Wenn die Liebe wieder aufblüht - 4 herzergreifende Liebesromane

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MEERESBRISE UND SANFTE KÜSSE von SUSAN MEIER
Die Meeresbrise streichelt ihr warmes Gesicht, als Maggie im Cabrio die Küstenstraße entlang braust. Und nie hat sie Abkühlung mehr gebraucht! Denn der Fahrer neben ihr ist ihr Exmann Nick. So umwerfend attraktiv wie damals – und genauso entschlossen, sie zu erobern!

KEIN TAG MEHR OHNE DICH, CAITIE von MICHELLE CELMER

Eine Karriere in Manhattan! Für diesen Traum verlässt Caitie ihre Jugendliebe Nate. Er tröstet sich, indem er ihre beste Freundin heiratet. Doch als sie nach Hause zurückkehrt, spürt sie, dass Nate sie noch immer liebt. Und inzwischen ist er allein mit seinem kleinen Sohn …

EINE BRAUT FÜR DEN PLAYBOY-PRINZEN? von BRENDA HARLEN

Gabriella Vasquez hat alles, was man sich wünschen kann: einen gut bezahlten Job, eine wunderschöne Tochter … und ein Geheimnis. Der Vater ihres Kindes ist nämlich niemand anderes als Cameron Leandres, der Playboy-Prinz von Tesoro del Mar. Er ist berüchtigt für seine vielen Liebschaften. Vor sechzehn Jahren hat er auch Gabriellas Herz gebrochen – und jetzt steht er plötzlich vor ihrer Tür! Schon bald sprühen wieder heiße Funken zwischen ihnen. Cameron möchte sogar die Vaterrolle für ihre Tochter übernehmen – aber kann sie ihm dieses Mal vertrauen?

SCHICKSALSNACHT MIT DEM MILLIONÄR von MAUREEN CHILD

Nach einer unglaublich zärtlichen Nacht verschwand Matt Hollis ohne ein Wort aus Kaylas Leben. Jetzt trifft sie den begehrten Single auf der Hochzeit einer Freundin wieder. Kayla sollte wütend sein! Stattdessen schlägt ihr verräterisches Herz viel zu schnell …


  • Erscheinungstag 07.03.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751526449
  • Seitenanzahl 401
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

Meeresbrise und sanfte Küsse erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de
Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christina Seeger
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2011 by Linda Susan Meier
Originaltitel: „Second Chance Baby“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 351 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer

Umschlagsmotive: EpicStockMedia / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 3/2024

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751529211

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Ihre Exfrau hat sich auf die Stelle beworben.“

Verblüfft blickte Nick Andreas zu seiner Sekretärin Julie Farnsworth, die kurz vor der Pensionierung stand.

Nach sechs Wochen in New York City war er gerade nach North Carolina zurückgeflogen. Er war erschöpft und konnte es kaum erwarten, in sein Strandhaus zu kommen, den albernen Anzug auszuziehen und sich in seiner Hängematte auszuruhen.

Trotzdem war er erst einmal ins Büro gefahren, weil er schnellstens ein Angebot erstellen musste, um den Regierungsvertrag zu erneuern, der die Hauptertragsquelle für seinen Produktionsbetrieb bedeutete. Dazu brauchte er dringend Unterstützung.

Allerdings zweifelte er, ob es vernünftig war, Maggie Forsythe als Julies Nachfolgerin anzuheuern. In Stresszeiten wie jetzt musste seine Assistentin zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche direkt mit ihm zusammenarbeiten.

Kein Mann wollte so viel Zeit mit seiner Exfrau verbringen. Nicht einmal, wenn sie sich seit fünfzehn Jahren nicht gesehen hatten und er sich kaum noch an sie erinnerte.

Er warf seinen Kugelschreiber auf den Schreibtisch. „Sie würden mir das nicht erzählen, wenn sie nicht qualifiziert wäre.“

„In einigen Bereichen ist sie sogar überqualifiziert.“

Dass Maggie für ihn arbeiten wollte, erweckte seltsame Gefühle in ihm. Seit über einem Jahrzehnt hatte er nicht mehr an sie gedacht. Jetzt plötzlich fiel ihm wieder ein, wie ihr rotes Haar in der Sonne glänzte, wie melodisch ihr fröhliches Lachen klang. „Ich wundere mich nur, dass sie ausgerechnet bei mir arbeiten will, weil wir uns nicht gerade freundschaftlich getrennt haben.“

Julie sah ihn ernst an. „Sie braucht das Geld.“

Ist sie pleite? Wie ich damals, als wir uns kennengelernt haben? Erinnerungen aus Kindertagen und Jugendjahren stürmten auf ihn ein.

Maggie mit Zahnlücken im ersten Schuljahr, wie sie verstohlen ihr Pausenbrot mit ihm teilte, weil er wieder einmal leer ausgegangen war. Mit zwölf, wie sie mit ihm angelte, damit er und seine Mutter etwas zum Abendessen hatten. Mit sechzehn, wie sie ihm an den langweiligen Nachmittagen in der Vorsaison bei der Arbeit im Souvenirladen Gesellschaft leistete. Mit achtzehn und dickem Bauch, schwanger von ihm …

Ein lange vergessener Kummer versetzte Nick einen Stich in die Brust. Seine Miene verfinsterte sich. Die Frau, an die er mit so viel Zuneigung zurückdachte, hatte ihn nicht geliebt, sondern nur geheiratet, weil er sie in einer leichtsinnigen Nacht geschwängert hatte. Keine halbe Stunde nach ihrer Fehlgeburt hat sie mich wie eine heiße Kartoffel fallen lassen und ist aus meinem Leben verschwunden.

„Sie sollte genauso viele Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit haben wie ich“, bemerkte er tonlos.

„Ihre Stiefmutter ist kürzlich gestorben. Maggie ist zur Beerdigung nach Hause gekommen und hat gemerkt, dass ihr Vater sie braucht. Sie hat ihre Stellung aufgegeben und ist wieder hierher gezogen. Seit drei Wochen sucht sie vergeblich eine Stelle.“ Julie spähte ihn über den Rand ihrer Brille hinweg an. „Abgesehen von der Tourismusbranche sind Sie der einzige seriöse Arbeitgeber in Ocean Palms.“

Nick dachte nach. Er war kein egoistischer Unmensch, der jemanden nur wegen einer gemeinsamen Vorgeschichte leiden ließ. Zu gut wusste er, wie es war, ohne Perspektiven dazustehen. Seine ganze Kindheit über hatte er von der Hand in den Mund gelebt. Er wollte keinen Menschen im Stich lassen, der damals alles mit ihm geteilt und ihm immer beigestanden hatte. „Stellen Sie sie ein.“

„Wirklich?“

Er nickte. „Als wir heirateten, waren wir fast noch Kinder. Seitdem sind fünfzehn Jahre vergangen. Und wenn Sie sagen, dass Maggie die Richtige für den Job ist, wird es wohl stimmen.“

Erfreut eilte Julie zur Tür. „Sie ist im Vorzimmer. Und sie hat gesagt, dass sie heute schon anfangen kann.“

Abrupt richtete er sich auf seinem Stuhl auf. Sofort? Da blieben ihm nicht mal zehn Minuten, um sich mental vorzubereiten.

Er sah sich in seinem Büro um. Die teuren Perserteppiche auf dem Parkettfußboden, die Lampen aus China, die schweren Polstermöbel mit weichen Lederbezügen im Konversationsbereich, die Kunstwerke aus New York City – das alles bewies, wie reich und erfolgreich er war.

Er hatte sich seinen Jugendtraum erfüllt und mit Fleiß und Intelligenz in einem Maße Kapital geschlagen, wie es ihm niemand zugetraut hätte. Ein Blick in sein Reich sollte Maggie beweisen, dass er nicht mehr der unbedarfte Junge war, den sie verlassen hatte.

Das Klicken von High Heels auf dem Parkett kündigte ihren Auftritt an. Zwei Sekunden später erschien sie in der Tür.

Ihr wundervolles rotes Haar wallte um ihre Schultern. Es war nicht mehr glatt wie zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit, sondern umrahmte ihr Gesicht in gestuften Locken. Die früher so übermütig funkelnden grünen Augen wirkten nun ernst und tiefsinnig. Ihre vollen roten Lippen verzogen sich zu einem widerstrebenden Lächeln.

Genau wie er nicht mehr der unreife Junge war, den sie damals verlassen hatte, sah sie überhaupt nicht mehr wie seine Maggie aus.

Er betrachtete sie eingehend. Sie trug ein schlichtes rotes, ärmelloses Kleid, das nicht nur eine sanfte Sonnenbräune enthüllte, sondern auch einen leicht gewölbten Bauch.

Ist sie schwanger? Er traute seinen Augen kaum, fühlte sich plötzlich wieder wie jener Achtzehnjährige. Sah seine Frau, die Liebe seines Lebens, mit dickem Bauch – von ihm.

Aber es war nicht sein Kind. Das hatten sie verloren. Und sie liebte ihn nicht. Verdammt, ich liebe sie auch nicht mehr.

„Komm rein.“ Seine Stimme klang angespannt und krächzend. Er deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.

Zögernd trat Maggie ein paar Schritte vor.

Wahrscheinlich ist sie verheiratet, dachte er. Nicht wie damals verängstigt und ohne Perspektive, weil ihre Stiefmutter sie aus dem Haus geworfen hatte, sondern glücklich. Weil sie ein Kind von dem Mann erwartet, den sie liebt.

Nick schluckte den Kloß hinunter, der ihm bei diesem Gedanken in die Kehle stieg. „Julie möchte dich gern einstellen. Ich dagegen habe einige Vorbehalte.“ Er versuchte gar nicht erst, die Wahrheit zu beschönigen. Auch wenn er ihrer Anstellung bereits zugestimmt hatte, löste ihre Schwangerschaft nun Bedenken aus. Nicht aus emotionalen, sondern aus rein beruflichen Gründen.

Sie setzte sich graziös auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und lächelte sanft. „Weil wir verheiratet waren?“

Erschrocken griff Julie sich an den Hals und murmelte: „Ich hole uns mal einen Kaffee.“

Er sagte: „Sie darf keinen trinken.“

Gleichzeitig entgegnete Maggie: „Ich trinke keinen.“

Julie murmelte: „Dann hole ich einen für mich selbst.“ Sie floh aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich.

Nick lehnte sich zurück und bemühte sich, Maggie wie eine normale Angestellte zu behandeln. „Meine Assistentin muss in den kommenden vier Wochen zehn Stunden am Tag arbeiten.“

„Sechs Tage die Woche. Das habe ich verstanden. Julie hat es mir erklärt.“

„Kannst du das bewältigen?“

„Natürlich. Ich bin schwanger, nicht krank.“

Ein unheimliches Schweigen entstand. Erinnerungen an den Tag, an dem sie ihr Baby verloren hatte, suchten Nick wie böse Geister heim.

Sie seufzte, als ahnte sie, wohin seine Gedanken gewandert waren. „Es geht mir gut. Wirklich! Und ich brauche diesen Job. Wenn du mich nicht einstellst, muss ich mir eine Arbeit in der Stadt suchen und jeweils eine Stunde hin und zurück pendeln.“

„Das wäre für eine Schwangere vielleicht besser, als in diesem riesigen Werk herumzurennen, um Dokumente und Informationen aus verschiedenen Abteilungen einzuholen und …“ Er sah ein Funkeln in ihren grünen Augen und vergaß alles, was er sonst noch sagen wollte. Denn dieser Blick hatte sie unzählige Male direkt ins Bett geführt.

„Ich habe doch gesagt, dass ich es schaffe.“ Sie lachte kurz auf. „Außerdem werde ich in ein paar Monaten nicht mehr schwanger sein. Dann wird es dir leidtun, dass du die Chance vertan hast, mich einzustellen.“

Er lachte. Ja, sie war tatsächlich seine Maggie. Hitzig in einem Moment, heiter gelassen im nächsten. Und in vernünftigen Augenblicken ebenso sexy wie in leidenschaftlichen. Aber sie ist verheiratet. Und du bist zum Herumtreiber geworden.

Seine frühere Sehnsucht nach einer festen Bindung und Familie existierte nicht mehr, nachdem Maggie ihn verlassen hatte. Er war nicht mehr der Nick Roebuck, der sich Frau und Kinder wünschte. Der sich von seinem Vater im Stich gelassen fühlte und deshalb dessen Namen ablehnte. Nein, er war jetzt Nick Andreas, der Playboy.

„Außerdem braucht mein Vater mich in seiner Nähe“, erklärte Maggie.

Nick wechselte die Sitzposition und seufzte. Wer er war, zählte nicht. Wer sie war, ebenso wenig. Sie war tabu. „Es tut mir leid wegen Vicki.“

„Danke.“

„Ich war auswärts. Sonst hätte ich ihr die letzte Ehre erwiesen.“

Sie senkte den Blick. „Ich weiß.“

„Ist so weit alles … in Ordnung?“, fragte er und wollte eigentlich wissen, ob sie sich mit ihrer Stiefmutter ausgesöhnt hatte. Ob sie verzeihen konnte, dass Vicki ihren leiblichen Sohn Charlie junior immer vorgezogen und ihre schwangere Stieftochter aus dem Haus geworfen hatte.

Maggie zuckte die Schultern. „Es geht. Jemanden zu verlieren ist immer hart.“

Das verriet ihm nicht, was er wissen wollte. Nicht, dass es ihn etwas anging. „Ich weiß. Mein Vater ist im Januar gestorben.“

„Oh, das tut mir leid. Dann hast du ihn also kennengelernt? Habt ihr eine Beziehung aufgebaut?“

„Ja und nein.“ Er trommelte mit den Fingerspitzen auf den Schreibtisch, um den unerwarteten Drang zu unterdrücken, ihr alles zu erzählen. Sie mochte sich wie das Mädchen verhalten, das er gekannt und geliebt hatte, aber sie waren keine Freunde mehr. Und er war nicht mehr der liebeskranke Junge von damals. Trotzdem konnte er ihre Frage nicht ignorieren. „Ich habe ihn kennengelernt, aber eine richtige Beziehung hatten wir nicht. Zumindest nenne ich es nicht so, wenn man alle zwei Jahre mal zusammen essen geht.“

„Das ist sehr schade. Und wie geht es deiner Mutter?“

Er lachte. „Sie leitet ihre Kita wie ein kleiner General. Sie liebt die Kinder, lässt aber keines aus der Reihe tanzen.“

„Ich habe sie sehr vermisst.“

„Wir haben dich vermisst.“ Die Worte waren Nick ganz unbedacht herausgerutscht. Maggie wurde ihm wieder vertraut, und das war falsch. Wenn sie miteinander arbeiten wollten, musste er Grenzen abstecken und sich wie ein Chef verhalten.

Sie wandte den Blick ab. „Es hätte keinen Sinn gehabt, nach der Fehlgeburt zu bleiben.“

Ihre Aussage tat beinahe so weh wie an jenem Tag, an dem sie gegangen war. „Richtig.“

„Bevor ich schwanger wurde, hatten wir beide Pläne.“

„Hast du daran gedacht, während ich mit dem Anwalt meines Vaters gesprochen habe?“ Jahrelang hatte er sich über den seltsamen Zufall gewundert, dass sein Vater, der ihn ein Leben lang ignoriert hatte, ihm ausgerechnet an dem Tag der Trennung einen Fonds einrichten wollte. War es ein Geschenk des Schicksals an Maggie oder ein Fluch des Schicksals für ihn?

Sie begegnete seinem Blick. „Ja.“

Warum stellte er eigentlich so dumme Fragen? Er hatte das alles bereits durchdacht und abgehakt. Fünfzehn Jahre waren vergangen, und er liebte das Leben, das er sich ohne Maggie aufgebaut hatte.

Wenn er sie wirklich einstellen wollte, musste er die Vergangenheit ruhen lassen. Es ging einzig und allein um die Frage, ob Maggie die nötige Ausbildung und Erfahrung für die Aufgabe mitbrachte. „Du hast also einen Abschluss in Betriebswirtschaft?“

„Ja.“ Sie straffte die Schultern; ihre Miene wurde sachlich. „Aber ich bin mir nicht zu schade für den Job. Ich glaube, dass ich dir in vielerlei Hinsicht helfen kann.“

„Wo und als was hast du zuletzt gearbeitet?“

„Als Analytikerin in einer Firma, die Risikokapitalgruppen mit unrentablen Firmen auf der Suche nach Investoren oder Käufern zusammenführt.“

„Kennst du dich im Produktionsbereich aus?“

Sie lachte. „Die meisten Firmen, die nach Investoren oder Aufkäufern suchen, produzieren etwas.“

Nick tippte mit dem Kugelschreiber auf den Schreibtisch, während er sich vorzustellen versuchte, ab sofort zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche mit seiner Exfrau zu verbringen.

Ihre Blicke begegneten sich; die Jahre schmolzen dahin. Zweifel überkamen ihn. Unter den vielen Frauen, mit denen er seit der Pubertät verkehrt war, blieb sie die einzige, die er wirklich geliebt hatte. Es hatte Jahre gedauert, über sie hinwegzukommen. Und nun löste bereits ein Gespräch von fünf Minuten eine Flut an Erinnerungen aus.

Die Tür öffnete sich; Julie kam herein. „Die Personalabteilung hat angerufen. Maggie muss dort ein Formular ausfüllen. Sie kann erst ab morgen für Sie arbeiten.“

„Ich wollte heute sowieso noch nicht mit dem Angebot anfangen“, sagte Nick.

„Kommen Sie mit mir?“, bat Julie, und Maggie folgte ihr zur Tür hinaus.

Er stützte den Kopf in die Hände. Nachdem er wochenlang in New York den milliardenschweren Konzern geleitet hatte, der seiner Familie gehörte, brauchte er seinen freien Tag, um sich zu entspannen.

Doch das Liegen in der Hängematte war gestrichen. In Anbetracht der aufgescheuchten Erinnerungen konnte er nicht schlafen. Da war es wohl das Beste, eine ausgedehnte Spazierfahrt an der Küste zu machen.

Maggie Forsythe trat hinaus in den drückend heißen Junitag und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Voller Zuversicht hatte sie sich für die Stelle bei Nick beworben. Schließlich waren inzwischen fünfzehn Jahre vergangen. Doch bei seinem Anblick hatte ihr Herz einen Schlag lang ausgesetzt. Als wäre ich noch mal achtzehn, und er würde wieder mir gehören.

Kein Mensch kann einen anderen besitzen, dachte sie und seufzte niedergeschlagen. Nick hatte nie wirklich ihr gehört. Ebenso wenig wie ihr Exmann Josh, der zwar ein Treuegelübde vor einem Geistlichen abgelegt, sie dann aber nach Strich und Faden betrogen hatte.

Der Schmerz über die zweite gescheiterte Ehe war noch frisch und heftig. Maggie hätte für immer von Männern kuriert sein sollen. Doch bloße fünf Minuten mit Nick reichten, damit ihr Gedächtnis sie in vergangenen glücklicheren Zeiten schwelgen ließ. In den fünfzehn Jahren danach war ihr entfallen, wie sehr sie ihn einmal geliebt hatte. Wie umwerfend er mit seinen seidigen schwarzen Haaren und dunklen Augen aussah. Wie bezwingend er wirkte.

Sie schalt sich einen Dummkopf, während sie in ihr Auto stieg und den Motor startete. Es war vollkommen unerheblich, wie sehr sie sich zu Nick hingezogen fühlte. Wenn sie einen vierzigjährigen Anwalt mit Halbglatze nicht halten konnte, brauchte sie sich nicht einzubilden, dass sie auf einen dreißigjährigen griechischen Gott wie Nick attraktiv wirkte. Schon gar nicht, nachdem sie ihn verlassen hatte. Das war zwar aus gutem Grund geschehen, aber sie hatte ihm damit das Herz gebrochen und seinen Stolz verletzt.

Maggie erreichte die Farm ihres Vaters und fand ihn in der Küche. Es war ein gutes Zeichen, dass er schon vom Feld hereingekommen war.

„Wie ist es gelaufen?“, wollte Charlie wissen.

Erfreut stellte sie fest, dass er geduscht und saubere Kleidung angezogen hatte. Trotzdem lagen in seinen Augen immer noch dunkle Schatten. Deswegen musste sie bei ihm bleiben. Seine guten Tage mochten erfreulich sein, aber seine schlechten Tage waren furchtbar. Sie lächelte. „Kaum zu glauben: Ich habe den Job!“

Verwirrung spiegelte sich auf seinem wettergegerbten Gesicht wider. „Wieso wundert dich das? Du und Nick – ihr wart doch immer Freunde. Warum sollte sich das geändert haben?“

Sie wandte sich ab. Er glaubte, dass sie Nick nur wegen der Schwangerschaft geheiratet hatte und nach der Fehlgeburt keine Veranlassung sah, weiterhin bei ihm zu bleiben. Niemand kannte den wahren Trennungsgrund. Kein Mensch wusste, dass sie mitgehört hatte, wie Nick ein Treuhandfonds über fünf Millionen Dollar angeboten worden war – unter der Bedingung, dass er die Ehe beendete. Und er hatte sich geweigert.

Völlig überreizt durch den Verlust ihres Babys, hatte sie eine Entscheidung getroffen, die sie noch heute für richtig hielt. Nick hätte sich niemals zu dem Mann entwickeln können, der er nun war, wenn sie aus reinem Egoismus zugelassen hätte, dass er auf das Geld verzichtete. Also hatte sie ihre Sachen gepackt und war gegangen.

Maggie verdrängte diese Gedanken. Das war Schnee von gestern. „Du solltest mal sein Büro sehen, Dad. Total vornehm und elegant.“

„Das wird gemunkelt.“ Charlie schlenderte zum Kühlschrank und holte frisches Gemüse heraus. „Nick hat mehr Geld als alle anderen Leute in dieser Stadt zusammen.“

Sie empfand auf einmal Stolz. Nick war so erfolgreich, wie sie es sich erhofft hatte. Sie bedauerte nur, dass sie ihn in dem Glauben lassen musste, ihn nie geliebt und nur wegen des Babys geheiratet zu haben. Sonst hätte er sie nicht gehen lassen. Sie zweifelte nicht an der Richtigkeit ihres Handelns, wusste aber auch, dass er sie deshalb nie wieder lieben konnte.

Das wollte sie allerdings auch gar nicht. Inzwischen wusste sie aus bitterer Erfahrung, dass vermeintliche Liebe meistens nur Lust war. Und selbst wahre Liebe kann unter Umständen sterben, und dann bleibt man allein zurück.

Doch sie war nicht allein. Sie wurde gebraucht. Von ihrem Vater und ihrem ungeborenen Kind. Sie hatte wieder Arbeit und eine echte zweite Chance in ihrer geliebten Heimatstadt bekommen.

Es war klüger, sich über diese Dinge zu freuen, anstatt um etwas zu trauern, das nicht sein konnte.

2. KAPITEL

Nicks Telefon klingelte, als er seinen Porsche in die Garage unter seinem Strandhaus lenkte. Er war zwei Stunden lang durch die Gegend gefahren, zu einem späten Imbiss in eine Fischerhütte eingekehrt, eine Stunde über einen abgelegenen, nicht erschlossenen Strand gewandert und dann nach Hause gefahren.

Und ihm war immer noch nicht wohl dabei, dass er Maggie angeheuert hatte.

Er stellte den Motor ab, nahm das Handy vom Beifahrersitz und prüfte das Display. Der Anrufer war Darius, sein älterer Bruder. „He, alter Mann, was gibt’s?“

„Du musst nach Saudi-Arabien fliegen und dich mit dem Prinzen treffen.“

„Ich?“

„Da du für mich eingesprungen bist, während Whitney und ich auf Hochzeitsreise waren, bist du mit dem Fall vertraut. Außerdem kann ich momentan nicht hier weg. Gino gewöhnt sich gerade wieder an Whitney und mich.“

Nick unterdrückte ein Stöhnen, stieg aus und ging zum Haus. Er musste sich erst einmal um seine eigene Firma kümmern. Auch wenn er verstehen konnte, dass Gino, ihr einjähriger Halbbruder, seine Zieheltern vermisst hatte. „Du wirst Cade einschalten müssen.“

„Cade? Der hasst mich.“

„Ach was! Er hält nur nichts von Dads Vorstellung, dass der Älteste das Familienimperium führen muss.“ Er schloss die Haustür auf. „Cade spielt bloß die Nervensäge, damit du aktiv werden musst.“

„Reicht es etwa nicht, dass ich unseren kleinen Bruder großziehe und einen Weltkonzern leite, obwohl ich frisch verheiratet bin?“

Nick lachte und warf seinen Aktenkoffer auf den Tresen, der den Wohnbereich von der Küche trennte, die mit Arbeitsflächen aus schwarzem Granit, glänzendem Fliesenspiegel in Metallic-Optik und modernen Einbauschränken ausgestattet war. „Niemand hat behauptet, dass es leicht ist, sich wie richtige Brüder zu benehmen.“

Darius seufzte. „Stimmt. Aber immer noch besser, als die anderen zu ignorieren.“

„Das finde ich auch.“

Ihr Vater hatte Darius’ Mutter mit Nicks und Cades Mutter betrogen, allerdings nur für Darius die Vaterschaft anerkannt.

„Deswegen bitte ich dich auch um Hilfe.“

„Tut mir leid. Ich kann momentan nicht aus meiner Firma weg“, beharrte Nick. „Das Angebot für den wichtigsten Vertrag wird fällig. Außerdem muss ich meine neue Assistentin einarbeiten.“

„Also hast du endlich eine eingestellt?“

„Die Personalabteilung hat sie eingestellt.“

Darius lachte. „Magst du sie nicht?“

„Doch. Ich habe sie mal geliebt. Sie ist meine Exfrau.“

„Nur ein Idiot stellt seine Exfrau ein.“

„Ich war damals achtzehn. Sie war schwanger. Es ist verdammt lange her. Wir haben uns seit der Trennung nicht wiedergesehen.“

„Trotzdem gibt es Altlasten.“

Nick öffnete einen Schrank, holte seinen Whisky und ein Glas heraus. „Wem sagst du das! Aber ich stehe mit dem Rücken zur Wand, und sie ist qualifiziert. Ich muss damit klarkommen.“

„An deiner Stelle würde ich die Vergangenheit ganz offen ansprechen, damit du keine Zeit daran verschwenden musst, lange um den heißen Brei herumzureden.“

Mit finsterer Miene schenkte Nick sich ein Glas ein. Das hatte ihm gerade noch gefehlt! Ein Privatgespräch, bei dem Maggie ihm womöglich erzählte, wie sie die Liebe ihres Lebens gefunden hatte! „Fünfzehn Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Wir müssen nicht wieder aufwärmen, was damals passiert ist.“

„Deine Entscheidung. Wenn du anfängst, komische Sachen zu machen, wie am Nachmittag zu trinken, hast du allerdings ein Problem.“

Nick hielt mit dem Glas auf halbem Weg zum Mund inne. Es war nach fünf – irgendwie noch Nachmittag, aber fast schon Abend. Ach, verdammt, wem machte er etwas vor? Er stand im Begriff, am helllichten Tag zu trinken. Trotzdem kippte er den Whisky hinunter.

„Du weißt, dass ich recht habe.“

„Ja, großer Bruder.“ Nick schenkte sich nach. „Aber das heißt nicht, dass es mir gefallen muss.“

Am nächsten Morgen stand Maggie gerade an einem Aktenschrank beim Fenster, als ein schwarzer Porsche auf den Parkplatz einbog und Nick ausstieg. „Er ist da!“

„Machen Sie sich keine Gedanken“, beschwichtigte Julie. „Ich spiele den Blitzableiter.“

„Wissen Sie jetzt schon, dass er schlechte Laune hat?“

„Nach zehn Jahren spürt man, wann der Boss verstimmt ist.“

Maggie lachte.

„Er war sechs Wochen nicht im Büro, unser wichtigster Vertrag läuft demnächst aus, und wir müssen ein neues Angebot erstellen. Ich vermute, dass er die ganze Nacht darüber gegrübelt hat und deswegen einfach mürrisch sein muss.“

Die Bürotür öffnete sich; Nick kam herein. Eine Sonnenbrille verbarg seine Augen. Er trug Jeans und ein T-Shirt, das seine Muskeln umspannte und unterstrich, dass er noch genauso gut in Form war wie damals als junger Mann.

Er nahm sich die Sonnenbrille ab und musterte Maggie eindringlich von Kopf bis Fuß.

Vor Verlegenheit wurde ihr ganz warm, zumal es wohl eine Retourkutsche war, weil sie ihn so lustvoll mit den Augen verschlang.

„Du musst dich nicht so anziehen.“

Sie räusperte sich. „Wie bitte?“

Er deutete mit der Sonnenbrille auf ihr adrettes blaues Kostüm und die weißen Pumps. „Wir sind bloß fünf Meilen vom Strand entfernt. Die halbe Belegschaft geht vor der Arbeit oder in der Mittagspause surfen. Ich glaube nicht, dass man im Umkreis von acht Meilen noch ein Paar High Heels findet. Trag lieber Jeans.“ Und damit marschierte er in sein Büro.

Julie unterdrückte nur mit Mühe ein Lachen. „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass er schlecht gelaunt ist.“

„In Pittsburgh tragen manche Frauen immer noch Strumpfhosen zur Arbeit.“

„Großer Gott!“, rief Julie entsetzt. „Ziehen Sie wenigstens die Jacke aus. Es ist heiß, und in dieser Firma geht es leger zu.“ Sie griff zu einem Stenoblock und einigen Akten. „Kommen Sie mit.“

Hastig schlüpfte Maggie aus der Jacke und lief in Nicks Büro.

Julie deutete auf Papiere, die sich auf dem Konferenztisch in der Ecke stapelten. „Das sind die Dokumente, die für das neue Angebot nötig sind, aber das ist nicht oberste Priorität.“ Sie setzte sich auf einen der beiden Stühle vor dem Schreibtisch und wedelte mit den Akten in ihrer Hand. „Die hier stehen heute ganz oben auf der Liste.“

„Stimmt“, bestätigte Nick, während Maggie auf den anderen Stuhl sank.

Julie ging eine Akte nach der anderen mit ihm durch. Zu einigen diktierte er E-Mails, andere Vorgänge behielt er bei sich, um sich später selbst darum zu kümmern.

Schließlich stand Julie auf und ging ins Vorzimmer zurück. Maggie wollte ihr folgen.

„Du bleibst“, entschied Nick jedoch. Er öffnete die oberste Schublade seines Schreibtisches, holte eine kleine Flasche mit rezeptfreien Schmerztabletten heraus und schluckte einige.

„Kopfschmerzen?“

Er hob die Sonnenbrille an und sah Maggie finster ins Gesicht.

Sie schluckte, und ihr wurde bewusst, wie sehr sie sich beide verändert hatten. Sie sollte sich vielleicht lieber nicht die Freiheit herausnehmen, sich nach seinem Befinden zu erkundigen.

„Kater. Ich hatte einen …“

Abwehrend hob sie eine Hand. „Tut mir leid. Ich bin eigentlich nicht so neugierig und weiß nicht, warum ich dich danach gefragt habe. Es war unhöflich.“

Er lehnte sich zurück. „Wenn ich keinen scheußlichen Kater hätte, würde ich dir jetzt den Kopf zurechtrücken. Auch wenn wir uns fünfzehn Jahre nicht gesehen haben, können wir uns nicht wie Fremde benehmen. Dazu kennen wir uns zu gut.“ Er machte eine kurze Pause. „Zu intim.“

Er gab dem Wort einen so sinnlichen Unterton, dass ihr der Atem stockte. Erinnerungen stiegen in ihr auf; ihre Wangen wurden heiß. Wollte er sie provozieren? „Was soll das? Willst du es auf die Spitze treiben, bis wir uns anschreien?“

„Vielleicht.“

„Wirklich? Das war sarkastisch gemeint.“

„Gestern habe ich meinem Bruder erzählt, dass ich meine Exfrau eingestellt habe. Er rät mir dringend zu einer Aussprache, und er hat recht. Wenn wir gewisse Dinge nicht von vornherein klären, werden wir uns wochenlang miserabel fühlen und umeinander schleichen wie Katzen um den heißen Brei. Das gefällt mir nicht.“

„Wie soll ich das denn verstehen? Damit du dich wohlfühlen kannst, machst du mir das Leben schwer?“

„Es ist, wie wenn man ein Pflaster entfernt“, erklärt Nick. „Langsam abziehen und dabei die ganze Zeit leiden. Oder ganz schnell abreißen und einen Wahnsinnsschmerz haben, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Ich ziehe die zweite Methode vor.“

„Und ich werde gar nicht gefragt?“

„Nein. Ich bin der Boss und bestimme die Regeln. Wir müssen in vier Wochen ein Angebot einreichen. Die Zeit drängt.“

„Also werden wir reden?“

„Ja. Fang du an. Was hast du in den letzten fünfzehn Jahren gemacht?“

„Ich habe dir doch schon gesagt, wo ich gearbeitet habe.“

„Ich meine privat.“

Mit ihm über ihre gescheiterte Ehe sprechen war das Letzte, was Maggie wollte. Doch sie hatten nun einmal eine gemeinsame Vorgeschichte und konnten nicht so tun, als wären sie nicht wissbegierig. „Wenn ich reden soll, musst du es auch tun.“

„Natürlich.“

Sie schaute sich in dem luxuriös eingerichteten Büro um. „Du brauchst mir nicht erst zu sagen, was du so getrieben hast. Dein Büro spricht für sich.“

Nick grinste. „Das finde ich auch.“

Ihr Stolz regte sich. Ihre Ehe mochte gescheitert sein, aber eine Versagerin war sie deshalb nicht. „Ich war auch nicht gerade erfolglos. Ich habe einen tollen Job in Pittsburgh aufgegeben, um hierher zurückzukommen und mich um meinen Vater zu kümmern.“

Er wartete. Als sie nicht weitersprach, machte er eine kreisende Handbewegung. „Und?“

„Was und?“

„Und weiter?“

Sie seufzte schwer. Die jüngsten Ereignisse in ihrem Leben waren nicht glücklich, ja nicht einmal positiv. Vielleicht war Nicks Methode doch am besten: kurz und bündig ihr Leben erzählen und es hinter sich bringen. „Ich habe das College besucht, einen Job in Pittsburgh angenommen, einen Anwalt geheiratet und …“

Er verzog das Gesicht und unterbrach: „Wirklich? Einen Anwalt?“

Sie reckte das Kinn vor. „Nicht alle Anwälte sind Halsabschneider. Josh war ein sehr netter Mann.“

„War?“

„Wir sind geschieden.“

Er hob die Brille an und blickte Maggie forschend an, sagte aber kein einziges Wort.

„Du möchtest wissen, wie zwei Menschen, die ein Baby gezeugt haben, sich scheiden lassen können.“

„Ja und nein. Mir ist gerade klar geworden, dass wir Regeln für dieses Gespräch festlegen sollten. Jetzt fühle ich mich, als ob ich in Dingen herumschnüffle, die mich nichts angehen.“ Er rieb sich die Stirn. „Darius hat für seinen Vorschlag einen Tritt in den Hintern verdient.“

„Schon gut“, wehrte Maggie ab. Auf lange Sicht konnte sie die Scheidung ohnehin nicht verheimlichen. Nicht in einer Kleinstadt wie Ocean Palms. Manchmal war es am besten, gleich die Wahrheit zu sagen, und zwar die ganze Wahrheit.

Andererseits war das keine gute Idee. Denn in Wirklichkeit hatte sie Nick geliebt, ihm aber etwas anderes vorgemacht. Sie hatte ihn zwar nicht direkt angelogen, ihn aber im Glauben gelassen, dass er und ihre zweiwöchige Ehe ihr nichts bedeuteten.

Kein Wunder, dass er sich im Umgang mit ihr schwertat. Sie hatte ihm das Herz gebrochen.

Aber wir waren noch so jung, er war total pleite, wir hatten gerade unser Baby verloren. Ich habe keinen Grund mehr gesehen, ihn an mich zu binden. Ich habe wirklich geglaubt, das Richtige zu tun.

Erneut sah sie sich in seinem Büro um. Er hatte den Treuhandfonds offensichtlich gut angelegt und es zu etwas gebracht. Sie wollte sich nicht dafür entschuldigen, dass sie ihn zu seinem Glück gezwungen hatte.

„Nein, es ist nicht gut.“ Er warf die Sonnenbrille auf den Schreibtisch. Offensichtlich wirkte das Schmerzmittel. „Ich lasse dir gleich einen Zugang zum Rechnungswesen einrichten.“ Er griff zum Telefon und drückte eine Taste. „Hier ist Nick. Ich schicke euch meine neue Assistentin. Gebt ihr die Passwörter für die Buchungsunterlagen.“ Er stand auf.

Maggie zögerte. Dass Nick ihr beruflich zwar Passwörter anvertraute, aber privat mit Misstrauen begegnete, tat weh. Obwohl es nicht verwunderlich war. Schließlich hatte er ihr sein Herz geschenkt und war zurückgewiesen worden.

Selbst wenn sie ihm nun gestand, dass sie ihn in Wahrheit geliebt hatte, nützte es nichts. Weil sie damit zugegeben hätte, dass sie ihn vorsätzlich an der Nase herumgeführt hatte. Und wenn sie den Mund hielt, blieb auf immer die Kluft zwischen ihnen bestehen.

Wie ich es auch mache, ist es falsch, dachte sie niedergeschlagen.

Den ganzen Tag lang arbeitete Nick hinter geschlossenen Türen. Aber er konnte sich nicht richtig konzentrieren. Dass Maggie geschieden war, verblüffte ihn. Weil sie ein Baby erwartete. Er begriff nicht, wie ein Ehemann seine schwangere Frau verlassen konnte.

Andererseits hatte womöglich sie selbst einen Schlussstrich unter ihre zweite Ehe gezogen – wie bereits unter die erste. Aber warum? Obwohl sie ihn nicht geliebt hatte, war sie um des Babys willen die Ehe mit ihm eingegangen und bis zur Fehlgeburt bei ihm geblieben. Es erschien ihm unvorstellbar, dass sie ihren zweiten Ehemann trotz Schwangerschaft verlassen hatte.

Verdammt! Hör auf, an sie zu denken! Das ist dumm und lächerlich. Sie ist jetzt nur deine Angestellte. Nichts weiter.

Um fünf Uhr steckte Julie den Kopf zur Tür herein und teilte ihm mit, dass sie und Maggie Feierabend machen wollten, sofern er sie nicht mehr brauchte.

Es gab vieles, was die beiden an diesem Abend hätten bearbeiten können. Trotzdem schickte Nick sie nach Hause.

Darius hatte recht. Mit Maggie zusammenzuarbeiten erwies sich als schwierig. Jedes kleine Detail, das Nick über ihre Vergangenheit erfuhr, versetzte ihn in die Vergangenheit und störte ihn bei der Arbeit. Er hätte das Gespräch fortsetzen und sich ihre ganze Story anhören sollen.

Eine Dreiviertelstunde später verließ er das Gebäude und eilte zu seinem Porsche. Ein Stück entfernt lud ein Abschleppwagen gerade einen Chrysler auf. Dem Pechvogel, dem das Auto gehörte, stand ein Fußmarsch von über einer Meile in die Stadt bevor.

Einem Angestellten einen Gefallen zu erweisen war genau das Richtige für Nick, um sich von Maggie abzulenken. Er stieg ein und warf den Aktenkoffer auf den Rücksitz, ließ das Verdeck hinunter und fuhr zu dem gestrandeten Fahrzeug. „He!“, rief er über das leise Schnurren des kraftvollen Porsche-Motors hinweg. „Kann ich Sie mitnehmen?“

Maggie tauchte hinter dem Abschleppwagen auf. „Gern, wenn es dir nichts ausmacht.“

Insgeheim stöhnte er. Das hat man davon, wenn man seine Exfrau einstellt. Er lehnte sich über den Sitz und öffnete die Beifahrertür. „Steig ein.“

Sie sprach kurz mit dem Fahrer des Abschleppwagens, der ihr eine Visitenkarte gab, und glitt auf den Sitz. „Wow! Schönes Auto!“

„Danke. Ich habe mir den Wagen zu meinem dreißigsten Geburtstag geschenkt.“

„Hoffentlich hast du dich gebührend dafür bedankt.“

Grinsend folgte Nick dem Abschleppwagen vom Parkplatz. „Ihn zu fahren ist Dank genug.“ Darius’ Ratschlag kam ihm wieder in den Sinn. Das Schicksal bot ihm eine weitere Chance, mit Maggie allein zu sein. Er musste die Gelegenheit nutzen, um die Vergangenheit aufzuarbeiten, damit er sich in den nächsten Wochen auf die Arbeit konzentrieren konnte. „Offensichtlich könntest du auch ein neues Auto gebrauchen.“

„Stimmt, aber für so eins wie deins reicht’s bei mir nicht.“

„Was kannst du dir denn leisten?“ Weil der Abschleppwagen nicht mehr vor ihnen fuhr, beschleunigte Nick.

Daher musste sie schreien, um den Fahrtwind zu übertönen. „Das hängt davon ab, wie viel Kredit mir die Bank gibt.“

Ihm war nicht neu, dass Maggie pleite war. Seit er wusste, dass sie schwanger und geschieden war, maß er dem Wort jedoch eine viel größere Bedeutung bei. „Wie kann eine Frau, die wahrscheinlich ein eigenes Haus und ein doppeltes Einkommen zur Verfügung hatte, nach einer Scheidung total mittellos dastehen?“

„Das Haus war mit einer Hypothek belastet. Alles andere war auf Kredit gekauft oder geleast. Außerdem hat mein Exmann auf private Kreditkarten Schulden angehäuft. Wir mussten das Haus verkaufen und den Erlös einsetzen, um unsere Konten auszugleichen. Ich habe keine Schulden, aber auch kein Geld. Ich bin sozusagen finanziell ausgeglichen.“

Nick lachte.

„Was findest du denn daran so witzig?“

Er gab Gas. „Die Art, wie du es gesagt hast. Du nimmst das so gelassen hin. Ich an deiner Stelle wäre stinksauer.“

„Die Phase habe ich hinter mir. Ich habe meinen Exmann wirklich geliebt, aber er hat sich einen Dreck um mich gekümmert.“ Maggie lehnte den Kopf zurück und genoss einige Sekunden lang die warme Sonne und die kühle Luft.

Nick warf ihr einen Seitenblick zu. Sie erinnerte ihn an früher, als sie jung, spontan und lebenslustig gewesen war.

„Aber das liegt alles hinter mir. Ich will nicht Trübsal blasen. Mein Baby wird mir genug Familie sein.“

Nick atmete innerlich auf. Obwohl Maggie geschieden, schwanger und mittellos war, ging es ihr offensichtlich gut. Es gab keinen Grund, sich um sie zu sorgen.

Sie erreichten die Stadt und fuhren über die Main Street durch den Ortskern. Fischrestaurants waren voller Touristen; Souvenirläden boten ihre Waren auf den sonnigen Bürgersteigen zum Kauf. Am Stadtrand standen hübsche Häuser mit bunt gestrichenen Fassaden und üppigen Blumenbeeten in den Vorgärten.

Die Sonne schien. Der Geruch nach Meer lag in der Luft. Im Wagen herrschte Schweigen.

Schon bald bog Nick auf die Straße ab, die zur Farm von Maggies Vater führte. Seine Gedanken wanderten zurück zu jenen Tagen, als sie diese Strecke mit ihren Fahrrädern zurückgelegt hatten. Glückliche Zeiten. Zwei Jugendliche, die Freunde waren. Echte Freunde. Damals, vor jener zauberhaften Nacht, in der sie sich zur Liebe hatten hinreißen lassen.

Liebe? Nick unterdrückte ein verächtliches Schnauben. Was wissen Achtzehnjährige schon von Liebe? Dass Maggie mich verlassen hat, beweist ja wohl, dass so etwas nicht existiert.

Seit er zu dieser Einsicht gekommen war, führte er ein sehr angenehmes Leben. Er machte keine falschen Versprechungen. Im Gegensatz zu seinem Vater sprach Nick nicht von Dauerhaftigkeit, nur um sich zu verdrücken, wenn die derzeitige Geliebte schwanger wurde. Er war aufrichtig und fair. Keine Bindungen. Keine chaotischen Verwicklungen. Nichts als Vergnügen.

Deswegen hatte es ihm in den letzten sechs Wochen in New York so gut gefallen. Dort verschwand die Langeweile, die ihn in der Kleinstadt quälte. Dank Darius konnte er ein Penthouse in der Park Avenue bewohnen und das Nachtleben genießen, oder aber das Strandhaus in Montauk benutzen. Sobald das Angebot eingereicht war, wollte er die Gelegenheit nutzen und jedes Wochenende hinfliegen.

Sie erreichten die Zufahrt zur Farm. Nick fuhr langsam zum Haus. Sobald er anhielt, sprang Maggie aus dem Auto und bedankte sich.

„Keine Ursache“, erwiderte er, doch da war sie bereits auf dem Weg zur Veranda.

Er runzelte die Stirn. Warum hatte sie es so verdammt eilig, ihm zu entkommen? Was soll’s, sagte er sich und tröstete sich damit, dass er schon bald die Wochenenden in New York verbringen konnte. Dort gab es genügend bereitwillige Frauen. Ohne Liebe, ohne Verpflichtungen. Nur zum Vergnügen.

Er fuhr zurück zur Hauptstraße und zu seinem riesigen Strandhaus, das ihm an diesem Abend seltsam leer erschien.

3. KAPITEL

Am nächsten Morgen begann Nick mit der Arbeit an dem neuen Angebot, doch er zog seine Assistentinnen nur sporadisch heran, wenn er Akten oder Berichte brauchte.

Somit verlief der Tag relativ ereignislos für Maggie. Abgesehen davon, dass es ihrem Vater nicht in den Kopf gehen wollte, dass er sie zur Arbeit fahren und wieder abholen sollte. Am Morgen hatte sie auf der Suche nach ihm aufs Feld stapfen müssen; am Nachmittag befürchtete sie, dass er sie vergessen könnte. Um vier Uhr rief sie ihn vorsichtshalber an und erwischte nur den Anrufbeantworter.

Um fünf versuchte sie es noch einmal und hatte Glück.

Zu Hause bereitete sie ein schnelles Abendbrot zu und schlug dann vor, zum Nachtisch in die Eisdiele zu fahren.

Charlie Forsythe war ebenso erpicht auf eine Abwechslung wie sie, startete seinen klapprigen Truck und ratterte in die Stadt.

„Willst du dir nicht mal ein neues Auto zulegen?“

„Nicht nötig.“

„Demnächst gibt diese Klapperkiste den Geist auf. Dann haben wir überhaupt kein Transportmittel mehr.“

Er blickte zu ihr. Der Wind, der zum Seitenfenster hereinströmte, zerzauste sein grau meliertes rotbraunes Haar. Seine grünen Augen funkelten. Er grinste. „Haben wir doch. Sobald dein Auto fertig wird.“

Sie verdrehte die Augen. „Ich habe noch nichts von Jimmy gehört.“

„Wann hat er es denn geholt?“

„Montag.“

„Dann ruft er dich garantiert nächsten Montag an und sagt dir, was kaputt ist. Danach braucht er wahrscheinlich zwei Wochen, um es zu reparieren.“

„So lange?“ Maggie stöhnte.

Der Truck tuckerte auf den Parkplatz der gut besuchten Eisdiele, die hauptsächlich von Einheimischen frequentiert wurde. Da sie nicht im Geschäftsviertel, sondern am Ortsrand lag, fanden Touristen nur selten ihren Weg dorthin.

Holztische standen links vor dem Kiosk.

Auf einem grasbewachsenen Feld zur Rechten spielten kleine Kinder und ihre Eltern Wiffleball – eine vereinfachte Form von Baseball, mit Schläger und Ball aus Plastik.

Maggie atmete tief die Seeluft ein, die durch das offene Fenster hereinwehte. Plötzlich fühlte sie sich, als wäre sie nach Hause gekommen. Für sie gab es keinen anderen Ort, der ihre Heimat besser verkörperte als die Eisdiele. Mit den lärmenden Kindern, die sich auf dem üppig grünen Rasenplatz austobten. Den Eltern, die mit ihnen Eis aßen. Den Teenagern, die plaudernd und kichernd miteinander abhingen.

Ungetrübte Freude stieg in Maggie auf. Sie war zu Hause. Endlich! Wirklich zu Hause. Kein nörgelnder Ehemann, keine unbezahlten Rechnungen. Nur ein Vater und ein Baby, die sie beide brauchten und ihr Leben ausfüllten.

Sie hatte eine zweite Chance im Leben bekommen.

Mühsam stieg sie aus dem Truck. Obwohl sie erst im sechsten Monat war und ihr Bauch nicht sonderlich auffiel, fühlte sie sich schwerfällig wie ein Elefant. Weil sie nicht unnötig zunehmen wollte, kam sie auf die Idee, vor dem Eisbecher ein paar Kalorien zu verbrennen und mit den Kindern Ball zu spielen.

„Machst du auch mit, Dad?“

„Spinnst du? Nach zwölf Stunden Arbeit auf dem Feld brauche ich nicht noch mehr Bewegung, um mir ein Eis zu verdienen.“

Maggie lachte und machte sich auf den Weg zum Spielfeld, während er zu den Tischen schlenderte. Die fröhlichen Kinderstimmen hoben ihre Stimmung noch mehr. Sie freute sich schon darauf, eines Tages mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter zu spielen und Eis zu essen.

Am Rand des Rasenplatzes blieb sie stehen, beschattete sich mit einer Hand die Augen vor der Sonne und musterte die Spieler in der Hoffnung, bekannte Gesichter zu entdecken.

Hinter dem Schlagmal stand Becky Roebuck, Nicks Mutter. Sie trug eine pinkfarbene Caprihose und eine schlichte weiße Bluse. Ihr lockiges blondes Haar tanzte um ihre Schultern. Von ihren fünfundfünfzig Jahren sah man ihr höchstens vierzig an.

Neben ihr machte sich ein kleiner Junge zum Schlag bereit. Sie half ihm, den leuchtend roten Plastikschläger richtig anzufassen, und erklärte: „Wenn der Ball auf dich zukommt, holst du so aus.“ Sie schloss die Hände um seine und demonstrierte die Schlagbewegung. „Siehst du? Es ist ganz einfach.“

„Ja, Timmy, du schaffst das!“

Diese aufmunternden Worte stammten von Nick.

Maggie wandte den Kopf in die Richtung seiner Stimme. Da stand er – ohne Hemd, in abgeschnittenen Jeans und Flipflops. Sie kämpfte mit dem Drang, die Flucht zu ergreifen, und dem Wunsch, jeden Zentimeter seines wundervollen Körpers zu begutachten. Die Freude darüber, wieder zu Hause zu sein, wurde augenblicklich von unverfälschter Lust in den Schatten gestellt.

Sein Bizeps spannte sich an, als Nick einen imaginären Ball auffing. Seine gebräunte Haut glänzte im Sonnenschein.

Ihr stockte der Atem; ihr Puls beschleunigte sich. Ihre Freunde in Pittsburgh hatten sie gewarnt, dass die Schwangerschaft die sexuellen Bedürfnisse enorm steigern könnte. Aber sie hatte dieser Nebenwirkung keine besondere Beachtung geschenkt – bis zu dem Tag, als sie Nick wieder begegnet war.

Er hatte sie noch nicht bemerkt. Sie konnte sich also heimlich davonschleichen und wandte sich ab.

Im selben Moment rief Becky: „Maggie? Bist du das?“

Die vertraute Stimme rief Erinnerungen an die zwei glücklichen Wochen wach, die Maggie und Nick bei seiner Mutter gelebt hatten. An friedliche Mahlzeiten. An gesellige Abende bei Popcorn vor dem Fernseher. An den Zusammenhalt in einer richtigen Familie, in der sie sich im Gegensatz zu ihrer eigenen nicht wie das fünfte Rad am Wagen gefühlt hatte.

Sie blieb stehen und drehte sich lächelnd um. „Ja, ich bin’s.“

„Bist du gekommen, um Wiffleball zu spielen?“

Sie sah zu Nick. Sein Lächeln war verschwunden. Stattdessen hatte er die misstrauische Miene aufgesetzt, die er auch meistens im Büro hatte.

„Natürlich willst du mitspielen.“ Becky lief zu Maggie, schloss sie in eine überschwängliche mütterliche Umarmung und küsste sie auf die Wange. „Ich habe dich vermisst.“

Tränen traten Maggie in die Augen. „Ich dich auch.“

„Warum bist du dann nie zu Besuch gekommen?“

Wie sollte sie darauf antworten? Die Wahrheit sagen, dass sie und Vicki nicht gut miteinander ausgekommen waren? Oder dass sie Nick wehgetan und deswegen jede Begegnung mit ihm vermieden hatte? Oder sollte sie sich darauf berufen, dass ihr Ehemann die Kleinstadt hasste, die er eine „schmuddelige kleine Touristenfalle“ nannte?

Letztendlich sagte Maggie nur: „Irgendwie habe ich nie die Zeit gefunden. Ich war beruflich sehr eingespannt, und mein Mann musste immer seinen Klienten zur Verfügung stehen.“

Becky blickte sich suchend um. „Wo ist er denn?“

„Wir sind geschieden.“

„Oh, das tut mir leid.“

Wie schon vor einigen Minuten, als sie bei der Eisdiele angekommen war, fühlte sich Maggie befreit. In den letzten Tagen war sie zu der Einsicht gekommen, dass ihr Exmann ein narzisstischer Verschwender war, der sie nicht liebevoll behandelt, sondern beherrscht hatte. In Wirklichkeit war sie nie glücklich mit ihm gewesen. Und nun bot sich ihr die Chance, noch einmal ganz von vorn in ihrer Heimatstadt anzufangen, ohne dass ihr jemand vorschrieb, was sie zu tun oder zu lassen hatte.

Sie lächelte. „Es muss dir nicht leidtun. Je länger ich von ihm geschieden bin, desto mehr merke ich, dass es gar nicht schlimm ist.“

„Da es dich nach Ocean Palms zurückgebracht hat, hast du wohl recht.“ Becky hakte sich bei Maggie unter. „Also, auf welcher Position willst du spielen?“

Da Maggie sich nicht mehr vor Nick verstecken konnte und die Kinder allmählich unruhig wurden, sträubte sie sich nicht. Sie inspizierte das Feld und stellte fest, dass die wichtigen Positionen bereits von Kindern oder Eltern besetzt waren. „Wie wäre es mit Halbspieler?“

„Perfekt.“ Anerkennend klopfte Becky ihr auf die Schulter. „Wir hatten schon seit einer Ewigkeit keinen guten Halbspieler mehr.“

Maggie lachte und ging zu ihrem Platz. Da Nick nur wenige Meter weiter hinten stand, winkte sie ihm zu und rief: „Hallo!“

Was hätte sie sonst tun sollen? Selbst wenn sie noch so gern jeden privaten Kontakt mit ihrem Boss, Exmann und erstem Lover vermieden hätte, sie lebten nun einmal beide in derselben Kleinstadt. Da ließ es sich kaum umgehen, dass sie auch außerhalb des Büros aufeinandertrafen.

„Hallo“, antwortete er mit schroffer, tiefer Stimme.

Im nächsten Moment trat ein kräftiger großer Rabauke zum Schlagmal und schleuderte den Ball in ihre Richtung.

Sie riss die Arme hoch und rief: „Ich habe ihn!“

Eine Sekunde, bevor der kleine Plastikball in ihren Händen gelandet wäre, fuhr Nick ihr in die Parade, indem er sich vor sie stürzte und ihr den Ball wegschnappte.

„Du bist draußen, Timmy!“, rief er und warf den Ball zurück.

Er wollte sich abwenden, doch Maggie packte ihn am Arm und rief vorwurfsvoll: „Das war meiner! Ich hatte ihn praktisch schon gefangen!“

Vielsagend blickte er zu ihrer Hand, die seinen kräftigen Bizeps umspannte. Verschiedene Emotionen spiegelten sich auf seinem Gesicht wider. Dann blitzten seine Augen kurz auf.

Maggie spürte Schmetterlinge im Bauch und rang nach Atem. Das Blut rauschte in ihren Adern. Ein vertrauter Funke sprang zwischen ihnen über. Hastig ließ sie seinen Arm los.

Sie trat einen Schritt zurück und zwang sich, ihren Ton zu mäßigen, als sie sagte: „Du hättest nicht vor mich hechten sollen.“

„Wenn du meinst“, entgegnete Nick lapidar und wandte sich ab, um auf seine Position zurückzukehren.

„He!“ Beinahe hätte sie ihn wieder am Arm gepackt, damit er sie nicht links liegen ließ. Da sie nicht riskieren wollte, dass es erneut zwischen ihnen funkte, ballte sie die Hände zu Fäusten. „Ich bin eine gute Spielerin.“

„Du bist zu lahm.“

Empört dachte sie daran, wie ihr Exmann sie in den letzten zwei Jahren bevormundet hatte. Sie wollte frei sein. „Du brauchst nicht für mich einzuspringen.“

Das Spiel ging weiter. Nach einer Weile wischte Maggie sich Schweiß von der Stirn. Obwohl es schon nach sieben Uhr war, lastete eine brütende Hitze auf der Kleinstadt.

Nick verlangte eine Unterbrechung und schlenderte zu ihr. „Ist bei dir alles klar?“

Sie drehte sich zu ihm um. „Ja. Wieso? Hast du das Spiel bloß unterbrechen lassen, um mich das zu fragen?“

„Du siehst aus, als würdest du gleich vor Hitze umkippen.“

Unwillkürlich glitt ihr Blick zu seiner schweißglänzenden Brust. „Das musst du gerade sagen! Du siehst heißer aus, als ich mich fühle.“ Zu spät erkannte sie, wie doppeldeutig ihre Worte klangen.

Nick fühlte sich in die Vergangenheit versetzt. In eine Zeit, in der solche Bemerkungen sein Blut in Wallung gebracht und ihn erregt hatten. Er ärgerte sich, weil sie immer noch diese Macht über ihn besaß.

Dann sah er ihr Gesicht vor Verlegenheit rot werden. Sieh an, die süße kleine Ich-liebe-dich-nicht-Maggie ist doch nicht so cool, wie sie immer tut. Zumindest erinnerte sie sich daran, wie gut es mit ihnen im Bett geklappt hatte. Er lachte und zwinkerte ihr zu. „Tja, ich hab’s eben immer noch drauf.“

Sie packte ihn an den Schultern, drehte ihn um und gab ihm einen kleinen Schubs in Richtung Außenfeld. Er nahm seine Position ein und gab sich dabei ganz gelassen. Doch seine Haut prickelte, wo Maggie ihn berührt hatte. Sein Körper war angespannt, sein Herzschlag beschleunigt.

Maggie war für ihn gleichbedeutend mit Sex. Mit erotischer Anziehungskraft. Weil sie die erste Frau war, die er je angefasst hatte. Deshalb konnte keine andere ihr das Wasser reichen.

Aber nach ihr hatte er unzählige Frauen gehabt, und nun plante er, seinen neuen Bekanntenkreis in New York City richtig auszukosten. Er hatte es nicht nötig, mit Maggie zu flirten. Nicht einmal aus Langeweile.

Im weiteren Spielverlauf bewunderte er ihren runden Po und ihre langen, wohlgeformten Beine. Als ihr Team durch einen Superwurf von ihr das Inning gewann, machte sie Luftsprünge und jubelte vor Freude.

Ihre Begeisterung wirkte ansteckend auf Nick. Erinnerungen kamen hoch – an ihre gemeinsame Vergangenheit und das Wissen, dass sie nach Hause gekommen war.

Draußen im strahlenden Sonnenschein, während sie die Dinge taten, die sie in ihrer Kindheit, ihrer Jugendzeit und dann als Liebespaar getan hatten, konnte er weder die Erinnerungen noch die Gefühle aufhalten.

Gereizt ging er zur Spielerbank. Dort holten sich die sechs- bis zehnjährigen Kinder gerade ihre Saftpäckchen aus der Blechwanne mit Eiswasser, die seine Mutter zur Verfügung gestellt hatte.

Eines nach dem anderen klatschte Maggie ab, und alle prahlten, wie gut ihr Team gespielt hatte. Bill Taylor, der inoffizielle Coach, schloss Maggie überschwänglich in die Arme.

Nick spürte, wie er eifersüchtig wurde, und gleichzeitig ärgerte er sich darüber. Er nahm sich einen Saft und setzte sich ans äußerste Ende der Bank.

Maggie schlenderte ...

Autor

Susan Meier
Susan Meier wuchs als eines von 11 Kindern auf einer kleinen Farm in Pennsylvania auf. Sie genoss es, sich in der Natur aufzuhalten, im Gras zu liegen, in die Wolken zu starren und sich ihren Tagträumen hinzugeben. Dort wurde ihrer Meinung nach auch ihre Liebe zu Geschichten und zum Schreiben...
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