Herz in Versuchung

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Unbedingt will die schöne Victoria die Firma ihres Vaters zurück, die inzwischen dem berüchtigten Dmitri Markin gehört! Zum Glück weiß sie, dass der reiche Playboy etwas braucht, das er sich nicht kaufen kann: einen guten Ruf als Ehemann …


  • Erscheinungstag 19.03.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733716226
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Victoria mochte Orte wie diesen überhaupt nicht. Sporthallen mit Boxringen und Trainingsgeräten. In der Luft lag der Geruch von Schweiß und Testosteron. Etwas Unangenehmeres konnte sie sich kaum vorstellen.

Wenn sie nicht unbedingt Dmitri Markin treffen müsste, hätte sie niemals einen Fuß in diese Halle gesetzt.

Sie strich sich mit einer Hand durchs Haar, prüfte, ob es korrekt saß, und eilte auf ihren High Heels zielsicher durch den Trainingsbereich, wobei sie die Blicke der Männer geflissentlich ignorierte.

Einer der Sportler pfiff, als sie an ihm vorbeiging, und sie spürte, wie sich ihre Muskeln anspannten. Doch sie blieb weder stehen, noch sah sie den Mann an. Stattdessen hob sie ihr Kinn ein wenig, festigte den Griff um ihre Handtasche und ging betont lässig weiter.

Sie war im Laufe der Jahre für die Männerwelt zu so etwas wie einer Herausforderung geworden. Ihr Ruf, abweisend, unverbindlich und distanziert zu sein, war offenbar sehr verlockend für manche Männer, führte aber dazu, dass sie diese Art von Typen einfach nur abstoßend fand. Vielleicht war das unfair, doch das war ihr egal.

Um den Familienfrieden zu wahren und vor allem die Gunst ihres Vaters wiederzuerlangen, hatte sie ein Mal versucht, eine standesgemäße Ehe einzugehen. Was in den Augen ihres Vaters bedeutete, dass sie nur einen Adligen heiraten konnte. Doch dieser Plan war grandios gescheitert, weil ihr adliger Verlobter sich in die Heiratsvermittlerin verliebt hatte. Daher stand sie jetzt wieder ganz am Anfang und konzentrierte sich auf ihre Charity-Projekte und die Aufpolierung des Ansehens der Familie in den Medien.

Doch dann hatte sie herausgefunden, dass Dmitri Markin etwas besaß, das sie unbedingt wollte. Und sie konnte ihm etwas bieten, was er nicht hatte. Daraus war ein völlig neuer Plan entstanden, wie sie den Schaden, den sie ihrer Familie zugefügt hatte, wiedergutmachen konnte. Das wäre viel besser als eine Heirat mit einem Prinzen. Sie durfte bloß nicht scheitern. Nicht noch einmal.

Endlich war sie im hinteren Teil der Sporthalle angekommen. Man hatte ihr gesagt, dass sie Dmitri Markin dort in einem abgetrennten Privatbereich finden würde, was auch so war.

Er trainierte gerade mit einem anderen Sportler. Die beiden Männer kämpften mit freiem Oberkörper so verbissen, als ob ihr Leben davon abhinge. Dummheit. Natürlich hing nichts wirklich davon ab.

Männer.

Sie erkannte Dmitri sofort. Er war größer als sein Gegner, sehr muskulös und am gesamten Oberkörper tätowiert, genau wie man in ihr beschrieben hatte. Sie wusste, dass manche Frau bei einem solchen Anblick schwach geworden wäre.

Doch sie nicht. So etwas passierte ihr nicht.

Sie blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dmitri Markin?“

Der Angesprochene wuchtete seine Arme um die Taille seines Gegners, beugte sich vor und warf den anderen Mann schwungvoll über seine Schulter, sodass dieser rücklings auf der Matte landete. Dann richtete Dmitri sich auf und wandte sich ihr zu, die Hände in seine schmalen Hüften gestemmt und nach dem Kampf schwer atmend. Schweißströme liefen über seine Brust- und Bauchmuskeln herunter zum Bund seiner Trainingsshorts und versickerten langsam in den Haaren, die unter dem Stoff sicherlich noch weiter nach unten wuchsen.

Eine unerwünschte Hitze machte sich in ihr breit. Schnell wandte Victoria ihren Blick von diesem Teil seines Körpers ab. Was überhaupt nicht half, denn der Anblick seines Gesichts irritierte sie genauso.

Die Fotos hatten sie nicht darauf vorbereitet, was für eine Ausstrahlung dieser Mann besaß. Ein Faktor, mit dem sie nicht gerechnet hatte.

Bei dieser Erkenntnis zog sich ihr Magen heftig zusammen, spannte sich voller Unruhe an. Sie war wie paralysiert, versteinert von dem Mann, der vor ihr stand.

Wenn man bedachte, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente, wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn sein Gesicht deutliche Zeichen vergangener Kämpfe gezeigt hätte. Aber nein. Er tat ihr nicht den Gefallen, so gezeichnet zu sein. Sein dunkles Haar war auf sehr attraktive Art zerzaust, seine Augen glitzerten voller Humor. Die Nase hatte einen kleinen Höcker, wo sie wohl einmal gebrochen gewesen war, was ihn eher verwegen als entstellt aussehen ließ. Sehr lästig. Und dann auch noch diese tiefe Furche in seiner Oberlippe, die seinem Mund einen etwas spöttischen Ausdruck verlieh, selbst wenn er lächelte. Auch das war verwegen.

Ein leichtes Zittern erfasste Victoria, und sie musste sich zusammenreißen, damit man ihr nichts anmerkte. Sie musste diesen Deal abschließen. Denn nur so konnte der Riss zwischen ihr und ihrem Vater wieder gekittet werden. Damit sie endlich einmal nach vorne blicken konnte.

Sie konnte sich keine Ablenkung erlauben. Nicht, wenn sie so nahe dran war.

Verdammter Kerl. Wo sollte sie nur hinsehen? Sie ließ ihre Augen wieder zu seiner Brust wandern und spürte, wie ihre Wangen zu brennen begannen. Was war nur mit ihr los, erst war ihr eiskalt gewesen und jetzt heiß? Warum konnte sie ihren Blick nicht von seinem Körper losreißen?

Vielleicht war es einfach die Erkenntnis, dass dieser Mann eine Kampfmaschine war. Schließlich war seine Vergangenheit kein Geheimnis. Jeder wusste, dass er ein erfolgreicher Mixed-Martial-Arts-Kämpfer gewesen war und alle Varianten dieser Vollkontakt-Kampfsportart beherrschte. Und obwohl er seit fast zehn Jahren aus dem aktiven Geschäft heraus war, trainierte er offensichtlich immer noch wie ein Profi.

Das war es, sie hatte lediglich Respekt vor der Leistung dieses Mannes.

„Ich bin Dmitri Markin.“ Er nahm seine Hände von den Hüften, ließ seine Schultern kreisen und streckte sich, was bei ihr wieder diese ungewünschte Aufmerksamkeit erregte. Von diesen glänzenden Muskeln hatte sie eben endlich den Blick losreißen können und sich vorgemacht, dass sie überhaupt nicht attraktiv seien. Aber jetzt musste sie zugeben, dass sie doch anziehend waren.

Sie räusperte sich. „Mein Name ist Victoria. Victoria Calder.“

„Ich wüsste nicht, dass ich Ihren Namen schon einmal gehört hätte. Und von einem Termin mit Ihnen weiß ich auch nichts.“ In seiner Aussprache schwang der Hauch eines russischen Akzents mit, der trotz all seiner Jahre in England noch hörbar war.

Er betrachtete sie von oben bis unten, und das verursachte wieder eine verdammte Hitzewallung in ihr. Verzweifelt versuchte sie, sich zu konzentrieren und sich ihren Plan ins Gedächtnis zurückzurufen. Ihr Ziel ins Auge zu fassen. Sich nicht ablenken zu lassen.

„Ich kenne nur eine Sorte Frauen, die hier unangekündigt aufkreuzen. Wenn Sie allerdings etwas Geschäftliches besprechen möchten, lassen Sie sich am besten von meiner Sekretärin einen Termin geben. Wenn Sie etwas anderes wollen, sollten Sie jetzt Ihr Kleid ausziehen.“

Sie ignorierte diese unverschämte Aufforderung, ebenso wie die heiße Welle, die bei diesen Worten durch ihren Körper jagte. Er wollte sie nur aus der Fassung bringen. Doch diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen. Zumindest würde sie es sich nicht anmerken lassen, dass ihr Herz wie rasend klopfte und sie, ob sie es wollte oder nicht, durcheinander war.

Daher schluckte sie und sah ihn dann direkt an. „Danke, aber ich behalte mein Kleid lieber an. Können wir unser Gespräch an einen etwas angenehmeren Ort verlegen?“

„Ich finde es hier sehr angenehm. Ich bleibe hier.“

Sein Trainingspartner war mittlerweile aufgestanden und sah zwischen den beiden hin und her. „Dann könnten Sie vielleicht Ihren Partner bitten, zu gehen“, schlug Victoria vor.

„Weil Sie Ihr Kleid ausziehen werden?“

Nun räusperte sie sich hörbar und setzte eine verächtliche Miene auf. Doch das Prickeln, das an ihrem Rücken entlanglief, spürte sie deutlich. „Von dieser Fantasie müssen Sie sich leider verabschieden. Ich werde dieses Kleid erst ausziehen, wenn ich nach Hause komme und ein warmes Bad nehme. Bis dahin bleibe ich angezogen. Aber wir müssen unbedingt reden.“

„Klingt, als würde ich in Schwierigkeiten stecken. Aber da ich nicht mit Ihnen geschlafen habe, kann ich mir kaum vorstellen, warum. Ich habe Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereitet. Bis jetzt zumindest nicht.“

Sie biss die Zähne zusammen. Dieser Mann zog wirklich alle Register. Glücklicherweise war das nichts, womit sie nicht umgehen konnte, nur dass ihr Gegenüber normalerweise nicht halb nackt war. Oder so gut aussah. Doch nichts davon zählte hier. „Entweder geht er oder ich“, erklärte sie betont gelangweilt. „Doch ich glaube, Sie möchten hören, was ich Ihnen zu sagen habe.“

Dmitri neigte den Kopf und lächelte spöttisch. „Nigel, würdest du uns bitte kurz alleine lassen?“ Der andere Mann nickte, kletterte aus dem Boxring und ging weg. Dann wandte Dmitri sich ihr zu.

„Okay, warum sagen Sie mir nicht, warum Sie hergekommen sind?“

Langsam war ihre Geduld am Ende. Sie musste sich in diesem miefenden Trainingsraum aufhalten, und seine nackte Brust interessierte sie mehr, als sie wollte. Sie hatte das Gefühl, dass in ihrem Plan eine große Lücke klaffte. Was dazu führte, dass ihre Laune ziemlich mies wurde. Nur das konnte die Worte erklären, die nun aus ihrem Mund kamen.

„Nun gut, Mr. Markin. Ich bin hergekommen, um Ihnen eine Frage zu stellen. Würden Sie mich heiraten?“

Erstaunt betrachtete Dmitri die Blondine, die vor ihm stand. Sie war blass, schlank, aber mit weiblichen Kurven, hatte lange wohlgeformte Beine und einen Gesichtsausdruck, der einen schwachen Mann einschüchtern konnte. Ihre Ausdrucksweise und der klare britische Akzent waren so vornehm, dass man versucht war, sich eine Krawatte umzubinden, bevor man mit ihr redete.

Aber er war kein schwacher Mann und daher auch nicht eingeschüchtert. Nicht im Geringsten.

„Sie könnten mehr Glück mit Ihrem Antrag haben, wenn Sie das Kleid ausziehen würden.“

Sie hob eine perfekt geformte Augenbraue. „Sie stehen also auf billige, kleine Nervenkitzel und Späße?“

„Klar tue ich das. Obwohl ich mir inzwischen durchaus auch einen teuren Spaß leisten kann. Aber warum sollte ich nicht die Gelegenheit nutzen, wenn sie sich mir bietet?“ Er musterte sie erneut, nahm jede Kurve, jeden verführerisch weiblichen Teil von ihr wahr. „Ich hätte Sie eher als einen teuren Spaß eingestuft. Doch wenn Sie es lieber billig mögen …“

„Ich bin nicht zum Spaß hergekommen, Mr. Markin“, erklärte sie mit eisiger Stimme. „Es sei denn, mein Angebot bereitet Ihnen Spaß. Doch freuen Sie sich nicht zu früh, denn es hat nichts mit nackter Haut zu tun.“

„Eine Ehe hat üblicherweise durchaus etwas mit nackter Haut zu tun. Das ist meiner Meinung nach der einzige Grund, um diesen Bund einzugehen. Obwohl ich auch außerhalb einer Ehe genug nackte Haut zu sehen bekomme.“

„Und aus diesem Grund haben Sie offenbar auch Probleme, ausreichend Unterstützung für Ihr neues Charity-Projekt zu finden.“

Sein Nacken begann zu prickeln. „Woher wissen Sie das?“

Von der Wohltätigkeitsorganisation, die er in Colvins Namen eingerichtet hatte, war in der Öffentlichkeit noch nichts bekannt. Natürlich hatte er mit einigen Leuten diskret darüber gesprochen. Leider war er nicht auf großes Interesse gestoßen.

In der Tat brauchte er Unterstützung. Denn einem Mann, der dafür bekannt war, zu schnell zu fahren und mit zu vielen Frauen zu schlafen, und der sein Vermögen im Ring erkämpft hatte, stand man mit einer gehörigen Portion Zynismus und Misstrauen gegenüber.

Und er konnte es sich nicht leisten zu scheitern. Colvin war tot. Er konnte ihm nur noch auf diese Art etwas zurückgeben und der Welt zeigen, was dieser Mann für ihn getan hatte, indem er benachteiligten Kindern eine Chance bot.

Eine Chance, die Dmitri als Kind nicht gehabt hatte, weil ihm an einem kalten Tag in Moskau die Kontrolle über sein Leben entzogen worden war.

„Ich halte immer meine Augen und Ohren offen“, meinte Victoria. „Ich bin im Vorstand einiger Wohlfahrtsverbände, und ich habe sehr gute Beziehungen, die ich zu meinem Vorteil nutze.“

„Welcher Vorteil oder Nutzen springt für Sie persönlich dabei raus, wenn Sie ein Charity-Projekt für Kinder unterstützen?“

Ihre blaue Augen flackerten. „Wie meinen Sie das? Ich denke nur an die Kinder.“

Er lachte. „Natürlich. Da bin ich mir sicher.“

„Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie mir nicht glauben?“

„Glaube ich, dass die Eiskönigin das Wohl der Kinder im Blick hat? Nein. Sie müssten zumindest etwas Wärme ausstrahlen, bevor ich so etwas glauben könnte.“

Ihr entwich ein entnervtes Seufzen. „Ich versichere Ihnen, dass ich für meine Charity-Projekte alles gebe. Die Leidenschaft hebe ich mir für meine Arbeit auf, also ist nichts davon für Sie übrig. Kommen wir zurück zu meinem Vorschlag.“

„Warum haben Sie mir einen Antrag gemacht?“

Sie blickte ihn an. „Ich will London Diva wiederhaben.“

Bei der Erwähnung einer seiner Firmen runzelte er die Stirn. „Wie bitte?“

„London Diva. Ich will, dass die Firma wieder meiner Familie überschrieben wird.“

„Calder“, wiederholte er ihren Namen. Auf diese Verbindung war er gar nicht gekommen, denn er hatte die Handelskette vor einigen Jahren von Nathan Barret gekauft. Er wusste aber, dass sie vor gut dreißig Jahren von Geoffrey Calder gegründet worden war. „Sie sind also Geoffrey Calders … Nun, Sie können nicht seine Frau sein, weil Sie mir gerade einen Antrag gemacht haben. Die Tochter?“

„Gut geraten. Die Tochter.“

„Sie kommen also einfach her, bieten mir die Ehe an und verlangen dafür einen Teil meines Unternehmens. Was gedenken Sie, im Gegenzug für mich zu tun?“

„Vielleicht kennen Sie meine Wohltätigkeitsarbeit aus den Medien. Ich habe einen sehr guten Ruf. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich ein Musterbeispiel an Tugend und habe etwas, das Sie wollen. Etwas, das Sie nicht kaufen können.“

„Ach was. Es gibt nichts, was ich nicht kaufen kann.“

„Außer einem besseren Ansehen in der Öffentlichkeit.“ Ihr Gesichtsausdruck war beinahe engelsgleich. Wahrscheinlich würde sie es schaffen, unschuldig auszusehen, während sie einem Mann die Kehle durchschnitt.

Das gefiel ihm.

Aber es gefiel ihm nicht, dass sie ihn in die Ecke gedrängt hatte. Seine geschäftliche Reputation war tadellos, aber sein Ruf als Mensch war ein wenig anrüchig. „Warum denken Sie, ich müsste meinen Ruf aufpolieren?“

„Weil Sie dieses Charity-Projekt für Kinder ins Leben rufen wollen. Freier Sportunterricht für Kinder aus schwierigen Verhältnissen. Aber niemand vertraut Ihnen bei etwas, das mit Kindern zu tun hat. Denn Sie sind bekannt dafür, streitsüchtig, missmutig, großmäulig und hitzköpfig zu sein. Habe ich etwas vergessen?“

Er ging einen Schritt auf sie zu und bemerkte zu seiner Zufriedenheit, dass sie zurückwich. „Ja. Ich bin außerdem ein Weiberheld. Einer, der jederzeit eine Frau aufgabeln und sie im Bett dazu bringen kann, seinen Namen laut auszurufen.“

Abwehrend hob sie eine Hand. „Und das ist nur die Spitze des Eisbergs, oder? Trunkenheit am Steuer. Affären mit verheirateten Frauen, die zudem Kinder haben. Das macht Sie nicht gerade zu einem vertrauenswürdigen Familienmenschen.“ Treffer, dachte er. Sie hatte also auch von seinem letzten Skandal gehört.

„Lavinia hat mir einige entscheidende Details vorenthalten.“

„Dass sie verheiratet ist?“

„Nein, das war mir egal. Aber ich wusste nicht, dass sie Kinder hat.“

Prinzipiell ließ er sich gerne mit gebundenen Frauen ein, weil das bedeutete, dass sie sich nicht an ihn klammerten. Denn das war wichtig. Er hatte keine Beziehungen. Er hatte Sex. Keine Liebe, denn dafür müsste man vertrauen. Und er traute niemandem.

„Ich könnte Ihre Probleme lösen“ meinte sie.

„Indem Sie mich heiraten?“

Sie kicherte, ein kristallklarer Klang. „Stellen Sie sich nicht dumm. Ich muss Sie nicht wirklich heiraten. Nur eine Weile Ihren Verlobungsring tragen, bis alles in Gang gekommen ist.“

„Sie haben wirklich an alles gedacht.“ Und sie hatte ihn ohne Vorwarnung aus dem Hinterhalt überfallen. Clevere Frau. Und sehr reizvoll.

„Natürlich habe ich das. Ich hätte wohl kaum ohne einen ausgefeilten Plan herkommen können.“

„Leider habe ich aber gleich eine Verabredung und muss vorher in meine Wohnung, um zu duschen und mich umzuziehen.“

„Und die ist wo?“

„Im ersten Stock.“ Sein Apartment lag direkt über der Sporthalle. Nicht gerade nobel, aber er hing daran, weil dies der Ort war, an den Colvin ihn gebracht hatte, nachdem er ihn aus Russland geholt hatte.

Colvin hatte ihm eine Chance gegeben, hatte ihm ein neues Leben geschenkt. Eins, das aus mehr bestand als aus heruntergekommenen Kneipen, abgewetzten Decken und schäbigen Matratzen auf Betonböden. Ein Leben, das mehr war, als sich das Blut im verdreckten Badezimmer eines Underground-Clubs abzuwischen, um direkt danach wieder eins in die Fresse zu bekommen.

Eine solche Chance wollte er den Kindern mit seiner Wohltätigkeitsorganisation auch bieten. Und Victoria Calder mischte sich dort jetzt ein und zeigte ihm zwei Möglichkeiten auf: scheitern oder mit ihr zusammenarbeiten.

Bei diesem Gedanken schoss eine Welle der Wut durch seinen Körper, doch das wollte er ihr nicht zeigen. Er war schlau genug, seinem Gegner keine Schwächen zu offenbaren.

„Ich soll also mit nach oben kommen, während Sie duschen?“, fragte sie ungläubig.

„Wenn das für Sie ein Problem ist …“

„Oh nein. Warum sollte es ein Problem sein? Gehen Sie bitte vor.“ Mit einer perfekt manikürten Hand winkte sie ihn voran und er musste sich beherrschen, um nicht etwas Dummes zu tun. Diese Hand zu ergreifen. Einen Arm um ihre Taille zu legen und sie an sich zu ziehen. Ihr zu beweisen, dass er kein Lakai war, den sie herumkommandieren konnte. Denn nicht jeder sprang sofort, wenn Victoria Calder mit ihrem vornehmen Akzent Befehle erteilte. Das würde sie noch lernen.

Aber sie hatte einen wunden Punkt bei ihm getroffen. Den einzigen, den er hatte.

Schnell ging er vor ihr nach oben und hielt ihr die Tür zu seiner Wohnung auf. „Nach Ihnen, Miss Calder.“

Sie warf ihm einen tödlichen Blick zu. „Es wird Ihnen nicht gelingen, mich mit einem eisigen Blick zu verwunden“, sagte er.

Sofort versteifte sich ihr Rücken. „Ich versuche nicht, Sie zu verwunden. Sonst würde ich ja meine Pläne gefährden.“

Er presste ein Lachen heraus und folgte ihr dann in das Apartment, wobei sein Blick auf ihren engen Bleistiftrock fiel. Doch egal, wie wohlgeformt ihr wunderbarer Hintern auch sein mochte, er würde sich nicht mit einer Frau wie ihr einlassen. Er zog es vor, wenn das Leben einfach war. Er arbeitete hart. Das Leben war hart. Daher mochte er seinen Sex auf die einfache Weise. Und nichts an Victoria Calder schien einfach zu sein.

Diese Frau dachte, sie könnte in sein Territorium kommen und ihn herumkommandieren. So etwas gefiel ihm gar nicht. Das würde sie schon bald merken. Denn obwohl der Gedanke daran, ihr Angebot anzunehmen, nicht abwegig war, würde er die Oberhand behalten. Er spürte, dass sie mehr zu verlieren hatte als er, und das würde er gegen sie einsetzen.

Auch wenn Dmitri Markin schon lange nicht mehr im Ring stand, war er doch immer noch ein Kämpfer. Und wer in sein Reich eindrang, war sein Gegner, das war auch bei Victoria nicht anders.

Sie war eine stolze Frau, was ihn reizte. Und sie hatte ihm eine Schwäche offenbart, denn sie schien sich nur wohlzufühlen, wenn sie die alleinige Kontrolle über die Situation innehatte. Daraus zog sie einen Teil ihrer Stärke. Und nun hatte er diesen wunden Punkt entdeckt.

Er schloss die Tür hinter ihr. Das Apartment war nur spärlich möbliert, jedoch viel nobler, als man es erwarten würde, wenn man aus der Trainingshalle nach oben kam. Dies war sein Rückzugsort, wo er frei war. Frei von jeglichen Ex-Freundinnen, frei von jeglichen Erwartungen. Niemand belästigte ihn hier. Zumindest war das so gewesen, bevor Victoria Calder aufgetaucht war.

Victoria ging langsam durch den Raum, wobei ihre High Heels laut auf den glänzenden schwarzen Fliesen klackerten. Sie sah sich um und dachte wahrscheinlich gerade dasselbe wie er. Dieser Raum war ganz anders, als man es vermuten würde. Klare Linien, moderne Möbel, alles in Schwarz, Weiß und Edelstahl. Keine Fenster. So mochte er es. Weil er dadurch wirklich vor der Außenwelt geschützt war, etwas, das er in jungen Jahren nicht gehabt hatte.

Nun öffnete er die Tür zum Bad und kündigte an: „Ich brauche nicht lange.“ Er drehte sich um und zog im Gehen seine Kleidung aus. Die Tür ließ er offen.

Victoria hatte sich in die Höhle des Löwen gewagt, also musste sie mit den Konsequenzen leben.

2. KAPITEL

Er hatte die Tür nicht geschlossen! Victoria stand mitten in Dmitris ultramodernem Apartment und klammerte sich an ihrer Handtasche fest, als hinge ihr Leben davon ab. Sie hatte keine Ahnung, was sie jetzt tun sollte.

Sie hörte das Wasser rauschen und nahm an, dass er jetzt unter der Dusche stand.

Und er hatte die Tür nicht geschlossen.

Er war nackt. Nass.

Das war völlig unangemessen.

Autor

Maisey Yates
Schon von klein auf wusste Maisey Yates ganz genau, was sie einmal werden wollte: Autorin.
Sobald sie mit einem Stift umgehen und ihre erste Worte zu Papier bringen konnte, wurde sie von der Leidenschaft fürs Schreiben gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen.

Von da an konnte nichts und niemand...
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