„Ich gestehe, ein heißes Bad ist eine meiner wenigen Schwächen, Sybilla.“
Hatte er schon zu viel gesagt? Er hatte nicht damit gerechnet, sich mit ihr zu unterhalten. Andererseits kam es ihm sehr albern vor, ihr Gemach für seine Zwecke zu benutzen und sie völlig zu missachten, während sie nur zwei oder drei Schritt von ihm entfernt saß. Soren hatte es schon immer gemocht, sich sauber und gewaschen zu fühlen, und ein Bad mit der tatkräftigen Unterstützung durch eine willige Frau hatte üblicherweise noch zu ganz anderen Vergnügungen geführt. Aber seit seiner Verletzung diente ein heißes Bad nur noch dazu, jene Haut geschmeidig zu machen, die sich schmerzhaft über die vernarbte Wunde spannte.
Er sah Sybilla zu, wie sie gemächlich ihr Haar bürstete. Dabei drehte er sich im Wasser ein wenig, da seine Männlichkeit begonnen hatte sich aufzurichten. Er hatte ihr Haar auf dem Kissen ausgebreitet gesehen, als sie im Bett gelegen hatte, und er kannte sie mit Zopf und mit hochgesteckter Frisur. Doch jetzt glänzten ihre gewaschenen Haare vom beständigen Bürsten so sehr, dass er sich zurückhalten musste, nicht aus dem Zuber zu steigen und zu ihr zu gehen, um seine Finger in diesen Haaren zu vergraben. Als er rasch den Blick abwandte, um sich auf seine … seine Füße zu konzentrieren, da bewegte er sich zu schnell, und das Wasser schwappte über den Rand auf den Boden.
Sein gemurmelter Fluch hallte in dem stillen Gemach wider. Soren lehnte sich nach hinten und fluchte erneut, diesmal jedoch tonlos. Ihm entging nicht, dass Sybilla mitten in der Bewegung verharrte und dabei die Arme leicht angehoben hielt.
Vielleicht war es doch keine so gute Idee von ihm gewesen, hier ein Bad zu nehmen. Der Junge musste seine Botschaft falsch verstanden haben, die er ihm für Sybilla aufgetragen hatte. Was genau hatte Raed bloß gesagt? Soren tauchte seine Hand in die Schale mit Seife, von der er ein wenig in seine Haare einrieb, während er den Rest auf Brust und Armen verteilte. Dann massierte er behutsam die verhärteten Narben, bis sie sich wieder geschmeidig anfühlten.
„Was hat der Junge dir eigentlich erzählt, als er hier war?“, fragte er, während er noch einmal nach der Seife fasste.
Sybilla zögerte einen Moment, dann stand sie auf und machte vorsichtig einige Schritte auf den Badezuber zu … und damit auch auf ihn. Die Schwellung rund um ihre Augen war abgeklungen, sodass sie sie jetzt wieder problemlos öffnen konnte, doch der Blick war weiterhin ins Leere gerichtet. Mit ausgestreckten Armen versuchte sie ihren Weg zu ertasten, aber die Ungewissheit vor jedem weiteren Schritt ließ sie zaudern, und schließlich blieb sie stehen.
„Ihn trifft keine Schuld, Lord Soren“, sagte sie und faltete dabei die Hände, während ihre bis zu den Hüften reichenden Haare durch die Bewegung leicht hin und her schwangen. „Bitte prügelt ihn deswegen nicht.“