Dieses Begehren in deinen Augen ...

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Was für ein niedlicher Junge - und die Mom erst! Matthew ist fasziniert, als er Hunter und dessen Mutter Maxine kennenlernt. Wie gerne würde er sie küssen! Aber sie weist ihn ab - obwohl in ihren Augen das Begehren funkelt. Warum wehrt sie sich gegen ein romantisches Weihnachtsmärchen?


  • Erscheinungstag 27.11.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754242
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

4. September

Lieber Soldat,

ich heiße Hunter Walker und gehe in die fünfte Klasse bei Miss Gregson. Ich wohne in Sugar Falls in Idaho. Das ist die langweiligste Stadt, die du dir denken kannst. Ich liebe Football und Baseball, aber meine Mom lässt mich nicht spielen. Grandma sagt, dass mein Dad der beste Footballspieler von Sugar Falls war, aber er ist gestorben, als ich noch ein Baby war und bevor er Profi werden konnte.

Weil ich nicht spielen darf, habe ich nie was zu tun, wenn meine Mom arbeitet oder bei ihren Freundinnen ist.

Meine Mom hat eine tolle Bäckerei, die berühmt ist für Kekse. Sie ist lieb, aber sie steht voll auf Weiberkram. Letztes Jahr musste ich sogar zum Yoga. Da war ich der einzige Junge, und deswegen hab ich mich geweigert. Ich darf nie richtig coole Sachen für Jungs machen.

Manchmal vermisse ich meinen Dad, auch wenn ich mich nicht an ihn erinnern kann. Ich würde so gern ab und zu mal mit einem Mann reden. Mit den anderen Jungs aus meiner Klasse verstehe ich mich nicht so gut, denn sie machen sich immer lustig über mich.

Ich schicke dir ein Bild von mir, damit du weißt, wem du schreibst. Kannst du mir auch eins von dir schicken? Vielleicht eins in einem Panzer oder einem Kampfflugzeug. Jake Marconi sagt, dass sein Onkel einen Harrier fliegt, aber das ist bestimmt gelogen. Kann man ein Kampfpilot werden, wenn man erst achtzehn ist? Gibt es überhaupt welche bei der Küstenwache?

Wenn du kein Kampfpilot bist, ist es auch okay. Ich schreibe dir trotzdem. Du bist doch ein Mann, oder? Ich will nicht an Mädchen schreiben, weil ich sowieso andauernd mit welchen zusammen bin.

Magst du Boxen? Ich darf kein Boxen im Fernsehen gucken, bloß Baseball. Die Colorado Rockies sind mein Lieblingsteam, und ich kann die Statistik von den letzten drei Jahren auswendig. Jedenfalls wünsche ich mir, dass du ein Mann bist und auch Baseball magst und mir antwortest.

Viele Grüße

Hunter Walker

1. KAPITEL

Sergeant Matthew Cooper umklammerte die Armlehnen, als der Flieger auf dem Rollfeld in Boise aufsetzte. Egal, zu wie vielen Orten auf der ganzen Welt er schon gestartet war, er hatte sich nie an den steilen Sinkflug und das holprige Aufsetzen gewöhnen können. Diesmal hatte er darüber hinaus die Befürchtung, dass seine gesamte Zukunft eine Bruchlandung erleiden könnte.

Vor ein paar Monaten, als ihm der befehlshabende Offizier den ersten Brief von Hunter Walker überreicht hatte, war er wutentbrannt aus dem Dienstzimmer gestürmt. Noch mehr hatte er sich über den Militärpsychologen Dr. Gregson geärgert, der ihn zur Teilnahme an dem lächerlichen Projekt Brieffreundschaft vorgeschlagen und den Kontakt zu irgendeinem Kind aus einem Nest in Idaho hergestellt hatte.

Ein Militärstützpunkt in Afghanistan war Coopers Meinung nach kein geeigneter Ort, um per Post Nanny für ein zehnjähriges Kind zu spielen, das keine Freunde, dafür aber eine überängstliche Mutter hatte. Schließlich war er kein einsamer jugendlicher Infanterist, der moralischen Auftrieb brauchte. Vielmehr war er als Militärpolizist auf Stützpunkten in der ganzen Welt stationiert gewesen, hatte Anschläge und Morde untersucht und sich gelegentlich als verdeckter Ermittler betätigt.

Er war nicht für die Rolle des Babysitters und schon gar nicht des männlichen Vorbilds geschaffen.

Doch nun – dank eines Selbstmordattentäters – war seine militärische Laufbahn womöglich beendet. Den einzigen Lichtblick in einer düsteren und einsamen Zukunft stellte die Verbindung zu jenem Kind dar, die durch E-Mails und Briefe erwachsen war.

Die Anschnallzeichen erloschen, und der Mittelgang füllte sich mit Passagieren, die ihr Handgepäck aus den Luken holten. Cooper öffnete seinen Sicherheitsgurt. Zu gern wäre er aufgestanden und hätte seine Beine ausgestreckt. Doch sein Knie wurde nur notdürftig von Schrauben zusammengehalten, und er musste warten, bis die übrigen Passagiere ausgestiegen waren und das Bordpersonal ihn in einem Rollstuhl zur Gepäckausgabe befördern konnte.

Er hasste es, so schwach zu sein, und zweifelte an seiner Entscheidung, sich in diesem Zustand zum ersten Mal mit dem Kind zu treffen. Er hatte starke Schmerzen und war am Rande der Erschöpfung. Seit über dreißig Stunden war er nun schon mit einer kommerziellen Airline unterwegs, mit Aufenthalten in Tokio und San Francisco.

Beim letzten Zwischenstopp hatte er ein starkes Schmerzmittel geschluckt. Nun fragte er sich, ob er in der Verfassung war, seinem jungen Brieffreund von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten – und sich von dessen Mutter zum Militärkrankenhaus am Stadtrand von Boise fahren zu lassen.

Wieso hatte er sich bloß dazu überreden lassen? Weil er während seiner Stationierung in Afghanistan und später im nächstgelegenen Lazarett einen regen Briefwechsel mit dem mitteilsamen Fünftklässler geführt hatte.

Und obwohl Cooper eigentlich nicht an göttliche Vorsehung glaubte, erschien es ihm doch wie eine Fügung des Schicksals, dass eine Behandlung im Walter Reed Medical Center in Maryland oder im Shadowview Military Hospital in Boise die beste Heilungschance für sein Bein bot – laut Auskunft der Ärzte in Okinawa.

Bevor an ein neues Kniegelenk gedacht werden konnte, musste allerdings der Oberschenkelbruch ausheilen. Cooper stand eine lange Reha bevor. Obwohl er sich normalerweise nicht an seinem Einzelgängerdasein störte, hatte er sich für das Shadowview entschieden, weil er dort in Hunters Nähe war. Wie erbärmlich ist das denn!

Er tröstete sich damit, dass er gebraucht wurde. Der Junge hatte kein männliches Vorbild. Ihm fehlte offensichtlich eine starke Hand, die ihn anleitete. Wie kann seine Mutter ihn zum Yogaunterricht schicken und ihm Sport verbieten? Wer tut einem Jungen so etwas an? Angesichts ihres Berufs war sie vermutlich ebenso außer Form geraten wie ihr Sohn und zu sehr mit ihrer Arbeit beschäftigt, um sich vernünftig um ihn zu kümmern.

Beim Aussteigen kam es zu Verzögerungen; die Passagiere im Mittelgang rührten sich nicht von der Stelle.

Cooper bückte sich nach seinem Rucksack, holte den Ausdruck einer E-Mail heraus und begann zu lesen.

3. Januar

Wow! Ich kann gar nicht glauben, dass du wirklich nach Idaho kommst! Wie lange musst du im Krankenhaus bleiben? Ich lasse mich von meiner Mom jede Woche zu dir bringen. Vielleicht kann ich auch mal per Anhalter fahren, wenn sie arbeitet.

Dein Hund Helix hat einen Orden dafür verdient, dass er auf den Attentäter losgegangen ist und dir das Leben gerettet hat. Darfst du bei der Navy bleiben, auch wenn dein Knie nicht mehr richtig gesund wird? Du kannst trotzdem mein Brieffreund sein, auch wenn die dich rausschmeißen.

Kommst du nach Sugar Falls, wenn du aus dem Krankenhaus entlassen wirst? Das wäre so cool! Ich wäre der Einzige aus meiner ganzen Klasse, der seinen Brieffreund kennenlernt. Bitte, bitte, komm hierher! Ich weiß, dass ich geschrieben habe, dass es in Sugar Falls blöd und langweilig ist, aber das ist es nicht mehr, wenn wir zusammen abhängen und angeln gehen und so.

Du kannst bei mir und meiner Mom wohnen. Das findet sie bestimmt auch ganz toll. Bitte, bitte sag Ja!

Hunter

Cooper faltete das Blatt Papier zusammen und betrachtete das Foto, das der Junge seinem ersten Brief beigelegt hatte. Seine Mutter sollte ihm die Kekse entziehen und ihn auf Diät setzen. Vielleicht kann ich ihn dazu bringen, ein paar Übungen mit mir zusammen zu machen.

Nach den chirurgischen Eingriffen stand ihm eine lange und intensive Physiotherapie bevor. Womöglich ist Ms. Walker bereit, sich auch in Form zu bringen.

Schon seit einigen Wochen dachte er häufig über sie nach. Er hatte zwar nie Kontakt zu ihr aufgenommen und nie ein Foto von ihr gesehen, sich aber ein Bild von ihr gemacht. Als Militärpolizist konnte er schließlich zwischen den Zeilen lesen und hatte sie folglich als übergewichtige Frau abgestempelt, deren Welt sich um Kekse und kaum etwas anderes drehte.

„Mom, kannst du nicht mehr aus der Kiste rausholen? Der neue Porsche von Jake Marconis Dad schafft locker hundertsechzig Meilen.“

Maxine Walker warf ihrem Sohn einen entnervten Blick zu. Jake Marconis Dad und sein neuestes Statussymbol interessierten sie herzlich wenig. Ihre Gedanken kreisten vielmehr um die Frage, wie sie seinen Freund schnellstmöglich vom Flughafen zum Hospital kutschieren und vor Einbruch der Dunkelheit nach Sugar Falls zurückkehren konnte. Zumal in der vergangenen Nacht wieder mehrere Zentimeter Schnee gefallen waren und sie die steile Bergstraße selbst bei optimalem Wetter nur ungern fuhr. „Ich verstehe immer noch nicht, warum wir diesen Kerl abholen müssen. Stellt das Militär keinen Krankentransport?“

„Ich hab dir doch gesagt, dass ich es ihm versprochen habe. Wie würde es dir denn gefallen, wenn du in einem Kriegsgebiet in die Luft gesprengt und um die ganze Welt in ein abgelegenes Krankenhaus gekarrt wirst, wo du niemanden kennst? Er ist ein Kriegsheld, Mom. Es ist unsere patriotische Pflicht.“

Maxine brauchte von ihrem zehnjährigen Sohn keine Belehrung über patriotische Pflichten. Ihre Eltern waren beide Berufssoldaten und hatten sie und ihre sechs Geschwister von Stützpunkt zu Stützpunkt geschleift, bis sie sich schließlich mit achtzehn abgenabelt und ein Studium an der staatlichen Universität von Boise angefangen hatte.

Sie atmete erleichtert auf und blies sich eine blonde Locke aus der Stirn, als sie endlich vom Highway auf die Autobahn in Richtung Boise Airport abbog. „Reicht es nicht, dass ich dir erlaubt habe, ihm zu schreiben, obwohl wir nichts von ihm wissen?“

„Was redest du denn da? Ich weiß alles über Coop. Er ist mein allerbester Freund.“

Und das erklärte, warum sie ihrem Sohn diese unkonventionelle Brieffreundschaft gestattet hatte. Früher war Hunter gut mit anderen Kindern ausgekommen, doch seit der dritten Klasse vertrug er sich nicht mehr mit seinen Mitschülern.

Maxine nahm an, dass es zum Teil an ihr lag. Weil sie Single war und noch immer so knackig aussah wie zu College-Zeiten als Cheerleaderin, betrachteten die anderen Mütter sie als Rivalin und hielten ihre Ehemänner von ihr fern. Somit wurden sie und Hunter kaum eingeladen und hatten nur wenige Kontakte. Seit sie das Keksgeschäft betrieb, blieb ihr außerdem kaum Zeit für außerschulische Unternehmungen.

Ihr früher so glücklicher Sohn war zunehmend introvertiert geworden und richtete seine Aufmerksamkeit mehr auf seinen Computer und weniger auf die Aktivitäten, die das Kleinstadtleben in der herrlichen Natur möglich machte.

Zum Glück hatte sie einige gute Freundinnen und ihre Schwiegermutter, die sich um ihren Sohn kümmerten. Und seit Kurzem hatte sie jemanden im Verkauf eingestellt, sodass sie mehr Zeit für Hunter erübrigen konnte – obwohl er nie etwas mit ihr unternehmen wollte.

Diese Brieffreundschaft schien positiv auf ihn zu wirken, was ihr nur recht sein konnte. Anfänglich hatte sie die Korrespondenz verfolgt, um sich zu überzeugen, dass dieser Cooper kein Kinderschänder war und keinen schlechten Einfluss auf ihren süßen, aber naiven Sohn ausübte.

Dabei war sie immer davon ausgegangen, dass die Freundschaft allmählich im Sand verlaufen würde. Nun war sie ganz und gar nicht glücklich über die unerwartete Wendung und wusste nicht, wie sie mit der Ankunft des unbekannten Soldaten umgehen sollte. „Hast du die E-Mail mit dem Reiseverlauf dabei?“, wollte sie wissen.

„Ja. Hier ist sie.“ Hunter hielt ihr den Ausdruck unter die Nase.

Um ein Haar verpasste sie die Abfahrt zum Flughafen. „Ich fahre gerade Auto! Ich kann jetzt nicht lesen.“

„Warum hast du mich dann danach gefragt?“

„Ich wollte die genauen Flugdaten wissen.“

„Er landet um ein Uhr siebenundvierzig.“

„Das hast du mir schon gesagt. Mit welcher Airline kommt er, und sollen wir ihn direkt ins Krankenhaus fahren oder was?“

„Keine Ahnung.“

„Was soll das heißen?“ Maxine lehnte den Kopf an die Kopfstütze und atmete tief durch. Sie durfte nicht vergessen, dass Hunter erst zehn war. „Hat er denn geschrieben, ob er mit einem Militärflugzeug oder mit einer kommerziellen Fluglinie kommt?“

Er überflog die E-Mail. „Davon steht hier nichts.“

„Was ist, wenn der Flug Verspätung hat? Was ist, wenn das Krankenhaus eine Ambulanz schickt, um ihn abzuholen?“

„Dann fahre ich mit ihm, und du kannst mich da abholen.“

Sie bog in die Kurzparkzone ein. „Das kommt überhaupt nicht infrage. Du triffst dich nicht mit ihm allein.“

„Mom, bitte! Der Militärpsychologe ist Miss Gregsons Bruder und hat alle Mariner persönlich geprüft, bevor sie Kindern scheiben durften. Sie kämpfen für unsere Freiheit. Die sind keine Spinner oder Sonderlinge.“

Maxine parkte das Auto ein und warf ihrem Sohn einen skeptischen Blick zu. Doch er schnappte sich bereits das Willkommensschild, an dem er die ganze Nacht gebastelt hatte, und rannte zum Terminal.

Kaum hatte Cooper seinen olivgrünen Seesack vom Gepäckband gehievt, als ein pummeliger Junge ihn beim Namen rief, ein handgemaltes Schild mit der Aufschrift Willkommen zu Hause, Coop schwenkte und zu ihm stürmte.

Im nächsten Moment stürzte sich der kleine untersetzte Körper mit solcher Wucht auf Cooper, dass der Rollstuhl beinahe umgekippt wäre. Das verletzte Bein schmerzte nach dem plötzlichen Zusammenprall, aber sein Herz schlug höher vor Freude, als Hunter ihm die Arme um den Hals schlang.

Er fragte sich, warum er so gefühlvoll reagierte. Der Junge war ihm praktisch fremd; trotzdem bedeutete er ihm in diesem Moment mehr als jeder andere Mensch auf der Welt.

Bei jeder Rückkehr von einem Einsatz hatte er abseits gestanden und beobachtet, wie die anderen Mariner sich mit ihren Angehörigen trafen. Er hatte seinen Kampfgefährten nie den liebevollen Empfang missgönnt, jedoch immer einen Stich im Innern verspürt. Denn er selbst wurde immer nur von Freiwilligen der USO mit einer Tasse Kaffee und einem Lächeln willkommen geheißen – wie jeder in Uniform, der auch nur im Geringsten einsam wirkte.

Coopers Augen wurden feucht. Diese sentimentale Anwandlung musste an Erschöpfung und Jetlag liegen. Entschieden befahl er sich, keine Schwäche in der Öffentlichkeit zu zeigen. Er war nicht rührselig veranlagt und weinte nie, seit … nun, nicht mehr, solange er zurückdenken konnte. „Ich habe dir doch geschrieben, dass du nicht herkommen musst“, sagte er mit einem breiten Grinsen.

„Machst du Witze? Ich konnte es gar nicht erwarten, dich zu treffen. Letzte Nacht habe ich überhaupt nicht geschlafen. Ich habe meine Mom überredet, mich früher aus der Schule zu holen, damit wir rechtzeitig hier sind.“

Cooper wandte den Kopf. Sein Blick glitt an den verführerischsten Beinen hinauf, die er jemals gesehen hatte. Sie steckten in hellbraunen Cowboystiefeln und hautengen Hüftjeans, die ein Stück Bauch zwischen dem Bund und einem weißen Sweater freiließen. Selbst eine weiße Daunenweste konnte die fantastische Figur dieser Frau nicht verbergen. Blonde Locken umrahmten ihr bildhübsches Gesicht. Es juckte ihn in den Fingern, durch das seidige Haar zu streichen.

Das Bild von einer ungepflegten, übergewichtigen und überforderten Keksbäckerin, das er sich gemacht hatte, entsprach in keinster Weise der Wirklichkeit. Maxine Walker wirkte so umwerfend, dass er sich mehrere rasche Herzschläge lang wünschte, sie würde sich ihm ebenso auf den Schoß werfen wie ihr Sohn.

Doch selbst wenn er sich in Bezug auf ihr Äußeres geirrt hatte, ihre Persönlichkeit hatte er goldrichtig eingeschätzt. Sie hielt sich abseits, distanziert und unnahbar. Ihre feminine Aufmachung erweckte den Eindruck von Wärme, doch die fest vor der Taille verschränkten Arme signalisierten Abwehr.

Cooper zerzauste Hunters Locken, hob ihn von seinem Schoß und reichte der Frau die Hand. „Matthew Cooper, Ma’am.“

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Matthew. Ich bin Maxine Walker.“

Er hasste es, Matthew genannt zu werden. Niemand außer seiner Mutter hatte ihn jemals mit Vornamen angesprochen. „Bitte nennen Sie mich Cooper.“

Sein Bein tat weh, und er war überzeugt, dass sich die Schmerzen ebenso wie der Schlafmangel auf seinem unrasierten Gesicht widerspiegelten. Er verfluchte seine Verletzung, den verdammten Rollstuhl und alles andere, was ihn veranlasste, sich in Gegenwart dieser attraktiven Frau unmännlich zu fühlen.

Es wurde höchste Zeit, die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken. Eine alleinerziehende Mutter kam für ihn nicht infrage. Je eher er sich damit abfand, umso besser. Und deshalb verkündete er schroff: „Sie hätten nicht herkommen sollen.“

Seinetwegen bin ich den ganzen Berg runtergefahren, dachte Maxine verärgert. Und er benimmt sich, als würde ich ihn belästigen. Was für ein Idiot!

Ein umwerfender, äußerst männlicher Idiot mit sanften grünen Augen, der ihr Herz schneller schlagen ließ. Obwohl er im Rollstuhl saß, erkannte sie, dass er groß und gut gebaut war. Seine Attraktivität bedeutete allerdings noch lange nicht, dass sie sich in seiner Gegenwart wohlfühlte. Ganz im Gegenteil.

Schon im Vorwege hatte diese erste Begegnung sie verunsichert. Als er und Hunter sich mitten im Terminal so auffällig benahmen, wusste sie nicht, wie sie reagieren sollte.

Ein Passagier hatte bereits sein Handy gezückt und nahm von der vermeintlichen rührseligen Heimkehr ein Video auf, das sicherlich in kürzester Zeit im Internet auftauchen würde.

Außerdem störte sie sich an dem Machogehabe dieses Soldaten. Wer ließ sich schon mit seinem Nachnamen anreden? Ihr war zwar klar, dass es beim Militär und im Mannschaftssport üblich war. Aber doch nicht in der feinen Gesellschaft! Feine Gesellschaft? Herrje, das klingt ja wie meine Schwiegermutter! Aber ich bin nun mal nicht seine Teamkollegin oder Gruppenführerin.

Warum war sie eigentlich so genervt? Sie ärgerte sich nicht darüber, dass er in die Stadt gekommen war und sie seinetwegen zum Flughafen gefahren war. Sie störte sich auch nicht daran, dass er so breite Schultern oder so durchdringende Augen oder so kräftige Hände hatte, die ihre klein und zart wirken ließen. Okay, vielleicht wurmt mich das ein kleines bisschen.

Viel schlimmer war, dass er ihren Sohn umarmte wie ein liebevoller Vater, der aus einer Schlacht heimkehrte. Hunter ist mein Kind. Ich allein habe ihn aufgezogen, aber dieser testosterongesteuerte Fremde benimmt sich, als hätte er ihn mehr ins Herz geschlossen als ich.

„Ich wollte damit nur sagen, dass ich niemandem zur Last fallen möchte“, erklärte Cooper, während er Hunter erneut das lockige Haar zerzauste.

Warum hat er das nicht gleich gesagt, anstatt so aggressiv rüberzukommen? fragte Maxine sich nur geringfügig versöhnt.

„Das ist doch Blödsinn“, entgegnete Hunter. „Ich wollte meinen besten Freund unbedingt treffen. Ich wäre sogar mit dem Fahrrad gekommen, selbst wenn meine Mom mir Stubenarrest gegeben hätte.“

„Demnach hat deine Mom wohl alle Hände voll mit dir zu tun, Junge.“

Will er damit andeuten, dass ich nicht mit meinem eigenen Kind klarkomme? dachte sie empört. „Lass sein Gepäck in Ruhe“, verlangte sie, als Hunter zu dem Seesack griff. „Das ist viel zu schwer für dich.“

„Aber er ist ein kräftiger Junge, Mom. Der schafft das schon“, beschwichtigte Cooper.

Sie konnte es kaum fassen, dass er – ein erwachsener Mann – sie Mom nannte. Was für eine gönnerhafte Beleidigung! Und versuchte er etwa absichtlich, ihre Autorität gegenüber ihrem Sohn zu untergraben? Warum verhielt er sich so feindselig? Sie hatte ihm schließlich nichts getan.

Bevor sie ihn zurechtweisen konnte, drehte er den Rollstuhl um und rollte zum Ausgang – mit Hunter an seiner Seite.

„Hey, Leute!“ Die Absätze ihrer Stiefel klickten laut, als sie den beiden notgedrungen nachlief. „Wo soll’s denn hingehen?“

Cooper bremste den Rollstuhl ab und drehte sich zu ihr um. „Ich soll mich bis drei Uhr im Shadowview einfinden. Ich könnte einen Krankentransport anfordern, aber ich fühle mich gut genug, um ein Taxi zu nehmen.“

In ihren Augen sah er alles andere als kräftig aus. Dunkle Bartstoppeln unterstrichen seine gräulich-blasse Gesichtsfarbe, und er schien starke Schmerzen zu haben. Schon zückte sie ihr Handy, um ihm einen Krankenwagen zu rufen, doch die nächsten Worte ihres Sohnes hielten sie davon ab.

Autor

Christy Jeffries
Christy Jeffries hat einen Abschluss der University of California in Irvine und der California Western School of Law. Das Pflegen von Gerichtsakten und die Arbeit als Gesetzeshüterin haben sich als perfekte Vorbereitung auf ihre Karriere als Autorin und Mutter erwiesen. Mit zwei Energiebündeln von Söhnen, der eigenwilligen Großmutter und einem...
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