Wo bist du – Traumfrau?

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Elizabeth wünscht sich ein Kind, und der prickelnde One-Night-Stand mit Alex Thiarchos ist nur Mittel zum Zweck. Dass sie ihn in der Millionenmetropole London zufällig wiedertrifft, ist ausgeschlossen! Damit besteht auch kein Risiko, dass sie sich in ihn verliebt. Oder?


  • Erscheinungstag 30.11.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783745753905
  • Seitenanzahl 123
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Alex bemerkte die junge Frau sofort, als sie das Zimmer betrat. Er stand beim Erkerfenster, ein Glas abscheulichen Cocktails in der Hand, und hatte sich gerade gefragt, wann er sich endlich verabschieden könne, ohne die Gastgeber zu kränken.

Partys mochte er nicht besonders. Er war nur gekommen, weil es sich um die Geburtstagsfeier seines Neffen Nick handelte und jemand die ältere Generation der Familie repräsentieren musste.

Die junge Frau fiel Alex deshalb auf, weil sie dezent gekleidet war. In der vergangenen Stunde – die ihm viel länger vorgekommen war – hatte er die Annäherungsversuche etlicher junger Damen abgewehrt, die es anscheinend für schick hielten, zu einer Party in London möglichst wenig anzuziehen. Die Unbekannte hingegen trug ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid, in dem sie auf den ersten Blick wie eine Klosterschülerin zwischen Haremsdamen wirkte.

Das Kleid ist gar nicht übel, überlegte Alex kritisch. Es lag eng an und endete weit über den Knien, aber da die Frau dazu schwarze Strümpfe trug, war der erste Eindruck fast züchtig. Die Beine waren allerdings auffallend lang und wohlgeformt, wie es zu einer so großen, schlanken Frau passte, stellte Alex anerkennend fest.

Die „Dame in Schwarz“, dachte er beiläufig, lehnte sich gegen die Wand und schaute misstrauisch in sein Cocktailglas. Das Getränk war eigenartig grün. Nicks Freundin Christina behauptete, es sei Punsch, aber es schmeckte eigentlich nicht danach, fand Alex. Vielleicht wurde er einfach zu alt für solche Partys? Jedenfalls wäre ihm ein Whisky mit Soda lieber gewesen.

Zur Hölle mit der Party, fluchte Alex insgeheim. Sobald er Nick in dem Gewühl gefunden hatte, würde er sich verabschieden, denn dann er hatte seine Pflicht getan.

„Hallo!“

Der beiläufige Gruß unterbrach Alex’ düstere Gedanken. Er musste sich zusammennehmen, um höflich zu reagieren. Widerstrebend blickte er auf, da er einen weiteren plumpen Annäherungsversuch erwartete, doch plötzlich war seine Aufmerksamkeit gefesselt. Die Frau, die ihn angesprochen hatte, war nämlich die „Dame in Schwarz“.

„Oh! Hallo“, erwiderte Alex und merkte erst jetzt, dass er vorhin das Gesicht der Frau nicht beachtet hatte. Sie war auffallend attraktiv, zwar keine klassische Schönheit, aber eine Frau, der man mehr als nur einen flüchtigen Blick gönnte.

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich Ihnen anschließe?“, fragte sie. Alex schüttelte den Kopf. „Ich fand, Sie sehen irgendwie einsam aus“, fügte sie hinzu.

Diese und ähnliche Worte hatte er an dem Abend schon x-mal gehört, doch von ihren Lippen – schön geschwungenen, halb geöffneten Lippen, wie Alex feststellte – klangen sie sogar ehrlich.

„Nicht einsam, gelangweilt“, berichtigte er trocken und besann sich dann auf seine Manieren. „Nicht von Ihnen natürlich.“

Sie lächelte, und Alex war von ihrer perfekten, zarten Schönheit begeistert. Die junge Frau war silberblond, ihre Haut sehr hell, und die großen Augen waren tiefblau. Er überlegte, was für einen Kontrast sie nebeneinander bieten mussten, da er selbst ein südländisch dunkler Typ war, mit schwarzem Haar, bräunlicher Haut und dunkelbraunen Augen.

Was will die schöne Unbekannte ausgerechnet von mir? fragte sich Alex, während er ihre hohen Wangenknochen, die gerade Nase, den sinnlichen Mund und das feste Kinn bewunderte. Ganz zu schweigen von der schlanken und doch wohlgerundeten Figur. Die junge Frau hätte jeden Mann im Raum ansprechen können, ohne zurückgewiesen zu werden. Tatsächlich fand Alex ihr schlichtes Kleid äußerst sexy zwischen all dem zur Schau gestellten nackten Fleisch. Und den anerkennenden Blicken nach zu urteilen, die die anderen Männer ihr zuwarfen, ging es nicht ihm allein so.

Warum also hatte sie sich direkt auf ihn konzentriert, obwohl er sie nicht ermutigt, ja, sie nicht einmal richtig angesehen hatte, bevor sie ihn ansprach? An seinem Aussehen konnte es nicht liegen, denn in den Jeans und mit der Lederjacke über dem Hemd sah er so aus wie die meisten Gäste – abgesehen davon, dass er entschieden älter war.

Oder wusste die junge Frau, wer er war?

„Ich mache mir auch nicht viel aus Partys“, gestand sie und unterbrach damit seine Grübeleien. Sie wies auf das Glas mit der grünlichen Flüssigkeit in ihrer Rechten. „Was ist das eigentlich? Etwa Fusel?“

Alex musste lächeln. „Der wäre mir sogar lieber“, sagte er und rümpfte die Nase. „Es schmeckt jedenfalls wie Katzen… na, Sie wissen schon. Seien Sie lieber vorsichtig damit.“

Ihr helles Lachen war ansteckend, und einige Leute sahen zu ihnen herüber, darunter Nick. Hoffentlich glaubt er nicht, ich hätte mir die junge Frau geangelt, dachte Alex besorgt.

„Wie heißen Sie?“, erkundigte sich die Unbekannte.

Die Frage hatte Alex erwartet. Wusste die junge Frau es wirklich nicht? Oder tat sie nur so? In dem Fall wäre klar, warum sie ihn angesprochen hatte, und das hätte ihn enttäuscht.

„Ich heiße Alex“, sagte er nach kurzem Zögern. „Alex Th…Thorpe.“

„Das klingt nett“, erwiderte sie freundlich. Anscheinend glaubte sie ihm. „Ich bin Elizabeth Ryan“, stellte sie sich vor und schüttelte ihm die Hand. „Schön, Sie kennenzulernen, Alex.“

Ihre Hand fühlte sich so angenehm weich und zart an, dass er sie länger als üblich festhielt.

Anscheinend hatte die junge Frau nichts dagegen, denn sie machte keine Anstalten, sie zurückzuziehen. Im Gegenteil, Elizabeth sah zufrieden aus, als sie seine Reaktion bemerkte.

Schließlich gab er ihre Hand frei und steckte seine in die Hosentasche, wie um sie aus dem Gefahrenbereich zu bringen. Gefahr? dachte er dann verwundert, trank einen großen Schluck des sogenannten Punschs und hätte am liebsten geflucht. Das Zeug musste stärker sein, als es aussah, denn Alex hatte sich seit Jahren nicht so … so berauscht gefühlt.

„Wen kennen Sie denn?“, erkundigte sich Elizabeth, trank ebenfalls und verzog das Gesicht.

„Wie bitte?“, fragte Alex verwirrt.

„Sind Sie ein Bekannter von Nick oder von Christina?“, erläuterte Elizabeth und trat einen Schritt beiseite, um nicht von einem tanzenden Paar angerempelt zu werden. „Ich bin eine Kollegin von Christina, aber sie hat Sie noch nie erwähnt.“

„Nein, ich kenne Nick“, antwortete Alex. „Schon seit Langem.“

„Aha.“ Sie nickte und sah sich in dem überfüllten, verrauchten Wohnzimmer um. „Ich hätte nicht gedacht, dass Christina so viele Leute um sich schart. Ob alle Gäste tatsächlich eingeladen sind?“ Sie strich sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Wahrscheinlich nicht, aber wer fragt schon danach?“

„Ich jedenfalls nicht“, bemerkte Alex trocken, und sie lachte.

„Ich auch nicht“, stimmte sie zu und trat wieder einen Schritt näher, wobei sie zufällig seinen Oberschenkel streifte.

Nun nahm Alex den Duft wahr, der sie umgab, eine Mischung aus dezentem Parfüm und einem Hauch Zitrone, der von ihrem Haar ausging. Elizabeth hatte ziemlich kurzes, perfekt geschnittenes Haar, das ihr Gesicht locker umrahmte und durch das sie ab und zu mit den Fingern strich. Alex hätte das auch gern getan …

Du bist verrückt, sagte er sich streng. Höchste Zeit, nach Hause zu gehen, wie du schon längst vorhattest. Doch seit Elizabeth hereingekommen war, hatte er es nicht mehr eilig.

Was sein Vater wohl sagen würde, wenn er wüsste, warum Alex den Aufbruch hinauszögerte? Der alte Herr, ein richtiger Familientyrann, hatte ihm immerhin befohlen, ein Auge auf Nick zu halten, der häufig unüberlegt handelte und viel zu leicht zu beeindrucken war. Obwohl die Familie fürs Erste Nicks Beziehung zu Christina stillschweigend duldete, bestand kein Zweifel, dass Nick einmal eine reiche Frau heiratete, die sein Großvater für ihn aussuchen würde.

Auch wenn Alex fand, sein Vater mische sich viel zu sehr in das Leben seiner Angehörigen ein, konnte er es nicht ändern. Nicht einmal, wenn es um seinen eigenen Sohn Tony ging. Er, Alex, hoffte nur, nie so selbstherrlich und herrisch zu werden … Doch wie auch immer, er war heute Abend hier, um einen dämpfenden Einfluss auf Nick auszuüben, und nicht, um sich selbst von einer unbekannten jungen Frau umgarnen zu lassen.

„Haben Sie schon gegessen?“, erkundigte er sich plötzlich.

Elizabeth betrachtete ihn fragend. „Nein, aber ich vermute, es gibt hier ein kaltes Büfett.“

Damit hätte Alex sich noch aus der Affäre ziehen können, doch er tat es nicht. „Ich meinte eigentlich, würden Sie mit mir irgendwo anders zu Abend essen? Ich jedenfalls könnte jetzt etwas frische Luft brauchen.“

„Oh.“ Elizabeth schien zu überlegen. „Ich bin mir nicht sicher, ob …“

„Ich bin höchst respektabel“, unterbrach er sie. „Und ich meine wirklich nur ein gemeinsames Essen. Die Einladung ist kein Vorwand, Sie in mein Bett zu locken.“

„Ach nein?“ Sie lächelte vieldeutig, und ihm wurde heiß. „Na ja, dann muss ich mich wohl mit einem Essen mit Ihnen begnügen. Ich sage nur schnell Christina Bescheid.“

Nachdem sie gegangen war, kam Nick zu Alex, der erklärte, warum er jetzt gehen wollte.

„Du führst eine fremde Frau zum Essen aus?“, fragte Nick ungläubig und sah seinen Onkel so verwundert an, als hätte der plötzlich zwei Köpfe. „Wer ist sie? Kenne ich sie? Ich kann nicht glauben, dass du das tust, Onkel Alex.“

„Sie heißt Elizabeth Ryan und ist Christinas Kollegin“, informierte Alex ihn ruhig. „Ich führe sie nur zum Essen aus. Nichts weiter.“

„Das will ich auch hoffen“, meinte Nick. „Weiß sie, wer du bist?“

„Sie weiß bislang nur, dass ich sie zum Essen eingeladen habe. Das reicht auch.“

„Wie kannst du so sicher sein?“

„Ich will sie ja nicht gleich heiraten, Nick.“ Alex seufzte. „Und meine Moral geht dich nichts an. Du Grünschnabel solltest nicht jemandem gute Ratschläge geben, der alt genug ist, um dein Vater sein zu können.“

„So alt nun auch wieder nicht“, protestierte Nick.

„Ich war sehr frühreif“, erklärte Alex scherzend und klopfte seinem Neffen auf die Schulter. „Noch viel Spaß, Nick. Ich sehe dich dann morgen.“

Elizabeth wartete im Flur auf Alex. Sie trug jetzt einen wadenlangen grünen Regenmantel und hohe Stiefel. Genau das Richtige bei diesem kalten Londoner Vorfrühlingswetter, dachte Alex anerkennend.

Elizabeth fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, fast als wäre sie nervös. Das ist auch nicht verwunderlich, dachte Alex, während er seinen Lederblouson schloss. Sie weiß genauso wenig über mich wie ich über sie.

„Haben Sie Christina in dem Gedränge gefunden?“, erkundigte Alex sich und öffnete die Tür.

Elizabeth sah ihn verwirrt an. „Christina? Ach ja, sicher.“ Rasch ging sie hinaus. „Hu, ist das kalt. Werden Sie nicht frieren ohne Mantel?“

Er zuckte nur die Schultern. Da er überallhin mit dem Auto fuhr, machte er sich selten Gedanken über das Wetter. Elizabeth hingegen hatte vielleicht gar kein Auto, sondern fuhr mit Bus oder U-Bahn. Anscheinend hatte sein Aussehen sie denken lassen, er sei nicht besonders wohlhabend.

Gleich würde sie allerdings merken, dass er kein armer Schlucker war. Zwar trug er ausgebleichte Jeans und eine alte Lederjacke, so wie viele andere Männer auf der Party, aber er bezweifelte, dass außer ihm noch jemand in einem brandneuen Ferrari vorgefahren war.

Auf dem Weg nach unten überlegte Alex, was er tun konnte, um Elizabeth weiterhin über seine finanzielle Situation im Unklaren zu lassen. Vielleicht sollte er behaupten, er habe schon zu viel getrunken, und vorschlagen, deshalb ein Taxi zu nehmen.

Oder sollte er vorschlagen, zu Fuß zu gehen, denn ganz in der Nähe gab es ein gutes italienisches Restaurant, soweit Alex sich erinnerte.

Oder sollte er, was wahrscheinlich am vernünftigsten war, seinen Ferrari nehmen, damit zu einem Restaurant fahren, wo es einen bewachten Parkplatz gab, und notfalls behaupten, das Auto gehöre einem Freund – falls Elizabeth überhaupt etwas über die Preise von italienischen Sportwagen wusste?

„Mein Auto steht dort drüben.“ Elizabeth zeigte auf einen dunkelblauen Wagen, der direkt vor dem Ferrari stand.

Insgeheim seufzte Alex auf. Obwohl es ihn freute, dass sein Problem damit gelöst war, bedauerte er doch flüchtig, dass sie ihm ungefragt die Entscheidung abgenommen hatte.

Während Elizabeth aufschloss, ging Alex hinten um ihr Auto herum zur Beifahrerseite und strich dabei bedauernd über den Kühler seines Ferraris. Was ist nur aus der männlichen Überlegenheit geworden? fragte sich Alex im Stillen und tröstete sich mit dem Gedanken, dass er wenigstens Elizabeth anschließend nicht nach Hause bringen musste, in irgendeinen weit entfernten Vorort womöglich.

„Machen Sie es sich bequem“, riet Elizabeth, nachdem Alex eingestiegen war, und schaute in den Rückspiegel. „Warum nur müssen die Leute immer so dicht an der Stoßstange parken? Ich habe ja kaum Platz, um aus der Parklücke zu kommen.“

Alex schaute absichtlich nicht zurück. Wie knapp der Ferrari hinter ihnen stand, wusste er genau. „Wahrscheinlich liegt es an dem allgemeinen Raummangel in der Großstadt“, erklärte er beiläufig, während Elizabeth den Wagen vorsichtig aus der Lücke steuerte.

Im Auto war es so kalt, dass die Fenster innen beschlugen, doch Elizabeth schien genau zu wissen, wohin sie fuhr.

Nachdem die Heizung in Betrieb war, wurden auch die Scheiben klar. Im Licht der Straßenlaternen sah Alex nun Elizabeth’ Profil und bemerkte, dass sie die Zungenspitze zwischen die Zähne geklemmt hatte, wahrscheinlich, weil sie sich aufs Fahren konzentrierte. Noch immer konnte er nicht ganz fassen, dass er eine wildfremde Frau zum Essen eingeladen hatte, was so gar nicht seiner Art entsprach. Was für eine Frau war Elizabeth eigentlich, dass sie nach kurzer Bekanntschaft schon mit ihm gegangen war?

Er überlegte so angestrengt, was seine und Elizabeth’ Gründe sein mochten, dass er der Umgebung wenig Aufmerksamkeit widmete. Zuerst hatte er vermutet, Elizabeth kenne eine Abkürzung ins Westend, wo es die meisten Bars und Restaurants gab, doch dann stellte er fest, dass sie die Themse überquerten, also in eine ganz andere Richtung fuhren.

Plötzlich war Alex alarmiert. Wollte Elizabeth ihn etwa kidnappen? Allerdings würde er sie mit Leichtigkeit überwältigen können, also hatte sie sich den Falschen ausgesucht. Aber was, wenn sie Komplizen hatte? Wenn sie ihn irgendwohin brachte, wo er von richtigen Gangstern in Empfang genommen wurde? Er musste sich etwas einfallen lassen und selbst die Initiative ergreifen.

Da bremste Elizabeth jedoch und bog in eine Straße mit hohen viktorianischen Häusern ein. „Wir sind fast da“, erklärte sie und lächelte Alex beruhigend an.

„Wo denn?“, erkundigte er sich ungehalten.

„Bei meiner Wohnung“, antwortete sie, bremste ab, fuhr über den Randstein und manövrierte den Wagen in eine Parklücke. „Ich wollte für uns beide kochen. Haben Sie etwas dagegen?“

„Sie kochen?“ Alex sah sie verblüfft an.

„Ja, ich“, bestätigte sie und schaltete den Motor aus. „Ich kann durchaus kochen. Nichts Aufwendiges natürlich, aber gute Hausmannskost.“

Alex wusste nicht, ob er lachen oder Elizabeth ausschimpfen sollte. Immerhin war er selbst schuld an der Situation: Wenn er einfach zugegeben hätte, dass er einen Ferrari besaß, hätte er die Kontrolle über die Ereignisse behalten. So aber musste er sich fügen – ob er es nun gern tat oder nicht.

Schlimmstenfalls kann ich mir jederzeit ein Taxi rufen, überlegte er. Das würde allerdings unhöflich wirken. Ihm konnte ja auch egal sein, wo sie aßen. Wenn Elizabeth ihn als Fremden in ihre Wohnung einlud, durfte er sich nicht beklagen.

„Meinen Sie das ernst?“, fragte er und legte die Hand auf den Türgriff.

Sie nickte. „Natürlich.“ Dann schien sie unsicher zu werden und strich sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Sie sind doch kein Mann, der Frauen vergewaltigt, zusammenschlägt oder ihnen noch Schlimmeres antut?“

Alex verzog das Gesicht. „Wenn ich das wäre, glauben Sie, ich würde das jetzt zugeben?“

„Wahrscheinlich nicht.“

„Na, zu unser beider Glück bin ich in keiner Weise pervers“, erklärte er und öffnete die Tür. „Kommen Sie, es ist zu kalt, um hier länger im Auto zu sitzen und meine sexuellen Vorlieben zu diskutieren. Das können wir viel gemütlicher in Ihrer Wohnung erledigen, finden Sie nicht?“

Elizabeth stieg aus, schien aber noch immer unsicher zu sein. „Ich habe Nachbarn“, informierte sie Alex. „Wenn ich schreien würde, dann …“

„Ach bitte.“ Er breitete beschwichtigend die Hände aus. „Ich bin kein Gewalttäter, der über alleinstehende Frauen herfällt. Können wir jetzt endlich nach drinnen?“

Elizabeth’ Wohnung lag im dritten Stock, und Alex stöhnte, als er dort anlangte. „Jemand sollte den Engländern endlich beibringen, in den Wohnblöcken Aufzüge einzubauen“, meinte er leicht atemlos und lehnte sich gegen die Wand, während Elizabeth nach den Schlüsseln suchte. „Bei Christina musste ich schon bis in den vierten Stock steigen. Das ist ja die reinste Bergtour heute Nacht.“

Sie runzelte die Stirn. „Sind Sie kein Engländer? Sie sagten ‚den Engländern‘ statt ‚uns Engländern‘.“

Alex hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. „Ich bin nur zur Hälfte Engländer“, antwortete er und hoffte, Elizabeth würde nicht genau nachfragen, was sie auch nicht tat. Sie sperrte auf, knipste das Licht an, und nacheinander betraten sie die Wohnung. „Nett haben Sie es hier“, bemerkte er höflich.

„Ich finde es schrecklich“, widersprach Elizabeth nachdrücklich, schloss die Tür und legte den Riegel vor. „Aber ich habe das Apartment möbliert gemietet.“

„Ach so.“ Alex schob die Hände in die Hosentaschen und sah sich um, nachdem er ihr ins Wohnzimmer gefolgt war. Das Thema Wohnung schien sie glücklicherweise von der Frage nach seiner Herkunft abgelenkt zu haben. „Leben Sie hier allein?“

„Ja.“ Sie ließ ihren Mantel auf das Sofa fallen, ging in die winzige Küche nebenan und schaltete dort ebenfalls das Licht an. „Was möchten Sie gern essen, Alex? Steaks, Hühnchen, Pizza? Oder soll ich uns Rührei machen?“

Er lehnte sich gegen den Türrahmen. „Pizza klingt gut. Mögen Sie die denn auch?“

„Ja, sicher“, stimmte Elizabeth zu, öffnete den Gefrierschrank und beugte sich vor, um die Pizzas herauszunehmen. „Mögen Sie Käse und Tomaten?“

„Was immer Sie haben.“ Alex wandte sich ab, um nicht fasziniert auf ihren hübschen Po zu sehen. Ihr Rock war hochgerutscht, und darunter trug sie Strümpfe und Strapse. Der unerwartete Anblick ihrer zarten weißen Haut erregte Alex mehr, als ihm lieb war. Sein Herz pochte heftig. „Und womit verdienen Sie sich Ihren Lebensunterhalt?“, fragte er bemüht beiläufig.

Elizabeth schob die Pizzas in die Mikrowelle, bevor sie antwortete: „Raten Sie.“

„Keine Ahnung.“ Er zuckte ungeduldig die Schultern. „Fotomodell? Jedenfalls irgendein Job, bei dem es auf gutes Aussehen ankommt.“

„Ist das ein Kompliment?“

„Sie können es gern so auffassen, Elizabeth.“

Sie zögerte. „Ja, ich habe mit Mode zu tun, aber nicht als Mannequin, sondern als Einkäuferin. Möchten Sie einen Drink?“

Zuerst wollte Alex ablehnen, da er später noch fahren musste, dann überlegte er es sich anders. Auf der Party hatte er schließlich nur ein Glas des schrecklichen Punschs getrunken, und jetzt brauchte er dringend eine Stärkung. Am liebsten Whisky.

„Was haben Sie denn anzubieten?“, erkundigte sich Alex.

Sie nahm eine Flasche Chivas Regal aus dem Schrank. „Leider nur das“, erklärte Elizabeth, ohne zu merken, wie erleichtert Alex war, der eher erwartet hatte, dass sie ihm süßen Sherry oder Likör anbieten würde.

Er ließ sich ein Glas Whisky ohne Wasser oder Eis geben und ging damit ins Wohnzimmer zurück, während sie in der Küche vorsichtig an ihrem eigenen, stark verdünnten Drink nippte. „Arbeiten Sie in London?“, erkundigte sich Elizabeth durch die offene Tür.

Die Frage traf Alex unvorbereitet, deshalb trank er erst mal einen ordentlichen Schluck, bevor er ausweichend antwortete: „Zeitweise.“

„Was heißt zeitweise?“ Elizabeth hatte inzwischen Salat zubereitet und kam zur Tür.

„Also …“ Statt sich eine plausible Antwort auszudenken, blickte Alex unwillkürlich auf Elizabeth’ wohlgerundete feste Brüste, die sich unter dem eng anliegenden Kleid deutlich abzeichneten. Wahrscheinlich ist sie nur deswegen kein Fotomodell, weil die eher flach sein müssen, überlegte er unwillkürlich. „Also, ich reise beruflich ziemlich viel“, erklärte er schließlich. „Sie wissen ja, wie das mit Vertretern ist – heute hier, morgen dort.“

Elizabeth füllte Alex’ Glas nach, was er eigentlich nicht wollte, und dabei bemerkte er, dass sie keinen BH trug. Den brauchte sie auch gar nicht. Ob sie überhaupt Unterwäsche anhat? fragte sich Alex und legte beide Hände um sein Glas, um nicht in Versuchung zu geraten, das handgreiflich herauszufinden.

Allerdings hatte er den Eindruck, Elizabeth würde nichts dagegen haben, wenn er sie berührte. Was für eine Frau war sie eigentlich? Sie sah so unschuldig aus, doch sie benahm sich wie eine … eine … Das passende Wort fiel ihm nicht ein.

Außerdem musste er zugeben, dass sie ihn zwar zu sich nach Hause eingeladen, sonst aber nichts getan hatte, um ihn zu erregen. Außer so auszusehen, wie sie es tut, dachte er ungeduldig.

„Was verkaufen Sie denn?“, erkundigte sich Elizabeth nun und ging glücklicherweise in die Küche zurück.

Er atmete auf, setzte sich auf die Couch, trank einen weiteren Schluck und überlegte. „Öl“, sagte er schließlich. „Äh … Olivenöl.“ Das war eine gute Antwort. „Wir importieren es aus Griechenland. Tonnenweise.“

„Toll.“ Elizabeth klang wirklich beeindruckt, und Alex kam sich schäbig vor, weil er sie anschwindelte. Aber ich kenne sie kaum und werde sie vermutlich nie wiedersehen, tröstete er sich.

Da es ihm allmählich warm wurde, zog er die Jacke aus, hängte sie über die Sofalehne und sah sich um. Ganz so hässlich war die Wohnung eigentlich nicht. Die Lampen warfen einen sanften Lichtschein auf die abgetretenen Stellen im Teppichboden, und selbst das grellbunte Porträt einer Zigeunerin über dem Kamin wirkte angenehm verschwommen.

Alex lehnte sich entspannt zurück. Eigentlich ist es ganz behaglich, hier zu sitzen, sich mit einer schönen Frau zu unterhalten und den appetitlichen Duft der Pizza einzuatmen, dachte er. Er trank noch einen Schluck Whisky und fragte sich, warum er überhaupt Bedenken gehabt hatte mitzukommen.

Durch die Küchentür musterte er Elizabeth beifällig. Ihm gefiel die Art, wie sie sich bewegte, wie ihr Haar im Lampenlicht schimmerte. Sie sah zugleich unschuldig und erfahren aus, und ihre sinnliche Ausstrahlung nahm ihn immer mehr gefangen.

Denk an etwas anderes, befahl Alex sich, doch sein Herz pochte schneller, und das Blut schien ihm heißer durch die Adern zu strömen.

„Trinken Sie doch noch etwas“, sagte Elizabeth leise, die inzwischen unbemerkt aus der Küche gekommen war, neben der Couch stand und die Flasche schon geneigt hatte.

Rasch zog Alex sein Glas weg. „Wollen Sie mich betrunken machen?“, fragte er schroff. Nun kannte er sich überhaupt nicht mehr aus. Was wollte Elizabeth von ihm? Weshalb hatte sie ihn mitgenommen?

Sie lächelte, stellte die Flasche weg und setzte sich neben ihn, wobei sie ihn streifte. Das wirkte auf Alex wie ein elektrischer Schlag.

„Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich es versuche?“, fragte Elizabeth.

Alex brauchte einen Moment lang, bevor er wusste, worauf sie anspielte. „Das hängt davon ab, warum Sie es tun möchten“, erwiderte er und konnte den Blick nicht von ihren Lippen wenden. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie mich damit leichter verführbar machen wollen. Eine Frau wie Sie muss einen Mann doch nicht betrunken machen, um ihn …“ Er zögerte. „Sie wissen, was ich meine.“

„Ach ja?“ Sie befeuchtete sich die Lippen. „Sagen Sie es mir deutlicher. Ich mag es, wenn Sie anzüglich reden.“

Missmutig verzog Alex das Gesicht. „Das tue ich gar nicht.“

„Aber Sie denken an Anzügliches“, berichtigte sie und legte einen Finger an die Lippen. „Erzählen Sie mir, woran Sie denken. Ich gefalle Ihnen, nicht wahr?“

„Sie müssen verrückt sein, Elizabeth.“

„Warum?“ Nun strich sie ihm mit dem Zeigefinger sanft über die Wange. „Nur weil ich wissen will, was Sie wirklich von mir halten?“ Sie sah ihn mit großen, unschuldigen Augen an. „Möchten Sie mich küssen?“

Alex hatte das Gefühl, als müsse ihm der Kopf zerspringen. Unkontrollierbares Begehren durchströmte ihn in heißen Wellen. „Darum geht es nicht“, antwortete er heiser und versuchte, seine Empfindungen zu beherrschen. Wenn Elizabeth nicht gleich von ihm abrückte, würde er es nicht schaffen, sich zurückzuhalten.

„Nein?“ Sie neigte sich so nah zu ihm, dass ihre Brüste seinen Arm berührten. „Das heißt wahrscheinlich, dass Sie es gern tun würden. Warum tun Sie es nicht einfach?“

Scharf atmete Alex ein. „Ich glaube, die Pizza ist fertig. Wollen Sie nicht nachsehen?“

„Ich sehe lieber Sie an“, entgegnete sie und strich ihm wieder zart über die Wange. Die andere Hand hatte sie ihm auf das Knie gelegt.

„Elizabeth, lassen Sie uns nichts übereilen, ja?“

„Sie mögen mich also nicht?“

Er musste einen Fluch unterdrücken. „Oh doch.“

„Also, dann … dann verstehen wir einander ja.“ Mit dem Zeigefinger malte sie Kreise auf sein Knie. „Wie wäre es mit einem weiteren Drink?“

„Nein“, brachte Alex mühsam heraus. Er hatte schon zu viel getrunken. Das merkte er zum Beispiel daran, wie er ihre Hand ansah, sich überlegte, dass er sie beiseiteschieben sollte, aber es einfach nicht schaffte.

„Ich habe bemerkt, wie Sie mich vorhin auf der Party angesehen haben“, erklärte Elizabeth. „Und Sie sind mir sofort aufgefallen. Man kann Sie gar nicht übersehen, so groß, dunkelhaarig und sexy, wie Sie sind.“

Autor

Anne Mather

Ich habe schon immer gern geschrieben, was nicht heißt, dass ich unbedingt Schriftstellerin werden wollte. Jahrelang tat ich es nur zu meinem Vergnügen, bis mein Mann vorschlug, ich solle doch meine Storys mal zu einem Verlag schicken – und das war’s. Mittlerweile habe ich über 140 Romances verfasst und wundere...

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