Die Schöne und der Bastard - Kapitel 9

~ Kapitel 9 ~

Sybilla konnte sich den Seufzer nicht verkneifen, der ihr über die Lippen kam, als sie in das dampfende Wasser eintauchte. Seit dem Angriff auf die Feste hatte sie sich nur noch mit dem Wasser aus der Waschschüssel gesäubert, und ihre Haare waren seit der Kopfverletzung gar nicht mehr gründlich gewaschen worden. Jetzt ließ sie sich von der Wärme und von dem Gefühl davontragen, dass der gesamte Schmutz und Schweiß von einer Woche von ihrer Haut gespült wurde. Weitere Eimer standen an der Wand für den Fall aufgereiht, dass sie sie noch benötigte. Sie spielte mit dem Gedanken, im Wasser sitzen zu bleiben, bis es kalt wurde, doch an diesem Tag konnte sie sich nicht die Zeit dafür nehmen, da sie wusste, was ihr noch bevorstand.

Trotz des heißen Wassers und der Wärme des Kamins lief es ihr kalt den Rücken herunter. Sie hörte, wie Gytha und Aldys um den Zuber herumgingen, wobei es Aldys’ Aufgabe war, sie zu waschen, während Gytha das Bett fertig machte. Die Laken waren gewaschen worden, das Bett hatte sie für die Nacht frisch bezogen. Alles war für seine Ankunft bereit, die sicher nicht mehr lange auf sich warten ließ.

Sybilla lehnte sich wieder zurück, wartete und horchte auf jedes Geräusch, das ihr verriet, ob er auf dem Weg hierher war. Da das Abendmahl unten im Saal sich gerade erst dem Ende zuneigte, glaubte Sybilla, dass ihr noch etwas mehr Zeit blieb, um sich mit dem abzufinden, was in der kommenden Nacht zwischen ihnen beiden geschehen würde. Als er dann aber ohne die üblichen schweren Schritte und auch ohne seine typischen lautstarken Befehle an seine Leute auf einmal in der Tür auftauchte, überraschte er sie und auch ihre Dienerinnen.

„Lord Soren!“, rief Aldys energisch, während sie den Eimer abstellte, aus dem sie Wasser über Sybillas Haare hatte laufen lassen. Ihre Stimme bewegte sich um den Badezuber herum, und zweifellos nahm sie gleich darauf eine Abwehrhaltung zwischen der Tür und dem Zuber in der Ecke ein. „Gytha!“, zischte sie. Schritte folgten, deren Richtung verriet, dass die beiden Dienerinnen nun schützend vor ihr standen.

„Lady Sybilla ist noch nicht fertig, Mylord“, erklärte Aldys.

Die Tür wurde mit solcher Wucht zugeworfen, dass ein leichtes Zittern den Zuber durchfuhr. Sybillas erster Impuls war aufzustehen, stattdessen rutschte sie noch etwas tiefer ins Wasser.

„Fertig?“, fragte er und kam näher, seine Stimme wurde lauter. „Womit fertig?“

„Mit ihrem Bad, Lord Soren. Dem Bad, das Sie ihr aufgetragen haben.“

„Ich habe ihr nicht aufgetragen zu baden, Frau. Das Bad war für mich bestimmt.“

Sybilla war sich nicht sicher, ob sie erleichtert oder beleidigt reagieren sollte. Bedeutete das einen weiteren Aufschub für ihre ehelichen Pflichten? Sie rührte sich nicht, und sie hatte auch das Gefühl, dass alle anderen wie angewurzelt dastanden.

Dann hörte sie ihn näher kommen und abrupt einatmen. Die Schatten in dieser Ecke ihres Gemachs und das Wasser sorgten ganz sicher nicht dafür, ihre nackte Haut vor seinen Blicken zu verbergen.

Seine flachen, kurzen Atemzüge sprachen für seine Erregung, doch die Tatsache, dass er sie zum großen Teil nackt sah, löste bei ihr die gleiche Art von Atmung aus.

„Beende dein Bad, Sybilla“, forderte er sie mit heiserer Stimme auf. „Ich lasse mehr heißes Wasser kommen und werde später für mein Bad wieder herkommen.“

„Hier?“, fragte sie erstaunt. „Ihr wollt hier Euer Bad nehmen?“ Zuerst verstand sie nicht, warum. Aber dann wurde ihr klar, dass er ungestört baden wollte, und das konnte er nur hier, weil dies die einzigen privaten Gemächer der gesamten Feste waren.

„Ich komme später wieder“, sagte er nur, anstatt ihr den Grund wenigstens zu erklären – schließlich konnte er nicht wissen, dass sie von selbst auf die Antwort gekommen war.

Er ging zur Tür und warf sie genauso energisch hinter sich zu wie beim Hereinkommen. Sybilla wartete einen Moment lang, dann umklammerte sie die Ränder des Zubers und zog sich hoch. „Aldys, hilf mir heraus“, sagte sie und begann bereits, ihre nassen Haare auszuwringen. „Gytha, ein Handtuch. Beeilt euch, ich möchte nicht noch einmal unbekleidet von ihm überrascht werden.“

„Das Bad war für ihn?“, wunderte sich Aldys, während sie ihr aus dem Zuber half. „Davon hat der Junge kein Wort gesagt.“

„Der junge Raed ist sicher nicht schuld an diesem Missverständnis. Er muss in ständiger Angst leben, für jeden noch so kleinen Fehler verprügelt und bestraft zu werden“, flüsterte Gytha. „Wie ich höre, wird er von Lord Soren täglich bedroht.“

Sybilla ließ sich von den beiden Frauen helfen, versuchte aber den Tratsch zu überhören. Sie alle hatten die Botschaft, die der Junge überbracht hatte, falsch ausgelegt. Wollte er ihr Quartier vielleicht nur zum Baden benutzen? Hatte er gar nicht vor, mit ihr die Ehe zu vollziehen? Wollte er sich letztlich doch von ihr trennen?

Die Dienerinnen gingen zügig und zielstrebig ans Werk, und es dauerte nicht lang, da saß sie vor dem Kamin, in dem ein Feuer brannte, dessen Wärme ihre Haare trocknen ließ. Vorsichtig bürstete Aldys sie und achtete darauf, dass sie die Kopfverletzung nicht berührte. Auf Sybilla hatte dieses gleichmäßige, nicht zu schnelle Bürsten eine beruhigende Wirkung, die ihr allmählich die Anspannung nahm. Da für sie die gleiche Dunkelheit wie in einer mondlosen Nacht herrschte, war sie fast willens, die Welt um sie herum zu vergessen und in einen tiefen Schlaf zu sinken.

Ein Klopfen an der Tür, zu leise, um von Soren kommen zu können, riss sie aus ihrer Ruhe und Gelassenheit. Schnell zog sie ihren Morgenmantel enger um sich und nickte. Eine der beiden Frauen würde ihre Geste schon mitbekommen. Es war Aldys, die zur Tür ging und ihm Einlass gewährte.

 

Bis zu diesem Moment hatte sich Soren noch nie im Schlafgemach einer Frau fehl am Platz gefühlt. Er war in vielen Gemächern dieser Art gewesen, von den einfachsten bis hin zu den vornehmsten, und immer hatte er genau gewusst, welche Rolle er spielte – Liebhaber, Vertrauter, leidenschaftlicher Gefährte. Aber sobald er Sybillas Quartier betreten hatte, wurde er von ihren Dienerinnen beobachtet, die jeden seiner Schritte genau verfolgten und auf jede Regung seiner Gesichtszüge achteten, während er die Tür hinter sich schloss.

Auch wenn er es niemals zugegeben hätte, wollte er diesen intimen Anblick seiner … seiner Ehefrau nicht mit den anderen Männern teilen, die im Korridor Wache hielten. Und obwohl er Sybilla weiterhin die Schuld für die Sünden ihres Vaters geben wollte, hatte ein Blick auf ihren nackten Körper im Badezuber genügt, um seinen Vorsatz zu vergessen, ihr mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Dieser Entschluss war in ihm herangereift, als er gemerkt hatte, dass sich Mitleid für sie in ihm regte. Dass er beim nächsten Mal jedoch gegen Lust würde ankämpfen müssen, damit hatte er nicht gerechnet.

Ein Blick auf ihre samtweiche Haut, ihre straffen Brüste mit den roséfarbenen Spitzen und ihre weiblichen Kurven hatte gereicht, um ihn über alle Maßen zu erregen. Nicht, dass er mit dieser Absicht zu ihr gekommen wäre, wie über die Jahre bei all den anderen Frauen. Sein Körper war darauf gedrillt, schnell bereit zu sein, da er nie im Voraus gewusst hatte, wie lange er sich mit der betreffenden Dame würde vergnügen können.

Sybilla saß auf einem Hocker nahe dem Kaminfeuer, sie bewegte sich nicht, doch der weibliche Schwung ihres Körpers zeichnete sich unter dem weichen Stoff ihres Gewands deutlich ab. Die angelsächsische Kleidung, die sie für gewöhnlich trug, war so geschnitten, dass sich unter den vielen Lagen Stoff und Schleier die Konturen gänzlich verloren. Der Anblick, den sie jetzt bot, machte sie sogar noch viel verführerischer als am ersten Abend, als er sie im Bett hatte liegen sehen.

Da er beim Baden keine Zuschauer um sich haben wollte, zog er die Tür weit auf und machte eine unmissverständliche Kopfbewegung. Die ältere Dienerin schaute zwar drein, als wollte sie widersprechen, sie war aber klug genug, den Mund zu halten. Ganz im Gegensatz zu der jüngeren Frau.

„Lady Sybilla“, fragte sie. „Sollen wir gehen?“

„Ja, ihr geht“, befahl er ihnen, ohne sie anzubrüllen, wie er es am liebsten getan hätte. Aus einem unerfindlichen Grund strahlten dieser Raum und sogar Sybilla selbst ein Gefühl der Ruhe aus, das er nicht stören wollte. Es war so, als hätte er einen Zufluchtsort betreten, eine Oase der Stille und Sicherheit. So etwas hätte er niemals mit einem Schlafgemach in Verbindung gebracht, weshalb das Ganze auch nicht so recht einen Sinn ergeben wollte, aber er akzeptierte es und nickte den beiden nochmals zu. Als er dann endlich die Tür hinter ihnen geschlossen und sich umgedreht hatte, stellte er fest, dass Sybilla aufgestanden war.

„Soll ich mich ebenfalls nach draußen begeben?“, fragte sie ihn. „Ich vermute, Ihr seid hergekommen, weil Ihr ungestört sein wollt. Also solltet Ihr Eure Ruhe haben.“

„Nein“, gab er zurück und stellte sich vor, was die Männer draußen im Korridor zu sehen bekommen würden, wenn sie an ihnen vorbeiging. Er schüttelte den Kopf, dann erst fiel ihm ein, dass sie gar nichts sehen konnte. „Nein, das ist nicht nötig.“

Daraufhin setzte sie sich wieder hin und drehte ihm den Rücken zu, um ihm das Gefühl zu geben, dass sie nicht hinsehen würde, wenn er sich entkleidete. Soren ging zum Badezuber und tauchte die Finger ein. Das Wasser war warm, aber nicht heiß. Er bemerkte die Eimer an der Wand und goss deren Inhalt in den Zuber. Mit einem zufriedenen Lächeln sah er Dampf aufsteigen. Es würde sich wunderbar anfühlen, in dieses Wasser einzutauchen.

Es war reine Gewohnheit, dass er sich in die tieferen Schatten einer Zimmerecke zurückzog, um sich seiner Kleidung zu entledigen. Da der ärgste Teil seines vernarbten Körpers in Düsternis getaucht und somit nicht zu sehen war, kam er nach vorn, stieg in den Badezuber und sank ins Wasser. Womöglich hatte er dabei lustvoll aufgestöhnt, ohne sich dessen bewusst zu sein – bis er Sybilla leise lachen hörte.

Ein leises amüsiertes, aber auch nervöses Lachen.

„Ich gestehe, ein heißes Bad ist eine meiner wenigen Schwächen, Sybilla.“

Hatte er schon zu viel gesagt? Er hatte nicht damit gerechnet, sich mit ihr zu unterhalten. Andererseits kam es ihm sehr albern vor, ihr Gemach für seine Zwecke zu benutzen und sie völlig zu missachten, während sie nur zwei oder drei Schritt von ihm entfernt saß. Soren hatte es schon immer gemocht, sich sauber und gewaschen zu fühlen, und ein Bad mit der tatkräftigen Unterstützung durch eine willige Frau hatte üblicherweise noch zu ganz anderen Vergnügungen geführt. Aber seit seiner Verletzung diente ein heißes Bad nur noch dazu, jene Haut geschmeidig zu machen, die sich schmerzhaft über die vernarbte Wunde spannte.

Er sah Sybilla zu, wie sie gemächlich ihr Haar bürstete. Dabei drehte er sich im Wasser ein wenig, da seine Männlichkeit begonnen hatte sich aufzurichten. Er hatte ihr Haar auf dem Kissen ausgebreitet gesehen, als sie im Bett gelegen hatte, und er kannte sie mit Zopf und mit hochgesteckter Frisur. Doch jetzt glänzten ihre gewaschenen Haare vom beständigen Bürsten so sehr, dass er sich zurückhalten musste, nicht aus dem Zuber zu steigen und zu ihr zu gehen, um seine Finger in diesen Haaren zu vergraben. Als er rasch den Blick abwandte, um sich auf seine … seine Füße zu konzentrieren, da bewegte er sich zu schnell, und das Wasser schwappte über den Rand auf den Boden.

Sein gemurmelter Fluch hallte in dem stillen Gemach wider. Soren lehnte sich nach hinten und fluchte erneut, diesmal jedoch tonlos. Ihm entging nicht, dass Sybilla mitten in der Bewegung verharrte und dabei die Arme leicht angehoben hielt.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee von ihm gewesen, hier ein Bad zu nehmen. Der Junge musste seine Botschaft falsch verstanden haben, die er ihm für Sybilla aufgetragen hatte. Was genau hatte Raed bloß gesagt? Soren tauchte seine Hand in die Schale mit Seife, von der er ein wenig in seine Haare einrieb, während er den Rest auf Brust und Armen verteilte. Dann massierte er behutsam die verhärteten Narben, bis sie sich wieder geschmeidig anfühlten.

„Was hat der Junge dir eigentlich erzählt, als er hier war?“, fragte er, während er noch einmal nach der Seife fasste.

Sybilla zögerte einen Moment, dann stand sie auf und machte vorsichtig einige Schritte auf den Badezuber zu … und damit auch auf ihn. Die Schwellung rund um ihre Augen war abgeklungen, sodass sie sie jetzt wieder problemlos öffnen konnte, doch der Blick war weiterhin ins Leere gerichtet. Mit ausgestreckten Armen versuchte sie ihren Weg zu ertasten, aber die Ungewissheit vor jedem weiteren Schritt ließ sie zaudern, und schließlich blieb sie stehen.

„Ihn trifft keine Schuld, Lord Soren“, sagte sie und faltete dabei die Hände, während ihre bis zu den Hüften reichenden Haare durch die Bewegung leicht hin und her schwangen. „Bitte prügelt ihn deswegen nicht.“

Sie glaubte, er würde den Jungen deswegen verprügeln? Wut regte sich in ihm, aber er kämpfte erfolgreich dagegen an. Sie urteilte nicht anders als andere über ihn – darunter sogar seine eigenen Leute. Zugegeben, er hatte den Jungen schon einmal angebrüllt, wenn der etwas verkehrt machte, aber angerührt hatte er ihn nicht ein einziges Mal. Trotz der gelegentlichen, berechtigten Wutausbrüche und trotz der Tatsache, dass der Junge ihn unten am Fluss genau gesehen haben musste, lief er nie vor ihm davon, und er sah ihm auch immer ins Gesicht, wenn Soren mit ihm redete. Und dennoch glaubte Sybilla, der Bursche könnte unter ihm leiden.

„Was hat der Junge dir gesagt?“ Jetzt war er erst recht neugierig geworden.

„Er sagte, dass mir ein Bad gebracht wird.“

„Und?“

Sie schüttelte den Kopf. „Mehr hat er nicht gesagt.“

Endlich begann Soren zu begreifen. „Und du hast gedacht, das Bad ist für dich.“

„Aye.“ Ob ihr wohl bewusst war, dass sie errötete? Ein rosiger Hauch legte sich über ihre Wangen, der ihr gut stand und der ihr die Blässe der vergangenen Tage nahm.

„Ich habe nichts dagegen, mit dir zusammen zu baden“, sagte er und verstand sie absichtlich falsch.

Auch wenn es für gewöhnlich eine Notwendigkeit war, sich das Badewasser zu teilen, konnte ein gemeinsames Bad für lustvolle Stunden sorgen. Einen Badezuber von dieser Größe mit Wasser zu füllen, bedeutete einigen Aufwand, und in den meisten Fällen geschah das nicht nur für eine einzelne Person. Außerdem stellte man den Zuber dann in der Küche in die Nähe des Ofens, damit man das heiße Wasser nicht erst noch weit tragen musste. Jetzt und hier baden zu können, kam einem Luxus gleich, den man so häufig nicht genießen würde.

„Ich soll mit Euch zusammen baden?“, wiederholte sie und klang ein wenig atemlos.

Sie war noch völlig unschuldig und hatte keine Ahnung von den lustvollen Dingen, die sich zwischen einem Mann und einer Frau abspielen konnten. Ganz im Gegensatz zu ihm, denn sein Körper reagierte prompt auf die Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen und die mit diesem Badezuber, heißem Wasser und Seife zu tun hatten – und mit der Frau, die vor ihm stand. So viel also zu seinem Vorhaben, eine Zuflucht zu finden, die ihm Ruhe und Frieden geben würde. Er musste diese Unterhaltung und seine Überlegungen in eine andere Richtung lenken, bevor er die Beherrschung verlor und Sybilla zu sich ins Wasser zog oder sie aufs Bett warf, um dort die Ehe zu vollziehen, obwohl er sich noch immer nicht sicher war, ob er das tatsächlich wollte.

Soren war klar, dass die Dinge, die ihr an diesem ersten Tag und in der ersten Nacht widerfahren waren, ihm nur einen gewissen Aufschub gewährt hatten. Eine Schonzeit, in der er sich seine Situation in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen konnte, damit er Fehler vermied, die ihn ansonsten für den Rest seines Lebens verfolgen würden.

Einen solchen Fehler hatte er bereits begangen, als er sie zur Frau genommen hatte.

Es war im Eifer des Gefechts geschehen, trotz seiner Beteuerungen Stephen gegenüber. Er wusste, wenn er mit ihr die Ehe vollzog, dann würde er sie an sich binden, ohne je einen Rückzieher machen zu können. Kaum hatte er sich dazu entschieden, waren ihm ausschließlich leidenschaftliche Gedanken und Bilder durch den Kopf gegangen, die alle um Sybilla kreisten. Als sich dann ihr Zustand ein wenig gebessert hatte und sie zu ihrer ursprünglichen trotzigen Haltung zurückkehrte – was sich zeigte, als er von ihr die Herausgabe der Gutsbücher forderte –, da hatte Soren feststellen müssen, dass sie seinen Geist viel stärker beschäftigte, als er es hätte zugeben wollen. Und nun stand sie da in ihrem dünnen Gewand, errötete und rang auf eine Weise nach Atem, die für Erregung sprach, mindestens aber für Interesse.

„Und was hast du gedacht, welchen Zweck dieses Bad haben sollte, wenn nicht den, es mit mir gemeinsam zu nehmen? Hast du gedacht, ich wollte nur nett zu dir sein?“

Würde er wohl jemals lernen, sein verdammtes Interesse an Frauen zu zügeln? Wann würde er endlich begreifen, dass er sich auf gefährliches Terrain begab? Aber durch jahrelanges Schäkern und die Gesellschaft von Frauen, ob wunderschön oder gewöhnlich, ob adlig oder bürgerlich, hatte er sich Verhaltensweisen angewöhnt, die wieder abzulegen so gut wie unmöglich war. Nicht einmal die entsetzten Reaktionen aus der jüngsten Zeit auf sein entstelltes Äußeres hatten daran etwas ändern können.

Zuerst stammelte Sybilla, dann schüttelte sie den Kopf, als wollte sie sich weigern zu antworten. Sie legte den Kopf in den Nacken, was den Eindruck erweckte, dass sie ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Letztendlich sagte sie: „Wir … ich … ich dachte, Ihr wolltet Eure ehelichen Rechte geltend machen.“ Diese Aussicht schien sie gar nicht zu erfreuen.

Das erklärte allerdings einiges. Seine Männer hatten ihn schon den ganzen Nachmittag über so eigenartig angesehen und angelächelt, obwohl er dafür keinen Grund gesehen hatte. Aber jetzt wurde es ihm klar. Weil der Junge die ihm aufgetragene Botschaft nur unvollständig überbracht hatte, waren sie alle der Meinung, er würde heute mit ihr das Bett teilen. Einerseits wollte er über dieses Missverständnis am liebsten laut lachen, andererseits hätte er nichts lieber getan, als aus dem Badezuber zu steigen, ihr das Gewand auszuziehen und von ihr seine ehelichen Rechte einzufordern.

Er konnte sich gut vorstellen, wie Lord Gautier ihn in diesem Moment auslachen würde. Während er angestrengt nach der angemessenen Lösung für diese Situation suchte, wurde ihm zugleich deutlich, dass er sich womöglich doch nicht so sehr verändert hatte, wie es ihm und vielen anderen vorgekommen war. Etwas von dem Mann, der er einmal gewesen war, schlich sich zurück in seine Seele.

„Und willst du das auch, Sybilla?“


Mondscheinküsse für Miss Dara

Sold out

Falsche Verlobung mit dem Gentleman?

Sold out

Verbotene Leidenschaft einer Prinzessin

Sold out
Vorheriger Artikel Die Schöne und der Bastard - Kapitel 10
Nächster Artikel Die Schöne und der Bastard - Kapitel 8