Verlobt mit dem griechischen Playboy

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Unvermittelt findet Emily sich im Blitzlichtgewitter wieder: Irgendwer muss der Klatschpresse verraten haben, dass der griechische Milliardär Loukas Kyprianos sie heiraten will, weil sie sein Kind erwartet! Dabei war sie nur eine Nacht mit ihm zusammen, und sein unerwarteter Antrag hat bestimmt nichts mit großer Liebe zu tun … wovon Emily immer geträumt hat. Sondern nur damit, dass er zu seinen Vaterpflichten steht. Trotzdem sagt Emily zögernd Ja zu dem berüchtigten Playboy, der ihr fast alles verspricht. Außer sein Herz …


  • Erscheinungstag 13.02.2018
  • Bandnummer 042018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733709969
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Als der siebte Test auch positiv ausfiel, wusste Emily, dass sie nicht länger vor der Wahrheit davonlaufen konnte.

Sie musste sich ihr stellen. Sosehr sie es sich auch wünschte, die kleinen blauen Striche auf dem Test logen nicht.

Sie war schwanger. Großer Gott, was für eine Katastrophe!

Dabei war es nicht mal so, dass sie grundsätzlich kein Baby haben wollte. Irgendwann sicher mal. Mit einem netten Mann, der unsterblich in sie verliebt war und sie heiratete, bevor sich Nachwuchs ankündigte.

Und jetzt das!

Es war ihr erster One-Night-Stand gewesen, und das war dabei herausgekommen. Warum war sie nur so fruchtbar? Weshalb waren Kondome so unzuverlässig? Wie hatte sie mit einem Mann schlafen können, der in einer ganz anderen Liga spielte als sie? Emily war zwar durchaus dafür, sich hohe Ziele zu setzen, aber gleich ein griechischer Milliardär?

Nun, wahrscheinlich hatte sein umwerfendes Aussehen eine nicht allzu kleine Rolle gespielt. Groß und schlank, mit Augen von einem Braun, in dem man sich am liebsten verlieren wollte.

Was sie auch prompt getan hatte. Sie hatte sich mit Haut und Haaren in dieser knisternden sexuellen Begegnung verloren. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Was allerdings keine große Kunst war dank ihrem Ex, mit dem sie sieben Jahre verschwendet hatte. Sieben Jahre! Warum brachte ihr die Zahl kein Glück, so wie allen anderen? Sieben lange Jahre hatte sie auf einen Antrag gewartet. Sie war so verzweifelt gewesen, dass sie jedes Mal völlig aus dem Häuschen gewesen war, wenn Daniel auf die Knie ging, um etwas vom Boden aufzuheben. Weil sie geglaubt hatte, jetzt wäre es so weit. Jetzt machte er ihr endlich den langersehnten Antrag.

Es war nie passiert.

Stattdessen hatte er sie betrogen. Mit einem Mann! Wie konnte es eigentlich sein, dass sie als Letzte gemerkt hatte, dass Daniel schwul war?

Doch es war nicht der Betrug, der ihr am meisten wehgetan hatte. Plötzlich wieder Single zu sein, war der größte Schock. Sie und Daniel waren so lange ein Paar gewesen, dass sie völlig vergessen hatte, wie es war, allein zu sein. Es fühlte sich seltsam an, abends ohne Partner auszugehen. Es war irgendwie so, als würde man nur einen Schuh anhaben. Und wenn sie allein in ein Restaurant ging, fragte sie sich die ganze Zeit, ob die anderen ihr ansahen, dass sie sitzengelassen worden war.

Sie war gerne mit Daniel ausgegangen, denn er hatte sich mit Wein und gutem Essen recht gut ausgekannt. Sie hatten verschiedene Restaurants ausprobiert und sich stundenlang über das Menü, den Wein und die anderen Gäste unterhalten. Es gefiel ihr, abends nach der Arbeit nach Hause zu kommen und mit jemanden über ihren Tag reden zu können. Daniel hatte ihr immer zugehört, hatte ihr den Rücken gestärkt, war ihre Zuflucht gewesen. Er hatte ihr die Stabilität gegeben, nach der sie sich seit ihrer Kindheit sehnte.

Seitdem hatte sie mit der Partnersuche kein großes Glück gehabt. Susannah, ihre Mutter, eine Beziehungstherapeutin im New Age Stil, sah den Grund darin, dass sie unbewusst Beziehungen zu Männern sabotierte – wegen ihres Vaters. Aber wer war denn schuld daran, dass sie keinen Vater hatte? Ihre Mutter hatte es nicht einmal geschafft, seinen Namen und seine Telefonnummer zu bekommen, nachdem sie unter einer regennassen Abdeckplane bei einem Musikfestival Sex mit ihm gehabt hatte.

Wieder sah Emily auf den Schwangerschaftstest. Nein. Sie hatte keinen Albtraum. Na ja, eigentlich doch. Einen Albtraum im Wachzustand. Denn sie musste Loukas Kyprianos, der panische Angst hatte, sich zu binden, verraten, dass er Vater werden würde.

Na toll.

Das Ganze würde ihr sehr viel leichter fallen, hätte er sie seit dieser Nacht voller leidenschaftlichem Sex vor einem Monat mal angerufen. Oder ihr eine SMS geschickt. Oder eine E-Mail. Selbst eine Brieftaube wäre okay gewesen. Irgendeinen kleinen Funken Hoffnung, dass er sie vielleicht wiedersehen wollte.

Apropos. Was das betraf, hatte sie sich nicht unbedingt einen Liebesdienst erwiesen. Sie könnte ein Buch darüber schreiben, wie man es schaffte, dass ein Typ nach dem ersten Date sein Interesse an einer Frau verlor. Wenn sie nervös war, redete sie zu viel. Viel zu viel. Ein paar Drinks, und schon hatte sie ausgeplaudert, dass sie von einer Ehe, vier Kindern und einem Hund träumte – einem Irish Retriever. Und das ausgerechnet gegenüber einem Mann, der als leichtlebiger Playboy verschrien war.

Was stimmte nicht mit ihr?

Emily verließ das Bad und griff nach ihrem Handy. Kein Anruf, keine SMS … außer vier Nachrichten von ihrer Mutter, zusammen mit Links über Meditation und Yogaübungen, die sie täglich machen sollte. Es war einfacher für sie, Susannah in dem Glauben zu lassen, dass sie diese Links anklickte, als mit ihr darüber zu streiten, warum sie es nicht tat. Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, dass es sinnlos war, mit ihrer Mutter zu streiten. Reine Energieverschwendung.

Zurück zu Loukas. Selbst wenn sie mutig genug wäre, ihn anzurufen – sie hatte ja nicht einmal seine Nummer. Gut, sie könnte sie von ihrer Freundin Allegra bekommen, die mit Draco Papandreou, Loukas’ bestem Freund, verheiratet war. Aber ihr Gefühl sagte ihr, dass es nicht so passend wäre, dem Vater ihres Kindes am Telefon reinen Wein einzuschenken.

„Hey, stell dir mal vor! Wir haben ein Baby gemacht!“

Das wäre wahrscheinlich als Eröffnung kein besonders guter Schachzug.

Nein. Die Sache erforderte ein persönliches Gespräch. Sie wollte sehen, wie er reagierte. Wobei es nicht einfach war, von seiner Miene etwas abzulesen, denn die gab nicht viel preis. Vielleicht hatte er seine Gesichtsmuskeln auf Energiesparmodus eingestellt. Doch ihn umgab eine Aura gelassener Autorität, die sie ungeheuer attraktiv fand. Seine Zurückhaltung auf Allegras Hochzeit hatte sie fasziniert. Er schien die Menschen nicht so zu brauchen wie sie.

Als Emilys Handy klingelte, war sie so überrascht, dass sie es beinahe fallen gelassen hätte. Da im Display keine Nummer aufleuchtete, sagte sie mit ihrer Sekretärinnenstimme, die sie in der Anwaltskanzlei benutzte: „Emily Seymour am Apparat.“

„Loukas Kyprianos.“

Augenblicklich begann ihr Herz zu hämmern.

Er ruft mich an!

Ihre Gedanken überschlugen sich, genauso wie ihr Puls. Sie brauchte mehr Zeit. War noch nicht bereit für dieses Gespräch. Zuerst einmal musste sie vor dem Spiegel üben, so wie sie es als Kind immer gemacht und eine Haarbürste als Mikrofon benutzt hatte. Sie versuchte, sich zu beruhigen, atmete jedoch so abgehackt, als hätte sie einen Asthmaanfall.

Atmen. Atmen. Atmen.

In diesem Moment hätte sie das Aufmerksamkeitstraining ihrer Mutter wirklich gut gebrauchen können.

„Äh … hi. Wie geht’s dir?“

„Gut. Und dir?“

„Ähm … gut. Danke. Großartig. Super. Fantastisch.“

Außer einer leichten Übelkeit morgens.

Schweigen. Tick-tack.

„Hast du heute Abend Zeit?“

Emily schluckte. Zeit für was? Gemeinsamen Sex. Sie wollte nicht so klingen, als würde sie ständig zur Verfügung stehen. Ein Mädchen hatte schließlich auch seinen Stolz. Doch sie musste ihm das mit dem Baby sagen. Vielleicht wäre ein Dinner dafür die beste Gelegenheit. Nein. Nein. Nein. Nicht in der Öffentlichkeit. Sie musste mit ihm allein sein. „Ich schau mal in meinem Terminkalender nach. Soweit ich weiß, habe ich etwas …“

Er stieß einen leisen Ton aus, den man als amüsiertes Glucksen bezeichnen könnte. „Du musst dich bei mir nicht zieren, Emily.“

Dafür war es ja auch ein bisschen zu spät, wie sie zugeben musste. Die Art, wie er mit leicht griechischem Akzent ihren Namen aussprach, ließ sie dahinschmelzen. Em-i-lee. Aus seinem Mund klang es nicht wie ein Name, sondern wie eine verführerische Liebkosung, als würde er mit seinen Fingerspitzen langsam an ihrem Rücken herunterwandern. „Ich denke, du solltest wissen, dass ich sonst nicht so … nicht so bin wie an dem Abend bei der Hochzeit. Normalerweise trinke ich nicht so viel …“

„Geh mit mir essen.“

Emily gefiel sein Ton nicht. Es klang wie ein Befehl, nicht wie eine Einladung. Glaubte er etwa, sie würde am Handy sitzen und auf seinen Anruf warten? Na ja, das hatte sie zwar gemacht, aber das tat nichts zur Sache. Er sollte auf keinen Fall glauben, dass sie alles liegen und stehen lassen würde, wenn er aus heiterem Himmel anrief, weil er mit ihr zu Abend essen wollte – selbst wenn es nichts gab, was sie hätte liegen und stehen lassen müssen. „Ich habe heute Abend keine Zeit …“

„Sag ab.“

Wie bitte? Warum sollte sie das tun, nur weil er es befahl? „Nein, das denke ich nicht.“

Sie war ziemlich stolz auf ihren Tonfall, der besagte: Ich hab nicht am Telefon geklebt und auf deinen Anruf gewartet.

„Bitte?“

Bewusst ließ Emily ein paar Sekunden verstreichen, um ihn genauso zappeln zu lassen, wie er es mit ihr den ganzen Monat gemacht hatte.

„Warum willst du mit mir zu Abend essen?“, fragte sie schließlich.

„Ich möchte dich wiedersehen.“ Seine Stimme klang rau und gleichzeitig weich. Wie Kies, den man in Honig getaucht hatte.

Er wollte sie wiedersehen? Weshalb? Er galt als Playboy. Vielleicht führte er nicht ein so wildes, ausschweifendes Leben wie manche anderen reichen Männer, aber bei ihm hielten Beziehungen nicht länger als ein paar Tage.

Jedenfalls keine, von der die Presse wusste. Seit sein bester Freund geheiratet hatte, hatte sich das Medieninteresse von Draco auf Loukas verlagert. Vorher war Loukas in der Lage gewesen, unter dem Radar zu fliegen, doch jetzt überlegten alle, mit welcher Frau er sich wohl als Nächste verabreden würde. Insgeheim hatte Emily sich in den Wochen nach der Hochzeit davor gefürchtet, ihn mit einer anderen zu sehen. Denn dann würde es noch schwieriger werden, ihm zu sagen, dass er Vater wurde.

„Ist das der Code für ‚schlaf mit mir‘?“, fragte sie. „Wenn ja, solltest du wissen, dass ich nicht so ein Mädchen bin. Ich hatte vorher noch nie einen One-Night-Stand, und ich …“

„Wenn wir es wiederholen, wäre es kein One-Night-Stand mehr.“

Auch wieder wahr. Aber sie konnte nicht mit ihm schlafen, bevor sie ihm nicht gesagt hatte, was bei ihrer letzten Begegnung herausgekommen war. Allein bei dem Gedanken an diese Nacht in seinen Armen überschlug sie sich innerlich vor Aufregung. Seiner Stimme zu lauschen war so gut wie ein Vorspiel. Und wenn er noch weiter mit ihr redete, konnte sie für nichts mehr garantieren. „Nur Dinner, okay?“

„Nur Dinner.“

„Sollen wir uns irgendwo treffen?“

„Ich hol dich ab. Wie lautet deine Adresse?“

Emily gab sie ihm, während sie schon überlegte, was sie anziehen sollte. Das kleine Schwarze oder etwas Farbiges? Nein. Nicht zu viel Farbe. Vor allem nichts Rotes. Rot hieß ‚nimm mich‘, rosa stand zu sehr für das Mädchen von nebenan. Ob sie noch Zeit hatte, ihre Haare zu machen? Sollte sie sie waschen und föhnen oder einfach hochstecken und auf das Beste hoffen? Nicht zu viel Make-up. Und welche Absätze? Sie brauchte Absätze, weil er groß war. Sonst würden sich ihre Nackenmuskeln verkrampfen, wenn sie den ganzen Abend zu ihm hochschauen müsste, um ihm in die Augen sehen zu können.

„Ich hätte dich schon früher angerufen“, fügte er noch hinzu, „aber ich war geschäftlich unterwegs.“

Du hättest mich trotzdem anrufen können.

Ob sein „Geschäft“ eine schlanke Blondine war, wie die, die an seinem Arm hing, als sie im Internet nach ihm gesucht hatte? „Ach wirklich?“

„Ja. Wirklich.“

Emily knabberte an ihrer Unterlippe. Warum hatte er tatsächlich angerufen? Hatte sie ihn mit ihrer Vorstellung von Ehe und Kindern doch nicht abgeschreckt? Weshalb war sie überhaupt damit herausgeplatzt? Beim ersten Date war so etwas ein absolutes Tabu. Obwohl es genau genommen überhaupt kein Date gewesen war. Sondern nur zufälliger Sex. Dass sie so impulsiv gehandelt hatte, konnte sie sich immer noch nicht erklären. „Warum? Ich meine, ich bin doch gar nicht dein Typ.“

„Da du mit Allegra befreundet bist und ich mit Draco, möchte ich sichergehen, dass wegen dieser Nacht kein unangenehmer Beigeschmack zurückbleibt, sollten wir uns bei den beiden mal wieder über den Weg laufen.“

Es würde einen ganzen Haufen an Unannehmlichkeiten geben, wenn Emily ihm erst einmal die Wahrheit gesagt hatte. „Stimmt“, erwiderte sie nüchtern. „Gut mitgedacht.“

„Dann sehen wir uns um sieben.“

Emily konnte nichts mehr darauf erwidern, weil er das Gespräch bereits beendet hatte. Sie starrte auf ihr Handy und überlegte, auf Wiederwahl zu drücken, doch dann fiel ihr ein, dass er seine Nummer unterdrückt hatte.

Ihre Mutter würde dies als Omen bezeichnen.

Loukas legte sein Handy auf den Tisch und lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück. Er hatte eine seiner Regeln gebrochen, als er Kontakt zu Emily Seymour aufgenommen hatte. Aber er war einfach nicht in der Lage gewesen, sie aus dem Kopf zu bekommen, genauso wenig wie die Erinnerung daran, wie sie seinen Körper berührt hatte.

Ein One-Night-Stand sollte genau das sein.

Nur eine Nacht.

Er hatte hin und wieder Beziehungen, doch nur zwanglose. Damit kam er klar. Zwangslos hieß, emotional nicht beteiligt zu sein. Keine Versprechen, die er nicht einhalten konnte. Seine Beziehungen waren kurz, einfach und beruhten auf Sex.

Aber besseren Sex als mit Emily würde er nicht mehr haben. Er wusste nicht genau, was sie an sich hatte, das ihn in dieser Nacht so heiß gemacht hatte. Mit ihrer kleinen Figur und den lockigen schulterlangen Haaren, die weder blond noch braun, sondern eine Mischung aus beidem waren, wirkte sie wie ein süßes Mädchen von nebenan.

Sie hatte rehbraune Augen mit dunklen Flecken. Ihre Haut besaß den Ton von Pfirsich und Sahne und war seidenweich, und die Sommersprossen auf ihrer Stupsnase sahen aus, als hätte jemand ihren Nasenrücken mit Muskatnuss bestäubt. Ihr sonniges, breites und fröhliches Lächeln enthüllte einen liebenswerten kleinen Überbiss, und ihre wohlgeformten Lippen waren wie geschaffen dafür, geküsst zu werden … und für andere Dinge. Dinge, die jeden vernünftigen Gedanken weggeblasen hatten.

Es stimmte, sie war nicht sein Typ. Doch in einem anderen Leben wäre sie es vielleicht gewesen. In einem Leben, in dem er keine schwere Schuld mit sich herumschleppte, wie die Fesseln eines Verurteilten. Ein Leben, in dem er nicht jeden Tag wieder diesen schrecklichen Moment erleben musste, als sich alles für seine Halbschwester Ariana verändert hatte und er in seiner Familie endgültig zu einem Ausgestoßenen wurde. Selbst nach siebzehn Jahren drehte sich ihm noch der Magen um, und er bekam keine Luft mehr, wenn er ein Kinderfahrrad sah. Oder wenn er plötzlich Bremsen quietschen hörte. Dann hämmerte sein Herz gegen sein Brustbein wie eine Abrissbirne. Die Sirene eines Krankenwagens ließ seinen Puls in die Höhe schießen. Nachts lag er wach und hörte das Kreischen von Metall und den durchdringenden Schrei eines lebensgefährlich verletzten Kindes …

Loukas wusste, dass er sich nicht noch einmal mit Emily treffen sollte. Er hätte erst gar nicht mit ihr schlafen sollen. Doch er war direkt von einem Besuch bei Ariana im Krankenhaus zur Hochzeit gegangen und voller Schuldgefühl gewesen. Er konnte die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Es spielte auch keine Rolle, wie oft er diesen Tag im Geiste noch einmal erlebte. Er hatte das Leben seiner Schwester zerstört und dadurch auch die zweite Ehe seiner Mutter.

Emilys Lächeln bei der Hochzeit war wie ein plötzlicher Sonnenschein gewesen. Ihre hellen Wangen hatten sich gerötet, als sie zum ersten Mal seinen Blick erwiderte. Schon lange war keine Frau mehr rot geworden, wenn er sie angesehen hatte. Normalerweise wich er diesem Typ Frau aus. Doch etwas an Emily mit ihrem lebhaften Blick, ihrer kleinen Balletttänzerinnen-Figur und der süßen Unbeholfenheit hatte sein Interesse geweckt. Ganz zu schweigen davon, dass sie die Nase rümpfte wie ein kleines Kaninchen – als hätte sie eine nicht vorhandene Brille auf der Nase und wollte sie zurechtrücken.

Loukas würde ihr nichts anderes anbieten als eine vorübergehende Affäre. Denn er war nur am Hier und Jetzt interessiert. Er war für eine Woche in London, um an der Software für eine Sicherheitsbehörde der Regierung zu arbeiten. Und diese Gelegenheit wollte er sich nicht entgehen lassen. Eine Affäre für eine Woche, damit er noch ein bisschen mehr von dem genießen konnte, was er in dieser Nacht erlebt hatte. Er würde offen und ehrlich sein und nichts anderes vorgeben. Würde ihr eine Affäre anbieten, ohne Bedingungen oder Versprechen und es dabei belassen, so wie er es bei jeder anderen Frau machte, die ihm gefiel.

Und Emily gefiel ihm ziemlich gut.

Ständig musste er an diese Nacht denken. Loukas wusste immer noch nicht genau, warum er sie nach Dracos und Allegras Hochzeit mit in sein Zimmer genommen hatte. Emily hatte im gleichen Stockwerk von Dracos Privatvilla übernachtet, also hätte er sie auch nach dem Empfang bis zu ihrer Tür begleiten und sie dann allein lassen können. Doch irgendwie war aus dem unpersönlichen Schön-dich-kennengelernt-zu-haben-Kuss, den er ihr auf die Wange hatte drücken wollen, etwas anderes geworden. Als hätten seine Lippen ihre eigenen Vorstellungen gehabt. Sie waren von ihrer Wange zu ihren Lippen gewandert, wie eine Rakete, die ihr Ziel suchte.

Ein Kuss war nicht genug gewesen. Ihre weichen Lippen, die sich seinen öffneten, hatten irgendwo tief in seinem Inneren ein heftiges Verlangen entfesselt. Ein Verlangen, das jeden vernünftigen Grund, nicht mit ihr zu schlafen, fortgeschwemmt hatte zu einem weit entfernten, unerreichbaren Ort.

Sie hatten nicht viel geredet – nun, zumindest er nicht. Aber das war nun mal seine Art. Er redete nie viel bei einer Frau, sondern war eher der verschwiegene Typ. Emily hingegen hatte ihm von ihren Märchenträumen erzählt, als hätte er für die Rolle des hübschen Prinzen vorgesprochen.

Als würde das je geschehen.

Vielleicht ja eines Tages …

Abrupt stand Loukas auf, drehte sich um und sah hinunter auf die belebten Straßen von London. Er war zufrieden mit seinem Leben, so wie es war … mehr oder weniger. Er hatte so viel Geld, dass er nicht wusste, was er damit machen sollte, einen Job, der ihn um die ganze Welt brachte, und sein Lebensstil war beneidenswert. Es sah ihm nicht ähnlich, dass ein Monat zwischen zwei Geliebten verging, aber seit Emily war er mit keiner Frau mehr zusammen gewesen. Sicher, er war sehr beschäftigt, aber das hielt ihn normalerweise nicht davon ab, mit einer Frau Sex zu haben, die seine Bedingungen akzeptierte. Was bedeutete, nichts Langfristiges. Kurze Affären waren genau das Richtige, weil er gehen konnte, bevor das Ganze zu intensiv wurde.

Ihm war es egal, dass die Presse ihn als Playboy bezeichnete und ihn damit als oberflächlichen Menschen abstempelte, der Frauen nur benutzte. Tatsächlich wollte er seinen Partnerinnen unnötigen Schmerz ersparen. Er war nicht wie sein Vater, der sich eine Frau nach der anderen nahm, ohne auf deren Gefühle Rücksicht zu nehmen. Sein Vater versprach ihnen alles und ließ sie dann mit nichts zurück.

Loukas war das genaue Gegenteil. Er versprach den Frauen nichts und ließ sie mit großzügigen Geschenken zurück, damit das Ende der Affäre nicht so hart für sie war.

Nachdem sein bester Freund nun vom Heiratsmarkt verschwunden war, richtete die Presse ihr Interesse wieder verstärkt auf ihn.

Ob es riskant war, sich noch einmal mit Emily zu treffen? Wahrscheinlich. Aber er war ja nur eine Woche in London. Sieben Tage Sex ohne Bindung. Der Sex war in dieser Nacht nach der Hochzeit so verdammt gut gewesen. Wobei gut noch eine Untertreibung war. Er musste nur an ihre kleinen weichen Hände denken, um ein Nachbeben zu spüren. Allein ihre Stimme sandte ihm einen Schauer über den Rücken. Emily sprach atemlos und zu viel, wenn sie nervös war. Knabberte an ihrer Unterlippe und verhüllte ihren Blick mit den langen Wimpern.

Normalerweise hielt er sich von süßen, schlichten Mädchen wie ihr fern. Bei seinen Affären behielt er immer einen klaren Kopf.

Und das hatte er auch diesmal vor.

2. KAPITEL

Emily wollte gerade Lipgloss auftragen, als es an der Haustür klingelte. Sie verzog das Gesicht, während sie auf die Ablage in ihrem Bad sah. Fast all ihre Schminksachen und ihre Hautcremes lagen darauf herum. In ihrem Schlafzimmer sah es noch schlimmer aus. Überall Kleider, selbst am Boden. Das Zimmer machte den Eindruck, als hätte ein Einbrecher darin gewütet.

Als sie am Schlafzimmer vorbeikam, schloss sie schnell die Tür und öffnete dann mit einem Lächeln die Haustür, das etwas kläglich wirkte. „Hi.“

Loukas sah sie mit einem Blick an, der sie wie ein Stromschlag durchfuhr. „Hallo.“

Wie konnte ein kleines Begrüßungswort ein solches Gefühlschaos in ihr anrichten? Und wie war es möglich, dass ein Mann so eine starke Wirkung auf sie hatte? Er trug eine dunkelblaue Hose, ein weißes Hemd, eine silber-schwarz gestreifte Krawatte und einen marineblauen Blazer. Er sah sehr kultiviert aus – und gefährlich attraktiv. Allein sein Anblick ließ ihren Puls viel zu schnell schlagen.

Sie öffnete die Tür noch ein Stück mehr und trat zurück. „Möchtest du kurz hereinkommen? Ich bin noch nicht ganz fertig.“

Er trat über die Schwelle, ohne Emily zu berühren, doch sie fühlte das Gegenteil. Ihr Körper prickelte, als er an ihr vorbeiging. Der leichte Zitrusduft seines Aftershaves stieg ihr in die Nase und erinnerte sie an die Nacht in seinen Armen. Sie hatte diesen Duft noch Stunden danach auf ihrer Haut riechen können.

Auch jetzt schien die Luft geladen.

Sein Blick wanderte wie eine Liebkosung über ihren Körper. „Du siehst wunderschön aus.“

Sofort breitete sich die Röte über ihren Wangen aus. Emily wünschte, sie würde nicht ständig rot werden. Nervös schob sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr und strich über ihr Kleid. „Möchtest du etwas trinken oder …?“

Er trat näher, legte die Hände auf ihre Hüften und beugte sich herunter, sodass sein Mund von ihrem nur noch einen Hauch entfernt war. „Wir sollten zuerst das hier erledigen.“

Mit einer Willensstärke, die Emily bisher bei sich gar nicht gekannt hatte, legte sie ihre Hände auf seine Brust und trat schwankend einen Schritt zurück. „Könnten wir zuerst essen? Es … ist schon einen Monat her, und ich fühle mich ein bisschen …“

Er schenkte ihr eines seiner seltenen Lächeln, wobei er nur ein wenig seine Mundwinkel hob. Doch es reichte, sie tief im Inneren erzittern zu lassen. „Kein Grund, nervös zu sein.“

Ich bin aber verdammt nervös.

Emily schaffte es nicht, ihm direkt ins Gesicht zu sehen, und konzentrierte sich stattdessen auf seinen Krawattenknoten. „Willst du dich setzen? Ich muss nur noch … meine Handtasche holen.“

Und meinen Mut, der jedoch das Haus verlassen zu haben scheint. Möglicherweise sogar das Land.

„Lass dir Zeit. Der Tisch ist erst für acht Uhr reserviert.“

„Na dann. Ich brauch nicht lange.“ Sie wich zurück, stieß jedoch gegen die Lampe auf dem Tischchen hinter ihr. „Ups. Tut mir leid. Bin sofort wieder da.“

Emily hastete zurück ins Bad und umklammerte den Rand des Waschbeckens.

Du schaffst das. Du schaffst das. Du schaffst das.

Sie warf einen Blick auf ihr Spiegelbild und unterdrückte ein Stöhnen. Bildete sie sich das nur ein oder war sie wirklich so blass wie ein Vampir? Vielleicht würde ein bisschen mehr Make-up helfen. Etwas Selbstbräuner. Sie wollte danach greifen, stieß jedoch ein Parfümfläschchen um, das mit lautem Krach auf dem Fliesenboden zersplitterte. Als sie die Scherben aufheben wollte, schnitt sie sich in den Finger. Blut lief über ihre Hand und das Handgelenk, wie in einem Horrorfilm. In diesem Moment erklangen Schritte vor dem Bad.

„Alles in Ordnung da drin?“, fragte Loukas und öffnete die Tür.

Emily griff nach einem Handtuch und wickelte es um ihre Hand. Der süßliche Geruch nach Blumen und Vanille war so stark, dass ihr übel wurde. Loukas’ Nasenflügel bebten, als würde es ihm genauso gehen. „Ich … habe mein Parfümfläschchen zerbrochen“, erklärte sie.

Er trat näher und umfasste sanft ihre Hand. „Lass mal sehen. Vielleicht musst du genäht werden.“

Blinzelnd sah sie zu, wie er vorsichtig ihren Behelfsverband löste. Dann hielt er ihre Hand ins Licht und sah sich die Verletzung genau an. „Genäht werden muss das nicht, aber ich glaube, es steckt noch ein Glassplitter drin“, sagte er mit einem Nicken. „Hast du eine Pinzette?“

Wie konnte er ihr so eine Frage stellen, wenn ihre Augenbrauen schneller wuchsen als Unkraut? „Im Schränkchen über dem Waschbecken.“

Er öffnete das Schränkchen und nahm die Pinzette vom unteren Regalbrett. Direkt daneben lag eine Großpackung Tampons.

Die werde ich eine Weile nicht mehr brauchen.

Er ließ heißes Wasser über die Pinzette laufen und tröpfelte ein wenig Antiseptikum darauf, das er auf dem mittleren Brett gefunden hatte.

Emily war darauf gefasst, dass es wehtun würde. Doch er war so vorsichtig, dass sie kaum etwas merkte, außer dass er ihr so nahe war und sie die Wärme seines Körpers spüren konnte.

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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