The Wedding Party Collection - Sechs Traumhochzeiten: lustig, sexy und romantisch

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DER ZAUBER EINER TROPENNACHT

Nur ein silberner Streifen Mondlicht und das Rauschen der Wellen dringen ins Zimmer, als Ella in starken Armen die Liebe genießt. Noch heute Morgen war Kapitän Cooper Delaney nur ihr Partner bei einem Tauchausflug vor den Bermudas, jetzt ist er der beste Liebhaber, den sie jemals hatte! Doch auch die heißeste Nacht geht einmal zu Ende, und als Ella am nächsten Morgen erwacht, ist sie allein. Wo ist Cooper? Hat er nur mit ihr gespielt? Überstürzt reist sie ab - und erkennt erst in London, dass sie etwas unendlich Wichtiges in der Karibik zurückgelassen hat: ihr Herz …

SPIEL NICHT MIT DER LIEBE!

Schon viel zu lange hat Emma gehofft, dass sich ihre Scheinbeziehung mit dem faszinierenden Unternehmer Dan Morgan in echte Liebe verwandelt - vergeblich! Aber ausgerechnet als sie ihre platonische Abmachung beenden will, küsst Dan sie heiß. Empfindet er etwa doch mehr für sie?

JENSEITS ALLER VERNUNFT

Walzer? Cha-Cha-Cha? Stararchitekt Ryder Fitzgerald ist entsetzt, als er für eine Hochzeit Tanzstunden nehmen muss. Bis er Nadia sieht, seine sündhaft erotische Tanzlehrerin. Nur ein paar Schritte mit ihr, und heißes Verlangen erfüllt den Saal. Nur ein Kuss, und die mandeläugige Schöne geht ihm nicht mehr aus dem Sinn. Doch kaum öffnet der überzeugte Single ihr sein Herz, tanzt Nadia davon - ins zigtausend Meilen entfernte Las Vegas. Auf eine Zukunft mit ihr zu hoffen, scheint völlig unvernünftig. Doch wenn der Glaube Berge versetzt, kann Liebe dann nicht Ozeane überbrücken?

HEIßE KÜSSE IN NEW ORLEANS

Manche mögen’s heiß! Callie Labeau ist Hochzeitsplanerin mit Leib und Seele, und je verrückter die Ideen ihrer Kunden, desto rauschender gestaltet sie das Fest! Kein Wunder, dass der smarte Arzt Matt sie engagiert … denn seinem Bruder will er nicht nur irgendeine Hochzeit schenken - sondern die perfekte Party! Dass er bei den Vorbereitungen der blonden Callie viel zu nahe kommt, möchte Matt gerne verdrängen, schließlich geht es um das Glück seines Bruders. Dabei treibt nicht nur die Hitzewelle, die New Orleans fest im Griff hat, seinen Puls in schwindelerregende Höhen …

ZU HOCH GEPOKERT, DARLING?

Zu blond, zu laut, zu offenherzig: Edward Winchester findet Olivia völlig unstandesgemäß. Doch die Killerkurven der Brautjungfer bringen das Blut des kühlen Briten zum Kochen. Ob er dieser Femme fatale bis zur Hochzeit seines Bruders widerstehen kann? Edward hegt leise Hoffnung. Bis Olivia vorschlägt, Strippoker zu spielen. Auf dem altehrwürdigen Landsitz seiner Familie! Als sie ihren Spitzen-BH unter dem hautengen Kleid hervorzaubert, ahnt Edward: Diese Frau versucht, ihn um den Verstand zu bringen. Und der Ahnung folgt Gewissheit, denn sie flüstert: "Folge mir."

NOCH EINMAL DIESES FIEBER SPÜR'N

"Ich will dich noch immer." Celias Körper bebt, als sie in Marcus Blacks Armen liegt. Seit ihrem verheerenden Date vor fünfzehn Jahren, hat sie einen großen Bogen um ihren Jugendschwarm gemacht. Nun ist er Trauzeuge auf der Hochzeit ihres Bruders, und sie ist seinem unwiderstehlichen Charme wieder ausgeliefert. Ob sie Marcus vergessen kann, wenn sie ein einziges Mal ihrem Verlangen nachgibt? Celia will es herauszufinden - und erlebt ein Feuerwerk der Lust. Doch ihre stürmische Nacht hat ungeahnte Folgen, die das Leben der schönen Karrierefrau komplett auf den Kopf stellen…


  • Erscheinungstag 02.04.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716646
  • Seitenanzahl 864
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Heidi Rice, Charlotte Phillips, Ally Blake, Aimee Carson, Jennifer Rae, Lucy King

The Wedding Party Collection - Sechs Traumhochzeiten: lustig, sexy und romantisch

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: 040/60 09 09-361
Fax: 040/60 09 09-469
E-Mail: info@cora.de

© 2014 by Heidi Rice
Originaltitel: „Beach Bar Baby“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN TEMPTED
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 062015 - 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Monika Schott

Fotos: Lost Horizon Images / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733701529

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Wenn du das nächste Mal einen Urlaub buchst, dann such dir nicht wieder das Pärchenziel Nummer eins aus, du Dummchen.

Ella Radley setzte ihren Rucksack auf und verzog schmerzhaft das Gesicht. Der Sonnenbrand auf ihrem Rücken tat immer noch weh, obwohl sie gestern den ganzen Tag auf ihrem luxuriösen Zimmer im Paradiso Cove Resort verbracht hatte.

Ella seufzte – ein Sonnenbrand dritten Grades an einer Stelle, die man nicht selbst eincremen kann, erinnerte sie auf schmerzhafte Weise an ihren Singlestatus. Nicht, dass eine Erinnerung notwendig gewesen wäre. Genervt betrachtete sie die sechs Paare, die vor ihr standen und wie sie auf einem Anleger im ehemaligen Militärhafen von Bermuda darauf warteten, an Bord eines Ausflugsbootes zu gehen. Sie alle wollten an einer ‚unvergesslichen zweistündigen Schnorcheltour‘ teilnehmen, wie es auf der Webseite der Tauchschule hieß. Dummerweise hatte sie die Tour direkt nach ihrer Ankunft vor einer Woche gebucht, bevor sie von allen möglichen verheirateten Männern und pickligen Jungen angemacht worden war, sich diesen üblen Sonnenbrand geholt und jegliche Lust daran verloren hatte, irgendetwas zu erleben.

Dieses Paradies mitsamt all seinem Zauber konnte ihr gestohlen bleiben. Viel lieber hätte sie jetzt in der Küche ihres kleinen Cafés im Norden Londons, dem Touch of Frosting, Cupcakes dekoriert. Dabei hätte sie ihrer Geschäftspartnerin und besten Freundin Ruby davon erzählt, was für ein Albtraum diese vermeintliche Traumreise war. Aber nein, sie stand für eine Schnorcheltour an, auf der sie wahrscheinlich vor Seekrankheit umkommen würde.

Jetzt sei nicht so negativ.

Ella ließ den Blick über das Hafenbecken schweifen und versuchte, zumindest ein bisschen von ihrem üblichen Optimismus aufzubringen. Die Segelyachten und Motorboote, die im glitzernden, leuchtend blauen Wasser tanzten, wirkten winzig neben dem riesigen Kreuzfahrtschiff, das auf der anderen Seite des Hafens festgemacht hatte. Ella dachte an den beinahe rosafarbenen palmengesäumten Sandstrand, an dem sie auf dem Weg hierher vorbeigekommen waren. Er hatte so romantisch und makellos ausgesehen wie in einem Reiseprospekt.

Ihr blieb nur noch ein Tag, um die atemberaubende Schönheit dieses Inselparadieses zu genießen. Vielleicht war es nicht die schlaueste Idee ihres Lebens gewesen, diese Reise zu buchen, aber sie hatte etwas Ablenkung gebraucht. Und es war sicher besser, an dieser Schnorcheltour teilzunehmen, als im Hotelzimmer zu sitzen und sich Sorgen zu machen. Oder, schlimmer noch, den ganzen Tag amerikanische Soaps zu gucken.

Als ein hochgewachsener Mann den Steg betrat, bewegten sich die Wartenden vorwärts. Er trug abgeschnittene Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit dem Logo der Tauchschule, der Schirm einer Kapitänsmütze schützte sein Gesicht vor der Sonne. Ella kniff die Augen zusammen, um weniger vom glitzernden Wasser geblendet zu werden. Der silberhaarige Kapitän Sonny Mangold, dessen wettergegerbtes Gesicht ihr von der Webseite der Tauchschule entgegengelächelt hatte, war für einen Mann von fast sechzig Jahren verblüffend gut in Form war, fand sie. Allerdings konnte sie sein graues Haar unter der Kappe aus der Entfernung nicht sehen.

Käpt’n Sonny begrüßte die Paare nacheinander an Bord. Ella hörte nicht, was er sagte, aber seine Stimme mit dem schroffen amerikanischen Akzent ließ ihr einen wohligen Schauer über den Rücken laufen.

Nachdem er dem sehr verliebt wirkenden Paar vor ihr an Bord geholfen hatte, trat Ella vor. Der Kapitän hatte erstaunlich breite Schultern und sehr muskulöse Beine. Er hielt den Kopf gesenkt und machte ein Häkchen auf der Liste in seiner Hand. Verwirrt betrachtete Ella die dunkelblonden Strähnen, die ihm ins Gesicht fielen, und das kantige, stoppeliges Kinn. Und dann hob er den Kopf.

Oh Gott, sieht der gut aus. Und er ist kaum älter als dreißig.

„Sie sind aber nicht Käpt’n Sonny“, platzte sie heraus. Offenbar war ihre Libido aus dem Dornröschenschlaf erwacht und hatte ihre übliche Schüchternheit zum Teufel gejagt.

„Kapitän Cooper Delaney, zu Ihren Diensten“, begrüßte er sie. Seine grünen Augen funkelten belustigt. Dann senkte er seinen Blick wieder auf die Liste. „Und Sie müssen Miss Radley sein.“ Er sprach ihren Namen langsam und genüsslich aus, und sie hatte das Gefühl, der Bikini, den sie unter ihrem Kleid trug, würde plötzlich zu knapp. Der Kapitän streckte ihr eine große, sonnengebräunte Hand entgegen. „Willkommen an Bord der Jezebel, Miss Radley. Sie sind allein unterwegs?“

„Ja.“ Sie hüstelte und spürte, wie sie errötete. Hoffentlich sah er das nicht. „Ist das in Ordnung?“, fragte sie und merkte, dass es klang, als würde sie ihn um Erlaubnis bitten.

„Sicher.“ Seine sinnlichen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das schon fast unverschämt war.

Was Ella vermuten ließ, dass er wusste, wie sehr er ihr gefiel. Diese Erkenntnis wiederum ließ ihre Wangen noch heftiger glühen.

„Solange Sie nichts dagegen einzuwenden haben, dass ich dann Ihr Schnorchelpartner sein werde.“ Er nahm ihre Hand, um ihr an Bord zu helfen. „Wir lassen unsere Gäste aus Sicherheitsgründen nicht allein schnorcheln.“

Als ihre Fingerspitzen seine raue Handfläche berührten, richteten sich ihre Brustknospen unwillkürlich auf.

„Ich habe nichts dagegen“, sagte sie und war absurd enttäuscht, als er ihre Hand losließ. Und obwohl sie ihn erst ein paar Sekunden lang kannte, war sie sich sicher, dass Käpt’n Cooper Delaney alles andere als ungefährlich war. Zum ersten Mal seit Langem fand sie das nicht beunruhigend, sondern aufregend. Das zeigte ihr, wie gestresst sie in den vergangenen Wochen gewesen war.

„Wie wär’s, wenn Sie sich mit zu mir nach vorne setzen?“

Ella nickte stumm. Sie brachte kein Wort hervor.

Eine Hand auf ihren Rücken gelegt, knapp unterhalb des Sonnenbrandes, lotste er sie an den anderen Passagieren vorbei. Währenddessen versuchte sie, seinen sauberen, frischen Meeresgeruch und das Kribbeln zu ignorieren, das seine Berührung in ihr auslöste. Alle Bänke waren bereits mit Pärchen belegt. Er führte sie am letzten freien Platz vorbei und wies auf einen der beiden Sitze vor dem Steuerstand.

„Da wären wir, Miss Radley.“ Augenzwinkernd tippte er sich an die Mütze und wandte sich dann an die anderen Passagiere.

Ella hörte zu, wie er sich und die aus zwei Teenagern bestehende Besatzung vorstellte. Dann erzählte er ein wenig über den Western Blue Cut, den Schnorchelspot, den sie ansteuerten, und über das Wrack, das sie erkunden würden. Schließlich verlor er noch ein paar Worte über das Leben im Riff und gab ihnen eine ganze Stange Sicherheitsregeln mit auf den Weg. Doch das Einzige, was Ella hörte, war diese wundervolle Reibeisenstimme. Und sie fragte sich, was alles dazugehörte, jemandes Schnorchelpartner zu sein.

Es war wahrscheinlich nicht so intim, wie es sich anhörte. Oder doch?

Als er sich neben sie setzte und seine Hand sich um den Schalthebel schloss, wurde sie von einer Art erregter Vorfreude erfasst. Er stellte den Schalthebel ein, klopfte gegen eine Anzeige, drückte einen Knopf, und das Boot setzte sich in Bewegung. Ella hielt sich an der Stange über der Steuerung fest, um durch die plötzliche Beschleunigung nicht unsanft in den Sitz gedrückt zu werden. Bevor er seine Augen hinter seiner Sonnenbrille versteckte, warf er ihr einen amüsierten Seitenblick zu, als sie sich wieder setzte.

Schon wieder schoss ihr das Blut in die Wangen – und an eine andere Stelle zwischen ihren Beinen –, während das Boot an den anderen Schiffen im Yachthafen vorbeischoss und aufs offene Meer in Richtung Riff hinausglitt.

Unschuldig und gleichzeitig verwegen lächelte er sie an. „Halten Sie sich gut fest, Miss. Es wäre doch zu schade, wenn ich meine Schnorchelpartnerin verlieren würde, bevor wir ankommen.“

Ella erwiderte sein Lächeln – es war ihr erstes echtes Lachen seit Monaten, und sie hatte das Gefühl, dass die Leere, die sich vor etwas über einer Woche in ihr breitgemacht hatte, etwas kleiner wurde.

Vielleicht war es doch nicht ganz so dumm gewesen, alleine in Urlaub zu fahren.

„Na, Süße, du scheinst Coop zu gefallen.“

Die Bemerkung ließ Ella erröten. Kurz musterte sie die dickliche Frau mittleren Alters in den knallpinken Bermudashorts und dem bedruckten T-Shirt, die sich zu ihr gesellt hatte.

Vor zehn Minuten hatten sie ihr Ziel erreicht, nun verteilten Käpt’n Delaney und seine Crew die Schnorchelausrüstungen.

Ella war froh über die Atempause, denn zwanzig Minuten neben diesem Mann zu sitzen hatte ihre normalerweise eher trägen Hormone ziemlich in Wallung gebracht.

„Kennen Sie Kapitän Delaney?“, versuchte sie, vom Thema abzulenken. Allerdings musste sie zugeben, dass ihr Herz bei der Bemerkung der älteren Frau einen kleinen Satz gemacht hatte.

Nach sorgfältiger Überlegung war sie zu dem Schluss gekommen, dass Kapitän Delaneys Aufmerksamkeit nicht ihr persönlich, sondern ihr als zahlendem Gast galt. Sie war die einzige Alleinreisende an Bord, und er tat aus reinem Pflichtgefühl sein Bestes, um ihr den Ausflug so angenehm wie möglich zu machen. Wegen des Motorenlärms hatten sie auf der Fahrt kaum geredet, Gott sei Dank. Es hatte sie schon genug durcheinandergebracht, dass er sie immer wieder so verführerisch angelächelt hatte – was sicher nicht persönlich gemeint gewesen war.

Fast hatte sie sich in ihre Teenagerzeit zurückversetzt gefühlt. Früher hatte es ihr immer die Sprache verschlagen, wenn ein gutaussehender Junge in der Nähe gewesen war. Das war auch genau der Grund dafür, dass sie unscheinbare Männer den gefährlichen, aufregenden Exemplaren vorzog – letztere schüchterten sie zu sehr ein.

„Bill und ich kommen seit unseren Flitterwochen 1992 jedes Jahr nach St. George“, erklärte die Frau. „Und die Schnorcheltour auf der Jezebel haben wir noch nie ausfallen lassen. Coop kennen wir seit fast zehn Jahren. Als Teenager hat er Sonny an Deck ausgeholfen. Vor ein paar Jahren hat er sein Kapitänspatent bekommen. Jetzt springt er ab und zu für Sonny ein.“ Die Frau streckte Ella die Hand hin. „May Preston.“

„Freut mich. Ella Radley.“ Ella schüttelte die Hand der Frau, deren lockere, offene Art ihr gefiel. Sie hatte May bereits in der Ferienanlage gesehen. Genau wie deren Mann Bill, der ihr ebenfalls sympathisch war, weil er zu den wenigen verheirateten Männern gehörte, die nicht fremdguckten.

„Du bist auch wirklich ein hübsches Ding. Und dieser bezaubernde Akzent!“ May legte den Kopf schief und musterte Ella auf diese spezielle Art, die ausschließlich amerikanische Touristen zu beherrschen schienen: neugierig, aber doch nicht aufdringlich. „Ich habe mich ja schon immer gefragt, auf welche Frauen Coop steht. Dass du sein Typ bist, hätte ich nicht gedacht.“

Ella spürte, wie sie noch stärker errötete. „Ich würde nicht sagen, dass ich sein Typ bin.“ Gott bewahre – das durfte sie nicht einmal denken, wenn sie nicht wollte, dass ihr das Herz versagte. Auch wenn sie ihn extrem anziehend fand – gefährliche Männer waren noch nie gut für ihren Seelenfrieden gewesen. „Ich bin einfach nur eine alleinreisende Frau, und er ist höflich.“

May lachte herzlich. „Glaub das nicht, Schätzchen. Coop ist nicht gerade die Höflichkeit in Person. Und normalerweise tut er alles, um sich die alleinreisenden Frauen vom Hals zu halten, anstatt sich persönlich um sie zu kümmern.“

„Sicher irren Sie sich.“ Ellas Herz begann zu rasen – vor Verwirrung vergaß sie ganz, wie peinlich ihr das alles war.

„Vielleicht, vielleicht aber auch nicht“, erwiderte May Preston mit einem vielsagenden Lächeln. „Aber auf jeden Fall habe ich ihn heute zum ersten Mal sagen hören, dass keiner alleine schnorcheln darf.“

Ella versuchte, Mays schockierende Bemerkung zu verdauen, während sie zusah, wie Kapitän Delaney den Leuten beim Anlegen der Masken half. Dabei gab er Anweisungen, wie weit man sich vom Boot entfernen durfte, erklärte die wichtigsten Handzeichen und informierte sie, woran sie das Schaufelrad des Blockadebrechers erkannten, den sie erkunden würden. Dabei wirkte er so entspannt und sachlich, dass Ella überzeugt war, May müsse sich irren.

Sie überlegte, ob sie ihn einfach auf die angebliche Regel ansprechen sollte. Aber es würde sicher furchtbar eingebildet wirken, wenn sie ihm quasi unterstellte, dass er sich aus anderen als aus Sicherheitsgründen erbot, ihr Schnorchelpartner zu sein.

Doch als er sich zu ihr umwandte und sie verführerisch anlächelte, strömte wieder all ihr Blut in gewisse Regionen. Mit ihrem Sonnenhut fächelte sie sich Luft zu. Also irgendwie … entweder hatte sie einen Sonnenstich, oder dieses Lächeln hatte eine Art geheime Wärmefunktion.

Als er auf sie zukam, überstrahlten seine grünen Augen das leuchtend blaue Wasser. „Und, Miss Radley, wollen Sie nicht langsam mal Ihr Kleid ausziehen, damit wir loskönnen?“, fragte er und lehnte sich gegen den Steuerstand. Seine Hand war ihrer Hüfte ziemlich nahe.

Ella holte tief Luft, nur um festzustellen, dass er jetzt noch betörender roch als vorhin.

Nur Mut, Ella. Verpack es als ganz allgemeine Frage, damit du weißt, woran du bist.

„Muss das sein?“, fragte sie.

„Ich fürchte ja. Das Salzwasser täte dem hübschen Kleid sicher nicht gut. Sie haben doch Badesachen dabei, oder?“, erkundigte er sich grinsend.

„Nein, ich meinte, dass wir zusammen schnorcheln.“ Als er an ihr hinuntersah, richteten sich ihre Brustknospen wieder auf. „Muss das sein?“, wiederholte sie eindringlich.

Er hob fragend eine Braue.

„Es ist nur so, dass May Preston noch nie etwas davon gehört hat, dass keiner allein schnorcheln darf“, erklärte sie rasch, bevor es ihr wieder die Sprache verschlug. „Also dass es aus Sicherheitsgründen notwendig ist, zu zweit zu schnorcheln …“ Nun fing sie schon an, sich zu wiederholen! „Ich weiß, dass das beim Tauchen wichtig ist. Auch wenn ich noch nie tauchen war …“ Als sie sah, wie sich sein Grinsen verbreiterte, verstummte sie.

Jetzt komm schon auf den Punkt, Ella.

„Ich dachte nur, Sie könnten mir erklären, warum wir Schnorchelpartner sein müssen, wenn ich mich doch nur ein paar Meter vom Boot entferne.“

„Verstehe.“ Er brummelte etwas und nahm seine Kapitänsmütze ab, unter der dichte, sonnengebleichte Locken zum Vorschein kamen. „Also ich kann Ihnen versichern …“, er lächelte verlegen, „… dass May Preston eine ziemlich geschwätzige Person ist. Und dass ich ein ernstes Wörtchen mit ihr reden werde, wenn sie wieder an Bord kommt.“

„Das heißt, es stimmt?“ Ella starrte ihn mit großen Augen an. „Sie haben das wirklich erfunden? Aber warum denn?“

Cooper sah zu, wie die himmelblauen Augen der hübschen Engländerin noch größer wurden und fragte sich, ob sie ihn verschaukeln wollte.

Ella Radley mit ihrer tollen Figur und ihrem herzförmigen Gesicht hatte ein wenig schüchtern und verloren gewirkt, als sie am Anleger in der Warteschlange gestanden hatte. Und als ein bloßes Lächeln gereicht hatte, sie knallrot anlaufen zu lassen, war er sofort von ihr gefesselt gewesen.

Mit ihren rosigen Wangen hatte sie so verdammt hübsch ausgesehen. Er war so verzaubert gewesen, dass er die Behauptung mit dem Schnorchelpartner ausgesprochen hatte, ohne lange nachdenken.

Aber konnte eine Frau tatsächlich so naiv sein? Mit diesen großen blauen Kulleraugen? Und den Brustknospen, die sich jedes Mal aufrichteten, wenn er ihr auf den Busen sah … und mit Wangen, die auf Kommando rot zu werden schienen?

Nein. So naiv konnte man nicht sein. Das war sicher gespielt.

Aber wenn es gespielt war, dann war sie verdammt gut darin. Und er durfte nichts dagegen sagen, denn er selbst machte den anderen ständig etwas vor.

Und sie hatte ihn erwischt.

Herzlichen Dank, May.

„Wenn ich jetzt behaupten würde, dass ich das gesagt habe, weil Sie so einsam aussahen, würden Sie mir das abnehmen?“, fragte er und hoffte, sein Scherz würde die Situation entschärfen.

Wieder errötete sie, was die Sommersprossen auf ihrer Nase noch besser zur Geltung brachte. „Doch, klar, ich hatte mir schon so etwas gedacht.“ Sie legte die Hand über die Augen, um nicht geblendet zu werden, und sah zu ihm auf. „Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, Kapitän Delaney, aber ich möchte Ihnen nur ungern zur Last fallen. Ich komme schon alleine klar“, fügte sie hinzu, ohne eine Miene zu verziehen

Nun war es an ihm, große Augen zu machen. War das ihr Ernst? Denn wenn das jetzt gespielt war, dann war es oscarverdächtig.

Noch nie hatte jemand über ihn gesagt, dass er rücksichtsvoll sei. Nicht einmal seine Mutter – und in ihrem Fall hatte er sich noch öfter verstellt als sonst, weil sie so zartbesaitet gewesen war.

„Nennen Sie mich bitte Coop.“ Noch immer konnte er nicht fassen, dass er so leicht davongekommen war, aber ihm sollte es recht sein. „Glauben Sie mir, ich tu das gern“, versicherte er und bemühte sich um einen ernsten Gesichtsausdruck, obwohl er fürchtete, dass es aussichtslos war. Er hatte schon früh gelernt, all seine Gefühle hinter einem strahlenden Lächeln zu verstecken, weshalb er nicht besonders viel Übung darin hatte, ein ernstes Gesicht zu machen.

„Na gut …“ Sie lächelte ihn an. „Wenn Sie absolut sicher sind, dass ich Ihnen nicht zur Last falle, bin ich einverstanden.“ Ihre Augen strahlten.

Ihr Lächeln brachte ihn einen Moment lang aus dem Konzept, weil sie auf einmal nicht mehr süß, sondern supersexy aussah – aber dabei völlig natürlich. Und als sie nun obendrein ihr Kleid auszog, wurde er von heftigem Verlangen gepackt.

Ihre sehr weiblichen Kurven wurden nur von drei winzigen Dreiecken aus pinkfarbenem Elastan bedeckt, die kaum etwas verbargen. Und ihr Busen war noch aufregender als ihr Lächeln. Ihre Brustknospen hatten sich schon wieder aufgerichtet, und er musste seine gesamte Selbstbeherrschung aufbringen, um zu verhindern, dass ein bestimmter Teil von ihm in ähnlicher Weise darauf reagierte.

Als sie sich umdrehte, um ihr Kleid in ihrer Tasche zu verstauen, entdeckte er den Sonnenbrand auf ihrem Rücken.

„Autsch, das tut sicher weh“, sagte er. „Sie müssen Sonnencreme mit einem höheren Lichtschutzfaktor verwenden. Auf den Bermudas ist die Strahlung im April schon ziemlich fies.“

Sie drehte sich um, wobei sie sich das Kleid vor den Oberkörper hielt, um ihren Busen zu verbergen, und errötete wieder heftig. „Ich benutze ja schon Lichtschutzfaktor fünfzig, aber die Stelle habe ich selbst nicht erreichen können.“

Er rieb sich das Kinn und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Hm, das klingt, als sei das die Aufgabe Ihres Schnorchelpartners.“

Dankbar lächelte sie ihn an. Fast hätte er ein schlechtes Gewissen bekommen, sie so schamlos auszunutzen … bis ihm wieder einfiel, dass das hier einfach nur ein neckisches Spielchen war.

„Das wäre supernett.“ Sie griff in ihre Tasche und fischte die Sonnenmilch heraus.

Dann drehte sie ihm den Rücken zu und hob ihr blondes Haar aus dem Nacken, während er eine großzügige Portion Sonnenmilch in seine Hand drückte. Wie er es genießen würde, die Lotion auf ihrer weichen, warmen Haut zu verteilen.

Wäre ihm schon früher klar gewesen, wie viel Spaß es machte, den netten Kerl zu spielen, dann hätte er es sicher schon öfter getan.

2. KAPITEL

Ella unterdrückte einen wohligen Seufzer, als sie Cooper Delaneys große Hände auf den Schultern spürte. Er schob seine Finger unter den Knoten ihres Bikinis, um ihren Nacken bis zum Haaransatz einzureiben. Als er mit seinen Daumen ihre verspannten Nackenmuskeln massierte und sich dann weiter nach unten vorarbeitete, lief ihr ein wohliger Schauer über den Rücken. Sie musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht laut aufzustöhnen.

„So, jetzt kommt der rote Bereich dran.“ Seine Reibeisenstimme streifte ihren Nacken, und sie hörte, wie er mehr Sonnenmilch aus der Flasche drückte. „Ich bin ganz vorsichtig. Sagen Sie Bescheid, wenn es zu viel wird.“

Davon werde ich wohl nie genug bekommen.

Sie nickte nur. Hätte sie irgendetwas gesagt, wäre ihm wohl nicht verborgen geblieben, dass sie kurz davor war, vor Lust zu vergehen.

Ella spürte einen leichten Druck, als er die Hände auf die verbrannte Stelle legte. Doch das Brennen war nichts gegen das Kribbeln, das sich in ihrem Körper ausbreitete und dafür sorgte, dass sich ihre Brustknospen aufrichteten.

„Alles okay?“ Der Druck seiner Hände ließ nach.

„Ja, alles okay. Hören Sie nicht auf.“ Sie schmiegte sich seinen Händen entgegen. „Das ist …“

Wundervoll? Großartig? Fantastisch?

„… gut“, sagte sie schließlich, doch als er mit dem Eincremen fortfuhr, entrang sich ihr ein wohliges Summen.

Sie war schon viel zu lange nicht mehr von Männerhänden verwöhnt worden und hatte schon fast vergessen, wie toll es war, Haut an Haut zu spüren. Wie eine Katze, die gestreichelt werden wollte, reckte sie sich unter seinen Berührungen. Und als seine Daumen den Saum ihres Bikinihöschens berührten, überlief sie ein Kribbeln. Wie sehr sie sich wünschte, dass er seine Finger unter den Stoff gleiten lassen würde. Ella schloss die Augen und spürte die Wärme, die sich in ihrem Leib ausbreitete.

Die angenehmen Gefühle, die seine Berührungen auf ihrer Haut erzeugten, gingen ihr durch und durch, und sie musste sich zusammenreißen, nicht laut aufzuseufzen.

Doch dann nahm er seine Hände weg.

„Fertig.“

Sie öffnete die Augen und geriet ins Schwanken. Mit einer Hand hielt er sie an der Hüfte fest – und holte sie in die Realität zurück.

„Hoppla!“ Sein amüsierter Tonfall ließ sie erröten.

Oh nein! Hatte er etwa ihren erstickten Seufzer gehört? Wusste er, dass sie eben fast einen Phantom-Orgasmus gehabt hätte?

Scham mischte sich unter ihre Erregung.

Heute Abend würde sie den Vibrator, den Ruby ihr für die Reise geschenkt hatte, auspacken und ausprobieren, das stand schon einmal fest. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie nicht scharf genug auf Sex sei, um ihn zu benutzen. Doch da hatte sie sich wohl geirrt. Und Ruby hatte auf ihr Fabrikat geschworen – bevor sie ihren Ehemann Callum kennengelernt hatte.

„Jetzt sollten Sie keinen Sonnenbrand mehr bekommen“, unterbrach Coop ihre Überlegungen, und sie errötete noch stärker.

Sie verzog den Mund zu einem Lächeln, von dem sie hoffte, dass es dankbar aussah – und nicht nach Lüsternheit im Endstadium. „Vielen, vielen Dank.“

Wie hypnotisiert sah Ella zu, wie er mit seinen langen, sehnigen, von der Sonnenmilch glänzenden Fingern die Flasche verschloss.

„Hier.“ Er hielt ihr die Flasche hin, während sie immer erregter wurde.

Sie ließ sich Zeit damit, die Sonnenmilch in ihrem Rucksack zu verstauen, und atmete erleichtert auf, als ihre Hände aufhörten zu zittern.

„Danke, das war …“ Großartig lag ihr auf der Zunge, aber das konnte sie nicht sagen.

„Gern geschehen.“

Ihr Atem begann zu flattern, als sie seinen amüsierten Blick bemerkte. Wieder wurde sie nervös, während sie sein anziehendes Gesicht betrachtete – die ausgeprägten Wangenknochen, den Bartschatten, den markanten Unterkiefer und das Grübchen in seinem Kinn.

Wie konnte man nur so gut aussehen? Und so männlich?

Seine sinnlichen Lippen zuckten, als würde er sich ein Grinsen verkneifen.

Jetzt reiß dich aber mal zusammen. Der Mann hat sich dir als Schnorchelpartner angeboten, nicht als Bettgenosse.

„Können wir dann?“ Seine raue Stimme ging ihr durch und durch.

„Ja – es sei denn, ich revanchiere mich.“ Als ihre Antwort als heiseres Quieken herauskam, räusperte sie sich. „Mit der Sonnencreme, meine ich. Damit Sie keinen Sonnenbrand bekommen.“

Sein Mund verzog sich wieder zu diesem betörenden Lächeln.

Aufhören! Das hast du jetzt nicht wirklich gesagt, oder?

„Das war Quatsch“, beeilte sie sich zu sagen. „Ich weiß auch nicht, warum ich das vorgeschlagen habe.“ Man sah Cooper Delaney an, dass er ständig in der Sonne war. Wahrscheinlich hatte er noch nie Sonnencreme benutzt. „Ich bin sicher, dass Sie sich keine Gedanken um Sonnenbrand zu machen brauchen. Vielleicht sollten wir einfach …“

„Das klingt sehr gut“, unterbrach er ihren Redeschwall.

„Tut es das?“

Er grinste. „Allerdings. Man kann sich gar nicht gut genug schützen.“

Machte er sich über sie lustig? „Okay – dann hol ich die Sonnencreme mal wieder raus.“ Sie kramte in ihrer Tasche und hoffte inständig, dass er es sich in der Zwischenzeit nicht anders überlegte. Als sie die Flasche gefunden hatte, zog er gerade sein T-Shirt aus und warf es auf das Steuerpult.

Alles Blut wich aus ihrem Gehirn, als sie sich wieder aufrichtete und die Sonnenmilch triumphierend hochhielt.

Ach du liebe Zeit. Dieser Oberkörper … das reinste Kunstwerk.

Um seine kleinen flachen Brustwarzen ringelte sich sonnengebleichtes Haar, das seine definierten Muskeln noch betonte. Sie sah an seinem Waschbrettbauch hinunter und schluckte, als sie beim Bund seiner Hose ankam, unter dem der Haarstreifen verschwand. Dann blieb sie mit dem Blick an seinen seitlichen Bauchmuskeln hängen.

„Danke. Ich weiß das wirklich zu schätzen“, unterbrach er ihre Betrachtungen und wandte ihr den Rücken zu, der ebenso ansehnlich war wie die Vorderseite.

Sie räusperte sich. „Ist Lichtschutzfaktor fünfzig in Ordnung?“

Er zuckte mit den Schultern. „Bestimmt.“

Seine sonore Stimme ließ ihre Haut vibrieren. Ella drückte Sonnenmilch aus der Flasche in ihre bebende Hand. Dann atmete sie tief durch, legte beide Hände auf seinen glatten, warmen Rücken und atmete den verführerischen Duft von Sonnenmilch und Mann ein.

Als sie ihn einzucremen begann, zuckten seine Muskeln unter ihren Händen. Ella merkte, wie sie feucht wurde. Die empfindliche Stelle zwischen ihren Beinen fühlte sich an, als wäre sie zu ihrer doppelten Größe angewachsen.

Während sie die weiße Lotion auf seinem Rücken verteilte, versuchte sie, sich auf ihren Atem zu konzentrieren, um nicht zu hyperventilieren. Sie durfte nicht in Ohnmacht fallen, bevor sie hiermit fertig war.

Cooper berührte Ella am Arm und zeigte auf den Bermuda-Engelfisch, der gerade unter dem Schirm einer orangefarbenen Koralle verschwand.

Während Ella den blau schillernden Fisch mit den gelben Flossenspitzen bestaunte, genoss Cooper ihren begeisterten Gesichtsausdruck und den Anblick ihrer kaum bedeckten Brüste.

Er spürte, wie das Blut in seine Lenden schoss und er trotz des kalten Wassers hart wurde. Dass er sich plötzlich daran erinnerte, wie sie gestöhnt hatte, als er sie eingecremt hatte, machte die Sache nicht besser.

Zum Glück hatte er seine abgeschnittenen Shorts anbehalten, die seine Erregung einigermaßen kaschierten.

Seit mehr als einer halben Stunde waren sie bereits im Wasser, und die meiste Zeit über hatte er sich ganz gut unter Kontrolle gehabt. Aber das schüchterne, begeisterte Strahlen, das sich jedes Mal auf Ellas Gesicht ausbreitete, wenn er ihr einen Fisch zeigte, war fast so betörend wie ihre Finger auf seinem Oberarm, wenn sie ihm etwas zeigen wollte, oder der Anblick ihrer im Wasser schaukelnden Kurven.

Diese Frau machte ihn fertig. So sehr, dass er kurz davor war, seine goldene Regel über Bord zu werfen, niemals etwas mit alleinreisenden Frauen anzufangen.

Als sie begeistert auf einen Schwarm Papageifische zeigte, überlegte er, warum er diese Regel überhaupt aufgestellt hatte.

Es gab – grob gesagt – zwei Kategorien von alleinreisenden Frauen: solche, die auf ein Abenteuer ohne Verpflichtungen aus waren, und solche, die eine romantische Urlaubsliebe erleben wollten. Da beide Szenarien normalerweise viel Sex beinhalteten, hatte er sich in seiner Anfangszeit auf der Insel gern darauf eingelassen. Doch damals war er achtzehn gewesen, hatte kaum Geld gehabt und erst recht keine Perspektive.

Jetzt, als Betreiber einer erfolgreichen Tauchschulkette, brauchte er die Bestätigung durch Gelegenheitssex nicht mehr. Und er hatte keine Lust darauf, so zu tun, als wolle er mehr.

Weshalb alleinreisende Frauen schon eine ganze Weile tabu für ihn waren – es sei denn, er war völlig sicher, dass sie wirklich nur auf eine einzige Nacht aus waren. Normalerweise merkte er ihnen das an. Inzwischen war er regelrecht Experte darin zu erkennen, ob eine Frau, die ihn anmachte, auf eine Romanze aus war oder einfach nur auf Sex. Doch Ella Radley konnte er nicht einordnen.

Zuerst einmal hatte sie ihn nicht angegraben – trotz des Knisterns, das zwischen ihnen herrschte. Und er war noch immer nicht sicher, ob diese betörende Mischung aus naivem Enthusiasmus, netter Verrücktheit und offensichtlichem Verlangen Teil einer Show war, die sie abzog, um ihn rumzukriegen – oder ob das alles echt war.

Dummerweise blieb ihm nicht mehr viel Zeit, um das herauszufinden. Weil Sonny mal wieder von der Arthritis geplagt wurde, hatte Cooper versprochen, die nächsten beiden Touren zu übernehmen. Und er konnte und wollte sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Damals, als er auf die Insel gekommen war, hatte er keinen Cent in der Tasche gehabt, weil alles für die Überfahrt draufgegangen war. Er hatte am Hafen im Freien übernachten müssen und hätte für einen Burger und eine Portion Fritten seine Seele verkauft. Damals hatte Sonny ihm angeboten, eine Schicht an Bord der Jezebel zu arbeiten.

An jenem Nachmittag hatte Cooper keine besonders gute Arbeit geleistet, erstens, weil er vor Hunger ganz schwach gewesen war, und zweitens, weil er keine Ahnung von Booten gehabt hatte. Doch zum ersten Mal seit dem Tod seiner Mutter hatte er das Gefühl gehabt, etwas zu taugen. Sonny hatte ihm Zuversicht gegeben, und nun war Cooper bereit, dem alten Mann jeden erdenklichen Gefallen zu tun.

Und das bedeutete, dass er sich entscheiden musste, bevor sie wieder im Hafen anlegten. Sollte er es riskieren, Ella um ein Date heute Abend zu bitten, ohne zu wissen, woran er bei ihr war?

Gerade kam sie mit leuchtenden Augen auf ihn zugeschwommen und gab ihm das Handzeichen zur Umkehr.

Er signalisierte ihr seine Zustimmung und schwamm mit kräftigen Zügen zum Boot zurück. Eigentlich hätten sie schon vor zehn Minuten kehrtmachen müssen. Sicher waren sämtliche Gäste längst zurück an Bord und warteten darauf, in den Hafen zurückzufahren. Was bedeutete, dass es höchste Zeit wurde, eine Entscheidung zu treffen.

Doch als sie vor ihn schwamm und sich ihr runder Po mit jedem Flossenschlag ansehnlich bewegte, strömte wieder all sein Blut in die Lenden, und er wusste, dass er sich längst entschieden hatte.

Ella hielt sich an der Reling fest, als das Boot gegen den Anleger stieß und ihr Schnorchelpartner ihr sein unwiderstehliches Lächeln zuwarf.

Coop legte eine Hand auf ihr Knie und drückte es. Die Berührung schickte ein Kribbeln durch ihren Oberschenkel. „Warte kurz, während ich die anderen von Bord bringe.“ Der vertrauliche Ton ließ ihr Herz heftiger schlagen. Bevor sie getaucht waren, hatte er ihr erklärt, dass sich Schnorchelpartner grundsätzlich duzten. Und nur zu gern hatte sie sich darauf eingelassen.

Sie versuchte, sich zu sammeln, während er und seine Crew das Boot festmachten und die Gäste verabschiedeten.

Verrenn dich nicht. Es war ein großartiger Vormittag, aber das war’s auch schon.

Das Schnorcheln und die Schönheit des Riffs hatten ihre Erwartungen mehr als erfüllt. Aber es war Cooper Delaney gewesen, der den Ausflug zu einem einzigartigen Erlebnis gemacht hatte, mit seinem verführerischen Lächeln, seinem Traumkörper und der Aufmerksamkeit, die er ihr geschenkt hatte.

Er hatte ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein – dafür war sie ihm unendlich dankbar. Aber sie durfte nichts in sein Verhalten hineininterpretieren, was nicht da war.

Sie sah zu, wie er sich von May Preston und ihrem Mann verabschiedete. Nach ihnen wäre sie an der Reihe. May steckte Cooper ein paar Scheine zu. Er bedankte sich, indem er kurz an seine Mütze tippte.

Trinkgeld.

Beschämt sah Ella zu, wie Cooper das Geld in die Tasche der Jeans schob, die er nach dem Schnorcheln angezogen hatte. Natürlich, sie musste ihm Trinkgeld geben. Das wäre die beste Methode, sich bei Cooper dafür zu bedanken, dass er sich so nett um sie gekümmert hatte. Und um ihm zu verstehen zu geben, wie sehr sie es genossen hatte.

Sie nahm ihren Rucksack, holte ihre Geldbörse heraus und überlegte, welcher Betrag angemessen wäre. Ob zwanzig Dollar genug wären? Oder dreißig. Nein, vierzig. Vierzig wären okay. Wahrscheinlich musste er es noch mit seiner Crew teilen. Mit feuchten Händen zählte sie das Geld ab und hoffte, mit dem Betrag einigermaßen richtig zu liegen. Sie wollte großzügig sein, auch wenn sie wusste, dass das, was er für sie getan hatte, unbezahlbar war.

Zwei wundervolle Stunden lang hatte sie all ihre Sorgen vergessen und sich wieder wie eine ganz normale Frau gefühlt. Dafür konnte man nicht zu viel Trinkgeld zahlen.

Sie schulterte den Rucksack und ging mit den Scheinen in der Hand auf Cooper zu. Wie sollte sie ihm das Geld geben, ohne dabei so rot zu werden wie eine Tomate?

Er wandte sich zu ihr um. Der genießerische Blick, mit der er sie von Kopf bis Fuß musterte, ging ihr durch und durch.

„Hey.“ Sein umwerfendes Lächeln brachte ihren Puls zum Rasen. „Hatte ich nicht gesagt, du sollst auf mich warten?“

„Ich wollte nicht im Weg sein.“ Ihre Lippen bebten. Sie wagte nicht, sein Lächeln zu erwidern.

„Du bist mir nicht im Weg.“ Er strich ihr eine Strähne hinters Ohr, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte – eine beiläufige, vereinnahmende Geste, die ihre Lippen noch stärker beben ließ. „Aber ich habe heute noch ein paar Fahrten zu machen. Wie wär’s, wenn wir uns nachher treffen? Ich bin etwa ab sieben in der Bar am Südende der Half-Moon-Cove.“

Das Blut in ihren Ohren rauschte so laut, dass sie kaum hörte, was er sagte.

„Was meinst du?“, hakte er nach.

Sie nickte, doch dann spürte sie, wie er mit den Fingerknöcheln über ihre Wange strich. Erschrocken über die Gefühle, die diese Geste in ihr auslöste, und über die Erregung, die sich in ihr breitmachte, wich sie seiner Berührung aus. Jetzt musste sie zusehen, dass sie wegkam, bevor das Beben ihrer Lippen noch schlimmer wurde.

Sie hielt ihm die Geldscheine hin. „Es war ein wundervoller Vormittag. Ich habe den Ausflug sehr genossen. Vielen, vielen Dank.“

Er sah die Scheine am. „Was ist das?“

„Äh … ich hoffe, es ist genug.“ War es zu wenig? „Ich wollte mich für die Umstände bedanken, die du dir meinetwegen gemacht hast.“

Seine Züge verhärteten sich. Und Ella beschlich das Gefühl, dass sie ihn irgendwie beleidigt hatte. Doch da war der verärgerte Ausdruck auch schon wieder aus seinem Gesicht verschwunden.

„Ach so.“ Er nahm die Scheine und zählte sie. „Vierzig Dollar. Sehr großzügig.“ Sie meinte, Sarkasmus in seiner Stimme mitschwingen zu hören, doch als er sich an die Mütze tippte und die Scheine einsteckte, war sie sicher, dass sie sich geirrt haben musste.

„Danke.“ Zum ersten Mal sah sein Lächeln angestrengt aus. „Man sieht sich, Miss Radley.“

Wie distanziert er auf einmal war. Hatte sie sich das eben mit dem Wiedersehen am Abend nur eingebildet? Oder zu viel hineininterpretiert? Wahrscheinlich hatte es überhaupt nichts zu bedeuten. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

Während das Schweigen sich unangenehm in die Länge zog, musterte er sie mit ausdrucksloser Miene.

„Ich mach mich dann mal auf den Weg“, sagte sie schließlich. Bloß runter von diesem Boot. „Ja, und danke noch mal.“ Das hast du schon einmal gesagt. „Es war sehr nett, dich kennenzulernen.“ Hör auf, so blödes Zeug zu reden, du dumme Gans. „Tschüss.“ Sie hob die Hand zum Winken und bereute es auf der Stelle.

„Ja, dann …“ Er winkte nicht zurück und sah sie nur mit leerem Blick an.

Ella eilte über die Laufplanke an Land, ohne sich noch einmal umzudrehen. Sie musste sich nicht noch mehr blamieren.

3. KAPITEL

Ella drückte auf den Knopf an dem Plastikstab – und warf ihn erschrocken weg, als er laut summend zu vibrieren begann. Seufzend schaltete sie den Vibrator wieder aus und steckte ihn zurück in seine Verpackung.

Als ihre Hormone wegen Cooper verrückt gespielt hatten, war es ihr verlockend erschienen, den Massagestab auszuprobieren. Aber Plastik war einfach nicht so reizvoll wie ein Mann aus Fleisch und Blut. Und nach der peinlichen Situation beim Abschied war ihr ohnehin die Lust vergangen.

Jetzt fühlte sie sich einfach nur leer und kam sich ein wenig blöd vor, weil sie es so genossen hatte, mit ihm zusammen zu sein, obwohl es absolut bedeutungslos gewesen war. Sie zerbrach sich noch immer den Kopf darüber, was eigentlich genau passiert war. Von einem Moment auf den anderen war er nicht mehr locker, charmant und sexy gewesen, sondern kühl, angespannt und abweisend.

Das Telefon klingelte und riss sie aus ihren Überlegungen. Sie nahm ab und war froh, die Stimme ihrer besten Freundin zu hören.

„Hey, Ella, wie läuft’s im Paradies?“

Ella lächelte – Rubys Stimme zu hören machte sie glücklich, aber sie bekam auch ein wenig Heimweh davon. „Ach Ruby, bin ich froh, dass du anrufst!“

„Alles okay mit dir? Du klingst irgendwie bedrückt.“

„Nein, alles in Ordnung. Ich habe nur langsam genug vom Paradies.“

Ruby lachte. „Verstehe. Das heißt, du verbringst den Urlaub immer noch ohne knackige Kerle in Bermudashorts?“

„Naja …“ Als sie an Coopers durchtrainierten Körper und seinen schwelenden Blick dachte, verschlug es Ella einen Moment lang die Sprache.

„Du hast jemanden kennengelernt, oder?“ Offenbar reichten Rubys hellseherischen Fähigkeiten sogar über den großen Teich. „Grandios. Tante Ruby will Details!“

„Ach, es ist nichts Wildes. Einfach nur ein gut aussehender Typ, der die Schnorcheltour geleitet hat, bei der ich heute Morgen mitgefahren bin. Wir haben ein bisschen geflirtet.“ Zumindest nahm sie an, dass sie geflirtet hatten, aber vielleicht täuschte sie sich. „Aber er ist nicht mein Typ. Er ist viel zu sexy.“

Ihre Freundin schnaubte. „Bist du irre? Zu sexy gibt es nicht. Und was genau heißt ‚ein bisschen‘? Ist da noch mehr drin?

„Na ja, er hat angedeutet, dass wir uns treffen könnten.“

„Großartig!“

„Hm. Aber ich glaube, ich lasse es lieber.“ Ella dachte an den missglückten Abschied. So schmeichelhaft Coopers ungeteilte Aufmerksamkeit gewesen war, und so aufregend sie es gefunden hatte, mit ihm zu schnorcheln – am Ende war es doch eher unangenehm gewesen.

Als sie daran dachte, wie verkniffen er sie angesehen hatte, als sie ihm das dicke Trinkgeld überreicht hatte, verzog sie das Gesicht.

„Wieso?“, fragte Ruby. „Ich dachte, das wäre genau der Sinn deiner Reise – eine wilde Affäre zu haben, um dein Liebesleben wieder in Schwung zu bringen.“

„Was?“ Ella spürte, wie sie knallrot wurde. „Wer hat das denn gesagt?“

„Du. Du hast gesagt, dass du mal raus müsstest, um deine Prioritäten zu überdenken. Dass du viel zu fixiert darauf seist, deinen Traummann zu finden, um überhaupt jemanden kennenzulernen“, erklärte Ruby.

Ella konnte sich nicht daran erinnern, etwas in der Art gesagt zu haben, aber sie war nach dem Arzttermin furchtbar durch den Wind gewesen. Danach hatte sie eine Last-Minute-Reise gebucht und war gleich am nächsten Tag weggeflogen – unter anderem, weil sie nicht in der Lage gewesen war, sich ihrer besten Freundin anzuvertrauen. Das war eigentlich fast das Erschreckendste an der Sache gewesen.

„Und ich habe das so verstanden, dass du auf die Bermudas fliegst, um dich flachlegen zu lassen“, fuhr Ruby fort.

„Nicht ganz.“ Ella spürte, dass sie ihr Geheimnis nicht mehr lange für sich behalten könnte.

„Ja, aber wie hast du es sonst gemeint?“ Und scharfsinnig wie immer drang Ruby zum Kern der Wahrheit vor. „Es hat mit deinem Arztbesuch zu tun, stimmt’s? Irgendetwas hat dich total aus der Bahn geworfen. Was verschweigst du mir?“

Rubys Stimme klang auf einmal sehr ernst, und Ella wusste, dass ihre Freundin, die dazu neigte zu übertreiben, sicher schon eine tödliche Krankheit vermutete.

„Was es auch ist, du musst es mir sagen, Ella. Wir bekommen das schon hin.“

„Mach dir keine Sorgen, Ruby“, beschwichtigte Ella. „Es ist nichts Schlimmes.“ Jedenfalls nicht so schlimm.

„Aber es hat etwas mit dem Arzttermin zu tun?“

„Ja.“

„Und zwar?“, fragte Ruby in dem Ton, mit dem sie normalerweise ihre drei Kinder dazu brachte, jedes auch noch so kleine Vergehen zu gestehen.

Ella wusste, dass sie dieser Befragung keine zwei Sekunden würde standhalten können. „Dr. Patel hat mir Blut abgenommen. Ich bekomme das Ergebnis am Montag.“ Sie seufzte. Auf einmal war die Angst wieder voll da. „Aber sie meinte, es könnte in Anbetracht der Geschichte meiner Mutter und der Tatsache, dass ich seit drei Monaten meine Tage nicht mehr hatte, durchaus sein, dass ich vorzeitig in die Wechseljahre komme.“

„Okay“, sagte Ruby zögernd, „aber das heißt, du weißt es noch nicht, oder?“

Ella schüttelte den Kopf. Ein Kloß stieg ihr in die Kehle. „Nein, aber ich bin mir ziemlich sicher …“

Sie legte ihre Hand auf den Bauch, um die darin herrschende Leere daran zu hindern, sich weiter in ihrem Körper auszubreiten. „Ich habe zu lange gewartet. Ich werde keine Kinder bekommen können.“

„Aber das weißt du doch gar nicht. Nicht, solange du das Ergebnis nicht hast. Und selbst wenn du vorzeitig in die Wechseljahre kommst – nur, weil ein paarmal deine Regel ausgeblieben ist, bist du noch lange nicht unfruchtbar.“

Doch Ella wusste es. Sie hatte es gewusst, seitdem sie damals mit achtzehn aus der Narkose aufgewacht war und Randall sich anschließend aus dem Staub gemacht hatte. Sie verdiente es nicht, Mutter zu werden, weil sie sich damals, als sie die Gelegenheit dazu gehabt hätte, dagegen entschieden hatte – für einen Typen, dem sie völlig egal gewesen war.

„Wahrscheinlich hast du recht“, sagte sie, um Ruby bei Laune zu halten.

„Natürlich habe ich recht. Solange du das Ergebnis nicht hast, darfst du kein Drama daraus machen. Verstanden?“

„Verstanden.“

„Gut. Aber ich möchte doch wissen, warum du mir nichts davon gesagt hast.“

„Ich konnte einfach nicht“, erklärte Ella mit bebender Stimme, und eine Träne rollte ihr die Wange hinunter. Eine der vielen Tränen, die sie seit einer Woche zurückhielt.

„Warum nicht?“, hakte Ruby nach.

„Ich glaube, ich stand einfach noch zu sehr unter Schock und wusste nicht ganz …“ Sie atmete tief durch und zwang sich, die Wahrheit anzuerkennen. „Und ich war so furchtbar neidisch. Weil du mit Cal und deinen drei Kindern eine so wundervolle Familie hast, und ich so etwas vielleicht nie haben werde.“ Ella seufzte. Jetzt war es heraus. „Ich habe mich geschämt, dich zu beneiden.“ Mit dem Handrücken wischte sie die Tränen ab, die nun ungebremst flossen, und hoffte, dass Ruby ihre Schluchzer nicht hörte. „Ich wollte nicht, dass das in irgendeiner Form zwischen uns steht.“

„Das ist doch lächerlich.“

„Wieso?“, fragte Ella mit erstickter Stimme.

„Also, zunächst einmal würdest du Cal nicht ertragen. Er ist viel zu verkrampft und herrisch für dich. Seine Rechthaberei würde dich binnen kürzester Zeit in den Wahnsinn treiben.“

„Cal ist nicht verkrampft und herrisch“, verteidigte Ella Rubys Mann.

„Aber nur, weil er sich bei mir entspannen kann“, erwiderte Ruby. „Aber was noch wichtiger ist“, sie wurde ernst, „du willst nicht meine Kinder, sondern deine eigenen. Du wirst bestimmt einmal eine tolle Mutter“, fügte sie im Brustton der Überzeugung hinzu. „Es gibt ja im Notfall genügend Möglichkeiten.“

„Wie meinst du das?“

„Na ja, künstliche Befruchtung, eine Leihmutter, Adoption, so was eben.“

Darauf war Ella im ersten Schreck gar nicht gekommen. Aber warum eigentlich nicht? „Stimmt, daran hatte ich gar nicht gedacht …“

„Aber davon abgesehen zäumst du das Pferd von hinten auf.“

„Was?“

„Naja, ich denke, wenn du ein Kind habe möchtest, ist wohl nicht das größte Hindernis, dass du eventuell vorzeitig in die Wechseljahre kommst. Sondern eher der Umstand, erst einmal einen vernünftigen Mann zu finden. Alle Typen, mit denen du seit diesem Vollidioten im College zusammen warst, waren sterbensöde.“

Ella runzelte die Stirn und ging in Gedanken die Handvoll Jungs durch, mit denen sie in den letzten Jahren zusammen gewesen war. Und sie musste feststellen, dass Ruby mit ihrer ungeheuerlichen Bemerkung wahrscheinlich nicht ganz falsch lag – denn Ella konnte sich an ihre Exfreunde nur sehr vage erinnern.

War sie deshalb so nervös geworden, als Cooper sie gefragt hatte, ob sie später noch etwas zusammen trinken wollten? Mit ihm zu flirten war aufregend und erhebend gewesen, und trotzdem hatte sie Panik bekommen, als er angedeutet hatte, dass sie weiter gehen könnten.

Was war los mit ihr? Sie war vierunddreißig, nicht neunzig!

„Weißt du, Ella“, fuhr Ruby fort, „für eine gute Beziehung reicht es nicht, dass die berühmte Chemie stimmt – der Dreckskerl von Randall ist das beste Beispiel dafür.“

Ella verzog das Gesicht, als sie Randalls Namen hörte – seit sechzehn Jahren vermieden sie beide, ihn auszusprechen. Zwar waren die Wunden von damals verheilt, aber Ella schämte sich, wenn sie an ihn erinnert wurde. Es war ihr peinlich, dass sie ihm so verfallen war, ein bisschen Spaß im Bett für die große Liebe gehalten hatte und sich dann auch noch von ihm zu etwas hatte drängen lassen, das sie ihr ganzes Leben lang bereuen würde.

„Aber manchmal ist es ganz praktisch, wenn die Chemie stimmt“, räumte Ruby ein, „und zwar, wenn man mal sein Liebesleben in Schwung bringen will. Womit wir wieder bei deinem schönen Kapitän wären. Also sag noch mal – warum genau kannst du seine Einladung nicht annehmen?“

„Weil ich mir nicht sicher bin, ob er es wirklich so gemeint hat.“

„Und wieso nicht?“

„Na ja, er hat mich gefragt, ob ich heute Abend mit in seine Stammkneipe ginge, und ich habe Angst bekommen.“ Sie hatte gekniffen, weil Cooper Delaney mehr Mann war, als sie sich in letzter Zeit zugetraut hatte – auf einmal war ihr das sonnenklar. „Und dann musste ich von Bord gehen, weil er zu tun hatte. Aber das war alles ganz locker, wir haben nichts vereinbart oder so.“

Aber auch wenn ihr der Gedanke daran, sich mit ihm zu treffen, durchaus verlockend erschien, hatte sie doch seine versteinerte Miene am Ende nicht vergessen.

„Und, hat seine Stammkneipe einen Namen?“, wollte Ruby wissen.

„Nein, aber er hat mir gesagt, wo sie ist.“

„Großartig. Mehr brauchen wir nicht.“

„Nein?“

„Nein. Und nun hör mir gut zu. Er hat dich gefragt, ob du mit ihm ausgehst. Also wirst du dort hingehen.“

Ellas Körper begann vor Aufregung zu zittern. „Aber was, wenn …“

„Kein Aber. Es wird höchste Zeit, dass du anfängst, dich mit Männern zu treffen. Mit solchen, die interessant genug sind, damit es sich lohnt, überhaupt etwas mit ihren anzufangen.“

„Aber ich glaube nicht …“

„Hast du nicht gehört, dass ich kein Aber hören will?“ Ruby hielt kurz inne, aber nicht lange genug, dass Ella ein vernünftiger Einwand eingefallen wäre. „Und Panik schieben ist ebenfalls verboten. Falls du Angst bekommen solltest, weil dein Kapitän dir zu sexy vorkommt, dann sieh es einfach als Testdurchlauf an. Du musst dringend besser flirten lernen, und er ist das perfekte Übungsobjekt.“

4. KAPITEL

„Sind Sie sicher, dass Sie hier rauswollen, Ma’am? Der Rum Runner ist nichts für Touristen, hier treffen sich eher die Einheimischen. Ich könnte Sie zu einem schönen Lokal in Hamilton bringen, mit Blick auf die Kreuzfahrtschiffe.“

„Nein, hier ist es perfekt. Danke, Earl.“ Ella stieg aus dem Taxi und sah zu der klapprigen Bar am Ende des holperigen Strandwegs hinüber. Eine Lichterkette ließ das aus verwittertem Holz zusammengezimmerte Haus, das etwas windschief auf Stelzen aus dem Wasser ragte, noch zauberhafter wirken.

Vor der Schwingtür standen Gäste, sie rauchten und unterhielten sich, drinnen tanzten Paare zu dem mitreißenden Soca, der bis hier unten zu hören war.

„Und Sie sind sicher, dass das hier das einzige Lokal am südlichen Abschnitt der Half-Moon-Cove ist?“, erkundigte sie sich und reichte Earl, dem Taxifahrer, das Geld für die Fahrt und reichlich Trinkgeld durch das Fenster.

„Mhm.“ Anders als Cooper schien Earl sich über das Trinkgeld zu freuen. Strahlend steckte er es in die Tasche seines Hawaiihemdes. „Das da ist die Bucht.“ Er nickte in Richtung eines breiten Strandes, der sich jenseits der Felsen am Ende der Straße erstreckte. Die palmengesäumte Bucht schimmerte unfassbar romantisch im Mondlicht, sie machte ihrem Namen wirklich alle Ehre. „Hier unten gibt es keine andere Bar.“ Dann zog er eine Visitenkarte aus seiner Hosentasche. „Rufen Sie an, wenn Sie zurückwollen. Hierher verirrt sich kaum ein Wagen.“

Nachdem das Taxi in der Dunkelheit verschwunden war, steckte Ella die Visitenkarte in ihre Handtasche und atmete tief durch.

Ob Cooper hier war oder nicht – sie hatte vor, sich zu amüsieren. Denn es wurde höchste Zeit, dass sie wieder anfing, ihr Leben zu genießen. Sie musste endlich aufhören, sich vor lauter Vorsicht zu langweilen. Bermuda mit seinem wilden, bunten Nachtleben und seinen gut aussehenden Kapitänen war der perfekte Ort, um mal etwas mehr zu wagen.

Rubys gutes Zureden hatte ihr Mut gemacht. Während Ella sich geduscht, gewachst, eingecremt, schön gemacht und einparfümiert hatte, war sie immer zuversichtlicher geworden.

Nach langem Zaudern hatte sie sich dazu durchgerungen, enge Caprijeans, hochhackige Sandalen und ein spitzengesäumte Trägerhemdchen anzuziehen. Ihr widerspenstiges Haar hatte sie locker hochgesteckt und sich dann – Rubys Rat folgend – stärker geschminkt als sonst. Zum Schluss hatte sie ihr Outfit noch mit ihren liebsten Ohrhängern und den bunten Armreifen abgerundet, die sie letzte Woche auf dem Camden Market gekauft hatte. Und während sie sich fertig gemacht hatte, war ihre Angst einer berauschenden Mischung aus Aufregung und Vorfreude gewichen.

Sie ging an den draußen stehenden Gästen vorbei und bahnte sich einen Weg zur Theke. Erst einmal würde sie etwas trinken, und falls Cooper nicht auftauchen sollte, konnte sie jederzeit Earl anrufen und sich ins Hotel zurückbringen lassen. Immerhin würde sie jetzt etwas von der Insel sehen, bevor sie abreiste.

Im Rum Runner herrschte eine ausgelassene, lockere Stimmung, die Ella an Sol’s Salsa Joint in Camden erinnerte. Gemeinsam mit Ruby und ihrem großen Freundeskreis war sie oft freitagabends dort hingegangen. Wegen der Kinder ging Ruby kaum noch aus, und auch die meisten anderen Freunde hatten in den letzten Jahren eine Familie gegründet oder waren weggezogen. Deshalb hatte auch Ella irgendwann aufgehört, ins Sol’s zu gehen. Aber sie tanzte für ihr Leben gern und merkte jetzt erst, wie sehr ihr das wöchentliche Ritual fehlte.

Also fing sie an, ihre Hüften zum Klang der Bläser und dem treibenden Beat zu schwingen, als die Band auf der Bühne im hinteren Teil der Bar die nächste Nummer anstimmte. Strahlend bahnte sie sich einen Weg zwischen den Tischen hindurch. Sie spürte, wie der Optimismus, der eigentlich immer ein wesentlicher Teil ihrer Persönlichkeit gewesen war, wieder zu ihr zurückkehrte.

Sie schlängelte sich an einem Grüppchen bunt gekleideter Männer an der Bar vorbei und lächelte, als einer von ihnen ihr zuprostete.

„Was soll’s denn sein, Miss?“, fragte der Barkeeper, nachdem es ihr gelungen war, an die Theke vorzudringen. Auf der dunklen Haut seines muskulösen Oberarms leuchtete eine rote Schlangentätowierung.

An der Wand hing eine Tafel mit dem Getränkeangebot. Ella kannte kaum eines davon. „Was würden Sie empfehlen?“

„Für Sie?“ Der melodische karibische Akzent des Mannes passte zu seinen freundlichen hellbraunen Augen. „Da muss es ein Rum Swizzle sein.“

„Klingt super.“ Sie hatte keine Ahnung, was das war, aber heute Abend hatte sie noch etwas vor – sie wollte wieder flirten lernen. Und es klang so, als sei ein Rum Swizzle das perfekte Mittel dafür.

Ein paar Minuten später kam der Barkeeper mit einem großen orangefarbenen Drink zurück, der mit einer Ananasscheibe, einem Stück Apfelsinenschale und einer Maraschinokirsche dekoriert war. Ella nahm einen Schluck, und das intensive Aroma von Rum, Orangensaft und Likör breitete sich in ihrem Mund aus.

„Lecker“, rief sie, um die Musik zu übertönen. „Wie viel bekommen Sie?“

„Nichts.“ Der Barkeeper lächelte. Inmitten seiner strahlend weißen Zähne leuchtete ein Goldzahn. „Der erste Rum Swizzle geht bei mir immer aufs Haus.“

„Ist das hier Ihr Laden?“

Er nickte. „Allerdings.“

Eine Aufwallung von Übermut verstärkte die Wirkung des Rums, und sie hörte Ruby in ihr Ohr flüstern.

Sei vor allem draufgängerisch – flirten macht gleich doppelt so viel Spaß, wenn du die Dinge selbst in die Hand nimmst.

„Kennen Sie einen Cooper Delaney?“

„Coop? Natürlich kenne ich Coop. Was wollen Sie von dem?“ Er klang ein wenig pikiert. „Der Junge macht nichts als Ärger.“

Genau darauf hatte sie gesetzt. Die Vorfreude war noch berauschender als der Rum. Sie trank einen weiteren Schluck von ihrem köstlichen Drink. „Meinen Sie, dass er heute Abend herkommt?“

Der Barkeeper richtete den Blick auf irgendetwas hinter ihr. „Ja, er wird heute Abend hier sein.“

„Sind Sie sicher?“

„Mhm.“ Prüfend sah der Barkeeper sie an.

„Finger weg, Henry. Hör auf, in meinem Revier zu wildern.“

Als sie die tiefe, angenehm vertraute Stimme hörte, wirbelte Ella herum – und ihr stockte der Atem. Cooper Delaney hatte schon heute Morgen in Shorts super ausgesehen, aber jetzt, in einem dunkelblauen Poloshirt und schwarzen Jeans, wirkte er noch viel attraktiver. Plötzlich wurde Ella schwindelig, und sie geriet aus dem Gleichgewicht.

Eine sonnengebräunte Hand packte sie am Unterarm. „Verdammt, Henry, wie viele Gläser von dem Teufelszeug hast du ihr schon gegeben?“

„Nur das eine“, gab der Barkeeper in leicht beleidigtem Ton zurück.

„Ach ja?“

Ella blinzelte. Coopers sonst so gelassene Stimme hatte etwas Gereiztes. Ärgerte er sich über irgendetwas? Und was konnte Henry, der freundliche Barkeeper, dafür?

Cooper knallte ein paar Scheine auf die Bar – so schwungvoll, dass Ella zusammenzuckte. „Das ist für den Rumpunsch, Kollege. Die Frau gehört zu mir.“

Tatsächlich? Na super.

So hatte sie sich das Treffen mit ihm nicht vorgestellt. Die Freude darüber, ihn wiederzusehen, verflog schlagartig, als sich sein Griff um ihren Arm verfestigte. Er bedachte sie mit einem Blick, der nicht vermuten ließ, dass er sich freute, sie zu sehen. „Komm, wir gehen.“

„Aber ich habe noch nicht ausgetrunken.“ Sie drehte sich um und wollte nach ihrem Glas greifen. Doch dazu kam sie nicht, unwillig zog Cooper sie von der Bar weg.

„Du hast genug getrunken.“

Henry zuckte mit den Schultern. „Tut mir leid, Miss. Ich habe ja gesagt, dass der nichts als Ärger macht“, rief er ihnen nach.

„Das hättest du nicht zu bezahlen brauchen“, sagte sie. Mühsam versuchte sie, mit ihm Schritt zu halten, als er sich seinen Weg nach draußen bahnte und sie hinter sich her schleifte. „Henry hat gesagt, das geht aufs Haus.“

„Das glaube ich gern“, knurrte Cooper.

Ein paar Leute grüßten ihn, doch er blieb bei keinem von ihnen stehen, sondern winkte nur kurz und zog Ella weiter. Sobald sie das Gebäude verlassen hatten, drehte er sie zu sich herum. Das Hochgefühl, in das der Swizzle sie versetzt hatte, war verflogen.

„Also, dann mal los.“ Er packte sie an den Armen. Im Zwielicht wirkten seine Züge hart, und Ella kam sich ganz klein vor. „Was machst du hier?“

„Ich …“, fing Ella an, doch plötzlich brachte sie kein Wort mehr heraus.

Er sah nicht irritiert aus wie heute Morgen, als sie auseinandergegangen waren. Stattdessen wirkte er wütend. Ihr wurde klar, dass sie einen Riesenfehler gemacht hatte – sie war hergekommen, obwohl er das nicht wirklich gewollt hatte.

„Denn wenn du nur hergekommen bist, um mir noch mal eins reinzuwürgen, dann nur zu. Obwohl das nicht nötig wäre – ich hab schon beim ersten Mal verstanden. Das war ja klar und deutlich.“

Eins reinwürgen? Wie bitte?

Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken. „Ich gehe jetzt lieber.“

Auf Nummer sicher zu gehen mochte öde sein, aber zumindest geriet man so nicht in Situationen wie diese.

Wehmütig drehte sie sich zum Rum Runner um, aus dem fröhliche Tanzmusik in die Nacht hinausdrang. Wie sehr sie sich vor fünf Minuten noch auf einen aufregenden Abend in der Bar gefreut hatte! Doch als sie an ihm vorbeigehen wollte, hielt er sie auf.

„Moment.“ Er klang nicht mehr so gereizt wie vorhin. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“

„War das als Frage gemeint?“, schoss sie zurück.

Als er sie mit seinen grünen Augen musterte, richteten sich ihre Brustknospen unwillkürlich auf. Ihrem Körper war sein missbilligendes Verhalten offenbar ganz egal.

Doch nun verzog sich sein Mund zu einem Lächeln. „Das war gar nicht so gemeint heute Morgen, stimmt’s?“

Sie trat einen Schritt zurück – das Ganze fing an, sie zu nerven. Schön, sie hatte ihn irgendwie falsch verstanden und irrigerweise geglaubt, er habe sich mit ihr treffen wollen. Aus dem tollen Abend, auf den sie sich so gefreut hatte, würde nichts werden. Aber wieso musste er sie dann auch noch verhöhnen? „Ich muss jetzt wirklich los.“

Wieder versuchte sie, an ihm vorbeizugehen, doch er umfasste ihr Handgelenk und zog sie zu sich. „Hey, nicht … geh nicht weg.“

Er stand so nah vor ihr, dass sie deutlich seinen Duft wahrnahm, sauber und frisch wie das Meer. Sie begriff nicht ganz, was er wollte. Sollte das eine Entschuldigung sein? Nachdem er sie eben so zusammengefaltet hatte? „Kapitän Delaney, ich denke nicht …“, erwiderte sie.

„Nenn mich Coop“, sagte er, und seine raue Stimme jagte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken.

Ella atmete tief ein. An nichts von all dem, was Ruby ihr geraten hatte, konnte sie sich erinnern – und eigentlich wollte sie es auch gar nicht mehr.

Sie musste sich eben damit abfinden, dass sie nie so gut würde flirten können wie ihre Freundin, selbst wenn sie einen Kursus besuchen würde. Also atmete sie geräuschvoll aus. „Ich habe wirklich gedacht, du wolltest dich mit mir hier treffen“, begann sie. „Und der Morgen war so schön, dass ich mir die Erinnerung daran nicht verderben möchte. Darum würde ich jetzt gern gehen.“

Und weil ich fürchte, dass du an einer Persönlichkeitsstörung leidest.

Sie ist hier, um dich zu treffen, du Idiot.

Cooper wurde ganz warm ums Herz vor Freude, doch die Ernüchterung folgte auf dem Fuß, als er Ellas skeptischen Blick bemerkte. Ihre Augen wirkten dank des glitzernden Make-ups noch größer. Ihre von Lipgloss glänzenden Lippen bebten.

Was hatte er sich nur dabei gedacht, sich so zu benehmen?

Er wusste selbst nicht, was über ihn gekommen war, als er den Rum Runner betreten und sie an der Bar mit Henry hatte plaudern sehen.

Unwillkürlich war ihm ein einziges Wort durch den Kopf gegangen.

Meine.

Und dann war alles aus dem Ruder gelaufen.

Vielleicht lag es daran, dass seine Triebe verrücktspielten, seitdem sie heute Morgen das Boot betreten hatte, aber das war keine Entschuldigung. Und er hatte am Anfang ja auch ganz gut damit umgehen können – bis sie ihm die Scheine überreicht hatte.

Da hatte er angefangen, komisch zu reagieren.

Fies und unhöflich war er gewesen und hatte sich verhalten, als hätte sie ihm ins Gemächt getreten – und nicht vierzig Dollar zugesteckt.

Er nahm gern Trinkgeld an, um es den Jugendlichen zu geben, die auf dem Boot arbeiteten. So wie Sonny es für ihn getan hatte, als er bei dem alten Kapitän angefangen hatte.

Sein eigenes Unternehmen hatte er mithilfe der Trinkgelder von Touristen wie May und Preston aufgebaut. Sie kamen jedes Jahr und drückten mit dieser großzügigen Geste ihre Anerkennung aus. Aber als Ella ihm Geld gegeben hatte, war irgendetwas bei ihm ausgeklinkt. Anstatt ihre Großzügigkeit als das zu sehen, was sie war, hatte er sich in seine Teenagerzeit zurückversetzt gefühlt. Damals hatte er jeden noch so hohlen Job angenommen, nur um sich und seine Mutter über Wasser zu halten.

Es hatte immer an seinem Stolz genagt, Almosen von Leuten anzunehmen, von denen er wusste, dass sie hinter seinem Rücken schlecht über seine Mutter redeten. Doch diese Vergangenheit hatte er längst abgeschüttelt – zumindest hatte er das geglaubt.

Warum plötzlich alles wieder hochgekommen war und ihm den Abschied von Ella verpfuscht hatte, wusste er nicht, und er wollte auch nicht darüber nachdenken. Das einzig Wichtige war, dass er es jetzt nicht wieder vermasselte.

Es tat seinem angeschlagenen Ego ganz gut, dass sie auf seinen Vorschlag hin zum Rum Runner gekommen war. Da war es das Mindeste, dafür zu sorgen, dass sie sich amüsierte. Und es sollte wohl nicht allzu schwer sein, einem so schönen Mädchen den Abend zu versüßen.

Nachdenklich fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. Wie stellte er es am besten an, sie wieder für sich zu gewinnen, nachdem er sich so blöd benommen hatte?

Dann erinnerte er sich daran, wie sie eben in der Bar ihre Hüften im Takt der Musik gewiegt hatte. Die Band seines Kumpels Oggie fing gerade an, eine ihrer besten Nummern zu spielen. Das war die Lösung. „Du kannst nicht zurück ins Hotel. Nicht, bevor du mit mir Soca getanzt hast.“

„Ich weiß nicht …“ Sehnsüchtig sah sie sich nach dem Rum Runner um, aber es war nicht zu überhören, dass sie zauderte.

„Aber sicher. Es wird dir Spaß machen.“ Er nahm ihre Hand, hob sie an die Lippen und hauchte einen Kuss darauf. „Du bist extra hierhergekommen. Und ich habe mich wie ein Idiot benommen. Du hast was gut bei mir.“

„Das ist wirklich nicht nötig.“ Noch immer klang sie unentschlossen.

„Doch, das ist es. Ein Tanz. Als Entschuldigung. Das ist alles.“

Ihr zaghaftes Lächeln sagte ihm, dass sie ihm vergeben hatte. Doch es war nicht zu übersehen, dass sie noch immer skeptisch war. „Na gut. Ein Tanz kann ja nicht schaden.“

„Sehr gut.“ Er legte einen Arm um ihre Taille, um mit ihr zurück in die Bar zur gehen. Als ihre Hüfte gegen seinen Oberschenkel stieß, wurde sein Hals trocken vor Verlangen.

„Wir könnten Durst bekommen“, rief sie, um die laute Musik zu übertönen. „Vielleicht sollte ich meinen Rum Swizzle holen.“

„Lass uns erst mal tanzen“, erwiderte er, legte seine Hände auf ihre Hüften und bahnte sich mit ihr einen Weg auf die Tanzfläche. „Danach bestelle ich dir einen neuen Drink.“

Mit ihr zu tanzen würde sicher sehr durstig machen, aber er hatte nicht vor, sie noch mehr Rum Swizzle trinken zu lassen. Das Gesöff war ein echtes Teufelszeug, vor allem auf leeren Magen. Und er wollte, dass sie einen klaren Kopf behielt, damit er ihre Gesellschaft – und alles, was sie ihm noch zu geben gewillt war – unverfälscht genießen konnte.

Ihr Duft, eine erfrischende Mischung aus Zitrus- und Gewürznoten, umwehte ihn, als sie ihre Hände auf seine Schultern legte. Sie fing an, ihre Hüften im Takt der Musik auf eine ungekünstelte Art zu wiegen, die verführerischer war als die Sünde selbst.

Strahlend sah sie zu ihm auf, ihr Lächeln eine Mischung aus Unschuld und Provokation, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen. „Aye, aye, Käpt’n“, rief sie. „Aber ich warne dich. Für heute Abend habe ich mir vorgenommen zu bekommen, was ich will.“

Er verfestigte seinen Griff um ihre Hüften, spürte ihren flachen, festen Bauch an seinem Körper, und alles in ihm pulsierte im Takt der Musik. „Kein Problem, Süße.“

Denn genau das habe ich auch vor.

„Du hattest genug davon.“ Coop nahm ihr den Drink ab und hielt ihn außer Reichweite. „Ich möchte, dass du hier noch aufrecht rausgehen kannst.“

Ella schmollte, konnte aber ihre Freude über seinen vielsagenden Blick nicht verbergen. Den ganzen Abend über hatte er sie so angesehen – besitzergreifend und voller Verlangen.

Nach den schnellen Socastücken hatten sie später am Abend zu ein paar langsamen, souligen Nummern getanzt. Inzwischen war es nach Mitternacht, und die Bar begann sich zu leeren. Einige seiner Freunde waren im Laufe des Abends zu ihnen an den Tisch gekommen, um mit Coop zu reden oder sich ihr vorzustellen. Mittlerweile waren fast alle gegangen. Bis auf wenige hartgesottene Paare auf der Tanzfläche und eine Handvoll Leute am Tresen war das Lokal leer.

Sie hatte auch mit ein paar anderen Männern getanzt. Das ungezwungene Miteinander hatte sie sehr an ihren eigenen Freundeskreis in Camden erinnert. Doch am allermeisten hatte sie es genossen, Coopers Blick den ganzen Abend auf sich zu spüren. Diesen Ausdruck in seinen Augen, der jedem verriet, dass sie ein Paar waren und sie – zumindest heute Abend – zu ihm gehörte. Sein Blick hatte ihr das Gefühl gegeben, hier zu Hause zu sein. Außerdem hatte seine ständige Aufmerksamkeit eine angenehme Spanung in ihr erzeugt, eine Vorfreude auf das, was noch kommen mochte. Denn sie hatte keine Zweifel daran, wohin all das führen würde. Die glühenden Blicke und die bedeutsamen Berührungen. Seine Erregung, die sie beim engen Tanzen deutlich gespürt hatte.

Schon seit Stunden war sie von Verlangen erfüllt – sie wartete nur darauf, dass er den nächsten Schritt machte. Und wenn er es nicht tat, dann würde sie es eben selbst übernehmen.

Ihr Flirt war jetzt im vollen Gang, und die berauschende Wirkung des Rum Swizzle war nichts gegen die freudige Erwartung, die Ella erfüllte.

„Wo genau würde ich denn hingehen, wenn ich diese Bar aufrecht verließe?“ In ihrer Stimme schwang mehr Selbstbewusstsein mit, als sie seit Jahren gehabt hatte.

Cooper streichelte ihr mit dem Daumen über die Wange. Seine Augen glänzten moosgrün im Halbdunkel der Bar. Er lehnte seine Stirn an ihre, umfasste ihren Nacken und strich über den wie verrückt pochenden Puls an ihrem Hals. „Ich wohne am anderen Ende der Bucht. Hast du Lust auf einen Spaziergang im Mondschein?“

Das war die Frage, auf die sie gewartet hatte. Und trotzdem wurde ihr ganz schwindelig vor Aufregung, als er sie endlich stellte. Atemlos stellte sie sich seine geschickten Finger vor, mit denen er sie verwöhnen würde. Sie wollte ihn schmecken, berühren, riechen und in sich spüren. Vor lauter Verlangen zog sich alles in ihr zusammen.

Sie näherte sich seinen sinnlichen Lippen und fuhr die Umrisse mit der Zungenspitze nach. Den ganzen Abend über hatte sein wundervoller großer Mund sie schon wild gemacht. Als er seufzend einatmete, vergrub sie ihre Finger in seinem Haar und zog seinen Kopf zu sich, um ihn innig zu küssen.

Ihre Zungen umspielten einander, und sie verloren sich in einem verzehrenden Kuss.

Schließlich löste Cooper sich heftig atmend von ihr. „Ich fasse das jetzt mal als ein Ja auf.“

Ella nickte. Vor Glück war ihre Kehle wie zugeschnürt.

Cooper erhob sich, ergriff ihre Hand und half Ella auf. Dann warf er ein paar Dollar auf den Tisch und winkte Henry zum Abschied zu. Auch Ella verabschiedete sich von dem Barmann, der betrübt lächelnd Gläser stapelte.

„Lassen Sie sich mal wieder blicken, schöne Lady“, rief er ihr hinterher. „Und tu nichts, was ich nicht tun würde, Coop.“

Als sie draußen in der Dunkelheit standen, lächelte Cooper sie verwegen an. „Wenn das so ist, mein Freund … dann fällt mir aber einiges ein, das ich tun könnte“, flüsterte er.

Aus irgendeinem Grund fand sie seine Bemerkung rasend komisch, und ihr Gelächter mischte sich mit der leiser werdenden Musik und dem Rauschen der Wellen. Cooper legte ihr einen Arm um die Schultern, zog sie an sich und führte sie am Stand entlang in die Dunkelheit.

Das Zirpen der Grillen lieferte die akustische Untermalung zu den Glühwürmchen, die in der Luft tanzten, und zu dem im Mondlicht glänzenden Wasser. Ella streifte ihre Sandalen ab, hob sie auf und ließ ihre Füße in den feuchten Sand sinken. Der Spaziergang, den er ihr versprochen hatte, war im Nu vorbei. Schon standen sie vor einem einstöckigen Holzhaus mit umlaufender Terrasse inmitten des Strandhafers am Ende der Bucht. Die kleine Lampe, die unter dem Vordach baumelte, wirkte wie ein Leuchtturm, der Seeleuten den Weg nach Hause wies.

Cooper nahm den Arm von ihren Schultern, ergriff ihre Hand und führte sie die Stufen zum Eingang hinauf.

„Hier wohnst du?“, fragte sie, verzaubert von seiner spartanischen Behausung.

„Meistens schon“, gab er zurück und hielt die Fliegengittertür auf, hinter der sich ein großer, spärlich möblierter, aber blitzsauberer Raum befand. Im Wohnbereich stand ein Sofa mit ein paar Kissen darauf. Am anderen Ende, wo der Raum sich zur Terrasse hin öffnete, entdeckte Ella eine Matratze mit ordentlich zusammengefalteter Decke. An der hinteren Wand befand sich eine Kochnische, die durch einen Küchentresen vom Rest des Raumes abgetrennt war. Die Tür daneben führte vermutlich zum Bad.

Der Ausblick durch die offenen Terrassentüren war atemberaubend. Das Wasser schimmerte im Mondlicht, während der Sand mit der Dunkelheit zu verschmelzen schien. Der frische Duft von Meer, Salz und exotischen Blüten verstärkte das Gefühl wilder, ungezügelter Freiheit, das von Cooper ausging.

„Es passt zu dir“, stellte sie fest.

Er schnaubte und lächelte schief. „Warum? Weil es billig ist?“, fragte er, und Ella meinte, Zynismus in seiner Stimme mitschwingen zu hören.

„Nein, weil es charmant, pur und unkonventionell ist.“

Er schaltete die Deckenlampe ein, die den Raum mit warmem Licht erfüllte. Dann ging er zur Terrassentür, schob sie zu und ließ zwei Jalousien herunter. Schmale Streifen Mondlicht, das Rauschen des Meeres und das Zirpen der Insekten waren das Einzige, was noch von der karibischen Nacht hereindrang.

„Nicht, dass wir von den Moskitos zerstochen werden“, erklärte er, kam zu ihr zurück, umfasste ihre Hüften und küsste sie hinter dem Ohr. „Zumal du ihnen bestimmt besonders gut schmeckst“, fügte er hinzu.

Sie schlang ihre Arme um seine Taille und schob ihre Finger unter den Bund seiner Jeans, um den knackigen Po zu streicheln, der heute Morgen in den nassen Shorts schon so verlockend gewesen war. „Aber du sicher auch …“

„Mit Schmeicheleien kommt man bei mir sehr weit“, neckte er. Und endlich küsste er sie.

Ella ließ seinen Po los und schlang ihre Arme um seine breiten Schultern. Sie vergrub ihre Finger in seinem weichen Haar und gab sich ganz seinem Kuss hin. Als er sein Becken vorschob, spürte sie, wie sehr er sie wollte.

Mindestens ebenso sehr wie sie ihn.

Genommen werden. Nehmen. Einfach den Instinkten folgen. Es schadete nicht, dass sie ihn nebenbei auch noch mochte. Doch jetzt, wo die Glut in ihrem Inneren unerträglich zu werden drohte, wollte sie einfach nur ihr Verlangen nach ihm befriedigen.

Cooper umfasste ihr Gesicht und sah sie an. „Bevor wir weitermachen …“, er drückte sie an die Wand und drängte sich ihr entgegen, „… muss ich wissen, ob du die Pille nimmst.“

„Hast du keine Kondome?“, fragte sie erschrocken. „Ich habe keine … Weil ich nicht gedacht habe …“

„Hey, keine Panik“, unterbrach er sie. „Ich habe welche.“

„Oh, Gott sei Dank“, seufzte sie erleichtert

„Aber ich gehe lieber auf Nummer sicher. Kondome können reißen.“ Er hob ihr Haar aus dem Nacken und küsste sie aufs Schlüsselbein, was sie völlig aus dem Konzept brachte. „So bin ich entstanden. Und ich habe nicht vor, den gleichen Fehler zu machen.“

In seiner Stimme klang Bedauern mit, und sie hatte das Bedürfnis, ihn zu trösten. „Du bist so schön.“ Sie umfasste sein markantes Gesicht, zeichnete mit dem Daumen eine seiner dunkelblonden Brauen nach und sah in seine leuchtend grünen Augen. „Deine Mutter muss sich sehr über dich gefreut haben“, meinte sie. „Selbst wenn du ein Unfall warst.“

Sie hörte ihn leise lachen. Hatte sie etwas Lustiges gesagt? Das war nicht ihre Absicht gewesen.

„Na ja, geht so“, erwiderte er mit diesem unwiderstehlichen Lächeln, das sie heute Morgen im Wasser schon ein paarmal gesehen hatte. Im Riff hatte es ihr geschmeichelt, jetzt erregte es sie. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du sehr gut für das männliche Ego sein kannst, wenn du betrunken bist?“

„Ich bin nicht betrunken“, protestierte sie, und das entsprach der Wahrheit. Er hatte dafür gesorgt, dass sie nur noch zwei Rum Swizzles getrunken hatte – und diese hatte er selbst gemixt. Sie hatten wesentlich weniger nach Alkohol geschmeckt als ihr erster Drink. Außerdem hatte sie ordentlich zugelangt, als in einer Tanzpause plötzlich frittierte Garnelen im Teigmantel, scharfe Käsehappen, Chips, Dips und andere Köstlichkeiten auf ihrem Tisch gestanden hatten.

Momentan war sie angenehm angeheitert, dabei aber völlig klar im Kopf und kein bisschen benebelt.

Er stupste ihre Nase mit seiner an. „Wenn Sie das sagen, Miss“, gab er nach und imitierte dabei den Akzent von Henry, dem Barkeeper.

Ihr Lachen ging in ein Stöhnen über, als Cooper seine Hände unter ihr Spitzentop gleiten ließ und ihre Brüste umfasste.

„Oh, ja“, seufzte sie und bog sich ihm entgegen, als er mit den Daumen ihre Brustknospen liebkoste. „Das fühlt sich so gut an.“

Wenig beeindruckt lachte er. „Hör auf, vom Thema abzulenken, und beantworte endlich meine Frage!“

Sie öffnete den Mund, um zu fragen, wovon er da redete, doch als er eine ihrer Brustknospen zwischen Daumen und Zeigefinger drückte, brachte sie nur ein atemloses „Jaa …“ hervor.

„Wunderbar.“ Cooper löste sich von ihr, um ihr das Top auszuziehen und ihren BH zu öffnen. Dann streifte er sein Hemd ab und warf es hinter sich. Mühelos hob er Ella hoch, drückte sie an die Wand und drängte sich ihr entgegen. Ihr wurde ganz schwindelig von den Gefühlen, die auf sie einstürmten. Sie umklammerte seine Schultern, während Cooper den Kopf senkte und eine ihrer Brustknospen in den Mund nahm.

Erregung durchfuhr sie, als sie spürte, wie er sanft daran saugte. Sie wand sich und drängte sich ihm entgegen, um ihn groß und hart an ihrem Bauch zu spüren.

Ganz leicht pustete er. Die kühle Luft ließ ihre Haut kribbeln und die Knospe noch härter werden. „Wie schön du bist“, flüsterte er.

„Und du erst“, erwiderte sie und betrachtete seine muskulösen Arme, seinen durchtrainierten Oberkörper und die schmaler werdende Spur von Härchen, die unter seinem Hosenbund verschwand. „Darf ich dich nackt sehen? Bitte!“

Er lachte. „Wenn du so lieb fragst, kann ich ja wohl kaum Nein sagen.“ Vorsichtig ließ er sie hinunter und hielt sie am Arm fest, als sie strauchelte. „Wer als Erstes ausgezogen ist.“

Ella musste lachen, als er auf einem Bein herumhopste, um einen seiner Stiefel auszuziehen.

„Jetzt steh da nicht so herum!“ Er warf den Stiefel beiseite. „Wenn du nicht sofort deine Hose ausziehst, musst du ein Pfand abgeben.“

Gemächlich knöpfte Ella ihre Jeans auf, ließ sie zu Boden gleiten und bemerkte erfreut, wie Cooper bei dem Anblick tief durchatmete. Mit einem verwegenen Grinsen schleuderte er seinen anderen Stiefel fort. Als er seine Hose öffnete und abstreifte, ohne eine Sekunde den Blick von ihr zu wenden, beschleunigte sich Ellas Herzschlag.

Sie sah an ihm hinunter. Groß und stolz ragte seine Erektion empor. „Wow, das ist ja … allerhand.“

Er lachte. „Habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich deinen Akzent liebe?“, flüsterte er und senkte den Blick auf das letzte Kleidungsstück, das sie noch anhatte. „Jetzt zieh dein Höschen aus, bevor ich es zerreiße.“

Rasch trennte sie sich von ihrem Slip und warf ihn beiseite.

„Sehr gut.“ Er packte Ella am Handgelenk, zog sie zum Bett und legte sich neben sie.

Eine leichte Brise wehte durch die Jalousien herein und ließ Ella erbeben. Cooper umkreiste eine ihrer Brüste mit dem Daumen. Ella stützte sich auf die Ellbogen, um ihn zu küssen. Sein Mund schmeckte so süß wie die Cola, die er den ganzen Abend lang getrunken hatte. Hart und groß und bereit für sie spürte sie ihn an ihrem Bauch. Sie konnte es kaum noch abwarten – es war lange her, dass sie sich so sexy gefühlt hatte. Wann war sie zum letzten Mal so erregt und unbefangen gewesen?

Sie ließ ihre Zunge in seinen Mund gleiten und lauschte seinem Seufzen, während er ihr Gesicht umfasste und seine Finger in ihr Haar grub. Wir sehr sie es genoss, mit diesem wunderbar unbekümmerten Mann zusammen zu sein!

Sehnsüchtig nach mehr umfasste sie ihn und ließ ihre Hand von der Wurzel bis zur Spitze emporgleiten, versuchte, seine Größe und seine Länge einzuschätzen und stellte sich vor, wie er sie ausfüllte.

Doch als sie mit dem Daumen über die pralle Spitze fuhr und dabei das Tröpfchen Flüssigkeit mitnahm, fluchte er leise, packte sie am Handgelenk und zog ihre Hand weg.

„Ich bin zu kurz davor für so was, Süße, aber wie wäre es damit …?“ Er fuhr mit dem Daumen zwischen ihren Brüsten entlang, umkreiste ihren Bauchnabel, streichelte ihren Bauch und glitt mit den Fingern zwischen ihre Schenkel.

Ella warf den Kopf zurück und zog ihre Knie hoch. Ihre lustvollen Seufzer übertönten das Rauschen des Meeres.

Sanft umkreiste und massierte er ihre empfindlichste Stelle. „Ja, Süße, komm. Ich will sehen, wie du kommst“, feuerte er sie an und ließ einen Finger in sie gleiten, dann einen zweiten. Ohne das aufreizende Spiel seines Daumens zu unterbrechen, liebkoste er sie.

Es überlief sie heiß, ihr Atem flatterte. Ihr Verlangen wurde immer heftiger, die Lust war fast unerträglich, doch noch erlöste er sie nicht.

Sie klammerte sich an seinen Schultern fest, drängte sich ihm entgegen, um seine Berührung intensiver zu spüren, und gab sich dem Ansturm des grenzenlosen Begehrens hin.

Dann bewegte er sich nach unten und verschwand zwischen ihren Knien. Als er mit der Zunge über ihre empfindlichste Stelle fuhr, schrie sie vor Schreck und zugleich vor Lust auf. Während er an ihr saugte, steigerte sich ihre Erregung immer weiter, bis sie sich in einem schwindelerregenden Gefühlsschauer entlud. Erstickte Seufzer entrangen sich ihrer Kehle, während er sie weiter liebkoste, bis die letzte Welle ihres Höhepunktes verebbte.

Als er den Kopf hob, presste sie ihre Beine zusammen und ließ sich ganz fallen. Bebend öffnete sie die Augen und sah, wie er auf sie hinunterblickte. „Süßer als ein Rum Swizzle“, flüsterte er. Sein sinnliches Lächeln war noch schöner als der Rest von ihm.

„Danke“, flüsterte sie.

„Nichts zu danken, Süße – es war mir eine Freude.“ Er küsste ihre Nasenspitze. „Aber wir sind noch nicht fertig“, fügte er hinzu und streckte seinen Arm nach dem Kondom aus, das auf der umgedrehten Kiste lag, die ihm als Nachttisch diente. Er hielt es hoch „Möchtest du das machen oder soll ich?

Voller Vorfreude darauf, sein Prachtstück genauer zu erkunden, nahm Ella ihm das Päckchen ab. Und wieder war sie ihm zutiefst dankbar dafür, dass er für diese lockere und verspielte Atmosphäre sorgte. „Lass mich das machen.“

Mit sanftem Druck auf seine Schulter brachte sie ihn dazu, sich auf den Rücken zu legen. Dann leckte sie den neuen Tropfen ab, der an der Spitze erschienen war. Er sollte die gleiche süße Qual erleben wie sie. Doch seinem Stöhnen folgte ein Fluch, und bevor sie ihn in den Mund nehmen konnte, umfasste er ihr Gesicht, um sie daran zu hindern.

„Tut mir leid, Süße, aber das müssen wir uns für später aufsparen. Ich bin nicht Superman – und ich will dich nicht enttäuschen.“

Ella, die es kaum für möglich hielt, von ihm enttäuscht zu werden, lachte über seinen panischen Gesichtsausdruck. „Bist du sicher, dass du nicht Superman bist?“

„Ich war es mal …“, antwortete er, drehte sie auf den Rücken und nahm ihr das Päckchen ab. „Aber du machst meine Superkräfte zunichte.“

Er riss das Päckchen mit den Zähnen auf und streifte den Schutz über. Dann beugte er sich über sie, schob ihre Schenkel auseinander und hielt ihre Hüften. Sie spürte, wie er sich ihr entgegendrängte.

Als er sie nahm, stöhnte sie laut auf, überwältigt von dem Gefühl, ihn in sich zu spüren.

Schließlich war er vollständig in ihr. Sie keuchte voller Lust, verblüfft darüber, wie sehr er sie ausfüllte und wie gut, wie richtig es sich anfühlte. Mit bebenden Fingern streichelte sie seinen Nacken, genoss es, sein Gewicht auf sich zu spüren und eins mit ihm zu sein.

„Ich glaube, du bist an einen Ort vorgedrungen, wo nie zuvor ein Mensch gewesen ist.“ Sie lachte über ihre eigene seltsame Bemerkung. Aber ihr Herz ging ihr über, und es fühlte sich so wundervoll an, ihn zu umschließen. Ob sie noch einmal kommen konnte, so kurz nachdem sie einen Höhepunkt gehabt hatte? Das hatte sie noch nie erlebt, aber sie hatte das Gefühl, bei Cooper wäre alles möglich.

Stöhnend fing er an, sich in ihr zu bewegen. „Verschone mich mit Star-Trek-Zitaten“, brummte er.

Ihr Lachen wich einem Seufzen, als er eine Stelle tief in ihr berührte und sie damit einem weiteren Orgasmus entgegentrieb.

Ach du liebe Zeit. Ich habe einen G-Punkt. Wer hätte das gedacht?

„Berühr dich“, befahl er. „Ich will, dass du mit mir zusammen kommst.“

Als sie gehorchte und ihre empfindlichste Stelle massierte, fühlte sie sich wild und zügellos, und ihre Lust wurde heftiger, durchdringender.

Sein Stöhnen und ihr Seufzen waren im Einklang, als sie den Gipfel der Lust erreichte und der Ekstase entgegentaumelte. Vor lauter Glück und Verblüffung traten ihr Tränen in die Augen.

Als sie langsam wieder zu sich kam, wand sie sich unter ihm. Er war noch immer in ihr.

Sanft zog er sich zurück und ließ sich neben ihr auf den Rücken fallen. „Das war großartig.“ Er legte einen Arm über sein Gesicht. „Du bist so unglaublich eng.“

Ella spürte, wie sie errötete. Seine Bemerkung erfüllte sie mit einer Mischung aus Freude und Scham. „Nur, weil du so groß bist“, entgegnete sie und versuchte, scherzhaft zu klingen.

„Auch wenn ich mich sehr geschmeichelt fühle, muss ich doch sagen, dass er nicht viel größer ist als bei jedem anderen Typen auch.“ Er tastete nach ihrer Hand und verschränkte seine Finger mit ihren.

Ella errötete noch tiefer. Vielleicht lag es nicht nur an seiner Größe, dass er sich so riesig anfühlte. Sondern daran, dass sie seit mindestens einem Jahr mit keinem Mann geschlafen hatte. Und auf jeden Fall noch nie mit so viel Enthusiasmus.

Cooper drehte sich auf die Seite und umfasste ihre Wange. „Ist es schon eine Weile her?“

Seine Frage verdutzte sie. „Kannst du Gedanken lesen?“

Er lächelte. „Wie lange?

Sie lachte. Ihre Beschämung wich einer neuen Welle der Erregung. „Offenbar zu lange.“

Als er sich an sie schmiegte, fühlte sie etwas Hartes an ihrer Hüfte.

„Ist das …“ Sie sah hinunter und stellte erstaunt fest, dass er schon wieder groß und bereit für sie war.

„Ja, ist es“, antwortete er grinsend. Sein lausbübisches Lächeln – ganz zu schweigen von seiner erstaunlichen Regenerationsfähigkeit – ließ ihn sehr jungenhaft wirken. Zu jungenhaft.

„Wie alt bist du?“, fragte sie, ohne lange nachzudenken.

„Fast dreißig.“

Sie stützte sich auf die Ellbogen. Ach du Schreck, er war noch keine dreißig! „Was heißt fast?“

„Nächsten Monat werde ich neunundzwanzig. Warum willst du das wissen? Möchtest du mir etwas zum Geburtstag schenken?“ Zärtlich umfasste er ihre Brust und saugte an der Knospe. „Ich hätte da eine Idee …“

„Du bist achtundzwanzig!“, stellte sie fest und rückte von ihm ab. „Dann gehst du quasi als mein jugendlicher Liebhaber durch.“

Lachend packte er sie bei den Schultern, drehte sie auf den Rücken und legte ein Bein über ihren Körper, sodass sie nicht flüchten konnte. „Ach ja? Wie alt bist du denn?“

„Vierunddreißig“, antwortete sie widerwillig.

„Das sieht man dir nicht an.“

„Na ja, ist aber so.“ Auch wenn es nur sechs Jahre Unterschied waren – es fühlte sich irgendwie falsch an. „Lass mich aufstehen.“

„Nichts da, alte Dame“, neckte er sie.

Sie versuchte, ihn abzuschütteln, doch er rührte sich nicht. „Bitte. Das ist mir jetzt unangenehm.“

„Warum denn? Du bist auf dem Höhepunkt deiner sexuellen Leistungsfähigkeit. Genau wie ich.“

Hart und groß drängte er sich ihr entgegen, wohl oder übel musste sie einsehen, dass er recht hatte. „Ich weiß, aber es fühlt sich seltsam an.“

„Es ist nicht seltsam, sondern ganz egal.“ Wie um ihr zu beweisen, dass ihn ihr Alter nicht im Geringsten störte, umfasste er sie und streichelte sie zwischen den Schenkeln. Nur ganz leicht, aber doch genug, um ihr Verlangen wieder zu wecken.

Sie vergrub ihre Hände in seinem Haar und spreizte die Beine für ihn. „Also, wenn du das so siehst …“

Kraftvoll packte er sie an den Hüften und drang mit einem geschmeidigen Stoß tief in sie ein. Damit erstickte er jeden weiteren Protest im Keim.

Und sie beschloss, dass sechs Jahre Altersunterschied nichts waren, zumal die Art, wie er sich langsam und genüsslich in ihr bewegte, noch betörender war als jeder Rum.

Stunden später – der Morgen dämmerte bereits, und die durchliebte Nacht saß Ella noch in den Knochen – wurde ihr klar, dass die Entfernung ihrer Wohnorte im Gegensatz zu dem Altersunterschied sehr wohl ein Hindernis darstellte.

„Ich muss gehen“, murmelte sie, doch als sie aufstehen wollte, schlang Cooper einen Arm um ihre Taille und zog sie fest an sich.

„Du gehst nirgendwo hin“, murmelte er schlaftrunken.

Sie überlegte, ihn umzustimmen, doch die Geborgenheit seiner Arme war zu verlockend. Also entspannte sie sich in der Wärme seiner Umarmung. „Na gut, aber ich muss bald los.“

„Halt den Mund und schlaf“, brummte er lächelnd und verfestigte seinen Griff um ihren Oberkörper. „Du wirst deine Kräfte brauchen – dein jugendlicher Liebhaber ist noch nicht fertig mit dir.“

Ihr Lachen ging in einen zufriedenen Summton über. Und sie glitt zurück in den Schlaf und träumte von rosafarbenen Stränden, blauen Fischen, orangefarbenen Cocktails und Cooper Delaneys grünen Augen.

5. KAPITEL

„Hey, Coop, raus aus den Federn, es ist schon nach elf! Und es gibt spannende Neuigkeiten!“

Die melodische Stimme riss Ella aus den Träumen. Sie drehte sich zu seiner Seite des Bettes um, doch sie war allein. Schmale Streifen Sonnenlicht fielen durch die Ritzen der Jalousie auf Coopers zerwühlte Bettdecke. Jemand klopfte nachdrücklich an die Tür, und wieder ertönte die Stimme. „Tu nicht so, als wärst du nicht da. Henry hat mir gesagt, dass du zu Hause bist.“

Ella setzte sich kerzengerade auf und drückte sich die Bettdecke vor die nackten Brüste, während ihr mehrere Fragen durch den Kopf schossen.

Wie lange hatte sie geschlafen? Wo waren ihre Klamotten? Wo war Coop? Und wer war die Frau, die da an die Tür wummerte?

Nach dem hellen Sonnenlicht zu urteilen, lautete die Antwort auf Frage eins wohl: sehr lange. Nachdem sie ihre Kleidungsstücke erspäht hatte – sie lagen fein säuberlich zusammengelegt auf der Lehne des Sofas –, stand sie so leise wie möglich auf, schlich zum Sofa und zog sich rasch an. Währenddessen sah sie sich suchend nach Cooper um.

Als es wieder klopfte, fuhr sie erschrocken auf.

„Ich hör dich doch da drin! Es nützt nichts, so zu tun, als wärst du nicht da!“

Ella wartete ein paar Sekunden und überlegte, ob sie die Jalousien öffnen und sich auf die Terrasse verdrücken sollte, aber in Anbetracht des ausgezeichneten Gehörs der Fremden verwarf sie die Idee.

Wieder klopfte es, und langsam beschlich Ella ein mulmiges Gefühl. Was, wenn das Mädchen Coopers Freundin war? Oder seine Frau? War er deswegen verschwunden? Denn was wusste sie schon über ihn – abgesehen davon, dass er super aussah, Soca tanzen konnte und geschickte Finger hatte, eine findige Zunge und einen riesigen, allzeit bereiten …

Nicht daran denken.

Todesmutig straffte sie die Schultern, öffnete die Tür und sah sich einer wunderschönen barfüßigen Frau um die zwanzig gegenüber, die ultrakurze Jeans und ein knappes T-Shirt trug. Die Haare hatte sie zu vielen kleinen, mit bunten Perlen verzierten Zöpfen geflochten. Sie sah Ella verdattert an.

„Hallo.“ Die Fremde reckte den Hals, um in die Wohnung hineinzusehen, nachdem sie sich wesentlich schneller als Ella wieder gefasst hatte. „Ist Coop da?“

„Äh … scheint nicht so“, antwortete Ella.

„Aha …“ Das Mädchen musterte sie von Kopf bis Fuß, und Ella errötete. „Ich nehme an, dann ist er im großen Haus.“

Im großen Haus? In welchem großen Haus?

„Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe“, sagte das Mädchen nun. „Henry hat mir nicht gesagt, dass Cooper den Rum Runner gestern Abend in Begleitung verlassen hat. Nur, dass er zu seinem Strandhaus gegangen ist. Ich nehme an, dass Henry mir eins auswischen wollte. Und Coop.“

Und mir, dachte Ella. Es war ihr zutiefst peinlich, dass das fremde Mädchen sie nun für eine Frau hielt, die sich einfach aus einer Bar abschleppen ließ.

Was Ella gestern noch wild und romantisch vorgekommen war, erschien ihr nun auf einmal ziemlich schmuddelig.

Ruby hatte ihr geraten, mal wieder ausgiebig zu flirten, aber sie hatte definitiv nicht gesagt, dass Ella sich einen Schwips antrinken, mit Cooper mitgehen und es vier, fünf, nein, mindestens sechs Mal mit ihm treiben sollte.

„Bist du Coops neue Freundin?“, wollte das Mädchen wissen.

„Äh, nein, wir sind nur …“ Nur was? Schnorchelpartner? Tanzpartner? Sexpartner?

Während sie nach der richtigen Bezeichnung suchte und sich dabei daran erinnerte, wie intim sie gestern mit Coop geworden war, errötete sie immer tiefer. „Freunde“, sagte sie schließlich.

Mit gewissen Vorzügen.

Der Satz schwebte unausgesprochen im Raum, doch in Anbetracht des Blicks, den das Mädchen ihr zuwarf, schien es in eine ähnliche Richtung zu denken. „Weißt du, wann er zurückkommt?“

Wohl kaum – sie wusste ja nicht einmal, wo er war. „Nein, tut mir leid.“

„Könntest du ihm sagen, dass ich hier war? Ich bin Sonnys Tochter Josie, und ich …“

„Warum kommst du nicht rein und wartest auf ihn?“, bot Ella an. Sie wollte nur noch weg, bevor die Situation noch peinlicher wurde. „Ich wollte eh gerade los.“

Josie trat ein und sah Ella zweifelnd an. „Bist du sicher …?“

„Auf jeden Fall“, betonte Ella, nahm ihre Tasche und schlüpfte aus der Tür, bevor das Mädchen noch mehr unangenehme Fragen stellten konnte. „Würdest du Coop etwas von mir ausrichten?“ Sie blieb stehen. Diese Sehnsucht, die sie kurz vor dem Einschlafen verspürt hatte, war wieder da. „Würdest du ihm Danke von mir sagen?“ Sie räusperte sich und versuchte, den Kloß loszuwerden, der ihr in die Kehle gestiegen war.

Dafür, dass du für mich da gewesen bist, als ich einen Freund gebraucht habe, fügte sie innerlich hinzu, als sie die Stufen zum Strand hinunterging.

Josie rief ihr einen Abschiedsgruß hinterher, und Ella winkte ihr im Weggehen zu, ohne sich noch einmal umzudrehen. Denn sie wusste, dass der Kloß in ihrem Hals dann nur noch größer werden würde.

„Aufstehen, Dornröschen, das Frühstück ist fertig!“ Coop drückte die Tür seines Häuschens mit der Hüfte auf. In den Händen hielt er ein Tablett, das seine Haushälterin mit frischem Obst, French Toast und Kaffee beladen hatte.

Es hatte eine gute halbe Stunde gedauert, bis Inez alles ihren hohen Ansprüchen entsprechend zubereitet hatte. Währenddessen hatte sie ihn gnadenlos über seinen ‚Übernachtungsbesuch‘ ausgefragt. Und Cooper hatte es kaum abwarten können, endlich wieder bei Ella zu sein. Am Ende hatte er es bereut, sie nicht einfach geweckt und zum Frühstück mit zu sich nach Hause genommen zu haben.

Das sechs Hektar große Gelände und das zweistöckige Haus im Kolonialstil, das er auf der Felszunge gebaut hatte, standen für das, was er jetzt war. Und er war sehr stolz darauf – und auf all das, was er in den zehn Jahren harter Arbeit erreicht hatte. Zehn Jahre, in denen er in aller Herrgottsfrühe aufgestanden war, um alte Ausrüstungen wieder fit zu machen, einen Tauchgang nach dem anderen zu betreuen und bis spät nachts für seinen Studienabschluss zu büffeln. Und dabei stets sein Lächeln zu bewahren, um den Touristen und Kunden und Bankern und Investoren zu gefallen.

Vor fünf Jahren hatte sein Unternehmen – Dive Guys – die Marke von einer Million Dollar Umsatz überschritten. Das hatte er mit der Anschaffung einer nagelneuen Motorbarkasse gefeiert. Außerdem hatte er die Hütte am Strand gekauft, in der er seit seiner Anfangszeit auf der Insel zur Miete wohnte. Drei Jahre später hatte er expandiert und Filialen überall in der Karibik eröffnet. Außerdem hatte er endlich genug Geld gehabt, um auf dem Grundstück hinter der Hütte am Strand sein Traumhaus zu bauen. Vor zwei Jahren war er dort eingezogen, und er konnte noch immer nicht glauben, dass er sich das alles leisten konnte – die umlaufende Terrasse mit Meerblick, die vielen großen Zimmer, einen Zwölf-Meter-Infinity-Pool, eineinhalb Kilometer Privatstrand und eine extrem neugierige Haushälterin.

Normalerweise zeigte er seinen Freundinnen gerne sein Haus.

Doch als er heute Morgen mit Ella in den Armen aufgewacht war, hatte er beschlossen, ihr erst einmal nichts von der Villa zu erzählen. Ellas Begeisterung über die Hütte war so rührend gewesen. Sie war nicht die erste Frau, die er dorthin mitgenommen hatte. Aber sie war die erste, die davon verzaubert gewesen war und über die spärliche Möblierung hinweggesehen hatte.

Aus irgendeinem Grund hatte es sich gut angefühlt, dass sie in ihm nur Cooper Delaney gesehen hatte, nicht seine Firma und all das, was er sich durch den Erfolg leisten konnte.

„Das sieht aber lecker aus, Coop. Du hättest dir nicht so eine Mühe machen müssen – ich habe schon Krabbenfrikadellen bei Henry gegessen.“

Coop schrak zusammen und ließ fast das Tablett fallen, als er Sonnys Tochter Josie auf einem seiner Barhocker erblickte.

Eigentlich wirkte sie einigermaßen erwachsen, wie sie da mit überschlagenen Beinen und einem kecken Grinsen saß. Aber irgendwie sah er in ihr immer noch das freche Mädchen, das er vor zehn Jahren kennengelernt hatte. Seither schien Josie es sich zur Mission gemacht zu haben, ihn zu piesacken.

„Was machst du denn hier?“ Als er das leere Bett und die Abwesenheit von Ellas Kleidern registrierte, stellte er das Tablett so schwungvoll auf die Küchentheke, dass der Kaffee über die French Toasts schwappte. „Und wo ist Ella?“

Lächelnd nahm sich Josie eine Scheibe Ananas vom Tablett. „Ah, das Dornröschen heißt also Ella. Ich habe mich schon gefragt, ob sie überhaupt einen Namen hat.“

„Ha, ha.“ Er war es gewohnt, dass Josie ihn hänselte.

„Sie ist sehr hübsch. Aber irgendwie schüchtern. Nicht die Art Frau, auf die du sonst abfährst.“

„Wo ist sie?“, wiederholte er. Es gefiel ihm nicht, dass die beiden sich begegnet waren. Denn er fürchtete, dass jemand, der so leicht errötete wie Ella, bestimmt nicht gerne von einer so naseweisen Person wie Josie in seinem Bett erwischt wurde. „Bitte erzähl mir jetzt nicht, dass du etwas gesagt hast, was sie in die Flucht geschlagen hat.“

Josie schüttelte den Kopf. „Nö. Sie ist einfach so abgehauen. Anscheinend war es ihr unheimlich, dass du verschwunden warst.“

Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Verdammt, er war doch nur eine halbe Stunde weg gewesen, und Ella hatte ausgesehen, als schliefe sie tief und fest. Mit zusammengekniffenen Augen sah er Josie an. „Du hast sie aufgeweckt, stimmt’s? Na warte!“

Doch Josie lachte nur. „Na und? Du lässt doch die Finger von den Touristinnen, war das nicht so? Nicht, dass sie sich Hoffnungen machen …“

Bei Ella ist das etwas anderes.

Der Gedanke tauchte ganz plötzlich auf. Was war denn nur mit ihm los? Klar, Ella war süß, und sie hatten eine aufregende Nacht miteinander verbracht, aber warum war sie ihm so unter die Haut gegangen? Wie hatte er vergessen können, dass Ella eine Touristin war? Wie war er bloß auf die Idee gekommen, Inez darum zu bitten, Frühstück für sie zu machen? Dabei war er doch der unromantischste Mensch auf Erden. Zumindest seit … Er starrte den ruinierten Toast an, als die schmachvolle Erinnerung zurückkam.

Seit dem Ball in der Mittelstufe in Garysville in Indiana, als er wie ein Idiot vor der Tür von Amy Metcalfe gestanden hatte, in einem geliehenen Anzug und mit einem Blumenstrauß in der Hand, der ihn zehn seiner sauer verdienten Dollar gekostet hatte. Amys Vater hatte ihn angeschrien, er solle sich zum Teufel scheren, und Amy hatte ihm einen mitleidigen Blick zugeworfen – vom Beifahrersitz des BMW Cabrio seines Halbbruders Jack Junior.

„Willst du denn gar nicht wissen, warum ich hier bin?“, fragte Josie ein wenig ungeduldig. „Ich habe Neuigkeiten.“

Cooper schob die unschönen Erinnerungen beiseite und unterdrückte den Impuls, hinauszurennen und Ella zu suchen. „Doch. Was gibt es denn?“

Josie strahlte ihn an. „Gestern Abend hat Taylor endlich gefragt, und ich habe Ja gesagt.“

„Was hat er gefragt?“ In Gedanken war Cooper noch bei Ella und der Frage, warum sie verschwunden war. Taylor … war das nicht der pickelige Junge, mit dem Josie seit einer Weile zusammen war?

Josie sah ihn verdutzt an. „Komm schon, Coop, so blöd kannst nicht mal du sein. Er hat mich gefragt, ob ich ihn heirate.“

Coop verschluckte sich fast an dem Mangostück, das er gerade in den Mund gesteckt hatte. „Das ist jetzt ein Witz, oder?“, fragte er ungläubig. „Du bist viel zu jung, um zu heiraten.“ Außerdem war Heiraten etwas für Dummköpfe – und Josie war nicht dumm.

„Ich bin zwanzig“, erwiderte sie entrüstet. „Und mit Taylor bin ich seit vier Jahren zusammen.“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Wir lieben uns. Da ist es doch nur normal, dass wir heiraten, bevor wir Kinder bekommen.“

„Kinder“, wiederholte er entsetzt. „Das meinst du doch wohl nicht ernst!“

„Nur weil du vorhast, irgendwann mal der älteste Aufreißer der Stadt zu sein, heißt das nicht, dass alle so zynisch und unreif sein müssen wie du.“

„Ich? Unreif?“, bellte er, doch als er sah, wie sie zusammenzuckte, zwang er sich, die Ruhe zu bewahren.

Aber war es verwunderlich, dass er überreagierte? Erst verschwand Ella, und jetzt auch noch das! Waren denn alle Frauen auf der Insel verrückt geworden?

„Herzchen, ich bin nicht derjenige, der noch vor Abschluss seines Studiums heiraten will.“ Und erst recht keine Kinder kriegen. War sie wahnsinnig geworden?

Ihr Blick, der eben noch beleidigt gewesen war, wurde nun mitleidig. „Warum macht dir die Vorstellung eine solche Angst, Coop? Vielleicht solltest du es selbst einmal versuchen.“

„Was? Heiraten? Kinder kriegen?“, fragte er spöttisch. „Nein danke.“

„Na ja, nicht sofort, aber …“ Sie musterte ihn. Ihr mitleidiger Blick nervte ihn. „Könntest du nicht wenigstens mal versuchen, länger als eine Woche mit einer Frau zusammenzubleiben?“ Ein sorgenvoller Schatten huschte über ihr Gesicht. „Bist du schon mal auf die Idee gekommen, dass es mehr gibt, das man mit Frauen erleben kann, als einfach nur Sex?“

„Jetzt mach aber mal einen Punkt.“ Er hatte nie ein Geheimnis aus seinen Frauengeschichten gemacht, aber dass Josie sich in sein Liebesleben einmischte, ging gar nicht. Und zwar aus mehreren Gründen.

Josie funkelte ihn an. „Na also – wer ist hier unreif?“

In diesem Punkt musste er ihr recht geben. „Also gut, du hast gewonnen. Aber keine weiteren Gespräche über mein Liebesleben, verstanden?“ Ein vorlautes junges Ding, das ihn in Liebesdingen beriet, war das Letzte, was er brauchte.

„Okay, Frieden“, lenkte sie ein, was ihn überraschte. „Ich misch mich nicht ein. Du bist ohnehin ein hoffnungsloser Fall.“ Sie seufzte. „Ich bin nicht hergekommen, um mit dir zu streiten, sondern um dir zu sagen, dass Taylor und ich am zehnten August heiraten. Und ich wollte dich fragen, ob wir auf deinem Grundstück feiern dürfen. In der Nähe vom Rum Runner in der Bucht.“

„Na klar, kein Thema“, erwiderte er ein wenig verlegen. Er hatte ihr nicht in die Parade fahren wollen – ihre Ankündigung war etwas plötzlich gekommen, das war alles. Wie hatte Josie so schnell erwachsen werden können, ohne dass er es gemerkt hatte?

„Außerdem wollte ich dich bitten, mein Trauzeuge zu werden“, fügte sie hinzu. „Wenn du meinst, dass du das aushältst …“ Unter ihrem verunsicherten Blick fühlte er sich noch mieser. Er hatte sie wirklich nicht so anfahren wollen.

„Wenn du sicher bist, dass der älteste Aufreißer der Stadt dafür geeignet ist“, entgegnete er kleinlaut und atmete erleichtert auf, als sich ein Lächeln in ihrem Gesicht zeigte.

„Nur, wenn er verspricht, nicht die Brautjungfern anzugraben.“

Cooper hob eine Hand wie zum Eid. „Hiermit schwöre ich, die Brautjungfern nicht anzugraben.“

„Cool, dann wäre das ja geklärt“, stellte Josie strahlend fest und küsste ihn auf die Nasenspitze. „Ich halte dich auf dem Laufenden wegen der Hochzeitsplanungen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie anstrengend es ist, eine Hochzeit vorzubereiten.“

Das wollte er sich auch gar nicht vorstellen, doch das behielt er lieber für sich.

„Ach, übrigens“, fügte Josie an der Tür noch hinzu. „Dein Dornröschen hat mich gebeten, dir etwas auszurichten.“

„Ja? Was denn?“, erkundigte er sich hoffnungsvoll „Hat sie dir gesagt, wo sie wohnt?“ Dann könnte er sie vielleicht anrufen … Und Inez überreden, neue French Toasts zu machen … Oder, besser noch, etwas zum Mittagessen zuzubereiten …

Josie schüttelte den Kopf. „Sie hat gesagt, ich soll dir ihren Dank ausrichten.“

„Mehr nicht?“, fragte er enttäuscht.

Wieder schüttelte Josie den Kopf und sah ihn nachdenklich an. „Wenn du wissen willst, wo sie wohnt, solltest du vielleicht mal Henry fragen. Wenn sie gestern im Rum Runner war … du weißt ja, dass er gern mit seinen Gästen plaudert.“

„Nein, kein Thema. Ist unwichtig“, erwiderte er und wünschte, er könnte sich selbst davon überzeugen.

„Sicher?“

Cooper zwang sich zu lachen. „Natürlich. Das ist doch gar nicht meine Art.“ Er machte sich nicht wegen irgendwelcher Frauen verrückt, auch nicht, wenn sie so süß und sexy waren wie Ella. „Ich will doch mal der älteste Aufreißer der Stadt werden, schon vergessen?“

Josie verdrehte die Augen. „Stimmt. Wie konnte ich das nur verdrängen?“

Doch nachdem Josie gegangen war und er das ruinierte Frühstück weggeworfen hatte, fand er den Witz überhaupt nicht mehr komisch. Erst recht nicht, nachdem er Ellas frischen Duft und den erdigen Geruch von Sex eingeatmet hatte, der noch immer in seiner Bettwäsche hing.

6. KAPITEL

Ella zog das Tablett mit den Brownies aus dem Ofen und stellte es vorsichtig ab. Ihr wurde übel von dem Schokoladengeruch – er war einfach zu intensiv. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, schnitt den Kuchen in zwölf Teile, stellte das Blech zum Abkühlen aufs Fensterbrett und eilte ins Café. In ihrem Magen rumorte es beunruhigend.

Sie atmete tief und bewusst, um sich und ihren nervösen Magen zu beruhigen, während sie die kleinen Schokoladentartes in die Auslage stellte, die sie schon vorhin gebacken hatte. Deren Duft war zum Glück nicht mehr ganz so stark.

Ruby musste jeden Moment hier sein, und das Letzte, was Ella jetzt gebrauchen konnte, waren bohrende Blicke und eindringliche Fragen von ihrer Geschäftspartnerin. Also durfte sie sich auf keinen Fall noch einmal hier im Laden übergeben.

Seit Wochen schon fühlte sie sich nicht wohl. Seitdem sie nach ihrer Rückkehr von den Bermudas die befürchtete Diagnose von ihrer Ärztin bekommen hatte: Ihr Eisprung kam nicht mehr regelmäßig – was auch erklärte, weshalb ihre Periode seit Monaten ausblieb. Das war der Anfang der vorzeitigen Wechseljahre.

Doch sie meinte, sich damit abgefunden zu haben. Zumindest aber hatte sie eine Strategie gefunden, damit umzugehen. Auch wenn ihre biologische Uhr jetzt noch schneller tickte und ihre Ärztin gesagt hatte, es sei nicht mehr besonders wahrscheinlich, dass Ella auf natürlichem Wege schwanger werden könnte. Die Wahrscheinlichkeit wurde minütlich kleiner, das war Ella bewusst. Aber es hatte sie beruhigt, mit Ruby über die anderen Möglichkeiten zu sprechen – falls sie jemals ihren Traummann treffen sollte.

Nach der wilden Nacht mit Coop war sie wesentlich optimistischer, was Beziehungen betraf. Zumindest, was sexuelle Beziehungen anging.

Coop.

Ihr Magen zog sich zusammen. Die Übelkeit war wieder da.

Vielleicht wurde es Zeit, sich einzugestehen, dass ihre schwindende Fruchtbarkeit nicht das Einzige war, das ihr zu schaffen machte? Ihr nervöser Magen war nicht einfach nur eine Reaktion auf den Stress der vergangenen Monate und die unerfreuliche Diagnose, sondern eine Folge der Nacht mit Cooper Delaney.

Aus irgendeinem Grund musste sie ständig an ihn denken. Immer wieder rief sie sich Einzelheiten von dem Tag und der Nacht, die sie zusammen verbracht hatten, ins Gedächtnis, anstatt die Erfahrung ad acta zu legen und ihr Leben weiterzuleben.

Was war schon dabei, dass er am nächsten Morgen einfach verschwunden war, ohne eine Nachricht zu hinterlassen? Es war ein One-Night-Stand gewesen – er war ihr nichts schuldig. Sie lebten Tausende von Kilometern entfernt voneinander. Und außerdem war er erst achtundzwanzig. Auch wenn ihn der Altersunterschied nicht gestört hatte …

Andererseits, vielleicht hatte es ihm mehr ausgemacht, als er zugegeben hatte. War das vielleicht der Grund dafür, dass er einfach weggegangen war, bevor sie aufgewacht war, und ohne sich zu verabschieden?

Nicht schon wieder daran denken.

Erneut überkam sie das schale Gefühl der Unzulänglichkeit, und ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

Wenn sie ihm eine Nachricht hinterlassen hätte …

Als sie seufzend aufblickte, sah sie Ruby und Cal vor dem Café stehen. Wie jeden Morgen verabschiedeten sie sich voneinander, bevor Cal sich auf den Weg zur U-Bahn machte, um in seine Kanzlei in der City zu fahren.

Das schale Gefühl wurde zu einer großen Leere, als sie die beiden beobachtete.

Ruby warf den Kopf zurück und lachte über eine Bemerkung ihres Mannes. Dieser sagte etwas, das sie noch mehr zum Lachen brachte, dann fasste er sie beim Mantelaufschlag, zog sie zu sich und gab ihr einen innigen Kuss.

Ella spürte, wie der Neid ihr einen Stich versetzte. Jeder Vorbeikommende hätte die beiden für Frischverliebte gehalten – und nicht etwa für ein Paar, das seit sieben Jahren verheiratet war und bereits drei Kinder hatte.

Schließlich senkte Ella den Blick und konzentrierte sich auf die Auslage. Sie kam sich vor wie ein Spanner, und die Übelkeit wurde gerade wieder schlimmer. Die Türglocke klingelte, als sich die Tür quietschend öffnete, und Rubys Stilettos klackten auf dem gefliesten Boden.

„Tut mir leid, dass ich so spät bin. Dafür bleibe ich heute Abend bis zum Schluss.“ Wie so oft klang Rubys schon am frühen Morgen gut gelaunt. Stirnrunzelnd bestäubte Ella die Tartes mit Puderzucker. Man konnte sich kaum vorstellen, dass ihre Kollegin der schlimmste Morgenmuffel unter der Sonne gewesen war, bis sie vor fast acht Jahren ihren jetzigen Mann kennengelernt hatte.

„Cal hat mich ins Bett zurückgelockt“, erklärte Ruby, „nachdem Helga die Kinder abgeholt hatte.“

„Du Arme“, murmelte Ella und biss sich auf die Lippe. Jetzt bloß nicht noch sarkastisch werden. Und schon wieder kam ihr die Galle hoch.

Was war nur los mit ihr? Sie hatte sich immer so sehr für Ruby und Cal gefreut. Und sie liebte Max, Ally und Art, die drei kleinen Racker.

„Ella, alles in Ordnung mit dir?“

Ella stellte den Puderzucker beiseite und sah, dass Ruby sie aufmerksam betrachtete. Zu aufmerksam. Oh nein … Hatte sie etwa ihre bissige Bemerkung gehört? „Ja, klar!“

„Sicher? Du siehst gar nicht gut aus.“

„Doch, alles su…“ Ohne Vorwarnung schlug der Würgereflex zu. Ella hielt sich die Hand vor den Mund und rannte ins Bad. Sie schaffte es gerade noch zur Toilette, bevor das spärliche Frühstück wieder hochkam.

„Tief durchatmen.“ Ruby rieb Ella den Rücken. Das feuchte Tuch, das sie ihr in den Nacken gelegt hatte, wirkte Wunder. „Ist es besser?“

„Ja, ich glaube.“ Ella legte eine Hand auf ihren Bauch. Ihr Magen schien sich beruhigt zu haben.

Ruby betätigte die Spülung und schlang einen Arm um Ellas Taille. „So, dann lass uns mal ein bequemes Plätzchen für dich suchen.“

Gemeinsam machten sie es sich im hinteren Bereich des Cafés auf zwei Sesseln gemütlich. „Hast du schon eine Idee, woher das kommen könnte?“, wollte Ruby wissen.

Rubys eindringlicher Blick ließ Ella erröten. Sie starrte ihre Hände an, die sie im Schoß gefaltet hatte.

„Da du so hübsch rot geworden bist, nehme ich an, dass du es weißt.“ Ruby legte eine Hand auf Ellas gefaltete Hände und drückte sie tröstend. „Aber du magst es nicht sagen.“

„Es ist albern.“ Ella zwang sich, ihrer Freundin ins Gesicht zu sehen. „Aber ich glaube, dass es an meinem Urlaubsflirt liegt – obwohl der doch gar nichts bedeutet hat.“

„Natürlich hat der etwas bedeutet. Sonst hättest du nicht mit ihm geschlafen. Es ist doch überhaupt nicht deine Art, einfach so mit jemandem ins Bett zu gehen.“

Ella seufzte. „Dumm, dass ich daran nicht gedacht habe, bevor ich etwas mit ihm angefangen habe.“ Plötzlich war dieses Gefühl wieder da, als zöge sich in ihrer Brust etwas schmerzhaft zusammen. „Ich vermisse ihn. Mittlerweile wünschte ich, dageblieben zu sein, um mich vernünftig von ihm zu verabschieden. Um es abzuschließen. Dann würde ich mir vielleicht kein Magengeschwür holen, indem ich ständig an ihn denke.“

Ruby nickte. „Klingt plausibel. Aber dürfte ich eine andere Vermutung über den Grund für deine Übelkeit äußern?“

Ella runzelte die Stirn. Warum sah Ruby sie so komisch an? Als würde sie ein Grinsen verkneifen? „Es kann keinen anderen …“

„Nein? Also, ich finde, sich ein Magengeschwür anzugrübeln ist genauso wenig deine Art wie schneller Sex.“

„Ach, und was soll es sonst sein?“

„Morgenübelkeit.“

Ella erstarrte. „Das kann nicht sein.“

„Laut Dr. Patel ist es nicht unmöglich.“

„Aber auch nicht besonders wahrscheinlich. Außerdem haben wir Kondome benutzt.“

„So wie Cal und ich, bevor wir Arturo bekommen haben“, entgegnete Ruby.

„Das ist etwas anderes. Du hattest keine Fruchtbarkeitsprobleme.“

„Trotzdem finde ich, dass du einen Schwangerschaftstest machen solltest, um sicherzugehen.“

„Ich bin sicher.“ Sie war überzeugt, dass der Test negativ wäre. Und sie hatte Angst davor, nur noch unglücklicher zu werden, wenn die Erinnerungen an jenen anderen Test wieder hochkommen würden, den sie vor vielen Jahren gemacht hatte.

„Ich nicht.“

Ella rang die Hände. „Ja, schön, aber ich habe keinen Schwangerschaftstest, und ich kann auch keinen besorgen, weil wir in einer halben Stunde öffnen.“

„Macht nichts. Ich habe einen“, sagte Ruby, nahm eine Tüte aus ihrer Tasche und zog eine rosa Schachtel daraus hervor.

„Warum hast du den?“, fragte Ella erschrocken.

„Ella, du hast dich diese Woche schon dreimal übergeben.“ Ruby reichte ihr die Schachtel. „Hör auf, dir den Kopf zu zerbrechen, und mach diesen Test. Was auch immer dabei rauskommt, wir werden es meistern. Aber kneifen gilt nicht. Ich warte hier.“

„Na gut.“ Ella erhob sich. „Aber das kann eine Weile dauern. Ich muss gerade nicht.“

Es dauerte fünfzehn Minuten, bis sie wieder aus der Toilette kam. „Ich habe den Test auf den Waschtisch gelegt. Es dauert ein bisschen, bis sich die Streifen bilden, die dir ganz klar zeigen werden, dass ich nicht schwanger bin“, erklärte sie. „Es wäre nett, wenn du ihn wegwerfen könntest, bevor die Leute kommen“, fügte sie hinzu und wischte sich die Tränen von den Wangen.

„Ella, nicht weinen. Du musst doch sicher sein.“

Anstatt zu antworten, füllte Ella den Spritzbeutel mit Cream-Cheese-Überzug. In einer Viertelstunde öffneten sie – dann musste alles fertig sein. Sie hatte jetzt keine Zeit für diesen Quatsch.

Sie war noch damit beschäftigt, den Karottenkuchen mit Cream-Cheese-Schnörkeln zu verzieren, als Ruby zu ihr zurückkam. „Das hier solltest dir mal ansehen.“

„Geh weg damit“, antwortete Ella verärgert. „Da ist Pipi dran.“

„Ich weiß. Aber eine ganz besondere Sorte. Es ist Pipi einer Schwangeren.“

„Was?“

„Du hast ganz richtig gehört.“ Ruby hielt den Teststab in die Luft. „Siehst du diesen blauen Balken? Der bedeutet, dass du Mutter wirst – vermutlich in genau sieben Monaten. Da kannst du das neue Jahr gleich mit deinem Nachwuchs begrüßen.“

Vor Schreck traten Ella Tränen in die Augen „Aber das kann nicht sein“, flüsterte sie.

„Aber es ist so. Schwangerschaftstests lügen nicht.“

„Ich mache lieber noch einen. Vielleicht ist das Ergebnis falsch.“

„Mach so viele Tests wie du willst, aber ich kann dir nur sagen, dass es bei den Dingern keine falsch positiven Ergebnisse gibt. Bei Art habe ich sechs Tests gemacht, und bei allen ist dasselbe rausgekommen. Du bist definitiv schwanger.“

Ella ließ sich auf den Stuhl neben der Kasse fallen. Ihre Knie zitterten fast so sehr wie ihre Hände. „Ich bekomme ein Kind“, flüsterte sie.

Ruby hockte sich neben sie und nahm ihre Hand. „Ja, du bekommst ein Kind.“

Nun ließ Ella ihren Tränen freien Lauf. Damals, bei ihrem ersten Test, hatte sie sich sehr über das Ergebnis erschrocken, aber auch ein wenig gefreut. Diesmal freute sie sich riesig, aber sie war auch wesentlich aufgewühlter und besorgter als damals.

Ruby entsorgte den Test und wusch sich die Hände. „Ich nehme an, dass das Freudentränen sind?“

Ella nickte. Der Kloß in ihrem Hals war so groß, dass sie kein Wort herausbrachte.

Ruby lächelte. „Okay, nächste Frage. Denn dass du das Kind willst, versteht sich ja wohl von selbst, stimmt’s?“

Lächelnd nickte Ella. „Ja. Klar.“

„Sehr gut. Dann wäre also wichtig zu wissen, wie wir an deinen Kapitän rankommen? Hast du eine Karte von dieser Ausflugsfirma oder so?“

„Was? Nein.“ Ihre Freude fiel in sich zusammen wie ein Kuchen, der zu schnell abkühlte. „Das kann ich ihm nicht sagen. Er braucht es nicht zu wissen.“

„Ganz ruhig.“ Ruby nahm Ellas Hand. „Keine Panik. Erst mal musst du gar nichts machen.“

Seine Frage, ob sie die Pille nahm, hallte in ihrem Kopf nach.

Was, wenn sie es ihm sagte und er so reagierte wie Randall damals? Immerhin war er noch keine dreißig, lebte in einer Strandhütte und nahm Frauen aus Bars mit nach Hause. Er war aufregend, leichtfertig, charmant und verführerischer als jeder andere Mann, dem sie je begegnet war. Ein solcher Typ wollte sicher nicht hören, dass er Vater wurde.

„Und es ist ja nicht gesagt, dass er so blöd reagiert wie Randall damals“, meinte Ruby, die offenbar mal wieder Gedanken las.

Oh doch, das wird er.

„Ich will es nicht riskieren.“ Sie entzog Ruby ihre Hand. „Warum soll ich es ihm sagen?“

„Weil es sein Kind ist und er ein Recht darauf hat, es zu wissen.“

„Und was, wenn er es gar nicht wissen will?“, wandte Ella ein.

„Wie kommst du darauf, dass das der Fall sein könnte?“, wollte Ruby wissen.

Ella öffnete den Mund, um Ruby zu erzählen, dass er sie gefragt hatte, ob sie die Pille nehme. Ihre Antwort war im Eifer des Gefechts irgendwie untergegangen, und seine Reaktion war eindeutig gewesen: Er war kein Risiko eingegangen. Ich gehe lieber auf Nummer sicher.

Sie wollte nicht, dass Ruby dachte, sie hätte ihn ausgetrickst, denn das hatte sie nicht.

„Er lebt auf den Bermudas. Und ich brauche seine Unterstützung nicht.“ Zumal er sie nicht unterstützen konnte, da er kein Geld hatte.

„Darum geht es nicht. Er ist der Vater des Kindes. Wenn du es ihm nicht sagst, nimmst du ihm die Möglichkeit, sein Kind kennenzulernen, und dem Kind die Chance, Kontakt zu seinem Vater zu haben.“

Ella mochte nicht darüber nachdenken, wie Cooper reagieren würde. Dennoch musste sie sich eingestehen, dass es feige wäre, ihm nichts zu sagen.

Ruby tätschelte ihre Hand. „Lass uns ein andermal darüber reden. Du musst es ja nicht sofort entscheiden.“

Als es vernehmlich klopfte, sahen sie zur Tür. Einige ungeduldige Mütter hatten sich schon dort versammelt, die nach Kuchen und Getränken lechzten.

Ella sprang auf, um die Tür aufzuschließen und die Gäste willkommen zu heißen. Die Lethargie, die sie seit Wochen gelähmt hatte, war wie weggeblasen.

„Ella, willst du nicht lieber nach Hause gehen und dich ausruhen? Ich komme hier schon alleine klar“, bot Ruby an, als die Freundin zurückkam.

Auf einmal war auch die Angst weg, stellte Ella fest. Sie strahlte. Ganz in Ruhe konnte sie überlegen, wie sie es Cooper beibringen sollte. Und auch wenn es ihr schwerfallen würde – immerhin hatte sie nun einen Grund, sich bei ihm zu melden. Und das fühlte sich erstaunlich gut an. „Nicht nötig. Mir geht es bestens.“

Liebevoll lächelte Ruby sie an. „Warte nur bis morgen früh, wenn du wieder den Porzellangott anbetest. Vielleicht sollten wir in nächster Zeit ein paar Eimer aufstellen.“

Ella verbrachte den Morgen damit, Kuchen und Tee zu servieren, mit den Müttern zu reden, deren Kinder zu bewundern und ihre Freude darüber zu verbergen, wie großartig ihr Leben auf einmal war.

Bald würde sie mit Cooper reden. Ruby hatte recht, es wäre falsch, es ihm vorzuenthalten. Aber sie musste sich jetzt noch keine Gedanken über die Details machen. Erst einmal wollte sie das Glück auskosten zu wissen, dass in ihrem Inneren ein Wunder vor sich ging. Und dafür sorgen, dass es ihrem Baby an nichts fehlte. Wenn das bedeutete, den Mut aufbringen zu müssen, seinem Vater davon zu erzählen, dann würde sie das schon irgendwie hinbekommen.

7. KAPITEL

„Autsch! Verdammt!“ Coop warf den Schraubenschlüssel auf das Deck. Aus einem Schnitt am ölverschmierten Ballen seiner rechten Hand sickerte Blut. Coop saugte an der Wunde, es war jede Menge Schmutz hineingekommen.

„Was gibt es da zu fluchen?“ Sonny lugte aus der Kapitänskajüte hervor.

„Die verdammte Schiffsschraube hat mir ein Stück von der Hand abgerissen“, knurrte Coop und erhob sich. Er wickelte den alten Lappen, mit dem er die Antriebswelle abgewischt hatte, um die Wunde. „Die Radmutter rührt sich nicht einen Millimeter. Die muss schon seit Ewigkeiten eingerostet sein.“ Seine Hand pochte im Einklang mit seinem Kopf – gestern Abend im Rum Runner hatte er eindeutig zu viel getrunken. Er war jetzt wirklich nicht in der Stimmung, sich mit dem uralten Außenborder von Sonny herumzuschlagen.

Sonny legte den Kopf schief und sah Coop prüfend an. „Da ist aber jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden.“

Coop ignorierte die Bemerkung. In letzter Zeit war er eben nicht so gut drauf, na und? Seitdem eine gewisse Engländerin ihn hatte sitzenlassen, schlief er schlecht.

Gestern war er zum ersten Mal seit dem Abend mit Ella wieder in den Rum Runner gegangen, und das war eindeutig ein Fehler gewesen. Henry war ihm damit auf den Geist gegangen, von der ‚hübschen Lady‘ zu faseln, und irgendwann hatte Coop ihn zu einem Wetttrinken herausgefordert. Um drei Uhr nachts war er schließlich nach Hause getorkelt, wo er sich heftig hatte übergeben müssen.

Kein Wunder, dass seine Laune nicht die beste war.

„Ist es nicht langsam an der Zeit, dass du dich von diesem ollen Kahn trennst?“, fragte er, auch wenn ihm klar war, dass es nicht wirklich etwas nützen würde, seinen Frust an Sonnys Boot auszulassen.

Zärtlich streichelte Sonny über das Steuerpult. „Meine Jezebel war mir schon viele Jahre lang treu. Und da Josies Hochzeit nicht billig wird, muss sie noch ein Weilchen durchhalten.“

Mit den Zähnen zurrte Coop einen Knoten in den Lappen. Er wurde sauer. Sonny wusste genauso gut wie er, dass die Jezebel seit Jahren ständig Mucken machte. Außerdem hatte Coop schon tausendmal angeboten, die Kosten für Josies Hochzeit zu übernehmen, doch Sonny weigerte sich, das Angebot anzunehmen. Eigentlich hätte Coop heute Morgen die Prognosen für seine neue Filiale in Acapulco überprüfen sollen. Stattdessen hatte er mit einem schlimmen Kater versucht, etwas zu reparieren, was nicht mehr zu retten war. In diesem Moment konnte er seine grundsätzlichen Vorbehalte gegen diese Hochzeit nicht länger für sich behalten.

„Warum muss Josie überhaupt heiraten? Sie ist erst zwanzig, und sie sind beide noch am College. Wovon wollen sie denn leben?“

„Not macht erfinderisch“, entgegnete Sonny lächelnd. Sein väterlicher Stolz ging Coop schon seit Wochen auf den Geist. War dem alten Kerl nicht klar, dass er ein Vermögen für eine Sache berappen würde, die wahrscheinlich von vornherein zum Scheitern verurteilt war?

„Meinst du?“, gab er gereizt zurück.

Sonny nickte. Sein prüfender Blick war Coop unangenehm. „Du bist seit Monaten so unausstehlich. Willst du mir nicht sagen, was los ist?“

Seit Monaten? Auf keinen Fall war die Nacht mit Ella schon Monate her. Oder doch? „Es geht hier nicht um mich, Sonny“, versuchte er, vom Thema abzulenken. „Tatsache ist, dass Josie etwas Törichtes tun will und du keinen Finger rührst, um sie davon abzuhalten.“

„Josie hatte schon immer ihren eigenen Kopf“, erwiderte Sonny ruhig. „Aber ich will sie auch gar nicht umstimmen. Taylor ist ein guter Junge, und sie liebt ihn. Um die beiden mache ich mir keine Sorgen.“ Er setzte sich neben Coop, dem der forschende Blick des alten Mannes immer unangenehmer wurde. „Aber um dich. Seitdem du das Mädchen aus dem Runner mitgenommen hast, stimmt etwas nicht mit dir.“

„Was zum Teufel …?“, begann Coop entsetzt. Woher wusste Sonny von Ella? Der alte Mann mischte sich gern in sein Leben ein, weil er meinte, er habe ein Recht dazu. Außerdem war Sonny ein Romantiker. Aber Coop hatte niemandem von Ella erzählt. Konnte Sonny etwa hellsehen?

„Josie meinte, dass du wohl sehr von dem Mädchen angetan warst. Aber sie ist weggelaufen, nicht wahr? Ist das der Grund für deine üble Laune? Vermisst du sie?“

Also hatte er es von Josie.

„Es ist nicht das, was du denkst“, brummte Coop in der Hoffnung, Sonny von dem Thema abbringen zu können, bevor dieses Gespräch komplett in die falsche Richtung lief.

Er vermisste Ella nicht, und er war auch nicht angetan. Was auch immer das heißen mochte. So war es nicht.

Irgendwie war sie ihm unter die Haut gegangen. Aber das würde schon wieder vorbeigehen. In ein paar Wochen würde er aufhören, nachts von ihr zu träumen. Von ihren großen blauen Augen, ihrem sonnigen Lächeln und ihrem knackigen Po.

Genervt davon, dass er bei dem Gedanken an sie sofort wieder erregt war – und von dem sonderbaren Ziehen in seinem Brustkorb – fuhr er sich durchs Haar. „Das war ein One-Night-Stand, weiter nichts“, fuhr er fort. „Wir haben uns gut verstanden. Aber eben nur … du weißt schon.“

Coop hatte keine Lust, mit Sonny über sein Liebesleben zu reden. Früher hatte der alte Mann ihm einmal eine Gardinenpredigt darüber gehalten, dass man Frauen zu respektieren habe, und er hatte keine Lust, sich das noch einmal anzuhören.

„Aus Ella und mir wäre ohnehin nichts Ernstes geworden“, fügte er verteidigend hinzu, als Sonny ihn tadelnd ansah. Coop respektierte Frauen. Sehr sogar. Aber Sonny hegte die altmodische Vorstellung, dass Sex immer etwas zu bedeuten hatte. Der alte Kapitän konnte sich nicht vorstellen, dass man es einfach manchmal brauchte.

„Sie lebt Tausende von Kilometern weit weg. Wir haben nur eine Nacht miteinander verbracht, und sie hat nicht mehr davon erwartet als ich. Außerdem war sie diejenige, die abgehauen ist, nicht ich.“

Als Sonny die Brauen hob, wusste Coop, dass er zu viel gesagt hatte.

„Verstehe. Du bist der Kerl, der jede haben kann. Und sie ist das Mädchen, das dich nicht will. Ist es das, was dich so verstimmt?“

„Ich bin nicht verstimmt.“ Coops Hand schmerzte höllisch. „Und vielen Dank auch, dass du mich als einen so arroganten Deppen beschreibst.“

„Du siehst gut aus, hast Geld wie Heu, und die Frauen umschwärmen dich wie die Motten das Licht. Da hast du sicher jedes Recht dazu, arrogant zu sein.“

„Danke“, brummte Coop zerknirscht. Sonny hatte das keineswegs als Kompliment gemeint, da machte er sich nichts vor. Geld interessierte Sonny nicht. In diesem Punkt waren sie sich immer wieder uneinig. Denn Coop bedeutete Geld durchaus etwas – mehr als die meisten anderen Dinge. Mit Geld lief alles wie geschmiert, man hatte mehr Möglichkeiten, und das Wichtigste war die Sicherheit, die es einem gab.

Diese Sicherheit hatte ihm als Kind gefehlt. In den ersten zwanzig Jahren seines Lebens hatte er sich so danach gesehnt. Nun besaß er Geld genug, und es war für ihn nicht einfach nur Luxus. Es verschaffte ihm Respekt und Status. Sein Vermögen zeigte den Leuten, dass er nicht mehr der wertlose kleine Niemand war. Aber das Wichtigste war, dass es ihn unabhängig machte.

Coop mochte Sonny, er schätzte ihn mehr als jeden anderen Menschen, den er kannte. Aber er war der Ansicht, dass Sonny sich zu häufig verpflichtet fühlte – seinen fünf Kindern gegenüber, den drei Enkelkindern, all den Freunden und Bekannten und natürlich Rhona, der Frau, mit der er seit über dreißig Jahren zusammenlebte. Vielleicht funktionierte das für Sonny, es schien ihn jedenfalls nicht zu stören. Aber für Coop war ein solches Leben unvorstellbar. Ein Mensch konnte eine Insel sein – wenn er hart genug arbeitete und genügend Geld verdiente. Und so war das Leben wesentlich einfacher.

„Fliegst du nicht nächste Woche nach Europa?“, fragte Sonny. „Warum besuchst du die Kleine nicht einfach und guckst, wie es ihr geht?“

Coop sah Sonny mit leerem Blick an. Natürlich hatte er selbst daran gedacht. Er traf sich mit Investoren in St. Tropez, um über Filialen im Mittelmeerraum zu reden. Von dort aus wäre es nur ein Katzensprung nach London. Aber …

„Ich weiß nicht … wenn ich extra nach London komme, um sie noch mal zu sehen, versteht sie das womöglich falsch.“ Auf keinen Fall sollte Ella ihre gemeinsame Nacht für bedeutsamer halten als sie war.

„Und was wäre so schlimm daran, wo sie doch deine Traumfrau ist?“

„Ach komm, Sonny. Sie ist nicht meine Traumfrau“, erwiderte er gereizt. Er kannte Ella kaum. Und er träumte nicht von Frauen – und wenn, dann waren diese Träume nicht jugendfrei. Grundsätzlich war Cooper froh, allein zu sein.

„Wenn du meinst“, gab Sonny sich unbeeindruckt. „Ich möchte ja nur, dass du wieder so strahlst wie früher. Und wenn du sie dazu wiedersehen musst, dann solltest du das tun.“ Ernst sah er seinen Geschäftspartner an. „Denn ich kann nur sagen, dass du momentan wirklich unausstehlich bist.“

Coop runzelte die Stirn. Jetzt kapierte er. Sonny wollte ihn nicht hier haben, während er und seine Familie Josies Hochzeit vorbereiteten.

Die Erkenntnis versetzte ihm einen Stich. Aber in einem Punkt musste Coop Sonny recht geben: Er war in den letzten Wochen wirklich nicht gut drauf gewesen. Aber das war eben so, wenn man schlecht schlief und sexuell frustriert war. Und was auch immer das mit ihm und Ella war – es schien nicht besser zu werden. „Bin ich wirklich so schlimm?“, fragte er.

Sonny klopfte ihm väterlich auf die Schulter. „Junge, du bist im Moment noch schlimmer als in der Zeit, während du dein Unternehmen aufgebaut hast.“

„Tut mir leid.“

„Anstatt dich zu entschuldigen, solltest du lieber versuchen, es zu ändern.“

Coop nickte. Warum eigentlich nicht? Er konnte einen Tapetenwechsel gut vertragen. Also sprach nichts dagegen, wirklich ein paar Tage Zwischenstopp in London zu machen. Er würde eine Suite in einem guten Hotel mieten und sich die Stadt ansehen, und falls er in Ellas Gegend sein sollte, konnte er ja auch einmal bei ihr vorbeischauen. Vielleicht würde er dann ganz nebenbei auch noch erfahren, warum sie einfach verschwunden war, ohne sich zu verabschieden.

„Hör auf, unsere Ware aufzuessen! Es ist mir ganz egal, ob du Heißhunger auf Süßes hast!“

Hastig wischte sich Ella die Krümel vom Mund. „Ich kann nicht anders. Tut mir leid.“

Ruby, die gerade den Kaffee für die vier Tennisspieler zubereitete, die eben hereingekommen waren, sah Ella streng an. „Ich wüsste zu gern, wie du es geschafft hast, kaum ein Pfund zuzunehmen. Nur dein Busen ist ein wenig üppiger geworden. Und das, obwohl du in der vergangenen Woche kiloweise Kuchen verschlungen hast.“

„Vergiss nicht, dass ich vorher drei Wochen am Stück nichts bei mir behalten habe“, erwiderte Ella, die gerade die Maracuja-Florentiner in die Kuchenvitrine legte. Sie streichelte das kleine Bäuchlein, das sich mittlerweile gebildet hatte. Ella war froh, dass sie ihre Schwangerschaft endlich ungetrübt von der elenden Morgenübelkeit voll genießen konnte.

Eines machte ihr allerdings noch zu schaffen: Ihre Lust auf Sex hatte in dem gleichen Ausmaß zugenommen wie ihr Busen – wenn man den erotischen Träumen, die sie neuerdings fast jede Nacht hatte und in denen ein gewisser Cooper Delaney die Hauptrolle spielte, irgendeine Bedeutung beimaß.

Erst heute Nacht war sie heftig atmend und voll übermächtigem Verlangen aufgewacht. Bevor sie Cooper kennengelernt hatte, war es fast nie vorgekommen, dass sie selbst Hand angelegt hatte. Doch in letzter Zeit hatte sie es mehrere Male getan und sich dabei vorgestellt, wie Cooper in sie eindrang und ihr zuflüsterte, sie solle sich selbst berühren.

Bei dem Gedanken an den enttäuschenden Höhepunkt, der nichts mit ihrer echten Liebesnacht zu tun gehabt hatte, und das darauffolgende schlechte Gewissen errötete sie. Ob ihr Körper sie mit diesen erotischen Träumen dazu bringen wollte, den Kindsvater endlich zu kontaktieren?

Eigentlich hatte sie sich schon letzte Woche dazu durchgerungen. Doch dann hatte sie ihn gegoogelt, um herauszufinden, wie sie ihn erreichen konnte. Nach der Eingabe seines Namens und Begriffen wie ‚Bermuda‘ und ‚schnorcheln‘ hatte die Suchmaschine Hunderte von Ergebnissen ausgespuckt, die sich nicht nur auf ihn, sondern auch auf Dive Guys bezogen. Seine sagenhaft erfolgreiche Tauchschulkette, die Filialen überall in der Karibik hatte. Das Unternehmen war seit drei Jahren an der New Yorker Börse gelistet und laut einem Bericht im Time-Life-Magazine eine der am schnellsten wachsenden Neugründungen der Region.

Das war ein Schock für sie gewesen. Es hatte sie geärgert, dass er ihr nicht genügend vertraut hatte, um ihr zu verraten, wer er wirklich war. Dann hatte sie an das Kind gedacht, das sie unter dem Herzen trug, und plötzlich hatte sie so sehr gezittert, dass sie sich hatte hinlegen müssen.

Coop Delaney war kein gemütlicher Typ, der den größten Teil seines Lebens am Strand verbrachte und ab und an als Kapitän einsprang, sondern ein steinreicher Geschäftsmann. Wie sollte sie ihm sagen, dass sie ein Kind von ihm erwartete? Sie fürchtete, er werde Forderungen an sie stellen. Forderungen, denen sie vielleicht nicht nachkommen wollte. Wäre er der Coop, für den sie ihn gehalten hatte, dann hätte sie ihn längst angerufen. Aber so …

„Wow, guck mal aus dem Fenster.“ Rubys anerkennender Pfiff riss Ella aus den Gedanken. „Bei den Schultern würde selbst eine verheiratete Frau schwach werden …“

Als Ella aufblickte, sah sie einen großen Mann mit kurz geschnittenem Haar, der gerade das Café betrat. Irgendetwas an ihm kam ihr bekannt vor.

Sie blinzelte. Das musste sie sich einbilden … Doch dann verzog er seinen Mund zu dem wohlbekannten Lächeln, und Freude breitete sich warm in Ellas Innerem aus.

„Hallo, willkommen bei Touch of Frosting, was darf’s denn sein?“, begrüßte Ruby den Gast.

„Coop?“, flüsterte Ella ungläubig.

„Hallo, Ella“, antwortete die Erscheinung zwinkernd. Dann wandte er sich ihrer Freundin zu. „Du bist sicher Ruby. Ich bin Coop, ein Freund von Ella.“

„Hallo.“ Ruby kam hinter dem Tresen hervor und nahm seine ausgestreckte Hand. „Cooper Delaney, stimmt’s? Freut mich, dich kennenzulernen.“

Ella hörte, wie aufgeregt Ruby klang, während Coop so gelassen war wie eh und je. Sie wurde ganz starr vor Angst.

„Ella hat also von mir erzählt“, stellte er lächelnd fest.

Sag was.

Der Anblick seines Gesichts, seiner vollen Lippen und seiner belustigt funkelnden Augen erfüllte sie mit Verlangen. Doch der Rest passte nicht: Der anthrazitfarbene Einreiher, das glatt rasierte Kinn, das kurze, perfekt geschnittene Haar, das ohne die von der Sonne ausgeblichenen Strähnen wesentlich dunkler war.

Panik ergriff sie. Ella schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können.

„Huhu, Ella!“ Er fuchtelte ihr mit der Hand vor dem Gesicht herum. „Alles okay? Wie geht es dir?“

Ich bin schwanger. Und ich hätte es dir längst sagen müssen.

Sie öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton heraus.

„Es geht ihr sehr gut, sie hatte gerade ihre erste …“, fing Ruby an.

„Halt den Mund, Ruby“, schnitt Ella ihrer Freundin das Wort ab. Ruby sah sie verwundert an, sagte aber nichts weiter, während Coop seinen Blick neugierig zwischen beiden hin und her wandern ließ.

Ella riss sich aus ihrer Erstarrung los und ging um den Tresen herum.

Nichts wie raus hier mit ihm. Dann kannst du es ihm in Ruhe sagen. Ohne ein Publikum aus Tennisspielern, Müttern, kichernden Schulmädchen und einer meganeugierigen besten Freundin.

Das war sie ihm schuldig.

„Ich nehm’ mir den Rest des Tages frei, Ruby“, verkündete sie.

Ruby runzelte die Stirn.

Sie würde ihrer Freundin wohl einiges erklären müssen. Aber das konnte warten.

Endlich stand sie vor ihm. Sein Lächeln ging ihr durch und durch. Wie hatte sie vergessen können, wie groß er war? Tief atmete sie ein. Er roch himmlisch.

Sein frischer Duft erregte sie so sehr, dass ihre Beine unter ihr nachgaben.

Sie griff nach seinem Arm, um sich aufrecht zu halten – und um Coop aus dem Café zu lotsen, bevor Ruby sich verplapperte.

Schmunzelnd betrachtete er ihre Hand, offenbar erfreut darüber, dass sie es so eilig hatte. „Schön, dich zu sehen.“ Anscheinend störte ihr seltsames Verhalten ihn keineswegs, und das ließ Ella ein bisschen ruhiger werden. „Ich war gerade in der Gegend“, erklärte er. „Und da dachte ich, wir könnten kurz …“

„Das ist total nett, Coop“, unterbrach sie ihn, „aber lass uns doch irgendwo hingehen, wo wir ungestört reden können.“

„Klingt gut.“ Sein Blick verriet, dass er zu wissen glaubte, warum sie es so eilig hatte, hier wegzukommen. Reden stand ganz offensichtlich nicht ganz oben auf seiner Prioritätenliste.

Ein wohliges Kribbeln überlief sie.

Denk nicht einmal daran. Du musst einen kühlen Kopf bewahren.

Sie ging zur Tür, blieb jedoch stehen, als sie merkte, dass er ihr nicht folgte. Flehend wandte sie sich um. „Bitte! Meine Wohnung ist gleich um die Ecke. Ich habe auch Kaffee. Und Cupcakes.“

Ruby stand währenddessen mit verschränkten Armen da und sah sie so besorgt an, dass Ella sich ganz klein und dumm vorkam.

„Cupcakes? Das ist gut.“ Cooper lachte. „Ich liebe Cupcakes“, versicherte er, fasste sie bei den Ellenbogen und zog sie hoch, bis sie auf den Zehenspitzen stand. „Aber alles schön der Reihe nach.“ Er senkte den Kopf, bis seine Lippen ihren quälend nahe waren. „Bekomme ich denn keinen Begrüßungskuss?“

Und bevor sie auch nur antworten konnte, holte er sich seinen Begrüßungskuss, von dem ihr ganz schwindelig wurde.

Oh, ja, bitte.

Als ihre Zungen sich umspielten, wurden ihre Knie so weich, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte. Doch zum Glück hatte Coop seine Arme um ihre Taille geschlungen und hielt sie fest an sich gedrückt.

Schließlich löste er sich von Ella. „Lass uns gehen“, flüsterte er und küsste ihr Ohrläppchen. „Ich kann es kaum abwarten, deine Cupcakes zu probieren.“

„Du wirst sie lieben“, erwiderte sie mit einem vielversprechenden Lächeln. Sie war überzeugt davon, dass es noch mehr gab, was er kaum abwarten konnte.

Kurz winkte sie Ruby zu, die lautlos die Worte: „Sag es ihm!“ mit den Lippen formte.

Ein wenig ernüchtert nickte Ella.

„Nett, dich kennengelernt zu haben, Ruby. Ich bring dir Ella nachher wohlbehalten zurück, versprochen“, versicherte Cooper, öffnete die Tür und verließ mit Ella das Café. Der Himmel war voller dunkler Wolken. Offenbar braute sich ein Gewitter zusammen.

Doch das Wetter interessierte Ella nicht, sie platzte fast vor freudiger Erregung. Völlig unerwartet war Cooper Delaney hergekommen. Und sie konnte ihm von Angesicht zu Angesicht sagen, dass sie schwanger war. Jetzt, nachdem der erste Schreck überwunden war, wusste sie, dass es so am besten war. Auf diese Weise konnte sie ihn in Ruhe auf die Neuigkeiten vorbereiten. Ihm genau erklären, wie es passiert war und was es ihr bedeutete. Ihm klarmachen, dass er nichts mit dem kleinen Wesen, das da in ihr heranwuchs, zu tun haben musste, wenn er nicht wollte. Er hatte keine Verpflichtungen.

Aber sicherlich hatte es etwas zu bedeuten, dass er hergekommen war. Etwas Gutes. Er war extra bis nach London gekommen, um sie zu sehen, und hatte sie so innig geküsst. Noch immer knisterte es heftig zwischen ihnen. Und wie zärtlich er sie angesehen hatte. Wie er sie an sich gedrückt hatte …

Er hatte sie ebenso wenig vergessen wie sie ihn.

Cooper legte einen Arm um ihre Schultern. „Dann zeig mir mal, wo’s langgeht, meine ältere Geliebte“, neckte er sie und warf einen skeptischen Blick gen Himmel. „Und zwar am besten schnell, bevor wir noch nass werden.“

Und schon landete der erste dicke Tropfen auf ihrer Wange. „Ich wohne in der ersten Straße links“, erklärte Ella. Nach einem Donner fing es so zu schütten an, dass sie in wenigen Sekunden nass bis auf die Knochen war. Lachend löste sie sich aus seiner Umarmung. Ihre Haare klebten im Gesicht, und der Regen rann ihr in kleinen Rinnsalen in den Ausschnitt. „Komm, mein jugendlicher Liebhaber. Wer als Erster da ist“, sagte sie und rannte los.

Sie war sich sicher, dass alles gut werden würde. Heute konnte nichts Schlimmes passieren.

„Warte …“ Cooper rannte die Treppe hinauf, den Blick auf ihren knackigen Po in den klatschnassen Jeans geheftet. Auch ihm klebte das Hemd am Körper.

Er stolperte, fluchte und holte sie schließlich wieder ein. Im obersten Stockwerk angekommen, folgte er ihr in die kleine Wohnung, schlug die Tür hinter sich zu und ließ den Blick über die Kochnische, das kleine Wohnzimmer und die mit bunten Kissen bedeckte Couch schweifen. Dann schnappte er sich Ella, die lachte und strampelte, und ließ sie nicht wieder los.

„Hab dich.“ Genüsslich betrachtete er ihr herzförmiges Gesicht mit den großen blauen Augen, das ihn in seinen Träumen verfolgt hatte.

Vielleicht hatte er gar nicht gewusst, wie sehr er sie vermisst hatte.

„Und ich werde dich nicht so schnell wieder entkommen lassen“, verkündete er, obwohl sie sich kaum noch wehrte.

Er küsste sie innig, während er ihr das nasse T-Shirt hochzog, unter dem ihre feuchte, nach Zitronen duftende Haut zum Vorschein kam. Als er ihre üppigen Brüste umfasste, deren Spitzen sich seinen Händen durch den Stoff ihres BHs entgegenwölbten, seufzte sie erregt.

„Ich muss dir etwas sagen“, flüsterte sie. „Wir müssen reden.“

„Später.“ Er küsste ihre Unterlippe. „Erst will ich mit dir schlafen. Dann Cupcakes. Danach können wir reden.“ Er zog ihr das nasse T-Shirt über den Kopf und öffnete ihren BH. Dann betrachtete er ihre Brüste, die sich mit jedem Atemzug hoben.

„Wow, die sind noch toller, als ich sie in Erinnerung hatte.“ Er sah Ella an und bemerkte, wie sie errötete und sich ihre Pupillen sehnsüchtig weiteten.

Cooper umfasste ihre Brüste und leckte an einer der Knospen, lauschte Ellas Stöhnen und knabberte behutsam an der aufgerichteten Spitze. Er selbst war mittlerweile so erregt, dass der Stoff seiner Hose beinahe schmerzhaft spannte.

Ella warf den Kopf zurück und seufzte leise, als er heftiger zu saugen begann.

Zielstrebig tastete er nach dem Reißverschluss ihrer Jeans, zog ihn hinunter, schob seine Hand in ihren Slip und spürte, wie bereit sie für ihn war. Als er mit den Fingern zu ihrer empfindlichsten Stelle vordrang, bog sie sich ihm stöhnend entgegen und packte sein Handgelenk.

„Hör auf, sonst komme ich“, rief sie.

„Das ist doch der Sinn der Sache.“ Bei dem Gedanken, dass sie ihn zurückweisen könnte, wurde er von Panik ergriffen.

Doch sie sah ihn voller Verlangen an. „Ich will dich in mir spüren. Es ist so lange her.“

„Kein Problem“, antwortete er unendlich erleichtert. „Dann müssen wir uns nur noch ausziehen. Und zwar schnell.“

Hastig streiften sie ihre Kleidung ab, und endlich stand sie nackt vor ihm. Er umfasste ihre Hüften, drückte sie an die Wand, drängte sich zwischen ihre Beine und betrachtete ihre wundervollen Brüste. Sie hatte ein wenig zugenommen, aber das stand ihr sehr gut.

Cooper senkte den Kopf und küsste ihren Hals. Ihr Puls flatterte. Ihr betörender zitronig-würziger Duft umgab ihn, und er lächelte, als sie ihre Beine um seine Taille schlang und seinen Kopf mit den Händen umfasste.

„Ich habe keine Kondome“, sagte er und versuchte, klar zu denken, trotz des unbändigen Wunsches, in ihr zu versinken. Er war direkt von Flughafen zu ihr gefahren und nicht dazu gekommen, irgendetwas zu besorgen. Außerdem hatte er nicht damit gerechnet, dass das Wiedersehen so stürmisch werden würde. Ob er es riskieren konnte? Nur dieses eine Mal? Sie nahm doch die Pille. „Wäre es okay, wenn wir aufpassen? Keine ansteckenden Krankheiten, das schwöre ich.“

Er spürte, wie sie nickte, und hob den Kopf, um ihr in die Augen zu sehen. Ihr Blick ließ sein Herz zum Zerspringen klopfen.

Mehr musste er nicht wissen. Er umfasste ihren Po, hob sie ein wenig hoch und glitt mit einem Stoß ganz in sie hinein. Mit einem genüsslichen Stöhnen nahm sie ihn in sich auf und warf den Kopf zurück, als er begann, sich in ihr zu bewegen. Sein Verlangen war so groß, dass er sich nicht zurückhalten konnte. Es war, als hinge sein Leben davon ab.

Seufzend grub sie ihre Fingernägel in seinen Rücken. Er spürte, wie sie sich rhythmisch um ihn zusammenzog, und wusste, dass sie kam.

Noch nicht aufhören. Mach weiter.

Ihm war klar, dass auch er jeden Moment kommen würde, angefeuert von ihrem erfüllten Stöhnen, und er kämpfte gegen den unbändigen Drang an, in ihr zu bleiben.

Aufhören. Jetzt.

Mit äußerster Willenskraft entwand er sich ihr. Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und küsste ihren Hals. Mit einem letzten heftigen Aufbäumen ergoss er sich auf ihren Bauch.

„Wow, das war noch viel besser, als ich es in Erinnerung hatte.“

Als Ella wieder zu sich kam, spürte sie eine Hand in ihrem Haar und die andere an ihrer Wange. Als er sie mit seinen grünen Augen prüfend ansah, zog sich ihr Herz zusammen.

Sie nickte. Noch immer war sie ein wenig perplex, wie heftig ihr Höhepunkt gewesen war, der bis jetzt nicht komplett abgeebbt war. „Allerdings“, flüsterte sie mit einem leichten Lächeln.

„Komm.“ Er küsste sie auf die Stirn und hob sie hoch. „Lass uns duschen und dann Cupcakes essen.“

„Aber wir müssen noch miteinander reden“, murmelte sie.

„Klar. Aber erst möchte ich deine tollen Brüste einseifen.“

Lachend schlang sie ihre Arme um seinen Hals. Gerade war sie zu glücklich, um zu protestieren. Noch ein paar Minuten Zweisamkeit würden nicht schaden, um sich wieder aneinander anzunähern.

Er trug sie ins Bad und ließ sie hinunter, damit sie das Wasser andrehen konnte. Doch eine Hand ruhte weiter auf ihrer Hüfte, als fürchtete er, sie könnte ihm davonlaufen. Als sie daran dachte, wie sie damals weggegangen war, ohne sich bei ihm zu bedanken, bekam sie ein schlechtes Gewissen.

Gurgelnd und spritzend kam das Wasser aus dem Hahn. Der Strahl war dünn und drucklos.

„Bleibt das so?“, fragte Coop.

„Englische Leitungen“, antwortete sie lächelnd. „Das ist für hiesige Verhältnisse schon ein regelrechter Wasserfall.“

„Zumindest ist es warm“, befand er und schob Ella in die Kabine.

„Aber leider nicht lange.“

Coop nahm die duftende Kräuterseife von der Ablage und sah Ella herausfordernd an. „Dann fangen wir besser mal an“, beschloss er und seifte ihre Brüste ein. Als er seine Daumen über ihre aufgerichteten Brustknospen gleiten ließ, wallte erneut die Erregung in ihr auf.

Sie nahm ihm die Seife ab, um sich zu revanchieren. Zuerst widmete sie sich hingebungsvoll seinem festen, muskulösen Bauch und seinen Hüften. Dann umfasste sie ihn und spürte, wie er in ihrer Hand unter ihren Liebkosungen größer und härter wurde.

Schon wieder sehnte sie sich danach, ihn in sich zu spüren. Sie wollte fühlen, wie er tief in sie eindrang und sie dort berührte, wo ihr gemeinsames Baby heranwuchs.

Bald würde er es erfahren, und seine Reaktion konnte nur positiv sein, so gut und so richtig es sich jetzt anfühlte, ihm so nah zu sein.

„Es steht dir gut, dass du ein bisschen zugelegt hast“, riss er sie aus ihren Gedanken, während er ihre Brüste umfasste.

Sein beifälliger Blick machte ihr ein schlechtes Gewissen. Sie durfte nicht länger warten. Es war ihm gegenüber nicht fair und auch dem Kind gegenüber nicht. Sie trat einen Schritt zurück. „Lass uns aufhören. Es gibt etwas, das ich dir sagen muss.“

„Okay.“ Er stellte das Wasser ab und hielt sie am Handgelenk fest, als sie sich anschickte, aus der Dusche zu steigen. „Was ist los? Stimmt irgendetwas nicht?“

„Nein, es ist nur …“ Sie schluckte.

Noch nicht. Du musst es ihm schonend beibringen.

Sie sah an ihm hinunter. Auf keinen Fall konnte sie es ihm sagen, während er nackt und sichtbar erregt vor ihr stand.

„Ich brauche einen Moment.“ Sie entzog sich seinem Griff und ging zur Tür. „Sollen wir uns anziehen? Ich koche den versprochenen Kaffee, und dann sehen wir uns in ein paar Minuten im Wohnzimmer. Einverstanden?“

Er zuckte mit den Schultern, nahm ein Handtuch und schlang es um seine Hüften. „Okay.“

Rasch schlüpfte sie hinaus, bevor er es sich anders überlegte.

„Dann schieß mal los. Was ist denn so wichtig, dass wir das, was wir unter der Dusche angefangen haben, nicht zu Ende bringen konnten?“

Ella lächelte über seinen enttäuschten Tonfall und blickte von der Kuchenplatte auf.

Mit überkreuzen Beinen stand Coop an der Küchenzeile. Er trug nun ausgeblichene Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Sicher stammten die Sachen aus der Tasche, die er bei sich hatte. Hieß das, er war direkt vom Flughafen zu ihr gekommen? Der Gedanken verstärkte ihre Hoffnung, dass alles gut werden würde.

In keinem der Szenarien, die sie sich ausgemalt hatte, war seine Reaktion auf die Neuigkeiten freudig gewesen. Sicher würde es ein Schock für ihn sein, aber warum war sie die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es auf jeden Fall ein Debakel werden musste?

Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass er sie von sich aus in London besuchen würde und es noch so sehr zwischen ihnen funkte.

„Setz dich doch.“ Sie zeigte auf das Sofa. „Der Kaffee ist gleich fertig.“

Mit gequälter Miene sah er sie an. „Mir ist eigentlich nach etwas anderem als Kaffee“, erwiderte er und gab ihr einen Kuss. „Aber gut – wir machen, was du willst.“

Während er es sich auf dem Sofa gemütlich machte, versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen.

Nachdem sie das Tablett mit den Kirsch-Schoko-Cupcakes auf den Couchtisch gestellt und Coop seinen Kaffee eingeschenkt hatte, nahm sie schließlich ihm gegenüber Platz.

„Ich trinke ihn schwarz“, sagte er, und plötzlich wurde ihr klar, dass sie so gut wie nichts über ihn wusste. Ihre Nervosität steigerte sich ins Unerträgliche.

Nicht kneifen.

Sie trank einen großen Schluck von dem Fencheltee, den sie sich gekocht hatte. „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll …“

Cooper nahm sich einen Cupcake. „Wie wär’s, wenn du mir als Erstes erklärst, warum du damals einfach abgehauen bist?“

„Das bin ich nicht“, widersprach sie, verwundert über seinen leicht gereizten Ton. „Als ich aufgewacht bin, warst du weg. Ich habe angenommen, du wärst abgehauen.“

„Ach so. Echt?“ Er sah sie verdutzt an.

„Ja. Und es war mir ein wenig unangenehm, deiner Freundin Josie zu begegnen. Wer ist das eigentlich? Sie scheint dich ja sehr gut zu kennen.“

Schmunzelnd sah er sie an. „Bist du eifersüchtig?“

Ella spürte, wie ihre Wangen sich verfärbten.

Er lachte. „Josie ist wie eine kleine Schwester. Eine nervige kleine Schwester. Kein Grund zur Eifersucht.“

„Ich habe nicht gesagt, dass ich eifersüchtig bin.“

„Soso.“ Als er ihr einen vielsagenden überlegenen Blick zuwarf, musste sie lachen. Ihre Beklommenheit legte sich.

Entspannt biss Coop in einen Cupcake. „Mmm, sehr lecker.“ Mit ein paar Bissen hatte er den kleinen Kuchen verspeist. „So, und nun erzähl, was du mir Wichtiges zu sagen hast. Damit wir schnell wieder unter die Dusche zurück können.“

Wieder errötete sie. „Also, das ist nicht so einfach …“

Autor

Ally Blake
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