Historical Lords & Ladies Band 92

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DIE SÜNDIGE LADY DES HIGHLANDERS von ANN LETHBRIDGE
Schottland, 1822: Die Goldmünze brennt wie Feuer in Charitys Hand. Sündenlohn, weil sie ihre Schönheit einsetzt, um reiche Narren am Spieltisch zu blenden. Zu dumm, dass die grünen Augen des Highlanders Logan Gilvry den Eispanzer um ihr Herz zum Schmelzen bringen. Denn in Edinburghs Unterwelt ist es lebensgefährlich, sich zu verlieben …

DIAMANTEN DER SEHNSUCHT von HELEN DICKSON
Ihre Augen funkeln so hell wie die kostbaren Juwelen, die sie um ihren Hals trägt. Fast hat Lance ein schlechtes Gewissen, als er die hinreißende Belle auf dem Debütantinnenball kennenlernt: Denn er muss ihr die Diamanten noch heute Nacht stehlen! Er ahnt nicht, dass sie mit allen Waffen einer Frau versuchen wird, den Schmuck zurückzubekommen!


  • Erscheinungstag 15.07.2022
  • Bandnummer 92
  • ISBN / Artikelnummer 9783751511247
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Ann Lethbridge, Helen Dickson

HISTORICAL LORDS & LADIES BAND 92

1. Kapitel

Edinburgh – August 1822

Ihr kommt spät“, grollte jemand hinter der Tür, während gleichzeitig knirschend ein eiserner Riegel gelöst wurde.

Das nennt sich Dankbarkeit, dachte Logan und warf einen Blick hinter sich auf die Ponys, die die enge Gasse hinter ihm verstopften. „Aye, Mann, lassen Sie uns schnell rein, sonst findet sich Ihr Whisky noch vor dem Morgen in den Kellern der Zollfahnder wieder. Oder bei McKenzie.“

Über ihm in dem Spalt zwischen den hohen Häusern wich die Dunkelheit schon dem ersten Morgenlicht. Man würde sie bald sehen können. „Voran! McKenzies Männer kontrollieren die ganze Strecke von Holyrood bis zu den Palasttoren.“ Er würde dem Wirt nicht noch einmal aushelfen, wenn er auf solch mürrische Weise begrüßt wurde.

Endlich schwang die Tür zurück.

Ein fetter Mann mit dichtem Stoppelbart und einer schwabbeligen Wampe unter einer ehemals weißen Schürze lugte hinaus. „Guter Gott! Hat Gilvry so wenige Männer, dass er sie schon der Mutter vom Rockzipfel reißen muss?“

Logan knirschte mit den Zähnen. Na gut, er war jünger als die meisten in diesem Gewerbe, aber mit seinen zweiundzwanzig betätigte er sich immerhin schon jahrelang darin, und er war es so satt, ständig Bemerkungen über seine Jugend zu hören. „Sie sind Archie, richtig? Wollen Sie nun den Whisky oder nicht?“

„Aye, bringt ihn rein.“ Der Wirt gab den Weg frei.

Logan winkte seinen Männern, die sich sogleich in Bewegung setzten. Sie lösten die Fässer von den Traggestellen der Ponys, reichten sie weiter bis zum Anfang der Reihe, wo jeweils zwei sie die Kellerstiege hinabschafften, während der Wirt jedes einzelne Fass zählte. „Zwanzig?“, fragte er schließlich nach dem letzten. „Mehr habt ihr nicht?“

Logan signalisierte seinen Leuten, den Mietstall am Stadtrand aufzusuchen. Grinsend musterte er Archie. „Sie können von Glück sagen, dass Sie überhaupt das kriegen. Die eine Hälfte der Nacht mussten wir McKenzies Männern aus dem Weg bleiben und den Steuerfahndern die andere.“

Archie verzog das Gesicht. „McKenzies Männer haben euch nicht gesehen, hoffe ich. Er wird mir die Knochen brechen, wenn er erfährt, dass ich anderswo gekauft habe.“

Logan grinste. „Der sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.“

Archie grunzte nur, schloss die Falltür zum Keller und verbarg sie unter einer Lage breiter Bretter. „Aye, na, ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr und das, wo ich hier das Haus voller Engländer habe, die alle nach uisge beatha schreien.“

Alle Engländer waren scharf auf das, was die Schotten aus irgendeinem Grund „Lebenswasser“ nannten. Schottischen Whisky. Und seine Familie, die Gilvrys, machten den besten. Logan bezweifelte allerdings, dass die Fremden die Feinheiten erkannten, wenn man sah, dass sie auch Genever nachgerade eimerweise tranken. Trotzdem war die bevorstehende Ankunft des fetten Königs George mit seinem riesigen Gefolge ein Geschenk des Himmels. Schon jetzt weilten zahlreiche Engländer in der Stadt, um alles für den Besuch vorzubereiten. Da kam selbst McKenzie der Nachfrage nach „Lebenswasser“ nicht nach. Unter den üblichen Umständen machte er es den Gilvrys jedoch beinahe unmöglich, ihren eigenen Whisky in Edinburgh zu verkaufen. Was sie wirklich brauchten, war ein Käufer in London. Und das war ein weiterer Grund, warum Logan sich hierher begeben hatte.

Lärm hallte hinter der Tür, die in die Schänke führte. Archie profitierte ebenfalls von dem königlichen Besuch. „Aye, aber nun bin ich da, und ich warte auf die Bezahlung.“

Archie verriegelte die Tür zur Straße. „Sie nehmen doch einen Drink, während ich Ihr Geld hole?“

„Aye, aber lieber Ale, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Die Arbeit hat mich durstig gemacht. Und nicht das fade Gesöff, das Sie den Engländern einschenken.“

Grinsend ging der Wirt zu einer anderen Tür, dann sah er sich zu ihm um. „Sie werden wohl die Gesellschaft entschuldigen, schätze ich. Da die Londoner Gentlemen“, er sprach das Wort mit höchster Verachtung aus, „angeblich nur zu gern ihr Vermögen verspielen, dachte ich, gib ihnen die Gelegenheit.“

Logan hob bewundernd eine Braue. „Sie haben eine Spielhölle aufgemacht?“

„Warum zur Hölle nicht?“ Archie grinste. „Wo König George Hinz und Kunz von London herlockt und sogar viele Schotten nach Edinburgh kommen, sind so einige dabei, denen das Gold in der Tasche brennt.“

„Sie sind ein alter Schurke“, sagte Logan beifällig und folgte dem Wirt in eins der Gewölbe, in dem sich nicht Fässer, sondern Tische drängten. Der Lärm – Männergrölen, Würfelklappern und Gelächter – dröhnte ihm in den Ohren. Vom Rauch der Pfeifen begannen seine Augen zu tränen. Er stemmte einen Ellbogen auf den Tresen und nahm vom Wirt mit der anderen Hand einen Krug entgegen. Dem Mann zuprostend hob er ihn an und trank ihn auf einen Zug halb leer.

„Warten Sie hier“, forderte Archie ihn auf und trottete davon, um ihm seinen Lohn zu holen.

Logan drehte sich um und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Tresen. Zahlreiche Männer der unterschiedlichsten Schichten, jung, alt, arm, reich, bevölkerten den Raum. Es stank nach Schweiß, Alkohol und Rauch.

Auch Frauen waren hier. Dirnen klebten an ihren für die Nacht erwählten Günstlingen. Ein Schankmädchen, das Tablett hoch über den Kopf gereckt, wehrte im Vorbeigehen mit einem Klaps die Hand eines kühnen Gastes ab.

Und dann sah Logan sie. Am anderen Ende des Raumes. An einem Tisch mit vier teuer gekleideten Gecken. Alles andere trat in den Hintergrund. Es war, als säße sie auf einem Eiland inmitten dunkler Wasser.

Ein ovales Gesicht, milchweißer Teint, große dunkle Augen, mandelförmig, mit langen Wimpern. Hohe Wangenknochen, die sie arrogant wirken ließen. Volle leicht geöffnete Lippen. Den Kopf hatte sie selbstbewusst erhoben, der großzügige Ausschnitt ihres Kleids gab den Blick frei auf zarte helle Haut, dort wo eine goldene, diamantbesetzte Halskette in das Tal zwischen ihren runden Brüsten tauchte.

Er schluckte schwer, zwang seine Augen zurück auf ihr Gesicht. Ihre Blicke trafen sich. Kreuzten sich, scharf geschliffenen Klingen gleich, Hieb um Hieb, Funken sprühend in einer Art tödlicher Begegnung.

Eine elegant geschwungene Braue hob sich leicht. Die Lippen verzogen sich zu einem abfälligen Lächeln, und sie rümpfte die schmale Nase, als sie abschätzend seinen Gehrock aus grob gewebter Wolle und die Schmutzstreifen auf seinem Gesicht zur Kenntnis nahm.

Kaum merklich neigte sie sich ihrem Begleiter zu, flüsterte ihm etwas ins Ohr, dabei senkten sich ihre Lider, und die langen, dunklen Wimpern warfen Schatten auf ihre edlen Wangenknochen.

Logan glaubte, ihren Atem in seinem eigenen Ohr zu spüren. Hörte das Ominöse, das sich in ihrer Miene spiegelte, als ob er ihre Worte vernähme. Sein Blut brodelte.

Der Mann neben ihr wandte sich ihr zu, murmelte etwas. Sein Kumpan lachte grölend. Logan verengte die Augen. Reiche Gentlemen der Kleidung nach. Die Frau half dem Mann aufzustehen, indem sie ihre Schulter unter seinen Arm schob. Er taumelte, griff Halt suchend nach ihr.

Angesichts ihrer fest sich aufeinander pressenden Lippen machte Logan unwillkürlich einen Schritt vorwärts. Sie sah auf, als ob sie seine Bewegung gespürt hätte, und er las eine Warnung in ihren dunklen Augen. Er zögerte.

Der Mann beugte sich zum Tisch und sammelte einen Stapel Münzen ein, eindeutig sein Gewinn, reichte eine davon der Frau und steckte den Rest in seine Tasche. Die Wangen der Frau färbten sich dunkler, doch als sie die Münze in ihren Handschuh schob, straften ihre eisige Miene und der harte Ausdruck ihrer Augen ihr Erröten Lügen.

Dann wandten beide sich zum Gehen, wobei der untersetzt gebaute Mann sich schwer auf die schlanke Gestalt stützte. Zu schwer, selbst für eine Frau, die ihrem Begleiter an Größe beinahe gleichkam, wie Logan nun sehen konnte. Er trat einen weiteren Schritt vor.

„Da bin ich“, sagte Archie in diesem Moment. „Kommen Sie, weg von neugierigen Blicken.“

Ohne seinen Lohn konnte er wohl kaum gehen, sonst würde Ian ihm die Haut abziehen. Und seine Männer hätten nicht einmal Geld, um ihre Übernachtung zu bezahlen. Und außerdem, so drohend, wie die Frau dreinsah, wünschte sie wohl keine Hilfe.

Er folgte Archie in die düstere Nische neben dem Tresen.

„Wie wär’s mit einem kleinen Preisnachlass?“, fragte der Wirt mit lauerndem Blick.

„Sie sind ein alter Geizkragen“, erwiderte Logan automatisch, in Gedanken immer noch bei der Frau. Wie schön waren ihm ihre Augen erschienen, bis er tief darin diese Härte entdeckte! Und den kalten, berechnenden Ausdruck ihres Gesichts sah, als sie die Münze verstaute.

Archie seufzte. „Können’s mir nicht übel nehmen, wo ich doch sah, dass Sie grad nicht bei der Sache waren.“

Logan zwang seine Gedanken wieder zurück zum Geschäft. „Aye, genau da haben Sie sich geirrt.“ Ian würde ihn prügeln, wenn er nicht den vereinbarten Preis kassierte.

„Nächste Woche brauche ich noch mehr, hören Sie?“, sagte Archie.

Logan kniff die Augen zusammen. „Warum? Ich dachte, McKenzie wäre nur im Moment knapp mit der Ware. Es ginge hier nur um eine Gefälligkeit, Mann. Sagten Sie jedenfalls.“

Archie trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. „Als McKenzie sah, wie gut der Laden läuft, wollte er einen Anteil am Gewinn.“

„Tatsächlich?“

„Aye“, knurrte Archie. „Der Mann kann einen schikanieren. Glaubt, ihm gehört die ganze Altstadt.“ Er verzog das Gesicht. „Ich will ehrlich sein, Junge. Heut’ Nacht seid ihr durchgekommen, aber McKenzie ist versessen darauf, die Stadt komplett abzuriegeln. Sein Whisky oder keiner. Und er setzt es nicht mehr nur mit Knüppeln durch. Hat seine Schläger jetzt mit Pistolen bewaffnet.“

Jetzt wuchs in Logan der Tatendrang. Nichts mochte er lieber als Herausforderungen.

„Nächste Woche, sagen Sie? Bestimmt kann da etwas arrangiert werden. Überlassen Sie es mir.“ Er klopfte Archie auf die Schulter, schob sich zwischen den Gästen durch und lief die Stufen zum Ausgang hinauf.

Draußen war im Morgenlicht von der Frau und ihren Begleitern nichts mehr zu sehen.

Und er war froh darüber. Natürlich genoss er den Anblick einer schönen Frau, doch mehr gestattete er sich nicht. Kein weibliches Wesen würde ihn an der Nase herumführen – oder an dem anderen Teil seiner Anatomie, das sich gerade schmerzhaft hoffnungsvoll gebärdete.

Die Goldmünze brannte in ihrer Handfläche, heiß wie Kastanien aus dem Feuer der Unvorsichtigen hingeworfen. Jäh verspürte Charity einen brennenden Schmerz in ihrer Hand. Aber nein, unmöglich! Bewusst konzentrierte sie sich auf das Schaukeln der schwankenden Kutsche, ließ das Poltern der Räder auf dem groben Pflaster auf sich einwirken, bis sie die Geräusche der Stadt und das Schnarchen ihres Begleiters nicht mehr wahrnahm. Bald würden sie zurück im Hotel sein, und er würde aufwachen.

Zögernd betastete sie die harte runde Scheibe unter dem weichen braunen Leder ihres Handschuhs. Ein Sovereign. Mehr als ihr üblicher Anteil. Jack konnte großzügig sein, wenn die Karten ihm wohlgesinnt waren. Selbstverständlich brannte die Münze nicht in ihrer Hand. Ein Schatz, den sie hüten musste. Genau wie ihre Gedanken.

Nein, dieses Brennen kam nicht von dem Goldstück.

Er war ihr sofort aufgefallen, als er, von irgendwo aus den hinteren Bereichen, in den Raum gekommen war. Dieser selbstbewusste Gang. Diese siegessichere Haltung. Ein Anflug von Humor um seinen Mund. Ein blonder Adonis. Ein grünäugiger Panther, seiner Welt so absolut sicher. Es gab nicht eine Frau in der Schänke, die ihn nicht beachtet hätte. Manche offen, manche unter den Wimpern hervor. Wie sie selbst.

Nicht, dass er sich vorerst darum gekümmert hätte.

Doch dann hatte der Narr tatsächlich gewagt, ihren Blick festzuhalten. Sein Glück, dass Jack es nicht bemerkt und ihn gefordert hatte. Bei dem Gedanken musste sie den Kopf schütteln. Jack würde niemanden fordern, der gesellschaftlich so eindeutig unter ihm stand. Dem Burschen eine Lektion zu erteilen würde er Growler und seinen Schlägern überlassen.

Warum sie ihm überhaupt Aufmerksamkeit geschenkt hatte, konnte sie sich nicht vorstellen. Er hatte weder Geld noch Stil, die einzigen Attribute, die sie bei einem Mann suchte. Charmanter Strolch – das war ihr als Erstes in den Sinn gekommen. Die schlimmste Sorte Mann für eine Frau wie sie. Und so jung. Viel jünger als sie, wenn nicht an Jahren, so doch an Erfahrung.

War es dann seine pure männliche Schönheit, die ihre Aufmerksamkeit einen Augenblick zu lange gefesselt hatte? Die schlanke Gestalt, die Schultern breit, die harten Schenkel in den eng sitzenden, abgetragenen Wildlederhosen …

Kurz schloss sie die Augen, um den Bann jenes Blickes zu brechen, der, so war es ihr vorgekommen, sie mit blendender Reinheit ganz und gar durchschaut hatte.

Ein beunruhigender Gedanke. Furchterregend gar, als sie an ihre Seele dachte – dunkel wie die eines Wesens aus einem Schauerroman – und von der Helle dieses Mannes angezogen wie die sprichwörtliche Motte von der Flamme … die sich unweigerlich die Flügel versengte.

Noch einmal solch ein sengender Blick, und sie würde verwehen wie Asche.

Überhaupt – Reinheit! Noch im Nachgrübeln über das Wort verwarf sie es. Kein Mann verdiente es. Wie ansehnlich er auch war. Trotz all ihrer Beteuerungen von Ehre waren die Herzen der Männer unter den Gehröcken aus feinstem Stoff und dem schneeweißen Leinenzeug schwarz wie die Nacht.

Der Wagen hielt vor dem Hotelportal, und sie rüttelte Jack wach. Seine Augen blickten noch verschwommen, doch seine Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln, während er sich sammelte. Sie verfluchte ihre Feigheit. Wenn sie ihn nicht so früh zum Gehen gedrängt hätte, wäre er jetzt bei Weitem nicht mehr so munter.

„Bestellen wir Champagner?“, murmelte sie verführerisch. „Um deinen Gewinn zu feiern.“

Er senkte den Blick auf ihre Brüste. „Aye, zuerst Champagner.“ Er packte sie und riss sie an sich, sodass sie hart gegen seine Brust prallte. Er nahm ihre Hand und presste sie zwischen seine Schenkel. Unfähig zu atmen, sah sie ihm in das kantige Gesicht mit den schmalen Lippen, der gekrümmten Nase und den kalten blauen Augen. „Und dann wirst du mir mit deinem hübschen Mund ein Liedchen pfeifen.“

Ihr rann es kalt über den Rücken. Wie bei all seinen derartigen Bemerkungen schwang eine Drohung darin mit. Er konnte gar nicht anders. Ihre Abscheu schluckend zog sie sich hinter ihre eisige Fassade zurück und zeigte das falsche Lächeln, das ihren inneren Aufruhr verbarg. Betrunken war Jack ein gefährlicher Mann. Und wenn sie es nicht abwenden konnte … würde sie tun, was zu tun war. Das hier war Geschäft. Und der Weg zu der Freiheit, so zu leben, wie sie es wollte.

Nur eine Närrin würde zulassen, dass ein Paar hübscher grüner Augen und ein unbekümmertes, offenes Gesicht ein Loch in ihre schwer erworbene Abwehr brannten. Um sich an ihre abhängige Stellung zu erinnern, schaute sie hoch zu dem Mann, der ihre Zukunft in seinen Händen hielt, und lächelte. „Nicht, ehe ich nicht auf dich mein Glas gehoben habe.“

Damit löste sie sich, leise auflachend, aus seinem Griff und kletterte aus dem Wagen. Arm in Arm gingen sie ins Haus. Sein Griff war hart, als spürte er ihre Furcht. Jack Furcht spüren zu lassen wäre nicht klug. Das brachte stets seine schlimmste Seite zutage, und heute hatte die Gewinnsträhne seine Gier zusätzlich befeuert. Normalerweise gelang es ihr, das zu vermeiden. Ihre Beziehung war rein geschäftlich. Nur das. Aber das hieß nicht, dass sie in ihrer Wachsamkeit nachlassen konnte. Noch ein paar Gläser Champagner am Kamin, und er würde einschlafen. Wenn sie Glück hatte.

Sie senkte die Lider, und schon sah sie wieder jene klaren grünen Augen vor sich, die sie geradezu ehrfürchtig betrachteten. Es kam ihr vor, als sähe er sie, wie sie einst gewesen war, nicht wie sie heute war.

Zu seiner Überraschung fand Logan sich am nächsten Abend in sehr anderer Umgebung und Gesellschaft.

„Also, alter Knabe“, sagte Sanford und sah ihn mit schon vom Alkohol vernebeltem Blick an. Sie hatten zum Dinner Wein gehabt und danach diverse Becher Whisky. Ein Dandy, dieser Sanford. Blauäugig, blass, schlanke Statur, das blonde Haar sorgsam frisiert, schneeweißes Hemd und Krawattentuch.

„Wenn Edinburgh keine bessere Unterhaltung als dieses verräucherte Nest zu bieten hat“, fuhr Sanford fort, „sehe ich während der nächsten ein, zwei Wochen endlose Langeweile auf mich zukommen.“

Logan hatte Sanford durch Lady Selina kennengelernt, die Gattin seines Bruders Ian. Der englische Lord gehörte zu den Gentlemen, die alles für den Besuch des Königs in Schottland vorbereiten sollten. Er hatte Logan eingeladen, mit ihm im New Club in der Prince Street zu dinieren, dem vornehmsten Club Schottlands. Von hier aus bot sich ein exzellenter Blick auf das Schloss. Aus irgendeinem Grund hatte es Logan gereizt, die Räumlichkeiten des Clubs zu sehen – sogar so sehr, dass er sich von seinem Bruder Niall einen Abendanzug ausgeliehen hatte.

Aber Sanford hatte recht: Der Club war innen so verstaubt, wie er von außen imposant war.

Er zuckte die Achseln. „In Edinburgh findet man alles. Ob Klasse oder gewöhnlich. Alkohol, Glücksspiel, Frauen.“ Vielleicht konnte er den feinen jungen Herrn ja im nächsten Bordell absetzen.

„Eindeutig gewöhnlich“, sagte Sanford. Er wischte ein Stäubchen von seinem makellosen schwarzen Abendfrack. „Ein bisschen Trinken und Spielen käme nicht ungelegen, wenn die Einsätze stimmen.“

Wie Logan es einschätzte, hatte Sanford von Ersterem schon zu viel gehabt und war, was Letzteres betraf, reif, ausgenommen zu werden. Doch er war nicht dessen Hüter. Er war ihm rein zufällig begegnet und wie von einem Magneten in den Dunstkreis des jungen Dandys gezogen worden. Fast wünschte er schon, er wäre unhöflich gewesen und hätte einfach den Tauben gespielt, als er am Nachmittag auf der Royal Mile angesprochen worden war.

Er verschluckte einen Seufzer. „Ich habe eine Verabredung im Reiver in der Altstadt. Da wird gespielt.“ Und Frauen gab es auch. Speziell eine – eine dunkeläugige Schönheit. Eine hinreißende Frau, auf die er unwillkürlich reagiert hatte …

Sanford hob sein Lorgnon und musterte die Besucher des Clubs, die bei Whist und Faro um den Spieltisch versammelt saßen. „Sofern es um mehr als ein paar Pennys für den Stich geht.“

„Ich selbst bin kein Spieler. Aber soweit ich sehen konnte, wird dort recht hoch gespielt. Und wenn Sie nach ‚gewöhnlich‘ Ausschau halten, sind die Gassen der Altstadt genau richtig.“

Sanford hob eine blonde Braue. „Klingt, als wäre das etwas für mich.“

Sie verließen den Club. Logan führte den jungen Mann durch das Gewirr von Häusern und Gassen am Fuße des Schlosses. Da der Abend warm war, wurden weniger Kohlen in den Kaminen angezündet. Das bedeutete, dass der sonst die Stadt erstickende Dunst erträglich war, wenn auch natürlich die Küchenfeuer nie erloschen, sodass die Luft niemals ganz frisch und klar war. Er steuerte den Ridell’s Court an, an dessen anderem Ende Archies Schänke stand.

Als er Sanford hineingeleitete, hob der sein Lorgnon und musterte die Gäste im Schankraum, die, ihr Ale genießend, eine Partie Domino oder Whist spielten. „Nicht gerade eine Lasterhöhle“, äußerte sein Begleiter milde.

„Hier entlang“, sagte Logan und stieg die Treppe zu den Kellergewölben hinab, hinein in Lärm und Rauch.

Auf der letzten Stufe blickte er sofort suchend zu dem Tisch beim Kamin. Sie war nicht da! Er sollte froh sein. Doch tatsächlich war er enttäuscht.

Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Über das seltsame Verlangen, sie wiederzusehen. Er war kein Frauenheld, sein Leben war schon aufregend genug, und außerdem konnte er sich keine solche kostspielige Lady leisten, selbst wenn er sie begehrte.

Und er begehrte sie tatsächlich. Ja, er begehrte sie. Aufs Heftigste. Was er sich – ob jetzt oder später – aus dem Kopf schlagen konnte. Etwas zu begehren war eines, es zu bekommen etwas ganz anderes.

Mit etwas Drängeln hier und einem energischen Rippenstoß da sicherte er ihnen einen Platz am Tresen.

Archie grinste breit. „Schon wieder hier? Können Sie mir schon was sagen?“ Sein Blick huschte zu Sanford, der gelangweilt umherschaute.

Logan schüttelte warnend den Kopf. „Nur ein kleiner Besuch. Ale für mich und Whisky für meinen Freund.“ Er sah Archie streng an. „Aber von dem guten!“

Archie servierte die Getränke. Nach einem raschen Blick zu Sanford beugte er sich über den Tresen und murmelte gedämpft: „Ein Mann aus London hat nach Ihnen gefragt.“

„Ach?“

„Aye. Er ist da hinten, hinter dem Pfeiler. Dir ist gestern seine Frau aufgefallen.“ Archie grinste anzüglich.

Logan blieb fast das Herz stehen. Er zwang sich, nicht hinüberzusehen. „Tatsächlich?“

„Und wie.“

Lässig schaute er an Sanford vorbei und über die Köpfe der Männer am Tresen. Nun sah er ihn. An einem Tisch weit vom Kamin entfernt in eine dunkle Ecke gequetscht. Und da war auch sie. In einem Gewand rot wie Blut, ihre Lippen passend dazu geschminkt. Die Farbe betonte ihre helle Haut. Gegen seinen Willen spannte sich sein Körper an. Gewaltsam löste er seinen Blick von ihr, betrachtete den Mann an ihrer Seite, den breiten, kräftigen Burschen mit dem Zigarillo zwischen den Zähnen und einem Turm Goldstücken vor sich auf dem Tisch. Den, dem sie in der vergangenen Nacht aufgeholfen hatte. Hinter ihnen stand ein Raufbold, dessen Gesicht von mehr als nur ein paar Fausthieben gezeichnet war.

„Wer ist das?“

„O’Banyon“, erklärte Archie, „und sie ist sein Flittchen.“

Alles in Logan sträubte sich gegen das Wort, selbst als er sich klarmachte, dass es stimmte. Er stieß Sanford in die Rippen. „Wenn Sie auf hohe Einsätze aus sind, würde ich sagen, das ist Ihr Mann.“

Sanfords leicht verschwommener Blick schärfte sich kurz, schätzte den Iren und das Spiel ab. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein, bestimmt nicht. Ich bin kein grüner Junge, mein Freund. Ich habe keine Lust, Gevatter Wolf die Taschen zu füllen.“

„Sie kennen ihn?“, fragte Logan, da Archie sich gerade einem anderen Kunden widmete.

„Der führt in London das Chien Rouge, wo die Einsätze so hoch sind wie die Frauenzimmer willig. Wo ein Mann jedem erdenklichen Laster frönen kann.“

„Und die Frau?“ Zur Hölle, warum hatte er das gefragt?

„Umwerfend, was? Und hart wie Stahl, möchte ich wetten.“ Er sah ihn an und hob eine Braue.

Logan zuckte die Achseln.

„Ah!“ Sanford lächelte amüsiert. „Da drüben sehe ich ein paar Gentlemen, die mir einen Platz an ihrem Tisch einräumen wollen.“ Er wies mit dem Kopf dahin, wo ein Dandy mit der Hand winkte. „Sie können gerne mitkommen.“

Logan schüttelte den Kopf, erstaunt über das Donnern seines Herzschlags in seinen Ohren. Seit seiner ersten Nacht im Schmuggelgeschäft war er nicht mehr derartig angespannt gewesen. „Ich werde es bei dem Gentleman und der Lady da drüben probieren.“

„Dann sind Sie ein Narr“, meinte Sanford, hob jedoch gleichgültig eine Schulter.

Aye, das mochte sein. Nur hatte seine Dummheit nichts mit der Gefährlichkeit des Glücksspiels zu tun, doch alles mit der Dame in Rot. Aber was sonst konnte er tun?

O’Banyon war der Mann, den zu treffen Ian ihn nach Edinburgh geschickt hatte.

2. Kapitel

Er kam auf sie zu. Der Adonis vom Abend zuvor. Charity spürte den schnellen Schlag ihres Herzens. Am liebsten wäre sie unter dem Tisch verschwunden. Aus dem Raum geflohen. Doch dann würde Jack den Grund dafür wissen. Für so etwas hatte er ein unheimliches Gespür. Und er würde es sofort zu seinem Vorteil nutzen.

Das nahende Unheil ignorierend hob sie ihr Weinglas und lugte unter gesenkten Wimpern hervor zu dem Gentleman auf der anderen Seite des Tisches. Ein junger Schotte mit vollen Taschen und einem harmlosen Babygesicht. Für Jack nur ein Opfer, auf dessen Geld er es abgesehen hatte. Charity setzte ein verlockendes Lächeln auf. Der junge Mann wurde rot bis zu den Ohren. Knallrot. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe, leckte das Tröpfchen Rotwein fort, das sie bewusst dort hatte haften lassen. Tief atmete sie ein, sodass ihr Busen sich hob.

Nach Luft schnappend wie ein Fisch an Land legte er eine Karte ab. Jack stach sie. Der Grünschnabel sah verwirrt drein, nicht ganz in der Welt, während er die Karten betrachtete, die er aufgedeckt hatte. Männer und ihre Gelüste. So dumm. Natürlich war er erledigt. Der Rest seines Blattes fiel Jack zum Opfer, und mit zitternder Hand schrieb der Jüngling einen Schuldschein aus.

Hinter sich spürte sie die Anwesenheit des goldenen Adonis. Ein Schaudern durchrann sie. Sie verspürte den dringenden Wunsch, ihm zu sagen, dass er sich davonmachen solle. Sie spähte zu Jack, fragte sich, ob sie sich mit einer Ausrede entschuldigen könnte, während er seinen Gewinn einsackte. Die kurze Spanne könnte sie nutzen, um ihren grünäugigen Panther vor der Gefahr zu warnen.

Ihren? Wohl kaum. Männer, hübsch oder nicht, ließen sie kalt.

Warum überhaupt erwog sie auch nur, ein solches Risiko einzugehen für einen Dummkopf. Was bedeutete es ihr, wenn er sein Geld verlor? Es würde mehr Geld in ihre eigenen Taschen spülen. Geld, das sie benötigte. Gott sei Dank hatte Jack erkannt, welchen Wert sie für ihn am Spieltisch hatte, nachdem sie im Bordell ein solcher Fehlschlag gewesen war. Sie mochte das Aussehen haben, und allein durch ihr Lächeln konnte sie einen Mann dazu bringen, ein Vermögen zu verlieren, doch eine kalte Frau im Bett gefiel den Männern nicht. Und kalt war sie.

Deshalb verstand sie auch nicht, warum dieser Mann hinter ihr mit nicht mehr als einem Blick ihr Blut derart in Wallung brachte.

Der Jüngling schob Jack den Schuldschein hin und stand auf. Er war geisterhaft blass, und seine Hände zitterten. „Ich werde Ihnen das Geld morgen früh schicken.“

Jack lächelte kalt, nur ein kurzes Aufblitzen seiner unregelmäßigen Zähne. „Sie finden mich im White Horse. Nur Gold, hören Sie, keine Banknoten.“

Der Junge schluckte hart und stolperte mit einem letzten sehnsuchtsvollen Blick auf ihr Gesicht davon. Sie hakte ihn ab. Er existierte schon nicht mehr für sie. Der Nächste wartete bereits. Er. Heute Nacht würde er seine Großspurigkeit verlieren, und wie all die anderen würde sie ihn den Flammen ungestillter Lust übergeben.

Jack reichte seinen Gewinn an Growler weiter, der hinter ihm wartete, und sah dann hoch zu dem Mann, der hinter ihrer rechten Schulter stand, außerhalb ihres Sichtfeldes, wenn sie auch sein Bild vor Augen hatte – die arrogante Haltung des Kopfes, den selbstsicheren Ausdruck seines hübschen Gesichts.

Zur Hölle mit dir, kannst du nicht sehen, was wir sind?

Jack deutet auf den leeren Stuhl. „Faro?“, fragte er, ohne die Zigarre aus dem Mund zu nehmen.

Die beiden anderen Männer am Tisch sahen erwartungsvoll auf, schwiegen aber. Beide hatten sie einen kleinen Gewinn gemacht, den sie Jack jedoch später aushändigen würden. Seine Handlanger, nannte Jack sie in seinem privaten Heiligtum, dem Arbeitszimmer im Chien Rouge. Der einzige Ort, wo er die beiden zu kennen überhaupt zugab. Ihre Befehle erhielten sie von Growler.

Schlank und geschmeidig ließ ihr Panther sich nieder. Er schaute ihr ins Gesicht, einen verräterischen Moment lang strahlten seine Augen heiße Glut aus, Glut, die ihr Innerstes verbrannte. Sie unterdrückte ein Keuchen und nahm ihr Glas. Langsam trank sie ein paar kleine Schlucke. Es gelang ihr, ihre Maske der Gleichgültigkeit zu wahren.

Jack bemerkte nichts Besonderes. Er war die heißen Blicke gewohnt, die junge Männer ihr schenkten. Dafür bezahlte er sie schließlich. Abschätzend musterte er diesen jungen Mann. Er trug ganz andere Kleidung als gestern Nacht. Einen dunklen Rock aus feinstem Tuch, die Ärmelkanten kaum merklich abgetragen, gutes, doch nicht übermäßig kostspieliges Hemd aus Leinen. Ein nicht sonderlich wohlhabender Mann mit großem Stolz. Und ein Narr.

Charity setzte ihr Glas heftiger ab als beabsichtigt. Jack warf ihr aus dem Augenwinkel einen raschen Blick zu und runzelte unmerklich die Stirn. Ihr rann es kalt über den Rücken. Es war nicht gut, Jack zu verärgern. Rasch legte sie einen Finger an ihre lächelnden Lippen. „Hoppla!“

„Ein Shilling pro Stich, für den Anfang“, meinte Jack. „Passt das den Herren?“

Aufs Stichwort murmelten seine beiden Kreaturen zustimmend, und Jack hob fragend eine Braue in Richtung des jungen Neuankömmlings. „Jack O’Banyon, zu Diensten.“ Und mit einem Nicken zu den anderen beiden: „Mr. Smith und Mr. Brown.“

Natürlich hießen sie in Wahrheit nicht so. Nur Growler kannte ihre Namen.

„Gilvry“, sagte der junge Mann, sein schottischer Akzent mit den weichen R-Lauten kam Charity wie eine Liebkosung vor. „Sie haben nach mir gefragt.“

Sichtlich überrascht lehnte Jack sich auf seinem Stuhl zurück. „Sie müssen entschuldigen, Mr. Gilvry, ich hatte jemanden gesetzteren Alters erwartet.“ Er schaute zwischen ihr und Gilvry hin und her, und seine Augen blitzten listig. Schon überlegte er, wie er jenen ersten heißen Blick, den der Junge ihr geschenkt hatte, zu seinem Vorteil nutzen könnte. Sie klopfte mit einem Fingernagel auf den Tisch. „Mein Glas ist leer, Growler.“ Sie sprach mit der rauchigen, gedämpften Stimme, die Männer gern im Bett hörten.

Nicht, dass es je einer in ihrem Bett hörte. Sie zog es vor, allein zu schlafen.

Während Growler nach einer Bedienung suchte, sah Gilvry Jack mit festem Blick an. „Mein Bruder bat mich, Sie hier zu treffen.“

„Warum machen wir nicht ein Spielchen, während wir uns unterhalten?“ Jack blies den Rauch seiner Zigarre zu ihm hinüber. „Dann fallen wir nicht so auf.“

Gilvry kniff die Augen zusammen. „Machen Sie das noch mal, und ich stopfe Ihnen diese kleine Zigarre da in Ihren Schlund.“ Dann grinste er, ein offenes, verwegenes Lächeln, das so charmant wie gefährlich war.

Charity schauderte, als wäre auch sie in seinen raubtierhaften Blick geraten. Doch nicht das hatte den Schauder hervorgerufen, sondern seine Stimme – messerscharf wie eine stählerne Klinge. Ihre Brust hob und senkte sich, und der Rand des Ausschnitts ihrer Seidenrobe drückte sich, einer menschlichen Berührung gleich, gegen ihre Haut. Sie hätte schreien mögen, irgendetwas tun, um die Spannung zu lösen.

Brown schob seine Hand unter den Tisch, zu der Pistole, die, wie Charity wusste, in seinem Hosenbund steckte.

Jack warf den Kopf zurück und lachte. Dann drückte er das glühende Ende der Zigarre zwischen seinen Fingern aus, den Blick fest auf Gilvrys lächelndes Gesicht gerichtet. Eine Kraftprobe, stumm ausgefochten.

Jacks Männer entspannten sich, ohne jedoch ganz in ihrer Wachsamkeit nachzulassen.

Charity atmete auf. War erleichtert. Froh, dass Gilvry nicht sterben würde. Dann fasste sie sich jäh. Es kümmerte sie nicht. Kein bisschen.

Growler setzte ein volles Glas vor ihr ab und nahm das leere fort.

„Kartenspiel interessiert mich nicht“, sagte Gilvry. „Oder Trinken. Wenn Sie mit mir über Geschäfte reden wollen, dann im Privaten oder gar nicht.“

Nicht ein Mal schaute er zu ihr. Nicht ein einziges Mal seit jenem ersten Blick, als er sich zu ihnen setzte, dennoch überlief es sie fröstelnd angesichts seiner Willensstärke. Und seines blinden Mutes. Ein Narr von Mann! Sie hob ihr Glas und leerte es in einem Zug.

„Kommen Sie also mit in meine Räume im White Horse, Gilvry?“

„Aye, das ist in Ordnung.“

„Sie fahren mit uns in unserer Kutsche?“

Sag Nein, drängte sie stumm. Der Gedanke, mit ihm in dem engen Wagen eingesperrt zu sein, erschien ihr plötzlich eine furchterregende Aussicht.

„Nein“, entgegnete er und ließ erneut dieses Lächeln mit dem Anflug von Verruchtheit aufblitzen. „Ein bisschen mehr dürfen Sie mir ruhig zutrauen, O’Banyon. Ich werde unsere Geschäftsbeziehungen nicht öffentlich machen. Wir treffen uns dort – in einer halben Stunde.“ Eine Braue hebend musterte er die Männer am Tisch. „Muss ich meine eigenen Schläger mitbringen?“

Jack lachte bellend. „Sie werden nur Growler bei mir finden.“

Gilvry nickte. „Dann in einer halben Stunde.“ Er erhob sich geschmeidig. Eleganz haftete ihm an, als er sich mit raubtierhaft weichem Schritt entfernte.

Ganz bewusst hielt sie ihren Blick auf Jack geheftet, wartete auf ihr Stichwort.

Er sah seine Männer an und entließ sie mit den Worten: „Ich brauche euch heute Nacht nicht mehr. Growler gibt euch morgen früh meine Befehle.“

Als er von seinem Stuhl aufstand, musterte er Charity missmutig. „Wie es scheint, verlierst du deinen Biss.“

Ah, der junge Bursche hatte ihn auf dem falschen Fuß erwischt. Das gefiel ihm nicht. Sie lächelte sanft. „Mir scheint doch, Jack, dass du gerade an diesem Tisch gute Gewinne gemacht hast.“

Sein Blick huschte hinüber zu Gilvry, der mit einem blonden Mann sprach. Der schaute in ihre Richtung und nickte. Also hatte der junge Panther Verstand genug, jemanden wissen zu lassen, wohin er sich begab. Trotzdem war er ein Narr, einfach in die Höhle des Löwen zu marschieren. Nun, es ging sie nichts an. Sie sorgte sich um nichts und niemanden. Solange Jack ihr nur die versprochenen Anteile aushändigte.

Und das würde er, solange sie genau tat, was er wollte. Wenn nicht, würde er nicht zögern, es ihr heimzuzahlen, selbst wenn das für ihn bedeutete, ein neues Lockvögelchen finden zu müssen.

Sie hob eine Braue.

„Growler“, knurrte er. Es klang wie ein Fluch.

Der Schläger händigte ihr zwei Münzen aus. Ihr Anteil an den Einnahmen. Sie schob sie in ihren Handschuh. Es war eine einträgliche Nacht gewesen. Zwei Guineen in zwei Stunden. Nicht schlecht. Wenn die Nacht nur hiermit enden würde. Ihre Arbeit war getan. Jack würde ihre Anwesenheit nicht benötigen, um sein Geschäft abzuschließen. Oder?

Draußen half er ihr in den Wagen. Growler kletterte auf den Kutschbock, und das Gefährt setzte sich schwankend in Bewegung. Wie sehr sie sich auf ein warmes Bad freute, um den Rauchgestank loszuwerden. Zwar hängte das Kammermädchen ihre Kleider stets zum Lüften ans offene Fenster, doch das nützte nicht viel. Selbst wenn sie Lavendelwasser darübersprenkelte, wurde sie den schalen Dunst von Bier und Rauch nie ganz los – so wenig wie die Flecken auf ihrer Seele.

Jack beobachtete sie von seinem Sitz ihr gegenüber. Da die Straßenlaternen in regelmäßigen Abständen das Innere des Wagens erhellten, konnte sie unter ihren gesenkten Wimpern hervor sehen, wie eindringlich er sie musterte.

„Was hältst du von ihm“, fragte er schließlich.

Nun aber Vorsicht. Er fragte nicht für nichts und wieder nichts. „Von dem armen Gerupften? Ich bezweifle, dass wir ihn noch einmal locken können, wenn er erst einmal morgen früh wieder einen klaren Kopf hat.“

Er machte eine ungeduldige Geste. „Der nicht. Gilvry!“

Wie sie gedacht hatte. Jack war nicht dumm. Wenn sie zu lange zögerte, würde sie sich verraten. „Sie haben einen Jüngling geschickt, um Männerarbeit zu tun“, sagte sie nachdenklich, womit sie nicht ganz falsch lag. „Mir scheint er eher Abenteurer als Unterhändler zu sein. Ian Gilvry hätte selbst kommen sollen.“ Vielleicht schickte Jack ihn ja heim und bestand darauf, mit dem älteren Bruder persönlich zu verhandeln …

Schweigend grübelte Jack über ihre Worte nach. „Der Knabe hat Nerven wie Stahl“, meinte er endlich. „Genauso war ich als junger Bursche auch.“ Er schüttelte den Kopf und seufzte bedauernd. „Trotzdem wäre es klug, ihn ein bisschen zurechtzustutzen.“

Ihm etwas antun? Innerlich krümmte sie sich. „Mag sein“, murmelte sie, versuchte, gleichgültig zu klingen und zu wirken.

„Er hat ein Auge auf dich.“

Sie bemühte sich zu lächeln. „Wie soll es ablaufen, Jack? Soll ich ihn in eine dunkle Gasse locken, wo Growler und seine Jungs ihn sich vornehmen, bis es ihm leidtut, je geboren zu sein?“

Jack lachte. „Herrgott, was bist du doch für ein kaltes Biest, Charity!“

Sie zuckte die Achseln, doch sein Lachen und seine Worte taten weh. Für ihn war Unbarmherzigkeit in Ordnung, doch sie machte es zum Biest. Nun, kalt war sie. Im Innern. Dafür hatte Mark gesorgt. Und sie hatte nicht vor, sich um eines Gesichts willen zu ändern, das geschaffen war, Herzen zu brechen. Sie hatte kein Herz. Nicht mehr. Langsam senkte sie die Lider. „Sag mir, was ich tun soll, Jack.“

„Ich denke, du solltest ihm öfter Gesellschaft leisten.“

Jäh riss sie die Augen auf. „Welche Form von Gesellschaft?“ Sie richtete sich auf. „Du weiß, ich mag nicht gern …“

„Du wirst tun, was ich sage.“ Das Licht einer Laterne enthüllte seine in bösem Grinsen gebleckten unregelmäßigen Zähne.

„Du wirst ihn mir entsprechend lange aus dem Weg halten, während ich schaue, was McKenzie anzubieten hat.“

Ihr Herz raste wie seit vielen, vielen Jahren nicht mehr. „Natürlich weiß ich, wie ich ihn beschäftigt halten kann. Es wird mir ein Vergnügen sein.“

Mit Tommy Gare dicht an seiner Seite klopfte Logan an die Tür zu O’Banyons Räumen. Der Schläger, Growler nannten sie ihn, riss die Augen auf, als er Tommy sah, sagte jedoch nichts, sondern führte sie wie ein Butler in einen Vorraum, nahm Hut und Handschuhe in Empfang und öffnete dann die Tür zum Salon.

„Gilvry!“ O’Banyon kam ihm sofort mit ausgestreckter Hand entgegen. Er lächelte herzlich, und seine fahlblauen Augen glitzerten. „Ich sehe, Sie haben Verstärkung mitgebracht.“

Logan schüttelte die Hand, die gerade fest genug zudrückte, um es als Warnung gelten zu lassen. „Edinburghs Straßen können genauso gefährlich sein wie die in London.“

„Ganz bestimmt.“ Er trat zur Seite, gab den Blick auf den Raum frei und auf die Frau, die auf dem Sofa beim Kamin saß, vor sich ein Teetablett mit drei Tassen und einer Kanne.

Logan stockte der Atem. Er hatte nicht mit ihrer Anwesenheit gerechnet, sonst hätte er sich besser gewappnet.

„Sie müssen meine Manieren entschuldigen“, sagte O’Banyon gerade. „Ich hatte Sie nicht vorgestellt. Charity, dies ist Mr. Gilvry, mit dem ich geschäftlich zu tun habe. Gilvry, Mrs. Charity West.“

Also verheiratet, stellte er enttäuscht fest.

Augen in der Farbe von Heidekraut betrachteten ihn kühl. Sie waren nicht so dunkel, wie er in der Schenke gedacht hatte, doch in ihnen lag düsteres Wissen. Ein kleines Lächeln umspielte ihre vollen roten Lippen. Blut auf Schnee. Ganz leicht schwindelte ihm bei dem Gedanken, als er sich über ihre ausgestreckte behandschuhte Hand neigte. Nicht die aus feinstem Leder, die sie in der Schenke getragen hatte, sondern aus Spitze – Stoff, durch die er ihre warme Haut spüren konnte. Versengende Wärme. Als er sich verbeugte, erhaschte er einen Blick auf ihren üppigen, sich hebenden Busen. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mrs. West.“

Sie verzog die Lippen, als hätte er etwas Amüsantes gesagt. „Oh, die Freude ist ganz meinerseits.“

Ihre Stimme war dunkel, samtig und sinnlich.

Logan spürte ein Prickeln im Nacken, und in seinen Lenden pochte es leicht. Nicht zum ersten Mal spielte eine Frau vor ihm die Sirene, doch es war das erste Mal seit vielen Jahren, dass ihn Beherrschung schwer ankam.

Was man nicht ändern konnte, musste man ignorieren. Das hatte er sich beigebracht, nachdem Maggie ihm so böse mitgespielt hatte.

Schließlich war er nicht zum Vergnügen hier.

Er wandte sich wieder an O’Banyon, der ihn mit hartem Ausdruck beobachtete. Verflucht, der Mann merkte doch wohl nicht, wie sehr er an der Frau interessiert war?

Wie angewiesen, hatte Tommy sich an der einen Seite der Salontür platziert, auf der anderen stand O’Banyons Mann.

„Möchten Sie Tee?“, fragte O’Banyon. „Oder kann ich Ihnen einen Whisky einschenken?“

„Vielleicht möchten Sie ein Tröpfchen von dem kosten, was wir in Dunross herstellen.“ Logan schnippte mit den Fingern. Wie sie es geübt hatten, trat Tommy gewandt vor und händigte ihm eine Flasche aus. Whisky, der noch von seinem Vater eingelagert worden war. O’Banyon wirkte erstaunt und gleichzeitig erfreut.

Tommy ging zu seinem Platz zurück. Dabei begegnete er Growler mit dem gleichen abschätzenden Blick, der ihn selbst traf.

Als O’Banyon Logans Blick sah, schmunzelte er. „Entlassen wir sie vom Dienst?“

Genau darauf hatte Logan gehofft, als er Tommy seine Anweisungen gegeben hatte. „Gewiss doch.“

„Nimm Mr. Gilvrys Mann mit in die Dienstbotenräume“, befahl O’Banyon, „und biete ihm eine Erfrischung an.“

Was immer man ihm anbot, Tommy würde, seinem Wort getreu, nur Tee trinken. Und er würde O’Banyons Schläger nicht aus den Augen lassen. Logan ließ sich gegenüber von Mrs. West nieder. Charity. Was Nächstenliebe bedeutete. Welch ein Name für eine Frau, die aussah wie die personifizierte Sünde.

„Ich nehme Tee“, sagte er zu seiner eigenen Überraschung.

„Mit einem Schuss von Ihrem Whisky?“, fragte O’Banyon, der sich an einem Tisch beim Fenster selbst ein Glas einschenkte.

„Nein, danke. Er ist ein Geschenk meines Bruders für Sie.“

„Charity, meine Liebe?“

„Nein, danke, Jack“, murmelte sie mit einer Stimme, so weich, dass Logan ihren Atem wie eine Liebkosung auf seiner Haut zu spüren glaubte.

Mit dem Glas in der Hand kam O’Banyon zurück und setzte sich an das andere Ende des Sofas, Logan gegenüber, während Mrs. West mit der Anmut und Haltung einer echten Lady den Tee einschenkte. Wenn man es recht bedachte, war auch ihre Stimme kultiviert wie die einer Dame. Sie sprach nicht in dem groben Ton der Straße oder dem Dialekt der Landbevölkerung. Viel mehr klang sie wie Lady Selina, die Gemahlin seines Bruders. Allerdings konnte man lernen, so zu sprechen.

Sie lächelte ihn an, und erneut spannte sich sein Körper. „Ihr Tee, Mr. Gilvry.“ Sie reichte ihm das Gedeck, und er stand auf, um es entgegenzunehmen. Irgendwie berührten sich ihre Finger, obwohl er sicher war, dass er eine solche Ungeschicklichkeit sorgfältig vermieden hatte. Unter der Glut dieser kurzen Berührung zitterte seine Hand, und er musste die Tasse rasch mit der anderen festhalten, damit er nichts verschüttete.

Nicht, dass sie darauf zu achten schien. Sie schenkte sich selbst ein, und da sie sich vorbeugte, sah er nur die kunstvoll arrangierten karamellbraunen Locken.

Derweilen beäugte O’Banyon interessiert den Whisky in seinem Glas, nippte dann bedächtig, ließ den Whisky in seinem Mund kreisen und schluckte schließlich. „Fein. Sehr fein. Und teuer?“

„Natürlich. Es ist unsere beste Sorte. Sehr alt. Aber wir haben für jeden Geschmack und jede Börse etwas.“ Er wartete, ob O’Banyon den Köder schluckte. Ian hatte aus gutem Grund ihn hergeschickt, um dem Mann aus London um den Bart zu gehen. Denn zu wiederholten Malen hatte sich erwiesen, dass ein Blick in sein Gesicht genügte, und jedermann glaubte, dass er die Wahrheit sprach. Und das war auch so. Doch Vertrauen war in diesem zwangsläufig illegalen Geschäft ein hart zu erwerbendes Gut.

„Ich könnte mir vorstellen, den hier einigen meiner speziellen Kunden zu servieren.“ O’Banyon ließ seinen kalten Blick nicht von Gilvrys Gesicht. „Doch ich müsste auch die anderen Sorten kosten. Das Chien Rouge hat Kunden, die nicht unbedingt für allerbesten Whisky zahlen wollen, aber anständig müsste er schon sein.“

Trotz des harten Blicks, den der Mann auf ihn richtete, spürte Logan, dass die Frau ihn ebenfalls ansah, ihn abschätzend musterte, als ob sie darauf wartete, dass er eine Probe nicht bestehen würde.

Abermals nahm er einen Schluck Tee, ließ die Pause lange genug währen, dass O’Banyons Haltung sich leicht versteifte. Er liebte die vertrackten Wendungen dieses Spiels. Die Risiken, sei es in den Schänken, wo die Geschäfte abgewickelt wurden, oder auf den heideüberwucherten Hügeln, wo die Zolloffiziere mit ihren Männern hinter jedem Busch lauerten.

Er stellte die Tasse ab. „Den haben Sie heute Abend schon getrunken. Archie servierte Ihnen das diesjährige Destillat.“

O’Banyons Augen wurden groß. „Tatsächlich?“

„Hab ihn gestern angeliefert.“

Der Ire kniff die Augen zusammen. „Ich hörte, dass nur McKenzie Edinburgh mit Whisky bedient.“

„Anscheinend hörten Sie etwas Falsches.“ Logan zuckte die Achseln. Er schaute zu Mrs. West. Den Ausdruck ihres Gesichts konnte er nicht recht entziffern. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, und er hätte schwören mögen, dass in ihrem verschleierten Blick ein Lächeln lauerte, doch schon hatte sie sich O’Banyon zugewandt, wie um seine Antwort zu hören.

„Und wieso glauben Sie, dass Sie mit mir ins Geschäft kommen könnten?“, fragte der Ire.

„Der Laird hat durch seine Kontaktleute das Chien Rouge inspizieren lassen, ehe er auf Ihre Erkundigungen antwortete.“

„Ihr Bruder ist ein kluger Mann, Mr. Gilvry.“ In Charitys Ton klang Amüsement mit, ob jedoch auf seine oder auf seines Bruders oder auf O’Banyons Kosten, war ihm nicht klar. Diese Frau hütete ihre Geheimnisse gut.

Doch er neigte nicht dazu, einer Herausforderung auszuweichen.

„Andernfalls würde er nicht lange im Geschäft bleiben, Mrs. West.“

O’Banyon grinste. „Wie ich es sehe, könnten wir vielleicht ins Geschäft kommen, Gilvry.“

Dieses „vielleicht“ gefiel Logan nicht. Da ihnen Edinburgh durch McKenzies Schlägerbande größtenteils verschlossen blieb, brauchte der Clan schleunigst eine Absatzmöglichkeit in London. Doch die Risiken des Schmuggelns durften nicht auf die leichte Schulter genommen werden. „Woran fehlt es denn?“

„Natürlich will ich die genauen Geschäftsbedingungen wissen.“

„Ich kann Ihnen die Unterlagen morgen früh vorbeibringen.“

„Und ich muss meinen Partner in London konsultieren.“

Das kam unpassend. Logan hatte keine langen Verzögerungen eingeplant. „Ich nahm an, Sie hätten freie Hand, Mr. O’Banyon. Vielleicht sollte ich besser mit Ihrem Partner verhandeln.“

Den Stich überhörte O’Banyon. „Es braucht nur einen Brief, in dem ich meinen positiven Eindruck formuliere. Und natürlich der Transfer der Bezahlung. Ein Betrag als Anzahlung auf die erste Lieferung. Außer Sie möchten auf solche Formalitäten verzichten.“

Das war das Problem, wenn man außerhalb Schottlands Geschäfte tätigte. Logan nahm den kleinen Hieb mit einem Nicken hin. „Sicher nicht.“ Ian, der seine Neigung kannte, Geschäfte schlicht per Handschlag abzuschließen, hatte ihn ermahnt, ohne Vorauszahlung auf nichts einzugehen. Zwischen Schotten sei Vertrauen ja schön und gut, hatte er gesagt, aber Engländern – von seiner Gemahlin natürlich abgesehen – war nicht zu trauen.

„Und übrigens …“, O’Banyon wechselte abrupt das Thema, „… ist Mrs. West ganz erpicht darauf, die Feierlichkeiten zu sehen, mit denen Edinburgh den König willkommen heißt.“

„Sein Schiff läuft übermorgen ein, hörte ich“, sagte sie, plötzlich lebhaft. „Seit Charles II. ist es der erste Besuch eines regierenden Monarchen in Schottland. Es sind diverse großartige Spektakel geplant. Die Kavallerie, die Highland-Regimenter in ihren Kilts. Die Zeitungen schreiben …“

Zum ersten Mal funkelten ihre Augen, strahlend wie ein in der Sonne blitzender Amethyst. Und ihre Lippen bogen sich zu einem so süßen Lächeln, dass ihm der Atem stockte.

„Mr. McKenzie bietet uns für Ende der Woche einen Platz an seinen Fenstern an der Golden Mile an, von wo wir den Festzug anschauen können“, sagte sie begeistert.

Mit einem Blick hieß O’Banyon sie zu schweigen. Sie sah vor sich nieder und biss sich auf die Unterlippe. „Das Angebot war freundlich gemeint, doch vermutlich wird nichts daraus werden.“

Angesichts dieser kleinen Geste der Unterwerfung loderte Wut in Logan auf. Er hätte O’Banyon die Fäuste ins Gesicht schlagen mögen, obwohl das keinen Sinn machte. „McKenzie, sagten Sie?“, fragte er, ohne einen Versuch, seine Abneigung zu verbergen. „Wenn Sie so eng mit ihm stehen, dann bezweifle ich, dass wir ins Geschäft kommen können.“

O’Banyon sah auf das Glas in seiner Hand nieder. „Nichts von McKenzies Ware kann sich mit dem messen, was ich von Dunross gekostet habe.“

Was aber nicht hieß, dass er kaufen würde, wenn ihm der Preis nicht passte. Ian hatte ihn instruiert, behutsam vorzugehen. Dem Mann zu schmeicheln. Also zügelte er seine Wut.

„Wenn Mrs. West so begierig darauf ist, den König zu sehen, könnte ich Sie beide übermorgen nach Leith hinausfahren, um seinen offiziellen Empfang mitzuerleben.“ Zumindest hoffte er, das zustande zu bringen. Bestimmt könnte Sanford ihm einen Passierschein besorgen.

Das Lächeln, das ihm zuvor süß erschienen war, wurde bezaubernd. Und doch schien es ihm ein wenig zu routiniert. Sie wandte sich an O’Banyon. „Was meinst du, Jack?“

Jack zog ein Gesicht. „Was siehst du schon außer einem fetten alten Mann! Aber wenn es dir solchen Spaß macht, fahren wir eben.“ Er stand auf und reichte Logan die Hand. „Dann erwarte ich Sie morgen Vormittag mit den Papieren, Gilvry. Hoffen wir, dass wir in ein paar Tagen unser Geschäft zur Zufriedenheit abschließen können.“

„Das hoffe ich auch.“

Logan ergriff Mrs. Wests Hand und war sich erneut der Wärme und Zartgliedrigkeit dieser eleganten Finger bewusst und der tief in ihren Augen verborgenen Schatten. Schatten, die er durchdringen wollte. „Wenn es Ihnen passt, Mrs. West, werde ich Sie und Mr. O’Banyon am Dienstagmorgen um neun abholen.“

„Jack und ich werden fertig sein“, entgegnete sie und schenkte ihm ein aufreizendes Lächeln, das ihm sofort das Blut in die Lenden trieb.

Und die Wirkung hatte sie beabsichtigt. Das las er deutlich in ihren Augen.

„Dann bis übermorgen“, sagte er, wobei ihm nicht entging, wie sie zu O’Banyon hinüberspähte. Um Zustimmung ersuchte. Nur wofür?

Seine Nackenmuskeln spannten sich.

Das Wohlergehen seiner Familie hing an dem Erfolg dieser Abmachung mit O’Banyon. Ein falscher Zug, und es könnte alles zum Teufel gehen.

Unzweifelhaft war O’Banyons Frauenzimmer die Verlockung in Person. Ein Versuch, sie für sich zu gewinnen, und seine Verhandlungen würden sich zerschlagen. Zum Glück hatte er jahrelange Übung darin, die Triebe zu unterdrücken, die die meisten Männer in Schwierigkeiten brachten.

3. Kapitel

Mr. Gilvry war genauso leicht zu manipulieren gewesen wie jeder andere Mann auch. Er hatte genau das getan, was sie wollte, und Jack war sehr zufrieden darüber. Jedoch verstand sie immer noch nicht, warum sie sich enttäuscht fühlte. Seit wann kümmerte es sie, welche Sorte Mann sie am Haken hatte? Normalerweise verspürte sie nichts als Befriedigung, weil sie gute Arbeit geleistet hatte. Befriedigung, weil sie etwas zu ihrem ersparten Schatz hinzufügen konnte, der zwar anwuchs, doch bei Weitem noch nicht so viel enthielt, wie sie benötigte.

Das höhnische Grinsen auf McKenzies rotbärtigem Gesicht brachte ihre schweifenden Gedanken ruckartig zurück in die Gegenwart. Sie setzte ein schwaches Lächeln auf und trennte die Trauben auf ihrem Teller mit einer kleinen Schere ab. Gott sei Dank waren sie endlich beim Dessert angekommen.

Mit einem ungehobelten Kerl wie McKenzie in ihrem Privatsalon zu speisen, war wie einem Schwein am Futtertrog zuzusehen. Während sie diese Gedanken gründlich vor ihm verbarg, schob sie sich eine der roten Beeren in den Mund und warf ihm dabei unter den Wimpern hervor einen einladenden Blick zu.

Insgeheim schauderte es sie ein wenig, denn sie wusste, woran er dachte. Und wenn Jack ihr befahl, McKenzies Bett zu teilen, würde sie es tun. Denn wenn nicht, müsste sie Jacks Zorn ertragen. Ein einziger rascher Schlag seiner Faust, und sie würde eine Woche oder länger nicht am Spieltisch erscheinen können – also auch keine Einnahmen erzielen. Oder er würde sie zurück in das Bordell schicken, als Erinnerung daran, welches Leben sie ohne seinen Rückhalt führen müsste. Da zog sie dann eher noch das kleinere Übel vor, wie Jack nur zu gut wusste.

„Kommen wir zur Sache, oder?“, fragte Jack, lenkte die Aufmerksamkeit des Mannes auf sich. Gleichzeitig bedeutete er ihr, sie solle gehen.

Vor Erleichterung seufzte sie stumm auf. „Wenn die Herren mich entschuldigen wollen …“ Sie lächelte McKenzie an. „Ich überlasse Sie Ihrem Portwein und Ihren Erörterungen.“

Jack stand mit ihr auf. Sichtlich verdutzt über diese höfliche Geste tat der Schotte es ihm nach.

„Es war mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Mr. McKenzie.“ Anmutig neigte Charity den Kopf, was er nicht einmal bemerkte, da er vollauf beschäftigt war, ihre nur knapp verhüllten Brüste zu begaffen. Männer. Sie waren so berechenbar.

McKenzie atmete keuchend ein, während er anstarrte, was, wie er hoffte, zu haben war. „Dann gute Nacht, Mrs. … äh … Mrs. …“

„West“, half Jack aus. „Ich sehe dich später, Liebling“, fügte er hinzu, wobei er seinerseits lüstern guckte. Und damit seine Vorrechte kundtat. Obwohl er durchaus fertigbrachte, sie um eines Geschäftes willen jedem Mann anzubieten.

Wie er es bei Logan Gilvry getan hatte. Gewissermaßen.

Der kleine Unterschied war nur, dass Mr. Gilvry ein Gentleman war. Davon war der plumpe Kerl, der jetzt gerade nach ihrer Gunst gierte, so weit entfernt wie das Schwein, dem er ähnelte. Sie schenkte ihm ihr verführerischstes Lächeln und klimperte mit den Wimpern. „Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.“

Damit rauschte sie hinaus.

„Nun“, sagte Jack, als sie die Tür schloss, „erzählen Sie mir von dem Ärger, den Sie mit den Brüdern Gilvry haben, und was Sie dagegen unternehmen wollen.“

„Der schlimmste ist Logan. Ein Dorn in meinem Fleisch.“

„Ach, tatsächlich?“, antwortete Jack.

Charity hätte gern noch an der Tür herumgetrödelt, doch das Kammermädchen, eine unscheinbare Person, die ihr vom Hotel zur Verfügung gestellt worden war, kam aus dem Schlafzimmer getrottet. „Kann ich noch etwas für Sie besorgen, Mrs. West?“

Es war Jack zuzutrauen, dass er das Mädchen bezahlte, damit es sie bespitzelte. „Brandy, bitte, Muira.“ Sie brauchte etwas, um den Ekel hinunterzuspülen, den sie den ganzen Abend verspürt hatte.

Logan Gilvrys jungenhaftes Lächeln, so harmlos, und doch mit einem Anflug von Verruchtheit, ging ihr durch den Sinn. Ein Lächeln, dem sie morgen widerstehen würde. Oder auch nicht. Hastig sog sie den Atem ein. Es würde ihr nicht schwerfallen, ihn auf Abstand zu halten, so hübsch er auch war. Der Leidenschaft nachzugeben war ihr in der Vergangenheit schlecht bekommen.

Ohne erst zu klopfen, trat Jack etwa eine Stunde später bei ihr ein. Er rieb sich die Hände.

„Na, was meinst du?“, fragte er, während er zur Anrichte ging, um sich einen Drink einzuschenken.

Sie legte ihr Buch fort. „Ein Mann, der die Dinge anpackt.“

„Aye.“ Jack ging, sein Glas in der Hand, zum Kamin und stemmte einen Fuß gegen den Rost. „Aber ich würde ihm nie trauen.“

Das stimmte. „Vertrauen ist nicht nötig, wenn du ihn durchschaust.“

Er sah sie scharf an. „Du trittst für ihn ein?“

Sie zuckte gleichgültig die Achseln. „Über McKenzie wissen wir Bescheid. Er kann liefern. Er hat Edinburgh fest in der Hand.“

Unwillig kniff Jack die Augen zusammen. „Nur beinahe. Vergiss nicht, in der Schenke tranken wir Gilvrys Whisky.“

Verwegenheit! Jack wurde immer von Leuten angezogen, die einen hohen Einsatz wagten. Seine einzige Schwäche und der Grund, sie für sich arbeiten zu lassen. Charity schwieg, ließ ihren stummen Widerspruch auf ihn wirken.

„So sehr McKenzie auch prahlt, die Gilvrys machen ihm Sorgen.“ Er goss den Inhalt seines Glases hinunter. „Ich verstehe nicht, wie sie für einen Mann wie McKenzie eine solche Bedrohung sein können.“

Durch ihre Intelligenz. „Frag Gilvry. Mag sein, dass er es dir sagt.“

„Aye.“ Er trat gegen den Rost. „Aber hat er den Mut, sich zu nehmen, was er will?“

Mich zu nehmen, meint er? Sie hob eine Braue. „Er ist ein Knabe. Wirklich, Jack. Du willst, dass ich mein Talent verschwende. Wozu? Um dich zu vergewissern, dass er ebenso waghalsig ist wie du?“

Blitzschnell war er bei ihr, zerrte sie aus dem Sessel hoch und riss ihr ruckartig einen Arm auf den Rücken. Vor Schmerz wurde ihr fast schwarz vor Augen.

„Zweifelst du an mir?“ Er sprach leise, drohend.

„Nein“, keuchte sie. „Ich versuche nur zu verstehen, was ich aus ihm herausbringen soll.“

Mit einem Stoß, der sie stolpern machte, ließ er sie los. Sie rieb sich ihr gerötetes Handgelenk. „Ich tue, was immer du verlangst, Jack.“

„Was also werden Sie ihnen sagen?“, fragte Sanford.

Logan musterte die Gestalt, die ihm gegenüber auf der Wagenbank saß. Der junge Lord hatte ihm freundlicherweise angeboten, seine Kutsche zu benutzen, sobald er am Holyrood-Palast abgesetzt worden war, wohin man ihn wegen irgendeiner dienstlichen Angelegenheit berufen hatte. „Die Wahrheit. Dass der König heute wegen der schweren Regenfälle nicht landen wird. Ich werde ihnen anbieten, sie morgen mitzunehmen.“ Er schaute durchs Fenster auf den peitschenden Regen, auf die klatschnassen Flaggen, die das Gebäude zum Willkommen König Georges zierten.

„Sie könnten sie zum Einkaufen in die Geschäfte begleiten.“

Mürrisch wandte er sich Sanfords spöttischem Gesicht zu. „Warum sollte ich das tun?“

Das Lächeln wurde breiter. „Seit Sie mich heute um meine Kutsche baten, habe ich überlegt. Wenn Sie diesen O’Banyon und seine Freundin wirklich beeindrucken wollen, gäbe es außer der offiziellen Parade noch diverse Ereignisse, zu denen Sie sie führen könnten. Der König wird eine Audienz geben, einen Nachmittagsempfang. Außerdem zwei Bälle. Das alles hängt nicht vom Wetter ab.“

Logan musterte den grinsenden Dandy. „Und für keine der Veranstaltungen habe ich eine Einladung.“

„Ah, aber sehen Sie, zufällig bin ich gut Freund mit Sir Walter Scott, der für die Organisation der Festivitäten zuständig ist.“

„Oh, aye. Und Sie meinen, wir würden beim Empfang des Königs nicht auffallen wie bunte Hunde? In Ihrem Kopf stimmt etwas nicht.“

„Mein Junge, solange Sie Ihren Kilt tragen, passen Sie prächtig dahin. Nur was die Dame betrifft, nun, sie würde etwas … äh … etwas anderes als das in der Schenke letztens tragen müssen.“

Logan runzelte die Stirn. „Mir gefiel, was sie trug.“

„Und jedem anderen Mann dort auch. Aber sie braucht eine anständige höfische Robe. Mit Straußenfedern. Und eine Ballrobe für den Peers’ Ball. Das heißt, wenn Sie wirklich mit ihr und diesem Freund von ihr hinwollen.“

„Na, ich würde O’Banyon nur zu gern im Kilt sehen.“

„Die Iren tragen auch Kilt, hörte ich.“

„Früher mal, aber an diesem speziellen Iren kann ich mir das nicht so recht vorstellen.“

„Hatten Sie je das Vergnügen, eine Frau einzukleiden?“, fragte Sanford.

Er ließ es klingen, als wäre das etwas, das ein Mann im Alter von zweiundzwanzig Jahren schon hundertmal getan haben müsste. „Jede vollblütige Frau weiß, was sie tragen kann.“

Sanford grinste. „Sagen Sie mir heute Abend Bescheid, ob Sie interessiert sind.“

„Ja, gut.“

Der Kutscher hielt an. Sanford fasste den Türgriff. „Sie können den Wagen später an meiner Unterkunft abliefern. Ich werde zurückgebracht.“ Er wartete, bis einer der Reitknechte einen Schirm bereithielt, erst dann stieg er aus.

Während die Pferde wieder anzogen, sah Logan Sanford hinterher, der in den Palast eilte. Er hatte keine Ahnung, warum, doch er mochte den phlegmatisch-trägen Dandy.

Nur wenige Augenblicke später hielt der Wagen am Abbey Hill. Logan sprang hinaus und bedeutete dem Kutscher zu warten. Der Mann nickte, dabei schwappte ein Guss Wasser aus seiner Hutkrempe auf seine Knie.

O’Banyon und Mrs. West erwarteten ihn bereits in der Eingangshalle.

Sie bot ihm das geübte lockende Lächeln, er hingegen erinnerte sich einzig an das, das gestern ihr Gesicht hatte strahlen lassen, als er vorschlug, sie mitzunehmen, um den König zu sehen. Er fand, dies sei ihr echtes Lächeln, aber sicher wissen konnte er das natürlich nicht.

O’Banyon schüttelte ihm die Hand. „Gilvry. Nicht gerade der beste Tag, um sich eine Parade anzuschauen, was? Ich bin froh, dass sie pünktlich kommen. Ich habe ein Treffen mit einem Bankier und kann mich Ihnen nicht, wie geplant, anschließen.“

Logan verbarg seine Überraschung. „Das macht nichts. Die Ausschiffung des Königs wird verschoben, bis sich das Wetter bessert.“

Mrs. West erhob sich, und abermals staunte er über ihre hohe Gestalt und ihre vornehme Haltung. Heute trug sie einen tintenblauen Spenzer über einem limonengrünen Kleid. Eine mit Blumen geschmückte Strohschute bedeckte ihr Haar bis auf ein paar geschickt um ihr Gesicht drapierte Locken. Ein perfekter Rahmen für ein Kunstwerk. Sie lächelte. „Danke, dass Sie extra kamen, um es uns mitzuteilen.“

Ihre Manieren waren makellos. In dieser Kleidung konnte man sie leicht für eine Dame von vornehmem Stand halten.

„Es tut mir leid“, erklärte er. „Aber vielleicht kann ich Ihnen etwas Besseres bieten. Der König wird nächsten Dienstag im Holyrood-Palast einen Empfang abhalten und am Freitag einen Ball in den Assembly Rooms. Sie sind zu beidem eingeladen.“

Ihren rosigen Lippen entfloh ein überraschtes Aufkeuchen. Dann wurde ihre Miene eiskalt. „Natürlich scherzen Sie.“

Er sah zu O’Banyon.

„Ist das ein Scherz, Gilvry?“, wollte der Ire wissen.

Logan sah Mrs. West nicht an. „Nein, gewiss nicht, Sir. Ich bin als Repräsentant meiner Familie geladen, und Sie würden meine Gäste sein.“ Natürlich dehnte er die Wahrheit ein wenig, doch Ian war ein Laird, und wenn er in Edinburgh gewesen wäre, hätte er zweifellos eine Einladung erhalten.

Eine Braue fragend erhoben, sah O’Banyon Mrs. West an.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, es wäre nicht korrekt.“

Der Ire runzelte die Stirn. „Was ist daran nicht korrekt? Gilvry hat dich eingeladen.“

„Uns, Jack“, sagte sie mit einem beinahe verzweifelten Unterton. „Sie laden uns beide ein, nicht wahr, Mr. Gilvry?“

„Ganz recht, Mrs. West. Sie beide.“

„Pah!“ O’Banyon wedelte abfällig mit der Hand. „Wenn Sie meinen, ich wollte den Stiefel dieses Fettsacks lecken, der sich König von Irland nennt, sind Sie schiefgewickelt. Ihr Schotten könnt vor ihm katzbuckeln, wenn ihr wollt.“

„Jack“, sagte sie gedämpft, „still!“

Er grinste. „Geh du hin. Und erzähl mir hinterher alles.“

Ganz leicht versteifte sie sich. „Jack, du weißt, ich kann da nicht hin.“

„Ich weiß gar nichts.“

Nun, jetzt kam der Punkt, vor dem er sich wirklich fürchtete. „Mrs. West wird natürlich eine passende Ausstattung benötigen, wenn sie dem König vorgestellt werden soll. Und eine Ballrobe.“

„Also kostet uns Ihre Einladung einen netten Batzen, was, Gilvry?“

Röte stieg in ihre Wangen. Ihr Blick war eisig. „Jack, ich möchte dir nicht derartige Auslagen verursachen.“

Welch ein rares Paradiesvögelchen, das seinem Beschützer keine Kosten verursachen wollte. „Bitte erlauben Sie mir, das in die Hand zu nehmen“, sagte Logan. Und wünschte, er hätte sich lieber die Zunge abgebissen, da sie ihn verblüfft und keineswegs erfreut ansah. „Es wäre mir ein Vergnügen.“

O’Banyon versetzte ihm einen Stoß in die Rippen. „Ich bin mir sicher, Sie finden das Mädel hier entsprechend dankbar.“

Bei der Bemerkung fühlte er sich wie ein alter Lüstling. Und sah er da Zorn in ihren Augen aufblitzen oder doch etwas anderes? Da sie nun aber gelassen lächelte, konnte er nur annehmen, dass sie von dem Gedanken doch recht erfreut war. „Dann ist es wohl beschlossen“, sagte sie munter. „Kennen Sie zufällig eine Näherin, die so kurzfristig für mich arbeiten kann, Mr. Gilvry?“

„Ja, rein zufällig.“ Er kannte die Schneiderin, zu der seine Schwägerin ging. Dort hatte er hin und wieder etwas für Selina abgeholt, wenn sie selbst nicht in die Stadt hatte kommen können.

„Natürlich“, sagte sie mit einem Blick, den er nicht verstand. „Gehen wir jetzt direkt?“

„Wenn Sie nichts dagegen haben“, wandte er sich an O’Banyon.

Der Mann grinste breit. „Nicht im Mindesten. Lassen Sie sich die Taschen nur nicht völlig leeren.“ Er kniff ihr ins Kinn. „Was, Kätzchen?“

Fragend hob sie eine Braue.

Logan schluckte. Sein Mund war wie ausgetrocknet. So nervös war er nicht mehr gewesen, seit der Clan beinahe mit einer ganzen Schiffsladung Whisky den Zollsoldaten in der Balnean Bucht in die Falle gegangen wäre. Gott helfe ihm, wenn ihm der Ire nicht nach diesen Aufwendungen einen gewaltigen Auftrag erteilte.

Er würde Ian ein kleines Vermögen schulden. Aber vielleicht war es ihm das wert dafür, dass er Mrs. West begleiten durfte …

Während der Regen draußen über die Fensterscheiben rann, auf das Wagendach prasselte und den Straßenlärm übertönte, beobachtete Charity ihren Begleiter unauffällig. Für ein männliches Wesen war er viel zu schön. Sein Gesicht gemeißelte Perfektion. Für die meisten Frauen gewiss eine Versuchung. Für sie waren jedoch heute sein freundliches Lächeln, sein höfliches, vornehmes Betragen und seine Aura von unschuldiger Freude sein größter Reiz.

Unschuld? Er war nichts Besseres als Jack. Ein Schmuggler. Ein Mann, der vom Gesetz verfolgt wurde. Und doch so zuversichtlich auf seinen Charme bauend. Da saß er ihr hier im Wagen gegenüber, die langen Beine weit ausgestreckt, als wäre er vollkommen sorglos.

In ihr hingegen, die sie gedacht hatte, für jede Empfindung tot zu sein, brodelte es vor Gereiztheit.

Hatte er keine Ahnung, welche Gefahr sie für ihn darstellte? Er wusste, sie war Jacks Geschöpf, sein Werkzeug. Falls er es nicht wusste, war er ein Narr und verdiente, was er bekam. Fest verschränkte sie die Hände auf ihrem Schoß und warf ihm unter gesenkten Wimpern einen Blick zu, der erotische Wünsche andeutete.

Es befriedigte sie einigermaßen zu sehen, dass sein Blick sich auf ihre Lippen heftete und er schwer schluckte. Also hatte sie ihre Ausstrahlung noch nicht verloren. Obwohl es sie ärgerte, dass er nicht anders als die anderen Männer war.

Nur warum sie so fühlte, verstand sie nicht. Und das vertiefte ihren Ärger.

Es würde ihn verflixt teuer kommen, sie an seiner Seite wie eine Siegestrophäe zur Schau zu stellen. Auf einem Ball gar. Und schlimmer noch, auf einem königlichen Empfang. Vor etwa fünf Jahren hätte sie das als selbstverständlich betrachtet, als etwas, das ihr gebührte. Hätte darin geschwelgt. Nun dachte sie nur mit Furcht daran. Doch nicht deshalb fühlte sie sich so unwohl. Es war das Wissen, welchen Preis er für seine Großzügigkeit von ihr verlangen würde. Er würde erwarten, dass sie ihn in ihr Bett einlud.

In ihrem Magen spürte sie jäh ein seltsam erregendes Flattern.

Entsetzt drückte sie eine Hand auf ihre Taille.

„Ist Ihnen nicht gut?“, fragte er mit diesem weichen schottischen Akzent, den sie mehr spürte als hörte und den sie als so intim empfand wie ein Streicheln ihrer Brüste, die auf einmal prickelten.

Nur mit Mühe hielt sie sich zurück, sonst hätte sie ihm womöglich ihre Nägel in das hübsche Gesicht geschlagen. Ruhig lächelnd sagte sie: „Doch, ganz wunderbar. Nur sind Ihre Edinburgher Straßen nicht so eben wie die in London.“

Er grinste, und ein Fünkchen Humor blinkte in seinen Augen. „Ich bitte um Entschuldigung. Wir Schotten sind raue Gesellen, da machen uns ein paar Stöße nichts aus.“

War das eine Zweideutigkeit? Möglich. Sie spielte Unverständnis. „Und ist es in Dunross auch so? Wo liegt das überhaupt? Ich glaube, ich habe noch nie davon gehört.“

Sein Lächeln wurde breiter. „Oh, aye. Selbst in Schottland haben nicht allzu viele Leute davon gehört.“

„Dann ist es vermutlich nicht sehr groß?“

„Überhaupt nicht groß.“

Besonders mitteilsam war er nicht. Vermutete er, dass sie tiefere Beweggründe für ihre Fragen hatte?

„Und wie ich verstand, haben Sie Brüder. Leben die auch in Dunross?“

„Nur mein ältester Bruder. Und seine Gattin. Niall, mein anderer Bruder, lebt hier in Edinburgh.“

Dem sie zweifellos nicht vorgestellt werden würde, doch sie konnte einfach nicht anders, sie musste ihn ein bisschen quälen. „Oh, wie schön für Sie. Sie wohnen bei ihm?“ Dabei sah sie ihn erwartungsvoll an.

Ganz kurz spannten sich seine Lippen, und er wandte den Blick von ihr ab. „Ich bin anderweitig untergekommen.“

Offensichtlich hatte der Mann einen raschen Verstand. „Also wohnen und arbeiten Sie sonst in Dunross“, folgerte sie. „Es muss hart sein, so weit von zivilisierter Gesellschaft zu leben. Von der Hauptstadt. Von all den Aktivitäten.“

Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Ich denke, meine Arbeit beschert mir genug Aktivität.“

„Schmuggel.“

„Aye. Nicht dass ich es jedermann gegenüber zugeben würde, wenn Sie verstehen.“

„Natürlich.“

Mit Neugier im Blick lehnte er sich gegen die Polster. „Was ist mit Ihrer Familie, Mrs. West?“

„Ich habe keine Familie.“ Zumindest keine, die zugeben würde, mit ihr verwandt zu sein.

„Also wartet in London kein Mr. West auf Sie?“

Ah, er suchte nach Fallstricken. Kluges Bürschchen. Obwohl – ein Ehemann wäre natürlich eine Möglichkeit, ihn auf Abstand zu halten.

Aber nein, Jack würde diesen Schachzug nicht gern sehen. „Leider nein.“ Sie schenkte ihm ein spöttisches Lächeln und sah, dass ihm leichte Röte in die Wangen stieg. „Ich bin jetzt ganz allein.“ Abgesehen von Jack und seinen verdammten Machenschaften.

„Das tut mir leid.“

Er sah wirklich so aus. Und ihr Herz machte einen albernen kleinen Sprung.

„Sie leben gern in London?“

Sie hasste London, hasste den Schmutz und die Verderbtheit. „Es gibt keine bessere Stadt auf der Welt.“

Er sah aus dem Wagenfenster und verzog das Gesicht. „Ich würde widersprechen, doch dieses Wetter ist nicht gerade hilfreich. Sie werden Edinburgh hoffentlich noch an einem schöneren Tag erleben.“

„Jedenfalls quillt es von Menschen über.“

Der Wagen wurde langsamer und hielt schließlich. Logan blickte hinaus auf die Straße. „Wir sind da.“

Er öffnete den Schlag. Regen tropfte ihm auf Kopf und Schultern. Er reckte einen Arm, nahm von dem Lakaien, der beim Kutscher auf dem Bock hockte, einen Schirm entgegen, öffnete ihn und ließ den Tritt herab. Dann hob er den Schirm, sodass sie aussteigen konnte. Sorgsam hielt er ihn ganz über sie und ließ sich selbst nass regnen. Sie beeilte sich nicht. Sollte er sich doch nasse Füße holen. Oder einen Schnupfen.

Sie ergriff seine Hand und stieg leichtfüßig hinab auf das Pflaster. „Danke.“

Er nickte. „Holen Sie uns in einer Stunde hier ab“, rief er zum Kutscher hinauf.

Gemächlich begab sie sich unter das Vordach des Geschäfts, während er den Schirm über sie hielt und noch nasser wurde. Wie gemein sie war. Fast kam es ihr so vor, als müsste sie sich ständig daran erinnern, ihn zu verachten. Wie konnte das sein?

Er öffnete ihr die Tür, und sie trat in ein elegant ausgestattetes Schneideratelier.

Freundlich lächelnd kam die Inhaberin ihm entgegen, runzelte dann jedoch kaum merklich die Stirn beim Anblick seiner Begleiterin.

„Guten Tag, Mr. Gilvry“, sagte sie. „Sollte ich Sie erwarten? Lady Selina hat nichts bei mir bestellt.“

Lady Selina? Charity überlegte. Dann war er wohl doch kein ganz gewöhnlicher Schmuggler. Nun, natürlich nicht, da er eine Einladung für den königlichen Ball beschaffen konnte. Oh, er verdiente wirklich, für diese Verrücktheit bestraft zu werden. Selbst wenn sie damit Jacks Pläne störte.

„Welch hübsches Geschäft Sie haben, Mrs. …“ Fragend hob sie eine Braue.

„Donaldson“, half er aus. „Dies ist Mrs. West. Sie benötigt eine Robe für den Empfang beim König und für den Peers’ Ball.“ Er schenkte der Frau ein bezauberndes Lächeln. „Ich sagte ihr, dass Sie die beste Schneiderin in Edinburgh sind.“

Mrs. Donaldson wirkte sichtlich geschmeichelt, fasste sich aber und zog die Brauen zusammen. „Ich weiß nicht, ob ich einen so aufwendigen Auftrag in so kurzer Zeit erledigen kann, Mr. Gilvry.“

Charity lachte trillernd. „Oh, kommen Sie, Ma’am, in London würde keine Schneiderin von Ruf einem Kunden von Mr. Gilvrys Rang ungefällig sein.“ Sie knöpfte ihren Spenzer auf. „Ich schwöre, ich bin bis auf die Haut nass. Eine Tasse Tee käme mir nicht ungelegen.“

Mr. Gilvry half ihr aus dem eng anliegenden Jäckchen. Beim Anblick des darunter vorkommenden Gewandes machte er große Augen. Die limonengrüne Kreation hatte ein Dekolleté, das eher für den Salon eines Bordells passte als zu einer nachmittäglichen Einkaufstour. Sie lächelte aufreizend zu ihm auf. „Gefällt es Ihnen?“

Ein Blick auf dieses Kleid, und die Schneiderin erstarrte. „Mr. Gilvry, ich schätze es wirklich nicht, dass Sie hierher Ihre …“

Zum ersten Mal, seit Charity ihn kannte, sah sie die Muskeln seines Kiefers steinhart hervortreten, und es durchfuhr sie scharf, nicht jedoch, wie sie erwartet hatte, vor Freude, da sie ihn für seine lüsternen Gedanken hatte zahlen lassen wollen, sondern aus Angst um die Schneiderin.

„Meine was?“, fragte er in, wie Charity fand, höchst bedrohlichem Ton.

Anscheinend empfand Mrs. Donaldson das ebenso. „Ihre Freundin“, ergänzte sie keuchend. „Dies ist ein ehrbares Geschäft. Bitte, Mr. Gilvry, ich muss auf meinen Ruf achten.“

„Und wie viele andere Damen kleiden Sie für den königlichen Empfang ein?“, fragte er angelegentlich. Das war der Mann, der gleichermaßen Steuerbeamte und Verbrecher wie Jack herausforderte. Sie hätte sich denken müssen, dass seine jugendliche Arglosigkeit nur eine Fassade war.

Und sie hätte nicht so dumm sein dürfen, ihn derart zu provozieren. Trotzdem erregte sein Zorn sie aufs Seltsamste. Es rührte einen Punkt in ihrem Herzen, der sich in zärtlicher Zuneigung zu erwärmen schien. Weil Gilvry sich verhielt, als wäre sie eine Dame. Seit Jahren hatte niemand mehr auch nur angedeutet, dass sie ein Fünkchen Ehre besitzen könnte, das der Verteidigung wert wäre.

Welchen Unsinn dachte sie da! Das war Schwäche. Sie verhärtete ihr Herz dagegen. Er war ein Mann. Er wollte etwas Bestimmtes von ihr und würde alles tun, um es zu bekommen. Dennoch tat ihr die Schneiderin, die wirklich in einer Zwickmühle steckte, leid. Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. „Wirklich, Mr. Gilvry, wir können ein anderes Geschäft aufsuchen. Es macht mir nichts.“

„Lady Selina wird es etwas ausmachen“, sagte er grimmig.

Mrs. Donaldson sank in sich zusammen. „Nun, also, wenn die junge Dame eine Freundin von Lady Selina ist …“ Hastig ergriff sie diesen schwachen Strohhalm. „Dann will ich alles in meiner Macht tun, ihr gefällig zu sein.“ In ihren Augen stand Verzweiflung. „Hinten im Laden habe ich einen privaten Raum …“, sie schluckte schwer, „wo Sie … äh … Stoffe ansehen können. Modejournale. Ich lasse Tee bringen. Whisky …“

Als er Charity fragend ansah, glitzerten seine grünen Augen wie kleine Eissplitter.

„Tee wäre sehr nett“, antwortete sie. Um ihretwillen sollte er die Frau nicht noch stärker in Verlegenheit stürzen. „Danke schön.“

Die Frau eilte hastig voraus. „Hier entlang bitte, Madam, Mr. Gilvry.“

Er legte eine Hand an ihre Taille und drängte sie, der Schneiderin zu folgen. Die Wärme seiner Hand schoss glühend durch den Stoff ihres Kleides bis tief in ihren Leib. Der Himmel mochte ihr helfen, was sollte sie nur mit ihm anfangen?

Nichts. Eine solche Schwäche konnte sie sich nicht erlauben. Sich Gedanken darüber zu machen, wie tief sie ihn hinabzog, wäre ein Fehler, der sie teuer zu stehen kommen würde. Zärtliche Gefühle hatten ihr Leben einmal ruiniert. Ein zweites Mal würde sie das nicht geschehen lassen. Trotzdem würde sie ihm gestatten, sie in respektable Roben zu stecken. Es gab keinen Grund, ihm vor seinen Standesgenossen und seinem König Schande zu bereiten.

4. Kapitel

Das Vergnügen, eine Frau einzukleiden. Sanfords Worte gingen Logan durch den Kopf, während er in Mrs. Donaldsons Hinterzimmer hockte. Offen betrachtete er die schöne Frau, die ohne Scham mit nichts als ihrer Chemise und dem Schnürmieder bekleidet vor ihm auf einem flachen Podest stand. Von drei Seiten von Spiegeln umgeben, gab es kaum eine Stelle ihres Körpers, die er nicht sehen konnte. Sanford hatte zu Recht das Wort Vergnügen benutzt. Doch dieses Vergnügen war eigentlich dem Gemahl vorbehalten. Oder einem Mann bei seiner Mätresse. Was wohl die Schneiderin vermutete und der Grund dafür war, dass sie sie in ihr Hinterzimmer verbannt hatte.

In gar nicht so fernen Zeiten war es seiner Mutter zufolge für eine verheiratete Frau nicht ungewöhnlich gewesen, ihre männlichen Verehrer in ihrem Boudoir zu empfangen, sich von ihnen bei der Wahl von Kleidung und Schmuck beraten zu lassen, während sie plauderten und flirteten. In allen Ehren, solange eine Zofe anwesend war.

Dies hier empfand er ganz und gar nicht als respektabel, trotz der Gegenwart der jungen Gehilfin, die Maß nahm.

Lässig die Beine neben dem niedrigen Tischchen vor sich ausgestreckt, bewunderte er Mrs. Wests reizende Gestalt. Über dem Spitzenrand der hauchfeinen Chemise lockte die Rundung ihrer vollen schneeweißen Brüste, durch das enge Schnürmieder noch höher gedrückt. Dunkelrosa schimmerten ihre Spitzen unter dem zarten Stoff. Ihre Taille war so unglaublich schmal, dass er sie mit seinen Händen hätte umfangen können, und den Schatten auf ihrem Venushügel, nicht dunkel, doch auch nicht blond, zu sehen, jagte Hitzewellen durch seinen Körper.

Sie war die Fleisch gewordene Venus. Und zum zweiten Mal in zwei Tagen kämpfte er darum, distanziert zu bleiben.

Er sah auf und fand ihren Blick auf sich geheftet. Ihre Miene war kämpferisch, obwohl ihre Lippen sich zu dem vertrauten, aufreizenden, schmollenden Lächeln bogen. Ihre Lider senkten sich tiefer; sie erriet seine Gedanken, sein Begehren und warf ihm den Fehdehandschuh zu. Ich bin bereit für dich, sagten diese Augen. Tu, was du willst. An mein Herz kommst du jedoch nicht heran.

Der Gedanke erschreckte ihn. Erzürnte ihn. Hielt sie ihn für ein Tier? Glaubte sie, er werde auf der Stelle über sie herfallen? Sie gegen die Wand drücken und in Besitz nehmen? Unerwartet heftig wurde er von Begierde gepackt.

Und musste sich eingestehen, dass er sie, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, wieder und wieder nachgerade schmerzhaft begehrte. Doch das hieß nicht, dass er sich nicht in der Gewalt hatte. Es hieß nur, dass er stärker auf der Hut sein musste.

Autor

Ann Lethbridge

Ann Lethbridge wuchs in England auf. Dort machte sie ihren Abschluss in Wirtschaft und Geschichte. Sie hatte schon immer einen Faible für die glamouröse Welt der Regency Ära, wie bei Georgette Heyer beschrieben. Es war diese Liebe, die sie zum Schreiben ihres ersten Regency Romans 2000 brachte. Sie empfand das...

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Helen Dickson
Helen Dickson lebt seit ihrer Geburt in South Yorkshire, England, und ist seit über 30 Jahren glücklich verheiratet. Ihre Krankenschwesterausbildung unterbrach sie, um eine Familie zu gründen.
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