Die Schöne und der Bastard - Kapitel 9

~ Kapitel 9 ~

„Ich gestehe, ein heißes Bad ist eine meiner wenigen Schwächen, Sybilla.“

Hatte er schon zu viel gesagt? Er hatte nicht damit gerechnet, sich mit ihr zu unterhalten. Andererseits kam es ihm sehr albern vor, ihr Gemach für seine Zwecke zu benutzen und sie völlig zu missachten, während sie nur zwei oder drei Schritt von ihm entfernt saß. Soren hatte es schon immer gemocht, sich sauber und gewaschen zu fühlen, und ein Bad mit der tatkräftigen Unterstützung durch eine willige Frau hatte üblicherweise noch zu ganz anderen Vergnügungen geführt. Aber seit seiner Verletzung diente ein heißes Bad nur noch dazu, jene Haut geschmeidig zu machen, die sich schmerzhaft über die vernarbte Wunde spannte.

Er sah Sybilla zu, wie sie gemächlich ihr Haar bürstete. Dabei drehte er sich im Wasser ein wenig, da seine Männlichkeit begonnen hatte sich aufzurichten. Er hatte ihr Haar auf dem Kissen ausgebreitet gesehen, als sie im Bett gelegen hatte, und er kannte sie mit Zopf und mit hochgesteckter Frisur. Doch jetzt glänzten ihre gewaschenen Haare vom beständigen Bürsten so sehr, dass er sich zurückhalten musste, nicht aus dem Zuber zu steigen und zu ihr zu gehen, um seine Finger in diesen Haaren zu vergraben. Als er rasch den Blick abwandte, um sich auf seine … seine Füße zu konzentrieren, da bewegte er sich zu schnell, und das Wasser schwappte über den Rand auf den Boden.

Sein gemurmelter Fluch hallte in dem stillen Gemach wider. Soren lehnte sich nach hinten und fluchte erneut, diesmal jedoch tonlos. Ihm entging nicht, dass Sybilla mitten in der Bewegung verharrte und dabei die Arme leicht angehoben hielt.

Vielleicht war es doch keine so gute Idee von ihm gewesen, hier ein Bad zu nehmen. Der Junge musste seine Botschaft falsch verstanden haben, die er ihm für Sybilla aufgetragen hatte. Was genau hatte Raed bloß gesagt? Soren tauchte seine Hand in die Schale mit Seife, von der er ein wenig in seine Haare einrieb, während er den Rest auf Brust und Armen verteilte. Dann massierte er behutsam die verhärteten Narben, bis sie sich wieder geschmeidig anfühlten.

„Was hat der Junge dir eigentlich erzählt, als er hier war?“, fragte er, während er noch einmal nach der Seife fasste.

Sybilla zögerte einen Moment, dann stand sie auf und machte vorsichtig einige Schritte auf den Badezuber zu … und damit auch auf ihn. Die Schwellung rund um ihre Augen war abgeklungen, sodass sie sie jetzt wieder problemlos öffnen konnte, doch der Blick war weiterhin ins Leere gerichtet. Mit ausgestreckten Armen versuchte sie ihren Weg zu ertasten, aber die Ungewissheit vor jedem weiteren Schritt ließ sie zaudern, und schließlich blieb sie stehen.

„Ihn trifft keine Schuld, Lord Soren“, sagte sie und faltete dabei die Hände, während ihre bis zu den Hüften reichenden Haare durch die Bewegung leicht hin und her schwangen. „Bitte prügelt ihn deswegen nicht.“

Sie glaubte, er würde den Jungen deswegen verprügeln? Wut regte sich in ihm, aber er kämpfte erfolgreich dagegen an. Sie urteilte nicht anders als andere über ihn – darunter sogar seine eigenen Leute. Zugegeben, er hatte den Jungen schon einmal angebrüllt, wenn der etwas verkehrt machte, aber angerührt hatte er ihn nicht ein einziges Mal. Trotz der gelegentlichen, berechtigten Wutausbrüche und trotz der Tatsache, dass der Junge ihn unten am Fluss genau gesehen haben musste, lief er nie vor ihm davon, und er sah ihm auch immer ins Gesicht, wenn Soren mit ihm redete. Und dennoch glaubte Sybilla, der Bursche könnte unter ihm leiden.

„Was hat der Junge dir gesagt?“ Jetzt war er erst recht neugierig geworden.

„Er sagte, dass mir ein Bad gebracht wird.“

„Und?“

Sie schüttelte den Kopf. „Mehr hat er nicht gesagt.“

Endlich begann Soren zu begreifen. „Und du hast gedacht, das Bad ist für dich.“

„Aye.“ Ob ihr wohl bewusst war, dass sie errötete? Ein rosiger Hauch legte sich über ihre Wangen, der ihr gut stand und der ihr die Blässe der vergangenen Tage nahm.

„Ich habe nichts dagegen, mit dir zusammen zu baden“, sagte er und verstand sie absichtlich falsch.

Auch wenn es für gewöhnlich eine Notwendigkeit war, sich das Badewasser zu teilen, konnte ein gemeinsames Bad für lustvolle Stunden sorgen. Einen Badezuber von dieser Größe mit Wasser zu füllen, bedeutete einigen Aufwand, und in den meisten Fällen geschah das nicht nur für eine einzelne Person. Außerdem stellte man den Zuber dann in der Küche in die Nähe des Ofens, damit man das heiße Wasser nicht erst noch weit tragen musste. Jetzt und hier baden zu können, kam einem Luxus gleich, den man so häufig nicht genießen würde.

„Ich soll mit Euch zusammen baden?“, wiederholte sie und klang ein wenig atemlos.

Sie war noch völlig unschuldig und hatte keine Ahnung von den lustvollen Dingen, die sich zwischen einem Mann und einer Frau abspielen konnten. Ganz im Gegensatz zu ihm, denn sein Körper reagierte prompt auf die Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen und die mit diesem Badezuber, heißem Wasser und Seife zu tun hatten – und mit der Frau, die vor ihm stand. So viel also zu seinem Vorhaben, eine Zuflucht zu finden, die ihm Ruhe und Frieden geben würde. Er musste diese Unterhaltung und seine Überlegungen in eine andere Richtung lenken, bevor er die Beherrschung verlor und Sybilla zu sich ins Wasser zog oder sie aufs Bett warf, um dort die Ehe zu vollziehen, obwohl er sich noch immer nicht sicher war, ob er das tatsächlich wollte.

Soren war klar, dass die Dinge, die ihr an diesem ersten Tag und in der ersten Nacht widerfahren waren, ihm nur einen gewissen Aufschub gewährt hatten. Eine Schonzeit, in der er sich seine Situation in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen konnte, damit er Fehler vermied, die ihn ansonsten für den Rest seines Lebens verfolgen würden.

Einen solchen Fehler hatte er bereits begangen, als er sie zur Frau genommen hatte.

Es war im Eifer des Gefechts geschehen, trotz seiner Beteuerungen Stephen gegenüber. Er wusste, wenn er mit ihr die Ehe vollzog, dann würde er sie an sich binden, ohne je einen Rückzieher machen zu können. Kaum hatte er sich dazu entschieden, waren ihm ausschließlich leidenschaftliche Gedanken und Bilder durch den Kopf gegangen, die alle um Sybilla kreisten. Als sich dann ihr Zustand ein wenig gebessert hatte und sie zu ihrer ursprünglichen trotzigen Haltung zurückkehrte – was sich zeigte, als er von ihr die Herausgabe der Gutsbücher forderte –, da hatte Soren feststellen müssen, dass sie seinen Geist viel stärker beschäftigte, als er es hätte zugeben wollen. Und nun stand sie da in ihrem dünnen Gewand, errötete und rang auf eine Weise nach Atem, die für Erregung sprach, mindestens aber für Interesse.

„Und was hast du gedacht, welchen Zweck dieses Bad haben sollte, wenn nicht den, es mit mir gemeinsam zu nehmen? Hast du gedacht, ich wollte nur nett zu dir sein?“

Würde er wohl jemals lernen, sein verdammtes Interesse an Frauen zu zügeln? Wann würde er endlich begreifen, dass er sich auf gefährliches Terrain begab? Aber durch jahrelanges Schäkern und die Gesellschaft von Frauen, ob wunderschön oder gewöhnlich, ob adlig oder bürgerlich, hatte er sich Verhaltensweisen angewöhnt, die wieder abzulegen so gut wie unmöglich war. Nicht einmal die entsetzten Reaktionen aus der jüngsten Zeit auf sein entstelltes Äußeres hatten daran etwas ändern können.

Zuerst stammelte Sybilla, dann schüttelte sie den Kopf, als wollte sie sich weigern zu antworten. Sie legte den Kopf in den Nacken, was den Eindruck erweckte, dass sie ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Letztendlich sagte sie: „Wir … ich … ich dachte, Ihr wolltet Eure ehelichen Rechte geltend machen.“ Diese Aussicht schien sie gar nicht zu erfreuen.

Das erklärte allerdings einiges. Seine Männer hatten ihn schon den ganzen Nachmittag über so eigenartig angesehen und angelächelt, obwohl er dafür keinen Grund gesehen hatte. Aber jetzt wurde es ihm klar. Weil der Junge die ihm aufgetragene Botschaft nur unvollständig überbracht hatte, waren sie alle der Meinung, er würde heute mit ihr das Bett teilen. Einerseits wollte er über dieses Missverständnis am liebsten laut lachen, andererseits hätte er nichts lieber getan, als aus dem Badezuber zu steigen, ihr das Gewand auszuziehen und von ihr seine ehelichen Rechte einzufordern.

Er konnte sich gut vorstellen, wie Lord Gautier ihn in diesem Moment auslachen würde. Während er angestrengt nach der angemessenen Lösung für diese Situation suchte, wurde ihm zugleich deutlich, dass er sich womöglich doch nicht so sehr verändert hatte, wie es ihm und vielen anderen vorgekommen war. Etwas von dem Mann, der er einmal gewesen war, schlich sich zurück in seine Seele.

„Und willst du das auch, Sybilla?“


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