Herz voll Rache, Herz voll Liebe?

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Noch nie hat Immobilien-Milliardär Damon eine so unvergessliche Nacht verbracht wie mit Carrie. Und das liegt nicht an dem rauschenden Ball auf dem Château, sondern an den schönsten grünen Augen, die er je gesehen hat. Doch als Damon erfährt, dass sie die Tochter seines Erzfeinds ist, der den Tod seines Vaters verschuldet hat, verbietet er sich alle romantischen Gefühle und sinnt nach Rache. Selbst als Carrie ihm gesteht, dass sie von ihm schwanger ist, bleibt er eiskalt … Aber warum überfallen den Tycoon plötzlich Skrupel?


  • Erscheinungstag 06.02.2024
  • Bandnummer 2634
  • ISBN / Artikelnummer 9783751524506
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Ein Wagen holt dich um halb acht in deinem Hotel ab und bringt dich zum Château Margaux. Ich erwarte dich dort. Damon

Carrie Miller starrte auf die Worte in eleganter Handschrift, bevor sie auf die Uhr blickte.

Fünf vor halb acht. Nur noch fünf Minuten.

Unter dem Seidenkleid, das am Morgen zusammen mit der Einladung in ihr Hotelzimmer gebracht worden war, raste ihr Herz.

Als Architekt war Damon für die Renovierungen in dem Pariser Schloss verantwortlich gewesen und heute fand die große Einweihungsparty statt.

Seit ihrem Abschied gestern Abend beherrschte dieser Mann ihre Gedanken. Die ganze Nacht lang hatte sie wach im Bett gelegen und sich an jedes Detail von ihm erinnert. Seine hypnotisierenden kaffeebraunen Augen mit dem goldenen Rand um die Iris. Den tiefen Klang seiner Stimme, der ihre Sinne wie Samt berührt hatte. Seinen frischen Duft, der sie berauscht hatte, als er ihr einen Gutenachtkuss auf die Wange gedrückt hatte.

Bei der Vorstellung, wie er in diesem Moment in einem Schloss in einer der magischsten Städte der Welt auf sie wartete, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Und als sie sich umwandte, um im Ganzkörperspiegel ein letztes Mal ihr Aussehen zu überprüfen, glitzerten ihre dunkelgrünen Augen vor Angst.

Denn noch etwas ganz anderes hatte sie hellwach gehalten. Sein Name.

Meyer. Damon Meyer.

Ein Name, der ihr auf herzzerreißende Weise vertraut war.

Denn als kleiner Junge hatte Damon seinen Vater wegen ihres Vaters verloren.

„Meyer-Randolph-Skandal“, so hatten die Medien die schockierenden Ereignisse damals genannt. Der Skandal hatte dazu geführt, dass die bis dahin erfolgreiche berufliche Partnerschaft ihrer Väter in einer Tragödie endete, die Jacob Meyer das Leben gekostet hatte. Und bevor Carrie zulassen durfte, dass Damon und sie sich noch näherkamen, musste sie ihm sagen, wer sie war.

Es spielte keine Rolle, dass sie kaum Kontakt zu ihrem Vater hatte und schon seit langer Zeit nicht mehr seinen Namen trug. Obwohl sie bei ihrer Mutter aufgewachsen war und nie wirklich zur Familie gehört hatte, war Sterling Randolph doch immer noch ihr Vater.

Carrie war immer ehrlich. Nachdem Nate sie mit jedem seiner Worte und Blicke getäuscht hatte, bedeutete Ehrlichkeit ihr sehr viel, und sie legte großen Wert darauf, einander stets die Wahrheit zu sagen.

Aber der Gedanke daran, wie Damon auf diese Wahrheit reagieren würde, bereitete ihr Unbehagen. Vielleicht würde er sie ohne eine Sekunde zu zögern hinauswerfen.

Zwar war der Mann, der Jacob getötet hatte, verhaftet und verurteilt worden, aber in Damons Augen war ihr Vater der wahre Schuldige, weil seine Taten die Ursache für den Mord gewesen waren.

Carrie wusste, dass ihr Vater nicht unschuldig war. Er hatte viel Leid verursacht. Und obwohl sie damals noch ein Kind gewesen war, war auch sie nach dem Skandal gnadenlos von den Medien verfolgt worden. Sie würde für immer mit den lähmenden Panikattacken leben müssen, die dadurch ausgelöst worden waren. Trotzdem hatte sie ihren Vater nie hundertprozentig für die Geschehnisse verantwortlich gemacht und auch nicht geglaubt, dass Damon es tun würde.

Aber als sie im Internet nach ihm gesucht hatte, musste sie sich eingestehen, dass sie sich geirrt hatte. Bei jedem der Tausenden und Abertausenden von Treffern, die bei der Eingabe von Damons Namen erschienen waren – von seinen wunderschönen Begleiterinnen über seine prominenten Freunde bis hin zu den Immobilien, die er auf fünf Kontinenten besaß –, war auch schwarz auf weiß von der Feindseligkeit zu lesen, die er ihrem Vater entgegenbrachte.

Über seine Abneigung gegenüber Randolphs Geschäftspraktiken. Über seine Empörung, dass ihr Vater unbehelligt aus dem Skandal hervorgegangen war, und seine Gewissheit, dass dieser die alleinige Schuld an allem trug.

Als Carrie das gelesen hatte, hatte sich ihr Magen zusammengezogen. Wenn Damon gestern gewusst hätte, wer sie war, hätte er sie nicht einmal angesehen.

Aber er hatte sie angesehen … und es war wunderbar und berauschend gewesen.

Es war lange her, dass Carrie sich zum anderen Geschlecht hingezogen gefühlt hatte. Kein Mann, den sie getroffen hatte, war auch nur annähernd in der Lage gewesen, ihre Angst und das Misstrauen nach Nates Täuschungen zu besänftigen. Gestern Abend allerdings hatte sich das schlagartig geändert.

Durch Damon.

Ein einziger langer Blick und ein angedeutetes Lächeln von ihm hatten sie erschüttert, als hätte sie einen Stromschlag bekommen. Er hatte ihren Herzschlag beschleunigt und ihre Adern mit flüssiger Lava gefüllt. Dann hatte er sich ihr vorgestellt und die Hand ausgestreckt, und obwohl sein Name ihr einen Schock versetzte, hatte sie das bei der Berührung seiner starken Finger vergessen. Die Wärme seiner Hand breitete sich in ihrem Körper aus, als seine langen Finger sich um ihre schlossen. Die Bedeutung seines Namens wurde vom Nebel in ihrem Kopf verschluckt.

Denn plötzlich prickelte jeder Zentimeter ihres Körpers vor Verlangen, und instinktiv hatte sie gewusst, dass nur Damon es stillen konnte.

So leicht und so schnell hatte sie sich verloren. Allerdings hatte es sich angefühlt, als wäre sie von ihm gefunden worden.

Die Erinnerungen an den vergangenen Abend ließen sie erschauern. Nervös ging sie zur Tür und hoffte von ganzem Herzen, dass Damon sie jetzt, nachdem er sie gefunden hatte, nicht wieder verlieren wollte. Selbst dann nicht, wenn sie ihm sagte, wer sie war.

Damon Meyer widerstand dem Drang, noch einmal auf die Uhr zu schauen. Carrie kam zu spät. Eine leise Stimme in seinem Kopf fragte, ob sie überhaupt auftauchen würde – eine Stimme, die er schnell zum Schweigen brachte. Dass Carrie ihn versetzte, war unwahrscheinlich.

Jedes Signal, das sie gestern Abend ausgesandt hatte, hatte ihm verraten, dass sie ihn wiedersehen und fortsetzen wollte, was sie begonnen hatten. Das hatte er daran gemerkt, wie widerwillig sie den Blick von ihm abgewandt und dass sie vor Verlangen gezittert hatte, als ihre Lippen sich bei dem Gutenachtkuss, den er ihr auf die Wange gedrückt hatte, verlockend nahe gekommen waren.

Er hatte sich mit aller Kraft beherrschen müssen, um sie nicht an sich zu ziehen und sie auf der Stelle zu nehmen.

Aber heute Abend hatte er vor, diese berauschende Anziehungskraft auszuleben – vorausgesetzt, das war auch Carries Wunsch.

Allerdings würde es bei einer flüchtigen Affäre bleiben. Damon hatte weder die Zeit noch die Energie für eine Beziehung. Schon seit langer Zeit widmete er sich mit Leib und Seele seiner Rache an Sterling Randolph. Von diesem Weg würde er nicht abweichen, bis Randolph dafür bezahlte, dass er seinen Vater ins Grab gebracht hatte.

Bald würde es endlich so weit sein. Wenn er, Damon, den Caldwell-Deal abgeschlossen hätte, wäre es geschafft. Aber an diesem Abend wollte er das Geschäft vergessen und sich ausschließlich auf sein Vergnügen konzentrieren …

Die Gespräche um ihn herum verstummten. Alle Gedanken in seinem Kopf lösten sich auf, als er die Frau entdeckte, die gerade eintraf. Sein Herz begann wild zu hämmern. Als Carries suchender Blick seinen fand, durchzuckte ihn dasselbe Verlangen, das sie am Abend zuvor zueinander hingezogen hatte, glühend und stärker als alles, was er je erlebt hatte.

„Entschuldigung“, sagte Damon zu dem Botschafter und seiner Frau, die gerade überschwänglich die Begeisterung über seine Arbeit zum Ausdruck gebracht hatten.

Ihre Überraschung, als er sie mitten im Gespräch stehen ließ, interessierte ihn nicht.

Ohne Carrie aus den Augen zu lassen, bahnte er sich einen Weg durch die wachsende Schar der Gäste. Carrie hatte einen Platz auf einer der Terrassen gefunden. Als er vor ihr stehen blieb, konnte er sie nur wortlos anstarren. Beim Anblick der magentafarbenen Seide, die die Rundungen ihres Körpers umschmeichelte, musste er hart schlucken.

In dem Moment, als Damon das Kleid entdeckt hatte, hatte er Carrie darin sehen wollen. Ihr Outfit am Abend zuvor war stilvoll, aber dezent gewesen. Es hatte durchaus ihrer Figur geschmeichelt – er musste nur daran denken, wie sein Körper auf sie reagiert hatte –, aber durch die dunkle Farbe und das schlichte Design wirkte es unauffällig. Sein Instinkt hatte ihm gesagt, dass sie es genau aus diesem Grund gewählt hatte.

Das Kleid, das sie heute trug, war das komplette Gegenteil. Mit seinem tiefen Ausschnitt und dem fast unsichtbaren Beinschlitz ließ es zwar mehr Haut vermuten, als es tatsächlich zeigte, aber die Farbe und der Schnitt waren gewagt, und Carrie, der das seidige rabenschwarze Haar über die schmalen Schultern und den Rücken fiel, sah einfach atemberaubend darin aus.

Der leichte Hauch von dunklem Lidschatten betonte ihre ohnehin schon wunderbar großen Augen und ließ diese noch mehr strahlen. Und ihre Lippen … diese Lippen.

Damon wollte sie küssen. In dieser Sekunde war das sein einziger Gedanke. Er wollte sie in die Arme ziehen, seinen Mund auf ihren pressen, wollte sie endlich fühlen und schmecken.

Benommen von der Heftigkeit seines Verlangens, brauchte er eine Sekunde länger als nötig, um seine Stimme wiederzufinden. „Du siehst noch unglaublicher aus, als ich gedacht hatte.“

„Du auch“, antwortete Carrie, obwohl sie den sengenden Blick ihrer wunderschönen grünen Augen nicht von seinem löste, um seinen perfekt sitzenden schwarzen Anzug und das makellos weiße Hemd zu betrachten. „Und das Château ist umwerfend. So etwas habe ich noch nie gesehen.“

„Danke“, antwortete er, auch wenn ihn das Schloss im Moment überhaupt nicht interessierte. Nur sie.

Seit er Carrie kennengelernt hatte, waren erst vierundzwanzig Stunden vergangen, doch es kam ihm vor, als würde er schon ewig darauf warten, sie zu berühren. Die tiefe Sehnsucht sandte lodernde Glut durch seinen Körper.

An ihrem schlanken Hals pochte eine Ader, und er erkannte noch mehr Anzeichen ihrer Nervosität – die fest zusammengepressten Lippen, die weißen Knöchel ihrer Hand, mit der sie ihre Abendtasche umklammerte. Er wünschte sich, sie würde sich einfach nur wohlfühlen, aber er konnte verstehen, dass ein extravaganter Abend wie dieser für ein Mädchen aus dem kleinen Ort Santa Barbara überwältigend sein musste.

Alles an diesem Abend war exquisit: das märchenhafte, riesige Schloss, die Party, für die man weder Kosten noch Mühen gescheut hatte, und die persönlich ausgewählten Gäste, an deren Hälsen, Ohren und Fingern Diamanten, Rubine und Smaragde funkelten.

Und am überwältigendsten war die Anziehungskraft, die sie beide in ihren Bann zog. Sogar Damon empfand die feurige Chemie zwischen ihnen als intensiv.

Als er einen Schritt näher zu Carrie trat, bemerkte er ihr Zittern. Sie senkte die langen dunklen Wimpern, als wollte sie das unsichere Flackern ihrer Augen verbergen.

„Ich bin froh, dass du hier bist“, sagte er leise. Beruhigend.

Langsam atmete sie aus. „Ich …“

Er konnte ihren gesenkten Blick nicht ertragen. Sanft legte er einen Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an, sodass sie ihm in die Augen schauen musste und darin lesen konnte, was er fühlte – was auch immer das sein mochte.

Als ihre Blicke sich trafen, schienen die Unsicherheit und die Angst, mit denen sie offenbar kämpfte, deutlich nachzulassen. „Das bin ich auch“, antwortete sie leise. „Ich freue mich, dich wiederzusehen.“

„Dachtest du wirklich, ich würde nicht alles dafür tun, damit wir uns wiedersehen?“, fragte er lächelnd.

Als er so nah bei ihr stand, dass er ihre Körperwärme spürte, fühlte er sich sofort sehr viel wohler. „Um ganz offen und ehrlich zu sein – ich konnte den ganzen Tag lang kaum an etwas anderes denken als daran, dich heute Abend zu treffen.“

„Ich habe auch viel an dich gedacht.“

„Gut.“ Bei ihren Worten verspürte er unsagbare Freude.

Doch dann flackerte etwas in ihren Augen auf. Aber der Ausdruck war so schnell wieder verschwunden, dass er ihn nicht deuten konnte.

Ihre Brust hob sich unter einem tiefen Atemzug. „Aber es gibt etwas, das ich dir sagen sollte, bevor wir …“

Aus dem Augenwinkel nahm Damon die vielen Blicke wahr, die auf sie gerichtet waren. Im Rampenlicht zu stehen war für ihn nichts Neues. Schon vor seinem beruflichen Durchbruch hatte die Presse sich für ihn interessiert. Sein Name war durch den Tod seines Vaters bekannt geworden, und als er mit seiner Arbeit als Architekt immer größeren Erfolg hatte, war er geradezu berühmt geworden.

Zwar hatte er sich nie danach gesehnt, derart im Rampenlicht zu stehen, aber ihm war schnell klar geworden, dass er den Ruhm zu seinem Vorteil nutzen konnte. Je größer sein Bekanntheitsgrad war, desto mehr Aufmerksamkeit würde es erregen, wenn er Sterling Randolph vernichtete – und er wollte, dass die ganze Welt dessen Untergang miterlebte! Also lächelte er, gab Interviews und nahm Einladungen zu den wichtigsten gesellschaftlichen Veranstaltungen an.

Als er schließlich sogar noch bekannter als sein Vater war, wurde es für ihn nahezu unmöglich, an einer Veranstaltung teilzunehmen, ohne dass mindestens ein Dutzend Fremde auf ihn zukamen, um mit ihm gesehen zu werden. Den Blicken einiger der exklusiven Gäste nach zu urteilen, würde es heute Abend nicht anders sein.

Aber auch Carrie erregte große Aufmerksamkeit, was nicht überraschend war, wenn man bedachte, wie sensationell sie aussah. Er gab ihnen noch neunzig Sekunden, bis sie unterbrochen würden. Das war das Letzte, was er wollte. Er hatte keine Lust, sie mit irgendjemandem zu teilen.

„Lass uns einen Rundgang machen“, unterbrach er sie und legte die Hand auf ihren unteren Rücken, um sie von der neugierigen Menge wegzuführen. „Ich zeige dir das Schloss.“

„Kann das noch eine Sekunde warten? Ich muss dir wirklich etwas sagen“, beharrte sie, als er einen Schlüssel aus der Innentasche seiner Jacke zog, eine mächtige, getäfelte Tür aufstieß und sie hineinwinkte.

„Wir können drinnen reden.“

Nervös blickte Carrie zwischen ihm und der offenen Tür hin und her. „Bist du sicher, dass das erlaubt ist?“

Unbekümmert zuckte er die Schultern. „Ich habe die Schlüssel. Ich bin der Architekt. Ich denke, wir kommen damit durch.“

„Ich möchte dich nicht in Schwierigkeiten bringen.“

Damon konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Was sie betraf, steckte er schon jetzt in großen Schwierigkeiten. „Alles gut“, versicherte er ihr. „Außerdem, was hat man davon, den Architekten zu kennen, wenn man nicht wenigstens eine private Führung bekommt?“ Er bedeutete ihr einzutreten. „Also, was musst du mir so Wichtiges sagen?“

Aber Carrie hörte ihm gar nicht mehr zu. Voller Ehrfurcht betrachtete sie die riesige Eingangshalle, in der sie sich befanden. Ihre Augen weiteten sich und ihre Lippen öffneten sich vor Staunen.

„Damon, das ist wunderschön“, hauchte sie, während sie den Raum genau musterte und all die kunstvollen Details betrachtete. „Es ist wie eine Reise in die Vergangenheit.“

„Es war der ausdrückliche Wunsch des Eigentümers, das Schloss wieder in seinen früheren Glanz zu versetzen.“

„Unglaublich. Das alles ist unglaublich“, sagte sie.

Ihre Bewunderung ließ seine Leistung noch beeindruckender erscheinen. Größer als in dem Moment, als er das Projekt für abgeschlossen erklärt hatte. Und während sie weiterhin den Raum bewunderte, war Damon nur daran interessiert, sie zu bewundern: ihren Körper, ihre anmutigen Bewegungen, den Glanz ihrer Haut im gedämpften Licht.

„Wird der Besitzer hier selbst wohnen?“

„Da bin ich mir nicht sicher. Vielleicht. Er denkt auch darüber nach, das Schloss als Kapitalanlage zu nutzen und für Events zu vermieten. In einigen Monaten veranstaltet er hier die Hochzeit seiner Tochter. Ich kann mir vorstellen, dass er danach eine Entscheidung trifft.“

„Es ist ein sensationeller Ort für eine Hochzeit.“ Carrie drehte sich zu ihm um und schaute ihn neugierig an. „Bist du wegen Projekten wie diesem Architekt geworden?“

Unzufrieden darüber, wie weit sie sich von ihm entfernt hatte, trat Damon näher an sie heran, während er die Frage beantwortete. „Nein, eigentlich nicht. Gebäude wie dieses sind zwar etwas Besonderes, und es macht mir Spaß, daran zu arbeiten, aber nein. Ich … äh … ich wollte Architekt werden, weil mein Vater einer war.“

Er hatte das schon hundertmal erwähnt, aber es zu Carrie zu sagen fühlte sich irgendwie anders an … als würde er einen alten Schlüssel in ein anderes Schloss stecken und plötzlich etwas Neues öffnen. Er zögerte und spürte, wie dieses Gefühl leichtes Unbehagen in ihm auslöste, aber dann bemerkte er, wie sie ihn aus ihren wunderschönen Augen ansah, und vergaß alles andere. Ihr Blick gab ihm das Gefühl, dass es keinen Ort zum Verstecken gab. Oder, noch verwirrender, keinen Grund, sich zu verstecken.

„Mein Vater war auf Stadtplanung, Entwicklung und Sanierung spezialisiert, aber in erster Linie war er einfach Architekt. Er liebte Gebäude, besonders alte und prachtvolle mit einer langen Historie, so wie dieses Schloss. Er liebte es, sich mit den Geschichten auseinanderzusetzen und sie als Leitfaden für seine Entwürfe zu nutzen. Und er liebte es, Dinge zu bauen. Das tue ich auch.

Er hat mich zu jedem Projekt mitgenommen, an dem er arbeitete, mich durch das Gebäude geführt, mir die Pläne gezeigt und mich gefragt, was ich davon halte. Einmal habe ich ihm gesagt, dass ich dachte, die Wand stünden an der falschen Stelle. Daraufhin ist er die Pläne noch einmal durchgegangen, hat das Design geändert und mir gesagt, ich wäre ein Naturtalent, vielleicht sogar besser als er. Und er war der Beste.

Es war nie wirklich eine bewusste Entscheidung, den gleichen Beruf zu wählen. Ich wusste immer, dass ich genau wie er sein wollte. Und nach seinem Tod wollte ich umso mehr in seine Fußstapfen treten“, gab er zu. Zu seiner Überraschung erkannte er, wie viel Wahrheit in seinen Worten steckte.

Stets hatte er geglaubt, dass in erster Linie sein Durst nach Rache seine Zukunft bestimmt und ihn auf den Weg gebracht hatte, den er eingeschlagen hatte – und ja, es waren seine Rachepläne, die darüber entschieden, welche Projekte er übernahm und welche Kontakte er knüpfte. Aber er war ein geborener Architekt. Es lag ihm im Blut. In seinem Herzen.

Irgendwann hatte er das vergessen – eine Tatsache, die ihn beinah ebenso beunruhigte wie die Menge an persönlichen Informationen, die er gerade preisgegeben hatte.

„Wie alt warst du? Als er starb, meine ich?“, fragte Carrie.

Ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert, und sie betrachtete ihn mit einer Unsicherheit, die er bei jedem anderen Menschen als beleidigend empfunden hätte. Er war nicht zerbrechlich. Er kannte keine Schmerzen. Der Tod seines Vaters hatte ihm das Herz gebrochen und seine Familie zerstört, aber ihn hatte er nicht gebrochen. Er hatte ihn stark und zielstrebig gemacht.

„Ich war zwölf.“ Auch wenn die quälende Erinnerung mit Macht an die Oberfläche drängte, blieb Damons Miene ausdruckslos, seine Körperhaltung aufrecht. Die Menschenmengen. Das wütende Geschrei der Leute. Die Kameras, die alles einfingen. Und dann der Schuss …

Plötzlich war alles wieder präsent. Er konnte spüren, wie das Adrenalin durch seine Adern pumpte und sein Herz heftig schlug, als er auf dem Boden gelegen und nicht gewusst hatte, was geschah. Hörte seinen Schrei, als ihm klar wurde, was passiert war.

Carries Augen funkelten und sie schüttelte den Kopf. „Es tut mir so leid, Damon.“

Er wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Es war beunruhigend, wie tief ihr Mitgefühl ihn berührte. Mitleidige Kommentare und gespielte Sympathie war er gewohnt, aber Carries Schmerz war echt. Er konnte es in ihren Worten hören. In ihren Augen sehen. Sie erkannte, wie aufgewühlt er war, obwohl er es zu verbergen versuchte, obwohl er dagegen ankämpfte. Ihm war, als würde sie sein Herz in den Händen halten und sehen, wie es in diesem einen Moment zerbrochen war.

Doch war das nicht möglich, weil er sein Herz nicht hergab. „Danke.“

Und plötzlich überkam ihn wieder der verhasste Schmerz, der in seinen Augen brannte und ihm die Kehle zuschnürte. Ihm war, als würde er jeden Moment zusammenbrechen, als wäre das alles erst gestern passiert.

Schnell wandte er sich ab. Er hasste diesen Schmerz, er war ein Zeichen von Schwäche. Und er war sinnlos, nur eine Belastung für die Seele. Darum hatte Damon ihn vom ersten Moment an verdrängt und die Wut willkommen geheißen.

Wut war gut. Wut gab ihm ein Ziel. Wut war es, die ihn jeden Tag antrieb.

Er konzentrierte sich darauf, sich das Gesicht von Sterling Randolph ins Gedächtnis zu rufen, die Erinnerung an seine Arroganz und die Selbstgefälligkeit seiner Familie. Damon wollte die Wut spüren, die diese Bilder hervorriefen, wollte, dass die Wut den Schmerz erstickte, der sein Herz zerriss.

Doch bevor er das Bild seines Feindes vor sich sehen konnte, spürte er die Wärme eines Körpers, eine Hand, die sich um seinen Oberarm legte. Innerhalb von Sekunden riss ihn Carries sanfte Berührung aus seiner tiefen Verzweiflung.

Ihre grünen Augen waren das Erste, was er sah, und es war ihr Leuchten, an dem er sich festhielt, bis der Schmerz nachließ und er wieder atmen konnte.

Ihre Lippen öffneten sich, als wollte sie etwas Tröstendes sagen. Doch stattdessen schüttelte sie nur leicht den Kopf. Es gab keine angemessenen Worte. Das wusste Damon. Sein ganzes Leben war zerstört worden – seine Gegenwart ausgelöscht, seine Zukunft ruiniert und seine liebevolle Familie für immer verloren.

Aber die Tatsache, dass Carrie das verstand, schuf eine Verbindung, die ihn noch stärker zu ihr hinzog. Sie berührte sein Herz.

Es genügte, dass sie neben ihm stand. Ihre Hand auf seinem Arm. Er spürte den Schmerz nicht mehr. Er brauchte seine Wut nicht mehr. Alles, was er brauchte, war sie.

Er nahm ihre Hand und berührte ihr Handgelenk mit den Lippen. Als er ihr Erschauern bemerkte, das Verlangen sah, das in ihren Augen aufflammte, musste er lächeln.

Ihre Lippen zogen ihn unwiderstehlich an. Alles an ihr zog ihn an. Aber ihr Mund war es, dem er nicht widerstehen konnte. Allein zu sehen, wie ihre klaren grünen Augen von wachsender Leidenschaft verschleiert wurden, erregte ihn. Er konnte diesem Feuer, das zwischen ihnen aufflammte, nicht mehr lange standhalten. Und er wollte es auch nicht.

Plötzlich erklang Musik und Carrie zuckte beinah unmerklich zusammen.

„Das kommt aus dem Ballsaal“, sagte er.

Sie hob die Augenbrauen und lächelte staunend. „Es gibt einen Ballsaal?“

Er nickte. Dann geleitete er sie über den strahlend weißen Marmorboden der prächtigen Halle mit der breiten, geschwungenen Treppe Richtung Ballsaal.

Der Raum war riesig und hatte kunstvolle goldene Verzierungen an den Wänden. Von der meterhohen Decke hing ein funkelnder Kronleuchter und zahlreiche französische Türen führten in die märchenhaft beleuchteten Gärten.

Carrie ließ Damons Hand los und ging in die Mitte des noch leeren Saals. Dort drehte sie sich langsam um sich selbst, um die märchenhafte Pracht in sich aufzunehmen. „Das ist magisch. Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas außerhalb von Filmen oder … du weißt schon … Königspalästen existiert.“

Sie war eine Romantikerin. Das hatte er sich zwar schon gedacht, aber jetzt konnte er es an ihrem verträumten Gesichtsausdruck erkennen. Er wusste, dass sie sich in ihrer Fantasie eine Liebesgeschichte ausmalte, genau in der Umgebung, in der sie sich befanden.

Mit einer Handbewegung bedeutete Damon dem übenden Orchester, einfach weiterzuspielen, und ging auf Carrie zu. Als sie sich zu ihm umwandte, griff er nach ihr, zog sie eng an sich, legte ihr den Arm um die Taille und begann, sich im Takt der Musik mit ihr zu bewegen. Noch immer umspielte das glückliche Lächeln ihre Lippen.

„Was tust du?“ Sie lachte verlegen, ihre Wangen glühten.

„Ich tanze mit dir.“

Das hatte er nicht geplant. Aber er genoss ihre offensichtliche Freude. Dies war etwas, das er ihr schenken konnte – eine Nacht, die ihr nur sehr wenige andere Männer auf der Welt bieten konnten. Er würde nicht mehr als diese wenigen Stunden und Tage mit ihr teilen, aber er konnte dafür sorgen, dass sie die gemeinsame Zeit nie vergessen würde.

„Ist das ein Problem?“

Ihr Lachen verblasste und sie wurde ernst. „Nein.“

Ihr Tanz besaß eine Intimität, die Damon nicht erwartet hätte, aber es gefiel ihm. Er zog sie näher an sich, bis sie weich und warm an seiner Brust lag, nahm jede Linie ihres Körpers wahr, jeden zitternden Atemzug und jeden hämmernden Schlag ihres Herzens. 

Die ganze Zeit über sahen sie sich tief in die Augen, und als die Musik sich ihrem Höhepunkt näherte, stützte er ihren Rücken, beugte sie hinunter und küsste den flackernden Puls an ihrem Hals.

Als er sich wieder aufrichtete, stand in Carries Augen das gleiche Verlangen, das durch seine Adern pulsierte. Er hielt sie weiter fest in den Armen, und sie unternahm keinen Versuch, sich von ihm zu lösen. Ihre Handflächen lagen leicht auf seiner Brust und ihre Lippen öffneten sich vor Vorfreude.

Damon wusste nicht, warum er wartete. Ihr Atem ging noch schneller, und als ihr Blick auf seinen Mund fiel, senkte er den Kopf und berührte für eine Sekunde ihre Lippen mit seinen. Der Kuss war nur ein Vorgeschmack, und doch verriet er Damon, dass Carrie das Paradies verhieß.

Autor

Rosie Maxwell
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