Heißer Wüstenwind auf nackter Haut

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Schicksal besiegelt? Auf Befehl ihres Vaters soll die junge Johara den Sultan von Alazar heiraten. Schon seit Kindertagen ist sie Azim al Bahjat versprochen, den sie noch nie gesehen hat. Trotzdem versucht sie, vor ihrem Bräutigam nach Paris zu fliehen, aber Azim findet sie auch dort. Sein heißer Kuss ist Strafe und sinnliche Verheißung zugleich! Johara ist hin- und hergerissen zwischen der Furcht vor dem Wüstenprinzen mit den eiskalten Augen - und einer brennenden Sehnsucht, die nur er stillen kann …


  • Erscheinungstag 17.07.2018
  • Bandnummer 2345
  • ISBN / Artikelnummer 9783733710286
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich habe gute Nachrichten, habibti.“

Überrascht entdeckte Johara Behwar ihren Vater, der im Garten der Familienvilla auf sie zueilte. Die Luft war erfüllt vom betäubenden Lavendelduft der Provence, und die Sonne strahlte wohlwollend auf die warme Sommerwelt Südfrankreichs. Ihr Vater ließ sich nur selten in ihrer Villa blicken, es musste also einen besonderen Grund für diesen Besuch geben, denn er war bereits vor einer Woche da gewesen.

„Gute Nachrichten …“ Schon wieder! wäre Johara fast herausgerutscht. Ihren Vater hatte die unerwartete Lösung ihrer Verlobung längst nicht so erleichtert wie sie.

„Ich denke, du wirst dich freuen“, fuhr Arif fort. „Und was dich glücklich macht, freut mich auch.“ Mit ausgestreckten Händen blieb er strahlend vor ihr stehen. Seine Stimmung übertrug sich auf Johara.

„Ich freue mich, dich zu sehen Vater“, versicherte sie ihm lächelnd. „Schon allein deshalb ist heute ein Festtag.“

„Du bist so lieb, habibti. Deshalb habe ich dir eine Überraschung mitgebracht.“ Er zog einen kleinen Samtbeutel aus der Brusttasche und reichte ihn Johara.

Behutsam hob sie einen Anhänger von der Samtunterlage, dessen Diamanten im Sonnenlicht funkelten. „Er ist wunderschön. Danke, Vater.“ Folgsam legte sie sich das Diamantherz an, weil sie wusste, dass ihr Vater es erwartete. Der Schmuck war sehr kostbar, das sah sie, doch da sie sehr zurückgezogen lebte, würde sie kaum Gelegenheit haben, ihn zu tragen. Doch natürlich wusste sie die großzügige Geste ihres Vaters zu würdigen.

„Und wie lautet die gute Nachricht?“, fragte sie erwartungsvoll, als Arif ihre Hände nahm.

„Ich habe deine Eheschließung neu verhandelt.“ Triumphierend drückte er ihre Finger.

Sekundenlang sah Johara ihren Vater verständnislos an, dann begriff sie. Der Diamantanhänger fühlte sich auf einmal eisig auf ihrer Haut an.

„Neu verhandelt …?“, brachte sie matt hervor. „Aber du hast doch vor einer Woche berichtet, Malik – ich meine, Seine Hoheit – hätte unsere Verlobung gelöst.“

Sechs Tage hatte sie gebraucht, bis sie wirklich verstanden hatte, was das für sie bedeutete. Seitdem hatte sie im herrlichen Gefühl ihrer Freiheit geschwelgt, die sie nie für möglich gehalten hatte. Die Hochzeit, an die sie lieber nicht denken wollte, vor der sie sich gefürchtet hatte, fand nicht statt. Die drohenden Fesseln waren von ihr abgefallen. Leicht und beschwingt hatte sie sich gefühlt. Sie war frei – konnte tun und lassen, was sie wollte. In einem kühnen Gedankenflug hatte sie an eine Zukunft in Freiheit geglaubt, sich ausgemalt, vielleicht sogar zu studieren. Zum ersten Mal hatte die Welt verlockend und strahlend vor ihr gelegen …

Und jetzt … „Wie soll ich das verstehen – neu verhandelt? Du hast mir doch gesagt, Seine Hoheit … könne keine Nachkommen zeugen.“ Es widerstrebte ihr, die delikate Situation näher zu beschreiben, doch ihr Vater hatte sie ihr vor einer Woche in allen Einzelheiten geschildert. Postwendend war er zu ihr nach Frankreich geflogen, um sie wissen zu lassen, dass Malik al Bahjat, der Thronfolger des Sultanats Alazar, die Verlobung gelöst und die Hochzeit abgesagt hätte. Ihr Vater hatte geglaubt, dass eine Welt für sie zusammenbräche. Aufgebracht hatte er Joharas stockende Versuche ignoriert, ihn zu trösten, ihm klarzumachen, dass sie gar nicht heiraten wolle – weder Malik noch einen anderen. Aber das hatte sie ihrem Vater nicht zu gestehen gewagt, nachdem ihr ständig gelehrt worden war, diese Ehe sei ihre vorbestimmte Pflicht. Und ihr Vater wollte ja nur ihr Bestes.

„Ja, ja.“ Arif wurde ungeduldig. „Aber Malik ist nicht mehr der Thronfolger. Wir können froh sein, dass du ihn nicht vor dieser unerwarteten Wendung geheiratet hast. Das wäre eine Katastrophe gewesen.“

Johara musste ihm recht geben – wenn auch aus anderen Gründen. Eine Woche der Freiheit hatte ihr klargemacht, dass sie nie heiraten wollte, schon gar nicht einen praktisch Fremden wie Malik. Ein von Pflichten diktiertes Leben war nicht nach ihrem Geschmack. Was ihr Vater natürlich anders sah.

Aber was war nun eigentlich geschehen? Wenn sie nicht Malik heiraten sollte, wen dann…?

Zufrieden rieb Arif sich die Hände. „Alles hat sich zu unseren Gunsten entwickelt, Jojo“, ging er zu ihrem kindlichen Kosenamen über. „Vor allem für dich.“

Am liebsten hätte Johara ihm widersprochen, doch sie hielt sich zurück. Sie wollte ihren Vater nicht enttäuschen.

Wenn sie sich seinen Unmut zuzog, wurde ihr bewusst, wie schmerzlich sie die Fürsorge und Liebe ihrer kränkelnden Mutter vermisste. Umso mehr war Johara auf die Zuneigung ihres Vaters angewiesen. „Erzähl mir, was passiert ist“, bat sie ihn pflichtschuldigst.

„Azim ist wieder da!“, berichtete Arif ihr begeistert.

Irgendwie kam der Name ihr bekannt vor. „Azim …?“

„Der eigentliche Thronfolger Alazars. Er ist zurückgekehrt, nachdem alle ihn für tot gehalten hatten.“ Ungläubig schüttelte Arif den Kopf. „Es ist wirklich ein Wunder!“

„Azim.“ Natürlich … Azim al Bahjat, Maliks älterer Bruder. An diese Geschichte hatte Johara nicht mehr gedacht. Vor zwanzig Jahren war Azim entführt worden, da war sie erst zwei gewesen. All die Jahre über war nie Lösegeld gefordert oder seine Leiche gefunden worden. So hatte Azim zwanzig Jahre lang als vermisst gegolten – und Malik war als Nächster in der Thronfolge zum Sultananwärter erklärt worden. Bis zu dieser sensationellen Wendung ……

„Azim …“, wiederholte Johara nachdenklich. „Was war mit ihm? Wieso ist er jetzt zurückgekehrt?“

„Nach der Entführung hatte er offenbar das Gedächtnis verloren und zwanzig Jahre lang in Italien gelebt, ohne zu wissen, wer er ist. Dann hörte er in den Fernsehnachrichten zufällig etwas von Alazar, und alles fiel ihm wieder ein. Daraufhin ist er zurückgekehrt, um seinen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron geltend zu machen.“

„Aber …“ Wie bei einem unerwarteten Wüstensandsturm verdunkelte sich Joharas Himmel. Das konnte Vater ihr doch nicht antun – ihr einen völlig Fremden zumuten … „Was hat das mit mir zu tun?“, fragte sie bang, obwohl sie ahnte, was nun kommen würde.

Arifs Lächeln fiel etwas gequält aus. Das kannte sie. Und war aufs Schlimmste gefasst.

„Kannst du dir das nicht denken, Jojo?“ Der joviale Ton war gefährlich. „Azim soll dein Ehemann werden.“

Wie versteinert stand Johara da. „Aber … ich kenne ihn doch gar nicht. Wir sind uns noch nie begegnet“, versuchte sie die Gefahr abzuwehren.

Er ist der wahre Thronfolger“, betonte Arif. „Von Geburt an bist du dem Sultan von Alazar versprochen – also eigentlich Azim. Deine Verlobung mit Malik erfolgte erst später.“

Johara wurde eiskalt. Azim versprochen … „Das wusste ich nicht. Niemand hat mir etwas davon gesagt.“

Arif zuckte die Schultern. „Warum auch? Azim verschwand, als du noch ein Kind warst. Und nachdem er nun wieder da ist, beansprucht er dich wie vereinbart als Braut.“

Im Film oder Roman hätte sich daraus sicher eine Märchenromanze machen lassen: Der Ritter auf dem weißen Hengst erobert das Herz der Prinzessin. Doch Joharas Herz war auf einmal bleischwer. Sie wollte nicht beansprucht werden, schon gar nicht von einem Fremden – nachdem ihr noch vor wenigen Augenblicken die ganze Welt gehört und sie sich zum ersten Mal frei und ungebunden gefühlt hatte.

„Das Ganze kommt für mich sehr plötzlich.“ Sie versuchte, sich gefasst zu geben, um ihren Vater nicht zu enttäuschen. „Malik hat unsere Verlobung erst vor einer Woche gelöst. Sollten wir da nicht noch warten?“

Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Warten? Azim ist entschlossen, den Thron ohne Verzug zu besteigen – und dich zu heiraten. Er erwartet dich morgen Nachmittag in Alazar.“

Entsetzt sah Johara ihren Vater an, der ihr aufmunternd zulächelte. Ihre ganze Welt schien plötzlich in sich zusammenzubrechen. Solange sie zurückdenken konnte, hatte sie es ihrem Vater recht machen wollen, den sie nur selten sah. Sie war darauf vorbereitet gewesen, Malik zu heiraten, obwohl sie sich das eher nebelhaft vorgestellt hatte. Nur wenige Male war sie ihm begegnet, hatte einige Tage in Alazar verbracht. Und jetzt hatte sie sich eine Woche lang ein himmlisches Leben in Freiheit und Ungebundenheit ausgemalt, in dem sie ihre Träume leben konnte.

Die unerbittliche Haltung ihres Vaters verriet, dass sie sich vergeblich Hoffnungen hingegeben hatte. Er war in den Traditionen des Landes verhaftet und würde darauf bestehen, dass sie den wiederaufgetauchten Thronfolger heiratete – einen Mann, den sie noch nie gesehen hatte. Von dem weder sie noch sonst jemand etwas wusste, weil er zwanzig Jahre lang verschollen gewesen war.

„Johara?“ Der Ton ihres Vaters war schärfer geworden. „Du wirst dich doch hoffentlich nicht gegen die Hochzeit sperren?“

Hilflos sah sie ihren Vater an, den sie vergötterte. Sie hatte ein behütetes Leben geführt, war zu Hause unterrichtet worden und bis auf Wohltätigkeitsauftritte, die ihr Vater billigte, kaum unter Menschen gekommen. Ihre depressive Mutter hatte sich von allem zurückgezogen, sodass Johara auf die Liebe und Zuwendung ihres Vaters angewiesen war. Wie konnte sie sich da gegen seinen Wunsch stemmen?

„Nein, Vater“, flüsterte sie. „Natürlich nicht.“

Vom Palastfenster aus verfolgte Azim al Bahjat, wie die Limousine mit den getönten Scheiben die gewundene Auffahrt emporrollte. In dem Wagen saß seine Braut. Zwar hatte er noch nicht einmal ein Foto von ihr gesehen, aber das war unwichtig. Als Sultan von Alazar war Johara Behwar ihm als Braut vorbestimmt, und das Volk erwartete, dass er sie heiratete. Eine andere wäre unter seiner Würde gewesen und kam nicht infrage. Nur so konnte er sein Schicksal erfüllen und als Thronerbe die Regierung des Landes übernehmen. Dem Volk beweisen, dass er, der fast Vergessene, der wahre Thronfolger und Sultan war.

Ein Diener eilte herbei, um den Wagenschlag aufzureißen, und Azim beugte sich vor, um einen ersten Blick auf seine Braut, die zukünftige Sultana von Alazar, zu werfen.

Ein zierlicher Fuß im eleganten Slipper wurde sichtbar, unter dem Saum der traditionellen Stickgewänder eine schmale Fessel … dann erschien die schlanke Gestalt einer schönen jungen Frau, die ihn trotz des formlosen Gewands und der farbigen Hijab, die ihr dunkles Haar halb bedeckte, bezauberte.

Johara Behwar hob den Kopf und blickte zum Palast auf. Von seinem Fenster konnte Azim nun auch ihr Gesicht sehen, das von atemberaubend reiner Schönheit war. Ihre großen grauen Augen wurden von langen dunklen Wimpern und geschwungenen Brauen gerahmt. Eine zierliche Stupsnase, feine Wangenknochen und volle Lippen, die zum Küssen einluden … registrierte er erregt. Nur ihr abweisender, rebellischer Gesichtsausdruck missfiel Azim. Erschauernd blickte sie zum Palast auf und legte schützend die Arme um sich, als müsste sie sich gegen das, was sie erdulden musste, wappnen: IHN.

Dann straffte sie sich und ging gefasst auf den Palast zu – wie eine Verurteilte auf dem Weg zum Galgen.

Schnell zog Azim sich vom Fenster zurück. Sein Kopf schmerzte, und der Magen spielte verrückt. Grob presste er sich die Finger an die Schläfen, um aufkommende Empfindungen abzutöten. Johara Behwar grauste vor der Aussicht, ihn zu heiraten. Aber überraschte ihn das …?

Nein … daran durfte er nicht einmal denken. Gefühle konnte er sich nicht leisten. Für einen Mann wie ihn wäre es lächerlich, die Frau zu lieben, die aus Staatsräson seine Sultana wurde. Er schätzte seine Unabhängigkeit und brauchte niemanden. Liebe machte schwach und verletzlich. Scham und Schmerz hatte er zur Genüge kennengelernt, so etwas wollte er nie wieder durchmachen.

Nur zu einer Vernunftehe war er bereit. Schließlich musste er dem Volk einen Erben und Thronfolger vorweisen. Alles andere war unwichtig.

Azim atmete tief durch und ging zur Tür – um seine Braut zu begrüßen.

Jeder Schritt auf dem Marmorkorridor brachte Johara dem Untergang näher. Vergeblich versuchte sie sich einzureden, so schlimm könne es vielleicht nicht werden – doch ihr Herz wehrte sich dagegen. Sie fühlte sich elend, ihr wurde übel. Hilflos wandte sie sich ihrem Begleiter zu, der sie zu Seiner Hoheit Azim al Bahjat führte.

„Ich glaube, mir wird schlecht.“

Entsetzt wich der Mann zurück. „Schlecht …?“

Johara atmete tief durch, um ihren Magen zu beruhigen. Ausgerechnet vor der ersten Begegnung mit ihrem zukünftigen Ehemann durfte ihr Magen nicht rebellieren! Kalter Schweiß brach ihr aus, ihre Hände wurden feucht. Sie war benommen, die Welt um sie her schien sich zu drehen. Noch einmal tief durchatmen. Sie musste es schaffen!

Schließlich hatte sie es auch damals geschafft, als sie Malik kennenlernte und nicht ahnte, welche Folgen das haben würde. Die nächsten Begegnungen waren kurz und geschäftsmäßig verlaufen, und Johara hatte nicht darüber nachdenken wollen, worüber sie sprachen, welche Auswirkungen das auf ihr Leben haben könnte.

Jetzt jedoch musste Johara ständig daran denken. Für sie war Azim ein völlig Fremder. Wie ein Paket hatte ein Bruder sie einfach an den anderen weitergereicht. Bei der Vorstellung meldete ihr Magen sich erneut.

Während des achtstündigen Fluges von Nizza hatte sie gehofft, mit Azim eine für beide tragbare Vereinbarung treffen zu können. Mehr war eine Vernunftehe letztlich nicht. Sie könnte Azim nett vorschlagen, die meiste Zeit getrennt zu leben – was beiden nur recht sein könnte. Wenn sie reifer gewesen wäre, hätte sie Malik damals so eine Regelung vorschlagen sollen, als sie über ihre Verlobung sprachen. Oder sogar …

Erst seit Johara die Freiheit ausgekostet hatte, klammerte sie sich verzweifelt an ihre Unabhängigkeit.

„Geht es Ihnen besser, Sadiyyah Behwar?“, erkundigte ihr Begleiter sich besorgt.

Johara riss sich zusammen und rang sich ein Lächeln ab. „Ja, danke. Gehen wir weiter.“

Schicksalsschwer raschelte ihr Gewand auf dem glatten Marmorboden, während sie dem Mann einen Gang entlang folgte. Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie sich Azim bei der ersten Begegnung im traditionellen Aufzug präsentierte. Johara fand das kostbar bestickte Kleid mit dem juwelenbesetzten Saum und dem passenden Ärmelbesatz steif und schwer und so unbequem wie die ungewohnte Hijab, unter der ihr heiß war.

Vor einer vergoldeten Doppeltür blieb ihr Begleiter stehen. Natürlich war Johara schon einige Male im Palast gewesen, um mit Malik zu sprechen, doch diese Begegnungen hatten stets in einem gemütlichen kleinen Salon stattgefunden. Azim hingegen hatte für das erste Treffen den Prunksaal bestimmt.

„Seine Hoheit, Azim al Bahjat“, verkündete ihr Begleiter pompös.

Mit bangen Gefühlen betrat Johara den Saal.

Aus zahlreichen Bogenfenstern strömte Sonnenschein herein, sodass sie geblendet war und mehrfach blinzeln musste, ehe sie den Mann deutlicher ausmachen konnte, den sie heiraten sollte. Reglos und aufrecht stand er mitten im Raum und lächelte nicht. Selbst auf die Entfernung konnte Johara erkennen, wie dunkel und unergründlich seine Augen waren – wie eine sternenlose Nacht in der Wüste. Er trug das dunkle Haar streichholzkurz, eine rötliche Narbe verlief vom linken Augenwinkel bis zum Mund. Das bestickte Leinengewand betonte seine breiten Schultern und die groß gewachsene Gestalt.

Die ganze Erscheinung des Mannes wirkte einschüchternd. Johara musste an sich halten, um nicht instinktiv zurückzuweichen. Er machte ihr Angst. Am liebsten wäre sie geflohen. Er hatte etwas Grausames an sich – doch vielleicht lag das auch an seinen dunklen Augen und der roten Narbe.

Auf den zweiten Blick war er eigentlich ein attraktiver Mann, versuchte Johara, die Panik zu verdrängen. Er hatte ebenmäßige Züge, eine gerade, kühne Nase und volle sinnliche Lippen…

Während sie ihn immer noch scheu begutachtete, kam er langsam auf sie zu. Wenige Schritte vor ihr blieb er stehen und betrachtete sie schweigend von Kopf bis Fuß.

Endlich neigte er den Kopf, was offenbar eine Begrüßung andeuten sollte.

„Wir heiraten in einer Woche“, erklärte er ihr kühl.

2. KAPITEL

Im ersten Moment war Johara sprachlos.

Kein Gruß, kein nettes Willkommenswort! Nicht einmal Hallo, oder nett, dass Sie gekommen sind, eine zivilisierte Anrede …

Azims eisiges Diktat ließ sie erstarren. Alles in ihr verkrampfte sich. Dennoch blieb ihr offenbar nichts anderes übrig, als sich zu fügen.

„Freut mich, dass Sie keine Schwierigkeiten machen“, setzte Azim knapp hinzu und wandte sich ab.

Damit war sie entlassen. Ihr Schweigen schien er als Zustimmung zu verstehen. Für ihren zukünftigen Ehemann war die Besprechung zu Ende.

„Warten Sie … Euer Hoheit!“, brachte Johara heiser hervor und räusperte sich. Dieser Augenblick war zu wichtig, um die schockierte Jungfrau zu spielen.

Widerstrebend wandte Azim sich ihr wieder zu und presste die Lippen zusammen. Konnte er überhaupt lächeln?

„Ja?“, sagte er gereizt.

„Es ist nur so …“ Johara riss sich zusammen. Das erste Treffen war so jäh beendet, dass sie nicht zum Nachdenken kam, „Alles ging so schnell … wir sind uns noch nie begegnet …“

„Jetzt sind wir es.“

Fassungslos sah sie Azim an, suchte in seinen dunklen Augen nach einem Hauch von Herzlichkeit. Vergeblich. „Mag sein … aber wir kennen uns doch gar nicht“, versuchte sie, ihn zu erinnern. „Und eine Eheschließung …“ Sie spreizte die Hände und wagte ein Lächeln. „Eine Ehe ist ein entscheidender Schritt … und wenn zwei Menschen sich vorher nie begegnet sind …“

„Ein Schritt, den Sie sich lange genug überlegen konnten, wie ich höre. Warum ihn jetzt infrage stellen?“ Er schien keine Antwort zu erwarten, und Johara hütete sich, etwas zu sagen.

Ein Blick in die dunklen Tiefen seiner Augen genügte. „Ich meine … könnten wir uns vor der Hochzeit nicht ein bisschen besser kennenlernen, um …?“

Unbarmherzig schnitt Azim ihr das Wort ab. „Nein.“

Johara atmete tief durch und rang um Fassung. Nicht einmal in ihren schlimmsten Befürchtungen hätte sie erwartet, Azim könnte so gefühllos sein. Sein Gesichtsausdruck war starr und unnahbar. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Sie verschwende nur seine Zeit, hieß das. Wie konnte sie so einen Mann heiraten? Doch was blieb ihr anderes übrig? Jetzt gab es nur eins: Geschickt verhandeln.

„Wir werden eine Vernunftehe führen“, wagte Johara sich vor.

Azim lächelte ironisch, und seine Narbe spannte sich. „Wie klug Sie das erkannt haben.“

„Ja, aber ich meine …“ Auf einmal war Johara sich nicht sicher, wie sie ihm den Vorschlag schmackhaft machen sollte, den sie sich auf dem Flug zurechtgelegt hatte. Sie hatte nicht erwartet, dass Azim al Bahjat sich ihr gegenüber so eiskalt, fast feindselig verhalten würde. Ging er mit allen so um? Oder war er so nervös und unsicher wie sie?

Lächerlich! Azim al Bahjat dürfte nicht einmal wissen, was Unsicherheit war. Der Mann war jedem und allem gewachsen. Erst recht ihr.

Dennoch riskierte Johara einen weiteren Vorstoß. „Malik und ich hatten vereinbart …“

„Über Malik will ich nicht reden“, schnitt er ihr schroff das Wort ab. „Erwähnen Sie seinen Namen nie mehr vor mir.“

Betroffen schwieg Johara. Die Warnung ließ sie aufhorchen. War die Beziehung der Brüder so katastrophal? „Verzeihung, Euer Hoheit. Es wäre doch vernünftig, unsere Ehe möglichst erträglich zu gestalten.“

„Vernünftig?“ Fast lächelte Azim. „Wie meinen Sie das?“

Dass er ihr überhaupt eine Frage stellte, machte Johara kühn. „Wie Sie sicher wissen, habe ich hauptsächlich in Frankreich gelebt und bin ebenso wenig vertraut mit Alazar wie Sie …“

„Sie sind gebürtige Alazarin mit einem weit verzweigtem Stammbaum.“

Ja, das wusste sie. Eine ihrer Urahninnen war die Schwester eines Sultans gewesen. „Ich wollte nur sagen, dass ich mich in Frankreich zu Hause fühle und von klein auf dort lebe. Andererseits war ich bisher nur wenige Male kurz in Alazar.“

Azim lächelte verächtlich. „Ein bedauerliches Versäumnis. Machen Sie sich schleunigst mit den Sitten und Gegebenheiten unseres Landes vertraut.“

Das Ganze lief nicht so, wie Johara gehofft hatte. „Ich möchte damit klarstellen“, fuhr sie beherzt fort, „dass ich den größten Teil des Jahres in Frankreich leben möchte. Aber natürlich würde ich notfalls nach Alazar kommen, wann immer königliche Aufgaben oder Ereignisse es erfordern.“ Sie sprach viel zu schnell, um sich durchzusetzen. „Das erscheint mir für uns beide als vernünftigste Lösung …“

„So?“ Prüfend betrachtete Azim sie. „Mir nicht. Im Gegenteil …“

Verzweifelt ballte Johara die Hände in den Gewandfalten zu Fäusten. „Darf ich fragen, warum nicht?“

„Meine Frau gehört zu mir. Dass sie sich im Ausland vergnügt, kommt nicht infrage“, wies er sie abschätzig zurecht. „Die Sultana von Alazar gehört an die Seite des Sultans und in den Palast, um dem Volk zu beweisen, dass sie eine bescheidene, ehrenhafte Frau ist. Ihr Platz ist hier bei mir, Sadiyyah Behwar“, schloss er erbarmungslos. „An meiner Seite! Im Palast – in meinem Bett.“

Azim entging nicht, dass Johara entsetzt zusammengezuckt war. Ekelte sie die Vorstellung, mit ihm zu schlafen? Im Laufe der Jahre hatte er viele Frauen gehabt, doch alle waren bereitwillig mit ihm ins Bett gegangen. Aber sollte es ihm nicht gleichgültig sein, ob Johara etwas für ihn empfand? Von dieser Vernunftehe erwartete er weder Partnerschaft noch Vergnügen. Nachdem er sein Leben lang darauf verzichten musste, hatte er sich beides abgewöhnt.

„Sie sind sehr … brutal“, brachte Johara peinlich berührt hervor.

„Ich rede von Fakten.“

Entschlossen schüttelte Johara den Kopf. „Ich soll ständig um Sie sein, obwohl Sie mich nicht einmal näher kennenlernen wollen?“

„Was gibt es da schon kennenzulernen?“, hielt er ihr kalt vor. Seine Kopfschmerzen waren stärker geworden, er hatte keine Lust, Empfindungen auszuloten. Ihre Gefühle waren ihm gleichgültig – und seine auch. Hier ging es um die Staatsräson – Punkt Schluss. „Sie sind jung, gesund und genau richtig für die Aufgabe“, stellte er klar. „Wie ich, stammen Sie von einem uralten Geschlecht ab. Mehr brauche ich nicht zu wissen.“

Dass Johara aufsässig den Kopf zurückwarf, ärgerte Azim. Arif hatte ihm seine Tochter als äußerst fügsam angepriesen … doch dieses Gespräch bewies Azim, dass der Mann übertrieben hatte. Ihre trotzige Reaktion war beleidigend und komplizierte die Dinge …

„Es muss doch Dutzende Frauen wie mich mit der richtigen Abstammung geben“, fuhr Johara würdevoll fort. „Wieso wollen Sie unbedingt eine Fremde heiraten, die Sie nicht einmal besser kennenlernen wollen?“

Weil sie für Malik bestimmt war. Eine andere als die vorbestimmte Sultana zu heiraten käme einer Niederlage, dem Versagen gleich – so etwas gab es bei ihm nicht! Er hatte zu viel durchgemacht, zu viel geopfert, um diesmal nicht als Sieger dazustehen. „Sie sind die mir vorbestimmte Sultana“, beharrte er ungerührt. „Die meisten Frauen würden das als große Ehre betrachten.“

Hitzig fuhr Johara auf. „Aber ich bin nicht wie die meisten Frauen.“

„Das wird mir langsam klar.“

„Ich verstehe nicht …“

„Sie müssen auch nichts verstehen.“ Azim atmete tief durch, die Kopfschmerzen wurden unerträglich. Die Migräne machte ihm wieder zu schaffen, vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte … ihm wurde übel. Er brauchte fünf Minuten Ruhe, musste den Anfall in einem ruhigen Raum überwinden. „Sie brauchen mir nur zu gehorchen“, verabschiedete er Johara gereizt.

Wie versteinert stand sie da, als er sich einfach abwandte, um den Raum zu verlassen. Hinter sich hörte er Johara fassungslos einatmen.

„Euer Hoheit …“ Sie gab einen alarmierten Laut von sich, der ihn fast weich werden ließ.

Sein brüskes Verhalten bedauerte er jetzt fast, aber diese Kopfschmerzen …

Autor

Kate Hewitt

Aufgewachsen in Pennsylvania, ging Kate nach ihrem Abschluss nach New York, um ihre bereits im College angefangene Karriere als Schauspielerin weiter zu verfolgen. Doch ihre Pläne änderten sich, als sie ihrer großen Liebe über den Weg lief. Bereits zehn Tage nach ihrer Hochzeit zog das verheiratete Paar nach England, wo...

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Kate Hewitt

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