Das Glück in deinen Augen

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Penny hat sich in ihren Ranchmanager verliebt. Schon nach Jakes erstem Kuss unterm Mistelzweig ist es um sie geschehen. Doch dann taucht die schöne Angela auf und behauptet, dass Jake sie nur umwirbt, um die Ranch zu bekommen. Wahrheit oder Lüge?


  • Erscheinungstag 21.11.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733728533
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Die beiden attraktiven jungen Frauen hielten sich an den Händen, während sie mit tränenüberströmten Gesichtern an den Gräbern ihrer Eltern standen.

„Wenigstens mussten sie nicht leiden“, flüsterte die Blondine, deren Haar in der Morgensonne glänzte wie gesponnenes Gold.

„Das stimmt. Aber sie waren viel zu jung zum Sterben“, wandte die Brünette ein.

„Jetzt besteht die Familie nur noch aus uns beiden. Wir müssen zusammenhalten, wenn es weitergehen soll.“

„Ja. Das hätten sie sich von uns gewünscht.“

Das Gespräch wurde von den Stadtbewohnern von Bailey, die ihr Beileid zum Ausdruck bringen wollten, unterbrochen. Die beiden Cousinen standen dicht beieinander und schüttelten ihren Nachbarn und Freunden die Hände.

Der Tod ihrer Eltern hatte sie wie ein Blitzschlag getroffen. Während der Heimfahrt von einem Fußballspiel in Denver waren sie frontal mit einem Lastwagen zusammengeprallt, der auf die Gegenspur geraten war. Der tragische Verlust hatte alle erschüttert.

„Ihr müsst uns Bescheid geben, wenn ihr irgendetwas braucht. Ihr seid zu jung, um ganz allein auf der Welt zu sein“, bemerkte eine Nachbarin.

Die beiden jungen Frauen tauschten einen verwunderten Blick, bedankten sich aber höflich für den Rat. Sie waren beide fünfundzwanzig und somit alt genug, um auf eigenen Beinen zu stehen.

Auch von anderen Leuten erhielten sie Angebote zur Unterstützung, aber sie waren entschlossen, ohne fremde Hilfe auszukommen. Denn sie glaubten fest daran, einen unumstößlichen Plan für ihr weiteres Leben und die Fortsetzung der Familientradition parat zu haben.

Allerdings wussten sie nun auch, dass sich manchmal alles ganz anders entwickelte. Schließlich hatten sie nicht voraussehen können, ihr weiteres Leben ohne Angehörige zu meistern.

1. KAPITEL

Penny Bradford eilte hinunter zu der Baracke, in der die Rancharbeiter wohnten. Sie musste dringend mit ihrem Verwalter Gerald Butler reden.

Penny war sehr froh, dass ihr der treue Vormann ihres Vaters zur Seite stand, denn sie verstand nichts von der Führung einer Ranch. Nachdem ihr Bruder mit sechzehn Jahren bei einem Viehtrieb tödlich verunglückt war, hatte ihr Vater sie aus Angst um ihr Wohlergehen von den Arbeitsabläufen ferngehalten und verhätschelt wie eine Prinzessin. Umso mehr litt sie unter dem tragischen Tod ihrer Eltern.

Doch nun war es an der Zeit, dass sie die Ranch zu leiten lernte, und Gerald war bereit, es ihr beizubringen. Eigentlich war sie erst am späten Vormittag zu ihrer ersten Lektion mit ihm verabredet, doch es gab etwas Dringendes zu besprechen, was sie veranlasste, ihn früher aufzusuchen.

Sie erreichte die Baracke und wollte gerade an die Tür klopfen, als lautes Gelächter von drinnen ertönte.

Und dann hörte sie Gerald verkünden: „Ich sehe ja gar nicht ein, warum ich nicht damit weitermachen soll. Wenn ich ihren Dad täuschen konnte, ist es bei ihr erst recht ein Kinderspiel. Sie wird nicht mal ahnen, dass ich absahne. In den letzten vier Jahren habe ich jeweils über fünfzigtausend beiseitegeschafft.“

Schockiert schlich Penny sich davon. Sobald sie wieder im Ranchhaus war, griff sie zum Telefon und rief ihre Cousine an. „Oh, Sally, Gott sei Dank, dass du da bist! Ich habe gerade mit angehört, wie Gerald prahlt, dass er Dad Jahr für Jahr um mindestens fünfzigtausend Dollar geprellt hat! Was soll ich bloß tun?“

„Oje! Das ist ja furchtbar! Da bleibt dir nichts anderes übrig, als ihn fristlos zu feuern. Offensichtlich kann man ihm nicht über den Weg trauen. Aber pass gut auf, dass er verschwindet, ohne etwas mitzunehmen, das zur Ranch gehört. Schaffst du das?“

„Ja, auf jeden Fall, schon aus lauter Wut darüber, dass er meinen Vater so mies behandelt hat. Aber das Problem ist, was ich dann anfangen soll. Ich verstehe doch nichts von Viehwirtschaft. Du weißt ja, dass Dad mir nichts beibringen wollte, aus Angst, mir könnte etwas zustoßen. Gerald ist der Einzige, der sich hier auskennt.“

„Du brauchst Hilfe, das steht fest. Lass mich nachdenken …“ Nach einer kurzen Pause fragte Sally: „War dein Vater nicht mit Dexter Williams befreundet? Er ist der größte Rancher in der Gegend. Vielleicht kann er dir einen vertrauenswürdigen Mann empfehlen.“

„Gute Idee. Danke. Bisher konnte ich noch keinen klaren Gedanken fassen. Am besten rufe ich erst mal den Sheriff an. Ich glaube zwar nicht, dass man Gerald etwas nachweisen kann, aber zumindest will ich ihm Beine machen.“

„Gut. Lass mich wissen, was passiert, ja? Halte mich unbedingt auf dem Laufenden.“

„Das mach ich. Danke, Sally. Ich melde mich wieder.“ Penny legte den Hörer auf, holte tief Luft und schickte sich an, ihre erste große Herausforderung als Ranchbesitzerin anzunehmen.

„Vielen Dank, Mr. Williams, dass Sie sich Zeit für mich nehmen. Ich weiß, Sie und mein Vater waren gut befreundet, und nun brauche ich Ihren Rat.“

„Natürlich. Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Ich brauche einen Verwalter, der für Ehrlichkeit ebenso bekannt ist wie für seine Fähigkeiten als Rancher und der bereit ist, mich auf diesem Gebiet zu unterrichten.“

„Hm, das ist sehr viel verlangt, meine Liebe. Was ist denn mit Gerald?“

„Ich musste ihn fristlos entlassen, weil er meinen Vater übers Ohr gehauen hat. Jetzt brauche ich dringend einen Ersatz für ihn.“

„Das tut mir leid zu hören. Anständige gute Verwalter sind rar.“ Doch ganz plötzlich erhellte sich Mr. Williams Miene. „Aber vielleicht habe ich genau den richtigen Mann für Sie. Er hat durchaus die Qualifikation für einen Verwalter, aber ich habe keine offene Stelle für ihn.“

„Wer ist es denn?“

„Jake Larson. Da wäre nur eine Sache …“ Der alte Mann schmunzelte, während er nach den richtigen Worten suchte. „Er steht in dem Ruf, ein … na ja, ein Schürzenjäger zu sein. Also sollten Sie lieber Abstand zu ihm halten.“

„Ach, das ist bestimmt kein Problem, solange ich ihm die Ranch anvertrauen kann.“

„In dieser Hinsicht ist er völlig vertrauenswürdig. Wenn es Ihnen recht ist, schicke ich ihn gleich morgen früh zu Ihnen.“

„Ja, gern. Ich weiß Ihre Hilfe sehr zu schätzen, Mr. Williams.“

„Es freut mich, wenn ich Ihnen helfen kann, Penny. Sagen Sie mir unbedingt Bescheid, wenn ich noch etwas für Sie tun kann.“

„Vielen Dank. Das werde ich.“ Erleichtert verabschiedete sie sich. Es freute sie, dass eine Lösung ihres Problems in Aussicht stand, und sie brannte darauf herauszufinden, was für ein Mensch dieser Jake Larson war.

Mit grimmiger Miene marschierte Jake zum Ranchhaus hinauf, klopfte an die Tür und wartete. Er hoffte, dass es Dexter war, der ihn zu sprechen wünschte, und nicht dessen wesentlich jüngere Ehefrau Angela.

Sie stellte Jake schon den ganzen Sommer über unverhohlen nach, sodass er schon seit geraumer Zeit mit seiner Entlassung rechnete. Es war nicht fair, da er keinerlei Interesse an der Frau hegte, aber es gelang ihm einfach nicht, ihr das klarzumachen. Noch schlechter standen die Chancen, seine Integrität ihrem Ehemann gegenüber zu beweisen und ihn zu überzeugen, dass ihr ungebührliches Verhalten nur einseitig war.

Dexter öffnete die Haustür. „Kommen Sie herein.“

„Danke, Sir.“

„Gehen wir in mein Büro. Da können wir in Ruhe reden.“

Ich kann wohl von Glück sagen, dachte Jake, wenn er mir überhaupt ein Empfehlungsschreiben mit auf den Weg gibt.

Sobald sie Platz genommen hatten, eröffnete ihm Dexter die Lage. „Wir wissen beide, dass die Dinge nicht so weitergehen können wie bisher. Ich will Sie nicht rauswerfen, weil Sie ein guter Mann sind. Es wäre nicht fair. Aber ich habe eine neue Anstellung für Sie gefunden.“

Jake hob den Kopf und starrte seinen Boss an. „Für gewöhnlich suche ich mir meine Jobs selbst.“

„Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Sie tun mir einen großen Gefallen, wenn Sie diesen Posten annehmen. Die Tochter eines guten Freundes, der kürzlich verstorben ist, braucht einen neuen Verwalter, der ihr gleichzeitig beibringt, wie man die Ranch leitet. Ich denke, Sie sind dazu befähigt.“

Jake runzelte die Stirn. Bereits seit geraumer Zeit hoffte er auf eine derart verantwortungsvolle Anstellung. So gesehen war es eine großartige Nachricht. Eine Frau im Ranchwesen zu unterrichten, sagte ihm allerdings überhaupt nicht zu. „Ich bin nicht sicher, ob ich der Richtige für den Job bin.“

„Das sind Sie ganz bestimmt. Und wir wissen beide, dass Sie nicht hierbleiben können.“

„Ja, aber … welche Ranch ist es denn?“

„Die Rocking B, am anderen Ende der Stadt. Es ist ein guter Betrieb, aber die Tochter meines Freundes hat erst jetzt herausgefunden, dass der bisherige Verwalter vier Jahre lang Gewinne unterschlagen hat.“

„Ist das die Ranch mit dem Brandzeichen, das wie ein Hut aussieht?“

„Genau die.“

„Na ja, ich kann ja mal mit der Frau reden.“

„Gut. Sie werden schon erwartet. Packen Sie gleich Ihre Sachen. Ich sage meiner Frau, dass Sie weitergezogen sind.“

„Ja, Sir.“ Jake dachte sich, dass es nichts schaden konnte, mit der Lady über den Job zu reden. Wenn ihm das Angebot nicht zusagte, konnte er immer noch weiterziehen. Er hatte etwas Geld gespart und konnte sich davon ein paar Monate über Wasser halten.

Als er in die Baracke zurückkehrte, waren die anderen Männer schon zu ihren jeweiligen Einsatzorten aufgebrochen. Sie alle kannten die Sachlage und würden sich daher über Jakes Verschwinden nicht weiter wundern.

Jake brauchte nicht lange, um seine Habseligkeiten zu packen. Der wichtigste Besitz war sein Pferd. Apache war seit vier Jahren sein verlässlicher Partner, es war gut ausgebildet und zog häufig Kaufinteressenten an, aber Jake wollte sich von dem wertvollen Tier nicht trennen.

Sein Pick-up und der Pferdeanhänger waren gut erhalten und konnten sich an jedem neuen Arbeitsplatz als nützlich erweisen.

Ebenso sorgsam wie liebevoll verlud er Apache, warf seine Habseligkeiten auf den Rücksitz und machte sich auf den Weg zur Rocking B.

Penny wanderte in der Küche umher, während sie darauf wartete, dass Jake Larson zu seinem Einstellungsgespräch erschien. Sie rechnete damit, dass er jeden Augenblick eintraf, und hoffte, dass sie eine beidseitig zufriedenstellende Regelung fanden. Sie wusste so wenig von den Entscheidungen, die sie künftig treffen musste. Sie war bereit, fleißig zu lernen, aber sie brauchte dringend jemanden, der sie dabei unterstützte.

Sie hörte ein Fahrzeug in die lange Auffahrt biegen und spähte aus dem Fenster. Ein Pick-up mit Anhänger hielt vor ihrem Haus. Mit angehaltenem Atem, hinter der Gardine versteckt, beobachtete sie, wie sich die Fahrertür öffnete und ein großer, schlanker Mann ausstieg. Da er ja angeblich ein Schürzenjäger sein sollte, wollte sie von vornherein klarstellen, dass sie sich nicht für ihn interessierte.

Während er sich dem Haus näherte, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass sie ihn nicht als „hübschen Jungen“ bezeichnet hätte. Er besaß ein markantes Aussehen, das viele Frauen reizen mochte, aber nicht Penny. Umso besser, dachte sie. Schließlich suchte sie einen Lehrmeister und keinen Liebhaber.

Sie wartete, bis er an die Hintertür klopfte, bevor sie tief Luft holte und ihm öffnete. „Ja, bitte?“

„Ich bin Jake Larson. Mr. Williams hat mir gesagt, dass ich mich wegen einer Anstellung, die hier zu vergeben ist, vorstellen soll.“

„Ja, das ist richtig. Mein Name ist Penny Bradford. Kommen Sie doch herein, Mr. Larson.“ Sie wich zurück, damit er eintreten konnte. „Möchten Sie einen Kaffee?“

„Ja, bitte.“

Zumindest hat er gute Manieren, dachte sie, während sie für ihn wie für sich selbst einen Becher einschenkte. Dann bot sie ihm einen Platz am Tisch an und setzte sich ihm gegenüber. „Ich hoffe, Mr. Williams hat Ihnen gesagt, dass Sie mich auch unterrichten müssten. Ich verstehe nicht viel vom Ranchbetrieb.“

„Ja, Ma’am, das hat er erwähnt. Und ich bin nicht sicher, ob ich der Richtige für diesen Job bin. Ich bin nicht daran gewöhnt, das Wie und Warum meiner Arbeit zu erklären.“

„Das kann ich gut verstehen, Mr. Larson, aber ich fürchte, dass dieser Aspekt für die Anstellung unumgänglich ist.“

„Wenn Sie mir zutrauen, die Ranch zu verwalten, warum wollen Sie es dann unbedingt selbst erlernen?“

„Weil ich glaube, dass ich die Arbeit ebenso gut kennen muss wie Sie. Sonst kann ich meine Meinung nicht dazu äußern.“

„Aber Ihnen ist doch hoffentlich klar, dass ich Ihnen nicht in ein paar Wochen beibringen kann, was ich alles weiß. Das dauert wesentlich länger.“

„Ich verstehe. Aber irgendwo muss ich ja anfangen.“

Für einige Sekunden starrte er sie brütend an. Der Ausdruck in seinen braunen Augen war schwer zu deuten.

Schließlich streckte er eine Hand über den Tisch aus. „Nun gut, Miss Bradford, wenn Sie mich wollen, nehme ich den Job an.“

Glücklich schüttelte sie ihm die Hand, und sein kraftvoller Händedruck gefiel ihr. „Das freut mich. Darf ich Ihnen Ihr Quartier zeigen?“

„Gern, Ma’am.“

Penny stand auf und ging voraus zur Baracke. Am Vortag, nach dem Gespräch mit Dexter Williams, hatte sie ein separates Zimmer auf der Rückseite des Gebäudes hergerichtet.

„Das ist die Unterkunft des Verwalters. Ich hoffe, dass Sie damit zufrieden sind. Lassen Sie es mich wissen, falls Sie noch etwas brauchen. Ihre Schmutzwäsche können Sie in diesen Korb hier legen. Ich werde eine Haushälterin einstellen, die sich einmal pro Woche darum kümmert.“ Penny holte tief Luft und fügte hinzu: „Falls Sie einen der Cowboys bei einem Diebstahl erwischen, dann zögern Sie nicht, ihn zu feuern.“

„Ja, Ma’am.“

„Sagt Ihnen das Quartier zu?“

„Ja, Ma’am.“

„Dann lasse ich Sie jetzt allein. Die Männer kehren bei Sonnenuntergang zurück. Nur Cookie trifft für gewöhnlich früher ein. Er ist als Koch eingeteilt.“

„Okay.“

Sie nickte ihm zu und ging, bevor sie noch auf die Idee kam, mit „Ja, Sir“ auf sein ständiges „Ja, Ma’am“ zu antworten.

Während sie die Grasfläche zwischen der Baracke und dem Haupthaus überquerte, dachte sie inbrünstig: Hoffentlich macht dieser Mr. Larson seine Sache gut und kann mir viele Jahre lang als Mentor zur Seite stehen.

Jake beobachtete, wie Penny zum Ranchhaus zurückkehrte. Sie wirkte furchtbar jung auf ihn. Vielleicht lag es an ihrem Vornamen, der ihn an ein Kind denken ließ. Nicht, dass sie wie ein kleines Mädchen aussah. Die Rundungen ihres Körpers waren eindeutig weiblich.

Aber er beabsichtigte nicht, Interesse an ihr zu entwickeln. Romanzen und Rancharbeit waren für ihn unvereinbar. Diese Lektion hatte er gelernt. Daher musste er ihr wie auch sich selbst jeglichen Flirt schon im Ansatz versagen.

Kritisch blickte er sich in seinem neuen Zimmer um. Es sagte ihm zu. Vor allem gefiel es ihm, einen Raum ganz für sich allein zu haben. Er war es leid, Schlafsäle mit vielen anderen Männern teilen zu müssen. Wenn auch noch die Verpflegung passabel war, konnte er sich glücklich schätzen.

Bevor er es sich in seinem Zimmer gemütlich machte, ging er hinaus, lud Apache aus dem Anhänger und brachte ihn auf die nächste Koppel. „Du wirst dich hier bestimmt wohlfühlen, mein Junge.“ Er tätschelte dem Tier den Hals. „Ich komme nachher wieder.“

Jake prüfte, ob sich frisches Wasser in der Tränke befand, bevor er in sein Zimmer zurückkehrte und seine Sachen wegräumte. Dass ihm die Wäsche gewaschen wurde, war ihm sehr recht. Außerdem stand ein Schreibtisch unter dem Fenster, an dem er bequem jeglichen Papierkram erledigen konnte.

Aufmunternd redete er sich ein, dass er der Aufgabe des Verwalters sicherlich gewachsen war. Und so schwer durfte es doch nicht sein, Penny Bradford in die wesentlichen Aufgaben ihrer Ranch einzuführen, schließlich liebte er seinen Job über alles.

Penny aß nur wenig zu Mittag und setzte dann ihre Arbeit in der Küche fort. Sie erwartete eine Bewerberin für die Stellung der Haushälterin. Zwar war sie ihrer Mutter immer zur Hand gegangen und daher durchaus fähig, alles allein zu erledigen. Aber da sie künftig den Tag im Sattel zu verbringen gedachte, blieb ihr nicht genug Zeit, um alles in Ordnung zu halten und zu kochen. Eine Hilfskraft war also unumgänglich.

Dennoch war sie sich nicht sicher, ob sie es ertrug, ständig mit einer fremden Person unter einem Dach zu leben. Sie war zwar daran gewöhnt, das Haus mit ihren Eltern und ihrem Bruder zu teilen, aber mit niemandem sonst. Daher war sie nervös.

Ein Fahrzeug bog in die Auffahrt ein. Durch das Fenster begutachtete sie die Frau, die ausstieg: um die fünfzig, ein klein wenig übergewichtig und durchaus sympathisch.

Wie schon am Morgen bei Jake Larsons Eintreffen, öffnete Penny die Tür erst, nachdem geklopft worden war.

„Guten Tag“, wünschte die Frau freundlich. „Ich bin Harriet Buckner.“

„Penny Bradford. Guten Tag. Kommen Sie doch herein.“

„Was für eine wundervolle Küche!“

„Ja. Mein Vater … hat sie erst im vergangenen Jahr für … für meine Mutter renovieren lassen.“

„Oh. Ich habe von Ihrem Verlust gehört. Es tut mir ja so leid für Sie!“

„Danke. Ich habe meiner Mutter im Haushalt und beim Kochen geholfen, aber von jetzt an werde ich jeden Tag mit meinem neuen Verwalter ausreiten, um die Ranch besser kennenzulernen. Da würde es mich überfordern, auch noch zu kochen und zu putzen. Deshalb suche ich eine Haushälterin, die das alles selbstständig erledigt.“

Mrs. Buckner nickte. „Ich habe schon als kleines Mädchen kochen und backen gelernt, das macht mir großen Spaß. Und ich putze sehr gründlich. Gibt es noch irgendwelche besonderen Aufgaben, die Sie erledigt haben möchten?“

„Eigentlich nicht. Allerdings habe ich dem neuen Verwalter gesagt, dass Sie seine Wäsche machen werden. Und vielleicht könnten Sie gelegentlich für die Männer etwas backen?“

„Natürlich, gern. Werden nur Sie und ich die Mahlzeiten hier im Haus einnehmen?“

Penny nickte. „Es sei denn, ich habe Gäste. Meine Cousine und ich besuchen einander, so oft es nur geht. Oder vielleicht lade ich den Verwalter gelegentlich zum Essen ein, damit ich ihm dabei ein paar Fragen über den Betrieb stellen kann. Ich bin eine blutige Anfängerin, was die Rancharbeit angeht.“

„Ich verstehe. Ich kann ja am Abend vorsichtshalber immer für drei Personen kochen. Wenn etwas übrig bleibt, esse ich es am nächsten Tag zu Mittag, damit nichts weggeworfen werden muss.“

„Eine gute Idee. Meinen Sie, dass Ihnen die Stellung zusagt?“

„Ja. Es klingt perfekt.“

Penny atmete auf. „Dann zeige ich Ihnen Ihr Zimmer.“ Sie ging voraus zum Gästezimmer im ersten Stock und öffnete die Tür. „Das ist Ihr Reich. Es hat ein eigenes Badezimmer.“

„Oh, wie hübsch! Ich werde mich hier sehr wohlfühlen.“

„Gut. Müssen Sie zurück nach Trinity fahren, um Ihre Sachen zu holen?“

Mrs. Buckner errötete. „Nein. Ich habe schon alles mitgebracht. Wissen Sie, der Rancher, für den ich bisher gearbeitet habe, wollte mich heiraten. Dabei ist seine Frau erst vor einem Monat gestorben! Offensichtlich wollte er sich meine Dienste sichern, ohne dafür bezahlen zu müssen.“

„Das war bestimmt sehr unangenehm.“

„Allerdings. Daher bin ich sehr froh, dass Sie mir diese Stelle anbieten. Ich werde mein Bestes geben. Sie brauchen mir nur zu sagen, was ich tun soll.“

„Gut. Um mein Schlafzimmer kümmere ich mich selbst. Sie sind nur für die untere Etage zuständig.“

„In Ordnung. Wann möchten Sie das Frühstück auf dem Tisch haben?“

„Ich habe ganz vergessen, meinen neuen Verwalter zu fragen, wann er morgen aufbrechen will. Ich gehe ihn gleich mal fragen.“

Penny verließ das Haus und lief zur Baracke, fand dort jedoch niemanden vor. Sie schaute in die große Scheune, die als Heuschober und Unterstand für verletzte oder kranke Pferde und Rinder diente. Auch dort traf sie keine Menschenseele an.

Doch dann ertönte die faszinierend tiefe Stimme ihres neuen Verwalters von der nahen Koppel.

Penny trat hinaus an die frische Luft und sah ihn ein Pferd tätscheln. „Ein schönes Tier. Gehört es Ihnen?“

Überrascht drehte Jake sich herum. Anscheinend hatte er sie nicht kommen gehört. „Ja. Er heißt Apache. Ich habe ein bisschen Heu für ihn aus der Scheune genommen. Kann ich ihn hier stehen lassen?“

„Natürlich. Im Winter stellen die Männer ihre Reitpferde für gewöhnlich immer hierher. Das macht es viel einfacher, sie zu füttern und frühmorgens aufzubrechen.“

„Das dachte ich mir auch.“

„Ich wollte Sie fragen, um welche Zeit Sie anfangen wollen.“

„Jetzt im Winter wird es gegen sieben hell. Dann sollten Sie im Sattel sitzen. Können Sie überhaupt reiten?“

„Ja, sogar ganz ordentlich. Das ist das Einzige, was mein Vater mir beigebracht hat.“

„Okay. Dann sehen wir uns um sieben.“

„Nehmen wir uns das Mittagessen mit?“

„Möchten Sie gern, dass wir ein Picknick zusammen veranstalten?“, hakte er mit sarkastischem Unterton nach.

Penny versteifte sich. „Ich habe keineswegs an ein Picknick gedacht. Aber ich bin es gewohnt, zu Mittag etwas zu essen, und wollte keine Zeit damit verschwenden, zum Haus zurückzukehren.“

„Dann bringen Sie sich ruhig etwas mit. Aber Sie müssen im Sattel essen. Ich mache keine Mittagspause.“

„Prima. Bis morgen früh.“

Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern machte auf dem Absatz kehrt. Mit zusammengebissenen Zähnen marschierte sie zum Haus zurück. Was bildete der Mann sich eigentlich ein? Glaubte er etwa im Ernst, dass sie sich ein Tête-à-Tête mit ihm erhoffte? Dann täuschte er sich aber ganz gewaltig.

2. KAPITEL

Penny klopfte an die offene Tür des Gästezimmers. „Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“

Mrs. Buckner räumte gerade ihre Kleidung in den Schrank. „Ja, danke. Was hat der Verwalter gesagt?“

„Um sieben geht es los. Er heißt übrigens Jake Larson. Aber erwarten Sie nicht, dass er besonders freundlich ist.“

„Ist er das nicht? Wieso haben Sie ihn dann trotzdem angeheuert?“

„Mir wurde versichert, dass er ehrlich ist. Allerdings wurde mir vorsorglich auch mitgeteilt, dass er sich für einen Frauentyp hält. Anscheinend ist die Warnung berechtigt. Als ich ihn gefragt habe, ob ich morgen etwas zum Mittagessen mitbringen soll, hat er doch glatt gedacht, dass ich ein romantisches Picknick mit ihm veranstalten will!“

„Und das hätte ihm gefallen?“

Penny runzelte die Stirn. „Nein. Er hat es sarkastisch gemeint, als ob es das Allerletzte wäre, was er sich wünscht.“

Autor

Judy Christenberry
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