Ein kühler Plan, ein heißer Kuss

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"Ich werde dich niemals heiraten!" Angelique hasst den sexy Playboy Remy Caffarelli von ganzem Herzen. Doch um einen Skandal zu vermeiden, muss sie jetzt seine Frau werden - zum Glück nur zum Schein. Aber warum schmeckt der gespielte Hochzeitskuss dann plötzlich so erregend süß?


  • Erscheinungstag 04.08.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733768898
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was soll das heißen, du hast es verloren?“ Angelique starrte ihren Vater schockiert an.

Henri Marchand zuckte gleichmütig die Achseln, doch sein Adamsapfel hüpfte auf und ab, als müsse er etwas Widerliches schlucken. Tarrantloch, den schottischen Familiensitz von Angeliques verstorbener Mutter, bei einem Pokerspiel in Las Vegas zu verlieren, war allerdings auch verdammt bitter.

„Remy Caffarelli hat so getan, als hätte er eine Pechsträhne“, verteidigte Henri sich. „Er verlor ein Spiel nach dem anderen. Ich wollte ihn ein für alle Mal fertigmachen, aber im alles entscheidenden Spiel hat er mich plötzlich ausgebootet.“

Angelique überlief es eiskalt. Gleichzeitig begann ihr das Blut in den Adern zu kochen. „Jetzt sag nicht, du hast Tarrantloch an Remy Caffarelli verloren!“ Dieser Mann war ihr erbitterter Feind. Der einzige Mann, mit dem sie absolut nichts zu tun haben wollte – noch nicht mal in Gedanken!

„Ich werde alles zurückgewinnen“, verkündete ihr unbelehrbarer Vater im Brustton der Überzeugung. „Ich fordere ihn zu einem weiteren Spiel mit noch höherem Einsatz heraus. Er beißt bestimmt an.“

„Willst du etwa noch mehr verlieren?“ Aufgebracht sah Angelique ihren Vater an. „Remy Caffarelli hat dich reingelegt, kapierst du das denn nicht? Er hat es schon lange auf dich abgesehen, seit der Sache mit seinem Großvater damals. Und dann hast du auch noch Remys Hotelprojekt in Spanien sabotiert! Wie hast du nur auf einen so billigen Trick hereinfallen können?“

„Das nächste Mal bin ich derjenige, der ihn reinlegt, du wirst schon sehen. Er hält sich immer für besonders clever, aber ich werde ihn genau dort treffen, wo es richtig wehtut.“

Angelique verdrehte verächtlich die Augen und wandte sich ab. Ihr Magen fühlte sich an, als hätte man ihn mit einem rostigen Löffel ausgekratzt. Wie hatte ihr Vater nur den geliebten Familiensitz ihrer Mutter an Remy Caffarelli verwetten können? Dabei gehörte Tarrantloch ihm doch gar nicht! Es war Teil des Treuhandfonds, der ihr mit fünfundzwanzig Jahren übereignet werden sollte – in weniger als einem Jahr.

Ihr Heiligtum. Ihr Refugium. Der einzige Ort, an den sie sich zurückziehen konnte, ohne von Paparazzi verfolgt zu werden.

Weg. Verloren. Verspielt.

Und zu allem Überfluss auch noch an ihren Erzfeind!

Remy frohlockte bestimmt! Sie konnte förmlich vor sich sehen, wie er die sinnlichen Lippen zu einem selbstgefälligen Lächeln verzog und seine espressoschwarzen Augen triumphierend glitzerten. Mit Sicherheit stolzierte er in ganz Europa herum und erzählte allen, dass er es Henri Marchand endlich heimgezahlt hatte.

Ihr Vater und die Caffarellis waren seit zehn Jahren erbitterte Feinde. Bis dahin waren Remys Großvater Vittorio und Henri Geschäftspartner und Freunde gewesen. Doch dann musste irgendetwas zwischen den beiden vorgefallen sein. Henri hatte in letzter Minute die Finanzierung einer wichtigen geschäftlichen Transaktion der Caffarellis platzen lassen und deren Imperium damit in große Gefahr gebracht. Seitdem hatten die beiden Männer kein Wort mehr miteinander gewechselt.

Angelique hatte schon länger damit gerechnet, dass ausgerechnet Remy sich an ihrem Vater rächen würde. Vermutlich, weil er sich damit den Respekt seines Großvaters verschaffen wollte. Das war bislang noch keinem der drei Caffarelli-Brüder gelungen, obwohl gerade Remys ältere Brüder unglaublich erfolgreiche Geschäftsleute waren.

Doch Angelique war schon vor dem Bruch zwischen ihren beiden Familien immer wieder mit Remy aneinandergeraten. Seine Arroganz und Überheblichkeit waren ihr auf die Nerven gegangen, während er ihr vorgeworfen hatte, süchtig nach Aufmerksamkeit zu sein. Die acht Jahre Altersunterschied zwischen ihnen hatte ihr Verhältnis nicht einfacher gemacht. Allerdings musste Angelique zugeben, dass sie damals ziemlich schwierig im Umgang gewesen war – vor allem nach dem Tod ihrer Mutter.

Sie drehte sich wieder zu ihrem Vater um, der seine Niederlage gerade mit einem großen Glas Brandy herunterspülte. „Mom dreht sich bestimmt im Grab um – und ihre Eltern und Großeltern gleich mit. Wie konntest du nur so … dumm sein?“

Henris Blick wurde eisig. Wütend presste er die dünnen Lippen zusammen. „Pass gut auf, was du sagst, junge Dame“, sagte er drohend. „Ich bin dein Vater. Du sprichst gefälligst nicht mit mir, als sei ich ein Idiot.“

Angelique straffte die Schultern. „Und was willst du dagegen tun? Mich beschimpfen, so wie Mom? Mich verbal und emotional missbrauchen, bis ich eine Überdosis Schlaftabletten schlucke, nur um dich endlich loszuwerden?“

Ein unheilvolles Schweigen erfüllte den Raum.

Angelique wusste, wie gefährlich es war, ihren Vater zu verstimmen.

Das Unaussprechliche auszusprechen.

Ihre ganze Kindheit hindurch war sie auf Zehenspitzen um ihn herumgeschlichen, um nur ja nicht seinen Zorn zu erregen. Sie hatte mit ansehen müssen, wie er das Selbstwertgefühl ihrer Mutter nach und nach unterminierte, bis sie nur noch ein Schatten ihrer selbst war. Sein Verhalten hatte die Luft verpestet. Angelique hatte lange versucht, seine Zuneigung zu gewinnen, aber nichts, was sie tat, war je gut genug für ihn gewesen.

Mit siebzehn hatte sie dann beschlossen, das Gegenteil zu tun. Seitdem nutzte sie jede Gelegenheit, um ihn in aller Öffentlichkeit in Verlegenheit zu bringen, zum Beispiel mit ihrer Karriere als Bademoden-Model. Sie wusste genau, wie peinlich es ihm war, dass seine Tochter ihren Körper in Magazinen und Katalogen zur Schau stellte, und auch sonst ließ sie keine Gelegenheit aus, sich in die Schlagzeilen zu bringen. Ihren Ruf als skandalerregende Partyschlampe nahm sie gern dafür in Kauf.

„Pass bloß auf, dass ich dich nicht enterbe“, stieß ihr Vater wutentbrannt hervor. „Wenn du so weitermachst, werde ich jeden einzelnen Penny einem Tierheim stiften.“

Angelique hätte fast erwidert, „Nur zu, mach doch“, aber das Vermögen, das er wegzugeben drohte, hatte ihrer Mutter gehört. Von Rechts wegen gehörte es ihr, genauso wie Tarrantloch eigentlich ihr gehört hatte. Und sie würde alles dafür tun, um es zurückzubekommen.

Und zwar sofort.

Remy liebte die Wüste von Dharbiri, eine arabische Provinz, der er so oft wie möglich einen Besuch abstattete. Mit Kronprinz Talib Firas Muhtadi war er seit seiner Schulzeit befreundet.

Er genoss den Anblick des sich endlos bis zum Horizont erstreckenden gewellten Sandes, genoss die Stille, die Einsamkeit und die flirrend heiße Luft. Die fast feudalen Gesetze und Bräuche empfand er als anregenden Kontrast zu seinem durch und durch modernen Leben.

Kein Alkohol. Kein Glücksspiel. Keine unbeaufsichtigten Frauen.

Sein aufregendes Leben gefiel ihm, aber dann und wann empfand er das Bedürfnis, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen und seine Batterien wieder aufzuladen.

Das Klima in Dharbiri war ganz anders als im herbstlichen Italien, wo er gerade einige Tage bei seinem Großvater verbracht hatte. Es gab ihm immer ein Gefühl der Genugtuung, unangemeldet bei dem schwierigen alten Mann hereinzuschneien, ein paar Tage zu bleiben und dann einfach ohne Abschied zu verschwinden. Er wusste, dass den alten Herrn das verrückt machte.

Remy liebte Italien, fühlte sich jedoch fast überall zu Hause. Seine französisch-italienische Herkunft und seine Schulzeit in England hatten ihn mehr oder weniger zu einem Kosmopoliten gemacht. Bis jetzt hatte er kein wirkliches Zuhause, sondern lebte fast nur in Hotels. Es gefiel ihm, nie zu wissen, wohin es ihn die nächste Woche verschlagen würde. Seine ausgezeichnete Spürnase für günstige Deals führte ihn mal hier- und mal dorthin. Und er hatte großen Erfolg mit dieser Strategie.

So wie bei seinem letzten Pokerspiel mit Henri Marchand in Vegas. Was für ein geradezu genialer Meisterstreich! Es musste diesen windigen Betrüger äußerst schmerzlich getroffen haben, dass das Schloss in Schottland nun Remy gehörte.

Wie süß schmeckte dieser Sieg! Remy war gleich nach Dharbiri geflogen, um dort erst einmal in aller Ruhe über seinen Gewinn nachzudenken. Tarrantloch war einer der schönsten Landsitze Schottlands. Die einsame isolierte Lage war perfekt, um zu jagen, zu angeln und Freunde zu Partys einzuladen. Remy wäre am liebsten sofort hingeflogen, wollte jedoch nicht zu begierig wirken. Nein, es war besser, Henri Marchand – und seiner verzogenen Tochter Angelique – den Eindruck zu vermitteln, dass Tarrantloch ihm nicht viel bedeutete.

Er würde noch jede Menge Zeit haben, ihr seinen Triumph unter die perfekte kleine Stupsnase zu reiben.

Er konnte es kaum erwarten.

Angelique hatte schon Probleme damit gehabt, einen Flug nach Dharbiri zu bekommen, aber bis zu Remy vorzudringen, gestaltete sich etwa so schwierig, wie mit einer Handvoll Granaten im Handgepäck die Sicherheitskontrolle am Flughafen zu passieren.

Sie knirschte zum ungefähr zehnten Mal in den letzten Stunden vor Wut mit den Zähnen. „Ich muss unbedingt mit Monsieur Caffarelli sprechen. Es ist dringend. Eine Art … Familienkrise.“

Ihre Familienkrise.

Der Rezeptionist gab sich kühl und distanziert. Vermutlich war er schon routiniert darin, ganze Heerscharen weiblicher Glücksritter abzuwimmeln, die ein Arm oder ein Bein – oder beides – dafür hergeben würden, um ein paar Minuten mit dem unglaublich reichen und gut aussehenden Remy Caffarelli verbringen zu dürfen.

Als ob sie jemals so tief sinken würde!

„Monsieur Caffarelli ist gerade nicht erreichbar.“ Der Rezeptionist warf ihr einen abschätzigen Blick zu. „Er speist gerade mit dem Kronprinz und seiner Frau zu Abend, und das Hofzeremoniell erlaubt nur bei dringenden politischen Problemen eine Unterbrechung.“

Angelique verdrehte innerlich genervt die Augen. Okay, dann musste sie sich eben eine andere Taktik einfallen lassen. Kein Problem, sie war eine Meisterin darin, ihren Willen durchzusetzen. Notfalls auch mit List und Tücke.

Sie lächelte hinterhältig.

Schon kurz darauf hatte sie ein junges Zimmermädchen bestochen, das Angelique aus einem Magazin wiedererkannt hatte. Mehr als ein Autogramm war nicht nötig, um Zutritt zu Remys Suite zu bekommen.

Das Zimmermädchen hatte ihr jedoch eingeschärft, dass sie auf keinen Fall jemand in Remys Suite sehen durfte. Anscheinend wegen irgendeines albernen Gesetzes, das es nicht miteinander verheirateten Männern und Frauen verbot, sich unbeaufsichtigt im selben Raum aufzuhalten. Wahrscheinlich war es das Beste, sich zu verstecken, bis Remy zurückkam, so nervig das auch war.

Angelique sah sich nach einem geeigneten Versteck um.

Hinter den Vorhängen? Nein, dann würde man sie von draußen sehen können.

Im Badezimmer? Auch nicht. Was war, wenn ein Zimmermädchen das Chaos beseitigen wollte, das Remy dort hinterlassen hatte?

Blieb also nur noch der Kleiderschrank.

Das war zwar klischeehaft, aber effektiv.

Remy beschlich ein seltsames Gefühl, als er seine Suite betrat. Irgendetwas war anders als vorher. Dabei hatte er das Zimmermädchen extra abbestellt, weil es ihm auf die Nerven ging, wenn ständig jemand seine Privatsphäre störte. Das Hotel hatte seinen Wunsch doch nicht etwa ignoriert?

Lautlos schloss er die Tür und blieb reglos stehen.

Er wartete.

Er lauschte.

Langsam ließ er den Blick durch die luxuriös ausgestattete Suite gleiten. Sein Laptop stand genau so aufgeklappt auf dem Schreibtisch wie vorher. Remys Blick fiel auf die offene Schlafzimmertür. In der Überdecke war noch der Abdruck zu sehen, den er hinterlassen hatte, als er mit seinem Büro in Monte Carlo telefoniert hatte. Und das benutzte Handtuch und die getragenen Kleidungsstücke, die er auf den Boden geworfen hatte, lagen auch noch da.

Anscheinend hatte er sich geirrt. Vielleicht lag es ja am Jetlag. Das seltsame Gefühl ignorierend, streifte Remy sein Dinnerjacket ab und warf es achtlos über die Sofalehne. Dann lockerte er seine viel zu eng sitzende Krawatte – die Vorschriften in Dharbiri waren wirklich streng. Aber Remy befolgte sie gern, denn hier konnte er vergessen, dass er der jüngste Spross der Caffarelli-Dynastie war. Niemand verglich ihn mit seinen beiden älteren Brüdern oder seinem verbitterten Großvater.

Hier war er so frei wie ein Wüstenfalke. Er freute sich schon darauf, sich in den nächsten Tagen erholen zu können.

Angelique hielt die Luft so lange an, bis sie fast ohnmächtig wurde. Sie wollte jedoch sichergehen, dass Remy auch wirklich allein in seiner Suite war, bevor sie aus dem Schrank kam. Aus dem ziemlich leeren Schrank.

Denn offensichtlich hatte Remy nie gelernt, seine Sachen ordentlich aufzuhängen. Die meisten seiner Kleidungsstücke lagen überall auf dem Fußboden verstreut, und im Badezimmer sah es auch nicht viel besser aus. Das Waschbecken war voller Bartstoppeln, und überall lagen benutzte Handtücher herum.

Aber das bestätigte nur, was sie ohnehin schon wusste: Remy Caffarelli war ein verwöhnter Playboy, der mehr Geld als Verstand hatte. Bestimmt war er es gewohnt, dass man ihn von vorn bis hinten bediente.

Angelique kam zwar auch aus einem reichen Elternhaus, aber zumindest hatte sie gelernt, Ordnung zu halten und konnte locker ein Drei-Gänge-Menü zaubern.

Remy hatte in seinem ganzen Leben bestimmt noch nicht mal ein Ei gekocht.

Wahrscheinlich konnte er noch nicht mal Wasser heiß machen!

Angelique ballte die Hände zu Fäusten und knirschte vor Wut mit den Zähnen.

Wie ich ihn hasse!

Sie hörte Remy in der Suite rumoren und dann das Zischen einer geöffneten Dose. Das konnte unmöglich Bier sein, denn Alkohol war hier streng verboten. Man konnte im Knast landen, wenn man welchen trank.

Als Nächstes hörte sie das Klicken der Laptop-Tastatur und Remys tiefes heiseres Lachen. Anscheinend musste er über irgendeinen Online-Beitrag oder eine Mail lachen.

Ihr Herz machte einen Satz.

Er hatte wirklich ein tolles Lachen. Und ein schönes Lächeln. Und einen hinreißenden Mund. Angelique hatte den Großteil ihrer Teenagerzeit damit verbracht, von diesem Mund zu fantasieren.

Hör sofort auf damit, du blöde Kuh!

Du wirst jetzt weder an seinen Mund noch an irgendeinen anderen Teil seines absolut göttlichen Körpers denken.

Als sie gerade aus dem Schrank treten wollte, hörte sie ein scharfes Klopfen an der Tür. Erschrocken zucke sie zusammen. Bekam Remy etwa Besuch? Von einer seiner Verehrerinnen vielleicht? Oh Gott, wenn sie gleich mitanhören musste, wie er es wild mit irgendeiner Schlampe trieb …

„Monsieur Caffarelli?“, hörte sie eine offiziell klingende Stimme. „Wir möchten gern mit Ihnen reden.“

Angelique hörte, wie Remy das Zimmer durchquerte. „Ja? Was ist?“, fragte er in jenem charmanten Tonfall, den er so meisterhaft beherrschte.

Der Beamte räusperte sich, als sei es ihm sehr unangenehm, sein Anliegen vorzutragen. „Uns ist zu Ohren gekommen, dass sich eine junge Frau in Ihrem Zimmer aufhält.“

„Pardon?“ Remy Französisch sprechen zu hören, jagte Angelique einen Schauer der Erregung über den Rücken.

„Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, schreiben unsere Gesetze vor, dass eine alleinstehende Frau nicht unbeaufsichtigt in Gesellschaft eines Mannes sein darf, der nicht ihr Bruder oder ihr Ehemann ist. Wir haben Grund zur Annahme, dass sich jemand in Ihrem Zimmer befindet, auf den beides nicht zutrifft.“

„Haben Sie den Verstand verloren?“, fragte Remy fassungslos. „Ich kenne Ihre Gesetze. Nie würde ich Scheich Muhtadis Ehrgefühl verletzen. Das müsste seinen Beamten – einschließlich Ihnen – doch eigentlich bekannt sein?“

„Eine unserer Angestellten hat unter Tränen gestanden, einer jungen Frau Zutritt zu Ihrem Zimmer gewährt zu haben“, erklärte der Beamte. „Wir würden daher gern Ihr Zimmer durchsuchen.“

„Nur zu, durchsuchen Sie es.“ Remy klang geradezu ekelerregend selbstsicher. Arrogant geradezu. „Sie werden niemand anderen finden als mich.“

Als Angelique hörte, wie die Tür zur Suite aufging, stockte ihr der Atem vor Schreck. Ihr Herz raste wie ein Vorschlaghammer. Ängstlich kauerte sie sich in einer Ecke des Schranks zusammen. Hoffentlich würde die Dunkelheit sie verbergen.

Sie schloss sogar die Augen – so wie ein kleines Kind, das glaubt, niemand könne es sehen, wenn es selbst niemanden sehen kann.

Schwere Schritte und das Klappen von Türen waren zu hören. Vorhänge wurden auf- und wieder zugezogen und die Schubladen von Remys Schreibtisch geöffnet.

Glauben die etwa, ich passe in eine Schublade?

„Sehen sie?“ Remys Stimme klang irritiert. „Außer mir ist kein Mensch hier.“

„Der Schrank.“ Das kam von dem älteren der beiden Beamten. Angelique stellte sich vor, wie er in Richtung ihres Schlupflochs nickte. „Sehen Sie im Kleiderschrank nach.“

„Soll das ein Witz sein?“ Remy lachte spöttisch. „Halten Sie mich wirklich für so abgeschmackt?“

Als die verspiegelte Tür beiseite glitt, hob Angelique die rechte Hand und winkte mit den Fingerspitzen. „Überraschung!“

2. KAPITEL

Remy traute kaum seinen Augen, als er die weibliche Gestalt in seinem Kleiderschrank sah. Er blinzelte schockiert. Das war doch nicht etwa Angelique Marchand, oder?

Oh doch, sie ist es.

„Was zum Teufel soll das?“ Er starrte sie wütend an. „Was machst du in meinem Zimmer?“

Angelique stieg so anmutig aus dem Schrank, als wolle sie eine Modenschau eröffnen. Für einen Moment sah Remy nur ihre wunderbaren Beine, dann die perfekten hohen Brüste, den herrlichen Schmollmund … Ihre Bewegungen waren so geschmeidig wie die einer Katze. Vorwurfsvoll sah sie ihn aus ihren unvergesslichen blaugrauen Augen an. „Was ist denn das für eine Begrüßung, Remy? Ich dachte, du hättest bessere Manieren.“

Remy war noch nie in seinem Leben so wütend gewesen. Er fühlte sich wie ein überhitzter Dampfkessel – kurz vorm Explodieren. Niemand brachte ihn so schnell auf die Palme wie Angelique. Das verwöhnte kleine Luder machte mal wieder, was sie wollte. Hatte sie denn noch nie etwas von fremden Sitten und Gebräuchen gehört? Und was zum Teufel wollte sie eigentlich hier?

War ihr eigentlich bewusst, in was für eine Bredouille sie ihn brachte?

Er stand doch jetzt vor dem Beamten da wie ein Lügner! Dabei war es gerade an einem Ort wie Dharbiri wichtig, absolut vertrauenswürdig zu sein. Die hiesigen Gesetze und Vorschriften zu missachten, war ein schweres Vergehen, auch für den Freund des Prinzen.

Man konnte ihn ausweisen.

Vor Gericht stellen.

Remy überlief es eiskalt.

Auspeitschen.

„Du solltest lieber eine gute Erklärung parat haben, warum du in meinem Zimmer bist“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Angelique warf sich die üppige schwarze Mähne über die Schultern. „Ich bin wegen meines Hauses hier. Ich will, dass du es mir zurückgibst.“ Ihr Blick war so hart wie ein Diamant. „Ich werde nicht eher abreisen, als bis du mir Tarrantloch notariell übereignet hast.“

„Monsieur Caffarelli“, schaltete sich der ältere Beamte ein. „Ist Ihnen diese junge Frau hier persönlich bekannt oder mit Ihnen verwandt? Falls nicht, werden wir sie sofort den Behörden übergeben.“

Sie den Behörden übergeben? Remy gefiel das ganz und gar nicht. So sehr er Angelique auch verabscheute, er konnte nicht zulassen, dass ihr etwas passierte. Er holte tief Luft und setzte sein beschwichtigendstes Lächeln auf. „Ich fürchte, hier liegt ein kleines Missverständnis vor. Meine Verlobte wollte mich anscheinend mit ihrem plötzlichen Auftauchen überraschen …“

„Verlobte?“, fragten Angelique und der ältere Beamte gleichzeitig.

Remy lächelte charmant. „Wir haben unsere Verlobung bisher geheim gehalten. Die Presse bei uns zu Hause macht immer einen solchen Wirbel um solche Dinge.“ Er zuckte nonchalant die Achseln. „Sie wissen ja, wie das ist.“

Der Beamte richtete sich kerzengerade auf. Sein Gesichtsausdruck war so streng wie der eines Feldwebels. „Nach diesem … Überraschungsbesuch Ihrer Verlobten, wird es Ihnen nicht eher gestattet sein, die Provinz zu verlassen, als bis Sie rechtmäßig verheiratet sind.“

„Verheiratet?“, keuchten Angelique und Remy entsetzt.

„Das soll wohl ein Witz sein!“ Angelique starrte den Beamten schockiert an.

„Das ist kein Witz“, raunte Remy ihr zu. „Spiel das Spiel mit. Und versuch, locker zu bleiben.“ Locker bleiben? Habe ich denn den Verstand verloren? Remy fühlte sich nicht locker. Er hatte noch nie so schnell auf eine verzwickte Situation reagieren müssen. Angelique als seine Verlobte vorzustellen, war die einzige Lösung, die ihm auf die Schnelle eingefallen war. Und vielleicht würde ihnen noch nicht mal das den Hals retten.

„Ich werde dich auf keinen Fall heiraten!“ Wutentbrannt starrte sie ihn an. „Eher sterbe ich!“

„Tja, die Chance könntest du vielleicht sogar bekommen“, gab er zurück. „Wir sind hier nicht in Frankreich, Italien oder England. Hast du dich denn nicht über die Gebräuche hier informiert, bevor du hergekommen bist?“

Angelique schluckte. „Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. Ich bin einfach …“ Sie stockte.

„Nicht nachzudenken konntest du ja immer schon bemerkenswert gut“, sagte Remy sarkastisch.

Angelique ballte die zierlichen Hände zu Fäusten und funkelte ihn wütend an. „Ich dachte, du bist mit dem Kronprinzen befreundet. Kann er nicht etwas unternehmen?“

„Ich fürchte nein.“ Remy hatte diese Diskussion schon während des Studiums mit seinem Freund geführt. „Die königliche Familie hat viel Einfluss, aber nicht genug, um die Gesetze der Stammes­ältesten außer Kraft zu setzen.“

„Aber das Ganze ist doch lächerlich!“

Remy sah sie warnend an. „Wenn du weiter so beleidigende Dinge von dir gibst, werde ich mein Leben bestimmt nicht deinetwegen aufs Spiel setzen.“

Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Offensichtlich hatte es ihr ausnahmsweise mal die Sprache verschlagen. Nicht dass dieser Zustand lange andauern würde. Remy kannte Angeliques scharfe Zunge zur Genüge. Sie wollte immer das letzte Wort haben.

Aber nicht mit ihm.

„Monsieur Caffarelli?“ Der Beamte trat einen Schritt vor. „Wir werden alles Nötige für die Zeremonie morgen früh vorbereiten und werden Ihrer Verlobten ein eigenes Zimmer geben. Sie werden bestimmt verstehen, dass sie die Nacht nicht bei Ihnen verbringen darf.“

Autor

Melanie Milburne

Eigentlich hätte Melanie Milburne ja für ein High-School-Examen lernen müssen, doch dann fiel ihr ihr erster Liebesroman in die Hände. Damals – sie war siebzehn – stand für sie fest: Sie würde weiterhin romantische Romane lesen – und einen Mann heiraten, der ebenso attraktiv war wie die Helden der...

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