Baccara Extra Band 25

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VERFÜHR NIEMALS DEINEN BOSS von YVONNE LINDSAY
Seit ihr Boss plötzlich verschwand, muss Sophie für dessen Partner Zach Lassiter arbeiten. Schon bald ist Sophie sich sicher, dass er etwas vor ihr verbirgt. Um hinter sein Geheimnis zu kommen, beschließt sie, ihn zu verführen. Ein gewagter Plan, denn Zach ist einfach viel zu sexy!

EIN KÖNIGREICH FÜR DEINE KÜSSE von KATHERINE GARBERA
Sobald er den Thron besteigt, ist das freie Leben für Rafe Montoro vorbei! Auch eine Nacht der Lust wie mit der heißen Barkeeperin Emily darf nicht mehr sein. Kurz vor seiner Rückreise nach Europa offenbart sie ihm die süßen Folgen. Nun muss Rafe sich entscheiden: Königsthron– oder Liebe?

GEHEIMNIS EINER HEISSEN SOMMERNACHT von MAUREEN CHILD
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WIE SEXY DARF EIN MILLIARDÄR SEIN? von SARAH M. ANDERSON
Trish weiß, dass Nate Longmire und sie Welten trennen und daher sich Gefühle für ihn nicht lohnen. Aber der Milliardär ist einfach zu sexy! Plötzlich bittet er Trish, die Nanny für seine Nichte zu sein. Wird seine ständige Nähe eine Chance für die Liebe oder nur ein gebrochenes Herz bringen?


  • Erscheinungstag 15.06.2021
  • Bandnummer 25
  • ISBN / Artikelnummer 9783751501873
  • Seitenanzahl 496
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Yvonne Lindsay, Katherine Garbera, Maureen Child, Sarah M. Anderson

BACCARA EXTRA BAND 25

1. KAPITEL

Fünf Minuten später als gewöhnlich stürzte Sophie in ihr Büro. Wie sie es hasste, zu verschlafen und sich derart abhetzen zu müssen! Nicht einmal für ihren Kaffee und ihren Bagel hatte sie Zeit gehabt. Während sie sich durch das kurze blonde Haar fuhr, warf sie einen schnellen Blick auf die Verbindungstür zu Zachs Büro. Sie war offen! Also war er bereits da – wie peinlich.

Zum wiederholten Mal war Zach Lassiter vor ihr im Büro. Das war gar nicht gut. Nicht wenn sie alles perfekt machen wollte. Vor allem aber deshalb nicht, weil sie gern die Zeit gehabt hätte, sich etwas genauer in seinem Büro umzusehen. Denn er verbarg irgendetwas vor ihr, das wusste sie ganz genau.

Sie ließ die Schultertasche auf die Schreibtischecke gleiten – zumindest hatte sie das vorgehabt. Aber die Tasche kippte, fiel auf den weichen Teppich, und der ganze Inhalt fiel heraus. „Verd…!“, fluchte sie leise, und obwohl sie seit gut vier Jahren nicht mehr zu Hause wohnte, konnte sie den strafenden Blick ihrer Mutter förmlich spüren. Zwar war sie in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, aber ihre Mom hatte immer großen Wert auf gutes Benehmen gelegt. Eine Dame fluchte nicht.

Sophie ließ sich auf die Knie nieder und sammelte schnell alles wieder ein, wobei sie darauf achtete, jedes Ding an seinen Platz zurückzustecken. Alles musste seine Ordnung haben, das war ihr sehr wichtig. Zärtlich strich sie über ein zerknittertes Foto, das sie immer in einer Seitentasche aufbewahrte. Wie jung Suzie und sie damals gewesen waren, wie unschuldig! Und doch waren sie Opfer der äußeren Umstände geworden.

Sie musste ihre Halbschwester unbedingt wiederfinden, das hatte sie sich geschworen. Und sie machte Fortschritte. Der Privatdetektiv, den sie engagiert hatte, hatte von einer neuen Spur gesprochen. Kein Wunder, dass sie in der vergangenen Nacht vor Aufregung nur schwer hatte einschlafen können und an diesem Morgen das Klingeln des Weckers überhört hatte. Plötzlich hörte sie ein leises Geräusch und drehte sich hastig um.

„Niedliche Kinder.“ Zach stand hinter ihr und warf ihr sein Killerlächeln zu, das sie immer wieder aufs Neue erschauern ließ. Ihre Hand zitterte, als sie den Becher Kaffee entgegennahm, den er ihr reichte.

„Danke“, brachte sie mühsam heraus und versuchte, sich gegen die fatale Wirkung zu wappnen, die er auf sie hatte. Aber selbst nach eineinhalb Jahren war sie nicht fähig, sich gegen das heiße Verlangen zu wehren, das sie jedes Mal in seiner Gegenwart überkam. Das war schon schlimm genug gewesen, als sie nur im selben Bürokomplex gesessen hatten. Aber jetzt arbeitete sie mit ihm zusammen, was die ganze Sache nicht gerade erleichterte.

„Eigentlich hätte ich Ihnen Kaffee machen sollen“, sagte sie leise. „Tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin.“

„Ist doch egal. Sind Sie das?“ Er wies auf das Foto.

Es war ein typischer Schnappschuss, wie er irgendwann von allen Kindern gemacht wurde. Zwei Schwestern, die ältere steht hinter der jüngeren, lächelt und zeigt ihre Zahnlücke. Beide haben kurze Zöpfchen, die vom Kopf abstehen, und einen geraden Pony. Die Ältere der beiden guckt ernst; die Kleine, damals gerade mal vier Jahre alt, scheint von irgendetwas abgelenkt zu sein und sieht nicht direkt in die Kamera. Sophie hatte die Situation noch genau vor Augen, konnte förmlich die zierlichen knochigen Schultern von Susannah unter den Händen spüren, empfand die Wärme des kleinen Körpers, der sich vertrauensvoll an sie schmiegte.

„Ja, das sind meine jüngere Schwester und ich.“

„Seht ihr euch oft?“

„Nicht mehr.“

Kurz nach der Aufnahme war Suzies Vater, Sophies Stiefvater, den sie sehr geliebt hatte, gestorben. Da ihre Mutter finanzielle Schwierigkeiten hatte und nicht für beide Mädchen sorgen konnte, war Suzie zu ihrer Tante, der Schwester ihres Vaters, gekommen. Diese Tante, die wohlhabend und auch verwitwet war, hatte das Kind mit offenen Armen aufgenommen und wenig später adoptiert. In dem Glauben, dass es für die Kinder das Beste sei, hatte man den Kontakt zwischen beiden Familien so gut wie abgebrochen. Seit gut zwanzig Jahren hatten die Schwestern sich nicht mehr gesehen. Und immer wieder spürte Sophie diese Leere in sich, obwohl sie gelernt hatte, sich nichts anmerken zu lassen.

Noch einmal strich sie zärtlich die geknickten Ecken des Fotos glatt. Dann verstaute sie es wieder sorgfältig in ihrer Tasche, die sie in der untersten Schreibtischschublade einschloss. Das war vielleicht ein bisschen albern, denn was sollte in dieser kleinen texanischen Stadt schon passieren? Doch Sophie war nicht der Typ, der Risiken einging.

Damit ist das Thema Schwester wohl abgeschlossen, dachte Zach. „Und was haben Sie heute zu tun?“

Sophie erklärte kurz, was sie sich für diesen Tag vorgenommen hatte. Seit ihr Chef Alex verschwunden war, versuchte sie, so gut es ging, die Geschäfte am Laufen zu halten. „Oder gibt es etwas, was ich für Sie tun kann?“, fragte sie dann. „Das alles ist nicht so superwichtig, solange Alex noch nicht wieder im Büro ist.“

Noch nicht wieder im Büro … Das war wohl leicht untertrieben. Schließlich war Alex seit über einem Monat wie vom Erdboden verschluckt. Dennoch hoffte sie jeden Tag, ihn in seinem Büro vorzufinden, energiegeladen wie immer. Aber jeden Morgen wurde sie enttäuscht. Inzwischen suchte bereits die Polizei nach Alex Santiago, bisher allerdings ohne Erfolg. Das Ganze war ein äußerst mysteriöser Fall, der alle sehr beunruhigte.

„Gibt’s schon was Neues von Sheriff Battle?“, fragte Zach.

Sophie schüttelte den Kopf. Immer wieder hatte sie darüber nachgegrübelt, warum und wohin Alex wohl so plötzlich verschwunden sein könnte, aber ihr war einfach keine plausible Erklärung eingefallen. Alles war so wie immer gewesen. Alex war ebenso plötzlich und unerwartet abgetaucht, wie er gut ein Jahr zuvor in Royal aufgetaucht war. Er war ein Macher, und dass ihm etwas zugestoßen sein könnte, war einfach unvorstellbar. Irgendjemand musste doch Genaueres wissen, irgendjemand verheimlichte etwas. Und Sophie hatte das unbestimmte und quälende Gefühl, dieser Jemand könnte Zach sein.

Sie warf ihm einen kurzen Blick von der Seite her zu. Er presste die Lippen aufeinander. Irgendetwas schien ihn zu beunruhigen. Was wusste er von Alex? Schließlich waren die beiden eng befreundet, seit sie eine Bürogemeinschaft bildeten und auch zusammenarbeiteten. Aber Zach Lassiter war dafür bekannt, dass er sich nicht in die Karten sehen ließ und nur das preisgab, was sein Gegenüber unbedingt wissen musste. Im Übrigen war er verschlossen wie eine Auster.

Natürlich hatten viele Bürger aus Royal immer wieder versucht, etwas aus ihm herauszubekommen – jedoch ohne Erfolg. Man wusste nur, dass er knapp zwei Jahre zuvor mit seiner eigenen Investmentfirma nach Royal gekommen war, die er offenbar mit viel Profit managte. Und als Alex Santiago einige Monate später seine Risikokapital-Gesellschaft eröffnet hatte, hatten sich zwei Gleichgesinnte gefunden. Ihre Geschäftsverbindung zahlte sich für beide kräftig aus.

Zach Lassiter war verheiratet gewesen. Das herauszufinden war einfach, da seine Ex ihn fast jeden Tag anrief. Im Internet waren jedoch keine Fotos von Anna Lassiter zu finden – von ihm allerdings schon. Eigentlich seltsam. Ebenfalls im Web hatte Sophie erfahren, dass Zach seine Firma in der nächstgrößeren Stadt Midland gegründet hatte und die Erfolgskurve schlagartig nach oben gegangen war. Aber über den Mann selbst gab es keine weiteren Informationen. Er sah gut aus, war charmant und welterfahren, aber sonst? Hinter seinem glatten Äußeren konnte er alles verbergen. Wusste er, wo Alex war? Das musste Sophie unbedingt herausfinden.

„Was ist? Habe ich irgendwas im Gesicht?“ Zach lächelte amüsiert, weil Sophie ihn selbstvergessen anstarrte.

Sie wurde knallrot und senkte schnell den Kopf. „Nein, nein … Entschuldigung. Mir ging nur eben was durch den Kopf.“

Glücklicherweise klingelte das Telefon und kündigte ein Gespräch auf Zachs Leitung an. Sophie nahm ab. „Büro Zach Lassiter, Sophie am Apparat.“

„Ich kann Zach auf seinem Handy nicht erreichen! Ist er da? Stellen Sie mich durch. Bitte!“

„Einen Augenblick. Ich sehe mal eben nach, ob er Ihren Anruf entgegennehmen kann.“ Sophie verdeckte die Muschel mit der Hand. „Es ist Ihre Ex. Sie kann Sie nicht auf Ihrem Handy erreichen. Wollen Sie das Gespräch annehmen?“

„Ja, natürlich.“ Er tastete nach dem Handy. „Offenbar habe ich mein Telefon im Auto gelassen.“ Er holte die Schlüssel aus der Tasche und gab sie Sophie. „Würden Sie so nett sein …?“

„Selbstverständlich.“ Die kurze Berührung seiner Finger spürte sie bis in die Zehenspitzen.

Er ging in sein Büro und zog die Tür fest hinter sich zu. Sophie stellte das Gespräch durch. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, was das wohl für eine Beziehung war, die Anna und Zach nach der Scheidung noch verband. Außer den beiden kannte sie kaum jemanden, der mit seinem oder seiner Ex fast täglich telefonierte. Die beiden waren doch schon seit beinahe zwei Jahren geschieden. Wahrscheinlich liebte er sie immer noch. Was sonst sollten diese täglichen Gespräche?

Unwillkürlich verspürte sie einen kurzen scharfen Stich. Von so einem Mann geliebt zu werden … Auch wenn er wenig von sich preisgab, eins war offensichtlich: Er war unglaublich sexy. Vielleicht war es gerade diese Unnahbarkeit, die ihn so anziehend machte? Schnell nahm sie einen Schluck von ihrem nur noch lauwarmen Kaffee. Sie fühlte Zachs sexuelle Ausstrahlung im ganzen Körper, wenn sie ihn nur ansah. Denn sofort drängten sich ihr Bilder auf, wie er nackt unter dem maßgeschneiderten Anzug aussah.

Sofort überlief es sie siedend heiß. Himmel, es hatte sie wirklich schlimm erwischt. Sie brauchte nur an ihn zu denken, und schon raste ihr Puls, und sie verspürte eine tiefe Sehnsucht. Alles in allem war der Mann auch unwiderstehlich, mit seiner Superfigur, dem markanten Gesicht, dem kurzen pechschwarzen Haar, den grünen Augen und einem messerscharfen Verstand. Vom ersten Tag an war Sophie von ihm fasziniert gewesen. Er strahlte ein Selbstvertrauen aus, das klarmachte, dass er alles erreichen konnte, was er wollte. Und bisher war das auch so gewesen. Die Anlagen seiner Klienten brachten ihnen große Gewinne. Und ihm ebenfalls, sodass er sich bereits nach kurzer Zeit ein Haus in der besten Gegend von Royal kaufen konnte.

Allerdings setzte er sich auch sehr für seine Klienten ein und arbeitete manchmal rund um die Uhr. Das erinnerte sie daran, dass sie auch endlich etwas tun sollte. Denn wenn Alex zurückkam, musste sie ihm Rede und Antwort stehen.

Falls er zurückkam …

Langsam legte Zach den Hörer wieder auf und stützte den Kopf in beide Hände. Anna … Er machte sich Sorgen um sie. Sie war immer übernervös gewesen, aber momentan erweckte sie den Eindruck, als stünde sie kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Irgendetwas musste geschehen. Da ihre Eltern behaupteten, sie sei vollkommen in Ordnung, musste er die Dinge selbst in die Hand nehmen.

Anna brauchte Hilfe, professionelle Hilfe. Seufzend richtete er sich auf und klappte den Laptop auf. Nach kurzer Zeit hatte er bereits eine Liste von Fachleuten und Kliniken zusammengestellt. Am Abend würde er sich das alles etwas genauer ansehen.

Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Wenn er sich nur nicht so verdammt verantwortlich fühlen würde! Er hätte Anna nie heiraten dürfen. Hätte sich nie dem sanften Druck ihres Vaters, seines damaligen Chefs, beugen sollen, der sein einziges Kind unbedingt mit Zach verheiraten wollte. Sicher, sie hatte ihn durchaus gereizt. Blond, zierlich und wunderschön, hatte sie auf einen Mann wie ihn, der gern Sex hatte, eine ganz besondere Wirkung. So eine Frau hatte er noch nie gehabt. Aber er war nicht der Richtige für sie. Sie brauchte jemanden, der weniger ehrgeizig und direkt war, der ihr Verständnis entgegenbrachte und sie sozusagen auf Händen trug. Auch sie sah das ein. Doch als sie bereits die Scheidung besprachen, stellte sich heraus, dass Anna schwanger war.

Also blieb er und gab sich große Mühe, ihr alles recht zu machen. Schließlich hatte er vor Gott geschworen, auch in schwierigen Zeiten an ihrer Seite zu sein. Doch dann geschah das Entsetzliche. Als ihr kleiner Blake zehn Monate alt war, starb er bei einem Autounfall, und von diesem Verlust hatte Anna sich nie erholen können. Tiefer und tiefer verfiel sie in Depressionen.

„Zach? Alles okay?“

Zach fuhr hoch. Er hatte Sophie nicht eintreten hören. „Ja, ja, alles in Ordnung. Ich bin nur ein bisschen müde.“

„Hier ist Ihr Handy.“ Sie legte das kleine Telefon auf den Schreibtisch.

„Danke.“ Er sah kurz auf das Display. Anna hatte ein paarmal versucht, ihn zu erreichen. Es musste wirklich bald etwas geschehen. So ging es nicht weiter. Er blickte hoch. Sophies Anblick tat ihm gut. Süß sah sie aus mit dem kurzen blonden Haar und den warmen goldbraunen Augen. An diesem Tag hatte er zum ersten Mal erlebt, dass auch sie die Fassung verlieren konnte – und das nur, weil sie ein paar Minuten zu spät gekommen war. Dass auch sie zu verunsichern war, gefiel ihm. Es machte sie irgendwie menschlicher. Und zugänglicher …

Normalerweise war sie gelassen und wirkte wie aus dem Ei gepellt. Sie kleidete sich mit einem gewissen Chic, wenn auch eher konservativ. Oft hatte er Alex um diese ruhige und kompetente Mitarbeiterin beneidet. Erstaunlich, wie sie auch jetzt in seiner Abwesenheit den Laden am Laufen hielt. Deshalb hatte Zach keine Sekunde gezögert, ihre Dienste im vergangenen Monat in Anspruch zu nehmen. Denn inzwischen war auch er der Meinung, dass Alex’ Verschwinden einen anderen, ernsteren Grund hatte, als dass der Freund nur mal Urlaub machen wollte. Mittlerweile kümmerte sich die Polizei um den Fall, und Zach hatte – hoffentlich nur vorübergehend – einige von Alex’ Kunden übernommen. Was ohne Sophies Einsatz unmöglich wäre.

Vielleicht sollte er ihr wirklich zeigen, wie dankbar er ihr war. Und so sagte er, ohne vorher über die Konsequenzen nachgedacht zu haben: „Ich weiß nicht, was ich in den letzten Wochen ohne Sie getan hätte, Sophie. Sie haben oft Überstunden machen müssen, und ich möchte mich dafür endlich mal erkenntlich zeigen. Wie ist es, hätten Sie Lust, mit mir am Freitag essen zu gehen? Vielleicht zu Claire’s?“

„Aber das ist wirklich nicht nötig, Zach. Das ist doch mein Job, für den ich sehr gut bezahlt werde.“

„Ich weiß. Aber ich bin Ihnen sehr dankbar und möchte mich irgendwie erkenntlich zeigen. Ich lasse gleich einen Tisch reservieren. Also, was meinen Sie?“

Ihr leises Lachen klang wie Musik in seinen Ohren. „Wenn Sie darauf bestehen, Zach, dann muss ich wohl Ja sagen. Danke. Ich komme gern mit.“

Sie drehte sich um und ging festen Schrittes aus dem Büro. Nicht zum ersten Mal fiel Zach auf, wie hübsch sich ihr fester kleiner Po unter dem engen Rock abzeichnete. Verlangen stieg in ihm auf, das er sofort zu unterdrücken versuchte. Dass Sophie Beldon eine attraktive Frau war, konnte er durchaus zugeben. Er durfte daraus nur keine falschen Schlüsse ziehen. Denn sie hatten eine ausgezeichnete professionelle Beziehung, die er keinesfalls gefährden wollte. Zumindest nicht, solange Alex verschwunden war. Zu viel hing davon ab, dass Sophie und er sachlich und konzentriert zusammenarbeiteten.

Er hatte sie zum Essen eingeladen, um ihr seine Dankbarkeit zu zeigen. Aus keinem anderen Grund. Oder etwa doch?

2. KAPITEL

Danke. Ich komme gern. Was, um Himmels willen, hatte sie sich nur dabei gedacht? Warum war ihr nicht etwas Charmanteres, Witzigeres eingefallen? Verärgert strich Sophie sich durch das kurze blonde Haar. Irgendetwas, das sein Interesse geweckt hätte?

Aber ein Mann wie Zach Lassiter war eben nichts für sie. Er spielte in einer anderen Liga und schüchterte sie ein. Frustriert ließ sie sich auf ihren Schreibtischstuhl sinken und versuchte, sich auf die neuesten Aktienkurse zu konzentrieren, die vor ihr auf dem Bildschirm erschienen. Doch was sie sonst immer faszinierte, ließ sie diesmal kalt. Immer wieder musste sie an Zachs Einladung denken.

Ihr Herz schlug schneller. Das Claire’s war nicht irgendein Billigrestaurant, sondern das beste in der Stadt. Die Preise waren entsprechend, und normalerweise hatte sie dort nur einen Tisch für Alex reservieren lassen, wenn er Geschäftsfreunde erwartete. Sie selbst hatte noch nie dort gegessen. Deshalb freute sie sich darauf, versuchte aber gleichzeitig, ihre Aufregung zu dämpfen. Schließlich war sie kein unreifer Teenager mehr, der leicht zu beeindrucken war, sondern eine gestandene Frau von achtundzwanzig Jahren. Außerdem war dies keine private, sondern eine berufliche Einladung, sozusagen ein Bonus zusätzlich zu ihrem Gehalt.

Als das Telefon klingelte, war sie froh über die Unterbrechung, zumal es Lila war, eine ihrer ältesten Freundinnen. „Hallo, Lila! Wie schön, dass du anrufst! Wie geht’s dir?“

Lila Hacket hatte sich in Hollywoods Filmindustrie einen Namen als Set-Designerin gemacht. Und Sophie war sehr stolz auf den Erfolg der Freundin in dieser hart umkämpften Arbeitswelt. Als Lila einige Zeit zuvor auf der Suche nach einer passenden Location in Royal gewesen war, hatten die beiden Freundinnen Gelegenheit gehabt, sich auszutauschen, wenn auch nicht sehr oft. Dennoch hatten sie auch über Zach Lassiter gesprochen. Zach Lassiter … schon wieder! Verärgert versuchte Sophie den Gedanken an ihn zu verdrängen.

„Danke, mir geht’s gut.“ Lila machte eine kleine Pause. „Den Umständen entsprechend.“

Aha. Also war da etwas, was sie Sophie unbedingt erzählen wollte. „Den Umständen entsprechend? Na los, raus damit“, ermunterte Sophie die Freundin. „Da ist doch was, das du mir sagen willst.“

„Allerdings.“ Lila lachte glücklich.

„Nun sag schon! Hat es mit Sam zu tun? Ihr wart ja unzertrennlich in der letzten Zeit.“

„Genau. Wir wollen heiraten.“

„Was?“, schrie Sophie auf, senkte dann aber schnell die Stimme. „Das ist ja toll! Wann denn?“

„Noch in diesem Monat. Am letzten Samstag. Und zwar auf der Ranch meiner Eltern. Und nur in kleinem Rahmen.“

„Tatsächlich?“ Sophie konnte es nicht fassen. „Und dein Vater ist damit einverstanden? Normalerweise liebt er doch Riesenpartys.“

Lila lachte. „Stimmt. Aber diesmal lasse ich mich nicht umstimmen. Nur Familie und enge Freunde. Alles andere wäre mir zu viel. Und es muss auch nicht gleich die ganze Stadt sehen, dass ich schwanger bin.“

„Du bist schwanger? Herzlichen Glückwunsch! Das ging ja schnell.“

„Eigentlich nicht. Denn ich bin schon im fünften Monat.“

„Und das hast du mir nicht gesagt?“, meinte Sophie schmollend, lachte dann aber. „Umso nötiger ist es, dass wir uns bald sehen.“

„Unbedingt. Übrigens“, Lila zögerte kurz, „ich bekomme Zwillinge.“

„Zwillinge, das ist ja Wahnsinn! Seit wann weißt du das?“

„Dass ich Zwillinge bekomme? Noch nicht sehr lange. Von der Schwangerschaft habe ich dir nichts erzählt, weil ich mir selbst erst mal klar werden wollte, wie das mein Leben verändert. Und mir die nächsten Schritte überlegen musste. Deshalb bin ich auch letzten Monat nach Hause gekommen.“

Aus eigener Erfahrung konnte Sophie sich nur zu gut vorstellen, was es bedeutete, ein Kind allein aufzuziehen. Ihre Mutter war in der Situation gewesen, wenn auch in einer sehr viel schlechteren Position als Lila. Lila würde immer von ihrer Familie unterstützt werden. Und um Geld brauchte sie sich auch keine Gedanken zu machen, ganz anders als Sophies Mutter damals. „Ich freue mich sehr für dich, Lila. Du liebe Zeit, eine Hochzeit und Zwillingsbabys! Wenn das nichts ist! Ich möchte unbedingt die Babyparty für dich ausrichten, bitte! Ich habe schon tolle Ideen.“

„Das ist sehr lieb von dir, Sophie. Aber ich weiß nicht, ob dir das nicht zu viel wird. Du bist beruflich doch sehr eingespannt, vor allem weil dein Chef immer noch nicht wieder aufgetaucht ist.“

„Ach was, mach dir darüber keine Gedanken. Es ist mir eine Ehre, alles zu arrangieren. Überlass das ruhig mir.“

„Wenn du meinst, okay. Tausend Dank, ich freu mich darauf.“

„Okay, abgemacht. Mir macht das Riesenspaß. Werdet ihr denn in Royal bleiben, Sam und du?“

„Sam überlegt, in Los Angeles eine Zweigstelle von Gordon Constructions aufzumachen, damit ich zumindest in Teilzeit weiterarbeiten kann. Aber entscheiden wollen wir das erst nach der Geburt der Babys.“ Erneut lachte Lila glücklich. „Ich kann es immer noch nicht glauben, gleich zwei.“

„Ja, das ist einfach wunderbar. Aber sprechen wir wirklich von demselben Sam Gordon?“ Sophie erinnerte sich sehr gut daran, wie oft Sam getönt hatte, Frauen gehörten ins Haus. Und das Kinderbetreuungszentrum des Texas Cattleman’s Club sei absoluter Unsinn.

„Ich denke schon“, meinte Lila lachend. „Das beweist wieder mal, dass jeder Mensch sich ändern kann, wenn er will. Und wenn er einen triftigen Grund hat. Aber jetzt mal was ganz anderes, Sophie. Du hast hoffentlich nicht irgendwas unternommen, das dir gefährlich werden könnte? Ich meine wegen Alex. Ich habe Angst um dich.“

„Keine Sorge.“ Sophie warf einen kurzen Blick auf Zachs geschlossene Bürotür. „Bisher hatte ich leider noch keine Gelegenheit, mich hier genauer umzusehen.“

Nachdem sie noch den neuesten Klatsch ausgetauscht hatten, legte Sophie lächelnd den Hörer auf. Wie sehr sie sich mit der Freundin freute, die eine wirklich schwierige Zeit durchgemacht hatte! Erst hatte sie sich gegen ihren Vater durchsetzen müssen, der die Tochter zwar sehr liebte, aber ausgesprochen altmodische Vorstellungen hatte. Dann hatte sie sich in Hollywood gegen eine starke Konkurrenz eine Karriere in der Filmindustrie aufgebaut und wurde schwanger, ohne verheiratet zu sein. Und jetzt würde sie bald Ehefrau und Mutter sein. Und ein völlig anderes Leben führen.

Da kann man direkt neidisch werden. Wie es wohl ist, von einem Mann schwanger zu sein, den man von ganzem Herzen liebt? ging es Sophie durch den Kopf. Unwillkürlich fiel ihr Blick wieder auf Zachs Bürotür. Unsinn, sie war nicht in Zach Lassiter verliebt! Nein, das nicht, aber er beeindruckte sie, das musste sie zugeben. Mehr als das: Er rief äußerst verwirrende Gefühle in ihr hervor, die sie in dieser Stärke bisher noch nicht empfunden hatte. Und das, obwohl er möglicherweise etwas mit Alex’ Verschwinden zu tun hatte, zumindest aber mehr darüber wusste.

Aber eigentlich kannte sie ihn kaum. Auf keinen Fall gut genug, um sich auszumalen, sein Kind zu bekommen. Oder ihm zu vertrauen. Dennoch … wie es wohl sein würde, von einem Mann wie ihm begehrt zu werden? Von ihm auf diese bestimmte Art und Weise angesehen zu werden, ihn zu küssen, seine Hände auf der Haut zu spüren, sich an seinen nackten Körper zu schmiegen … Er war sicher fast zwanzig Zentimeter größer als sie mit ihren eins fünfundsechzig. Wie er es schaffte, trotz der vielen Arbeit am Schreibtisch eine derart durchtrainierte Figur zu haben, war ihr ein Rätsel.

Sie malte sich aus, wie es sich wohl anfühlte, ihm über die breiten Schultern zu streichen, seine harten Bauchmuskeln zu spüren und dann tiefer zu gehen … Bei dem Gedanken überlief es Sophie glühend heiß, und ein süßer Druck baute sich in ihr auf.

Schnell stand sie auf und holte sich ein Glas Wasser. Hastig trank sie es aus und atmete tief durch. Was war nur in sie gefahren? Diese Fantasien waren einfach lächerlich. Eine Frau wie sie war ganz sicher nicht Zachs Typ. Wahrscheinlich liebte er die kapriziösen und eleganten Frauen, die schönen und raffinierten, die einen Mann um den Finger wickeln konnten. Allerdings hatte sie ihn noch nie mit einer Frau gesehen. In dem Punkt war er genauso verschlossen wie in allem, was sein Privatleben anging.

Wieder musste sie an Alex denken. Ob Zach etwas über sein Verschwinden wusste? Bisher hatte er noch keinerlei Vermutung geäußert, wo Alex sein könnte. Bedeutete das, dass ihm Näheres bekannt war? Aber das konnte sie sich nicht vorstellen. Ganz sicher hätte er dann doch die Polizei informiert.

Plötzlich wurde die Bürotür aufgestoßen, und Zach stand im Türrahmen, einen Stapel Papiere in der Hand. Sophie fuhr zusammen und starrte ihn an. „Äh … wollen Sie etwas von mir?“, stieß sie hervor. Danach hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Ob er etwas von ihr wollte …? Wie sie von ihm …? Sie musste in Zukunft wirklich aufpassen, was sie sagte. Schnell wandte sie sich ab und griff nach ihrem Kaffeebecher, denn sie war knallrot geworden.

„Ja. Wenn Sie hier fertig sind, können Sie dann zu mir ins Büro kommen? Ich möchte noch ein paar Werbetexte mit Ihnen durchgehen, die ich an potenzielle Investoren für das Manson-Projekt schicken möchte.“

„Ich komme gleich. Möchten Sie noch einen Kaffee?“

„Ja, danke.“ Er hatte sich bereits wieder umgedreht und schloss die Tür hinter sich.

Sophie legte sich die Hände an die glühenden Wangen. Ja, er wollte sie, er brauchte sie. Aber nur zum Arbeiten …

Am Ende der Woche lagen Sophies Nerven blank. Fast jeden Tag hatten sie und Zach bis in den späten Abend gearbeitet. Er war dann meistens noch länger geblieben, und auch morgens war er als Erster da. Also hatte sie nie Gelegenheit gehabt, sich in seinem Büro umzusehen.

Sophie wusste, wie wichtig das Manson-Projekt war, das Alex noch angefangen hatte, bevor er verschwunden war. Er hatte alles darangesetzt, Investoren für Ally Manson zu finden, die ihr Behinderten-Netzwerk finanzierten. Dennoch wunderte sich Sophie, dass Zach noch mehr Zeit im Büro verbrachte als sie, und das meist bei fest verschlossener Tür. Immer wenn sie in sein Zimmer kam, unterbrach er schnell sein Gespräch, sofern er am Telefon war, und blickte sie fragend an. Oder er klappte sofort seinen Laptop zu, damit sie nicht sah, womit er sich beschäftigte. Irgendetwas war faul an der Sache, aber was?

Doch nicht nur das machte sie nervös. Ihr Gespräch mit Lila hatte etwas in ihr ausgelöst, das sie nur schwer kontrollieren konnte. Die Sehnsucht nach einem Mann, danach, geliebt zu werden, ein Kind von ihm zu bekommen, ein Familienleben zu haben. Und leider drängte sich ihr dabei immer wieder Zachs Bild auf, sein Gesicht mit diesen beeindruckenden Augen und dem sexy Lächeln, sein schlanker muskulöser Körper, seine tiefe Stimme … Die enge Zusammenarbeit mit ihm wurde immer quälender, und nur mit äußerster Anstrengung gelang es ihr, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.

Was war bloß los mit ihr? Spielten ihre Hormone verrückt? Erinnerte sie Lilas Schwangerschaft daran, dass sie selbst schon achtundzwanzig war und ihre biologische Uhr langsam immer lauter tickte? Zach brauchte nur an ihr vorbeizugehen, und schon klopfte ihr Herz wie verrückt, und sie hatte Schwierigkeiten, ihn nicht merken zu lassen, was in ihr vorging. Und nachts … ihre Träume … Wenn sie nach einem unruhigen Schlaf erwachte, war sie verschwitzt und glühte vor Verlangen.

Ein paarmal in der Woche war sie kurz davor gewesen, die Verabredung für diesen Abend abzusagen. Aber irgendwie hatte sie es dann doch nicht gekonnt. Immer wieder sagte sie sich, dass es keine Einladung zu einem romantischen Dinner war, sondern Zach ihr damit lediglich für ihr berufliches Engagement danken wollte, eine Art Bonus sozusagen. Und dennoch raste ihr Puls vor Erregung, wenn sie daran dachte, einen Abend in seiner Gesellschaft zu verbringen, ihm gegenüberzusitzen, ihm in die Augen zu sehen … Oh Gott!

Um halb sechs stellte sie ihren Rechner aus, steckte die Sicherungskopie in ein Seitenfach ihrer Tasche und stand auf. Nach einer langen heißen Dusche würde sie sich sehr viel besser fühlen und hätte Zeit, sich in Ruhe fertig zu machen. Verdammt noch mal, sie wollte den Abend genießen! Ein Abendessen mit einem attraktiven und gebildeten Mann, was war schon dabei? Sie hatte in der letzten Zeit hart gearbeitet und verdiente eine Belohnung. Basta!

„Alles klar mit heute Abend? Ich hole Sie um halb acht ab, einverstanden?“

Beim Klang von Zachs warmer dunkler Stimme löste sich ihre Entschlossenheit augenblicklich in Wohlgefallen auf. Nein, sie konnte es nicht tun. Sie konnte ihm nicht den ganzen Abend in einer intimen Atmosphäre gegenübersitzen, ohne wahnsinnig vor Verlangen zu werden. Er würde sofort merken, was mit ihr los war, wäre peinlich berührt, und sie würde diese Blamage nicht überleben. Lieber sollten sie gar nicht erst in diese Situation geraten … „Wegen heute Abend …“, fing sie an.

„Ich habe den Tisch für acht bestellt“, fuhr er fort, warf ihr dann aber einen scharfen Blick zu. „Sie wollen mir doch nicht etwa einen Korb geben? Die ganze Woche freue ich mich schon auf ein gutes Essen bei Claire’s, nachdem ich jeden Abend irgendwelche Schnellgerichte in die Mikrowelle geschoben habe. Das können Sie mir nicht antun.“

„Doch, ich … ich meine, nein …“, stammelte sie verlegen. „Aber Sie brauchen mich nicht abzuholen. Ich kann Sie im Restaurant treffen.“

„Kommt gar nicht infrage. Meine Mutter wäre entsetzt von so einem Benehmen. Selbstverständlich holt ein Gentleman seine Dame ab.“ Er grinste kurz und nannte dann ihre Adresse. „Stimmt doch, oder?“

Sophie nickte nur.

„Gut. Dann bis halb acht.“

Bevor sie noch etwas sagen konnte, war er schon aus der Tür. Als sie das leise Geräusch hörte, mit dem sich die Fahrstuhltür öffnete und wieder schloss, sprang sie auf. Höchste Zeit, sich auch auf den Weg zu machen, wenn sie ihr Entspannungsprogramm durchziehen und sich in Ruhe anziehen und zurechtmachen wollte.

Eine Dreiviertelstunde später blickte sie skeptisch auf die Unterwäsche, die sie sich rausgesucht hatte. Als sie neulich mit einer Freundin unterwegs gewesen war, hatte sie sich leichtsinnigerweise diese sündhaft teuren Teile gekauft, sozusagen zweimal ein Hauch von Nichts aus lindgrüner Spitze. Sollte sie wirklich …? Aber warum nicht?! Zu wissen, dass sie kostbar gekleidet war, auch wenn Zach es nicht sehen konnte, würde ihr Selbstvertrauen geben, und das brauchte sie dringend.

Nachdem sie lange unter der heißen Dusche gestanden hatte, wobei sie das teure Duschgel – ein Geschenk von Lila – sogar zweimal benutzt hatte, trocknete sie sich sorgfältig ab. Wie der Abend wohl verlaufen würde? Bei dem Gedanken an Zach wurden ihre Brustspitzen hart. Oh, sie begehrte ihn so … Und so unwohl sie sich auch bei dem Gedanken an das Dinner fühlte, eins wusste sie genau: Wenn diese Abendeinladung das Einzige war, was sie von Zach Lassiter erwarten konnte, würde sie das Beste daraus machen. Mit klopfendem Herzen zog sie den winzigen Slip und den Push-up-BH an.

Sie bürstete das Haar kräftig durch, schminkte sich sorgfältig und stieg dann in das hautenge Kleid, das sie sich auch einmal in einem Anfall von luxuriösem Wahn gekauft und noch nie getragen hatte. Vorsichtig zog sie es hoch. Während sie mit dem rechten Fuß nach ihren High Heels angelte, versuchte sie, den rückwärtigen Reißverschluss hochzuziehen. Doch auf halber Strecke klemmte das verdammte Ding und ließ sich weder vor noch zurück bewegen. Was sollte sie jetzt tun? Ein kurzer Blick auf die Uhr, und sie fluchte. Himmel, es war gleich halb acht!

Wie konnte ihr so etwas nur passieren? Ihr, die sie immer darauf achtete, dass nichts Unvorhergesehenes ihr Leben durcheinanderbrachte. Und nun das, ein klemmender Reißverschluss … Allerdings war auch schon in der vergangenen Woche nicht alles so glatt gelaufen, wie sie es gewohnt war. Sie war übernervös gewesen und hatte sehr darauf achten müssen, keine Fehler zu machen. Wieder blickte sie auf die Uhr.

Da läutete es auch schon an der Tür.

3. KAPITEL

Ungeduldig drückte Zach ein zweites Mal auf den Klingelknopf. Wieso machte Sophie nicht auf? Er hatte doch halb acht gesagt, oder nicht? Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr verriet ihm, dass es genau halb acht war. Er trat einen Schritt zurück. Durch das Seitenfenster fiel Licht. Und da, bewegte sich da nicht etwas hinter dem Vorhang?

Langsam öffnete sich die Tür, und Sophie steckte den Kopf heraus. „Tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen.“

Wow! Was für Augen sie hatte! Die rauchgrauen Smokey Eyes standen ihr gut. „Das macht doch nichts. Der Tisch ist erst für acht bestellt.“ Zach machte einen Schritt auf sie zu, zögerte dann aber, weil sie ihn nicht hereinbat. „Wollen wir los?“

Sie lächelte verlegen. „Äh … ja … vielleicht in ein bis zwei Minuten. Ich … mein Kleid …“

„Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“ Was war mit ihrem Kleid? Machte sie deshalb die Tür nicht weiter auf?

Sophie seufzte leise. „Ich fürchte, das müssen Sie sogar.“

„Gut.“ Warum machte sie dann die Tür nicht weiter auf und ließ ihn ein? Sie stand immer noch da wie angewurzelt. „Können wir das hier vor der Tür in Ordnung bringen?“, fragte Zach schließlich.

„Oh, nein, natürlich nicht. Kommen Sie bitte herein“, flüsterte sie.

Sie wirkte unsicher und verwirrt – eine Haltung, die Zach so gar nicht an ihr kannte. Überrascht hob er die Augenbrauen, und sie verstand den Wink, ließ ihn ein, schloss schnell die Tür und lehnte sich dagegen.

Er schüttelte leicht den Kopf. Was war denn bloß mit ihr los? Sie war nervös wie eine Sechstklässlerin.

„Wegen meines Kleids …“, stieß sie leise hervor und zog verlegen die Unterlippe zwischen die Zähne.

Unwillkürlich starrte Zach ihr auf den Mund. Ihre vollen Lippen glänzten von dem Lipgloss, das sie kräftiger als normalerweise aufgetragen hatte. Ein Rot wie von reifen Äpfeln. Ob ihr Kuss auch so süß war? Zach zwang sich, den Blick zu heben, denn derartige Gedanken hatte er sich strikt verboten. Auf keinen Fall wollte er ihr gutes Arbeitsverhältnis gefährden. Was hatte sie gesagt? Es war irgendwas mit ihrem Kleid. „Was ist denn mit Ihrem Kleid? Sie sehen toll darin aus.“ Wohlgefällig musterte er sie von oben bis unten.

Sie sah an diesem Abend aber auch besonders hübsch aus. Das hellblonde Haar saß locker und duftig und glänzte so seidig, dass er es am liebsten berührt hätte. Er spürte, wie die Erregung heiß in ihm aufstieg. Verdammt. Vielleicht war es keine gute Idee gewesen, sie einzuladen. Er hatte sie doch nur für ihren Einsatz belohnen wollen … und jetzt wollte er etwas ganz anderes … Kopfschüttelnd presste er die Lippen aufeinander und straffte die Schultern. Wäre doch gelacht, wenn er solch alberne Gefühle nicht beherrschen könnte.

Sophie drehte sich um. „Es ist der Reißverschluss. Er klemmt. Vielleicht wegen des Futters? Können Sie mir helfen?“

Helfen … ja, mit Vergnügen, aber anders, als sie es sich vorstellte … Sanft strich er ihr über den nackten Rücken und spürte, wie sie zusammenzuckte. „Entschuldigung“, murmelte er und griff nach dem Reißverschluss.

„Meinen Sie, dass Sie ihn lösen können? Es wäre schrecklich für mich, das Kleid zerreißen zu müssen.“

Genau das würde ich gern tun, schoss es ihm durch den Kopf. Ihren schlanken Körper von dem Kleid befreien, und wenn es gewaltsam sein müsste! Dieser schmale lindgrüne Spitzenstreifen gehörte wohl zu ihrem BH? Er sollte lieber nicht darüber nachdenken, wie verführerisch das Ganze von vorn aussah … „Äh … ja, natürlich“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Sekunde, das haben wir gleich.“

Wieder berührte er ihre warme Haut. Diesmal zuckte Sophie nicht zusammen, aber sie überlief eine leichte Gänsehaut, das konnte er eindeutig sehen. „Ich muss das Kleid ein bisschen runterziehen, damit der Reißverschluss freikommt“, warnte er sie. Als sie nickte, tat er genau das. Und tatsächlich lösten sich die Zähnchen aus dem Seidenfutter, und er konnte den Verschluss hochziehen. Eigentlich schade …

„So, alles wieder in Ordnung.“ Zach schob die Hände schnell in die Hosentaschen und trat ein paar Schritte zurück. „Sie sehen fantastisch aus.“

Lächelnd drehte sie sich um und sah ihn an. „Danke“, sagte sie leise.

„Wollen wir dann?“ Er sehnte sich geradezu danach, in einem gut besetzten Restaurant zu sitzen, damit er nicht in Versuchung kam, sie an sich zu ziehen und wie verrückt zu küssen.

„Ja, ich hole nur eben meine Tasche.“

Während sie in ihr, wie er vermutete, Schlafzimmer ging, sah er sich in dem Wohnraum um. Das Apartment war offensichtlich nicht sehr groß, aber es war hell und luftig und wirkte sehr gemütlich. Sophie hatte es sparsam möbliert, zum Teil wohl mit Sachen vom Sperrmüll, die sie hatte aufarbeiten lassen. Er hatte hier mehr das Gefühl von Zuhause als in seinem großen luxuriösen Haus, das von Innenarchitekten eingerichtet worden war. Zwar wohnte er gern dort, aber es fehlte das, was aus einem schönen Haus erst ein Zuhause machte. Da er sich aber nicht oft dort aufhielt, war das im Grunde auch egal.

Das Haus war eine gute Wertanlage, und er würde es ohne Weiteres verkaufen, wenn ihm genug dafür geboten wurde. In dem Punkt war er ganz anders als seine Eltern, die immer an allem hingen, was sie sich schließlich hatten leisten können. Doch auf diese Weise brachte man es nie zu etwas.

„Fertig, Zach. Tut mir leid, dass es länger gedauert hat.“

Sophie hatte sich noch einmal die Lippen nachgezogen und sah ihn lächelnd an. Sie sah hinreißend aus und wirkte selbstsicher und gut gelaunt. Nicht zu vergleichen mit der unsicheren und nervösen Person, die ihm die Tür aufgemacht hatte. Frauen. Er würde sie wohl nie ganz verstehen. Aber das wollte er auch gar nicht. Ihm fehlte außerdem die Zeit, sich ausführlich mit ihnen zu beschäftigen. Dennoch liebte er schöne Frauen …

Er führte sie zu seinem Wagen, einem glänzenden schwarzen Cadillac, und öffnete die Beifahrertür.

„Ist der neu?“, fragte Sophie, während sie sich auf den weichen Ledersitz sinken ließ.

Diese Beine … „Nein, eigentlich nicht. Aber ich benutze ihn nicht sehr oft – nur am Wochenende und bei besonderen Gelegenheiten.“ Er ging um den Wagen herum und glitt hinter das Lenkrad. „Gefällt er Ihnen?“, fragte er, während er den Motor anließ.

„Ja, schon. Aber ich hätte Ihnen ein solches Auto nie zugetraut.“

„So? Warum denn nicht?“

„Wegen Ihres Rufs. Ich habe gedacht, Sie fahren einen europäischen Flitzer.“

„Was habe ich denn für einen Ruf?“ Er warf ihr einen neugierigen Blick zu.

„Besonders risikofreudig zu sein. Ich dachte, Ihr Lieblingsauto sei eine importierte Hochleistungsmaschine.“

Er lachte. „Da sehen Sie mal, wie leicht man sich irren kann. Ich bin Amerikaner durch und durch.“

Auf dem Weg zum Restaurant wechselten sie nur hin und wieder ein Wort, und Zach war froh darüber. Er hasste Frauen, die unentwegt redeten. Als sie die Stufen zum Claire’s hochstiegen, legte er Sophie fürsorglich die Hand auf den Rücken und war selbst erschrocken, was diese Geste in ihm auslöste. Sowie die Wärme ihrer Haut durch den dünnen Stoff hindurch spürbar war, stieg heißes, unkontrollierbares Verlangen in ihm auf, das er nur mit Mühe beherrschen konnte. Er war froh, als der Ober sie zu ihrem Tisch führte und er sich setzen konnte.

Was war nur mit ihm los? Er arbeitete doch jeden Tag mit Sophie zusammen und hatte noch nie so etwas gefühlt, obwohl er sie durchaus attraktiv fand. Aber er war ihr auch noch nie so nahe gekommen, hatte sie nie berührt oder ihr Parfum wahrgenommen, das ihn an warme Sommernächte erinnerte – und heiße nackte Haut.

Hatte er den Freund deshalb immer um seine Assistentin beneidet? Nicht weil sie so tüchtig, sondern weil sie so sexy war? Sicher spielte auch eine Rolle, dass er lange nicht mit einer Frau zusammen gewesen war … Aber Sophie war tabu für ihn, das musste er sich immer wieder vor Augen halten.

Der Ober kam und fragte nach ihren Wünschen.

„Möchten Sie einen Aperitif, Sophie?“

„Nein danke.“

„Ein Glas Wein zum Essen?“

„Das ja, aber nur eins.“

Als der Ober gegangen war, fragte Zach nach: „Mögen Sie keinen Alkohol?“

„So würde ich das nicht sagen. Aber ich hasse es, die Kontrolle zu verlieren.“

„Das kann ich gut verstehen. Das kann manchmal Vorteile haben, hat aber meist eher Nachteile.“

Sie wirkte erleichtert. „Danke für Ihr Verständnis. Die meisten Menschen halten mich für einen Kontrollfreak.“

„Ich erlebe Sie täglich im Büro.“ Er schmunzelte. „Und ich muss sagen, Sie sind ein Kontrollfreak.“

Verlegen griff sie nach der Speisekarte und senkte den Kopf. Ihre Wangen glühten.

Auch er schlug die Speisekarte auf. „Auf was haben Sie denn Appetit? Die Steaks hier sind immer gut.“

„Ich war noch nie bei Claire’s. Sieht alles gut aus.“

„Wie ist es mit einer Vorspeise?“

„Lieber nicht. Ich möchte noch Platz für Nachtisch haben.“

Überrascht zog er die Augenbrauen hoch. „Sie mögen gern Süßes? Das wusste ich nicht.“

„Das wird nicht das Einzige sein, was Sie nicht von mir wissen. Ich glaube, Sie kennen mich nicht besonders gut“, stieß sie leise hervor.

Darauf hatte er nur gewartet. „Dann wird es Zeit, dass wir uns besser kennenlernen“, sagte er sofort, klappte die Speisekarte zu und legte sie auf den Tisch. „Schließlich arbeiten wir zusammen. Warum sollten wir dann nicht auch Freunde sein?“

Sophie schluckte nervös. Sie kannte diesen entschlossenen Tonfall. Den schlug Zach immer an, wenn er von einer Sache überzeugt war und sich entschieden hatte, sie durchzuziehen. Warum hatte sie sich nur so missverständlich ausgedrückt? Mit jemandem wie Zach könnte sie nie einfach nur so befreundet sein.

Was sie empfand, wenn er sie auch nur kurz berührte, hatte mit freundschaftlichen Gefühlen rein gar nichts zu tun. Ihr war glühend heiß geworden, und sie wäre ihm am liebsten in die Arme gesunken. Freundschaft? Ausgeschlossen.

Aber wie sollte sie es ihm erklären, ohne preiszugeben, was sie wirklich fühlte? Wäre sie bloß nie mit ihm zum Essen gegangen. Sie atmete tief durch und blickte ihn – wie sie glaubte – sachlich an. „Ich weiß nicht … Ich bin ziemlich langweilig.“

„Finden Sie?“ Mit seinen grünen Augen sah er sie so eindringlich an, als könne er auf den Grund ihrer Seele blicken.

Oh Gott, das wird ja immer schlimmer. Wieder senkte sie den Blick und ärgerte sich, dass sie sich auch noch wie eine leichte Beute zurechtgemacht hatte. Zumindest spürte sie die kostbare Unterwäsche nur zu deutlich, und das Seidenfutter schmeichelte ihrer heißen Haut. „Na ja, im Vergleich zu Ihnen schon“, brachte sie schließlich heraus.

Er lachte laut los. „Wie kommen Sie denn auf die Idee? Man hat mir beigebracht, dass Arbeit das Einzige ist, was zählt. Etwas Langweiligeres gibt es wohl nicht.“

Doch das Lachen klang nicht fröhlich, und Sophie sah ihn nachdenklich an. Offenbar hatte er sich dieses Leben nicht selbst ausgesucht und schien etwas zu vermissen. Eigentlich war es ja auch sehr traurig. Ein Mann wie er von Anfang dreißig, der in der Blüte seines Lebens stand, kannte nichts anderes als Arbeit?

Anscheinend zeigte sich so etwas wie Mitgefühl auf ihrem Gesicht, denn er wurde ernst und griff nach ihrer Hand. „Machen Sie sich keine Sorgen um mich“, sagte er leise.

Nein, Sorgen machte sie sich eigentlich auch nicht, zumindest nicht in diesem Augenblick. Denn als er sacht mit dem Daumen über ihre Handfläche strich, fühlte sie, wie ihre Glieder weich wie Gummi wurden. Schnell entzog sie ihm die Hand. „Wie kommen Sie darauf, dass ich mir Sorgen mache?“

„Sie haben ein sehr ausdrucksvolles Gesicht“, antwortete er lächelnd. „Man sieht, was in Ihnen vorgeht.“

Hoffentlich nicht! Auf keinen Fall durfte er merken, wie sehr sie sich nach ihm sehnte. Dabei war jemand wie Zach Lassiter wirklich einige Nummern zu groß für sie. Aber Träume kosteten doch nichts, oder?

„Ich habe wenig Grund, mir Sorgen zu machen.“ Sie klappte die Speisekarte zu und legte sie vor sich hin. Sie konnte sich sowieso nicht auf die verschiedenen Gerichte konzentrieren. Sicher schmeckte alles gut, was man hier bestellte.

„Aber die Sache mit Alex beunruhigt Sie, oder? Ich sehe es Ihnen an, jeden Morgen, wenn Sie ins Büro kommen und er nicht da ist.“

„Das stimmt. Aber geht es Ihnen nicht genauso? Schließlich ist er Ihr Freund und Kollege. Sie machen sich doch auch Gedanken und fragen sich, wo er sein könnte und ob ihm etwas passiert ist.“

„Allerdings. Es ist so frustrierend, dass ich ihm nicht helfen kann. Ich kann nur darauf achten, dass seine Geschäfte hier weiterlaufen, sodass er sich darum keine Sorgen zu machen braucht, wenn er wiederkommt.“

„Kommen Sie deshalb morgens schon immer so früh und verlassen das Büro abends so spät?“

Er zog kurz die Augenbrauen zusammen und warf Sophie einen misstrauischen Blick zu. Dann glättete sich seine Stirn wieder. „Ja, momentan ist eine Menge los.“

„Kann ich Ihnen nicht noch was abnehmen?“

„Kommt nicht infrage. Sie sind sowieso diejenige, die das Büro am Laufen hält. Aber lassen Sie uns lieber über etwas anderes reden. Ich habe Sie heute eingeladen, um Ihnen für das zu danken, was Sie bereits alles tun, nicht aber, um Ihnen noch mehr Arbeit aufzuhalsen.“

Er warf ihr sein Killerlächeln zu, aber Sophie hatte den Verdacht, dass das ein Ablenkungsmanöver war. Sie hatte sich schon oft gefragt, weshalb er sich so lange im Büro aufhielt. Übermäßige Arbeitsbelastung konnte es nicht sein. Denn er hatte recht, sie achtete darauf, dass alles glatt weiterlief. Und sie kannte den Stand der Dinge genau. Falls Zach nicht plötzlich weniger belastbar war, müsste er seine eigenen Angelegenheiten und das, was er für Alex zu tun hatte, spielend während der normalen Arbeitszeit schaffen.

Womit beschäftigte er sich? Und – viel wichtiger – was hatte er vor?

4. KAPITEL

Sophie griff nach ihrem Wasserglas und trank einen Schluck. Die kühle Flüssigkeit tat ihr gut. Währenddessen arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren. Dass Zach nicht noch mehr an sie abgegeben hatte, obwohl er doch offensichtlich in Arbeit ertrank, war äußerst verdächtig. Warum war ihr das nur bisher nicht aufgefallen?

Zach beschäftigte sich mit etwas, das sie nicht wissen sollte. So musste es sein. Aber um was genau handelte es sich dabei? Und warum verheimlichte er es ihr? Hatte er irgendetwas mit Alex’ Verschwinden zu tun? Verwischte er absichtlich die Spuren? Von diesen Gedanken konnte sie sich einfach nicht frei machen, obwohl sie sich wünschte, Zach habe mit der ganzen Sache nichts zu tun.

Es musste doch eine Möglichkeit geben, den Dingen auf den Grund zu gehen.

„Ich bin sehr beeindruckt, Sophie“, fing Zach wieder an, „wie sehr Sie sich einsetzen. Und ich weiß, dass auch Sie oft Überstunden machen. Hat Ihr Freund nichts dagegen?“

„Ich habe keinen Freund.“ Und wieder ärgerte sie sich, dass sie so leicht rot wurde. Es gab nur einen Mann, für den sie sich interessierte, und der saß ihr gegenüber. Wie er wohl reagieren würde, wenn sie ihm genau das sagte? Unwillkürlich musste sie lächeln. Wahrscheinlich wäre der Abend dann ganz schnell zu Ende. Zach würde schon eine Entschuldigung einfallen, weshalb er fluchtartig das Restaurant verlassen musste.

„Das wundert mich aber. Sie sind doch eine ausgesprochen hübsche Frau.“ Dabei fixierte er sie so aufmerksam wie eine hungrige Katze die Maus.

„Danke.“

„Was tun Sie denn dann in Ihrer freien Zeit? Ich meine, so ohne Freund?“

„Ich lese viel, am liebsten Liebesromane und Krimis. Und Hausarbeit fällt natürlich auch an. Außerdem treffe ich mich mit Freundinnen. Das Übliche eben.“

„Sind Sie hier in der Gegend aufgewachsen?“

Sophie nickte. „Ja. Ich kann mir nicht vorstellen, woanders zu leben. Ich mag keine großen Städte. Mir gefällt das Leben in Royal.“

„Ja, es ist beschaulich. Man hat hier einen ganz anderen Lebensrhythmus als in der Stadt.“

„Und wie ist es mit Ihnen?“ Jetzt war er mal dran. „Haben Sie eine Freundin?“

Kurz schloss er die Augen, ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Nein. Ich habe keine Zeit für eine Freundin. In meinem Leben ist einfach zu viel los.“

Und was, bitte? hätte sie ihn am liebsten gefragt. Aber in diesem Moment kam der Ober, um ihre Bestellungen aufzunehmen. Sophie entschied sich für Lammkeule in Rotwein und war nicht überrascht, dass Zach sich ein Filetsteak bestellte, natürlich nur halb durchgebraten. Er sah auch aus wie ein Mann, der es gern ein bisschen blutig hatte …

„Lamm?“, fragte Zach überrascht, als der Ober gegangen war. „Hier, im besten Steakhaus von Texas, bestellen Sie Lamm?“

Sie zuckte kurz mit den Schultern. „Warum nicht? Darauf habe ich Appetit. Immerhin habe ich mir ein Glas lokalen Wein bestellt und kein importiertes Bier wie Sie. Ich dachte, Sie sind überzeugter Amerikaner?“

Er grinste. „Touché.“ Doch dann griff er begeistert nach dem Glas, das der Ober vor ihn gestellt hatte, und nahm einen tiefen Zug. „Das war gut.“ Strahlend setzte er das Glas ab.

Fasziniert hatte Sophie ihn beim Trinken beobachtet. Wenn er sie doch auch mal so anstrahlen würde …!

„Einfach lecker so ein Bier nach einem harten Arbeitstag.“ Wieder nahm er einen Schluck.

„Ja, das sind die kleinen Freuden des Alltags.“

Er warf ihr einen scharfen Blick zu. Machte sie sich über ihn lustig? Doch dann lächelte er. „Ja. Wenn man es recht bedenkt, sind es die kleinen Dinge, die im Leben wichtig sind. Finden Sie nicht auch?“

„Absolut. Heim und Familie, das ist für mich das Wichtigste. Eines Tages werde ich hoffentlich beides haben.“

„Ihr Apartment ist übrigens sehr gemütlich – ein richtiges Zuhause.“

„Danke. Aber leider ist die Wohnung nur gemietet. Ich hoffe, eines Tages die Anzahlung für was Eigenes zusammenzuhaben. Muss nicht groß sein, aber ein kleiner Garten wäre schön. Etwas, das dann wirklich mir gehört.“

Machte sie sich deshalb so große Sorgen um Alex Santiago? Zach sah Sophie prüfend an. Hatte sie Angst, dass sie ihren Job verlor, wenn er nicht zurückkam? Weil sie befürchtete, dass Zach eines Tages seine Sachen zusammenpacken und dahin zurückgehen würde, woher er gekommen war? Sie verdiente jetzt sehr gut. Stellen mit ihrem Gehalt waren in Royal sicher rar. Und wenn sie weniger verdiente, würde sie bestimmt die Hypotheken ihres ersehnten Eigenheims nicht mehr bezahlen können. Und könnte sich den Privatdetektiv nicht mehr leisten, der ihrer Schwester auf der Spur war.

„Und das ist wichtig für Sie? Warum?“

„Wahrscheinlich wegen der Sicherheit. Ich möchte keinesfalls von jemandem abhängig sein. Vor allem nicht finanziell.“

„Haben Sie in dem Punkt schon mal schlechte Erfahrungen gemacht?“

Sophie zuckte nur kurz mit den Schultern. „Wer hat das nicht?“

„Möchten Sie darüber sprechen?“

Sie zögerte. Bisher hatte sie niemandem davon erzählt. Aber Zach schien ehrlich daran interessiert zu sein. „Es ist nichts Besonderes. Ich war noch ein Baby, als mein Vater starb. Meine Mutter hat dann wieder geheiratet. Die beiden bekamen eine Tochter. Ein paar Jahre lang ging alles gut. Ich hing sehr an meinem Stiefvater und meiner Halbschwester. Doch dann starb er bei einem Arbeitsunfall, und wir standen mittellos da. Wir mussten aus unserem Haus ausziehen, und Mom suchte sich Arbeit. Aber sie verdiente zu wenig, um beide Kinder durchzubringen, und so zog meine Halbschwester zu ihrer Tante. Es war dennoch eine harte Zeit für uns, obwohl ich versuchte, Mom so viel wie möglich abzunehmen. Sie hatte oft zwei Jobs, und wir zogen häufig um, was ich schrecklich fand. Erst als ich mit dem College fertig war, entspannte sich die Situation etwas. Meine Mutter heiratete wieder, und so zog ich aus.“

„Mussten Sie ausziehen?“

„Nein, sie haben keinen Druck auf mich ausgeübt. Aber ich war alt genug, um allein zu leben. Und ich wusste, dass Jim gut für sie sorgen würde.“

Nachdenklich betrachtete Zach sein Gegenüber. Sophie hatte ihm in der letzten Stunde mehr Privates erzählt als in all der Zeit, die sie nun schon zusammen arbeiteten. Dennoch hatte er das Gefühl, dass das längst nicht alles war. Aber ihm war klar geworden, warum sie eine so ausgezeichnete Assistentin war. Sie war daran gewöhnt, sich zu kümmern und Dinge zu regeln und dabei ruhig und gelassen zu bleiben, da sie schon sehr früh hatte Verantwortung übernehmen müssen.

Er selbst war total anders aufgewachsen. Zumindest solange sein Vater noch seinen gut bezahlten Job gehabt hatte. Aber auch als er weniger verdiente, hatte er darauf bestanden, Zachs Collegekosten zu bezahlen. Aus diesem Grund hatte Zach sich so in die Arbeit gestürzt. Er wollte nie Geldsorgen haben. Außerdem war es ihm wichtig, seine Eltern für all die Opfer zu entschädigen, die sie gebracht hatten, damit der Sohn es einmal besser haben würde als sie.

„Und was ist mit Ihrer Schwester? Das war doch die auf dem Foto, das Sie mir am Montag gezeigt haben?“

Sophie nickte nur und sah ihn so traurig an, dass er sie am liebsten in die Arme genommen hätte.

„Sie sagten, Sie hätten keinen Kontakt zu ihr. Warum denn nicht?“

„Die Tante hat meine Schwester ziemlich bald adoptiert. Und sie meinte, es sei besser für Suzie, wenn sie uns nicht mehr wiedersehen würde. Es würde sie nur traurig machen.“

„Und Ihre Mutter hat dem zugestimmt?“ Zach konnte es nicht glauben.

„Sie musste.“ Sophie richtete sich auf und sah ihn angriffslustig an wie eine Löwin, die ihr Junges verteidigt. „Es hat ihr fast das Herz gebrochen! Sie haben ja keine Ahnung, wie schwer es für sie war!“

„Das glaube ich Ihnen!“ Abwehrend hob Zach die Hände. „Entschuldigen Sie, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe.“ Dennoch konnte er nicht verstehen, wie Sophies Mutter ihr Kind hatte aufgeben können. Als sein Sohn Blake nach Annas Autounfall schwer verletzt war, hatte Zach alle Hebel in Bewegung gesetzt, um seinen Sohn am Leben zu erhalten, auch als die Ärzte ihm sagten, dass es kaum Hoffnung gab. Er hatte sich mit den berühmtesten Gehirnspezialisten in Verbindung gesetzt, hatte argumentiert und gekämpft. Doch Blakes Hirnverletzungen waren zu groß gewesen, sodass er ihn schließlich doch loslassen musste. Aber freiwillig sein Kind aufzugeben? Das wäre für ihn undenkbar.

„Meine Mutter konnte nicht zwei Jobs machen und gleichzeitig für zwei Kinder da sein. Ich ging schon zur Schule, und Mom konnte sich den Kindergarten für Suzie nicht leisten. Außerdem war Suzie ein schwieriges Kind, das viel Aufmerksamkeit brauchte. Natürlich hätte Mom Suzie gern behalten, aber sie wusste, dass die Kleine bei der Tante besser aufgehoben war. Die Tante war verwitwet, hatte Geld und war kinderlos. Sie hatte sich immer nach Kindern gesehnt und würde gut für Suzie sorgen, das war Mom klar. Sehr viel besser, als sie es selbst konnte.“

Zach nickte gedankenverloren. Er hatte den Eindruck, dass Sophie unter Schuldgefühlen litt. Weil sie nicht für die kleine Schwester hatte sorgen können, sodass die Mutter Suzie weggeben musste? Weil sie nichts dagegen tun konnte, dass die Familie auseinanderfiel? Wie quälend musste es sein, mit dieser Last zu leben! Wieder griff er nach ihrer Hand und streichelte sie sanft.

„Entschuldigen Sie, Sophie. Ich weiß, dass ich die Situation nicht beurteilen kann. Es muss sehr hart für Sie alle gewesen sein.“

Sie senkte den Kopf, als versuche sie, sich zu sammeln. Dann entzog sie ihm langsam die Hand und sah ihn ernst an. „Ja, das war es. Aber das ist jetzt vorbei.“

Doch das war gelogen, das sah er ihr an. Sie litt noch immer unter der Vergangenheit, auch wenn sie der Welt ein gelassenes Gesicht zeigte. Wie gern würde er ihr helfen, die Gespenster von früher zu verjagen, würde sie unterstützen in allem, was ihr das Leben leichter machte! Aber dann dachte er daran, dass er genau das mit Anna versucht hatte – ohne Erfolg. Im Gegenteil, sie war noch abhängiger von ihm geworden und noch unsicherer.

Deshalb war er froh, als der Ober mit dem Essen kam und Sophie dadurch abgelenkt wurde. Zach wandte sich harmloseren Themen zu. Er brachte Sophie sogar ein paarmal zum Lachen, indem er einige Mitglieder des Texas Cattleman’s Club, des TCC, liebevoll karikierte. Und als sie das Essen mit einem Espresso abschlossen, hatte er den Eindruck, die dunklen Schatten vertrieben zu haben. Wenigstens für diesen Abend.

Gern wäre er noch länger mit Sophie zusammengeblieben. Es machte Spaß, sich mit ihr zu unterhalten, sofern man das Thema Familie mied. Sie war witzig und schlagfertig und konnte ebenso gut reden wie zuhören. Er hatte sogar den Eindruck, dass sie nicht nur seinen Worten folgte, sondern aufmerksam alles registrierte, was um sie herum vorging. Ganz sicher kam diese Fähigkeit ihr auch bei der Arbeit zugute, denn meist ahnte sie voraus, was als Nächstes zu tun war.

Aber nicht nur das bewunderte er an ihr. Sie war eine Schönheit. Seltsam, dass er das vorher nicht bemerkt hatte. Wenn sie lachte, funkelten ihre Augen, und wenn sie sich vorbeugte, konnte er den Blick nicht von dem Ansatz ihrer Brüste wenden, die in dem tiefen V-Ausschnitt gut sichtbar waren. Und ihr Mund … Diese vollen roten Lippen … Er brauchte nur daran zu denken, sie zu küssen, mit der Zunge die zarte Haut zu liebkosen … und schon war er erregt.

Entschlossen setzte er die Espressotasse ab und winkte den Ober heran. Nachdem er gezahlt hatte, ergriff er Sophie beim Arm und zog sie mit nach draußen. Dass sie ihn verblüfft ansah, überging er. Er musste unbedingt an die frische Luft. Und Sophie nach Hause bringen, bevor er etwas sagte oder tat, was er später bereuen würde. Bevor er die unsichtbare Linie überschritt, die er für sich gezogen hatte, um ihr Arbeitsverhältnis nicht zu gefährden.

Auf dem kurzen Weg zu Sophies Apartment machten sie Small Talk, sprachen über das Restaurant und dessen ausgezeichnete Küche. Zach brachte Sophie dann zur Eingangstür des Apartmenthauses.

Sie holte die Schlüssel aus ihrer Handtasche und sah ihn lächelnd an. „Vielen Dank für das ausgezeichnete Dinner“, sagte sie und machte einen Schritt auf ihn zu, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Doch instinktiv drehte er den Kopf so, dass ihre Lippen nicht die Wange, sondern seinen Mund trafen. Sofort legte er ihr den Arm um die Taille und küsste sie.

Sophie stöhnte leise auf. Ob aus Lust oder weil ihr seine stürmische Art missfiel, war Zach in diesem Moment vollkommen egal. Denn ihre Lippen waren so weich und so verführerisch, wie er sie sich vorgestellt hatte. Sein Herz schlug wie verrückt, sein Puls raste, und das bisher unterdrückte Verlangen ließ sich nicht mehr zurückdrängen.

Er sehnte sich nach Sophie Beldon, er begehrte sie vom hell glänzenden Haarschopf bis zu den zierlichen Füßen. Und natürlich alles zwischendrin, das ganz besonders. Er drängte sich ihr entgegen, und als sie nicht zurückwich, wurde er fast wahnsinnig vor Begierde.

Und dann war alles vorbei. Sophie war einen Schritt zurückgetreten und sah ihn aus ihren whiskeyfarbenen Augen verträumt an, die Lippen noch feucht von dem leidenschaftlichen und viel zu kurzen Kuss.

„Tu das nicht“, stieß Zach zwischen den Zähnen hervor.

„Was soll ich nicht tun?“

„Dich zurückziehen. Uns voneinander trennen …“

„Uns? Es gibt kein uns, oder?“ Ihre Stimme zitterte leicht.

Doch … Wie sehr sehnte er sich danach, sie wieder in die Arme zu ziehen und zu küssen, bis sie alles vergaßen, was sie trennte! Doch das war nicht gut, gar nicht gut, und sie würden es bereuen. Denn ihre gemeinsame Arbeit war wichtiger, vor allem auch für Alex, der alles geordnet vorfinden sollte, wenn er zurückkam. Und das erforderte volle Konzentration. Außerdem war da auch noch Anna. Und der Gedanke an sie und ihre Probleme wirkte wie eine eiskalte Dusche.

„Nein“, erklärte er knapp und sah Sophie dabei nicht an. „Bis Montag.“ Schnell wandte er sich ab.

„Bis Montag“, flüsterte sie.

Er blieb neben dem Wagen stehen, bis sie im Haus verschwunden war, beobachtete, wie sie das Licht anmachte und die Vorhänge zuzog. Und selbst dann musste er sich zwingen, einzusteigen und loszufahren.

„Ich Idiot“, stieß er leise zwischen den Zähnen hervor. Er hätte es nie dazu kommen lassen sollen und hatte damit gegen alle Regeln verstoßen, die er selbst aufgestellt hatte. Und dennoch fühlte er sich mit Sophie wie durch ein unsichtbares Band verknüpft. Und je weiter er sich von ihr entfernte, desto stärker wurde es.

5. KAPITEL

„Was? Du hast ihn geküsst?“

„Pst! Mia, ich bitte dich!“ Hastig sah Sophie sich um, aber das Lokal war noch spärlich besetzt. Dann warf sie ihrer Freundin Mia Hughes, die ihr in der Nische gegenübersaß, einen scharfen Blick zu. „Ich wollte mich ja nur mit einem Küsschen auf die Wange von ihm verabschieden und ihm danken. Aber er hat die Gelegenheit genutzt und …“ Und sie geküsst, wie sie noch nie geküsst worden war. Noch immer, vierzehn Stunden später, glühte ihr Gesicht, wenn sie nur daran dachte.

Mia beugte sich vor und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. „Also gut“, sagte sie leise, „erzähl mir alles. Wie war’s? Küsst er gut?“

„Das kann man wohl sagen! So etwas habe ich noch nicht erlebt.“

„Hab ich’s mir doch gedacht!“ Mia lehnte sich lachend zurück. „Er wirkt zwar wie ein kühler Geschäftsmann, aber in ihm brodelt die Leidenschaft. Ein mysteriöser Mann.“

Sophie rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her. „Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist.“

„Aber ich!“, gab Mia triumphierend zurück. „Du hast dich schon lange zu ihm hingezogen gefühlt. Da musste es doch irgendwann dazu kommen, dass ihr euch küsst.“

„Wie auch immer“, Sophie war total frustriert, „es wird nicht wieder geschehen. Das habe ich ihm deutlich gemacht.“

„Du hast was?“ Unwillkürlich hatte Mia die Stimme erhoben, und einige Gäste drehten sich zu ihnen um.

Sophie wurde knallrot. „Mia, leise, bitte!“ Sie wunderte sich, dass die Freundin sich nicht beherrschen konnte, denn normalerweise brachte sie so leicht nichts aus der Fassung. Mit ihrem dunkelbraunen Haar, das sie in einem lockeren Knoten zusammengefasst hatte, und den klaren blauen Augen wirkte sie wie die personifizierte Vernunft. Normalerweise zumindest – aber heute?

„Entschuldige“, flüsterte Mia dann auch schnell. „Ich war nur so überrascht. Schließlich bist du schon seit Monaten scharf auf den Mann. Und dann hast du ihn zurückgewiesen?“

„Es war einfach zu viel.“

„Was war zu viel?“

„Nun setz nicht dein Psychologengesicht auf.“ Sophie grinste.

„Ich bin doch noch gar keine Psychologin. Und versuch nicht, mich abzulenken. Also? Was war zu viel?“

Sophie seufzte leise. „Irgendwie alles. Mit ihm so viele Stunden zusammen zu sein. Und dann der Kuss. Der Abend fing ja schon komisch an. Ich musste ihn bitten, mir mit meinem Kleid zu helfen.“

Erstaunt riss Mia die Augen auf, sagte aber kein Wort.

„Na ja, der Reißverschluss klemmte. Und während Zach ihn hochzog, hat er meinen nackten Rücken berührt. Dieses Gefühl bin ich den ganzen Abend nicht losgeworden. Wie es wohl wäre, wenn er mich überall … na, du weißt schon. Daran musste ich immer denken.“

„Dich hat es ja ganz schön erwischt“, sagte Mia grinsend.

„Ich fürchte auch. Und wenn ich nicht aufpasse, mache ich alles kaputt. Schließlich müssen wir konzentriert zusammenarbeiten.“

„Aber warum willst du nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden?“

Sophie schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht … Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er etwas weiß, dass er etwas verheimlicht. Wenn das nun mit Alex’ Verschwinden zu tun hat …“

Mia war Alex’ Haushälterin. Sie konnte sich die Arbeit einteilen, was günstig war, weil sie auf diese Weise ihr Studium abschließen konnte. So fürchterlich viel hatte sie eh nicht zu tun, und jetzt – ohne Alex – war sie eher eine gut bezahlte Haussitterin.

„Meinst du wirklich, dass Zach da irgendwie seine Finger drin hat?“

Sophie zuckte ratlos mit den Schultern. „Ich hoffe nicht. Aber in letzter Zeit benimmt er sich seltsam. Er arbeitet viel, ist morgens schon da, wenn ich komme, und verlässt abends als Letzter das Büro. Wenn ich sein Zimmer betrete, hält er mitten im Telefongespräch inne oder klappt den Laptop zu. Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Er hat zwar nie viel von sich preisgegeben, aber so verschlossen war er sonst nicht. Auch gestern Abend hat er immer das Thema gewechselt, wenn ich versucht hab, etwas aus ihm rauszubekommen. Und er meinte, wir sollten Freunde werden.“

„Freunde?“

„Ja. Aber Freunde müssen doch offen zueinander sein.“

„Allerdings.“ Mia musterte die Freundin nachdenklich. „Dennoch kannst du eigentlich am ehesten herausbekommen, was er vorhat. Schließlich arbeitest du mit ihm zusammen. Vielleicht musst du weniger zurückhaltend sein. Wenn er den Laptop zuklappt, solltest du dir vielleicht mal seinen Rechner ansehen. Und dir die Telefonnummern der Leute ausdrucken, mit denen er gesprochen hat. Alex muss doch irgendwo sein. Er kann sich nicht in Luft aufgelöst haben. Vielleicht steckt ein Plan dahinter, und Zach hat ihm geholfen, ihn in die Tat umzusetzen. Wir können nicht einfach davon ausgehen, dass Zach ein böser Kerl ist.“

„Du hast recht“, stimmte Sophie zu. „Vielleicht hat er Alex geholfen. Falls er mit dessen Verschwinden zu tun hat, dann hoffentlich nicht auf die üble Weise.“

„Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn, dann schon eher von David Firestone, dieser widerlichen Ratte. Kurz bevor Alex verschwand, hatte er mich noch gebeten, eine Flasche Champagner kalt zu stellen. Als ich ihn nach dem Grund fragte, meinte er, er habe David Firestone ein wichtiges Geschäft weggeschnappt. Was den offenbar fürchterlich geärgert hat.“

„Und du meinst, der war so sauer, dass er Alex etwas angetan hat?“ Erschrocken sah Sophie die Freundin an.

„Er soll vor Wut gekocht haben. Und irgendwie wirkt er auf mich wie jemand, der sich kaltblütig rächen würde.“ Mia nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und verzog das Gesicht. „Igitt, der ist kalt!“

„Wo Alex wohl ist …?“ Sophie seufzte leise.

„Ja, das frage ich mich auch. Hoffentlich ist ihm nichts Schlimmes passiert. Er hat nichts mitgenommen, noch nicht mal Kleidung zum Wechseln.“ Mia schüttelte ratlos den Kopf.

„Was können wir nur tun?“

„Versuchen, Informationen zu sammeln. Du musst möglichst viel über Zach rausbekommen. Und ich würde gern wissen, ob Alex David Firestone näher kannte, vielleicht sogar belastendes Material hatte. Vielleicht ist irgendwas im Haus, was uns weiterhelfen kann.“ Mia beugte sich vor und sah Sophie forschend an. „Dabei fällt mir ein: Hast du schon was von dem Privatdetektiv gehört – wegen deiner Schwester?“

„Das schon. Aber bisher sind alle Spuren im Sande verlaufen.“ Sophies Augen füllten sich mit Tränen. „Wenn das nun alles Zeitverschwendung ist, Mia? Vielleicht lebt Suzie nicht mehr …“

„Unsinn. Das würdest du erfahren haben. Ganz bestimmt.“

„Das glaube ich eigentlich auch.“

„Eben. Vertrau deinem Gefühl.“ Mia blickte auf die Uhr. „Aber ich sollte jetzt zurück nach Pine Valley fahren. Nach wie vor belagern die Presseleute das Haus, und ich habe Angst, dass jemand einbricht und in Alex’ Sachen rumschnüffelt.“

„Aber die Polizei hat doch bereits alles nach Hinweisen durchsucht.“

„Das ist den Medienfritzen doch egal. Also, ich sollte lieber los. Muss auch noch was fürs Studium tun.“

Wie üblich teilten sich die beiden Freundinnen die Rechnung, doch als Mia ihren Anteil zahlen wollte, wurde ihre Kreditkarte nicht akzeptiert.

„Ist doch egal“, sagte Sophie sofort. „Dann übernehm ich das diesmal.“

Mia war blass geworden. „Das verstehe ich nicht …“

„Wahrscheinlich hat die Bank irgendwie gemurkst. Ruf sie an, dann bringen die das sicher schnell wieder in Ordnung. Kann ich dir inzwischen was leihen?“

„Nein, nein“, wehrte Mia ab. „Das ist nicht nötig.“

„Okay.“ Sophie schloss ihren Wagen auf. „Aber sag mir, wenn ich dir irgendwie helfen kann.“

„Mach ich …“, antwortete Mia abwesend, und Sophie wusste, es würde ihr sehr schwerfallen, Geld von der Freundin anzunehmen.

„Und sei vorsichtig. Ich meine, im Hinblick auf diesen David Firestone.“

„Keine Sorge.“ Mia zwinkerte der Freundin zu. „Und mach nichts mit deinem Mr. Lassiter, was ich nicht auch tun würde.“

Sophie wurde rot und setzte sich schnell hinter das Lenkrad. Auf dem Weg zu ihrem Apartment fragte sie sich, wie weit sie gehen würde, um etwas über Alex aus Zach herauszuholen. „Sei nicht albern“, stieß sie halblaut hervor. „Du bist doch nicht Mata Hari.“ Dennoch ließ sie der Gedanke nicht los, wie es wäre, ihn zu verführen, um seinem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Und selbst wenn ihr das gelang, würde er im Bett belastende Dinge ausplaudern? Das bezweifelte sie stark. So leicht würde Zach Lassiter sich nicht hereinlegen lassen.

Doch leider musste sie noch den ganzen Nachmittag und Abend daran denken, während sie ihr Apartment aufräumte, Wäsche machte und alles für die kommende Arbeitswoche vorbereitete. Als sie schließlich mit dem neuesten Krimi ins Bett ging, war sie ein nervöses Wrack und musste sich eingestehen, dass die Rolle der Mata Hari sie nicht losließ. Sollte sie, oder sollte sie nicht? Entschlossen schwang sie die Beine wieder aus dem Bett, denn an Schlaf war nicht zu denken, und holte eine 25-Cent-Münze aus ihrem Portemonnaie. „Kopf oder Adler“, flüsterte sie. „Kopf bedeutet, ich tu es, Adler, dass ich die Finger davon lasse.“

Sie warf die Münze hoch, fing sie wieder auf und legte die andere Hand darauf. Vorsichtig spreizte sie die Finger.

Kopf. Na toll!

6. KAPITEL

„Noch zweimal.“ Sophie warf die Münze.

Wieder Kopf.

„Noch einmal.“

Und noch einmal Kopf.

Das konnte doch nicht wahr sein. Oder war es Schicksal? Hatte Fortuna entschieden, dass sie Zach dazu bringen sollte, das, was er über Alex wusste, preiszugeben? Und musste sie ihn dazu verführen? Es sah fast so aus.

Sie kroch wieder ins Bett und ließ sich seufzend auf das weiche Kopfkissen sinken. Das würde sie nie fertigbringen. Schließlich war sie keine Mata Hari. Nicht umsonst hatte sie Zach daran gehindert, noch weiterzugehen, als er sie zum Abschied küsste, anstatt die Situation auszunutzen. Aber das müsste ja nicht immer so sein …

Sie knipste die Nachttischlampe aus und lag dann lange im Dunkeln, ohne einschlafen zu können. Was kam da auf sie zu? Einen Mann zu verführen verstieß gegen all ihre Prinzipien. Andererseits war sie es Alex irgendwie schuldig. Sicher, die Untersuchungen der Polizei waren noch in vollem Gang, aber bisher war nichts dabei herausgekommen. Vielleicht hatte Zach den Sheriff auch absichtlich in die Irre geführt?

Aber wenn nicht? Wenn ihr Verdacht, er habe etwas damit zu tun, vollkommen unbegründet war? Dann wäre die Situation für sie äußerst peinlich. Schon bei dem Gedanken bekam sie heiße Wangen. Andererseits bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie etwas herausbekam und außerdem super Sex hatte. Und falls sie sich irrte und Zach nicht in die Sache verwickelt war, blieb ihr immer noch der Sex mit einem Mann, der sie ohnehin wahnsinnig erregte. Wer weiß, wohin das führen könnte …

Frustriert drehte sie sich auf den Bauch. Das hörte sich alles so schrecklich berechnend an. Und sie war nicht der Typ, der so etwas durchziehen konnte. Intrigen lagen ihr nicht. Sie liebte Ordnung und Sicherheit. Aber genau diese Sicherheit war gefährdet, wenn sie ihren Job verlor. Wenn Alex nicht wiederkam, würde Zach möglicherweise Royal verlassen und sein Büro woanders eröffnen. Immer wieder erwog sie das Für und Wider ihres Verführungsplans. Und darüber schlief sie schließlich ein.

Erstaunlicherweise schlief sie gut, und als sie am nächsten Morgen aufwachte, wusste sie plötzlich mit absoluter Klarheit, was sie machen wollte. Zach war durchaus an ihr interessiert, das hatte sie wohl gemerkt. Auch wenn er am Freitagabend akzeptiert hatte, dass sie nicht weitergehen wollte. Also würde sie den nächsten Schritt ihm überlassen, allerdings nicht, ohne ihn zu ermutigen, diesen Schritt in ihre Richtung zu machen.

Sie stand auf und musterte kritisch die fünf Outfits, die sie für die kommende Arbeitswoche herausgehängt hatte. Nein, das war alles zu bieder. Zumindest in dieser Zusammenstellung. Sie nahm das Kostüm vom Bügel, das sie am Montag anziehen wollte. Das Top darunter brauchte sie nicht, die Kostümjacke war doch nicht zu tief ausgeschnitten, oder? Sie grinste leicht. Das Ensemble für Dienstag war okay, sofern sie die Bluse nicht bis obenhin zuknöpfte. Allerdings wusste sie nicht, ob Zach mehr an Busen oder an Beinen interessiert war. Am besten bot sie ihm beides …

Das Mittwoch-Kleid wurde durch einen kurzen geraden Rock ersetzt. Und wenn sie dazu noch High Heels trug, konnte Zach ihre Beine nicht übersehen. Sie lachte leise. Die Sache fing an, ihr Spaß zu machen. Jetzt freute sie sich beinah schon auf Montag.

Montagmorgen fühlte Zach sich wie zerschlagen. Am Wochenende hatte er eine lange Telefonkonferenz mit den Fachärzten einer privaten Nervenklinik geführt, die er für Anna ausgesucht hatte. Die Ärzte hatten ihn überzeugt, dass es das Richtige für Anna war, aber leider war sie nicht aufzufinden. Ihre Eltern hatten sie das ganze Wochenende nicht gesehen, was allerdings wohl häufiger vorkam. Aber Zach war sehr beunruhigt, denn er wusste, in welch labilem Zustand seine Exfrau war.

Als er sie den ganzen Sonnabend über nicht auf ihrem Handy erreichen konnte, war er am Sonntagmorgen die fünfzig Meilen nach Midland gefahren. Aber auch in ihrem ehemals gemeinsamen Haus, das sie jetzt allein bewohnte, war keine Spur von ihr zu finden. Es sah sogar so aus, als sei sie schon seit längerer Zeit nicht mehr dort gewesen. Das Kinderzimmer allerdings war unverändert und in demselben Zustand wie an dem Tag zwei Jahre zuvor, als Anna nach einem Streit mit Zach das Kind genommen und das Haus verlassen hatte.

Auch ihre Freunde hatten keine Ahnung, wo sie sein könnte, schienen sich allerdings keine allzu großen Gedanken zu machen. Zach war entsetzt und frustriert zugleich. Wenn sie sich etwas angetan hatte, würde er sich das nie verzeihen. Er hätte schon viel früher etwas unternehmen müssen.

Aber nicht nur die Sorge um seine Ex quälte ihn, auch Sophie Beldon ging ihm nicht aus dem Kopf. Bei der Einladung zum Essen hatte er sich nichts gedacht, aber später an dem Abend – nach einer eiskalten Dusche – wurde ihm klar, dass das Ganze keineswegs harmlos war. Als er sie küsste, wenn auch viel zu kurz, hatte er die elektrisierende Spannung bemerkt, die sich sofort zwischen ihnen aufgebaut hatte. Ihre zögernde Abwehr hatte er natürlich respektiert, auch wenn er Sophie am liebsten fest an sich gedrückt hätte.

Zach stieß die Tür zum Vorzimmer auf und wollte in sein Büro gehen, als Sophie mit einer Kaffeekanne auf ihn zukam. „Da sind Sie ja. Guten Morgen. Möchten Sie einen Kaffee?“

Er blieb stehen und starrte sie an, als sehe er sie zum ersten Mal. Das Kostüm kannte er, und dennoch sah sie heute vollkommen anders darin aus. Der tiefe Ausschnitt ließ ganz eindeutig den Ansatz ihrer Brüste erkennen. Natürlich, an diesem Tag trug sie nichts unter der Kostümjacke, das war es!

„Zach? Möchten Sie Kaffee?“, wiederholte sie und lächelte ihn an.

„Äh … ja, danke, gern.“ Er zwang sich, ins Büro zu gehen, und schüttelte verwirrt den Kopf, als er sich in seinen schweren Ledersessel fallen ließ. Was war das eben gewesen? Er musste sich geirrt haben, ganz bestimmt. Wie oft hatte er Sophie schon in diesem Kostüm gesehen? Doch als sie ins Büro kam und sich vorbeugte, während sie den dampfenden Becher absetzte, sah er, dass es kein Irrtum gewesen war. Diese Brüste … dazu der dezente Duft nach Vanille. Sofort musste er an die Umarmung vor ihrer Haustür denken, ihren nackten Rücken mit dem schmalen Streifen lindgrüner Spitze …

„Danke“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Irgendwas Neues vom Sheriff?“

Langsam richtete Sophie sich wieder auf. „Leider nicht. Kann ich sonst noch was für Sie tun?“

„Im Augenblick nicht.“ Obwohl er sich sehr gut vorstellen konnte, was sie alles für ihn tun könnte … Wenn es auch nicht die gemeinsame Arbeit betraf. Er griff nach dem Becher und trank einen Schluck. Verdammt, war der Kaffee heiß! Aber gut, das lenkte ihn wenigstens ein bisschen von all dem ab, was sonst in seinem Körper vor sich ging.

„Okay. Wenn Sie mich brauchen, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“ Sie ging zur Tür, und er starrte ihr hinterher. Irgendetwas war anders. Sie war anders. Aber leider immer noch sehr attraktiv.

Und so ging es die nächsten Tage weiter. Ihr zartes Parfum machte ihn verrückt. Er brauchte morgens nur ins Büro zu kommen, und schon war er erregt. Und das hielt an, bis er abends zu Hause unter der eiskalten Dusche stand. Noch nie war ihm sein Bett so groß und leer vorgekommen.

Am schlimmsten jedoch waren Sophies zufällige Berührungen. So zum Beispiel am Donnerstagabend. Sie waren noch lange im Büro. Und als Sophie ihm die neuesten Aufstellungen brachte, die er dann als Empfehlung an seine Investoren schicken wollte, beugte sie sich leicht vor, als sie ihm die Papiere auf den Schreibtisch legte. Und stieß mit ihrer Brust leicht gegen seine Schulter … Oh Gott … Ihm war, als wären sie nackt, obwohl der Stoff ihrer blauen Seidenbluse und seines teuren Baumwollhemds zwischen ihnen war.

„Pardon“, sagte er schnell und rückte etwas zur Seite, obwohl sie es war, die ihn berührt hatte.

„Macht doch nichts. Ist das alles für heute?“ Sie rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle.

„Ja. Sie können jetzt gehen. Danke, dass Sie so lange geblieben sind.“

„Kein Problem. Und Sie? Fahren Sie jetzt auch nach Hause?“

„Nein. Ich will das noch mal durchsehen und mir überlegen, welche Briefe ich jeweils dazu schreibe.“

Sie wandte sich um, sodass ihr hübscher kleiner Hintern die Schreibtischkante berührte. „Sie arbeiten zu viel, Zach. Finden Sie nicht, dass Sie mal eine Pause machen sollten? Lockern Sie die Krawatte, und entspannen Sie sich.“

Entspannen? Sie hatte gut reden. Noch nie war er so angespannt wie in diesem Moment gewesen. Sein Körper schmerzte vor unerfülltem Verlangen. „Ich …“

Doch da beugte sie sich vor. „Vielleicht sollte ich sie für Sie lockern.“ Und ehe er etwas dagegen tun konnte, hatte sie den perfekten Windsorknoten aufgezogen und die ersten beiden Hemdknöpfe gelöst. „Ist das nicht angenehmer?“, flüsterte sie lächelnd.

Das war zu viel. Sofort packte er sie bei den Handgelenken und zog sie dicht zu sich heran, sodass ihre Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt waren. „Angenehmer? Ich zeige dir, was angenehmer ist!“ Er kam hoch und presste ihr die Lippen auf den Mund – wild und ungestüm. Doch dann zog er sich wieder zurück. „Sag mir, dass ich aufhören soll“, stieß er rau hervor, obwohl er kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren.

Doch zu seiner großen Überraschung umfasste Sophie sein Gesicht mit beiden Händen und erwiderte den Kuss. Dann ließ sie die Zunge in seinen Mund gleiten – und Zach war verloren. Aufstöhnend riss er sie an sich und küsste sie wie von Sinnen. Danach hatte er sich die ganze Woche gesehnt.

Sie war so weich und warm in seinen Armen, ihr Kuss so süß und einladend. Er war verrückt nach ihr, wollte sie fühlen, überall, mit den Händen, mit dem Mund, wollte in ihr sein. Entschlossen zog er sie auf den Schoß, und sie schmiegte sich an ihn und knöpfte ihre Bluse auf, hastig, als könne sie es nicht mehr erwarten, seine Hände auf ihren Brüsten zu spüren.

Ihm stockte der Atem, als er ihren vollen Busen sah, der von dem silbergrauen Push-up-BH kaum bedeckt wurde, sodass Zach die harten rosa Spitzen sehen konnte. „Sophie, ich …“ Er beugte sich vor und presste die Lippen auf die glatte Rundung. Schnell griff er nach hinten, löste den Verschluss und schob ihr den BH von den Schultern. Sophie erbebte in seinen Armen.

„Du bist so schön, so unglaublich schön“, flüsterte er immer wieder, während er die Brüste streichelte und mit dem Daumen die harten Spitzen liebkoste.

„Wenn du mich so ansiehst, glaube ich es dir“, wisperte sie und knöpfte sein Hemd auf.

„Ich will dich, Sophie. Ich begehre dich so …“

„Ich dich auch. Schon so lange …“

Erst allmählich begriff er, was sie damit sagte. Er hatte sich mühsam zurückgehalten, und sie war die ganze Zeit scharf auf ihn gewesen? Einfach idiotisch … Sie sehnte sich genauso nach ihm wie er sich nach ihr, und er hatte aus lauter Edelmut sein Verlangen bekämpft?

Schnell schob sie ihm das Hemd von den Schultern und legte ihm die Hände auf die nackte Brust. Zach stockte der Atem. Wie lange schon hatte er sich nach einer solchen Berührung von ihr gesehnt! Wieder küsste er sie und streichelte sie, wo immer er sie erreichen konnte. Ihre glatte warme Haut, die schnellen erregten Atemzüge, ihr Duft – all das steigerte sein Verlangen, bis er es kaum noch aushielt. „Sophie … ich …“

Sie lachte leise, und bevor er wusste, was geschah, hatte sie den Rock abgestreift und trug nur noch diesen aufregend winzigen Slip. Sofort schob Zach die Finger unter das Gummi, drang vor und stöhnte auf. Sie war so heiß und feucht, wie er es sich nur wünschen konnte, und drängte sich ungeduldig gegen seine Hand. „Zach, ich kann nicht mehr …“

Fest legte er ihr einen Arm um den Rücken, erhob sich mit ihr, wischte mit der anderen Hand die Papiere vom Schreibtisch und ließ Sophie auf der Platte nieder. Schnell streifte sie den Slip ab und legte sich so hin, dass ihre Beine über die Kante hingen. Und als sie die Knie jetzt direkt vor seinen Augen spreizte, wäre er beinahe gekommen. Noch nie hatte eine Frau sich ihm so dargeboten, hatte zugelassen, dass ihre Weiblichkeit so offen vor ihm lag.

Er trat zwischen ihre Beine, beugte sich vor und küsste Sophie leidenschaftlich, während er ihr über die Innenseiten der Schenkel strich. „Oh Sophie, das ist so gut, so gut …“, stieß er zwischen wilden Küssen hervor. Und als er ihre zarte Haut berührte und dann tief in ihre feuchte Hitze vordrang, stöhnte sie laut auf und drängte sich gegen seine Hand, die ihr so viel Lust verschaffte. Er wusste genau, wie er sie erregen konnte, und nach kurzer Zeit schrie sie auf und bog sich ihm entgegen, um dann erschöpft und schwer atmend wieder zurückzusinken.

„Oh Zach, das war … das war …“ Schnell richtete sie sich auf und griff nach seiner Gürtelschnalle, öffnete sie und zog den Reißverschluss auf. Zach war sichtbar erregt, und sie umfasste und streichelte ihn, sodass er sich nur mit äußerster Anstrengung beherrschen konnte.

„Sophie …“ Er keuchte. „Ich habe nichts mit …“

Sie riss ihm den Slip herunter und … oh Gott … ihre Hand direkt auf der Haut … „Aber ich bin geschützt“, sagte sie schnell. „… und untersuchen lasse ich mich regelmäßig … und seit über einem Jahr habe ich keinen Mann mehr gehabt …“

„Gesund bin ich auch, das ist es nicht …“

„Worauf wartest du dann noch?“, stieß sie ungeduldig hervor.

„Bist du … absolut sicher, dass … du das willst?“ Er war so stark erregt, dass er sich kaum noch zurückhalten konnte. Wenn sie jetzt Nein sagte …

Sie sah ihm tief in die Augen. „Ja, ich will. Ich vertraue dir, und du kannst mir vertrauen. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die …“

Mehr wollte er gar nicht wissen. „Ich weiß …“ Er hob ihre Hüften an und drang tief in sie ein. Wie sehr hatte er sich danach gesehnt! Und nun war es endlich so weit. Er zog sich wieder zurück und drang erneut vor. Oh, das war Lust und Qual zugleich. Wenn er in ihr war, sie ihn umschloss – das war unglaublich. Aber es war schmerzhaft, sich zurückhalten zu müssen, vor allem als Sophie die Knie anzog und ihm die Beine um die Hüften legte.

„Nimm mich, Zach“, flüsterte sie keuchend. „Ich will dich, jetzt, gleich …“

Und er nahm sie, wieder und wieder, schneller und schneller, ohne zu wissen, was er tat, bis sich der Druck in ihm explosionsartig löste und er von einem gewaltigen Höhepunkt mitgerissen wurde, den er wie einen Farbenrausch empfand. Als Sophie laut aufschrie und sich an ihn drängte, wusste er, dass sie gerade das Gleiche erlebte.

Als ihr Atem ruhiger ging, zog er sich vorsichtig zurück und hob sie vom Schreibtisch. Kurz drückte er sie an sich. „Alles okay?“

„Wunderbar.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.

Sofort war das Verlangen wieder da. Wie konnte das sein, da er sie doch gerade erst gehabt hatte? Fest legte er die Arme um sie und erwiderte ihren Kuss.

Da klingelte sein Handy.

Sophie schob ihn zärtlich von sich. „Nimm das Gespräch ruhig an. Ich muss mich sowieso frisch machen.“ Sie drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange.

Nachdenklich sah er ihr zu, wie sie ihre Sachen zusammensuchte und dann ins Badezimmer ging, das zu dieser Bürosuite gehörte. Wie graziös sie sich bewegte! Am liebsten wäre er ihr gefolgt, hätte mit ihr geduscht, sie eingeseift, abgespült, wieder genommen …

Doch sein Handy klingelte unaufhörlich. „Ja?“

„Zach, bist du’s?“

Anna. Sofort wurde er wieder von Schuldgefühlen übermannt und ließ die Schultern hängen.

7. KAPITEL

Doch dann richtete Zach sich wieder auf. Immerhin war Anna nichts passiert, zumindest nichts Schlimmes, denn sie rief ihn an. „Ja, ich bin am Apparat. Wo bist du gewesen?“

„Ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Die Nachbarn haben mir gesagt, dass du nach mir gefragt hast. Was gibt’s denn?“

Sie hörte sich so fremd an, so als sei sie mit den Gedanken ganz woanders. Kein gutes Zeichen, dachte Zach. „Ich hab mir Sorgen gemacht, weil ich dich nicht erreichen konnte. Alles okay bei dir?“

„Ja, wunderbar. Alles bestens.“

„Hast du deine Medikamente regelmäßig genommen?“

„Selbstverständlich. Ich bin nicht so hilflos, wie du glaubst. Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen.“

Von wegen! Und die Art und Weise, wie sie sprach, beunruhigte ihn noch mehr. Denn offenbar schwankte sie zwischen zwei Extremen. Entweder hing sie jeden Tag heulend am Telefon, oder aber sie meldete sich überhaupt nicht, und alles war „wunderbar“. Er musste ihre Eltern anrufen. Vielleicht konnten sie die Tochter überreden, ein paar Tage bei ihnen zu wohnen. Anna musste unbedingt unter Aufsicht sein. Und in der Zwischenzeit konnte er sie vielleicht von der Notwendigkeit überzeugen, professionelle Hilfe anzunehmen.

„Gut“, sagte er betont ruhig. „Ich glaube dir und verlasse mich darauf, dass du auf dich achtgibst.“

„Und dich nicht wieder enttäusche, meinst du doch.“

Er runzelte die Stirn. Wie kam sie jetzt darauf? „Du enttäuschst mich doch nicht.“

„Aber ich habe dich enttäuscht, oder nicht?“

Bitte nicht schon wieder … „Das haben wir doch längst geklärt.“

„Ja?“

„Bitte, Anna, fang nicht wieder damit an.“

„Es tut mir so leid, Zach. Habe ich dir schon mal gesagt, wie wahnsinnig leid es mir tut?“ Ihre Gleichgültigkeit war verschwunden, und Zach wusste, dass sie sich nun wieder der Trauer um ihren Sohn hingeben würde.

„Ja, das hast du, und das ist nun vorbei. Es wird Zeit, wieder vorwärts zu schauen und an die Zukunft zu denken.“

Sie schluchzte. „Ich versuche es ja, aber es ist so schwer.“

„Ich weiß“, sagte er tröstend. Auch für ihn verging kein Tag, an dem er nicht an den verstorbenen Sohn dachte und sich vorstellte, was er jetzt machen würde, wenn er noch lebte. „Aber du bist stärker, als du glaubst, Anna. Du schaffst es. Soll ich deine Eltern anrufen und sie fragen, ob du sie übers Wochenende besuchen kannst? Dann bist du nicht allein.“

„Okay, ja, wenn du meinst.“

„Gut, dann pack deine Sachen zusammen.“ Zach atmete erleichtert auf. Ein paar Tage wenigstens würde sie unter Aufsicht sein.

Nach dem Gespräch mit Anna rief er seine früheren Schwiegereltern an, die erleichtert waren, dass Anna sich bei ihm gemeldet hatte, und sie gern sehen wollten. Dass die Tochter spurlos verschwunden war, hatte ihnen dann doch einen Schock versetzt, und sie hatten begriffen, dass Annas seelischer Zustand wirklich bedrohlich war. Zach hoffte auf ihre Unterstützung bei seinem Versuch, Anna zu überreden, sich in die Klinik einweisen zu lassen.

Irgendetwas musste geschehen, damit ihre schwere Depression nicht chronisch wurde. Annas zwei Selbstmordversuche hatten die Eltern nicht ernst genommen, aber jetzt schienen sie verstanden zu haben, wie schlimm es um die Tochter stand.

Zach warf das Telefon auf den Schreibtisch, und erst als er das Chaos sah, erinnerte er sich an das, was er eben mit Sophie erlebt hatte. Glück und Verzweiflung – wie nah lagen die oft beieinander! Das Gespräch mit Anna hatte ihn erschöpft, und so beschloss er, erst am nächsten Tag aufzuräumen. Er zog sich an, stopfte die Krawatte in die Hosentasche, griff nach seinem Jackett, klemmte sich den Laptop unter den Arm und ging in den Vorraum.

Sophie stand neben ihrem Schreibtisch und machte ein paar Schritte auf Zach zu, zögerte dann aber und blieb stehen. „Ist was passiert?“, fragte sie leise.

Er sah sie an und verspürte augenblicklich eine tiefe Sehnsucht. Ohne sie aus den Augen zu lassen, legte er seine Sachen auf ihren Schreibtisch, ging auf sie zu und nahm sie fest in die Arme. Dabei spürte er kein sexuelles Verlangen, sondern nur den Wunsch, einem Menschen ganz nah zu sein und dadurch Trost zu finden.

Beinahe verzweifelt drückte er ihre zierliche Gestalt an sich und war unendlich erleichtert, als Sophie ihn umarmte und sich an ihn schmiegte. Einige Minuten standen sie so da, ohne etwas zu sagen. In dem stummen Miteinander fand Zach die Kraft, die er brauchte.

Tausend Gedanken schossen Sophie gleichzeitig durch den Kopf. Was war mit Zach los? Als sie ihn in seinem Büro zurückgelassen hatte, schien er glücklich, zumindest aber befriedigt zu sein. Dann kam der Telefonanruf, und nun hielt sie einen niedergeschlagenen Mann im Arm. Mit wem er wohl gesprochen hatte? Wieder schmiegte sie sich an ihn, als könne sie dadurch etwas von ihrer Stärke und Zuversicht, die er offenbar bei ihr zu finden hoffte, an ihn weitergeben.

Dass er Trost bei ihr suchte, berührte sie sehr und tat ihr gut. Dass er Trost brauchte, schmerzte sie tief. Langsam streichelte sie ihm den Rücken und spürte, wie sich Zachs Anspannung allmählich löste. Er roch so gut nach Wind und Meer, das nahm sie trotz allem wahr. Und sie wusste, wenn sie in Zukunft irgendwo am Strand wäre, würde sie an diesen Augenblick mit Zach Lassiter denken.

„Danke“, sagte er schließlich und löste sich behutsam aus der Umarmung. „Das hat gutgetan.“

„Ein schlimmer Anruf?“

Er presste kurz die Lippen aufeinander und nickte dann knapp. „Ja. Aber es ist geregelt. Zumindest vorübergehend. Tut mir leid, dass wir dadurch gestört …“

Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Das Leben stört eben manchmal. Das muss man akzeptieren.“ Dennoch war sie entschlossen, das weiterzuführen, was sie begonnen hatten. Wer weiß, wann sie noch einmal die Gelegenheit hatten. Der Sex mit ihm war fantastisch gewesen, und sie sehnte sich nach mehr. Lächelnd sah sie ihn an. „Nie hätte ich geglaubt, dass ich das mal zu einem Mann sagen würde. Zu dir oder zu mir?“

Zach zögerte keine Sekunde. „Zu mir.“ Er griff nach ihrer Hand. „Wir können morgen früh bei dir vorbeifahren, damit du dich umziehen kannst.“

Sie nickte nur und drückte ihm die Hand, unfähig zu sprechen. Sie sehnte sich so sehr nach ihm, dass ihr die Knie zitterten. Glücklicherweise war zu dieser Zeit keiner mehr in dem Bürogebäude, denn sie war sicher, man würde ihr ansehen, was sie erlebt hatte und was noch vor ihr lag.

Die Fahrt nach Pine Valley dauerte nur dreißig Minuten, aber es war die längste halbe Stunde in Sophies Leben. Sosehr sie sich auch bemühte, ihre Gefühle zu kontrollieren, sie war hypernervös. Was sie heute getan hatte, hätte sie sich selbst nie zugetraut. Noch nie hatte sie einen Mann angemacht, noch nie hatte sie ohne das übliche Dating vorher mit einem Mann geschlafen. Und dann noch auf seinem Schreibtisch!

Wenn sie daran dachte, die ganze Nacht mit Zach verbringen zu können, stieg ihr die Röte in die Wangen, und ihr Herz klopfte wie verrückt. Eigentlich hatte sie erwartet, dass er ihre Annäherungsversuche höflich, aber bestimmt abwehren würde. Dass er so begeistert darauf einging, hätte sie nie für möglich gehalten. Und nun lag die ganze Nacht vor ihnen.

Als Zach die Geschwindigkeit drosselte, in eine breite Einfahrt einbog und mit einer Fernbedienung das schwere Eisentor öffnete, stockte Sophie der Atem. Sie durchfuhren das Tor, und nach fünfzig Metern hielten sie vor einer zweistöckigen Villa. Die indirekte Außenbeleuchtung ließ erahnen, wie gepflegt der umgebende Garten war. Der weite Rasen war kurz geschnitten, und die Hecken waren äußerst akkurat gekürzt.

Das alles sah nach sehr viel Geld aus, und sekundenlang fragte sich Sophie, ob sie wohl das Richtige tat. Zach lebte in einer total anderen Welt als sie. Er hatte Geld, offenbar sogar sehr viel.

„Kommst du?“ Zach warf ihr kurz einen Blick zu, während er die Fahrertür aufstieß und ausstieg.

„Ja, gleich.“ Sie löste den Sicherheitsgurt, griff nach hinten und nahm ihre Tasche vom Rücksitz. Bevor sie die Beifahrertür öffnen konnte, hatte Zach sie bereits aufgerissen und bot Sophie mit einer leichten Verbeugung die Hand. „Danke“, sagte sie lächelnd, nahm die Hand und fühlte schon bei der Berührung wieder die ungeheure sexuelle Energie, die von Zach ausging. Ihr wurde fast schwindelig von ihrem eigenen Verlangen, das sie augenblicklich übermannte.

Wie in Trance folgte sie Zach ins Haus und nahm kaum wahr, dass sie eine weite Halle durchquerten, die mit hellen italienischen Fliesen ausgelegt war, und dann über eine breite Treppe in den ersten Stock hochgingen. Zach zog sie die Galerie entlang und blieb schließlich vor einer hölzernen Doppeltür stehen. Doch nur sekundenlang, dann stieß er die Tür auf, schob Sophie hinein und schloss die Tür hinter sich.

Der große Raum wurde von zwei zierlichen Nachttischlampen aus Alabaster nur spärlich erhellt, aber das war Sophie egal. Sie hatte sowieso nur Augen für den Mann, der jetzt vor ihr stand und sie verlangend ansah. „Komm“, sagte er leise und streckte die Hand aus. „Du sollst lernen, was Lust ist.“

Und sie wurde nicht enttäuscht. Während sie im Büro nicht schnell genug zum Höhepunkt kommen konnten – ausgehungert nach Sex, wie sie beide waren –, ließen sie sich diesmal Zeit. Immer wieder unterbrochen von langen leidenschaftlichen Küssen, zogen sie sich gegenseitig aus und streichelten sich zärtlich, als wollten sie den Körper des anderen sehr genau erkunden.

Auch als Zach Sophie hochhob und dann langsam auf das Bett niederließ, zeigte er keine Ungeduld. Beide küssten, liebkosten und reizten sich, bis ihre Bewegungen hastiger und eindeutiger wurden. Und als Zach sich dann auf sie schob und in sie eindrang, hob sie sich ihm entgegen, umarmte und küsste ihn. Gemeinsam fanden sie den Rhythmus, der sie zu einem unglaublich befriedigenden Höhepunkt führte.

Bevor Sophie schließlich in Zachs Armen einschlief, wurde ihr bewusst, dass sie das Richtige getan hatte. Für Zach und für sich selbst. Die schwelende Spannung, die zwischen ihnen geherrscht hatte, hatte sich irgendwie lösen müssen. Warum sollte sie nicht ihrem Begehren nachgeben? Sie zumindest empfand eine tiefe Befriedigung, ja, beinahe so etwas wie Glück.

Auf alle Fälle war dies mehr als ein Strohfeuer, das durch Sex einfach gelöscht werden konnte. Zach Lassiter war ihr alles andere als gleichgültig, und sie empfand mehr für ihn als sexuelle Neugier.

Sie wollte ihn trösten, wollte mit ihm lachen und fröhlich sein. Nicht nur in dieser Nacht, in der nächsten Woche – sondern für den Rest ihres Lebens.

8. KAPITEL

Daran, dass ihr Körper sich entspannte, merkte Zach, dass Sophie eingeschlafen war. Zärtlich drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn. Träum was Schönes!

Obwohl er körperlich erschöpft war, fand er gedanklich keine Ruhe. Was hatte er getan? Als ob sein Leben nicht auch ohne Sophie schon kompliziert genug war. Erst bei ihrem gemeinsamen Dinner am vergangenen Wochenende hatte er gemerkt, was sie für ihn empfand. Sie war immer freundlich gewesen. Aber der Kuss damals vor ihrer Haustür und ihr Verhalten danach hatten ihm gezeigt, dass er ihr nicht gleichgültig war. Und dieses Wissen war nicht ohne Wirkung auf ihn geblieben.

Tief sog er ihren Duft ein, und sofort regte sich wieder sein Verlangen. Noch nie hatte er so etwas bei einer Frau empfunden – dieses pure und fast verzweifelte Begehren. Und das nicht nur in sexueller Hinsicht. Er wollte mehr, wollte herausfinden, ob sie mehr teilen konnten als leidenschaftlichen Sex. Was für ein Mensch war sie? Wollte sie wissen, was er hinter seinem gelassenen Äußeren verbarg?

Wieder quälte ihn sein schlechtes Gewissen. Durfte er so für eine andere Frau empfinden, den Sex mit ihr genießen, wenn es Anna so schlecht ging? Wie würde sie reagieren, wenn sie davon erfuhr? Bei dem Gedanken wurde ihm ganz elend zumute. Anna war emotional total von ihm abhängig, und er hatte sich immer für sie verantwortlich gefühlt. Das war er ihr schuldig, weil er sich von ihrem Vater zu der Heirat hatte überreden lassen. Weil er gehofft hatte, durch die Hochzeit mit der Tochter des Chefs schneller die Karriereleiter zu erklimmen. Und die arme Anna hatte keine Ahnung gehabt und war das unschuldige Opfer gewesen.

Er versuchte ihr zu helfen, so gut er konnte. Und bei ihren Eltern war sie hoffentlich erst einmal gut aufgehoben. Dennoch, wie würde sie reagieren, wenn sie erfuhr, dass er eine Freundin hatte? Unwillkürlich zog er Sophies warmen Körper näher an sich heran. Seit der Scheidung hatte er nur noch geschäftlich mit Frauen zu tun gehabt, hatte jeden privaten Kontakt vermieden, sexuellen sowieso. Bis zu diesem Tag.

Da Sophie häufig Annas Gespräche zu ihm durchstellte, vermutete sie wohl eine gewisse Abhängigkeit. Aber ahnte sie, welch große, wenn auch belastende Rolle Anna noch in seinem Leben spielte? Wenn Anna von Sophie erfuhr, könnte das der Auslöser für eine dritte Verzweiflungstat sein. Würde Sophie seine Gefühle verstehen, was Anna betraf?

Warum musste das Leben nur so kompliziert sein?! Als er jünger war, hatte er geglaubt, alles im Griff zu haben. Aber Menschen ließen sich nun mal nicht so einfach in Schubladen stecken, nur damit sie seine Erwartungen erfüllten. Sie veränderten sich auf unvorhergesehene Weise, und man musste sich auf diesen Wandel einstellen und damit klarkommen.

Mit Sophie war wieder eine Änderung in seinem Leben eingetreten. Oder bewertete er die Bedeutung ihrer Beziehung über? Vielleicht waren es Alex’ Verschwinden und die Sorge um den Freund beziehungsweise Chef, die sie einander in die Arme getrieben hatten. Auch dieser Gedanke ließ ihn nicht los.

Vorsichtig schmiegte er das Gesicht in Sophies Halsbeuge. Wie gut sie duftete! Er schloss die Augen und spürte, wie sich die Spannung allmählich löste. Selbst im Schlaf tat sie ihm gut und linderte seine Ängste. Warum auch nicht? Selbst er verdiente ein wenig Glück, oder nicht? Jemanden, der ihm die Last der Verantwortung ein wenig leichter machte. So jemanden wie Sophie. Warum also sollte er nicht nehmen, was sie ihm anbot, und einfach abwarten, was die Zukunft für sie bereithielt?

Allmählich wurden auch seine Glieder schwerer. Mit dem Gedanken, es würde schon alles gut werden, schlief er schließlich ein.

Am nächsten Morgen kamen Sophie und Zach zu spät ins Büro. Ein paarmal waren sie nachts aufgewacht, hatten sich in den Armen des anderen wiedergefunden und nicht anders gekonnt, als ihrem Verlangen nachzugeben. Als Sophie schließlich in die aufgehende Sonne blinzelte, fühlte sie sich gleichzeitig erschöpft und energiegeladen wie schon lange nicht mehr.

Sie sprang aus dem Bett, und nach einem kurzen Frühstück in Zachs perfekt eingerichteter Küche fuhr er sie nach Hause. Sie duschte schnell, zog sich an, und erst im Auto auf der Fahrt ins Büro tuschte sie sich die Wimpern und zog sich die Lippen nach.

Auf dem Weg zum Fahrstuhl zogen einige erstaunt die Augenbrauen hoch, als Zach und Sophie gemeinsam ankamen, aber keiner sagte etwas. Dennoch wurde Sophie rot, denn sie konnte sich vorstellen, was ihnen durch den Kopf ging. Und doch konnte sie ein befriedigtes Lächeln nicht unterdrücken, als sie an ihrem Schreibtisch saß. Ein leichtes Muskelziehen an ungewöhnlichen Stellen erinnerte sie immer wieder daran, was sie in der vergangenen Nacht erlebt hatte.

Sie fuhr leicht zusammen, als Zach hinter sie trat und sie aufs Ohr küsste. „Du siehst glücklich aus“, sagte er leise. „Aber ich habe trotzdem ein Hühnchen mit dir zu rupfen.“

„So?“ Sie drehte sich um und sah ihn an. Am liebsten hätte sie sich ihm gleich wieder in die Arme geworfen.

„Ja. Ich kann mich nur sehr schwer auf meine Arbeit konzentrieren.“

Mir geht es genauso. Immer wenn sie auf die Tür zu seinem Büro blickte, überlief es sie heiß.

„Hast du morgen Abend schon was vor?“

„Nein. Warum?“

„Ich werde morgen offiziell als neues Mitglied in den TCC eingeführt. Hast du Lust mitzukommen?“

Das brachte er ganz lässig vor, aber sie wusste, was es bedeutete. Es war eine Ehre, in diesen ehrwürdigen Club aufgenommen zu werden. Damit war Zach als vertrauenswürdiger Geschäftsmann in Royal akzeptiert. „Ja, gern. Das ist normalerweise eine ziemlich formelle Angelegenheit, oder?“

„Ja, ich glaube schon.“ Kurz glitt ein Schatten über sein Gesicht, und sein Blick wurde leer.

„Du musst an Alex denken, oder?“

„Ja. Er hat mich doch vorgeschlagen. Seltsam, jetzt ohne ihn meine Mitgliedschaft zu feiern.“

Sophie beobachtete ihn genau. Würde er so reagieren, wenn er wirklich etwas mit Alex’ Verschwinden zu tun hätte? Aber vielleicht war er auch nur ein guter Schauspieler … Und wenn das der Fall war, hatte sie sich gründlich verrechnet, was die eigenen Gefühle betraf. Sie war eben keine Mata Hari, die kaltblütig mit Männern schlief, um sie auszuspionieren. Wie naiv von ihr, zu glauben, dass sie so etwas emotionslos durchziehen könnte! Sie war auf dem besten Weg, sich in Zach zu verlieben. Wie konnte sie da glauben, dass er kriminell war?

„He!“ Zach sah ihr direkt in die Augen. „Ich wollte dich nicht traurig machen.“

„Tust du auch nicht. Ich musste nur daran denken, wie hart das morgen für dich sein wird.“

„Ich bin froh, dass du mitkommst“, erwiderte er nur.

Autor

Katherine Garbera

Katherine kann sich nichts Schöneres vorstellen, als zu schreiben. Jedes Buch gibt ihr die Gelegenheit, die unterschiedlichen Verhaltensmuster der Menschen hervorzuheben. Leidenschaftliche Liebesromane zu verfassen, bedeutet für sie die Verwirklichung eines Traumes.

Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann, den sie in "Fantasyland" kennenlernte, und den beiden gemeinsamen Kindern in Florida.

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