Dein für eine heiße Nacht

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Country-Sängerin Brooke ist wütend. Nicht noch einmal wird sie auf den hitzköpfigen Rodeo-Star Flash Lawrence hereinfallen! Es reicht schon, dass er sie damals mit den süßen Folgen ihres One-Night-Stands allein gelassen hat. Jetzt muss sie für ihren kleinen Sohn sorgen, da sind negative Schlagzeilen Gift. Aber als Flash nach einem Konzert plötzlich vor ihr steht und sie mit einer Zärtlichkeit ansieht, die ihr den Atem raubt, will die Songwriterin nur noch eins: eine letzte heiße Nacht in seinen Armen…


  • Erscheinungstag 05.01.2021
  • Bandnummer 2166
  • ISBN / Artikelnummer 9783751503471
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ganz schön voll heute“, sagte Kyle Morgan, als er den schmalen Flur betrat, der als Backstage-Bereich des Bluebird in Nashville, Tennessee, diente. Er zwinkerte Brooke Bonner zu. „Ich glaube aber, dass keiner von denen meinetwegen gekommen ist.“

Brooke lächelte den älteren Mann unsicher an, hörte aber nicht auf, vor sich hin zu summen. Das kleine Bluebird, wo Sänger und Songschreiber ihre Neuheiten vorstellten, war meistens voll. Sie kam schon seit zehn Jahren hierher, zuerst als Gast, später, um selbst aufzutreten. Allerdings war sie fast anderthalb Jahre nicht mehr hier gewesen. Seit sie Bean hatte. Dieser Abend würde ihr offizielles Comeback werden. Nach fast sieben Monaten, die sich wie Hausarrest angefühlt hatten, trat sie endlich wieder ins Rampenlicht.

Schluss mit dem Versteckspiel.

Zumindest ein bisschen. Nur wenige Leute wussten von James Frasier Bonner, den sie immer noch Bean nannte, obwohl er schon ordentlich gewachsen und längst keine Bohne mehr war. Jetzt, mit fast vier Monaten, lächelte und gurrte er sie bereits an.

Er hatte das Lächeln seines Vaters.

Kyle wusste nichts von Bean. Brooke hatte deswegen ein schlechtes Gewissen, denn er war fast wie ein Vater für sie. Er war bei ihrem ersten Auftritt dabei gewesen und hatte ihr mehr über das Songschreiben beigebracht als jeder andere. Bei jedem ihrer Schritte vom „Mädchen mit Gitarre“ bis zum „Country-Phänomen“ war Kyle ihr Cheerleader gewesen, hatte sie beraten und sie sanft in die richtige Richtung geschubst.

„Ich hab dich hier vermisst“, sagte er. „War still ohne dich.“

Hätte sie sich einen Vater aussuchen können, wäre es Kyle geworden. Traurigerweise hatte Crissy Bonner ihr nie verraten, wer sie geschwängert hatte. Und dass Brooke es ihrer Mutter gleichtat und den Namen von Beans Vater nicht preisgab, war ein Riesendilemma für Brooke. Aber was für eine Wahl hatte sie? Sie wollte nicht die Fehler ihrer Mutter wiederholen, sondern wollte es besser machen.

Aber erst einmal musste sie wieder zurück ins Musikgeschäft.

Beim Lächeln kräuselten sich die Falten um Kyles Mund. Es war eine verdammte Schande, dass der coole Silberfuchs nicht einmal mit ihrer Mom reden wollte. Sie würden ein tolles Paar abgeben. Außerdem würde ein Partner Crissy Bonner von Brooke ablenken. Doch der unverhohlene Hass zwischen Kyle und ihrer Mutter hatte alle Träume von einer glücklichen Familie im Keim erstickt.

Aber wenn sie ein Paar geworden wären, hätte Brooke jetzt vielleicht keinen Grammy und keine Titel in den Charts. Und vielleicht wäre sie auch nicht bei dem All-Stars-Rodeo aufgetreten, auf dem Flash Lawrence geritten war, und es gäbe keinen Bean.

„Ist deine Auszeit damit beendet?“, fragte Kyle, als er seine Gitarre einpackte.

„Yep. Bevor ich letztes Jahr groß rausgekommen bin, war ich fast vier Jahre lang auf Tour. Das hat mich ausgebrannt.“

Es war die offizielle Version, die ihre Plattenfirma und ihre Familie sich ausgedacht hatten. Dass Brooke eine Pause gebraucht hatte, um neue Songs zu schreiben. Oder um ihre Stimmbänder zu schonen? Sie konnte sich nicht erinnern. Es war alles Blödsinn gewesen.

Nicht zum ersten Mal wünschte Brooke sich, dass sie einfach bei der Wahrheit geblieben wären. Ja, die Presse wäre vielleicht über sie hergefallen, aber es gab eigentlich keine schlechte PR. Sie hatte sogar behauptet, dass die Schwangerschaft ihrem zweiten Album White Trash Wonder drei- statt zweimal Platin beschert hätte.

Doch es gab einen Grund, wieso sie letztlich zugestimmt hatte: Sie wollte niemandem verraten, wer Beans Vater war. Ihre Mutter hatte ihr diese Geheimniskrämerei immer noch nicht verziehen, obwohl sie sich Brooke gegenüber genauso verhielt. Brooke hasste es zu lügen.

Kyle legte ihr linkisch einen Arm um die Schultern. „Willkommen zurück.“ Er drückte sie herzlich, bevor er ging, um ihren Auftritt zu sehen. „Wenn du was brauchst, ruf mich an. Wirklich, Brooke, ganz egal, was es ist.“

Angesichts Kyles Aufmerksamkeit bekam Brooke feuchte Augen. Sie ließ die Schultern hängen und fing wieder an zu summen, um ihre Stimmbänder warm zu halten.

Alex Andrews, ihre Leibwächterin und Freundin, quetschte sich in den Backstage-Bereich und überreichte Brooke eine Tasse Tee. „Sie hatten doch Honig“, murrte sie.

Brooke nahm den Tee dankbar entgegen und nippte daran. Ah, perfekt temperiert. „Danke, du bist ein Schatz.“

Alex war groß und ruppig, aber hinter ihrem stahlharten Äußeren war sie ein Softie mit einem Herzen aus Gold. Sie waren schon zu Schulzeiten Freundinnen gewesen, als Brooke gerade anfing aufzutreten und Alex das erste Mädchen war, das im Footballteam als Offensive Lineman spielte. Lange bevor White Trash Wonder ein Hit wurde, hatte Alex in jeder Spelunke und auf jeder Kirmes bei Brookes Auftritten ihr Bestes gegeben, um ihr gierige, betrunkene Arschlöcher vom Hals zu halten.

Vor dreizehn Monaten hatte Alex wegen einer Grippe zu Hause bleiben müssen, statt Brooke nach Fort Worth zum All-Stars-Rodeo zu begleiten. Hätte sie die heiße Nacht verhindert, die Brooke und Flash miteinander verbracht hatten? Hätte Alex sie als Stimme der Vernunft von großspurigen Cowboys ferngehalten, die gut im Bett waren? Oder an der Wand? Oder auf dem Fußboden?

„Was?“, fragte Alex. Brooke musste wohl die Stirn gerunzelt haben.

Verdammt, es war schwierig, dieser Frau irgendetwas zu verheimlichen. Besonders weil Alex eine der wenigen war, die von Bean wussten. „Schon okay. Er ist zu Hause bei Mom“, sagte sie und lockerte ihre Gesichtsmuskeln.

„Sie werden super klarkommen. Crissy will nur das Beste für ihn“, erwiderte Alex. Dann wurde ihr klar, was sie da gesagt hatte. „Oh, Mist, ich hab’s nicht so gemeint.“

„Schon okay.“ Brooke lächelte gezwungen.

„Das ist nur zu deinem Besten“ war Crissy Bonners Lieblingssatz. Dass Brooke mit fünf Jahren Gesangsstunden nahm, war zu ihrem Besten. Gitarrenstunden mit sechs waren zu ihrem Besten. Tägliches, stundenlanges Üben war zu ihrem Besten. Pyjamapartys, Geburtstagspartys, Haustiere und Jungs dagegen waren gar nicht zu ihrem Besten.

Zu wissen, wer ihr Vater war? Das war definitiv nicht zu ihrem Besten.

Brooke summte weiter. Sie war heute Abend als Letzte dran. Überrascht stellte sie fest, dass sie nervös war. Seit ihrem letzten Auftritt waren fast sieben Monate vergangen. Damals hatten raffiniert geschnittene Kleider und lange, weite Strickjacken ihren Babybauch nicht mehr verbergen können. Sieben Monate, in denen sie nicht in der Öffentlichkeit gesungen hatte.

Die Jahre des ständigen Tourens in Bars in Nashville bis hin zu Gigs als Vorgruppe der bekanntesten Country-Bands hatten sich im letzten Jahr endlich ausgezahlt. Über Nacht war sie plötzlich zur angesagtesten Newcomerin geworden und hatte vor ausverkauften Stadien gespielt.

Und dann war alles vorbei gewesen, als sie von Flash Lawrence schwanger wurde. Verdammt, sie hatte sogar die Grammys verpasst! Als sie zur besten neuen Künstlerin gekürt wurde, hatte sie in den Wehen gelegen.

Plötzlich wollte sie nur noch zu Hause bei ihrem Sohn sein. Sie wollte das alles nicht schon wieder: die langen, einsamen Nächte, die Verhandlungen, das Reisen und besonders die ständige Aufmerksamkeit der Presse. Aber sie hatte keine Wahl. Ihr Onkel und ehemaliger Manager Brantley Gibbons hatte ihr Geld veruntreut, wie auch das seiner anderen Kunden, und zwar gerade als Brooke den Durchbruch schaffte.

Sie und ihre Mutter waren zwar nicht mittellos, da die Tantiemen ihrer beiden Alben weiterflossen. Auch den Großteil ihrer Einnahmen aus den letzten paar Tour-Monaten hatte sie retten können, nachdem Onkel Brantley nach Mexiko „umgezogen“ war, um sich einer Strafverfolgung zu entziehen. Aber sie konnte es sich nicht länger leisten, das Rampenlicht zu meiden.

Jetzt wieder aufzutreten wäre zu ihrem Besten, hatte ihre Mutter gesagt. Natürlich.

„Ladies und Gentlemen“, begann der Ansager. „Unser letzter Gast heute Abend ist niemand Geringeres als die Grammy-Gewinnerin Brooke Bonner!“

Brooke nahm einen letzten Schluck Tee und setzte ein Lächeln auf. Unter tosendem Applaus betrat sie den Zuschauerraum. Lächelnd und nickend versuchte sie, sich so durch die Menge zu winden, dass ihr niemand an den Hintern grapschen konnte, während sie sich auf die Mitte des Bluebirds zubewegte, wo Stühle und Mikrofone aufgebaut worden waren.

Als sie sich hinsetzte, stellten sich ihr die Nackenhaare auf, und sie hatte plötzlich das merkwürdige Gefühl, dass er hier war.

Flash Lawrence. Was natürlich Blödsinn war. Seit ihrem One-Night-Stand vor dreizehn Monaten hatte sie nichts mehr von ihm gehört, und sie hatte sich auch nicht bei ihm gemeldet. Als sie sicher war, schwanger zu sein, war sie kurz davor gewesen. Doch als sie ihn googelte, sah sie all die schrecklichen Schlagzeilen über Kneipenschlägereien und Prozesse und … ließ es bleiben.

Bei ihrem Beruf war ihr Leben schon verrückt genug. Ein Baby würde es noch verrückter machen. Aber ein gewalttätiger, unreifer Cowboy? Brooke wollte, dass ihr Sohn seinen Vater kennenlernte, aber nicht, wenn dabei seine Gesundheit in Gefahr geriet. Oder ihre.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Jetzt hatte sie schon Halluzinationen. Flash war nie und nimmer heute hier. Es war einfach unmöglich. Zur Sicherheit drehte sie sich auf ihrem Stuhl herum, um den Leuten hinter ihr zuzuwinken, die immer noch applaudierten.

Verdammt. Dort an der Bar auf dem letzten Hocker saß ein großer, schlanker Cowboy. Die Krempe seines schwarzen Cowboyhuts tauchte sein Gesicht in tiefe Schatten. Er trug Jeans, einen auffälligen Gürtel mit einer riesigen Schnalle und eine Biker-Lederjacke. Sie konnte seine Augen nicht sehen, aber sie fühlte, dass er sie anstarrte.

O nein.

Vielleicht irrte sie sich. In Nashville gab es viele Cowboys, die so aussahen. Doch das Blut dröhnte in ihren Ohren, und ihre Hände zitterten.

Sie hatte sich nicht geirrt.

Ihr großer Fehler saß weniger als neun Meter entfernt von ihr. Der Cowboy hob den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Obwohl sie ihn dreizehn Monate lang nicht gesehen und damals auch nur eine einzige unglaubliche Nacht mit ihm verbracht hatte, sammelte sich Hitze tief in ihrem Bauch, und sie zitterte vor Verlangen.

Nur ein einziges Mal war sie vom Plan abgewichen und hatte etwas ausschließlich für sich getan – nicht für ihre Karriere oder ihre Mutter oder sonst jemanden. Und seither bezahlte sie den Preis dafür. Sie liebte ihren Sohn, aber … sie war nicht bereit. Nicht für Flash Lawrence.

Das Licht wurde gedimmt, und ein erwartungsvolles Raunen ging durch die Menge. Tja, die Show musste weitergehen. Also tat Brooke das Einzige, was sie konnte.

„Es ist so schön, wieder hier zu sein. Ich arbeite gerade an meinem nächsten Album. Es soll in ein paar Monaten herauskommen, und wir überlegen, es Your Roots Are Showing zu nennen.“ Die Menge lachte anerkennend, und sie warf mit übertriebenem Schwung ihr Haar zurück. „Aaah, ihr seid toll, Leute.“

Wie gern hätte sie sich umgedreht. Wenn das dort Flash war, was würde er denken, wenn er ihren ersten Song hörte? Doch sie blieb standhaft. Sie war von einem aufmerksamen Publikum umgeben. Ein langer Blick, eine Berührung oder eine falsche Bewegung, und schon würde sich der Klatsch wie ein Lauffeuer verbreiten und ihr Comeback ruinieren.

Also ignorierte sie ihn und sprach zu den Leuten, die sie vor sich sah. „Der erste Song meines neuen Albums, den ich heute Abend singen möchte, heißt One-Night-Stand.“

2. KAPITEL

Gott, sie sah umwerfend aus.

Heute trug Brooke Bonner nicht das hautenge, bauchfreie Trägertop und den Ledermini wie beim letzten Mal, als Flash sie gesehen hatte, sondern einen knapp knielangen, schwarzen Hippierock und türkisfarbene Cowboyboots. Ihre lange, ärmellose Weste wurde über einem tief ausgeschnittenen, weißen Hemd mit der Sorte Nietengürtel zusammengehalten, die seine Schwester Chloe in ihrer Kollektion Princess of the Rodeo verkaufte.

Ohrringe und Halskette waren ebenfalls türkis, aber – er musste sich zur Seite lehnen, um es sehen zu können – ihre Finger waren schmucklos.

Gott sei Dank.

Als sie vor einigen Monaten aus der Öffentlichkeit verschwunden war, hatte Flash der Gedanke, dass sie vielleicht irgendwen geheiratet hätte, in Panik versetzt. Aber kein Ring bedeutete, dass er sich zurücklehnen, noch ein Ginger Ale bestellen und die Show genießen konnte.

Hatte er jemals eine schönere Frau gesehen? Es hatte viele heiße Frauen in seinem Leben gegeben, aber Brooke hatte etwas an sich, was ihn magisch anzog. Er konnte den Blick nicht von ihr abwenden, hatte es schon vom ersten Moment an in Fort Worth nicht gekonnt. Dann hatte er ihr die Hand geküsst, und es war um ihn geschehen gewesen.

Sie trug keinen Hut heute Abend, und ihr prächtiges dunkelrotes Haar fiel ihr in langen Wellen über den Rücken. Es zuckte ihm in den Fingern, es wie beim letzten Mal um seine Faust zu wickeln und ihren Kopf so zu halten, dass er sie wieder und wieder küssen konnte.

Flash war so froh, Brooke zu sehen, dass er sie am liebsten hochgehoben und weit, weit weggetragen hätte, um ihr zu zeigen, wie glücklich er war.

Er hatte ein Jahr lang versucht, sie nicht zu vermissen. Ein Jahr lang versucht, die intensivste sexuelle Erfahrung seines Lebens zu verdrängen. Seit jener Nacht hatte er mit allen möglichen Rodeo-Groupies geschlafen, aber es hatte ihm nie wirkliche Befriedigung gebracht. Langsam befürchtete er, dass Brooke Bonner ihn für jede andere Frau verdorben hatte. Das wäre eine verdammte Schande.

Auf keinen Fall wollte er gebunden sein. Besonders nicht in diesem Jahr, wo ihm der Titel eines „All-Around All-Stars Cowboy des Jahres“ winkte. Nach einem furchtbaren Jahr – überwiegend Flashs hitzigem Temperament und alkoholisierten Prügeleien geschuldet – war er zurück und bereit zu beweisen, dass er nicht nur ein leicht reizbarer Schläger mit einem beeindruckenden rechten Haken war.

Lange hatten alle angenommen, dass Flash das All-Stars nur gewann, weil der Familie Lawrence das Rodeostadion gehörte. Jetzt verstand er, dass es ihm in den meisten seiner Kämpfe darum gegangen war zu zeigen, dass er nicht nur ein Lawrence, sondern einer der besten Rodeoreiter überhaupt war.

Dass er nach seiner letzten Prügelei suspendiert worden war – einschließlich der Aberkennung seiner bis dahin erzielten Siege –, hatte sich als Segen erwiesen. Damals konnte er es zwar nicht so sehen, insbesondere angesichts seines gebrochenen Kiefers. Doch dadurch war er gezwungen, sein Temperament in den Griff zu bekommen und endlich erwachsen zu werden. Außerdem hatte es allen gezeigt, dass das All-Stars nicht nur ein Familienunternehmen war, das sein Nesthäkchen verhätschelte. Jetzt verstand die Rodeogemeinde, dass Flash seinen Platz in der Rangliste verdiente.

Dies war sein Jahr, und dieses Mal würde er sich nicht ins eigene Knie schießen. Was die Sache mit Brooke mit einschloss.

Flash wollte nur … tja, noch eine Nacht mit ihr, um zu sehen, ob immer noch dieselbe erotische Spannung zwischen ihnen herrschte. Bestenfalls könnten sie sich ein paarmal im Jahr treffen, wenn sein Rodeo und ihre Konzerte in derselben Stadt war. Zu so etwas würde er bei ihr nicht Nein sagen. Er könnte sich aufs Gewinnen konzentrieren, sie sich auf ihre Karriere. Und in ihrer Freizeit könnten sie Spaß haben wie damals in Texas.

Dann kündigte sie ihren ersten Song an. One-Night-Stand.

Flash glühten die Ohren. Darin ging es doch wohl nicht um ihn, oder?

Natürlich nicht. Es wäre der Gipfel des Egoismus, zu denken, dass eine Nacht mit ihm Brooke irgendetwas anderes als eine schöne Erinnerung geschenkt hätte.

„Jeder sollte wenigstens einen guten One-Night-Stand gehabt haben, oder?“, fragte Brooke, und das Publikum lachte zustimmend. Jemand neben ihm stieß einen anerkennenden Pfiff aus. Flash konnte nicht sehen, wer, aber er hätte demjenigen gern eine reingehauen.

Sofort riss er sich zusammen. Er würde hier nicht die Beherrschung verlieren. Die Menschen durften Idioten sein. Er war nicht verantwortlich, wenn sie eine Grenze überschritten. Der alte Flash hätte mit einem Fausthieb Brookes Ehre verteidigt. Der neue Flash begnügte sich damit, den Pfeifenden mit Blicken zu durchbohren. Denn hier eine Szene zu machen wäre nicht zielführend. Flash wollte seine Bekanntschaft mit Brooke erneuern. Er musste herausfinden, ob es da etwas gab, was lohnte, es weiterzuverfolgen, oder ob er es wie ein Mann nehmen und seiner Wege gehen musste.

Vielleicht hatte er Glück. Und wenn nicht, dann hatte er immer noch viel zu gewinnen. Das All-Around-All-Stars-Rodeo in Nashville war dieses Wochenende, und er hatte gehofft, ihr irgendwie über den Weg zu laufen. Als Brooke postete, sie würde im Bluebird auftreten, war er nach Tennessee gerast, nur um sie zu sehen. Zwei Minuten nach Beginn ihres Auftritts eine Schlägerei anzufangen wäre wie eine Garantie, nie wieder bei ihr landen zu können. Also riss er sich zusammen und nippte an seinem Softdrink.

Als Brooke anfing zu singen und zu spielen, löste sich etwas in Flashs Brust. Himmel, wie sehr hatte er sie vermisst. Und für eine kleine Weile konnte er sich in ihrer Welt verlieren.

Bis ihm klar wurde, was sie da sang.

„Es ist nur ein One-Night-Stand, kein Morgen, keine Pläne.“

Oh, verdammt. Und wie sie sich an ihn erinnerte. Aber nicht gerade im positiven Sinne.

„Du warst den Spaß nicht wert. Mein One-Night-Stand.“

Der Song war großartig. Das Publikum fraß ihr praktisch aus der Hand.

„Ich will deine Ausreden nicht hören, deine Pläne sind mir egal. Ich warte nicht länger. Scheiß auf deine Forderungen. Es wurde Zeit für meinen One-Night-Stand.“

Flash lief ein Schauer über den Rücken, als sie die letzte Note hielt, überzeugend und kraftvoll. Er hatte ihr noch nicht mal Hallo sagen können, und schon schickte sie ihn in die Wüste.

Sie sah ihn nicht an, als der Song endete, schielte nicht mal zu ihm herüber oder drehte sich auf dem Stuhl herum, nichts. Falls sie ihn erkannt hatte, ignorierte sie ihn ganz klar.

„Hey, gefällt euch das? Das war erst der Anfang. Ich habe ein ganzes Album voller Frechheiten für euch!“

Ärger – ein altvertrautes Gefühl – kam in ihm hoch, aber Flash ließ ihn nicht die Oberhand gewinnen. Es war absolut möglich, dass Brooke ihn nach ihrem Durchbruchjahr vergessen hatte. Und falls sie sich an ihn erinnerte, dann wahrscheinlich nicht mit hoher Wertschätzung.

Sie war ein superheißer One-Night-Stand gewesen. Es war in ihrer Garderobe vor ihrem Auftritt passiert. Sie war zu spät auf die Bühne gekommen, weil ein Ledermini überraschend hinderlich sein konnte. Und es war toll gewesen.

Gott, er wurde immer noch hart, wenn er nur daran dachte, wie er sie in dem winzigen Raum gegen die Wand gedrückt und dann genommen hatte. Sie hatten sich in die Augen gesehen und darum gekämpft, leise zu bleiben. Es war so verdammt gut gewesen. Als sie sah, dass er nach der Show auf sie wartete, strahlte sie übers ganze Gesicht und lockte ihn mit dem Finger zu sich. Die restliche Nacht verbrachten sie ineinander verschlungen in ihrer Hotelsuite, hatten heißen Sex, ließen sich vom Zimmerservice bedienen und brachten sich gegenseitig zum Lachen.

Am nächsten Morgen trennten sie sich als Freunde. Er vergewisserte sich, dass sie ein Lächeln im Gesicht trug, als er ging. Er selbst konnte tagelang nicht aufhören zu grinsen. Sogar wochenlang nicht. Was war seitdem bloß passiert?

„Mein nächster Song heißt How many Licks“, schnurrte sie ins Mikro. „Denn das war schon immer die Frage, oder?“ Die Menge jubelte. „Wie oft muss man lecken, bis man in der Mitte des Lollis ankommt?“

„Drei Mal!“, rief irgendein Trottel.

„So oft wie nötig“, rief ein anderer. Brooke drohte ihm spielerisch mit dem Finger.

Flash musste die Augen schließen und sich auf seine Atmung konzentrieren. Schon wieder sah er rot. Doch das Publikum war nicht respektlos. Brooke hatte den Titel genau dieser Reaktion wegen gewählt. Sie wusste, was sie tat, und es war nicht seine Aufgabe, sie zu verteidigen. Das hatte er einmal versucht und sich dabei eine Vorstrafe und einen Erzfeind eingehandelt.

Tex McGraw hatte ordentlich Prügel von ihm bezogen, als er es wagte, Brookes Namen in den Mund zu nehmen. Natürlich verstand Flash, wieso Tex ihn so abgrundtief hasste. Flash hatte ihn mit einem soliden rechten Haken aus dem All-Stars gehauen. Doch seither attackierte Tex ihn immer noch online und hatte keine von Flashs Entschuldigungen akzeptiert – weder die vom Gericht auferlegte noch die aufrichtigere, die Flash nach einigen Monaten ausgesprochen hatte.

Brooke begann erneut zu singen, und die Rufe hörten auf. Flash beruhigte sich wieder.

Es war keine Überraschung, dass ihn auch dieser Song persönlich ansprach. Dieses Mal ging es um einen Kerl, der keine Prügel einstecken konnte und sich aus dem Staub machte.

Viele Menschen mochten Flash nicht, aber, Herrgott noch mal, noch nie hatte jemand ein ganzes Album darüber geschrieben, wie sehr er ihn hasste.

Na schön. Anstatt es als Beleidigung aufzufassen, würde er sich … geschmeichelt fühlen. Nicht jedem Rodeoreiter wurde ein komplettes Album gewidmet, ob offiziell oder inoffiziell. Und sollte sie öffentlich zugeben, dass er als Inspiration dazu gedient hatte, tja, dann würde seine Schwester Chloe sicher einen Weg finden, Brookes neues Album als etwas Positives für ihn und das All-Around All-Stars-Rodeo auszugeben. Vielleicht.

Außerdem hatte Brooke selbst gesagt, dass es erst in ein paar Monaten herauskommen würde. So konnte er sich mithilfe von Chloe auf alle Eventualitäten vorbereiten. Seine Schwester hatte längst kapiert, dass Flash total in Brooke verknallt war.

Doch auf ihre Frage, wieso Brooke so sauer auf ihn war, hatte er keine Antwort. Sie hatte ihn zum Abschied geküsst und ihm für die fantastische Nacht gedankt. Ihm gesagt, er solle auf sich aufpassen. Und das war’s. Zumindest hatte sie ihn nicht vergessen.

Als Brooke das nächste Lied anstimmte – Not Going Down (Without a Fight) –, konnte Flash es kaum noch ertragen. Er hatte ein Jahr damit verbracht, zu ergründen, warum er Brooke Bonner nicht vergessen konnte. Vor ihr war er vier, fünf Jahre lang durch die Bars gezogen und hatte in jeder Stadt von Phoenix bis Peoria Rodeo-Groupies und schöne Frauen aufgerissen, während er für das All-Stars geritten war. Brooke hätte nur eine von ihnen sein sollen. Ein One-Night-Stand. Bedeutungslos. Befriedigend.

Zu dumm, dass diese Nacht ihm etwas bedeutete.

Hier herzukommen war eine blöde Idee gewesen. Aber verdammt, er musste einfach wissen, ob diese eine Nacht auch ihr etwas bedeutet hatte.

Etwas anderes als Rohmaterial für ihre Songs.

Schließlich beendete sie ihr Set. Da sie die letzte Künstlerin war, blieb sie, wo sie war, gab Autogramme und posierte für Fotos. Flash überlegte. Sollte er sie ansprechen, wenn sich ein Großteil der Menge verzogen hatte? Oder besser erst, wenn sie allein waren? In diesem Fall sollte er auf den Parkplatz gehen und bei ihrem Wagen auf sie warten. Oder wirkte das zu aufdringlich?

Brooke warf ihm einen Blick zu, runzelte die Stirn und sah rasch wieder weg. Nicht gerade eine Einladung. Doch das war ihm egal. Genauso wie die Songs oder ihre seit länger als einem Jahr andauernde Funkstille.

Er wollte ihr in die Augen sehen, sagen, was er zu sagen hatte, und sich anhören, was immer sie loswerden wollte – ohne die Beherrschung zu verlieren. Er musste wissen, wie aus jener wilden Nacht das hier hatte werden können.

Und wenn er kein Glück hatte, würde er gehen. Aber dieses Ratespiel machte er nicht mit.

Er bezahlte seinen Deckel und ging hinaus. Das Bluebird lag in einer unscheinbaren Einkaufsmeile, und er brauchte eine Weile, um ihr Auto zu finden. Die schlichte, sandfarbene Limousine musste ihre sein. Sie hatte ihm damals verraten, dass sie ein langweiliges Auto fuhr, weil es nicht auffiel.

Gut drei Meter von der Hintertür des Bluebirds bezog er an einer Wand Stellung, um ihr nicht zu nahe zu kommen. So auf sie zu warten fühlte sich schrecklich an. Er wäre nicht überrascht, wenn sie bei seinem Anblick eine Waffe ziehen würde.

Aber das Risiko würde er eingehen.

3. KAPITEL

„Tolles Set“, sagte Kyle mit Stolz in der Stimme. „Das ganze Album wird ein Riesenhit. Viel Girlpower. Ich wünschte, ich hätte die Hälfte davon geschrieben.“

„Sag das der Plattenfirma, okay?“ Vom vielen Lächeln fingen Brookes Wangen an zu schmerzen. Sie schätzte Kyles Meinung, und dem Publikum schienen die Songs auch gefallen zu haben. Also lief alles toll.

Außer, dass Flash Lawrence hier war.

„Ich bin so stolz auf dich.“ Kyle umarmte sie linkisch.

Sie erwiderte die Umarmung, musste aber weiter an Flash denken. Beinahe wäre sie zu ihm gegangen. Dann hätte sie wenigstens gewusst, wieso er hier war. Es fielen ihr nur zwei Gründe ein. Entweder handelte es sich um einen erstaunlichen Zufall, oder …

Oder er hatte sie sehen wollen. Dabei hatte sie erst vor zwei Tagen ihren Auftritt im Bluebird getwittert.

Brooke hätte Geld darauf verwettet, dass Flash draußen auf sie wartete. Was bedeutete, dass sie mit ihm reden musste. Über Bean. Ihren Sohn.

Autor

Sarah M. Anderson
Sarah M. Anderson sagt, sie sei 2007 bei einer Autofahrt mit ihrem damals zweijährigen Sohn und ihrer 92-jährigen Großmutter plötzlich von der Muse geküsst worden. Die Geschichte, die ihr damals einfiel, wurde ihr erstes Buch! Inzwischen konnte sie umsetzen, wovon viele Autoren träumen: Das Schreiben ist ihr einziger Job, deshalb...
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