Überraschung in London

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Diana ist nur die Chauffeurin von Scheich Zahir! Aber überraschend lädt der Wüstenprinz sie auf seine Luxusjacht ein. Als er Diana zärtlich in die Arme schließt, kann sie ihr Glück kaum fassen - und träumt von mehr. Dabei weiß sie: Bald muss Zahir standesgemäß heiraten...


  • Erscheinungstag 12.08.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733779344
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Das soll genügen, Di.“

Diana Metcalfe stieg aus dem Minibus aus, den sie gerade geputzt hatte, steckte, während sie die Hecktür zuschlug, noch eine Handvoll zerknülltes Schokoladenpapier in ihre Overalltasche und wandte sich ihrer Chefin zu, die einen ziemlich angespannten Eindruck machte.

„Was ist los, Sadie?“

„Jack Lumley hat sich gerade krankgemeldet. Er ist heute schon der Dritte.“

„Mal wieder die Fleischpastete aus dem Bistro?“

„Sieht so aus, aber das ist Sache des Gesundheitsamts. Mein Problem besteht darin, dass mit Jack jetzt drei Fahrer ausfallen und in einer Stunde ein VIP mit dichtem Terminplan auf dem Londoner City Airport ankommt.“ Selbst angesichts dieses Dilemmas brachte sie ein kleines Lächeln zustande. „Bitte sag jetzt nicht, dass du heute Abend eine heiße Verabredung hast.“

„Nicht mal eine lauwarme.“ Woher sollte sie die Zeit nehmen, jemanden kennenzulernen? „Soll ich eine Schicht zusätzlich übernehmen?“

„Wenn es irgend möglich ist.“

„Ich denke schon. Ich muss nur Dad anrufen, damit er das Abendessen für Freddie macht.“

„Wie geht’s dem Strolch?“

„Wächst wie Unkraut.“

„Daisy will sich schon lange mal wieder mit ihm zum Spielen treffen.“ Nach einer kurzen Pause: „Ich mach’ was für die beiden aus, wenn ich deinen Dad anrufe. Du hast keine Zeit mehr dazu, wenn du rechtzeitig am Flughafen sein willst.“

Diana blinzelte. Am Flughafen …? „Moment mal, soll das heißen, dass ich den Promi fahre?“

„Du fährst den Promi.“

„Aber das geht nicht. Du kannst nicht …“

Sadie runzelte die Stirn. „Du hast dich doch mit dem Wagen vertraut gemacht, oder nicht?“

„Äh, ja schon …“ Grundsätzlich waren alle Fahrer in jeden Wagentyp von Capitol Cars eingewiesen worden. Theoretisch. Aber bei diesem Auto handelte es sich um die neueste, luxuriöseste und teuerste Limousine der Flotte. Sie war der ganze Stolz von Jack Lumley, dem VIP-Fahrer des Chauffeurdienstes. Diana hatte damit gerechnet, am Abend für ein paar kleinere Fahrten einspringen zu müssen. Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, dass sie hinter dem ledernen Steuer dieses Wagens sitzen sollte.

Oder, dass man ihr einen der bedeutendsten Kunden anvertraute.

„Glück gehabt!“ Sadie war die Erleichterung anzumerken.

„Heilige Schei…“ Diana schlug sich mit der Hand auf den Mund, aber nicht schnell genug. Das verwünschte Wort war ihr schon herausgerutscht.

Sadie seufzte. „Sag bitte nicht, dass du im Schulbus solche Wörter benutzt, Diana.“

„Ich? Was glaubst du denn, wo ich das Wort aufgeschnappt habe?“

„Sind die Kinder wirklich so schlimm? Mein Vater hat das mit den Schulbussen eingeführt, um unser Stadtviertel zu unterstützen, aber wenn es so …“

„Die Kinder sind in Ordnung“, unterbrach Diana sie schnell. „Wirklich. Sie sind einfach in einem Alter, in dem sie Erwachsene provozieren wollen. Am besten, man reagiert nicht darauf.“

„Diana, am besten, man übernimmt nicht ihre Ausdrücke!“

„Aber ich …“ Angesichts ihres sprachlichen Patzers ruderte sie zurück. „Du hast recht.“

Sadie blickte gedankenverloren vor sich hin. „Vielleicht sollte ich Jack mal ein bis zwei Wochen den Schulbus fahren lassen. Er würde ihnen schon Manieren beibringen.“

Der Flottenchef von Capitol Cars sollte einen Minibus voller vorlauter Schulkinder fahren?

Diana grinste. „Das würde ich gerne sehen.“

Sie wechselten einen Blick. Zwei alleinerziehende Mütter. Die eine auf der untersten, die andere auf der obersten Sprosse in einer von Männern dominierten Branche. Beide hatten sie jeden abgedroschenen Witz über Frauen am Steuer zu hören bekommen. Bedauernd schüttelte Sadie den Kopf. „Er würde kündigen.“

„Absolut unter seiner Würde“, stimmte Diana ihr zu. „Dass ich heute seinen geliebten Wagen fahre, ist schon schlimm genug für ihn.“

Sadie unterdrückte ein Grinsen und war wieder ganz die Chefin. „Also denk dran, bei prominenten Kunden hat der Chauffeur äußerst höflich und zurückhaltend zu sein.“

„Verstanden.“

„Gut, dann informiere ich dich jetzt über den Terminplan von Scheich Zahir. Du kannst dich inzwischen umziehen, für diesen Job brauchst du die komplette Uniform. Und du brauchst gar nicht erst zu fragen: Ja, der Hut gehört auch dazu.“

„Sch… Scheich?“

Sie glaubte, ihren Ausrutscher gut kaschiert zu haben, aber Sadies Blick verriet, dass sie die Chefin nicht hinters Licht führen konnte.

„Scheich Zahir al-Khatib ist der Neffe des Emirs von Ramal Hamrah und der Cousin des Botschafters seines Landes. Außerdem ist er ein milliardenschwerer Geschäftsmann, der aus seinem Land ein hochexklusives, exotisches Touristenziel machen will.“

Diana wurde ernst. „Dann ist er wirklich erste Liga.“

„Absolut. Der Mercedes steht ihm während seines Aufenthalts rund um die Uhr zur Verfügung. Die Arbeitszeiten sind also flexibel. Aber wenn du mir heute über die Runden hilfst, sehe ich zu, dass ich für morgen einen Ersatzfahrer finde.“

„Das ist nicht nötig.“ Diana sagte es mit fester Stimme, in der Hoffnung, ihren Ausrutscher wiedergutzumachen. Auch wenn sie nicht Jack Lumley war, sollten ihre Kunden keinen Grund zur Klage haben. „Ich übernehme das. Zumindest bis Jack wieder gesund ist.“

Darauf hatte sie gewartet. Endlich eine Gelegenheit, bei der sie beweisen konnte, dass sie nicht nur den Schulbus und die Fahrten zum Flughafen meisterte, sondern auch einen Tycoon mit der Limousine chauffieren konnte. Auf keinen Fall würde sie den Mercedes freiwillig dem nächsten Mann übergeben, der nur darauf wartete, die Limousine zu fahren.

„Gib mir eine Chance, Sadie. Du wirst es nicht bereuen.“

Sadie strich ihr leicht über die Schulter, als Zeichen, dass sie verstand. „Lass uns sehen, wie es heute läuft, was meinst du?“

Okay. Sie hatte verstanden. Jetzt konnte sie zeigen, was in ihr steckte.

Entschlossen streifte sie die Plastikhandschuhe ab, die sie zum Putzen übergezogen hatte. Sie legte den Firmenoverall ab und zog eine gebügelte Hose an, dazu eine weiße Bluse statt ihres gewohnten Sweatshirts von Capitol Cars und darüber ihre weinrote Uniformjacke, die nur selten zum Einsatz kam.

Sadie las die Termine von einem Clipboard ab. „Scheich Zahir kommt mit einem Privatjet und landet voraussichtlich um siebzehn Uhr fünfzehn auf dem City Airport. Du wartest auf dem Kurzzeitparkplatz. Die VIP-Hostess hat die Nummer deines Autotelefons und ruft dich an, wenn das Flugzeug landet. Dann kannst du vorfahren.“

„Verstanden.“

„Als Erstes besucht er die Botschaft seines Landes in Belgravia. Dort bleibt er eine Stunde. Dann fährst du ihn in sein Hotel in der Park Lane. Um neunzehn Uhr fünfundvierzig bringst du ihn zu einem Empfang in die Riverside Gallery an der South Bank. Danach Dinner in Mayfair. Die Adressen stehen alle hier auf dem Blatt mit den Dienstanweisungen.“

„Belgravia, Mayfair …“ Lächelnd knöpfte Diana ihre Jacke zu. „Meine kühnsten Träume werden wahr. Soll ich mich in den Arm kneifen?“

„Bleib auf dem Teppich, Di. Und ruf mich an, okay? Wenn es Probleme gibt, will ich es von dir erfahren und nicht vom Kunden.“

Scheich Zahir bin Ali al-Khatib war noch in seine Arbeitsunterlagen vertieft, als der Jet landete und zum Terminal rollte.

„Wir sind angekommen, Zahir“. James Pierce nahm ihm den Laptop ab und übergab den Computer einem Sekretär. Dann legte er ein in Geschenkpapier eingewickeltes Päckchen vor den Scheich.

Zahir runzelte die Stirn und versuchte sich zu erinnern. Dann blickte er auf. „Hast du genau das bekommen, was sie sich wünscht?“, fragte er.

„Einer meiner Mitarbeiter hat es im Internet gefunden. Antik, venezianisch, sehr hübsch. Ich bin sicher, es wird der Prinzessin gefallen.“ Dann fuhr er fort: „Ihr gewohnter Fahrer wartet auf Sie. Wir haben heute Abend einen sehr engen Terminplan. Wenn Sie pünktlich zum Empfang kommen wollen, dürfen Sie die Botschaft nicht später als achtzehn Uhr fünfundvierzig verlassen.“

Diana fuhr am Eingang des Terminals vor, drückte den albernen kleinen Hut fest auf ihrem Haar zurecht, zog ihre Uniformjacke straff herunter und strich die weichen Lederhandschuhe glatt. Dann stieg sie aus und stellte sich wartend neben den hinteren Wagenschlag der Limousine. In ihrem Kopf schwirrten nur so die Filmbilder aus Lawrence von Arabien, aber sie rief sich zur Ordnung und stand aufrecht und gespannt, bereit, beim Erscheinen ihres Kunden in Aktion zu treten.

Doch sie wartete vergeblich auf fließende Gewänder und romantische Kopfbedeckungen, die im Wind flatterten.

Scheich Zahir al-Khatib schien sich an den Ratgeber für bequemes Reisen gehalten zu haben. Gleichwohl hätte sie ihn auch in legerer Kleidung und ohne seine VIP-Eskorte erkannt.

Die edlen grauen Jeans und die Bootsschuhe, die er ohne Socken trug, waren sportlich, aber teuer. Er selbst war groß und athletisch, mit dunklen Haaren, die sich im Nacken lockten. Auf den ersten Blick wirkte er eher wie ein Sportstar als wie ein milliardenschwerer Wirtschaftstycoon. Seine Kleidung und sein verwirrend gutes Aussehen unterstrichen noch seine lässige Arroganz und das aristokratische Selbstbewusstsein, das er ausstrahlte. Man spürte, dass ihm von Geburt an jeder Wunsch von den Augen abgelesen worden war.

Das leuchtend pinkfarbene, mit zahlreichen Bändern versehene Päckchen, das er in der Hand hielt, stand in starkem Kontrast zu seiner männlichen Ausstrahlung. Allein die mädchenhafte Verpackung genügte, um Diana aufzubringen.

Der Scheich selbst sah allerdings fantastisch aus, das musste sie zugeben.

Er blieb kurz am Ausgang stehen, um sich bei seinen Begleitern zu bedanken. Genug Zeit für Diana, ihr höfliches Lächeln aufzusetzen und sich in Erinnerung zu rufen, dass ihr übliches „Hatten Sie eine gute Reise?“ hier nicht angebracht war.

Es war ihr nicht gestattet zu plaudern. Ein gediegenes „Guten Tag, Sir“ war das Äußerste.

Das war nicht leicht für sie; denn es gab zwei Dinge, in denen sie gut war – Autofahren und Reden. In beiden Disziplinen war sie ein Naturtalent. Mit Ersterem verdiente sie ihren Lebensunterhalt, Letzteres gab’s umsonst.

Da sie meistens Kinder fuhr und bei Betriebsausflügen eingesetzt wurde, war das nie ein Problem gewesen, im Gegenteil. Doch ihr war klar, warum Sadie ihr diesen Kunden nur aus einer absoluten Notlage heraus anvertraute.

Nun konnte sie es allen beweisen – Sadie, ihren Eltern, den älteren Nachbarn, die sie immer so verächtlich ansahen. Sie würden schon sehen.

Dianas Lächeln entsprach genau den Vorschriften, als sie rasch die Wagentür öffnete.

„Guten Tag …“

Bis zum „Sir“ kam sie nicht mehr.

Ein kleiner Junge, der hinter anderen Passagieren aus dem Flughafengebäude gesaust kam, sprang mit affenartiger Geschwindigkeit auf die immer enger werdende Lücke zwischen Scheich Zahir und der Wagentür zu, um zu einer Frau zu gelangen, die gerade eingeparkt hatte. Dabei stolperte er über Dianas auf Hochglanz polierte Schuhe und stieß im gleichen Moment mit Scheich Zahir zusammen. Das pinkfarbene Päckchen flog in hohem Bogen durch die Luft.

Der Scheich reagierte blitzschnell. Er bekam den Jungen an seiner Jacke zu fassen und verhinderte einen Sturz.

Diana, auch nicht gerade langsam, machte einen Satz nach dem Geschenk. Sie bekam es an einem der Bänder zu fassen.

„Ja!“, rief sie triumphierend.

Zu früh.

„Neiiiin!“

Sie hielt das Band an einem Ende zwischen den Fingern, die Schleife öffnete sich, und das Geschenk landete mit einem Geräusch, das sehr nach zerbrechendem Glas klang, auf dem Asphalt.

Und da entfuhr ihr das Wort, das ihr – so hatte sie es Sadie hoch und heilig versprochen – nie, nie vor einem Kunden herausrutschen würde.

Vielleicht war Scheich Zahirs Englisch nicht gut genug, um es zu verstehen.

„Heh, wo brennt’s denn?“, fragte er den Jungen, stellte ihn wieder auf die Beine und zerstörte all ihre Hoffnungen bezüglich seiner sprachlichen Möglichkeiten.

Nur ein winziger Akzent verriet, dass Englisch nicht die Muttersprache des Scheichs war.

„Es tut mir ja so unendlich leid …“ Die Großmutter des Jungen kam herbeigeeilt und konnte es nicht fassen. „Bitte lassen Sie mich für den Schaden aufkommen.“

„Das ist nicht nötig“, antwortete Scheich Zahir und zerstreute ihre Besorgnis mit einem angedeuteten Kopfnicken. Ein Wüstenprinz durch und durch, auch ohne die äußeren Merkmale.

Während Diana die Überreste des zerbrochenen Geschenks aufhob, musste sie sich eingestehen, dass er eindeutig Klasse hatte.

Als sie wieder aufrecht stand und er sich zu ihr umdrehte, glaubte sie plötzlich, auf Treibsand zu stehen. Aus der Nähe war es unmöglich, sich seiner Anziehungskraft zu entziehen. Olivenfarbene Haut, dunkle Augen – wenn er lächelte, würde jede Frau schwach werden.

Aber er lächelte nicht. Scheich Zahir sah sie mit einem unergründlichen Blick an.

Erst als sie etwas sagen wollte, merkte sie, dass sie den Atem angehalten hatte.

„Es tut mir leid“, brachte sie schließlich hervor.

„Leid?“

Dass sie ihre Zunge nicht im Zaum gehalten hatte, dass sie das Päckchen nicht hatte retten können.

Letzteres schien ihr die unverfänglichere Entschuldigung.

„Es ist leider kaputtgegangen.“ Als er es ihr aus der Hand nahm, fügte sie hinzu: „Und etwas läuft aus.“

Er blickte nach unten, hielt das Geschenk mit ausgestrecktem Arm von sich weg und sah sich nach einem Abfalleimer um. Das gab Diana einen kurzen Augenblick, um ihre Fassung zurückzugewinnen.

Das war also der Scheich. Seine Gesichtszüge hatten etwas Kantiges, Gefährliches, und er sah einfach umwerfend aus.

Aber er würde keinen Blick an sie verschwenden, selbst wenn sie es wollte. Und natürlich wollte sie es nicht.

Ein gefährlich aussehender Mann im Leben war mehr als genug.

Es befand sich kein Abfalleimer in der Nähe, und der Scheich gab ihr kurzerhand das Häuflein klebrigen Papiers zurück. Auch in dieser Situation ganz Mann – um den Schlamassel sollten sich andere kümmern …

„Sie sind nicht mein üblicher Fahrer“, sagte er.

„Nein, Sir.“ Auch den Sehtest hat er bestanden, dachte sie, als sie eine wasserdichte Spucktüte aus dem Handschuhfach zog und das Päckchen darin verstaute. „Was mag mich nur verraten haben?“, murmelte sie vor sich hin.

„Vielleicht der Bart?“, meinte er, als sie sich zu ihm umdrehte.

Auch sein Gehör war erstklassig.

Oh, zweimal Sch… Scheich!

„Daran kann es nicht liegen, Sir“, sagte sie und hoffte, dass die Anweisung ihres Gehirns, ein höfliches Lächeln aufzusetzen, bei ihren Mundwinkeln angekommen war. Die andere Anweisung, nämlich den Mund zu halten, war irgendwo unterwegs verloren gegangen. Von einem inneren Dämonen angestachelt, fügte ihr Sprachzentrum hinzu: „Ich könnte einen falschen tragen.“

Hatte man sich mit seinem losen Mundwerk einmal in Schwierigkeiten gebracht, lag die Rettung manchmal darin, einfach weiterzureden. Das wusste sie noch aus der Schulzeit. Wenn es ihr gelang, ihn zum Lachen zu bringen, kam sie vielleicht gerade noch einmal davon.

Lächle, bitte, bitte lächle!

„Das kommt ja häufiger vor, als man denkt“, fügte sie beinahe flüsternd hinzu, denn er lächelte nicht.

„Wie heißen Sie?“

„Sie brauchen sich meinen Namen nicht zu merken“, antwortete sie, scheinbar unbekümmert, „im Büro weiß man, wer Sie gefahren hat.“

Denn dort würde er anrufen, um sich zu beschweren.

Nicht einmal den ersten Tag hatte sie überstanden. Sadie würde sie umbringen, und das zu Recht.

„Im Büro weiß man es vielleicht, aber ich weiß es nicht.“

Dieser Mann überlässt nichts dem Zufall.

„Metcalfe, Sir.“

„Metcalfe.“ Er sah aus, als wolle er noch etwas hinzufügen, unterließ es aber. „Also, Metcalfe, fahren wir los. Ich habe nicht viel Zeit, und wir werden einen Umweg machen müssen, wenn wir das Geburtstagskind nicht enttäuschen wollen.“

„Geburtstagskind?“

„Prinzessin Ameerah ist die Tochter meines Cousins. Sie wird heute zehn. Ihr Herzenswunsch ist eine Schneekugel, und ich habe ihr versprochen, eine mitzubringen.“

„Oh.“ Ein kleines Mädchen also. Diana vergaß, dass sie nur reden sollte, wenn sie angesprochen wurde. „Ja, Schneekugeln sind wunderschön. Ich habe noch eine, die ich geschenkt bekam, als …“

Sie unterbrach sich. Wie konnte sie nur glauben, dass ihn das interessierte?

„Als …?“

„Äh, als ich sechs wurde.“

„Sechs.“ Anscheinend versuchte er sich vorzustellen, wie sie mit sechs ausgesehen haben mochte. „Die zerbrochene Kugel war antik, aus venezianischem Glas.“

„Für eine Zehnjährige?“ Die Worte waren heraus, bevor sie nachdenken konnte.

Er war im Begriff, in den Wagen zu steigen, hielt aber stirnrunzelnd inne.

„Glas, ob das so klug war?“ Sie hatte den Eindruck, dass seine Entscheidungen bisher nie kritisiert worden waren. Vielleicht konnte sie ihm auf die Sprünge helfen. „Meine ist aus Kunststoff.“ Sie stammte von einem Marktstand. „Nicht wertvoll …, aber sie wäre, äh, nicht zerbrochen.“

Halt schon endlich den Mund!

Sie zog kurz die Schultern hoch, als könne sie sich damit von ihren Worten distanzieren.

„Für ein Kind wäre vielleicht etwas weniger Zerbrechliches passender. Ich bin sicher, die Kugel, die Sie gekauft haben, war sehr schön“, fügte sie schnell hinzu, damit er nicht glaubte, sie kritisiere ihn. Sie hatte sich schon genug Schwierigkeiten eingehandelt. „Aber wahrscheinlich haben Sie keine eigenen Kinder.“

„Sie meinen, sonst wüsste ich es besser?“

„Hmm“, sagte sie. „Eine antike Glaskugel ist eher eine Kostbarkeit als ein Spielzeug.“ Sie bemühte sich zu lächeln, um das Gesagte ein wenig abzumildern.

„Das ist richtig.“ Er runzelte noch immer die Stirn, nicht ärgerlich, eher so, als dämmere ihm etwas.

Angestrengt lächelnd redete sie weiter. „Aber Prinzessinnen sind sicher nicht so ungeschickt wie gewöhnliche kleine Mädchen.“

„Meiner Erfahrung nach sind sie das schon.“

Diana blieb fast das Herz stehen, als er sie nun anlächelte und feine Fältchen um seine dunkelgrauen Augen sichtbar wurden. „Sie sind nicht auf den Kopf gefallen, Metcalfe.“

„Äh …“

„Wie viel würde es kosten, damit Sie sich von Ihrem robusten Spielzeug trennen?“

Sie schluckte. „Tut mir leid, aber ich besitze es nicht mehr.“

Er schaute sie fragend an.

„Es ist nicht kaputtgegangen“, beruhigte sie ihn. „Ich habe es …“

Sag’s ihm.

Sag ihm, dass du einen fünfjährigen Sohn hast. Alle erzählen von ihren Kindern, wie süß sie sind und wie gescheit. Alle, nur ich nicht, die ewige Schwätzerin. Was für eine Ironie.

Ich kann über alles reden, nur nicht über Freddy; denn wenn ich es täte, käme mit Sicherheit die eine Frage, die ich nie einer Menschenseele beantwortet habe.

Scheich Zahir wartete.

„Ich habe die Kugel einem kleinen Jungen geschenkt, der sie unbedingt haben wollte.“

„Machen Sie doch nicht so ein tragisches Gesicht, Metcalfe, ich habe nur gescherzt.“ Sein Lächeln vertiefte sich. „Dann gehen wir jetzt einkaufen.“

„J…ja, Sir.“ Dann, mit einem Blick auf das Flughafengebäude. „Möchten Sie nicht auf Ihr Gepäck warten?“

Sie hatte damit gerechnet, dass jeden Augenblick ein Bediensteter mit so einem beladenen Trolley erscheinen würde. Doch Scheich Zahir stieg in den Wagen und sagte nur: „Das wird erledigt.“

Sadie hat recht, dachte sie. Das war wirklich eine andere Welt. Sie schloss die Tür, räumte die Überreste des Geschenks weg und atmete tief durch, bevor sie sich hinter das Steuer setzte und den Motor anließ.

Sie ging zum Shopping. Mit einem Scheich.

Unglaublich.

Unglaublich.

Durch eine kurze Ablenkung war die minutiöse Planung von James zunichtegemacht.

Aber was für eine Ablenkung …

Zahir hatte die Ankunftshalle durchquert und erwartet, von Jack Lumley abgeholt zu werden, seinem effizienten Fahrer, der nur das Nötigste redete. Stattdessen saß er nun hier mit „Metcalfe“. Eine Frau mit Kurven, die durch den engen Schnitt ihrer Jacke noch betont wurden. Eine Frau, in deren zartem Nacken sich weiche Strähnen kastanienbraunen Haars ringelten.

Mit einem Mund, der sie in Schwierigkeiten bringen konnte.

Er hatte keine Zeit für Eskapaden.

Trotzdem. Er liebte die Erregung des Neuen, er liebte die Herausforderung und das Gefühl, Dinge ins Rollen zu bringen. Ihn reute keine einzige der vielen Stunden, die er in einen kleinen Anbieter von Wüstentouren, der in finanziellen Schwierigkeiten steckte, investiert hatte. Er hatte daraus ein Milliardenunternehmen gemacht.

Er allein hatte den Tourismus in Ramal Hamrah aufgebaut, wo die meisten Urlauber früher nur einen Zwischenstopp eingelegt hatten, um in den Suks einzukaufen. Inzwischen war sein Land fester Bestandteil der Reiseliteratur und wurde in den Wochenendbeilagen der Zeitungen besprochen. Nicht nur die Wüste, auch die Berge und die Geschichte des Landes.

Er hatte ein Urlaubsdomizil geschaffen mit Luxusunterkünften und einem Jachthafen, der so gut wie fertiggestellt war. Nun war die eigene Fluggesellschaft an der Reihe. Sie sollte den Namen seines Landes tragen.

Er hatte hart dafür gearbeitet.

Bis in die jüngste Gegenwart hinein war der Tourismus eine kleine, fast zu vernachlässigende Einnahmequelle neben dem Öl gewesen. Nur wenige Visionäre hatten gesehen, wie man das Land entwickeln konnte. Die Nachbarländer waren in dieser Hinsicht Lichtjahre voraus gewesen.

Vielleicht sogar ein Vorteil aus heutiger Sicht. Er war gezwungen gewesen, neue Wege zu beschreiten, und hatte sich gegen riesige Ferien- und Hotelanlagen entschieden und stattdessen im traditionellen Stil und mit einheimischen Materialien luxuriöse Resorts gebaut. Ein Kontrast für jeden übersättigten Urlauber.

Die Wüste konnte als landschaftliches Wunder zu Pferd oder auf dem Kamel erlebt werden. Lange Zeit unbeachtete archäologische Stätten wurden wieder zugänglich gemacht, um die Besucher anzuziehen, die sich für die reiche Kultur des Landes interessierten.

Und ein sich allmählich änderndes Bewusstsein in der Tourismusbranche hatte ihm in die Hände gespielt. Plötzlich war er der Visionär und an der Spitze.

An der Spitze und allein.

„… wahrscheinlich haben Sie keine eigenen Kinder …“

Wenn man dabei war, ein Imperium aufzubauen, musste anderes zurückstehen. Aber seine Mutter tat ihr Bestes, um diese Situation zu ändern. Während er hier in der Limousine saß und Metcalfes glänzendes kastanienbraunes Haar betrachtete, war seine Mutter wahrscheinlich damit beschäftigt, eine passende Frau für ihn auszuwählen. Und mit der Familie der Glücklichen alle Einzelheiten auszuhandeln.

Er würde seinen Vater zufriedenstellen und ihm einen Enkel schenken, der seinen Namen trug.

So geschah es seit Tausenden von Jahren. Die Vorstellung von der romantischen Liebe gab es in seinem Land nicht. Die Ehe war ein Vertrag. Sie wurde zum Besten der beiden Familien arrangiert. Er würde seine Frau respektieren. Sie war zuständig für sein Zuhause, brachte seine Kinder zur Welt – Söhne, die ihm zur Ehre gereichten, Töchter, die ihm Freude bereiteten.

Sein Blick wanderte zu der jungen Frau zurück, die vor ihm saß. Er konnte ihre leicht geröteten Wangen und die Andeutung eines Grübchens im Rückspiegel sehen.

Ihr Gesicht sieht aus, als wäre sie immer kurz davor zu lächeln, dachte er und musste selbst lächeln, als er sich ihr Mienenspiel vergegenwärtigte. Angefangen bei Entsetzen, als ihr ein Wort herausrutschte, das für einen Chauffeur völlig unangemessen war, über verwirrtes Erröten bis hin zu Trotz und schließlich – ihr rührendster Gesichtsausdruck – Besorgnis.

Glas. Für ein Kind. Was hatte er sich nur gedacht? Was hatte sich James gedacht?

Gar nichts. Er hatte einfach das Teuerste und Exklusivste haben wollen, um einen Kinderwunsch zu erfüllen, und James hatte seine Anweisung wie immer ausgeführt.

Eine Ehefrau hätte diesen Fehler nicht begangen.

Metcalfe hätte diesen Fehler nicht gemacht.

Auch würde sie sich nicht mit einer Beziehung zufriedengeben, die auf Respekt basierte, vermutete er. Nicht mit diesem Lächeln. Und schließlich kam sie aus einer anderen Welt. Das Leben, das sie führte, war undenkbar für all die jungen Frauen, unter denen seine Mutter eine passende Braut für ihn auswählte.

Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, als ob er auf diese Weise beunruhigende Gedanken abwehren könnte. Er wollte sich nicht ablenken lassen. So kurz vor seiner geplanten Hochzeit sollte er nicht einmal solche Gedanken haben.

„Bleiben Sie meine Fahrerin, Metcalfe?“, fragte er. „Oder kommt Jack Lumley morgen wieder?“

„Das weiß ich nicht, Sir“, antwortete sie und sah in den Rückspiegel, wo sie kurz seinem Blick begegnete, bevor sie sich wieder auf die Straße konzentrierte. „Er ist seit heute krank. Ich bin sicher, es lässt sich ein anderer Fahrer finden, wenn Sie darauf bestehen.“

„Jemand mit Bart?“

„Ja, Sir.“

Ihr Grübchen war verschwunden. Sie lächelte nicht. Glaubte sie, er habe Vorurteile gegenüber einem weiblichen Chauffeur?

„Und wenn ich darauf bestehe?“, bohrte er weiter. „Was machen Sie dann morgen?“

Wieder trafen sich ihre Blicke kurz im Rückspiegel. Ihre Augen waren grün, grün wie frisches Laub im April.

„Mit etwas Glück fahre ich wieder den Schulbus.“

„Und wenn Sie Pech haben?“

„Dann fahre ich auch den Schulbus.“ Nun lächelte sie, wenn auch etwas wehmütig und hielt auf dem Parkplatz eines riesigen Spielwarenladens. Noch bevor sie ihrem Fahrgast die Tür aufhalten konnte, war er ausgestiegen und blickte befremdet an dem Geschäftshaus hoch.

Es war ihm nicht in den Sinn gekommen, ihr ein bestimmtes Kaufhaus vorzuschlagen. Jack Lumley hätte Harrods oder Hamleys gewählt. Er hätte zuvor dort angerufen, um sicherzustellen, dass sie den gewünschten Artikel führen, und ihn dann als Geschenk verpackt und meinem Konto belastet für mich bereitlegen lassen, dachte Zahir.

Keine Wartezeit.

Autor

Liz Fielding

In einer absolut malerischen Gegend voller Burgen und Schlösser, die von Geschichten durchdrungen sind, lebt Liz Fielding – in Wales

Sie ist seit fast 30 Jahren glücklich mit ihrem Mann John verheiratet. Kennengelernt hatten die beiden sich in Afrika, wo sie beide eine Zeitlang arbeiteten. Sie bekamen zwei Kinder, die...

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