brautjungfern sprach.

„Champagner, Madam?“, fragte der Barkeeper freundlich.

Rose wollte schon nicken, als sie es sich anders überlegte. Sie brauchte ihren klaren Verstand.

„Nur ein Mineralwasser, bitte“, sagte sie leise.

„War es zu viel des Guten?“, fragte hinter ihr amüsiert eine vertraute Stimme. Es war Guy Masters.

Rose mochte Sabrinas Ehemann sehr gern. Er sah außergewöhnlich gut aus, war übermäßig reich, und er liebte Sabrina mit einer beneidenswerten Leidenschaft.

Rose hatte Sabrina kennengelernt, als sie ein seltenes Buch suchte. Sabrina hatte in allen Karteien nachgeschaut, bis sie das Gewünschte für Rose gefunden hatte. Das war am Tag nach der Verlobung mit Guy gewesen. Sabrina hatte Rose begeistert den Ring gezeigt, den ein schlichter, aber äußerst kostbarer Diamant zierte.

Sabrina kannte kaum jemanden in London, von Guys Freunden einmal abgesehen. Da traf es sich gut, dass die beiden Frauen gleich alt waren und dieselben Interessen hatten.

„Oder musst du noch fahren?“, fragte Guy.

„Nein, das nicht“, antwortete sie mit leiser Stimme. „Ich möchte nur einen klaren Kopf behalten.“

„Das ist weise“, bemerkte Guy. „Denn mein alter Freund Khalim scheint ein Auge auf dich geworfen zu haben.“

„Wirklich?“ Sie bemühte sich um ein Lächeln. „Ach, wir haben uns nur ein wenig unterhalten.“

„Unterhalten?“, fragte Guy amüsiert. „So kenne ich Khalim gar nicht. Das wäre das erste Mal.“

„Es ist eine wundervolle Hochzeit“, warf Rose ein, um das Thema zu wechseln. „Sabrina sieht absolut herrlich aus.“

Guy vergaß tatsächlich seinen alten Schulfreund. „Nicht wahr?“, sagte er zärtlich. „Und unter uns gesagt, ich würde am liebsten auf den Rest der Feier verzichten und einfach mit ihr verschwinden.“

Rose lächelte. „Und deine Frau um ihren Hochzeitstag bringen? Du wirst noch ein wenig warten können, Guy. Immerhin lebt ihr nun schon seit gut einem Jahr zusammen.“

„Sicher“, seufzte Guy, „aber dieses Mal wird es zum ersten Mal legal sein. Du wirst ja rot, Rose!“, bemerkte er überrascht. „Ich wollte dich nicht verwirren.“

„Das hast du auch nicht, ehrlich“, versicherte Rose. Sie wollte ihn nicht einweihen, dass ein Paar schwarzer Augen, das provokativ auf sie gerichtet gewesen war, die Schuld daran hatte. Sie wünschte, dass Guy und Sabrina bald nach dem Essen gehen würden. Dann würde auch sie gehen können, ohne mit Khalim tanzen zu müssen.

Warum konnte sie ihm nicht einfach sagen, dass sie nicht in der Stimmung zum Tanzen war? Sie gehörte nicht zu seinen Untertanen und hatte seinen Geboten nicht Folge zu leisten.

Die Frage erübrigte sich von selbst, da Khalim nicht mehr in ihre Nähe kam. Und in den folgenden Stunden fing Rose an, ihn unauffällig zu beobachten.

Er hob sich von der Menge ab durch eine wahrhaft königliche Haltung, die etwas Neues für Rose war.

In all seinen Bewegungen lag eine Grazie, die sie noch nie gesehen hatte. Die Menschen machten ihm stillschweigend Platz. Die Frauen sahen ihn mit unverhohlener Bewunderung an.

Rose fragte sich, ob er es wahrnahm. Auf seinem Gesicht zeichnete sich keinerlei Gefühlsregung ab.

Als das Essen aufgetragen wurde, saß Rose zwischen einem Bankkaufmann und einem Ozeanographen. Beide Männer waren amüsant und intelligent. Der Ozeanograph war ein attraktiver Naturbursche. Er flirtete offen mit Rose.

Doch der einzige Mann, der ihr im Moment etwas bedeutete, saß am Tischende und stocherte mit einer Gleichgültigkeit auf seinem Teller herum, als ob für ihn Essen etwas Nebensächliches sei.

Khalim sah auf und zu ihr hinüber. Eilig legte sie die Gabel nieder und schob den Teller zurück.

„Also, was machen Sie, Rose?“, fragte der Ozeanograph.

Sie wandte sich mit einem Lächeln an ihn. „Ich gehöre zu den Headhuntern. Ich suche Führungspersonal für die Werbebranche.“

„Wirklich?“ Er lachte leise auf. „Dann verdienen Sie sicher eine Menge Geld.“

Das glaubten die Leute immer. „Ich wünschte, es wäre so.“

Die Serviererin lehnte sich besorgt vor. „Ist mit dem Lachs alles in Ordnung?“

Rose nickte. „Er ist ausgezeichnet. Ich habe nur wenig Appetit, das ist alles.“

Tapfer schob sie sich ein paar Himbeeren in den Mund. Schließlich war es an der Zeit, den Kuchen anzuschneiden, dann folgten die Tischreden.

Rose verstand kaum ein Wort von dem, was der beste Freund des Bräutigams sagte. Sie war ganz verzaubert von seinem dunklen, stolzen Gesicht. Sein Mund bestand aus einer vollen, sinnlich geschwungenen Unterlippe und einem damit kontrastierenden harten, fast grausamen Zug um die Oberlippe. Erschauernd riet sie sich, dies als Warnung zu nehmen.

Nach Guys Rede hatten alle Frauen im Raum Tränen in den Augen stehen, so offen drückte er seine Bewunderung und Liebe für Sabrina aus.

Als die Band wieder zu spielen begann und die Menschen zur Tanzfläche drängten, schlug Rose das Herz bis zum Hals. Sie dachte an Khalims Ankündigung, mit ihr zu tanzen.

Doch er kehrte zu seinem Platz zurück, von wo aus er sie ab und zu mit einem sinnlichen Blick ansah.

Rose tanzte mit allen, die sie aufforderten. Aber sie war nicht mit dem Herzen bei der Sache. Auch als der Ozeanograph sie führte, bewegte sie sich wie mechanisch. Als er sie enger an sich zog, wurde sie steif wie ein Brett.

Sie setzte sich in der Hoffnung, dass Guy und Sabrina nun bald in die Flitterwochen aufbrechen würden. Dann konnte auch sie gehen. Doch plötzlich stand Khalim vor ihr.

„Also“, sagte er leise. „Ich nehme Sie beim Wort.“ Es blitzte in seinen dunklen Augen auf. „Es war übrigens nicht schwer, Sie zu finden, Rose. Sie sind eine süße, errötende Blume.“ Seine Stimme wurde tiefer, als er sie verführerisch fragte: „Sollen wir nun tanzen?“

„Wenn das eine Aufforderung sein soll, kann ich wohl kaum etwas dagegensetzen“, gab sie zurück.

Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. „Nein, Rose“, schnurrte er. „Das ist ein königlicher Befehl.“

Sie wollte etwas entgegnen, doch es war zu spät. Er hatte schon ihre Hand ergriffen und führte sie zur Tanzfläche.

„Kommen Sie“, sagte er ruhig.

Sie glitt in seine Arme, als ob ihr ganzes Leben die Vorbereitung auf diesen Moment gewesen wäre. Er hielt ihre Taille umschlungen, Rose griff nach seinen Schultern. Sie atmete den unaufdringlichen Duft von Sandelholz ein, der ihn umgab. Der Moschuscharakter hüllte ihre Sinne ein.

Obwohl sich Rose für eine moderne Frau hielt, wurde sie in Khalims Armen in wenigen Minuten zu einem hilflosen Kätzchen.

Khalim spürte sein Verlangen wachsen, als er die Hände auf ihren schlank geformten Hüften ruhen ließ. „Sie tanzen wundervoll, Rose“, murmelte er.

„Sie auch“, entgegnete sie atemlos. Sie war sich des schlanken, festen Körpers wohl bewusst, der sich unter den seidenen Gewändern mit einer angeborenen Grazie bewegte. „Eine schöne Hochzeit, nicht wahr?“, bemerkte sie.

Er blieb kurz still. „Alle Frauen mögen Hochzeiten“, entgegnete er schließlich.

Sie sah ihm in die Augen. „Soll das heißen, dass Männer Hochzeiten nicht mögen?“

Er blickte sie spöttisch an. Wie hell ihr Haar und ihre weiche Haut waren. Wie tiefrosa ihre Lippen, die ihn an die Rosen erinnerten, die in den Gärten des väterlichen Palastes blühten und die Nacht mit ihrem Duft erfüllten. „Neigen Sie immer zu gewagten Schlussfolgerungen?“

„Sie haben es doch genau so gemeint“,erwiderte sie.„Sie wollten mich mit Ihrer Bemerkung wütend machen.“

Er schüttelte den Kopf. „Es war nur eine Beobachtung“, stritt er es ab. „Man könnte es vielleicht eine chauvinistische Bemerkung nennen.“

„Sie können mir nicht weismachen, dass Sie unsere Sprache nicht beherrschen, Khalim“, sagte sie verstimmt. „Ich weiß, dass Sie hier in England im Internat waren und die Sprache ebenso gut sprechen wie ich.“

Sie hat wirklich Temperament, dachte er voller Begehren. „Und was wissen Sie sonst noch über mich, Rose Thomas?“, fragte er.

„Ich weiß, dass Sie der Nachfolger des Herrschers über ein Königreich im Bergland sind.“

„Über Maraban“, ergänzte er leise und mit leidenschaftlichem Stolz.

„Maraban?“, wiederholte sie erstaunt.

„Was wissen Sie noch?“, fragte er. Ihr verträumter Blick, als sie den Namen seines Landes ausgesprochen hatte, hatte ihn für sie eingenommen. Doch dann verhärteten sich seine Gesichtszüge wieder. Es war bekannt, dass Maraban Ölvorkommen und damit fabelhaften Reichtum besaß. Westliche Menschen wurden immer enthusiastisch, wenn es um Reichtum ging.

Rose konnte sich nicht erklären, warum sich seine Miene auf einen Schlag so verfinstert hatte.

„Außerdem habe ich gehört, dass Sie hinsichtlich der Frauen einen gewissen Ruf haben“, sagte sie steif.

„Einen Ruf?“ Khalim schien ob dieser Kritik etwas irritiert zu sein. „Bitte erklären Sie sich näher, Rose.“

„Sie mögen doch Frauen, nicht wahr?“

Er lächelte spöttisch. „Was ist falsch daran, die Freuden zu genießen, die das andere Geschlecht zu bieten hat?“

Bei diesen Worten streichelte er sanft ihren Rücken. Sie schluckte. „Das hört sich so an, als ob Frauen ein Vergnügungspark wären.“

Er lächelte. „Das ist ein interessanter Vergleich“, sagte er. Er widerstand dem Verlangen, seine Finger unter ihre Brüste zu legen. Er begehrte sie. Noch nie hatte er sich bei einer Frau besonders bemühen müssen. Es gab nur eine Frau, die ihm einen Korb gegeben hatte. Das war Sabrina gewesen.

Er wandte den Blick, bis er Braut und Bräutigam entdeckte. Sabrina blickte zu ihrem neuen Ehemann auf. Khalim hatte ihr damals sofort verziehen, weil sie in seinen besten Freund verliebt war.

Er widerstand der Versuchung. Denn obwohl er genau wusste, dass er Rose verführen würde, würde es doch seine Zeit dauern.

„Also“, sagte er mit heiserer Stimme. „Sie sind im Vorteil, weil Sie einiges über mich wissen, während ich nichts über Sie weiß, Rose. Außer natürlich, dass Sie die schönste Frau im ganzen Saal sind.“

„Das hatten Sie bereits gesagt“, entgegnete Rose sanft. Ihr gefiel es, dass sie ihn mit dieser Bemerkung in Verwirrung versetzen konnte. „Ich verstehe nicht, wie die Frauen Ihrem Charme erliegen können, wenn Sie immer wieder mit denselben Komplimenten ankommen.“

„Ach, verstehen Sie das nicht?“, fragte er mit weicher Stimme. Dann zog er sie noch enger an sich, bis sie fast schockierend eng aneinander geschmiegt waren. Mit Genugtuung nahm er wahr, dass sich ihre Augen verdunkelten und ihre Wangen sich röteten. Durch die dünnen Lagen der Seide hindurch konnte er die Knospen ihrer Brüste an seiner Brust spüren.

„Bitte nicht“, protestierte Rose schwach. Eine süße Welle des Verlangens ergriff sie, die alles übertraf, was sie bisher erlebt hatte.

Khalim spürte voller Triumph, wie sie an seiner Brust zitterte. Er drückte ihr einen Kuss zwischen den hellen Haarschopf und das Ohr. „Was nicht?“, flüsterte er.

„Bitte nicht.“ Doch ihre Stimme zitterte. „Bitte, kommen Sie nicht so nahe.“

Mit dem Instinkt des Eroberers trat er einen kleinen Schritt zurück, bis er ihren leisen Protestseufzer vernahm. „Ist es so besser?“, fragte er.

Rose fühlte sich so nackt, als ob ihr jemand das lange Haar abgeschnitten hätte. Am liebsten hätte sie ihn gebeten, sie wieder in seine Arme zu schließen. Doch es war nicht ihre Art, einen Mann um irgendetwas zu bitten. „Viel besser“, sagte sie ruhig.

Khalim lächelte. Er glaubte ihr kein Wort. Doch er wusste, dass die Jagd oft das Aufregendste an einer Eroberung war. „Erzählen Sie mir doch etwas über sich“, murmelte er.

Sie blickte ihn mit blitzenden Augen an. „Was wollen Sie wissen?“

„Alles, absolut alles.“

Rose musste lächeln. „Sie müssen das etwas präzisieren.“

Was hätte sie wohl gesagt, wenn er ihr gestanden hätte, dass ihn eigentlich nur interessierte, wie ihr nackter Körper aussah? Und zwar dann, wenn sie in hingebungsvoller Verzückung in den glatten, weichen Decken seines riesigen Bettes liegen würde. „Sagen Sie mir, was Sie machen“, murmelte er.

„Sie meinen, womit ich mir meinen Lebensunterhalt verdiene?“

Er nickte. Sie hätte nicht zu arbeiten brauchen. Sie hätte leicht die Geliebte eines reichen Mannes sein können. Wieso hatte er sie nur nicht schon früher getroffen? „Oder soll ich raten, Rose?“

„Sie können es versuchen.“

„Sie arbeiten als Modell“, schlug er vor.

„Ich bin nicht groß genug dafür“, entgegnete sie abweisend, weil sie es nicht mochte, dass ihr sein Kompliment gefiel. „Oder nicht dünn genug.“

Er musterte die sinnlichen Linien ihrer Brüste und Hüften. „Sie sind perfekt“, sagte er mit heiserer Stimme. „Vollkommen perfekt.“

Rose begann in seinen Armen zu zittern. Das sagten die Männer nicht zu ihr, wenn sie sie erst wenige Minuten kannten. Meistens war sie mit stolzen Intellektuellen zusammen, die gelegentlich ein schlaues Kompliment machten. Sie kannte keine Männer, die gar nicht erst versuchten, ihren primitiven Hunger zu verbergen. „Das ist übertriebene Schmeichelei“, widersprach sie.

„Schmeichelei, ja. Übertrieben, nein.“

Er ist der beste Tänzer, dachte Rose. Sie hatte kaum mit Partnern getanzt und noch nie mit einem Prinzen. Es war himmlisch, in den Armen dieses Mannes über die Tanzfläche zu gleiten.

Er blickte sie nachdenklich an.

Autor

Sharon Kendrick
Fast ihr ganzes Leben lang hat sich Sharon Kendrick Geschichten ausgedacht. Ihr erstes Buch, das von eineiigen Zwillingen handelte, die böse Mächte in ihrem Internat bekämpften, schrieb sie mit elf Jahren! Allerdings wurde der Roman nie veröffentlicht, und das Manuskript existiert leider nicht mehr.

Sharon träumte davon, Journalistin zu werden, doch...
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