Ein Meer von Sinnlichkeit

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Einen millionenschweren Diamantring, eine prunkvolle Hochzeit und unendlich sinnlichen Sex: Der griechische Reeder Drakon Xanthis gibt Morgan alles - nur seine Liebe nicht! Zutiefst verzweifelt verlässt sie ihn. Doch jetzt ist ausgerechnet Drakon der Einzige, der ihr helfen kann, das Leben ihres Vaters zu retten. Ein letztes Mal muss sie dafür zurückkehren zu ihm, in seine Luxusvilla am Meer. Dorthin, wo sie ihre Flitterwochen verbrachte … Ein gewagtes Vorhaben! Denn gegen jede Vernunft ist Morgan noch immer verrückt nach Drakon. Nach seinen Küssen, nach seinem Körper.


  • Erscheinungstag 18.03.2014
  • Bandnummer 2118
  • ISBN / Artikelnummer 9783733700423
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Willkommen zu Hause, meine verehrte Ehefrau.“

Morgan erstarrte, als sie seine Stimme hörte. Sie stand im Türrahmen des eleganten Wohnzimmers der Villa Angelica. Der kühle Marmorboden glänzte im Licht der hereinscheinenden Sonne. Die Aussicht auf Meer und Himmel war spektakulär. Doch das alles nahm sie gar nicht wahr.

Fünf Jahre waren vergangen, seit sie Drakon zuletzt gesehen hatte. Vor fünfeinhalb Jahren hatten sie geheiratet. Es war eine typisch pompöse Milliardärshochzeit gewesen. Mit allem, was dazugehörte. Ihre Ehe hatte gerade einmal sechs Monate gehalten.

Sie hatte sich vor diesem Moment gefürchtet. Mehr, als sie sich eingestehen wollte. Dabei klang Drakon unerwartet entspannt, fast herzlich. So, als wäre sie nur eine Weile allein im Urlaub gewesen. Dabei war es tatsächlich so gewesen, dass sie ihn vor fünf Jahren verlassen hatte.

„Du weißt genau, dass ich nicht mehr deine Ehefrau bin, Drakon“, antwortete sie leise. Sie waren Fremde füreinander. Seit Jahren. Es gab keinerlei Kontakt zwischen ihnen, seitdem sie die Scheidung eingereicht hatte.

Doch er hatte die Einwilligung verweigert. Und sie hatte ein kleines Vermögen für den Rechtsstreit mit ihm ausgegeben. Doch kein Anwalt, kein Prozess und kein Geld der Welt hatten ihn dazu bringen können, sie gehen zu lassen. Ein Heiratsschwur ist heilig. Das waren seine Worte gewesen. Wenn man sich einmal dafür entschieden habe, mit jemandem den Rest seines Lebens zu verbringen, dann könne man es sich nicht einfach aus einer Laune heraus anders überlegen. Sie gehörte ihm. Und die Gerichte in Griechenland waren auf seiner Seite. Möglicherweise hatte er sie sogar mit Geld bestochen. Zutrauen würde sie es ihm.

„Natürlich bist du noch meine Ehefrau. Aber ich hab keine Lust, quer durch das Wohnzimmer mit dir darüber zu diskutieren. Komm rein, Morgan, und setz dich. Was möchtest du trinken? Champagner? Bellini? Oder etwas Stärkeres?“

Ihre Knie waren so weich, dass sie Angst hatte, das Gleichgewicht zu verlieren, sobald sie einen Schritt machte. Außerdem irritierte sie Drakons Aussehen. Sie hatte ihn auf den ersten Blick fast nicht erkannt.

„Ich möchte nichts, danke“, gab sie zurück und sah an ihm vorbei hinaus auf die rauen Klippen und das leuchtend blaue Meer. Es war ein wunderschöner Tag. Ein perfekter Frühlingstag an der Amalfiküste.

Eigentlich hätte sie gern etwas Wasser getrunken. Ihr Mund war furchtbar trocken, und ihr Herz raste. Alles um sie herum schien sich zu drehen. Dieser Mann hier vor ihr machte sie total nervös. Er erschien ihr wie ein Fremder. Und doch war er ihr so vertraut.

Der Drakon Xanthis, den sie geheiratet hatte, hatte raspelkurzes dunkles Haar gehabt und eine schlanke, fast geschmeidig wirkende Erscheinung.

Der Mann dort vor ihr am Fenster hingegen hatte auffällig breite Schultern, einen muskulösen Oberkörper und dickes tiefschwarzes Haar, das ihm in wilden Locken fast bis auf die Schultern fiel. Seine kantigen Gesichtszüge waren hinter dem buschigen Vollbart kaum noch zu erkennen.

Dennoch schien sein neues Aussehen seine Schönheit noch hervorzuheben. Seine gebräunte Haut ließ seine bernsteinfarbenen Augen leuchten. Und sein feuchtes Haar erinnerte Morgan an den griechischen Meeresgott Poseidon …

Es gefiel ihr nicht. Es gefiel ihr überhaupt nicht. Sie war nicht darauf vorbereitet … Auf ihn.

„Du siehst blass aus“, bemerkte er spöttisch. Seine tiefe Stimme jagte ihr noch immer Schauder über den Rücken.

Sofort richtete sie sich auf. Sie würde sich nicht von ihm einschüchtern lassen.

„Es war eine ziemlich lange Reise …“

„Dann solltest du dich vielleicht doch besser setzen, meinst du nicht?“

Instinktiv ballte sie die Hände zu Fäusten. Sie wollte überhaupt nicht hier sein. Und sie hasste ihn dafür, dass er darauf bestanden hatte, sie in der Villa Angelica zu treffen. Hier, wo sie damals ihre Flitterwochen verbracht hatten. Es waren die glücklichsten vier Wochen ihres Lebens gewesen. Danach waren sie nach Griechenland geflogen. Und damit hatte sich alles zwischen ihnen verändert.

„Ich stehe hier ganz gut“, entgegnete sie trotzig.

„Du brauchst keine Angst vor mir zu haben“, murmelte er. „Ich werde dir nicht wehtun.“

Morgan versuchte, stark zu bleiben. Hinter ihren Augenlidern brannten Tränen. Am liebsten hätte sie sich auf dem Absatz umgedreht und das Haus verlassen. Um sich vor ihm zu retten. Dummerweise war Drakon der Einzige, der ihr helfen konnte. Ausgerechnet der Mann, der sie fast um den Verstand gebracht hatte. Der ihr Leben zerstört hatte.

„Das hast du bereits getan.“

„Ach ja?“ Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch. „Ich weiß immer noch nicht, womit ich dir wehgetan habe …“

Sie seufzte.

„Ich bin nicht hier, um über uns und unsere Probleme von damals zu sprechen. Ich bin hier, weil ich deine Hilfe brauche. Du weißt, worum es geht …“ Sie zögerte und sah ihn flehend an. „Hilfst du mir?“

„Sechs Millionen Dollar ist eine Menge Geld.“

„Nicht für dich.“

„Die Dinge haben sich geändert. Dein Vater hat mehr als vierhundert Millionen Dollar meines Kapitals verloren.“

Drakon schüttelte den Kopf.

„Es war nicht sein Fehler“, versuchte Morgan, ihren Vater zu verteidigen. Sie würde verlieren, wenn sie jetzt klein beigab. So wie damals, als sie es nicht geschafft hatte, sich gegen ihn durchzusetzen.

Ihr griechischer Reederei-Tycoon spielte ausschließlich nach seinen eigenen Regeln. Genau wie Morgans Vater Daniel auch. Drakon Sebastian Xanthis war geradezu besessen von Macht und Geld. Und von einer Frau, die nicht seine Ehefrau war. Bronwyn. Eine hübsche Australierin, die seine Geschäftstätigkeiten in Südostasien regelte.

Sofort verkrampfte Morgan sich. Sie würde jetzt nicht an Bronwyn denken. Außerdem spielte es gar keine Rolle, ob die attraktive Blondine noch immer für ihn arbeitete. Drakon gehörte schon lange nicht mehr zu ihrem Leben. Es interessierte Morgan nicht, wie er mit seinen Geschäftsleiterinnen umging und ob er sich auf seinen Geschäftsreisen ein Zimmer mit ihnen teilte oder nicht.

„Glaubst du das etwa wirklich?“, fragte er und warf ihr einen spöttischen Blick zu. „Dass deinen Vater keine Schuld trifft?“

„Aber natürlich! Er ist manipuliert worden …“

Morgan spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Wie sollte sie Drakon bloß davon überzeugen, dass ihr Vater unschuldig war?

„Morgan“, sagte er jetzt beschwörend. „Dein Vater ist einer der wichtigsten Drahtzieher bei einem der größten Betrugsskandale überhaupt. Fünfundzwanzig Milliarden Dollar sind spurlos verschwunden. Und dein Vater hat fünf Milliarden davon Michael Amery zukommen lassen. Damit hat er sich zehn Prozent Zinsen gesichert.“

„Er hat das Geld nie bekommen …“

„Verdammt noch mal, Morgan! Ich kenne deinen Vater. Hör doch auf, mich für dumm zu verkaufen!“

Morgan presste die Lippen aufeinander. Sie durfte jetzt keinen Streit mit Drakon anfangen. Ihr Vater war kein Monster. Er hatte seine Kunden nicht betrogen. Ihr Vater war genauso betrogen worden wie seine Kunden. Und er bekam nicht einmal die Chance, sich zu verteidigen und zu erklären. Die Medien hatten ihn als den Täter dargestellt, und die Öffentlichkeit zweifelte nicht an, was in den Zeitungen stand.

„Mein Vater ist unschuldig, Drakon. Er hatte keine Ahnung, dass Michael Amery illegale Geschäfte betrieb.“

„Warum hat er dann so eilig das Land verlassen, wenn er sich nichts vorzuwerfen hat?“

„Drakon, er hatte Angst! Er war völlig panisch, als er merkte, dass man ihm nicht glaubte.“

„So ein Blödsinn! Wenn das der Grund ist, dann ist dein Vater ein Feigling und verdient sein Schicksal zu Recht.“

Morgan schüttelte bloß den Kopf. Sie wusste nicht mehr, was sie noch sagen sollte. Unauffällig musterte sie ihren Ehemann. Er sah anders aus, aber seine tiefe sanfte Stimme war noch immer die gleiche. Und diese Augen. Sie hatte sich zuallererst in seine Augen verliebt. In diesen intensiven Blick. Er hatte sie auf dem Ball in Wien, wo sie sich das erste Mal begegnet waren, den ganzen Abend mit Blicken verfolgt. Sie erinnerte sich noch, wie es ihr anfänglich unangenehm gewesen war, von ihm beobachtet zu werden. Dann hatte sie festgestellt, dass es ihr gefiel. Sogar sehr gefiel.

Während der ersten Wochen ihres Kennenlernens hatte Drakon sie nur mit Blicken verführt. Noch bevor er ihren Körper überhaupt berührt hatte, hatte sie längst ihm gehört.

Die letzten fünf Jahre jedoch waren der absolute Horror gewesen. Und kaum, dass Morgan wieder etwas Kraft geschöpft hatte und anfing, hoffnungsvoller in die Zukunft zu blicken, war ihre Welt erneut eingestürzt. Auslöser war die Veröffentlichung der Behauptung, dass der Bankier Daniel Copeland, ihr geliebter Vater, in Michael Amerys berüchtigtes Ponzi-Schema verwickelt war. Zu ihrem Entsetzen war ihr Vater sofort aus dem Land geflüchtet, statt sich den Medien zu stellen und die ganze Situation gewohnt souverän zu handhaben. Damit hatte er einen internationalen Skandal ausgelöst.

Morgan holte tief Luft.

„Ich kann ihn nicht in Somalia sterben lassen, Drakon. Die Piraten bringen ihn um, wenn sie das Lösegeld nicht bekommen.“

„Das würde ihm nur recht geschehen.“

„Drakon, er ist mein Vater!“

„Du willst dich also für den Rest deines Lebens in Schulden stürzen, obwohl du weißt, dass er nach seiner Freilassung sofort ins Gefängnis wandert?“

„Ja, das will ich.“

Ihre Stimme zitterte.

„Dir ist also klar, dass er sofort festgenommen wird, sobald er ein nordamerikanisches oder europäisches Land betritt?“

„Ja, das weiß ich.“

„Er wird lebenslänglich bekommen. Genau wie Michael Amery, wenn sie ihn schnappen.“

„Das weiß ich doch alles“, verteidigte sie sich. „Trotzdem ist es tausend Mal besser für meinen Vater, in einem amerikanischen Gefängnis zu sitzen, als von den somalischen Piraten gefangen gehalten zu werden. Im Gefängnis bekommt er zumindest die Medikamente, die er für seinen Blutdruck braucht. Er darf Besuch empfangen und Briefe und kann Kontakt mit der Außenwelt halten. Ich möchte nicht wissen, unter welchen Umständen er bei den Piraten lebt.“

„Sicher nicht besonders luxuriös. Ich sehe allerdings nicht ein, warum der amerikanische Steuerzahler für deinen Vater aufkommen soll. Lass ihn bleiben, wo er ist, Morgan. Ehrlich. Er hat es nicht anders verdient.“

Wutentbrannt funkelte sie ihn an.

„Wie kannst du das von mir erwarten? Sagst du das, weil er dein ganzes Geld verloren hat oder weil du mir nicht helfen willst?“

Drakon zuckte die Schultern.

„Ich bin Geschäftsmann. Natürlich ärgert es mich, wenn ich Geld verliere. Genauso, wie es all die anderen Leute geärgert hat, die ihm ihr Geld anvertraut haben. Ihre ganzen Ersparnisse. Er hat das Geld einfach an Amery weitergeleitet, und nun stehen all diese Leute vor dem Nichts. Ohne Altersabsicherung, ohne jegliche Rücklagen. Sie haben deinem Vater vertraut, Morgan.“

„Michael Amery war sein bester Freund“, verteidigte Morgan ihren Vater. „Es war fast so, als würde er zur Familie gehören. Mein Vater hat ihm blind vertraut.“ Morgans Stimme wurde brüchig. Sie schluckte. „Ich hab ihn als Kind immer Onkel Michael genannt … Er war eine ganz enge Bezugsperson für mich.“

„Ja, das hast du mir damals erzählt. Sonst hätte ich deinem Vater sicher nicht die vierhundert Millionen Dollar gegeben, die er für mich investieren sollte. Leider hat er mein Vertrauen missbraucht.“

Langsam atmete sie aus.

„Heißt das nun, dass du mir nicht helfen wirst?“

Drakon schwieg.

„Wahrscheinlich nicht …“, sagte er dann.

„Wahrscheinlich?“, wiederholte sie mit rauer Stimme. Wenn Drakon ihr nicht half, dann würde ihr niemand helfen, das wusste sie. Die ganze Welt hasste ihren Vater seit dieser Geschichte. Niemand hätte auch nur das geringste Interesse daran, dass er befreit wurde. Ganz im Gegenteil. Wahrscheinlich würden die meisten sogar hoffen, dass er elendig umkam bei den Piraten.

„Dir ist klar, dass ich zurzeit nicht gut auf deinen Vater zu sprechen bin, glykia mou, oder?“

„Deswegen kannst du mir doch trotzdem das Geld leihen“, murmelte sie und sah ihn bittend an. „Wir werden alles vertraglich festhalten, und ich werde es dir mit Zinsen zurückzahlen. Mein Geschäft läuft gut. Ich hab gerade eine ganze Menge Aufträge hereinbekommen. Ich verspreche dir …“

„Versprechen?“, unterbrach er sie abrupt. „So, wie du mir versprochen hast, mich zu lieben, bis dass der Tod uns scheidet? In guten wie in schlechten Zeiten?“

Sie seufzte. Er tat ja gerade so, als sei er ihr völlig egal gewesen. In Wirklichkeit hatte sie ihn viel zu sehr geliebt. Und dabei sich selbst verloren.

„Warum hast du dich dann nicht von mir scheiden lassen? Warum lässt du mich nicht gehen, wenn du mich doch so verachtest?“

„Weil ich nicht so bin wie du. Ich gebe keine Versprechungen und halte sie dann nicht. Und ich laufe auch nicht davon, wenn es schwierig wird. Ich hab dir vor fünf Jahren versprochen, loyal zu sein, und ich habe mein Versprechen gehalten.“

Seine raue tiefe Stimme ließ sie ganz weich werden. Sie wandte den Blick ab.

Drakon ließ sie nicht aus den Augen.

„Das sind doch bloß Worte, Drakon. Sie bedeuten mir nichts. Was zählt, sind Taten. Und deine Taten haben leider sehr zu wünschen übrig gelassen.“

„Meine Taten?“

„Ja, deine Taten. Oder vielmehr deine mangelnden Taten. Du machst immer nur das, was dir Vorteile verschafft. Du hast mich geheiratet, weil du geglaubt hattest, es würde dir guttun. Und dann, als es mit einem Mal nicht mehr so einfach war zwischen uns, bist du einfach … verschwunden. Du hast nichts unternommen, um mich zurückzuholen. Du hast kein bisschen um mich gekämpft. Aber die Scheidung hast du mir auch nicht gegönnt. Und als meine Familie dann in diesen Schlamassel geraten ist, hast du nicht einmal versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen.“ Sie rang nach Luft. „Du hattest wohl Angst um deinen guten Ruf, ja? Wenn die Presse rausbekommt, dass du etwas mit der Copeland-Familie zu schaffen hast …“

Einen endlos langen Moment sah er sie nur an.

„Interessant, was du dir da alles zusammengereimt hast. Es überrascht mich allerdings nicht. Du scheinst deinen Sinn für Dramatik von deiner Mutter geerbt zu haben.“

„Weißt du was, ich hasse dich!“, schrie sie ihn an. Ihre Stimme zitterte, ihre Augen brannten. Sie würde ihm jetzt nicht auch noch die Genugtuung geben und anfangen zu heulen. „Ich wusste, dass du dich über mich lustig machen würdest. Und ich wusste auch, dass du dafür sorgen würdest, dass ich vor dir auf die Knie falle und darum bettele, dass du mir hilfst …“

„Entschuldige bitte, dass ich deine kleine theatralische Rede unterbreche, aber ich möchte erst einmal etwas klarstellen“, fuhr er dazwischen. „Du kommst nach all den Jahren hierher und bittest mich um Geld. Nein, du bittest nicht, du forderst es sogar ein. Findest du das nicht ein bisschen frech? Und dann tust du auch noch so, als würde ich dich zwingen zu betteln.“

Mit weit aufgerissenen Augen sah sie ihn an. Sie fühlte sich, als würde ein Orkan in ihr toben, so wütend machte er sie.

„Du willst also, dass ich bettele, ja? Ist es das? Es passt dir nicht, dass ich einfach davon ausgegangen bin, dass du mir helfen wirst …“

Drakon erwiderte ihren Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.

„Es wäre höflicher gewesen, mich erst einmal zu fragen.“

„Es wäre höflicher gewesen?“, wiederholte sie tonlos. Ihr Mund war mit einem Mal ganz trocken.

Er schwieg und beobachtete sie.

Und sie merkte, dass sie kaum noch atmen konnte unter seinen prüfenden Blicken und bei dem Gedanken an ihre gemeinsamen Flitterwochen in diesem Haus. Hier hatte sie alles über Liebe und Lust gelernt, was man sich nur vorstellen konnte. Dazu hatte auch Schmerz, Macht und Kontrollverlust gehört.

Drakon hatte nie die Kontrolle verloren. Morgan jedoch hatte er dazu gebracht, dass sie sich ihm mindestens ein Mal am Tag, wenn nicht öfter, willenlos hingab.

Sie hatten ein heißes Sexleben gehabt. Es war immer aufregend und erotisch zwischen ihnen gewesen. Als sie ihn heiratete, war sie noch Jungfrau. Ihr erstes Mal war für sie unangenehm gewesen. Er war sehr groß gewesen, und es hatte wehgetan, als er in sie eingedrungen war. Drakon hatte sich alle Mühe gegeben, damit es schön für sie war. Doch Morgan war viel zu überwältigt gewesen, um sich wirklich fallen lassen zu können. Es war ziemlich enttäuschend für sie gewesen. Sie wusste, er hatte es sich anders vorgestellt. Sie war weder auf ihn eingegangen, noch hatte sie einen Orgasmus gehabt.

Als sie hinterher gemeinsam duschten, küsste er ihre Brüste, ihren Bauch, tastete sich weiter vor, bis er ihre empfindsamste Stelle erreichte. Das warme Wasser der Dusche lief ihm über das Gesicht, als er vorsichtig begann, mit den Lippen ihre Klitoris zu liebkosen. Bis er endlich das erreichte, was er zuvor im Bett nicht geschafft hatte. Sie kam. Und er hielt sie in seinen Armen, als sie aufstöhnte und ihre Beine unter ihr nachzugeben drohten. Und dann küsste er sie mit einer Leidenschaft, dass ihr der Atem wegblieb. Er versprach ihr, es würde beim nächsten Mal nicht mehr wehtun.

Und so war es dann auch.

Das hieß jedoch nicht, dass ihr Sex von nun an immer leicht und angenehm war. Drakon liebte es intensiv. Sinnlich. Ursprünglich. Und unvorhersehbar. Manchmal stand er einfach nur am anderen Ende des Raums – so wie jetzt in diesem Moment – und sagte ihr, was sie tun sollte. Mal verlangte er, dass sie sich auszog und nackt auf ihn zuging. Dann wieder wollte er, dass sie nichts außer ihren Stöckelschuhen trug und sich langsam über den Tisch beugte. Oder einen Fuß auf den Stuhl stellte, während er ihr sagte, wo sie sich berühren sollte.

Jedes Mal protestierte Morgan lautstark. Doch ein Blick von ihm unter seinen gesenkten Lidern hindurch ließ sie dahinschmelzen. Wenn er ihr dann noch sagte, wie schön sie sei und wie gern er sie ansah und es genoss, dass sie ihm vertraute … ihm gehorchte …

Sie hasste diese Dominanz, aber sie war Teil ihres Vorspiels. Im Bett hatten sie immer guten Sex. Doch es gab noch diese andere Art von Sex. Die Art, wo sie all diese erotischen Spiele spielten, die sie an ihre Grenzen brachte. Sie tat immer, was er ihr sagte. Anfangs hatte es sie verwirrt. Irgendwann jedoch begann sie, ihre kleinen Spiele zu genießen. Sie liebte es, wenn er zu ihr kam und sie mit seinem Mund und seinen Fingern verwöhnte. Und mit den Händen über ihren Po und durch ihr Haar strich, nach ihren Schenkeln griff und sie auseinanderdrückte. Er stimulierte sie so langsam, dass sie jedes Mal glaubte, sie würde nie zum Höhepunkt gelangen. Und dann, wenn vor Verlangen fast alles in ihr schmerzte, gab er ihr endlich, wonach sie sich sehnte. Entweder ließ er seine Zunge über ihre empfindlichste Stelle gleiten, oder er drang in sie ein und bewegte sich in ihr, bis sie sich vor Ekstase nicht mehr halten konnte. Ihre Höhepunkte schienen endlos zu sein. Dafür sorgte er. Und wenn es vorbei war, hielten sie sich still und erschöpft in den Armen. Er hatte wieder einmal bekommen, was er wollte.

Das waren die Momente, in denen sie ihm am besten gefiel. Wenn sie sich völlig verausgabt an ihn schmiegte mit ihrem erhitzten Körper. Wenn sie still und gefügig war. Und keinerlei emotionale Forderungen stellte. Nicht reden wollte. Nichts von ihm erwartete.

Morgan spürte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte. Sie war damals so jung gewesen. So naiv. Sie hatte alles getan, um ihrem schönen griechischen Göttergatten zu gefallen.

Die Flitterwochen hier mit ihm, diese vier Wochen voller erotischer Leidenschaft, hatten sie für immer verändert. Sie konnte nicht einmal an diese Villa denken, ohne sich sofort daran zu erinnern, wie sie sich in jedem einzelnen Raum geliebt hatten, auf jede nur vorstellbare Art. Auf Betten, Stühlen, Fensterbänken und Treppen. Auf kostbaren Teppichen, Marmor­böden und den kühlen smaragdgrünen Fliesen in der Eingangshalle.

Ihr wurde leicht übel bei dem Gedanken daran. Er hatte sie nicht nur genommen. Er hatte sie gebrochen. Er hatte ihren Willen gebrochen, wie bei einem jungen Pferd, das sich immer wieder aufbäumte, bis es schließlich aufgab und seinem unnachgiebigen Reiter gehorchte.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich dich richtig verstanden hab, Drakon“, murmelte sie heiser. „Und ich weiß nicht, ob wir hier nun ein kulturelles, ein persönliches oder ein sprachliches Problem haben … Willst du, dass ich bettele? Geht es dir darum?“ Stolz hob sie ihr Kinn, während Tränen in ihren Augen glänzten und ihr Herz brannte, als hätte jemand hineingestochen. „Erwartest du, dass ich dich anflehe? Ist das der einzige Weg, um an dich heranzukommen?“

Er erwiderte ihren Blick, ohne eine Miene zu verziehen. Plötzlich erschien ihr das großzügige Wohnzimmer, in dem sie standen, furchtbar klein.

„Es gefällt mir, wenn du vor mir auf die Knie gehst“, antwortete er unbeeindruckt.

Morgan bemühte sich, sich ihre Enttäuschung nicht ansehen zu lassen.

„Ich erinnere mich“, gab sie zurück. Sie wusste, der Zeitpunkt war gekommen. Sie sollte jetzt besser gehen. Solange sie noch konnte. Solange sie sich noch einen Funken Stolz bewahren konnte. „Auch wenn ich es lieber vergessen hätte.“

„Warum hättest du es vergessen wollen? Unser Sexleben war grandios.“

Fast angewidert entgegnete sie Drakons Blick. Er hatte recht. Was Sex anging, war es wunderbar gewesen zwischen ihnen. Ihre Ehe jedoch war leer und gefühllos gewesen.

Ihm schien das nichts ausgemacht zu haben. Wahrscheinlich hatte er nicht einen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass seine Braut möglicherweise unglücklich sein könnte. Dass sie Gefühle hatte. Bedürfnisse. Warum auch? Drakons Bedürfnisse waren schließlich viel einfacher. Er brauchte lediglich eine Frau, die immer bereit und willig war.

„Gut, dann gehe ich also auf die Knie“, murmelte sie schließlich und warf ihm einen höhnischen Blick zu.

„Lass das!“, fuhr er sie an, als sie ihren Rock anhob und ein Knie auf den Marmorboden setzte.

„Ich dachte, du willst es so?“

„Herrgott noch mal, Morgan! Glaubst du ernsthaft, es gefällt mir, wenn du mich anbettelst?“

Morgan schwieg. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Sie wusste nicht mehr, was sie tun sollte.

Er musste ihr einfach helfen.

Wenn er es nicht tat, dann war ihr Vater für immer verloren.

„Ich habe absolut kein Verlangen danach, dass meine Frau sich vor mir klein macht“, fuhr Drakon mit gefährlich leiser Stimme fort. „Auch nicht für ihren Vater. Ganz im Gegenteil, ich finde es abstoßend …“

„Er ist mein Vater!“

„Und er hat dich im Stich gelassen! Und darum macht es mich ganz krank, dass du dich hier für einen Mann einsetzt, der dich und den Rest deiner Familie sitzen gelassen hat. Ein Mann hat für seine Familie zu sorgen, statt sie auszubeuten.“

„Mein lieber Drakon Xanthis“, entgegnete sie leise. „Nicht jeder lebt in einem Elfenbeinturm, so wie du. Behütet von Bodyguards und über alles erhaben. Ich habe dieses Privileg leider nicht. Ich habe überhaupt nichts mehr. Unsere Familie hat alles verloren, Drakon. Geld, Sicherheiten, Häuser, Autos … ihren guten Ruf. Es ist mir nicht wichtig, dieses Luxusleben nicht mehr führen zu können. Am schlimmsten ist, dass meine Familie mit den Nerven am Ende ist. Wir leben im absoluten Chaos …“

Sie brach ab und rang nach Luft. Es brachte nichts, in Selbstmitleid zu baden. Erst recht nicht bei Drakon. Er hasste Gefühlsduselei und Emotionen. Schon damals hatte er seine Ohren auf Durchzug gestellt, wenn sie auch nur die Stimme erhoben hatte.

Da war es wieder. Wieder einmal machte sie sich Gedanken darum, was Drakon wollte. Nach all den Jahren besaß er immer noch diese Macht über sie.

Was war mit ihr? Warum ging es nie um ihre Bedürfnisse und Gefühle?

Morgan spürte, dass sie schon wieder einen Kloß im Hals hatte. Hastig blinzelte sie und richtete sich auf. Sie würde sich jetzt keine Blöße vor ihm geben.

„Ich weiß, es ist dir unangenehm, mich so zu sehen. In dieser verzweifelten Situation. Aber so sieht es nun einmal gerade aus bei mir. Und ich bin mittlerweile so weit, bis zum Äußersten zu gehen, um meiner Familie zu helfen. Du kannst dir nicht vorstellen, was wir gerade durchmachen. Wir schämen uns für unseren Vater, wir haben Schuldgefühle, wir sind verwirrt … Wir verstehen nicht, wie er das tun konnte. Warum er nicht wusste, dass Amery ein Betrüger ist. Warum er es nicht geschafft hat, seine Kunden zu schützen. Und seine Familie … Unser Ruf ist ruiniert. Meine Geschwister trauen sich kaum noch aus dem Haus. Es ist ein ekelhaftes Gefühl. Und es ist mir egal, was du jetzt von mir denkst. Ich versuche nur zu retten, was ich retten kann. Und das Wichtigste ist im Moment das Leben meines Vaters.“

„Dein Vater ist es nicht wert, Morgan“, entgegnete Drakon kalt. „Denk lieber an dich. Rette dein eigenes Leben.“

„Und wie stellst du dir das vor, Drakon? Hast du vielleicht einen Rat für mich?“, fragte sie spöttisch.

„Ja, komm nach Hause.“

„Nach Hause?“

„Nach Hause zu mir …“

„Du bist nicht mein Zuhause, Drakon. Das warst du nie.“ Ihr entging nicht, wie er zusammenzuckte. Fast tat er ihr leid. Aber er musste die Wahrheit endlich erfahren. Warum sie ihn verlassen hatte. „Erinnerst du dich, wie du mich vorhin gefragt hast, warum ich nicht mehr an unser Sexleben denken wolle? Ich kann es dir genau sagen.“ Sie holte tief Luft. „Weil mir die Erinnerung daran wehtut.“

Verständnislos sah er sie an.

„Aber warum? Es war doch so schön. Nein, es war mehr als das. Es war großartig. Wir zwei waren einfach unglaublich zusammen …“

„Ja, der Sex war gut“, fuhr sie ungeduldig fort. „Du warst ja auch ein wahnsinnig guter Liebhaber. Du hast es geschafft, mich mehrmals am Tag zum Höhepunkt zu bringen. Aber das war alles. Mehr hast du mir nicht gegeben. Deinen Namen, einen Diamantring im Wert von einer Million Dollar und jede Menge Orgasmen. Verstehst du, was ich meine?“ Sie zog die Augenbrauen hoch und beobachtete ihn aufmerksam. „Wir hatten keine Beziehung. Es gab keine Kommunikation, keine Nähe, kein Gefühl der Verbundenheit. Ich hab dich doch nicht geheiratet, um nur Sex mit dir zu haben. Ich wollte mein Leben mit dir teilen. Ich wollte ein richtiges Zuhause haben und glücklich sein. Stattdessen hab ich mich nur leer und einsam gefühlt.“

Morgan war erleichtert, dass sie es endlich über die Lippen gebracht hatte. Sie hatte es ihm bereits vor Jahren sagen wollen. Natürlich war ihr klar, dass sie sich damit erst recht unbeliebt bei ihm machte. Gerade jetzt, wo er ihr helfen sollte.

„Weißt du …“, fuhr sie fort, „… ich musste nach unserem Sex fast jedes Mal weinen. Es hat mir so wehgetan, dass du meinen Körper geliebt hast, aber nicht mich als Mensch.“

„Ich hab dich so geliebt, Morgan.“

Autor

Jane Porter

Bereits in der Grundschule schrieb Jane ihr erstes Manuskript: Es war 98 Seiten lang und wurde von einem Jungen in ihrer Klasse zerrissen. Jane weinte, der Junge musste die zerrissenen Seiten zusammenkleben und kam mit einer Verwarnung davon, während Jane fürs Schreiben im Unterricht bestraft wurde und so lernte, dass...

Mehr erfahren

Entdecken Sie weitere Bände der Serie

Die Copelands