Liebesstern über dem Wüstenpalast (Julia 2318)

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Ein Schauer der Erregung überläuft Amalia, als sie in dem riesigen Marmorsaal unvermittelt Scheich Zayn Al-Ghamdi gegenübersteht! Mit den dunklen Augen, den breiten Schultern und dem sexy Mund ist der feurige Wüstenprinz ungeheuer erotisch – und stellt ihr verwirrende, indiskrete Fragen. Bis Amalia endlich begreift: Zayn will ihr gar keinen Job als Angestellte in seinem Palastteam anbieten. Er sucht eine Frau! Und unter seinem glühenden Blick wird ihr klar, dass er sich gerade entschieden hat …
  • Erscheinungstag 20.12.2019
  • Bandnummer 2318
  • ISBN / Artikelnummer 9783963690655
  • Laufzeit 04:27:15
  • Auflagenart ungekürzte Lesung
  • Audio Format mp3-Download
  • Unsere CORA-Hörbücher gibt es überall, wo Hörbücher erhältlich sind, auch bei Streaming-Anbietern wie Spotify, Deezer, Napster u.v.m.

Leseprobe

1. KAPITEL

„Was sind Ihre Forderungen an eine Braut, Scheich Al-Ghamdi?“

Scheich Zayn Al-Ghamdi starrte ausdruckslos auf den Monitor, der an der Wand seines Büros hing. Worte formten sich auf seinen Lippen und erstarben.

Er wusste schon seit einer ganzen Weile, dass er sesshaft werden und heiraten musste. Seit seiner Kindheit war ihm eingeimpft worden, dass er eines Tages eine Frau ehelichen würde, die ihm als Ehefrau und seinem Land als Scheicha diente.

Natürlich wäre sie hauptsächlich ein perfektes und kultiviertes Bild, das die Bewohner seines Landes zufriedenstellen sollte. Ihm war durch das Beispiel seiner Eltern vorgelebt worden, dass ihre Rolle selbst in seinem Leben relativ unbedeutend wäre. Ihre Hauptaufgabe bestünde darin, seine Kinder zu bekommen und das Erbe der Al-Ghamdi-Familie zu bewahren.

Als er letzte Woche seine drei Rivalen Benjamin Carter, Dante Mancini und Xander Trakas getroffen hatte, um sich nach einem verleumderischen Artikel in Celebrity Spy! auszutauschen, hatte Benjamin gemeint, dass eine Ehe und einige Nachkommen ihre Probleme auf einen Schlag lösen könnten.

Mancini, Trakas und Zayn hatten ihn daraufhin angestarrt, als wären ihm Hörner und ein Schwanz gewachsen. Doch nach anfänglichen Protesten hatten sie den Wert seines Vorschlags erkannt.

Angesichts der Frage von Ms. Young jedoch, der Partnervermittlerin für Milliardäre, die Xander vorgeschlagen hatte, war er verwirrt.

In dem kleinen Teil seines Lebens, in dem er tatsächlich der Herrscher war, widerstrebte es Zayn, durch ein billiges Klatschmagazin an die Kandare genommen zu werden.

Dank des schmutzigen Artikels über sie alle war sein Image allerdings unwiderruflich besudelt. Seine Eltern, die sich schon lange aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatten, hatten ihm zu verstehen gegeben, dass jedes noch so kleine Detail seines Lebens über das politische Klima in Khaleej bestimmte. Schlimmer noch, die Familie des Verlobten seiner Schwester Mirah überlegte, die Verbindung zu lösen.

Sie waren konservativ bis ins Mark und glaubten nicht, dass er ein Anrecht auf irgendeine Form von Leben hatte, schon gar nicht auf die rücksichtslosen Ausschweifungen, die in dem Artikel angedeutet worden waren.

Seine Schwester war zehn Jahre jünger als er und immer der Sonnenschein in seinem ansonsten einsamen Leben gewesen. Zwischen der distanzierten, beinahe kühlen Erziehung seiner Eltern und der strengen Vorbereitung auf ein politisches Leben hätte Zayn ohne Mirah niemals echte Freude und Kameradschaft erfahren.

„Scheich Al-Ghamdi?“

„Meine Braut muss attraktiv und jung sein. So attraktiv, dass ich sie die nächsten fünf Jahrzehnte ansehen mag. Und gesund genug, um Kinder zu bekommen. Auf jeden Fall muss sie weit unter dreißig sein.“

Ms. Young machte sich gewissenhaft Notizen, aber Zayn sah die steile Falte zwischen ihren Augenbrauen. „Gibt es da ein Problem, Ms. Young?“

Sie konnte ihre Missbilligung nicht ganz verbergen. „Frauen können auch im fortgeschrittenen Alter von dreißig noch Kinder bekommen, Eure Hoheit.“

„Ja, aber Frauen um die dreißig haben eine eigene Meinung, Ms. Young. Sie sind nicht mehr formbar. Und ich würde vielleicht nicht ihren Erwartungen an den idealen Mann entsprechen.“

Die Vermittlerin schnaubte nicht, aber Zayn hatte das Gefühl, dass sie es gern getan hätte. „Eine Frau, die Karriere machen will, kommt nicht infrage. Sie muss verstehen, dass ihre Rolle im Leben darin besteht, mich zu ergänzen.“

„Also hübsch, aber nicht wirklich klug.“

„Ja. Und sie muss Jungfrau sein.“

Empörung flackerte in Ms. Youngs beeindruckenden Augen auf. „Das ist barbarisch.“

„Das ist die einzige Möglichkeit für mich sicherzugehen, dass es keinen Skandal gibt oder irgendeine Schande mit ihrem Namen in Verbindung gebracht wird.“

„Dazu muss man nicht Jungfrau sein. Wir durchleuchten die Hintergründe unserer Kandidatinnen sehr sorgfältig, bevor wir Ihnen Vorschläge machen.“

„Exfreunde und ehemalige Liebhaber haben die Angewohnheit, plötzlich wieder aufzutauchen und Ärger zu machen. Ich würde zukünftige Skandale in Bezug auf meine Scheicha und ihre Vergangenheit gern vermeiden. Und so kann ich das.“

„Schön, jung, formbar, nicht besonders klug und dazu jungfräulich. Ich weiß nicht, ob das die leichteste oder die schwerste Aufgabe ist, die ich je hatte, Eure Hoheit.“

„Wollen Sie damit sagen, Sie können keine Frau finden, die diese Anforderungen erfüllt, Ms. Young?“

„Natürlich kann ich das, Eure Hoheit. Ich frage mich nur, ob Liebe auch Teil der Gleichung ist.“

„Sie leiten eine Vermittlungsagentur für Milliardäre, Ms. Young. Hat Liebe da je eine Rolle gespielt?“

„Mich hat nur Ihre Meinung dazu interessiert.“

„Irgendeine alberne, romantische Vorstellung wird nichts dazu beitragen, dass meine Ehe ein Erfolg wird. Ich verlange eine Frau, die sich meinem Urteil in allen Bereichen unseres Lebens beugt und die einen Gewinn für mein politisches Leben bedeutet.“

„Eine Art Accessoire?“

„Das perfekte Accessoire, wenn Sie so wollen.“ Das Aufblitzen von Wut in Ms. Youngs Augen amüsierte Zayn.

Er wusste schon lange, dass das alles war, was eine Frau für einen Mann wie ihn je sein konnte.

Zwei Wochen später

In ihrem sorgfältig geplanten Leben hätte Amalia Christensen niemals gedacht, dass sie eines heißen Tages im Verwaltungsbüro von Scheich Zayn Al-Ghamdi warten würde. Aus den Fenstern des spektakulären großen Palastes in Khaleej, dem Heimatland ihres Vaters, sah sie die atemberaubenden Kuppeln und überladenen Arkaden, die mit purem Gold geschmückt waren.

Seit sie mit ihrer Mutter nach Skandinavien gezogen war, hatte sich in Khaleej vieles zum Besseren verändert.

Die Infrastruktur konnte es mit der im Westen aufnehmen, und nach seinem meteoritenhaften Einstieg in die internationale Finanzwelt war Khaleej eine tadellose Mischung aus Kunstschätzen, Tradition und Technologie.

Ohne die andauernde Sorge um ihren Zwillingsbruder Aslam würde sie jetzt den ganzen Tag Fotos machen und sie auf Instagram posten. Der rostfarbene Palast mit den Türmchen und Kuppeln, der inmitten Hunderter Hektar perfekt angelegter Gärten lag, die an einer Seite an den goldfarbenen Strand stießen, war ein Fest für die Augen.

In all den Jahren, in denen sie sich danach gesehnt hatte, Khaleej zu besuchen, hatte sie sich nie vorgestellt, es so verzweifelt zu tun. Die Schönheit des Landes und die Verbindung mit ihren Wurzeln waren ohne Aslam an ihrer Seite leer und bedeutungslos.

Wenn sie nur letztes Jahr gekommen wäre! Wenn sie nur verstanden hätte, wie rastlos und wütend Aslam war!

Nach ihrer Ankunft in Sintar, der Hauptstadt von Khaleej, hatte Amalia zwei Monate gebraucht, um dieses Treffen mit einem Palastoffiziellen zu bekommen. Sie hatte Aslam kurz im Gefängnis besuchen können, wo er ihr die ganze Geschichte erzählt hatte. Anschließend hatte sie verschiedene einsilbige Telefonate mit ihrem Vater geführt. Amalia hatte kein Interesse gehabt, das jahrzehntelange Schweigen, das immer noch zwischen ihnen stand, anzusprechen. Ihnen folgten endlose Versuche, Freunde von Aslam aufzuspüren und den Anstifter der ganzen Sache zu finden. Und schließlich hatte sie ihren Chef Massimiliano gebeten, seine Verbindungen spielen zu lassen und dieses Treffen für sie zu arrangieren.

Das Geräusch des kristallklaren Wassers, das an den Strand schwappte, bildete die Hintergrundmusik zu der unglaublichen Stille auf dem Flur. Amalia hatte gehört, dass der Palast normalerweise einem Bienenstock glich, aber heute schien sich ein gedämpftes Schweigen über die Flure gelegt zu haben.

Was ist hier los?

Sie war nie eine Royalistin gewesen, und doch hatte der Artikel über die vier Junggesellen, von denen einer Scheich Zayn war, ihr Interesse geweckt. Offensichtlich führte der Scheich ein sehr buntes Privatleben abseits der konservativen Medien des Landes und des zermürbenden Lebensstils, den seine Position verlangte.

Dem ersten Artikel waren weitere gefolgt, die Scheich Zayns Hingabe an sein Land und seine Fähigkeit, es zu regieren, infrage stellten.

Amalia schaute noch einmal auf ihre Uhr und stand von dem bequemen Sofa auf. Ihre Oberschenkel schmerzten vom zu langen Sitzen.

Ein kurzer Blick über die Schulter verriet ihr, dass kein Wachtposten in der Nähe war. Also schlüpfte sie durch einen großen Torbogen in einen langen Flur, der aussah wie aus einem Fantasyroman.

Ein Schwall Hitze traf sie, und sie stellte fest, dass der Gang sich zur Linken zu einem Innenhof öffnete. Makellos weißer Marmor streckte sich über mindestens eine Meile glänzend vor ihr aus. Aus einem für sie untypischen Impuls heraus zog Amalia ihre Schuhe aus.

Zusammen mit dem kalten Marmor, der ihre überhitzten Fußsohlen kühlte, und der leichten Brise, die von der Bucht hinüberwehte, beruhigte die pure Schönheit um sie herum etwas in ihrem Inneren.

In den dreieinhalb Stunden, seitdem ein abgehärmt aussehender Angestellter sie gebeten hatte zu warten, hatte Amalia angefangen, ein Muster zu erkennen. Alle halbe Stunde gab es am Empfang des Palastes einen plötzlichen Anstieg der Aktivitäten. Kurz danach wurden weibliche Gäste unter äußerster Geheimhaltung und Sicherheitsvorkehrungen in diesen Flügel des Palastes eskortiert.

Beinahe jede Gruppe hatte eine elegante Frau in Designerkleidung angeführt.

Sind das Gäste des Scheichs?

Auf ihrem Weg durch den sonnenbesprenkelten Innenhof mit den kühlenden Springbrunnen und im Wind schwankenden Palmen fragte Amalia sich, warum die Frauen in den Palast gebracht wurden.

Vielleicht bewarben sie sich für den Harem, weil der Scheich beschlossen hatte, seine Vorlieben lieber im Verborgenen auszuleben als unter den Augen der internationalen Presse.

Sie schnaubte. Nein, nicht einmal der Playboyscheich könnte heutzutage einen Harem rechtfertigen, oder?

Ob er eine Art Stripclub für seinen persönlichen Bedarf aufbaute und die Frauen die besten Poletänzerinnen der Welt waren? Ein moderner Harem für einen einzigen Mann – nach den Aussagen von Celebrity Spy! über den unersättlichen sexuellen Appetit des Scheichs war der Gedanke nicht einmal weit hergeholt.

Es könnte sich aber auch um Prinzessinnen und Königinnen und hochrangige Adlige aus der ganzen Welt handeln, die zu einem Bankett der Scheichfamilie eingeladen waren. Hatte nicht irgendwo gestanden, dass seine Schwester bald heiraten würde? Was bedeutete, dass der Mann, mit dem Amalia sich treffen sollte, vermutlich mit den Vorbereitungen für das Bankett beschäftigt war und noch Stunden auf sich warten lassen würde.

Dieser Gedanke ernüchterte sie. Doch sie konnte nicht gehen, bevor sie nicht mit ihm über Aslam und die ungerechtfertigte Anklage wegen Drogenbesitzes gesprochen hatte.

In dem Moment, in dem der Palastangestellte zugestimmt hatte, sich mit ihr zu treffen, hatte Amalia gewusst, dass sie auf der richtigen Spur war. Jemand hoch oben musste wissen, dass es nicht Aslams Drogen gewesen waren.

Sie schaute zurück zum Bogengang und sah, dass sie ziemlich weit gegangen war.

Eine hitzige Diskussion in dem Innenhof zu ihrer Linken ließ sie zusammenzucken. Beinahe reflexhaft öffnete sie die erste Tür auf der rechten Seite und schlüpfte hinein.

Nach dem grellen Tageslicht draußen brauchte Amalia einen Moment, bis sie wieder sehen konnte. Sie blickte sich um, und ihr Magen zog sich zusammen.

Durch ein Oberlicht an der anderen Seite des Raumes fiel goldenes Licht auf einen Mann, der auf einer Art Thron saß. Als wäre er der König von allem, was er überblickte.

Ein Schauer lief ihr über den Rücken.

Hellbraune Augen blickten erst zu den Schuhen in ihrer Hand und dann zu ihren nackten Füßen. „Warum halten Sie ihre Schuhe in der Hand, anstatt sie zu tragen?“

Was für ein Idiot. Amalia ließ ihre Pumps auf den Boden fallen – und ihr Herz gleich mit.

Anders als die Angestellten, die sich bisher um sie gekümmert hatten, sprach der Mann Englisch mit einem aristokratischen Akzent.

Ohne ihn direkt anzusehen, spürte sie seinen eindringlichen Blick auf ihrem Mund. Ihre Lippen zitterten. „Ich … Ich bin in den Innenhof hinausgewandert und mir war zu heiß.“

„Das sehe ich.“ Bei der trockenen Bemerkung schaute sie auf. Seine Augen wirkten intelligent und gebieterisch. Und sie funkelten vor Humor. „Warum sind Sie in den Innenhof gegangen?“

„Ich war es leid zu warten. Und außerdem kurz davor, mir mein Hinterteil platt zu sitzen …“

„Ich hoffe, unsere Möbel haben Ihrem Allerwertesten keinen bleibenden Schaden zugefügt.“

Sie fasste sich unwillkürlich mit der Hand an besagte Stelle. „Es ist so schon schwer genug bei meiner Größe, passende Kleidung zu finden, die ich mir leisten kann. Da wäre ein flaches Hinterteil nicht gut. Aber nein, alles ist gut“, erwiderte sie. Erst nachdem sie die Worte ausgesprochen hatte, merkte sie, wie lächerlich die ganze Unterhaltung war.

Amalia wünschte, sie hätte einen Flaschengeist zur Hand, der sie verschwinden lassen könnte. Oder dass sie zumindest die Unterhaltung noch einmal von vorn anfangen könnte.

„Ich wollte Sie nicht stören …“

„Sie müssen sich nicht entschuldigen“, sagte er, und Amalia verkniff sich die Erwiderung, dass sie das auch nicht vorgehabt hatte. „Die Auswahl dauert länger, als sie sollte.“ Eine gewisse Genervtheit lag in seinem Ton. Bei jedem anderen wäre das als Entschuldigung durchgegangen, aber Amalia war sich ziemlich sicher, dass dieser Mann es nicht so gemeint hatte.

Sie zog ihre Pumps an, während sie sich eine Hand auf den Magen legte, in dem die Schmetterlinge wüteten. Mit der anderen Hand berührte sie ihre Haare. Sobald sie sicher war, dass ihr Zopf noch perfekt saß, hob sie den Blick.

Zwischen zwei hämmernden Herzschlägen ließ die Dominanz, die dieser Mann ausstrahlte, sie nach Luft schnappen. Sie war ein jahrhundertealtes Erbe, erkannte sie, und ihr brach der Schweiß aus. Er sah wie ein König aus, weil er ein verdammter König war. Oder, um es korrekter auszudrücken, er war Seine Königliche Hoheit Scheich Zayn Al-Ghamdi von Khaleej. Brillanter Staatsmann, einfallsreicher Playboy, der laut Celebrity Spy! schnelle Autos, schnelle Technik und schnelle Frauen liebte.

Sie wollte einfach nur eine Entschuldigung murmeln und aus dem Raum flüchten. Das Überraschungsmoment war auf ihrer Seite, und wenn sie durch den nicht enden wollenden Flur in den Wartebereich zurückkehrte, könnte sie sich von dort aus dem Palast stehlen.

Mit einem tiefen Atemzug versuchte Amalia, sich zu entspannen und nachzudenken.

Das hier war der Scheich, der Mann, der alle Macht in Händen hielt, der Mann, der – wenn auch indirekt – dafür verantwortlich war, dass Aslam unschuldig im Gefängnis saß. Wie standen die Chancen, dass sie jemals wieder eine Audienz bei ihm bekäme?

Sie durfte jetzt nicht kneifen und weglaufen, nur weil er die dominanteste Persönlichkeit hatte, die ihr je untergekommen war.

Ihr Atem beschleunigte sich, als er sich erhob, einmal quer durch den Raum ging und sich gegen einen riesigen weißen Eichentisch lehnte.

Die Energie dieses Mannes, seine pure Anwesenheit, füllte den Raum aus und drückte von allen Seiten auf sie ein. Ein schimmerndes silbernes Teeservice auf einem Beistelltischchen machte ihr bewusst, wie trocken ihr Mund war.

Als ob sie den Gedanken laut ausgesprochen hätte, ging er zu dem Service, schenkte einen Tee in ein hohes, silbernes Glas und kam zu ihr herüber.

Das überwältigte Gefühl wuchs an. Er roch nach Sandelholz und strahlte eine Hitze aus, als brenne ein Feuer in seinem Inneren.

Gefühle, die Amalia nicht gefielen und die sie nicht kontrollieren konnte, schossen durch ihren Körper und ließen sie innerlich erbeben.

Wo war die unerschütterliche Amalia, auf die ihr Chef Massi sich blind verließ? Die Frau, die von Kollegen und Mitarbeitern als „Ruhe im Sturm“ bezeichnet wurde?

„Trinken Sie. Fremde in diesem Land vergessen oft, dass die Hitze unerbittlich ist, selbst wenn sie nicht schwitzen.“

Sein Befehl war hochmütig, arrogant und übertrieben geduldig. Aber besser, er glaubte, ihr Gehirn hätte wegen der Hitze einen Kurzschluss erlitten als wegen seiner puren Männlichkeit.

„Ich bin keine Fremde.“

Sein Blick glitt über sie hinweg. „Sie sehen nicht aus wie eine Frau aus meinem Land.“

Sie nahm das Glas und trank es in einem Zug aus. Sofort fühlte sie sich besser. Was kein Wunder war, denn sie war beinahe zwanzig Minuten draußen umhergewandert. War es da nicht natürlich, dass sie in der Hitze ihre Fassung verloren hatte? Der Gedanke stärkte sie. Sie gab dem Scheich das Glas zurück. „Danke, das habe ich gebraucht.“

Er rührte sich nicht. Und er sagte auch nichts.

Langsam hob Amalia den Blick und sah ihn an. Und sofort erkannte sie, dass ihre Theorien über Hitze und Wassermangel nicht mehr waren als genau das: Theorien.

Hoheitsvoll hob er eine Augenbraue, wobei sein Blick weiter auf ihrem Gesicht ruhte. Eine Geste voller Sarkasmus. Lag das daran, dass sie ihm das Glas zurückgegeben hatte als wäre er ein Diener? Konnte so eine unschuldige Geste ihn wirklich dermaßen beleidigen?

Er hatte dichte, gebogene Wimpern, die seine Miene überschatteten – was er sicher gern einsetzte, um Menschen einzuschüchtern. Das Licht verwandelte das Braun seiner Augen in tausend verschiedene Goldtöne – in die Augen einer Raubkatze.

Ein kantiger Kiefer, raue Bartstoppeln, hohe Wangenknochen und eine gerade Nase, die seinem Gesicht eine Härte verlieh, die ihr nicht gefiel.

Amalia war groß, beinahe einen Meter achtzig. Und doch überragte er sie um mindestens zehn Zentimeter. Sein Hals hatte die gleiche Farbe wie sein Gesicht – ein dunkles Gold. Als wäre er aus dem alten Metall geschmiedet, das die Bewohner von Khaleej vor Hunderten von Jahren benutzt hatten. Ihr Vater besaß ein kleines Messer, dessen Griff genauso schimmerte wie die Haut des Scheichs.

Er legte ihr einen Finger unter das Kinn und hob ihr Gesicht leicht an. „Hat es auch gegen die Nervosität geholfen?“

Hitze brannte in Amalias Wangen. „Ich war nicht nervös.“

„Ach nein?“ Wieder schossen die Augenbrauen in die Höhe. „Viele Frauen verlieren die Fassung, wenn sie mich sehen.“

„Sie sehen aus wie ein Mann, dem man mit festem Blick begegnen sollte, Eure Hoheit.“

Seine Augen funkelten amüsiert. „Das ist eine mutige Aussage. Verraten Sie mir Ihren Namen.“

„Ms. Christensen.“

„Haben Ihre Eltern Ihnen keinen Vornamen gegeben?“

Sie wollte ihm ihren Namen nicht nennen, was ihr noch nie passiert war.

Er wartete. Das Schweigen wuchs. „Amalia Christensen. Ich war dehydriert. Jetzt habe ich meine Fassung zurück.“

Sie trat einen Schritt zurück und fing an, durch den Raum zu gehen. Vor einem Krummsäbel, der vor einem beigefarbenen Wandteppich hing, blieb sie stehen. Das Metall glänzte in der Nachmittagssonne. Ehrerbietig fuhr sie mit den Fingern darüber.

Es gelang ihr nicht, die Anwesenheit des Mannes abzuschütteln. Es war, als wollte sie einen Löwen ignorieren, der keine zwei Meter von ihr entfernt saß und sie als nächste Mahlzeit ausgewählt hatte. Und es gelang ihr ebenfalls nicht, die wachsende Panik zu bekämpfen, weil sie wusste, dass es immer schwerer werden würde, Aslam zu helfen, je länger sie brauchte, um sich zu erklären.

Sein Duft und seine Wärme kratzten an all ihren Sinnen.

„Das hier ist ein Khanjar aus dem fünfzehnten Jahrhundert, nicht wahr?“, fragte sie, um die Spannung im Raum zu durchbrechen. „Männer haben ihn an ihrem Gürtel getragen. Er war ein Zeichen von Status und Tapferkeit.“

„Unter anderem, ja“, erwiderte er trocken.

„Ein Zeichen des Machismo, um es modern auszudrücken“, fügte sie hinzu.

Es war, als müssten sie einander nicht einmal ansehen, um die beinahe greifbare Spannung zwischen ihnen zu erzeugen. War es Anziehung oder nur ihre Angst vor den Konsequenzen ihres Tuns, die ihr Herz so heftig schlagen ließ?

„Heute dient es nur noch zur Dekoration.“ Sein Blick ruhte auf ihrem Gesicht. „Haben Sie in Vorbereitung auf dieses Bewerbungsgespräch die Geschichte von Khaleej studiert?“, fragte er mit drohendem Unterton. „Ich muss sagen, das überrascht mich, und ich bewundere es. Kenntnis über Khaleej und seine Gebräuche zu haben, ist ein großer Pluspunkt für Sie.“

Ein Bewerbungsgespräch? Für eine Stelle bei ihm?

Zum ersten Mal in den letzten zwei Monaten war das Glück auf ihrer Seite. Wenn es sich um eine Stelle unter den Palastangestellten handelte, eine Position in der Nähe des Scheichs, wäre das noch besser. Vielleicht müsste sie nicht gleich mit der Wahrheit herausplatzen und riskieren, den Mann auf dem falschen Fuß zu erwischen.

Macht abzuwarten es für Aslam schlimmer? Was ist die bessere Entscheidung?

„Und doch habe ich von Ms. Young keine Akte über Sie erhalten.“

Mit hochrotem Gesicht zog Amalia ihr Handy aus der Tasche. „Ich kann Ihnen meinen Lebenslauf in einer Minute zuschicken.“

„Nein. Das wäre selbst für mich zu seltsam.“

Was soll das denn heißen?

„Erzählen Sie mir von sich. Ich bin neugierig, warum Ms. Young Sie als Kandidatin ausgewählt hat, wo doch eindeutig feststeht, dass Sie keinerlei adelige Verbindungen oder sonstige Vorzüge haben.“

Adelige Verbindungen? Wie hoch in der Hierarchie war der Job angesiedelt, wenn man dafür adelige Verbindungen brauchte?

„Ich habe mich nicht wirklich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereitet.“ Sie beschloss, die Wahrheit auf kleine Dosen zu verteilen und zu sehen, wie er darauf reagierte. Sie musste ein Gefühl dafür bekommen, was für ein Mann er war. Ob er fair oder genau wie sein Cousin war.

„Ich bin in Khaleej geboren und habe bis zu meinem dreizehnten Lebensjahr hier gewohnt. Mein Vater ist Historiker an der Sintar Universität und Experte für antike Objekte. Er …“ Der plötzliche Kloß in ihrer Kehle machte ihr das Sprechen schwer. „Mein Zwillingsbruder Aslam und ich … Nun, es war unser liebster Zeitvertreib, in seinem Büro zu sitzen und seinen Geschichten über Khaleej zu lauschen. Er ist, oder war, ein ausgezeichneter Geschichtenerzähler.“ Sogar ein so guter, dass sie ihm geglaubt hatte, als er sagte, er würde sie bald wieder zurückholen. Das war über zehn Jahre her.

„War?“

„Ich habe ihn seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen.“

„Und nun möchten Sie wieder in Sintar heimisch werden, um die Verbindung mit ihm wiederaufzunehmen?“

„Nein. Daran habe ich keinerlei Interesse.“ Er runzelte die Stirn, und sie fügte an: „Ich meine, ich habe kein Interesse daran, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Meine Anwesenheit hier hat andere Gründe.“

„Ihr Name stammt nicht von hier.“

Amalia hob die Schultern. „Meine Eltern haben sich scheiden lassen und uns aufgeteilt. Meine Mutter hat ihren Mädchennamen wieder angenommen und mich gefragt, ob ich das auch will. Ich habe ja gesagt.“

„Sie sollten den Namen Ihres Vaters tragen. Sie sollten irgendetwas haben, das diesen Teil ihres Erbes widerspiegelt.“

„Ich sehe nicht ganz, warum, da er und ich nichts mehr miteinander zu tun haben.“ Amalia war wütend auf ihn und auf sich, weil sie auf seinen Einwand reagiert hatte. Sie wollte etwas über sein Temperament lernen und nicht ihre eigene, nicht existierende Beziehung zu ihrem Vater ausplaudern.

Sein Blick schnitt durch ihren Ärger, und sie fuhr hastig fort: „Was ich sagen will, ist, dass ich mit meinem Verständnis der kulturellen Gegebenheiten ein Gewinn für jede Position wäre. Mein Arabisch ist ein wenig eingerostet, aber das könnte ich aufpolieren.“

Er schenkte ihr wieder einen dieser nachdenklichen Blicke. Noch nie hatte sie solche Schwierigkeiten gehabt, den Blick eines Mannes festzuhalten. „Das ist gut, aber eventuell nicht notwendig. Beide Teile Ihres Erbes sollten zum Einsatz kommen. Sie könnten die westliche Verbindung sein, die Khaleej braucht.“

Also wäre es eine Position in seiner unmittelbaren Nähe? Aufregung und Panik verdrehten ihr den Magen.

„Erzählen Sie mir mehr von sich, Ms. Christensen“, forderte er sie mit träger Stimme auf.

Den Blick auf einen Punkt links neben seinem Gesicht gerichtet, fing sie an. „Ich habe fünf Jahre als Assistentin des Vorstands eines großen Konzerns gearbeitet. Ich spreche vier Sprachen fließend. Ich verliere nie die Beherrschung.“ Wieder hob er seine Augenbrauen. „Und ich arbeite hervorragend unter Druck. Außerdem bin ich sehr gut in PR- und Medienarbeit.“

Autor

Tara Pammi

Tara schreibt sexy Romanzen mit anbetungswürdigen Helden und sexy Heldinnen. Ihre Heldinnen sind manchmal laut und rebellisch und manchmal schüchtern und nerdig, aber jede von ihnen findet ihren perfekten Helden. Denn jede Frau verdient eine Liebesgeschichte!

Tara lebt in Texas mit ihrem ganz persönlichen Helden und zwei Heldinnen in der...

Mehr erfahren