Für dich riskiere ich alles

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Von Männern hat Eventplanerin Nore nach ihrer gescheiterten Verlobung genug. Enttäuscht von der Liebe stürzt sie sich lieber kopfüber in die Arbeit. Dumm nur, dass ihr neuer Auftraggeber ausgerechnet der supersexy Millionär Joaquin Iverson ist. Niemals würde Nore sich mit einem Kunden einlassen! Aber Joaquin ist einfach unwiderstehlich charmant und sie fühlt sich begehrt wie noch nie. Gegen jede Vernunft gibt sie sich ihm in einer heimlichen Liebesnacht hin – und setzt damit mehr als nur ihren Job aufs Spiel …


  • Erscheinungstag 21.11.2023
  • Bandnummer 2317
  • ISBN / Artikelnummer 9783751515887
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ein Pfandleihhaus? Stehen wir wirklich vor einem Pfandleihhaus?“

Lenora Daniels – oder vielmehr Nore, da sie nie reagierte, wenn jemand sich traute, sie mit ihrem schrecklichen Vornamen anzusprechen – kicherte böse, während Tatum Haas, zukünftige Braut und ihre beste Freundin, zu den neongrünen Buchstaben hinaufsah.

Zugegeben, ihre Freundin blickte nicht, sie starrte regelrecht.

„Ich glaube, auf dem Schild steht ‚Pfanleiaus‘.“ In gespielter Verwirrung neigte Nore den Kopf zur Seite. „Da ich nicht weiß, was ein ‚Pfan‘ ist, bin ich mir nicht ganz sicher, was für eine Show hier läuft, aber glaubst du, Britney Spears ist dabei?“

„Um Himmels willen!“ Tatums charakteristischer Neu-England-Tonfall vermochte ihren Ärger kaum zu verbergen. „Wenn du mich schon unbedingt zu einem Pfandleihhaus schleppen musst – und ich weiß noch immer nicht, weshalb –, hättest du dann nicht wenigstens eins aussuchen können, das sich alle Buchstaben in seinem Schriftzug leisten kann? Schließlich sind wir in Las Vegas. Ist das nicht die Hauptstadt der Pfandleihhäuser in den USA?“

„Äh, nein, das ist Houston“, stellte Nore klar. „Dort gibt es einhundertachtundzwanzig Pfandleihhäuser.“

Tatum stieß einen missbilligenden Laut aus, was irgendwie immer noch elegant klang. „Woher weißt du das jetzt wieder?“

„Wenn man gern mal bei Jeopardy! mitmachen würde, weiß man so was eben“, antwortete Nore schulterzuckend und wischte sich den Schweiß von der Schläfe.

Spöttisch betrachtete sie Tatum, die in derselben brütend heißen Junisonne dastand und nicht einmal glänzte. Solche Dinge lernte man wohl in dem Internat für Bostons höhere Töchter, das Tatum besucht hatte.

„Nein, im Ernst, was machen wir hier? Ich dachte, wir essen im Honey Salt zu Abend und gehen dann in den Cirque du Soleil.“ Tatum wollte schon zurück in Richtung Parkplatz schlendern.

Doch Nore hinderte ihre Freundin daran, indem sie sie am Arm festhielt – obwohl ihr bei der Aussicht auf karamellisierte Jakobsmuscheln und gegrilltes Filet Mignon in dem beliebten Restaurant schon das Wasser im Mund zusammenlief. „Nicht so schnell. Wir haben hier was zu erledigen. Und übrigens meinst du Magic Mike live, nicht den Cirque du Soleil.“ Sie hob eine Augenbraue und zerrte ihre Freundin vorwärts. „Schließlich ist das hier ein Mädelswochenende beziehungsweise ein Junggesellinnenabschied. Was für eine beste Freundin und Trauzeugin wäre ich, wenn ich dich nicht in eine heiße Stripshow schleppen würde? Aber eins nach dem anderen.“

Mit diesen Worten öffnete Nore die Eingangstür des Pfandleihhauses und trat mit Tatum im Schlepptau ein, bevor diese weiter protestieren konnte. Es war zwar nicht das erste Pfandleihhaus, das Nore betrat, aber definitiv das größte. Ihr Schnäppchenjägerinnen-Herz schlug sofort höher. An den Wänden und in der Mitte des Raumes standen unzählige Vitrinen mit Schmuck, Elektronikartikeln und selteneren Objekten wie Militärorden. In den Ecken waren größere Dinge wie Gepäckstücke und Möbel aufgestellt. Und alles konnte man erwerben.

Oh Mann! Beinah hätte sie gesabbert.

Konzentrier dich. Wir sind nicht hier, um für dich einzukaufen. Obwohl … Ist das da eine echte Louis-Vuitton-Tasche?

„Ich sehe, in welche Richtung du starrst. Die Tasche bleibt, wo sie ist. Es sei denn, sie kann ihren Anteil an der Taxifahrt und dem Abendessen bezahlen“, erklärte Tatum gedehnt.

„Spielverderberin“, murmelte Nore und fügte dann mit einem Seufzer hinzu: „Na gut.“

„Gott sei Dank!“ Tatum gab sich nicht einmal die Mühe, leise zu sprechen.

Aber nach einer so langen Freundschaft – sie hielt seit dem ersten Jahr im College –, in der sie füreinander unzählige Male die Nachwirkungen durchfeierter Nächte beseitigt hatten, mussten sie sich keine Sorgen mehr machen, dass die andere beleidigt sein könnte.

„Also verrätst du mir jetzt, warum wir hier sind?“, hakte Tatum nach.

„Das wirst du gleich sehen.“ Entschlossenen Schrittes und mit einem Stechen in der Brust, das sie sich nicht eingestehen wollte, ging Nore in den hinteren Teil des Ladens. Ein gut aussehender älterer Afroamerikaner mit einem gepflegten Spitzbart, der ein dunkelgrünes kurzärmeliges Hemd mit dem Logo des Geschäfts trug, stand dort hinter einem Verkaufstresen.

„Hallo“, begrüßte Nore ihn lächelnd.

Er erwiderte das Lächeln. „Hi. Kann ich Ihnen helfen?“

„Ja.“ Als sie die riesige Handtasche an ihrem Arm öffnete, zitterten ihre Lippen, während sie ein unangenehmes Kribbeln im Bauch verspürte. „Ich möchte das hier verkaufen.“

Sie zog eine schwarze Stoffserviette hervor, die sie möglicherweise in dem Restaurant geklaut hatte, wo sie am vergangenen Abend gegessen hatten, und legte sie auf den Glastresen. Als sie die Serviette auseinanderfaltete, kam ein wunderschöner Diamantring aus Weißgold mit einem Zweikaräter im Smaragdschliff zum Vorschein. Wunderschön … und hässlich zugleich, wenn man den Kummer bedachte, der mit ihm verbunden war.

Tatum neben ihr schnappte nach Luft. „Nore“, hauchte sie. „Was machst du da?“

Den Blick auf den Ring geheftet, schüttelte Nore den Kopf. „Ich werde den Schrott hier los.“

„Nore“, sagte Tatum noch einmal, aber die wies sie mit einem Kopfschütteln ab.

„Ich weiß genau, was ich tue, Tate.“ Und um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, schob sie die Serviette mit dem Ring über den Tresen in Richtung des Pfandleihhaus-Angestellten. „Ich möchte das hier verkaufen, bitte.“

Der ältere Mann, dessen Namensschild ihn als Dan auswies, hob die Augenbrauen. „Verpfänden oder …?“

„Nein, verkaufen.“ Sie griff erneut in ihre Handtasche und holte ein mehrseitiges Formular heraus. „Hier ist ein Wertgutachten, das vor einem halben Jahr erstellt wurde.“

Dan verzog keine Miene, aber als Pfandleihhaus-Angestellter in Las Vegas bekam er bestimmt einiges zu sehen. Eine sitzen gelassene Verlobte, die ihren Ring verkaufen wollte, war da sicher nichts Besonderes. Nicht, dass er diesen Teil der Geschichte gekannt hätte.

Trotzdem …

Er nahm den Ring und studierte das Gutachten. Nore wusste, was er sah. Einen Haufen Details über Reinheit, Schliff, Farbe, Maße und so weiter. Nichts davon war so wichtig wie der fettgedruckte Preis: sechzehntausendsechshundert Dollar.

„Sie wissen, dass Schmuck mit der Zeit an Wert verliert?“, fragte Dan, als er aufsah.

„Ja, aber in diesem Fall kann es nicht viel sein, da er erst vor einem halben Jahr gekauft und begutachtet wurde. Aber das ist mir egal.“ Nore winkte ab. „Nennen Sie mir einfach Ihren besten Preis, Dan.“

Er betrachtete den Ring noch etwas länger und schaute sie dann wieder an, diesmal mit einem listigen Blick. „Ein Zwei-Karat-Diamant in gutem Smaragdschliff. Farbe E und Reinheit S12.“ Er machte eine Pause. „Ich kann Ihnen sechstausend dafür geben.“

„Einverstanden.“

Dan blinzelte, fasste sich aber schnell wieder. Wahrscheinlich wollte er die Tatsache, dass sie nicht handelte, ausnutzen und das Geschäft so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen. Kluger Mann. Und ein noch klügerer Angestellter.

„In Ord…“

„Warten Sie kurz“, mischte sich Tatum ein und hob die Hand. Dann wandte sie sich Nore zu, fasste sie an der Schulter und schüttelte sie leicht. „Hör zu, ich weiß, dass die … Trennung von James dir den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Trotzdem solltest du nichts überstürzen. Wie wäre es, wenn du dir etwas Zeit nimmst und ein paar Tage darüber nachdenkst? Das hier ist einfach … unüberlegt.“

Nore verzog den Mund zu einem Lächeln. Der Pause nach zu schließen, hatte Tatum in Wirklichkeit sagen wollen, dass es einfach verrückt war.

Und vielleicht hatte sie damit nicht unrecht.

Aber das war Nore egal.

„Tate, ich liebe dich so sehr wie Mac ’n’ Cheese an Thanksgiving. Und ich verstehe, dass du dir Sorgen um mich machst, aber ich tue das hier nicht aus einer Laune heraus. Ich habe darüber nachgedacht, seit mein Herz sich nicht mehr anfühlt, als wollte es mir aus der Brust springen. Also seit etwa zwei Wochen.“ Sie legte die Hand auf Tatums, die immer noch ihre Schulter drückte, und Tatum gab einen leisen, erstickten Laut von sich. Um ihre Worte etwas abzumildern und Tatum zu trösten, lächelte sie ihre Freundin erneut an. „Ist schon okay. Mir geht’s gut – zumindest wird es das bald wieder. Aber ich muss das jetzt tun. Und ich bin nicht allein. Ganz bewusst habe ich bis zu diesem Urlaub gewartet, damit du bei mir bist. Ich brauche dich an meiner Seite, wenn ich mit diesem Kapitel meines Lebens abschließe.“

„Nore“, flüsterte Tatum und ihre Augen glänzten feucht.

Oh verdammt. Wenn Tatum jetzt anfing zu weinen, wobei sie auch noch wunderschön aussah – wer konnte das schon von sich behaupten? –, würde es ein Riesendrama geben. Und das wollte Nore nicht.

Schließlich hatte sie verdammt noch mal schon genug Tränen wegen James Whitehead vergossen.

„Nein.“ Nore schüttelte den Kopf. „Tu das nicht. Ich habe eine halbe Stunde für dein Augen-Make-up gebraucht. Ich werde nicht zulassen, dass du alles ruinierst.“ Dann wandte sie sich Dan zu und grinste, wenn auch durch einen Tränenschleier hindurch. „Tut mir leid wegen dieser Folge Black Gilmore Girls. Ich habe mich entschieden. Ich nehme die Sechstausend.“

Dan warf Tatum einen vorsichtigen Blick zu, bevor er Nore zunickte und lächelte. „Dann gehe ich jetzt die endgültige Genehmigung einholen“, sagte er und nahm Ring und Wertgutachten an sich. „Während ich weg bin, können Sie sich gern umsehen. Vielleicht finden Sie etwas, das Sie kaufen oder gegen den Ring eintauschen möchten. Außerdem …“ Sein Lächeln wurde breiter und offenbarte ein Grübchen in seiner rechten Wange. „… bin ich jederzeit bereit, mir eine Wiederholung von Lorelei und Rory anzusehen.“ Mit einem Augenzwinkern drehte er sich um und ging auf eine geschlossene Tür zu, die sich einige Meter weiter hinten befand.

„Wow. Dan schaut Gilmore Girls. Was meinst du, wann hat er Feierabend?“, fragte Nore und starrte ihm hinterher.

„Oh mein Gott …“ Tatums Stöhnen beantwortete Nore mit einem Kichern. „Und was hast du mit dem plötzlichen Geldsegen vor? James würde bestimmt Gift und Galle spucken, wenn er wüsste, dass du den Ring zu so einem Schleuderpreis verkauft hast.“

Nores Mundwinkel zuckten, während sich bei der bloßen Erwähnung ihres Ex-Verlobten alles in ihr zusammenkrampfte. Der Mann, mit dem sie die letzten drei Jahre verbracht hatte, mit dem sie den Rest ihres Lebens hatte teilen wollen … Der Mann, der per E-Mail mit ihr Schluss gemacht hatte. Elender Feigling!

Sie holte tief Luft, schob den Gedanken an James Whitehead beiseite und überlegte, wie sie das Geld für den Ring ausgeben sollte, der schließlich kein Symbol für Verbundenheit und Liebe, sondern für Enttäuschung und Herzschmerz gewesen war.

Sie räusperte sich und ließ den Blick über die Vitrine mit den glitzernden Ringen, Halsketten, Armbändern und sogar richtig schönen Zigarettenetuis wandern. Aber nichts stach ihr wirklich …

„Oh“, flüsterte sie plötzlich. Ihre Finger berührten das Glas, als könnte sie das Schmuckstück greifen, das ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Das Kribbeln in ihrem Bauch hielt an, während sie auf die wunderschöne Brosche starrte, die zwischen einem schmetterlingsförmigen Haarkamm und einer diamantbesetzten Anstecknadel lag. „Die ist …“

„Atemberaubend“, vollendete Tatum den Satz und stupste Nore an, als sie sich bückte, um das Schmuckstück aus der Nähe zu betrachten.

„Möchten Sie sich die Brosche mal ansehen?“ Hinter dem Tresen erschien eine Frau mit von grauen Strähnen durchzogenen dunklen Locken und Lachfältchen um die braunen Augen. Weitere leichte Fältchen um den Mund und auf der Stirn zierten ihre dunkelbraune Haut, aber sie unterstrichen nur die Schönheit der Frau. Sie schien das Leben in vollen Zügen zu genießen. Sie wartete Nores Antwort gar nicht erst ab, sondern öffnete die Rückwand der Vitrine und nahm die Brosche vorsichtig heraus. Dann legte sie den Schmuck auf die schwarze Serviette, die Dan zurückgelassen hatte, und murmelte: „Hier, bitte sehr. Es ist ein einzigartiges Stück.“

War das nicht eine Untertreibung?

Winzige, zerbrechlich wirkende Blumen aus Gold und Silber mit Blüten in Türkis, Rosa und Dunkelrot umgaben ein entzückendes Porträt. Die Blumen und Ranken waren geschmückt mit Diamanten und Saatperlen, was das antike Stück noch schöner wirken ließ. Die Frau auf dem Bild, deren Rücken und zartes Profil zu sehen waren, schien eine Schwarze zu sein. Zwar wurden ihre Gesichtszüge zum Großteil von einem breitkrempigen Hut verdeckt, aber an Wangen, Mund, Kinn sowie dem eleganten Hals war ihre Haut hellbraun.

Noch nie hatte Nore etwas so Bezauberndes gesehen.

„Die Brosche ist aus fünfzehnkarätigem Gold und Silber mit Diamanten im Rosenschliff und Naturperlen. In der Mitte ist sie emailliert. Sie stammt aus der viktorianischen Zeit und wurde vermutlich zwischen 1850 und 1859 angefertigt.“

„Aus der viktorianischen Zeit?“ Mit der Fingerspitze berührte Tatum vorsichtig eine Perle. „So etwas habe ich noch nie gesehen.“

„Was sie damit sagen will, ist: Ich habe noch nie eine schwarze Frau auf einer viktorianischen Brosche gesehen.“

Tatum warf Nore einen Blick zu, der sie eindeutig als Banausin abtat. Nach so vielen Jahren Freundschaft war Nore bestens vertraut mit allem, was Tatum Haas betraf.

Die Angestellte, deren Namensschild sie als Nelle auswies, lächelte. „Offenbar handelt es sich um das Bildnis der Frau eines englischen Barons. Sie war die Tochter eines Parlamentsmitglieds von Barbados. Sie haben sich kennengelernt, als ihr Vater mit dem Generalgouverneur nach London reiste, und es war Liebe auf den ersten Blick. Man erzählt sich, dass sie viele glückliche Jahre miteinander verbrachten und dass er die Brosche als eines der vielen Symbole seiner Liebe zu ihr in Auftrag geben ließ.“

Nore blickte Tatum an, und ihre eigene Begeisterung spiegelte sich in Tatums Gesicht wider, während ihre Freundin die Angestellte ansah.

„Das ist eine schöne Geschichte“, sagte Tatum. Sie wollte schon nach der Brosche greifen, ließ jedoch im letzten Moment die Hand sinken. „Ähm, nichts für ungut, aber: Wie ist sie hier gelandet?“

„Schon in Ordnung. Hier, Sie können sie ruhig mal in die Hand nehmen.“ Nelle nahm die Brosche von der Serviette und hielt sie Tatum entgegen. Nach kurzem Zögern nahm Tatum sie und Nore drängte sich näher an ihre Freundin.

Sie konnte es sich nicht verkneifen, mit einer Fingerspitze über das Bild und die Blumen zu streichen. Eine seltsame Ehrfurcht erfasste sie, gemischt mit einem unerklärlichen Gefühl der Dringlichkeit.

„Die Kundin, die die Brosche hergebracht hat, sagte, sie habe sie bei einer Haushaltsauflösung erworben. Und da ist noch etwas …“ Nelles dramatische Pause veranlasste Nore, ihre Aufmerksamkeit schnell wieder von dem wunderschönen Schmuckstück auf die ältere Frau zu richten.

„Anscheinend rankt sich eine Legende um den Schmuck“, fuhr die Angestellte fort. „Obwohl der Baron und die Baronin sich innig liebten, war ihr Weg nicht leicht, wie Sie sich vorstellen können. Selbst der Titel des Barons, seine Macht und sein Reichtum konnten nichts gegen die rassistischen Vorbehalte gegenüber seiner Frau ausrichten. Trotzdem gelang es den beiden, sich zu behaupten, und ihre Liebe und Ehe blieben stark und wahrhaftig. Deshalb heißt es, dass die Besitzerin der Brosche dieselbe Art von Liebe erfahren wird. Sie wird ihren Seelenverwandten treffen und, wenn der Weg dorthin auch beschwerlich sein wird, schließlich die wahre Liebe finden.“

Die Zynikerin in Nore, die nicht mehr an diese Art von Liebe glaubte, machte sich über die Legende lustig. Aber tief im Inneren sehnte sie sich danach, daran glauben zu können. Zu hoffen …

Noch einmal blickte sie zu Tatum hinüber, dann auf den wunderschönen, eleganten Brillantring an Tatums linkem Ringfinger. „Ich nehme sie.“

Die Worte waren heraus, bevor Nore den Gedanken ganz zu Ende gedacht hatte. Aber als der Satz einmal ausgesprochen war, ließ sie ihn so stehen. Vor allem als sich ein äußerst angenehmes Gefühl in ihr ausbreitete. Dieser Frieden beruhigte sie wie eine kühle, erfrischende Brise in einer schwülen Nacht.

„Was?“ Stirnrunzelnd sah Tatum sie an. „Du kannst doch nicht einfach … Hör zu, ich verstehe das mit dem Ring, aber das, Nore …“ Sie schüttelte den Kopf. „Du weißt ja nicht mal, wie viel die Brosche kostet.“

„Ja, richtig.“ Nore neigte den Kopf zur Seite. „Wie viel kostet sie, Nelle?“

„Sechstausendzweihundert.“

Nore nickte. „In Ordnung. Ich nehme sie. Dan hat gerade einen Diamantring von mir entgegengenommen, für den ich sechstausend bekommen soll. Ich zahle die Differenz.“

„Nore“, zischte Tatum. „Das ist …“

Nore hob die Hand. „Ich kaufe sie.“ Dann fuhr sie leiser fort: „Und zwar für dich. Ich habe diese Art von Liebe nicht gefunden, aber du schon. Mit Mark. Und darum sollst du die Brosche haben.“

Als Tatum den Kopf schüttelte, tat Nore dasselbe. „Na ja, betrachte sie als mein Brautjungferngeschenk. Jetzt hast du etwas Altes und auch etwas Neues, denn für dich ist sie ja neu, oder?“

„Nore“, flüsterte Tatum und Tränen schossen ihr in die Augen.

Nore lächelte, nahm Tatum vorsichtig die Brosche ab und reichte sie Nelle. „Würden Sie Dan bitte Bescheid sagen?“

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen blickte Nelle von Nore zu Tatum und nahm das Schmuckstück entgegen. „Aber sicher. Ich bin gleich wieder da.“ Sie drehte sich um und ging zu der Tür, hinter der Dan verschwunden war.

„Das ist verrückt“, murmelte Tatum aufgewühlt.

„Das sagtest du bereits.“ Nore legte ihrer Freundin den Arm um die Schultern und drückte sie. „Ich bin nicht impulsiv. Okay, vielleicht ein bisschen“, gestand sie, als Tatum ihr einen Seitenblick zuwarf. Kichernd fuhr sie fort: „Aber das hier hat schon fast etwas Poetisches. Der Tausch eines Symbols des gebrochenen Herzens gegen ein Symbol der Liebe. Das ist wunderschön. Und ich finde es wunderbar, dass ich dir das geben kann.“ Mit einem spöttischen Blick runzelte sie die Stirn. „Also mach diesen Moment nicht kaputt, indem du das Geschenk ablehnst.“

Tatum betrachtete sie lange. Schließlich nickte sie. „Okay. Ich danke dir. Ich glaube nicht, dass ich jemals ein schöneres und aufmerksameres Geschenk bekommen habe.“

„Außer einem.“ Nore warf einen demonstrativen Blick auf Tatums linke Hand und den daran blitzenden Ring.

„Stimmt.“ Langsam breitete sich ein Lächeln auf Tatums Gesicht aus. Sie legte den Arm um Nores Taille und drückte ihre Freundin an sich. „Ich nehme die Brosche unter einer Bedingung an.“ Tatum machte eine Pause und ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Du bewahrst sie bis zu meiner Hochzeit in einem halben Jahr für mich auf. Wenn die Legende wirklich stimmt, dann wirst du bis dahin vielleicht deine wahre Liebe finden.“

Nore stieß einen missbilligenden Laut aus, denn der Schmerz quälte sie noch immer. Außerdem empfand sie eine schreckliche Sehnsucht nach etwas, von dem sie nicht mehr glaubte, dass es für sie bestimmt war. Schon gar nicht im kommenden halben Jahr. Verdammt, sie und James waren drei Jahre zusammen gewesen, aber zum Heiraten hatte er sie nicht genug geliebt. Und nun sollte sie innerhalb von ein paar Wochen die Art von Liebe finden, die kulturelle Unterschiede überwand und sich über gesellschaftliche Grenzen und Rassismus hinwegsetzte?

„Okay, so machen wir’s.“ Sie hob den Finger, um dem romantischen Unsinn zuvorzukommen, den Tatum als Nächstes reden würde. „Aber nicht, weil ich daran glaube, dass ich mich wieder verlieben werde, oder weil ich es will.“ Diese Demütigung, Enttäuschung und Verletzung noch einmal durchmachen? Nein, danke. Masochismus stand dieses Jahr nicht auf ihrer Bingokarte. „Sondern weil ich diejenige sein möchte, die dir die Brosche ansteckt, wenn du dein neues Leben mit Mark beginnst.“

„Mhm.“ Tatum nickte. „Wir werden sehen.“

„Tate, die Brosche ist umwerfend und hat eine schöne Geschichte. Aber du kannst unmöglich glauben, dass das Ganze mehr als eine Legende ist.“

Ein Lächeln, das man nur schelmisch nennen konnte, umspielte Tatums Lippen. „Wie gesagt, wir werden sehen.“

Eine Weile sah Nore sie nur an, dann verdrehte sie die Augen, ließ den Arm sinken und stupste Tatums Schulter mit ihrer an. „Wie auch immer. Erledigen wir das, damit wir essen gehen und anschließend heißen Strippern zujubeln können.“

„Du meinst, dem Cirque du Soleil applaudieren.“

Nore hob eine Augenbraue und tätschelte Tatums Arm. „Davon bist du immer noch überzeugt? Wie niedlich.“

„Oh Gott!“ Tatum stöhnte.

Nore kicherte und hatte die Legende von der wahren Liebe und den füreinander bestimmten Seelenverwandten bereits vergessen.

2. KAPITEL

„Das haben Sie super gemacht, Nore. Der Club ist perfekt und der VIP-Bereich genau so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Außerdem weiß ich nicht, wo Sie die DJane aufgetrieben haben, aber sie ist fantastisch. Langsam glaube ich, Joaquin könnte sich heute Abend tatsächlich amüsieren“, lobte die hübsche Frau im trägerlosen, figurbetonten schwarzen Kleid sie grinsend.

„Ich danke Ihnen. Freut mich, dass Sie bisher mit allem zufrieden sind.“ Nore lächelte ihre Kundin an, die verwirrenderweise Shorty hieß, obwohl sie Nore, die selbst schon einen Meter siebzig groß war, um mehr als zehn Zentimeter überragte.

Aber andererseits hatte Greer Motorcycles Co. auch keine großartigen Vorgaben gemacht. Offensichtlich herrschte bei dem vom ehemaligen Profi-Motorradrennfahrer Joaquin Iverson gegründeten Hersteller von hochwertigen Motorrädern eine sehr entspannte Arbeitsatmosphäre. Nore hatte nämlich ihre Hausaufgaben gemacht und über das Unternehmen recherchiert, das vor zehn Jahren in der Geschäfts- und Sportwelt seinen großen Durchbruch gehabt hatte. Mit dem bekannten Motorradfahrer und Custom-Bike-Bauer Bran Holleran an der Spitze war die Firma inzwischen zu einer Multimilliarden-Dollar-Marke avanciert.

Die Angestellten, mit denen sie bei der Planung der Geburtstagsparty in Kontakt gekommen war, waren alle sehr locker und schienen mit den bunten Tätowierungen, Piercings und ihrer Kluft aus Leder und Jeans eher in ein Tattoo-Studio zu passen als in ein erfolgreiches Unternehmen. Aber vielleicht war gerade dieser Widerspruch der Grund dafür, dass sie die Zusammenarbeit mit Shorty und ihren Kollegen so genossen hatte. Als eine der führenden Eventplanerinnen in Seattle konnte Nore einige der wohlhabendsten und vornehmsten Bürger der Stadt zu ihrem Kundenkreis zählen. Und obwohl es sich hier nicht um ihre erste Geburtstagsparty handelte, war Greer Motorcycles bei Weitem ihre lustigste und einzigartigste Erfahrung gewesen. Nach diesem Abend würden ihr die Mitarbeiter beinahe fehlen.

Nore drehte sich um und begutachtete den Nachtclub in Capitol Hill, den sie für diesen Freitagabend zu einem saftigen Preis gebucht hatten. Fast zweihundert Leute tummelten sich hier, tranken und lachten an den zwei Bars auf beiden Seiten des riesigen ersten Stocks oder auf der Tanzfläche, die später voll sein würde, sobald der Ehrengast einträfe.

Die DJane des Clubs – eine der beliebtesten des Landes – stand an den Turntables, und die Gäste tanzten bereits zu der Musik, die sie auflegte.

Etwa fünfzig weitere Personen, die Führungskräfte des Unternehmens und exklusive Gäste, waren auf der abgesperrten zweiten Etage versammelt, die über eine eigene Bar und eigenes Personal verfügte. Zwischen all den Gästen auf den zwei Etagen schlängelten sich die Mitarbeiter eines sorgfältig ausgewählten Catering-Unternehmens sowie Servicepersonal hindurch und boten Hors d’œuvres an, während die üppigeren, sättigenden Gerichte serviert würden, sobald das Geburtstagskind anwesend wäre.

„Nore, der schwarze Range Rover fährt gerade auf den hinteren Parkplatz.“ Die Stimme von Bastian Dare, Nores Freund und rechte Hand, ertönte über ihren Kopfhörer.

Aha, wenn man vom Teufel spricht beziehungsweise an ihn denkt …

Sie drückte auf das Mikrofon. „Gut. Ich bereite hier drinnen alles vor.“ Dann wandte sie sich an Shorty und sagte: „Mr. Iverson ist draußen angekommen. Ich werde der DJane sagen, sie soll die Musik ausschalten. Und Sie sollten zur Bühne gehen.“

„Perfekt.“ Während Nore der DJane per Headset ihren Wunsch mitteilte, machte sich Shorty auf den Weg.

In der plötzlichen Stille erhob sich Stimmengewirr, das aber rasch verstummte, als alle Gäste sich der Bühne zuwandten und ihre Aufmerksamkeit auf Shorty richteten, die mit einem schnurlosen Mikrofon in der Hand die Treppe hinaufstieg und sich in der Mitte der Bühne positionierte.

„Hallo, alle zusammen. Als Erstes vielen Dank, dass ihr heute Abend gekommen seid, um Joaquins Geburtstag zu feiern. Besonders weil die Chancen, ob er bleibt oder wieder verschwindet, fünfzig zu fünfzig stehen.“ Gelächter schallte durch den Raum. „Aber ihr könnt sicher sein, er und wir alle schätzen es sehr, dass ihr hier seid, um unseren furchtlosen Chef zu würdigen. Übrigens steht er direkt vor der Tür. Also, ihr wisst, was ihr zu tun habt.“ Sie machte eine Handbewegung, um die Menge zum Schweigen aufzufordern. 

„Joaquin wird durch den Hintereingang in der Nähe der linken Bar kommen. Lasst uns ganz still sein, bis er reinkommt und wir alle ‚Überraschung‘ rufen. Und dann …“ Sie zuckte grinsend die Schultern. „… lasst die Spiele beginnen.“

Lauter Jubel ertönte, schnell gefolgt von noch lauteren „Pst!“-Rufen.

„Er ist da“, erklang Bastians Stimme in Nores Kopfhörer, und sie hob die Hand, um Shorty ein Zeichen zu geben. Die andere Frau nickte und sagte in eindringlichem Ton: „Okay, Leute, es geht los! Seid ruhig!“

Sofort herrschte Stille im Club und die Partygäste bewegten sich alle auf einmal in Richtung des hinteren Endes der Halle.

Die Luft war erfüllt von erwartungsvollem Schweigen – es summte sogar in Nores Brust. Einen Moment lang vergaß sie, dass sie selbst das Event geplant hatte, und fühlte sich stattdessen wie ein Gast, der die feierliche Atmosphäre genoss. Aber mit einem Kopfschütteln schob sie diesen Gedanken schnell beiseite. Ganz gleich, wie freundlich oder einladend die Kunden auch sein mochten, sie durfte nie vergessen, dass sie nicht eine von ihnen, sondern die Organisatorin war.

Sie drückte seitlich auf ihr Headset, um sich erneut mit ihrem Team zu verbinden, und wies diesmal Caroline, die VIP-Beauftragte, an: „Caro, bitte sorg dafür, dass das Licht wieder angeht, sobald Mr. Iverson ein Guinness in der Hand hält und in den VIP-Bereich begleitet wird. Stehen die Hors d’œuvres an seinem Tisch bereit?“

„Wird gemacht und ja“, antwortete Caro.

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